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Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft in der Weimarer Republik | APuZ 26/1969 | bpb.de

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APuZ 26/1969 Der Friedensvertrag von Versailles Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft in der Weimarer Republik

Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft in der Weimarer Republik

Bernd-Jürgen Wendt

1. Die Diskussion um den „dritten Weg"

Der sozialpolitische Experte und Publizist Josef Winschuh schrieb im März 1930 in einer Würdigung des damals gerade zehn Jahre bestehenden Betriebsrätegesetzes: „Geht man seiner Entstehung nach, so schlägt man ein fesselndes Kapitel deutscher Arbeiterbewegung und Revolutionsgeschichte auf, das sowohl den Geschichtsschreiber wie den Psychologen reizen muß." Das Betriebsrätegesetz (BRG) vom 4. Februar 1920 und die Frage nach seiner Bedeutung und Bewährung in der Weimarer Wirtschafts-und Sozialgeschichte „reizen" den Historiker wie je Februar 1920 und die Frage nach seiner Bedeutung und Bewährung in der Weimarer Wirtschafts-und Sozialgeschichte 2) „reizen" den Historiker wie jeden sozialpolitisch Interessierten noch — oder gerade — heute in doppelter Hinsicht: Einmal weist das BRG von 1920 mitten hinein in die bis zur Gegenwart noch nicht ausgetragene, vielmehr gerade jetzt wieder neu belebte Diskussion um die innerbetriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmerschaft. Die in dem seinerzeit so heftig umkämpften Betriebsverfassungsgesetz von 1952 und in dem Personalvertretungsgesetz von 1955 verankerte Mitbestimmung der Betriebs-und Personalräte ist wie in Weimar immer noch vorwiegend auf den sozialen, personellen und organisatorischen Bereich beschränkt und ein entscheidender Fortschritt gegenüber 1920 hin zur qualifizierten wirtschaftlichen und paritätischen Mitbestimmung an der Unternehmensführung nur in der Montanindustrie durch das Gesetz von 1951 erreicht. So wird man also nach den gesellschaftlich-ökonomischen und politischen Ursachen dafür fragen müssen, daß sich die Betriebsverfassung nach knapp fünfzig Jahren trotz der Katastrophen von 1933 und 1945 praktisch immer noch auf einem Stand befindet, der 1920 von Unternehmerseite her zwar als geradezu umstürzlerisch (ähnlich wie heute vielfach die qualifizierte Mitbestimmung!) empfunden wurde, der aber schon damals nur einen Kompromiß der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmerschaft mit der überkommenen Eigentums-und Gesellschaftsordnung darstellte. Zum anderen hat das Thema Betriebsräte und Mitbestimmung nach 1945 besonders die politisch engagierten Historiker „gereizt", denen es mit einer „Aufarbeitung" der Vergangenheit und mit der Auseinandersetzung um gefährliche Weichenstellungen in der jüngsten deutschen Geschichte ernst war.

Tief beeindruckt von dem Zusammenbruch des Weimarer Staates, der ihn wie viele andere hervorragende Gelehrte zur Emigration zwang, hat schon 1935 der linksorientierte Historiker und Politiker Arthur Rosenberg in seiner auch heute noch fesselnden „Geschichte der Weimarer Republik" 3) die kritische Frage nach den angeblichen oder wirklichen Versäumnissen von 1918 gestellt. „Die Räte hätten nicht nur die Aufgabe gehabt, in Deutschland eine entschlossene Demokratie der Volksmassen zu sichern, sie hätten auch auf dem Gebiet der Wirtschaft entscheidende Neuerungen bringen können."

Unter dem Aspekt von 1945 und der Nachkriegsentwicklung in Westdeutschland, aber auch teilweise fasziniert von dem jugoslawischen Rätemodell nach 1945, nahmen W. Tor-min 4), E. Kolb und P. von Oertzen die interessante und politisch bewegende Fragestellung von Rosenberg wieder auf und lösten damit eine lebhafte Debatte um die Chancen eines „dritten Weges" 1918/19 zwischen bolschewistischem Rätestaat und bürgerlich-parlamentarischer Demokratie aus. Sie stellten sogar die zwangsläufige Alternative „Rätestaat oder parlamentarische Demokratie" wie die Tatsache einer echten, von Rußland zielbewußt gesteuerten revolutionären Bedrohung Deutschlands damals in Abrede; hier liege vielmehr eine geschichtliche Konstruktion und Schutzbehauptung vor, mit der gerade auch die Sozialdemokratie nachträglich ihre zu starke Nachgiebigkeit gegenüber einer schon 1919 überraschend schnell erstarkenden Reaktion habe rechtfertigen wollen.

Kolb und von Oertzen meinen, die im November 1918 überall in revolutionärer Spontaneität von unten und zunächst noch improvisiert ohne durchgängige Leitvorstellungen als neue demokratische Selbstverwaltungskörper inmitten einer sich auflösenden Ordnung entstandenen Arbeiter-und Betriebsräte hätten ein ungenutztes demokratisches Kräftepotential dargestellt und bei zielbewußter Führung durch die Mehrheitssozialisten und die Gewerkschaften zum Instrument einer Umgestaltung des alten Obrigkeitsstaates in eine soziale Demokratie werden können. Kolb glaubt, hier habe bis zu der verhängnisvollen Polarisierung der Gegensätze auf der Linken im Spartakusaufstand Anfang 1919 wochenlang ein sehr viel größerer Spielraum, als gemeinhin angenommen, zur Schaffung eines „demokratischen Volksstaates" praktisch brachgelegen, von dem aus die Sozialisierung zumindest der Grundstoffindustrien, eine Kontrolle der militärischen Macht und eine Demokratisierung der staatlichen und kommunalen Bürokratie energisch hätte eingeleitet werden können. Die Chance, für die Arbeitnehmerschaft das volle Mitbestimmungs-oder gar Alleinentscheidungsrecht relativ widerstandslos durchzusetzen, sei dann ab 1919 verspielt gewesen.

Eine solche Argumentation von der offenen Entscheidungssituation her muß naturgemäß in eine harte Kritik an den damals bestimmenden Gewalten einmünden. In erster Linie wird den Mehrheitssozialisten und den freien sozialistischen Gewerkschaften mangelndes politisches Selbstvertrauen, Unsicherheit, ein im alten kaiserlichen Obrigkeitsstaat nur unvollkommen ausgebildeter Machtwille sowie fehlende Elastizität und Risikofreude der radikalen Linken gegenüber vorgeworfen. Die MSPD, kritisiert Kolb, habe die Gefahr der Gegenrevolution unterschätzt. Von Oertzen sekundiert ihm durch den Hinweis auf den „preußischen" Charakter der Arbeiterbürokratie in Partei und Gewerkschaften und das unange-brachte Vertrauen in den alten militärischen und bürokratischen Apparat.

Freilich müssen alle Kritiker zugeben, daß die Haltung der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften im Herbst 1918 konsequent auf der Linie eines bürgerlichen Revisionskurses lag, dessen Beginn weit in die Vorkriegszeit zurückreichte und dessen wichtigste Etappen dann die „Politik des 4. August 1914" mit der Verkündung des Burgfriedens und die uneingeschränkte Mitwirkung an der Kriegswirtschaft im Rahmen des „Vaterländischen Hilfsdienstgesetzes" vom 5. Dezember 1916 waren. „Der Wiederaufbau des Wirtschaftslebens kann nicht das Werk einer einzelnen Klasse sein", schrieb das Correspondenzblatt der Generalkommission der freien Gewerkschaften, das unter P. Umbreit zum eindeutigen Verfechter der Verständigungspolitik vom 4. August 1914 geworden war, im November 1918 und deutete mit diesem betonten Verzicht auf den Klassenkampf bereits von vornherein programmatisch den relativ engen Rahmen an, in dem sich nach Vorstellung der Gewerkschaften die Mitbestimmung künftig bewegen sollte.

Die Linke wurde bis in die USPD hinein von den Novemberereignissen ebenso wie die Repräsentanten der alten Ordnung überrascht und zunächst überrollt. Sie fühlte sich am 9. November mit der undankbaren Aufgabe betraut, zunächst einmal innenpolitisch einen Ordnungsrahmen vorzubereiten, in dem die seit langem angesteuerten Reformziele, Ausbau der-Sozialpolitik und Etablierung einer parlamentarischen Demokratie, realisiert werden konnten. Als Rahmen wurde von Anfang an zielbewußt nicht die in den Augen der sozialdemokratischen und freigewerkschaftlichen Führung illegitime Rätebewegung, sondern die Nationalversammlung angesteuert. Jede Umgestaltung der ökonomisch-gesellschaftlichen Verhältnisse durfte nur „von oben" auf dem Boden der parlamentarischen Demokratie erfolgen; „von unten", das heißt vom Rätesystem aus wäre sie als „Verstoß gegen die Souveränität der freigewählten Volksvertretung und damit als , undemokratisch'" abqualifiziert worden.

Weiterhin wird man über das revolutionäre Durchsetzungsvermögen und den gesellschaftlichen Gestaltungswillen einer Rätebewegung, die zunächst überwiegend nur „Frieden und Brot" auf ihre Fahnen geschrieben hatte und nicht im entferntesten an eine grundlegende Sozialrevolution dachte, doch wohl skeptischer als die erwähnten Kritiker denken müssen. Endlich waren die tatsächliche Wirtschaftslage und die realen Machtverhältnisse 1918/19 mit einer sich langsam in Freikorps erneut formierenden reaktionären Armee im Hintergrund eine denkbar ungeeignete und gefährliche Basis für gesellschaftspolitische Experimente. Selbst ein so harter Kritiker wie Rosenberg gesteht den „mehrheitssozialistischen Funktionären" den aufrichtigen Wunsch zu, „in Deutschland den privaten Kapitalismus zurückzudrängen und auf seine Kosten die Gemein-wirtschaft zu stärken", und beurteilt zugleich positiv ihr Bestreben, „bei der trostlosen Wirtschaftslage, in der sich Deutschland damals befand", alle wirtschaftlichen Experimente zu vermeiden, „wodurch die jetzt so notwendige Produktion gestört werden könnte

Als „wunderlichste aller Revolutionen" wird man die Novemberereignisse mit Rosenberg nach Maßgabe des modernen Revolutionsbegriffes, wie er zuerst 1789 im Sinne eines politisch-gesellschaftlichen Umsturzes Anwendung fand, ohne Zögern bezeichnen dürfen. Demgegenüber deckt sich das Novembergeschehen sehr viel eher mit einem ursprünglichen Revolutionsverständnis als „Zurück-Drehung" (re-volvere) eines Umsturzes und Wiederherstellung der alten geordneten Zustände. „Zurückgedreht" wurden die revolutionären Strömungen insofern, als die Weichen für die Weimarer Republik verfassungspolitisch bereits am 26. Oktober 1918 mit der Einführung der parlamentarischen Monarchie gestellt waren und es jetzt nur noch darum ging, diesen Parlamentarismus — nunmehr freilich ohne die Kronen — sowie die bestehende liberal-kapitalistische Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung zu verteidigen. Darüber darf jedoch nicht vergessen werden, daß die soziale Emanzipation des Arbeitnehmers wie das moderne kollektive Arbeitsrecht überhaupt vor allem durch die Einführung der kollektiven Tarifpartnerschaft 1918/19 einen entscheidenden Schritt vorangekommen sind. Der manchesterliche Industriefeudalismus des 19. Jahrhunderts, der durch die Betonung des uneingeschränkten Herr-im-Haus-Standpunktes immer mehr in einen Widerspruch zur modernen Produktion und Technik geriet, erhielt durch die Sozial-gesetzgebung damals einen ersten, bedeutsamen Stoß. Hier wurden sein Abbau und seine Umgestaltung in Richtung auf den „runden Tisch" und die moderne Sozialpartnerschaft eingeleitet. Freilich wurde diese Entwicklung zur Partnerschaft dann sehr wesentlich dadurch beeinträchtigt, daß sie für die Rechte, der sich ein überwiegender Teil des Unternehmertums über die DVP und die DNVP anschloß, mit dem Ruch des Revolutionären, der Erpressung und des staatlich-militärischen Zusammenbruches, sehr bald dann auch mit den Parolen von den „Novemberverbrechern" und dem „Dolchstoß" kontinuierlich behaftet blieb.

Diese Einleitung sei nicht als Anmaßung eines Richterspruches ex eventu über die jüngere deutsche Geschichte, sondern vielmehr als Versuch verstanden, von einer Interpretation der Novemberereignisse her, die sich nur sehr bedingt mit dem modernen Revolutionsbegriff deckt, die Voraussetzungen und Maßstäbe aufzuzeigen, unter denen Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft in der Weimarer Wirtschaftsund Sozialgeschichte einzuordnen und zu bewerten sind.

2. Die Zentralarbeitsgemeinschaft

Am 15. November 1918 trafen die Spitzengremien der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, unter ihnen die „Vereinigung deutscher Arbeitgeberverbände" (VdA) und die sozialistischen, christlichen und liberalen Richtungsgewerkschaften, eine Vereinbarung, die als „Magna Charta der Gewerkschaften" (H. von Raumer), als „sozialer Friedensvertrag" und als „das breiteste und stärkste Fundament für den Neu“) aufbau unseres wirtschaftlichen und sozialen Lebens" gefeiert wurde nach ihren beiden führenden Schöpfern auch als „Stinnes-LegienPakt" in die Geschichte eingegangen ist und zur Grundlage einer anschließend gegründeten paritätischen „Zentralarbeitsgemeinschaft" (ZAG) wurde.

Dieses Abkommen brachte den Gewerkschaften die volle Anerkennung als „berufene Ver-treter der Arbeiterschaft" und garantierte die unbeschränkte Koalitionsfreiheit. Zugleich ließen die Unternehmer ausdrücklich die „gelben", sogenannten wirtschaftfriedlichen Werkvereine fallen, die sich seit 1905 als Streikbrecherorganisationen und Werkzeuge zur innerbetrieblichen Abschirmung gegen den kollektiven Verbandseinfluß der Gewerkschaften bei ihnen erheblicher Unterstützung erfreut hatten. Ihren sichtbarsten Ausdruck fand die Anerkennung der Arbeitnehmer als Sozialpartner im kollektiven Tarifvertrag, zu dem allein die Gewerkschaften abschlußberechtigt sein sollten, in der Einsetzung von Arbeiterausschüssen in Betrieben von mindestens 50 Beschäftigten sowie von paritätischen Schlichtungsinstanzen resp. Einigungsämtern und in der paritätischen Verwaltung des Arbeitsnachweises. Weiter wurden hier als „soziale Errungenschaften" der Achtstundentag, eine jahrzehntealte Forderung der Arbeiterschaft, und eine generelle Regelung für die möglichst reibungslose Wiedereinstellung der Kriegsteilnehmer an ihren alten Arbeitsplätzen niedergelegt.

Dieses Abkommen wie überhaupt seine Entstehung bedeuteten zweifellos formalrechtlich und organisatorisch gegenüber der Vorkriegszeit in der Mitbestimmung einen wichtigen Fortschritt, wenngleich die Grundlage einer Partnerschaft schon im „Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst" von 1916 mit der Einrichtung paritätischer Schlichtungs-sowie innerbetrieblicher Arbeiter-und Angestellten-ausschüsse gelegt worden war.

Einschränkend ist aber zu betonen, daß der Gedanke einer „Zentralarbeitsgemeinschaft" an sich bereits für die Gewerkschaften den — jedenfalls zeitweisen — Verzicht auf eine Änderung der Eigentums-oder Produktionsverhältnisse und zugleich die Anerkennung der Unternehmerposition beinhaltete. Doch konnten die Arbeitnehmervertreter die vorläufige, aber, wie sich dann sehr bald zeigte, faktisch endgültige Ausgabe langgehegter Sozialisierungshoffnungen materiell wenigstens durch einen erheblichen Grad an Mitbestimmung im Betrieb selbst und darüber hinaus im Wirtschaftsleben allgemein kompensieren? Unter diesem für die kommende Wirtschaftsund Sozialentwicklung so wichtigen Gesichtspunkt nehmen sich die Abmachungen betont vage und mager aus: Eine Beschränkung der Mitwirkung auf rein soziale Belange bedeutete schon der Punkt 7, wo es heißt, der Arbeiterausschuß habe die Beschäftigten zu vertreten und „in Gemeinschaft mit dem Betriebsunternehmer darüber zu wachen . .., daß die Arbeitsbedingungen des Betriebs nach Maßgabe der Kollektivvereinbarungen geregelt werden". Ebenso verschwommen und letztlich nichtssagend wurde der Aufgabenbereich der ZAG und ihres noch zu bildenden Unterbaues in 15 beruflichen Reichsarbeitsgemeinschaften umrissen: Sie sollten „zur Durchführung dieser Vereinbarungen sowie zur Regelung der zur Demobilisierung, zur Aufrechterhaltung des Wirtschaftslebens und zur Sicherung der Existenzmöglichkeit der Arbeiterschaft, insbe sondere der Schwerkriegsbeschädigten zu treffenden weiteren Maßnahmen" zusammentreten; dem Zentralausschuß sollten „ferner die Entscheidung grundsätzlicher Fragen, soweit sich solche namentlich bei der kollektiven Regelung der Lohn-und Arbeitsverhältnisse ergeben, sowie die Schlichtung von Streitigkeiten, die mehrere Berufsgruppen zugleich betreffen", obliegen.

Diese starke Betonung der sozialen Aufgabenbereiche der Mitbestimmungsinstanzen innerund außerhalb des Betriebs war nichts weiter als eine — wahrscheinlich im Blick auf die viel weitergehenden Erwartungen einer sich im Winter 1918/19 zunehmend radikalisierenden Arbeiterschaft — geschickt verhüllte Verzichterklärung auf die wirtschaftliche Mitbestimmung; mehr noch: durch diesen Verzicht, hinter dem so profilierte Gewerkschaftler wie Legien, der Vorsitzende der Generalkommission der freien Gewerkschaften, Bauer, der Chef des im Oktober 1918 neu geschaffenen Reichs-arbeitsamtes, Schlicke, Führer des mächtigen Metallarbeiterverbandes, sowie Stegerwald von den christlichen Gewerkschaften und Erkelenz von den liberalen Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereinen standen, und durch die Mit-verantwortung für eine reibungslose Durchführung der Demobilisierung, für eine „Aufrechterhaltung des Wirtschaftslebens" sowie für die Existenzsicherung der Arbeiterschaft gingen die Gewerkschaften zugleich eine richtungweisende Bindung für ihre künftige Politik ein. Denn jeder einseitige Versuch, die soziale Mitbestimmung zu einer qualifizierten wirtschaftlichen Mitgestaltung vorzutreiben, geriet sofort in einen deutlichen Widerspruch zu der Unterschrift vom 15. November 1918 und konnte von Arbeitgeberseite — wie es dann auch geschah — als Abkehr vom Gedanken der ZAG, sogar als Sabotage an den Aufgaben der Übergangswirtschaft und damit als Gefährdung der Arbeitnehmer-Existenzen interpretiert, bestenfalls dann mit dem moraliB sehen Verdikt der Unlauterkeit, schlimmstenfalls sogar, was 1919 mehrfach erwogen wurde, mit einer Kündigung der Arbeitsgemeinschaft und einem Arbeitgeberstreik beantwortet werden. Abgesehen von den pragmatisch-politischen Bedenken mußte eine solche, von ihnen selbst mit heraufbeschworene Entwicklung dem Legalitätsdenken deutscher Gewerkschaftler strikt zuwiderlaufen.

Wenn von Unternehmerseite bis zum Zusammenbruch der ZAG im Januar 1924 immer wieder der ursächliche Charakter der Arbeitsgemeinschaften als paritätische und autonome Selbstverwaltungskörper hervorgehoben und alle Abweichungen von diesem Prinzip durch einen zunehmenden bürokratischen Interventionismus der Exekutive mit Duldung, teilweise sogar Förderung durch die Gewerkschaften mit harter Kritik als Vertragsverletzung registriert wurden stand dahinter weniger der Wille zur Tarifpartnerschaft als der Wunsch, im Wirtschaftsleben solange mit Hilfe der Gewerkschaften einen obrigkeits-und eingriffsfreien Raum zu bewahren, als die Obrigkeit so deutlich, wie zunächst, im Zeichen des „Rates der Volksbeauftragten" und dann der Weimarer Mitte-Links-Koalition von sozialpolitisch progressiven Kräften bestimmt wurde. Eine Mitte-Rechts-Gruppierung in der Exekutive, wie sie sich schon unter Luther 1925/26 und Marx 1927/28 kurz, dann mit wachsender Rechtstendenz ab 1930 abzeichnete, ließ die Gewerkschaften als Mitkämpfer für die Wirtschaftsautonomie entbehrlich erscheinen, da man nun bei der Regierung direkt für die eigenen Ziele entsprechendes Verständnis zu finden hoffte.

Von Unternehmerseite wird zwar vordergründig mit einigem Recht immer wieder betont die Zugeständnisse vom November 1918 seien den Arbeitgebern nicht unter dem Druck der Straße im letzten Augenblick abgepreßt worden, sondern das organische Ergebnis zahlreicher Kontakte gewesen, die schon ab Sommer, verstärkt dann im Oktober u. a. von W. Rathenau, E. von Borsig, H. von Raumer (AEG), C. F. von Siemens und H. Stinnes im Blick auf die Erfordernisse der kommenden Übergangswirtschaft zur Arbeitnehmerseite angeknüpft wurden. Demgegenüber wird man aber bezweifeln dürfen, ob sich ohne den 9. November, der zahlreiche Wirtschaftsführer wie Vater und Sohn Thyssen, Krupp und C. Duisberg, den Schöpfer des IG-Farben-Konzerns 15), in teilweise recht gewalttätigen Formen mit dem Klassenkampf im eigenen Betrieb konfrontierte, ob sich ohne die Kapitulation und die Auflösungstendenzen in Staat, Heer und Gesellschaft die Einigung auf der — auch so schon recht konservativen — Basis so reibungslos und schnell vollzogen hätte. Die ZAG trägt von beiden Seiten her deutlich Züge einer vorläufigen Zwangsgemeinschaft unter dem Druck einer gemeinsamen Bedrohung von links. Die Gewerkschaften sahen ihre traditionelle Stellung als Anwälte der Arbeitnehmerschaft und damit eine jahrzehntelange Aufbauarbeit durch die „revolutionären Obleute" sowie die ebenfalls revolutionären Arbeiter-und Betriebsräte gefährdet und nahmen in dieser prekären Lage deshalb dankbar die Anerkennung durch die Betriebsführer als alleinige Verhandlungsorgane entgegen, während umgekehrt die Unternehmerschaft ebenso dankbar jedes Ordnungselement inmitten des Um-sturzes begrüßte, selbst wenn man ihm zunächst einige Zugeständnisse machen mußte, um es überhaupt funktionsfähig zu halten und ihm in den Augen der Arbeiterschaft durch Kompetenzen eine gewisse Reputation zu verschaffen.

Bei einer Würdigung der Leistungen, die beide Seiten, Unternehmer wie Belegschaften, damals vollbracht haben, wird man niemals die chaotischen Ernährungsverhältnisse im Winter 1918/19 und 1919 vergessen dürfen. Es galt trotz Fortsetzung der alliierten Blockade, eine Bevölkerung, die schon seit Jahren am Rande des Existenzminimums lebte und bei sinkenden Arbeitsleistungen entsprechend physisch und psychisch gefährdet war, wenigstens notdürftig über Wasser zu halten, die zu Hunderttausenden zurückflutenden Kriegsteilnehmer schnell wieder einzugliedern, dabei die Leiden der Verkrüppelten und Hinterbliebenen durch staatliche Fürsorge zu lindern und endlich eine Wirtschaft, die vier Jahre für den Krieg produziert hatte, der nach dem Verlust dieses Krieges die Außenmärkte sowie die Bezugsquellen im Aus-und ebenso teilweise — denkt man an Elsaß-Lothringen und Westpreußen — im früheren Inland abgeschnitten waren, nunmehr rasch und ohne größere Produktionsstörungen auf den Frieden umzustellen — ein Bündel von unmittelbar anstehenden, gewaltigen Aufgaben, das alle Betroffenen, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, ungleich stärker beanspruchte als die — gerade im Rückblick heute sicher nicht weniger notwendigen — Gedanken an die weitere ökonomische, politische und soziale Zukunft der jungen Republik.

Nicht nur gesellschafts-, sondern auch verfassungspolitisch war die ZAG richtungweisend und konstitutiv für den Weimarer Staat. Denn dieser gründete sich von seiner Entstehung her vorwiegend auf zwei Bündnisse der neuen staatstragenden Kräfte, das heißt der Mehrheitssozialisten und der Gewerkschaften, einmal mit der alten Armee im sogenannten Ebert-Groener-Pakt vom 10. November und zum anderen, wie dargestellt, mit dem Unternehmertum im Stinnes-Legien-Pakt. Dieser Charakter einer doppelten, aus der Not des Tages geborenen und insofern recht labilen Koalition auf Abruf ist für die Reichswehr überzeugend zuletzt u. a. durch F. L. Carsten herausgearbeitet worden; für die Unternehmerschaft fehlt bisher noch eine entsprechende verbandsgeschichtliche Analyse, die sich vor allem an Wirken und Zielsetzung der beiden Spitzenverbände, der „Vereinigung deutscher Arbeitgeberverbände und dem 1919 durch Zusammenschluß des „Zentralverbandes deutscher Industrieller" und des „Bundes der Industriellen" gegründeten „Reichsverbandes der Deutschen Industrie" (RDI orientieren müßte. 1931 formulierte Krupp in seiner Einstandsrede als neuer Präsident die von 1919 an unumstößlichen Grundsätze des RDI für die Kooperation mit Regierung und Parteien: „Wir werden zusammengehen mit denen, die wirtschaftspolitisch vernünftige Wege gehen wollen, und diejenigen bekämpfen, die wirtschaftsfeindliche Wege gehen." Ende 1929 konstatierte Georg Bernhard, Chefredakteur der liberalen „Vossischen Zeitung" die deutsche Wirtschaft betrachte Staat und Wirtschaft als zwei getrennte und gleichberechtigte Sphären, von denen im Notfall die Wirtschaft den Vorzug genieße.

Die innere Stabilität Weimars sollte in Zukunft wesentlich mit davon abhängen, ob es gelingen würde, die im November 1918 begründete Tarifpartnerschaft zu einer echten, von gegenseitigem Vertrauen getragenen Sozialpartnerschaft zu vertiefen und von beiden Seiten her zwar nicht die natürlichen und oft unvermeidlichen Interessenspannungen zwischen Arbeit und Kapital, aber doch ihre klassenkämpferisch-ideologische Dogmatisierung und Verkrampfung langsam abzubauen.

3. Die rechtliche Verankerung der „sozialen Errungenschaften" von 1918

Der langjährige Zentrumsarbeitsminister H. Brauns umschrieb 1928 rückblickend den Staatszweck Weimars, einer sozialen Republik, die sich die volle Integration der Arbeitnehmerschaft in Wirtschaft und Gesellschaft zum Ziel gesetzt hatte, halb resignierend mit der Feststellung, nach dem Scheitern der Sozialisierungsbestrebungen sei nichts anderes übriggeblieben, „als den Arbeitnehmern eine bessere Rechtslage und eine größere Sicherheit ihrer Existenz auf dem Boden der kapitalistischen Ordnung zu verschaffen. Damit war der sozialpolitischen Entwicklung der Nachkriegszeit der Weg gewiesen"

Die sozialpolitische Kompensation vom 15. November 1918 für die Anerkennung der kapitalistischen Ordnung durch die Gewerkschaften hatte zunächst nur mehr privatrechtlichen Charakter. Es ging in den folgenden Monaten darum, sie auf dem Verordnungsund Gesetzes-wege unter öffentlich-rechtliche Garantie zu stellen. Das bedingte naturgemäß gerade in der verworrenen Situation 1918/19 ein ungleich stärkeres Engagement der Staatsgewalt in der Regelung der arbeitsrechtlichen Beziehungen, als dies in dem wirtschaftsneutralen, unternehmerfreundlichen Verwaltungsstaat der Vorkriegszeit je der Fall gewesen war. Wirtschaft war nicht mehr Privatangelegenheit, sondern eine Angelegenheit der Staats-politik geworden, formulierte es der Sozialist R. Wissell, 1919— 1920 Reichswirtschaftsminister und 1928— 1930 Reichsarbeitsminister. Damit aber wurde die Staatsgewalt schlechthin als „Garant des sozialen Ausgleiches", gleichgültig, ob sie sich in sozialistischer oder bürgerlicher Hand befand, selbst unter Cuno und Luther, zum permanenten Objekt unternehmerischer Beeinflussungsoder gar radikaler Umwandlungsbemühungen. Schon am 12. Dezember 1918 stimmte die VdA das Leitmotiv für die Zukunft an, indem sie warnend verlauten ließ, man stehe zwar „auf dem Boden der gegebenen Tatsachen", erwarte aber von der Regierung, „daß sie mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln Ordnung und Freiheit des Wirtschaftslebens aufrechterhält"

Hier wurde die — damals noch rein sozialistische — Staatsgewalt in ein nahezu unlösbares Dilemma manövriert: einerseits sollte sie aktiv die Ordnung des Wirtschaftslebens wiederherstellen und garantieren, was nur durch gewisse sozialpolitische Zugeständnisse an die Arbeiterschaft möglich war, andererseits sollte sie jedoch — in Passivität verharrend — nicht an die geheiligten Grundsätze des Wirtschaftsliberalismus rühren, worunter die Arbeitgeber konkret eine „Entstaatlichung der Sozialpolitik" und eine „Entpolitisierung der Wirtschaft" verstanden. Mißbilligend bemerkte später G. Erdmann, langjähriger Syndikus der VdA, durch ihre gesetzliche Verankerung seien die ursprünglich freien Zugeständnisse aus den Novembervereinbarungen entgegen den anfänglichen Intentionen der Beteiligten „in den Machtbereich des Staates" einbezogen und damit „aus der Gemeinschaftsarbeit" gelöst worden Erdmann projiziert hier den Keim für das spätere Auseinanderbrechen der ZAG schon in die Anfangsphase ihres Wirkens zurück und setzt auch in der Schuldfrage einen einseitigen Akzent: Mit zunehmendem Einfluß des Staates habe die Bereitschaft zur Selbstverantwortung als Grundlage der Selbstverwaltung abgenommen; immer mehr Aufgaben seien aus der freien, partnerschaftlichen Vereinbarung heraus auf staatliche Gremien übertragen worden; dies habe schließlich zu einer Aushöhlung und Zerstörung der Arbeitsgemeinschaft geführt.

Die gesetzliche Verankerung der „sozialen Errungenschaften" vom November 1918 vollzog sich über acht Jahre hinweg bis 1927 in mehreren Stufen: 23. 11. 1918 Verordnung über die Einführung des Achtstundentages für Arbeiter, am 18. 3. 1919 auch für Angestellte. 23. 12. 1918 Verordnung über Tarifverträge, Arbeiter-und Angestelltenausschüsse und die Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten; Festsetzung der „Unabdingbarkeit" und „Allgemeinverbindlichkeit" von Tarifverträgen. 11. 8. 1919 Weimarer Reichsverfassung mit dem Grundrechtekatalog, 5. Abschnitt: Das Wirtschaftsleben, die sozialen Grundrechte, bes. Art. 156— 165. 4. 2. 1920 Betriebsrätegesetz. 19. 4. 1920 Verordnung über die Bildung eines vorläufigen Reichswirtschaftsrates. 30. 10. 1923 Schlichtungsordnung auf Grund des Notverordnungsrechtes der Reichsregierung mit der Möglichkeit zur letztinstanzlichen Zwangsschlichtung durch den Staat. 21. 12. 1923 Arbeitszeitverordnung (wie Schlichtung) mit der Festlegung des Achtstundentages bei der Möglichkeit einer zusätzlichen Arbeitszeitvereinbarung im Rahmen des Tarifvertrages. 1. 10. 1927 Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung.

Es gelang freilich niemals, das Arbeitsrecht als „ein Recht des Menschentums der Werktätigen" wie von Gewerkschaftsseite immer wieder gefordert wurde, einheitlich in einem umfassenden und grundlegenden „Gesetzbuch der Arbeit" zu kodifizieren. So segensreich und fortschrittlich die sozialen Verordnungen und Gesetze auch im einzelnen waren, es fehlte ihnen doch, wie Wissell 1928 auf dem 13. Kongreß des ADGB in Hamburg zugab, der große sozialpolitische Entwurf, der die Einzel-glieder zu einem organischen Ganzen hätte binden können.

Der berühmte und aufsehenerregende Versuch der Freien Gewerkschaften in Hamburg 1928, durch ihren Sprecher Fritz Naphtali mit dem Programm der „Wirtschaftsdemokratie" doch noch im letzten Augenblick das fehlende Gesamtkonzept zu erstellen mußte aus mehreren Gründen scheitern. Einmal war diese „Wirtschaftsdemokratie" von vornherein, wenn auch sehr verschwommen und gemäßigt, unter dem Motto „durch Demokratisierung der Wirtschaft zum Sozialismus" als Durchgangs-stufe zu einer sozialistischen Umgestaltung der Besitzverhältnisse, als „eine Ergänzung der sozialistischen Idee in der Richtung der Klärung des Weges zur Verwirklichung" konzipiert und insofern eher zur Vertiefung des Klassengegensatzes als zu seiner Überwindung in einem gesellschaftlichen Integrationsprozeß geeignet. Zum anderen geriet das Programm sehr schnell in den Sog der großen Depression und einer daraus resultierenden rapiden Verschlechterung des sozialpolitischen Klimas. Das Schlagwort von der Wirtschaftsund Betriebsdemokratie und von der „konstitutionellen Fabrik" war sogar dazu angetan, in den mißtrauischen Augen der Unternehmer allen aufgezeigten Verordnungen und Gesetzen, ja vor allem der Weimarer Reichsverfassung unmittelbar, soweit sie den sozialen Ausgleich garantierte, den Stempel einseitiger Klassengesetzgebung aufzudrücken, die Exekutive unabhängig von ihren jeweiligen Trägern als Exponenten des Klassendenkens von vornherein zu diskreditieren und jeden sozialpolitischen Konflikt, etwa über die nivellierende Tendenz des kollektiven Tariflohnes oder die stark schematisierenden Arbeitszeitverordnungen — Dinge, über die man sonst im Rahmen wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit durchaus hätte diskutieren können —, sofort zu einer vielfach unangebrachten Grundsätzlichkeit, sogar zu einer potentiellen Staatskrise hochzuspielen.

Die soziale Kompromißnatur des Weimarer Staates zeigt sich besonders in den oft gewundenen Formulierungen der Artikel 151 ff. über das „Wirtschaftsleben" im Weimarer Grundrechtekatalog sowie in den heftigen Kontroversen zwischen den Sozialpartnern um ihre gesellschaftspolitische Auslegung. Im Grunde ging es hier darum, einer unverändert liberal-kapitalistischen Eigentumsordnung, wie sie in den tradierten bürgerlich-liberalen und individualistischen Grundrechten und Leitbildern nach wie vor gültig garantiert war, die in ihrem Wesen gesellschaftsund kollektivbezogenen sozialen Grundrechte der modernen Industriewelt (Recht auf Arbeit, Recht auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen, Recht auf geregeltes Arbeitsentgelt, Koalitionsrecht, Recht auf soziale Sicherheit und Versorgung usf.) aufzupfropfen

Diese Zielsetzung bedingte eo ipso regulierende Eingriffe der Staatsgewalt in den Arbeitsmarkt und damit auch letztlich in die freie Verfügungsgewalt über das Kapital. Hier mußte ein sinnvoller Ausgleich zwischen dem „gewährleistenden Rechtsstaat" und dem „gewährenden Sozialstaat" gefunden werden. Für den Sozialisten Naphtali handelte es sich in dem arbeitsrechtlichen Demokratisierungsprozeß darum, mit Hilfe des Staates die rein schuldrechtliche und damit inhumane, weil ausbeuterische Regelung des Arbeitsverhältnisses aus der liberalen Ära zu humanisieren durch den Ausbau und die Sicherung der sozialen Existenz des Arbeitnehmers. In ähnliche Richtung, wenn auch ohne klassenkämpferischen Akzent und ohne Sozialisierungsforderungen, zielt die katholische Soziallehre, wenn sie im Anschluß an „Rerum novarum" und „Quadragesimo anno" den doppelten Individual-und Sozialcharakter des Eigentums, die Ergänzung des individuellen Eigentumsrechtes durch die Pflicht zu einem kollektiv ausgerichteten Eigentumsgebrauch im Dienste der Gemeinwohlgerechtigkeit betont. Kapital und Arbeit sind, wie jüngst wieder der katholische Sozialwissenschaftler Oswald von Nell-Breu-ning in einem leidenschaftlichen Plädoyer für die wirtschaftliche Mitbestimmung unterstrichen hat unmittelbar aufeinander angewie-wiesen, nicht im liberalen Sinne von Über-und Unterordnung, sondern in einer sittlich fundierten, wirtschaftlich optimal effektiven Leistungsgemeinschaft. Nell-Breuning spricht sogar in einem bemerkenswerten Schritt über Weimar hinaus von einem „Verbund zweier Gruppen von Personen, die Beiträge zweierlei Art zu dem leisten, was sie gemeinsam . unternehmen'dem entspreche, „daß die Unternehmensleitung von beiden gemeinsam bestellt wird und beiden gemeinsam Rechenschaft schuldet".

Der Zwiespalt zwischen individuellem Eigentumsrecht und kollektiv gebundenem Eigentumsgebrauch, der die ganze Mitbestimmungs-Problematik in der herkömmlichen Wirtschafts-und Sozialordnung in sich schließt, ist im Grundrechtekatalog mehrfach greifbar. Insofern hat die Weimarer Reichsverfassung hier gerade durch ein aus der Krisensituation 1919 verständliches demokratisches Perfektionsstreben die gesellschaftlichen Spannungen mehr bloßgelegt und angeheizt als ihrer ursprünglichen Absicht nach gesellschaftspolitisch integrierend gewirkt. Sicher taten die Schöpfer des Bonner Grundgesetzes gut daran, das Thema Mitbestimmung ganz auszuklammern, statt dessen im Grundrechteteil Art. 14, 2 nur allgemein von der sozialen Verpflichtung im Eigentumsgebrauch zu sprechen und in den Art. 14, 3 und 15 die Möglichkeit einer Enteignung „zum Wohle der Allgemeinheit" bzw.der Vergesellschaftung nach Maßgabe gesetzlicher Regelungen und gegen Entschädigung offenzuhalten. Dadurch, daß das Grundgesetz nicht mehr verspricht, als es halten kann, ist es im Gegensatz zur Weimarer Verfassung weitgehend aus der Schußlinie sozialpolitischer Konflikte genommen.

Die Arbeitgeberseite versuchte, soweit sie ihren Standpunkt in den Spitzenverbänden artikulierte, alle Forderungen selbst schon nach sozialer Mitbestimmung — von wirtschaftlicher wurde nach 1920 kaum noch gesprochen — als unvereinbar mit der Gewährleistung des Eigentums in Art. 153, 1 WRV sowie mit der Vertragsfreiheit im Wirtschaftsverkehr (Art. 152, 1, freilich „nach Maßgabe der Gesetze"!) zurückzuweisen. Sie sah vielfach schon in dem Recht des Arbeitnehmers, an Lohn-und Personalentscheidungen mitzuwirken, eine verfassungswidrige Einengung ihrer Verfügungsgewalt über Eigentum und Kapital sowie ihrer unternehmerischen Führungsposition. Freilich war in den modernen Kapitalgesellschaften mit dem entscheidenden Wandel im Arbeitgeber-typus vom Eigenunternehmer zum angestellten Manager von der oft verwickelten und unübersichtlichen Eigentumsbasis her immer schwieriger gegen die Mitbestimmung zu argumentieren, so daß das verantwortungs-und risikoreiche Management als eine Art Treuhänderschaft für fremdes Eigentum als Argument mehr in den Vordergrund trat.

Demgegenüber berief sich die Gegenseite auf die Begrenzung der wirtschaftlichen Freiheit des einzelnen durch die „Grundsätze der Gerechtigkeit mit dem Ziele der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins" (Art. 151, 1), auf den „verpflichtenden" Charakter des Eigentums, dessen Gebrauch „zugleich Dienst für das gemeine Beste" sein solle (Art. 153, 3), auf die in Art. 153, 2 und 156, 1 wie später auch im Bonner Grundgesetz niedergelegte Möglichkeit einer gesetzlichen Enteignung oder Vergesellschaftung von Privateigentum, auf die Möglichkeit einer staatlichen Zwangssyndizierung, wie sie im Reichskohlen-und Reichskalirat ausgenutzt wurde, „auf der Grundlage der Selbstverwaltung" und „mit dem Ziele, die Mitwirkung aller schaffenden Volksteile zu sichern, Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Verwaltung zu beteiligen und Erzeugung, Herstellung, Verteilung, Verwendung, Preisgestaltung sowie Ein-und Ausfuhr der Wirtschaftsgüter nach gemeinwirtschaftlichen Grundsätzen zu regeln" (Art. 156, 2), auf den „besonderen Schutz" der Arbeitskraft durch das Reich (Art. 157, 1), auf das in Art. 163, 2 festgesetzte „Recht auf Arbeit", vor allem aber auf den zentralen Mitbestimmungsartikel 165. Art. 165 sah für Arbeiter und Angestellte „in Gemeinschaft mit den Unternehmern" die „gleichberechtigte" Mitwirkung „an der Regelung der Lohn-und Arbeitsbedingungen und an der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung der produktiven Kräfte" vor sowie organisatorisch für die Arbeitnehmer „zur Wahrnehmung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Interessen gesetzliche Vertretungen in Betriebsarbeiterräten sowie nach Wirtschaftsgebieten gegliederten Bezirksarbeiterräten und in einem Reichs-arbeiterrat".

Die Bezirksarbeiterräte und der Reichsarbeiterrat sollten dann „zur Erfüllung der gesamten wirtschaftlichen Aufgaben und zur Mitwirkung bei der Ausführung der Sozialisierungsgesetze mit den Vertretungen der Unternehmer und sonst beteiligter Volkskreise zu Bezirkswirtschaftsräten und zu einem Reichswirtschaftsrat" zusammentreten. Organisatorisch ist das hier entworfene wirtschaftsständische Gebäude ein Torso geblieben, da dem 1920 geschaffenen vorläufigen Reichswirtschaftsrat mit Ausnahme der innerbetrieblichen Arbeitervertretungen der geplante regio35 nale und überregionale, teilweise paritätische Unterbau ganz gefehlt hat, da ihm aber auch schließlich nicht die ursprünglich in Art. 165, 4 vorgesehene weitreichende sozial-und wirtschaftspolitische Legislativkompetenz zugestanden wurde, die ihn zu einem gleichgewichtigen Organ der Gesetzgebung neben dem Reichstag, etwa nach dem Vorbild des Bis-marckschen Bundesrates, gemacht hätte.

Der Art. 165 ist in einer schon langsam auslaufenden Bewegung die letzte große Manifestation des Räte-und Mitbestimmungsgedankens. Er mußte aber im Grunde eine Manifestation bleiben, da sich bei der Verabschiedung der Reichsverfassung durch die Nationalversammlung im Juli 1919 nach dem Schock vom vorangegangenen Winter die innere Lage bereits soweit wieder konsolidiert und die politisch-gesellschaftlichen Gewichte soweit zur Mitte und nach rechts verlagert hatten, daß an eine Realisierung der Konzeption kaum noch zu denken war. Der schon im Mai 1919 und dann verstärkt ab Spätsommer einsetzende Kampf um das Betriebsrätegesetz, mit dem der Verfassungsrahmen wenigstens auf der untersten Stufe ausgefüllt werden sollte, ist ein deutlicher Beweis für das wieder mehr restaurative Klima, überdies ging der Art. 165, soweit er die teilweise paritätische Mitbestimmung auf allen Ebenen vom Betriebsrat bis zum Reichswirtschaftsrat auch in wirtschaftlichen Fragen anstrebte, noch über das „revolutionäre" Novemberabkommen hinaus, wodurch, um es kraß auszudrük-ken, sein realitätsfremder Charakter besonders sichtbar wird.

Man wird hier abschließend noch einmal fragen müssen, ob die Verfassungsschöpfer von Weimar bei allem ehrlichen Wollen gut beraten waren, einen so konfliktgeladenen gesellschaftlich-politischen Entwurf wie ein Wirtschaftsparlament mit paritätischer Mitbestimmung — einen Entwurf, der überdies von vornherein bereits in einen sich dann immer mehr verschärfenden Gegensatz zur Verfassungswirklichkeit geriet — in den Verfassungstext aufzunehmen und das Staatsgrundgesetz damit in einem wesentlichen Punkt sehr schnell der Gefahr auszusetzen, Zankapfel der Parteien und schließlich ein Stück belächelter Makulatur zu werden.

4. Die Betriebsräte im Spannungsfeld zwischen Gewerkschaften und Unternehmern

Nach schweren parlamentarischen und außer-parlamentarischen Auseinandersetzungen, die zuletzt noch im Januar 1920 in eine blutige Straßenschlacht mit der radikalen Linken vor dem Reichstagsgebäude einmündeten, die den „Totenschein des Rätesystems" strikt ablehnte, wurde das BRG endlich am 18. Januar 1920 in 3. Lesung mit 213 : 62 Stimmen angenommen und trat am 4. Februar in Kraft.

Bis hin zum fertigen Gesetz hatte die ursprüngliche Regierungsvorlage auf scharfen Druck seitens der Arbeitgeber eine erhebliche „Entschärfung" erfahren, so daß von der wirtschaftlichen Mitbestimmung nur noch im Sinne einer unverbindlichen Gewerbe-und Betriebssolidarität die beratende Unterstützung der Betriebsleitung und die fördernde Mitarbeit an der Einführung neuer Arbeitsmethoden blieb mit dem Ziel, gemeinsam die Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Betriebsleistungen sicherzustellen. Die vielbeschworene „Arbeitsgemeinschaft von unten" im Betrieb hielt sich als Korrelat und Fundament der ZAG streng an den Mitbestimmungsrahmen, der durch diese im November 1918 abgesteckt worden war. Wo der Betriebsleiter noch einen Eingriff in seine souveräne Entscheidungsgewalt befürchtete, etwa bei der Einstellung und Entlassung von Arbeitskräften, bei der Pflicht zur regelmäßigen Bilanzvorlage oder bei der Entsendung von ein bis zwei Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat, wurden im BRG selbst sowie durch zwei Ausführungsgesetze 1921/22 Sicherungen gegen eine unzumutbare Ausdehnung der Mitbestimmung oder Kontrolle in die Unternehmensführung hinein eingebaut. Auch sorgten die Arbeitgeber selbst in den Kapitalgesellschaften durch Satzungsänderungen etc. oft dafür, daß die entscheidenden Aufsichtsratsbeschlüsse ohne die Arbeitnehmervertreter gefaßt wurden.

Unternehmer wie Gewerkschaften betrachteten beide die Betriebsräte, wie von Oertzen überzeugend dargestellt hat, ursprünglich als eine Art „illegitimes Kind", das es zunächst in gemeinsamem Bemühen zu zähmen und in eine ungefährliche und streng gesetzliche Ordnung hineinzupressen galt. In einem parallel gerichteten Streben trachteten die beiden Partner vom 15. November 1918 danach, den Spielraum dieses seiner Entstehung nach revolutionären „Wildwuchses" und dementsprechend auch den Umfang der Mitbestimmung innerhalb des Betriebes möglichst eng zu halten. Die Erklärung für diese offenkundige Interessenkongruenz im Geiste der ZAG läßt einmal eine bemerkenswerte Kontinuität unternehmerischer Argumentationen in der Mitbestimmungsfrage bis in die Gegenwart, zum anderen aber auch zentrale Struktur-und Organisationsprobleme der deutschen Gewerkschaftsbewegung deutlich werden.

Die Einwände der Unternehmer gegen das Betriebsrätesystem wurden u. a. auf großen gemeinsamen Protestkundgebungen des RDI und der VdA, die sich ein Jahr später in einer letzten Polarisierung der interessenpolitischen Konzentrationsbewegung zum „Zentralausschuß der Unternehmerverbände" zusammen-schlossen, am 24. September und 11. Dezember 1919 in Berlin und in einer energischen Demarche des RDI-Präsidiums bei Reichspräsi-sident Ebert persönlich am 7. Januar 1920 vorgebracht. Dabei wird man zum Verständnis der harten Polemik berücksichtigen müssen, daß die Spitzenverbände inzwischen wegen einer angeblich zu lauen Haltung stark unter Beschuß aus den eigenen Reihen lagen. Vor Ebert verstieg sich der Verbandsvorsitzende des RDI, der Krupp-Direktor Dr. Sorge, der in Personalunion zur Dokumentation der unternehmerischen Geschlossenheit auch der VdA zeitweise vorstand, bis zu dem Vorwurf einseitiger Interessenpolitik und offenkundiger Wirtschaftsfeindlichkeit des Staates, worauf der Reichspräsident ihn scharf auf die Pflicht des Unternehmertums verwies, sich im Interesse einer Hebung der Arbeitsmoral allen Maßnahmen, die dem Wandel der Zeiten und dem Geiste sozialer Fortentwicklung in der ganzen Welt entsprächen, lieber freiwillig anzuschließen, als sich dann einem Zwang unterwerfen zu müssen. Sogar das Mittel eines Arbeitgeberstreiks gegen das BRG wurde zeitweise ins Auge gefaßt.

Die Gründe gegen Räteverfassung und Mitbestimmung lassen sich wie folgt zusammenfassen: Politisierung, Schädigung oder gar „Russifizierung" des Wirtschaftslebens, Gefährdung der Erzeugung, Zerstörung der unternehmerischen Entschlußfreudigkeit — dies alles in einem Augenblick schwerster ökonomischer Belastungen durch Reparationen und eine innere Depression; kalte Sozialisierung nach dem Motto „Sozialismus ist Arbeit; die nicht geleistet wird"; Gefährdung des Geschäftsgeheimnisses bei der Bilanzvorlage im Privatunternehmen und Anreiz zu übertriebenen Lohnforderungen, die im Widerspruch zur Notwendigkeit der Bildung von Eigenkapital stehen; Unübertragbarkeit des kaufmännischen Risikos und der Haftung; Eindringen betriebs-fremder Gewerkschaftseinflüsse; Störung des Betriebsklimas usf.

Diese Skala der Verdächtigungen ist zugleich Spiegel einer ungeheuer erhitzten innerpolitischen Atmosphäre damals, aber auch eines — freilich langsam schwindenden — Unternelmerweltbildes, das im Arbeiter noch sehr stark den Klassenfeind und weniger den Betriebs-partner sah. In der weiteren Entwicklung sollte sich dann immer mehr der Eindruck durchsetzen, daß die Betriebsräte bei fairer Behandlung zu einem wichtigen Ordnungselement zur Wahrung der Betriebssolidarität und des Betriebsfriedens und damit zu einem bedeutsamen Faktor der Produktionsförderung werden konnten. Es setzte sich vor allem in der Veredelungswirtschaft mit einem Stamm hochqualifizierter Facharbeiter, dann aber auch in der Schwerindustrie, wo aus alter Tradition länger ein inzwischen überholter Betriebspatriarchalismus gepflegt wurde, eine Ansicht durch, die Robert Bosch — „Imker" Repräsentant des Unternehmerflügels, sozialpolitischer „Gegenfüßler" zu Emil Kirdorf, dem führenden Mann des Ruhrbergbaus, und „Vernunftrepublikaner" wie er sich selbst sah, der „rote Bosch", wie ihn manche Kollegen sahen — Anfang 1921 richtungweisend formulierte: Der Betriebsrat könne „zur Besserung der Beziehungen zwischen Unternehmer und Arbeiter sehr wesentlich beitragen". Voraussetzung sei die Wahl der richtigen Leute, aber auch der richtige Standpunkt der Unternehmer. Man müsse sich „gegenseitig erziehen, einander abschleifen". „Die herrlischen Tage der Unternehmer sind zu Ende, sehr weitgehend auch durch deren eigene Schuld, aber ob die der Arbeiterschaft kommen werden, wer will das behaupten? Nach meinem Darfürhalten kann die Arbeiterschaft ohne die Geschäftsleitung ebensowenig durchkommen, wie diese ohne die Arbeiter-schäft. In einem solchen Getriebe ist kein überflüssiges Rad und auch keines, das ersetzt werden kann. Der Betriebsrat kann nicht Betriebsleitung sein."

Niemand beschwört heute noch in einem versachlichten Klima der sozialpolitischen Auseinandersetzung in der Mitbestimmungsfrage wie 1919/20 den „Untergang Germaniens", wenn es um die Erweiterung der Arbeitnehmerrechte geht. Dennoch klingen vielfach in der gegenwärtigen Debatte um die wirtschaftliche Mitbestimmung die gleichen Argumente wie damals bei der sozialen Mitbestimmung an. Nicht nur, daß bisweilen noch Gewerkschaftsfunktionäre in einer überholten Klassenkampf-Terminologie mit der Sozialisierung als Sturmbock gegen den Unternehmer-Widerstand drohen, auch zahlreiche Arbeitgeber-Argumente gegen die Ausweitung der Mitbestimmung auf die Ebene der Unternehmensführung nach dem Montanvorbild, wie sie der DGB fordert, klingen bekannt: Betonung der freien Initiative und sozialverpflichtenden Verantwortung des Unternehmers gegenüber gewerkschaftlichen Machtforderungen; Vorwurf des Klassenkampfdenkens und Furcht, durch gewerkschaftliche und parteipolitische Einflüsse werde die Zusammenarbeit im Betrieb gestört; Einflußnahme auf ökonomische und finanzielle Dispositionen des Unternehmers ohne Verantwortlichkeit; Verdrängung der Anteilseigner im Aufsichtsrat in eine Minderheit

Nur schwer sind heute wie damals auf beiden Seiten ideologisch getönte Unterstellungen und berechtigte Einwände voneinander zu trennen. Freilich muß man betonen, daß die Regelung in der Montanindustrie bisher mit dem paritätisch besetzten Aufsichtsrat und dem Arbeitsdirektor reibungslos funktioniert, nicht zuletzt dank der intensiven Bildungsarbeit der Gewerkschaften, die schon aus Prestigegründen alles Interesse daran haben, nur die bestausgebildeten und tüchtigsten Leute in die wirtschaftliche Mitbestimmung zu delegieren.

Ein wirkliches, zugleich tief in der Geschichte der Gewerkschaftsbewegung wurzelndes Problem liegt in der schon damals wie auch heute wieder umstrittenen gewerkschaftlichen Ein-* flußnahme auf die Betriebsräte, das heißt aber zugleich auf die innerbetriebliche Partnerschaft und die Form der Mitbestimmung. Wenngleich die Gewerkschaften auch heute immer noch auf eine intensivere Zusammenarbeit mit den Betriebsräten hinwirken, so haben sie sie doch, wie ihr Einfluß auf die Bestellung der Aufsichtsräte im Montanbereich zeigt, soweit „im Griff", daß sie die individuelle, innerbetriebliche Organisationsform als Grundlage für die paritätische, qualifizierte Mitbestimmung benutzen können, ohne wie in der Weimarer Republik nachteilige Folgen für ihre eigenen überindividuellen und kollektiven Verbands-interessen befürchten zu müssen. Dieses Dilemma rührte 1918/20 an die Existenz besonders der freien sozialistischen Gewerkschaften und hinderte sie wesentlich daran, schon im Einzelbetrieb die Mitbestimmung mit großer Energie zu betreiben. Im Gegenteil: Programmatisch-politisch und organisatorisch mußten sie jede individuelle, innerbetriebliche Kräfte-bildung sogar solange bremsen, als sie ihren Einfluß mit Hilfe des BRG nicht voll gesichert hatten. Denn einmal waren die Betriebsräte von ihrem revolutionären Ursprung her als Sammelorgane gewerkschaftsfeindlicher Strömungen stark linkssozialistisch und kommunistisch durchsetzt; erst nach harten Kämpfen gelang es im Sommer 1920, die (roten) Betriebsrätezentralen soweit in den ADGB zu integrieren, daß der 1. Kongreß der freigewerkschaftlichen Betriebsräte Deutschlands vom 5. — 7. Oktober 1920 in Berlin stattfinden konnte. Zum anderen war es den revolutionären Betriebsräten 1918 gelungen, in ein organisatorisches Vakuum einzudringen. Die deutschen Gewerkschaften waren damals — ihrer Herkunft aus der Monostruktur des Klein-und Mittelbetriebes des 19. Jahrhunderts entsprechend, wo sich bestimmte, übersichtlich gegliederte Berufs-kategorien um eine einheitliche Produktionsgrundlage oder den gleichen Werkstoff gruppierten — als Berufsverbände aufgebaut und hatten es überwiegend versäumt, sich der Entwicklung zum gemischtwirtschaftlichen, vielfach vertikal, etwa von der Zeche über die Walzstraße bis tief in die Verarbeitung hinein gegliederten modernen Großbrieb (vgl. Stinnes-Konzern) organisatorisch anzupassen. So fühlten sich z. B. die Belegschaften eines Montankonzerns mit einer unübersehbaren Vielzahl von Berufsgruppen, von gelernten, angelernten und ungelernten Arbeitern, die oft überhaupt nicht eindeutig einzuordnen waren und wesen-lieh nach ihrer Funktion im Betrieb, weniger aber im traditionellen Sinne nach Beruf und Ausbildung entlohnt wurden, als Ganzes gewerkschaftlich „verwaist", so daß sie 1918 dann eigene, am Einzelbetrieb und am speziellen Industriezweig ausgerichtete Vertretungskörperschaften bildeten. Betriebsräte und BRG wirkten als bedeutsame Gärungsfermente in der Umstrukturierung des überholten Berufsverbandes zur modernen Industriegewerkschaft, wie sie sich am frühesten im Metallarbeiter-verband und dann nach 1945 allgemein durchsetzte. Die tiefe Abneigung der Betriebsräte gegen die Gewerkschaften nach dem Kriege gründete sich vielfach auch auf deren übermäßige Zentralisierung und Verbürokratisierung, die — geographisch abgestuft — häufig mit einem Anti-Berolinismus zusammenfiel. Zudem hatten sich die Führer der Gewerkschaften in den Augen unzufriedener Arbeitermassen durch die „Politik des 4. August 1914" zu sehr mit dem herrschenden System und dessen Kriegspolitik liiert und dadurch sich selbst kompromittiert.

Am 8. März 1919 wandte sich das Correspon-denzblatt der Generalkommission energisch gegen eine Stabilisierung der Arbeiter-räte als Betriebsräte. Die Regelung der Arbeitsverhältnisse sei in den Orts-, Bezirks-und Reichstarifen „längst über den Rahmen des einzelnen Betriebes hinausgewachsen". „Uber diese Tarifverträge können nur zentrale Vertretungen der Arbeiter und Arbeitgeber entscheiden." Unter Punkt 7 der „Richtlinien für die künftige Wirksamkeit der Gewerkschaften", die vom Verfassungsausschuß der Generalkommission und von der Vorständekonferenz der freien Gewerkschaften dem Gründungskongreß des ADGB im Juli 1919 in Nürnberg als grundlegendes Arbeitspapier vorgelegt wurden hieß es dann über Mitbestimmung und Betriebsräte richtungweisend: „Das Mitbestimmungsrecht der Arbeiter muß bei der gesamten Produktion, vom Einzelbetrieb beginnend bis in die höchsten Spitzen der zentralen Wirtschaftsorganisationen, verwirklicht werden. Innerhalb der Betriebe sind freigewählte Arbeitervertretungen (Betriebsräte) zu schaffen, die, im Einvernehmen mit den Gewerkschaften und auf deren Macht gestützt, in Gemeinschaft mit der Betriebsleitung die Betriebsdemokratie durchzuführen haben. Die Grundlage der Betriebsdemokratie ist der kollektive Arbeitsvertrag mit gesetzlicher Rechtsgültigkeit." Unüberhörbar ist hier die Warnung gegen alle konkurrierenden Repräsentativorgane der Arbeitnehmerschaft auf der Rechten, aber vor allem auch auf der Linken.

Vom BRG aus versuchten die Gewerkschaften dann in mühevoller Organisationsund Schulungsarbeit, einerseits das für die stärkere Schlagkraft im Arbeits-, besonders im Lohnkampf unbedingt erforderliche zentralisierte Verbandswesen mit der dezentralisierten Betriebsorganisation zu harmonisieren, diese zu „vergewerkschaftlichen", andererseits den vielfach ausgehöhlten Gewerkschaftsgedanken durch das Industrieprinzip mit neuem Gehalt zu füllen.

5. Werksgemeinschaft, Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft

Genau in dem Augenblick, da sich 1924/25 mit dem Dawes-Plan und dem Locarno-Pakt außenpolitisch der berühmte Stresemannsche „Silberstreif" am Horizont abzeichnete und mit Hilfe auswärtigen Kapitals nach einer Sanierung der Reichsfinanzen eine etwa fünfjährige wirtschaftliche (Schein-) Blüte eingeleitet wurde, entluden sich die seit 1918 latenten sozialpolitischen Spannungen um die Mitbestimmung, die Betriebsorganisation und den kollektiven Tarifvertrag in einem Konflikt, der bereits alle Merkmale einer potentiellen Staatskrise in sich trug. Denn im Januar 1924 zerstritten sich mit dem Zusammenbruch der Zentralarbeitsgemeinschaft nicht nur vorübergehend Tarifpartner; hier wankte auch zum erstenmal eine der tragenden Säulen des Weimarer Gebäudes. Der Weimarer Staat schlechthin, dem man seine sozialistisch-marxistischen „Geburtsfehler" in bewußter begrifflicher Verunschärfung kontinuierlich bis zuletzt anlastete, geriet erneut — ungeachtet der damals gerade bestehenden „sozialistenreinen" Mitte-Rechts-Gruppierungen an der Spitze unter Luther und Marx —, vor allem beim gewichtigen rechten Montanflügel der Arbeitge-berschaft, verstärkt ins Schußfeld der Kritik. Eine der zentralen Zielscheiben der Agitation waren dabei das Reichsarbeitsministerium mit seiner erheblichen arbeitsrechtlichen und sozialpolitischen Machtfülle besonders im Schlichtungswesen und sein langjähriger Chef, der angesehene katholische Sozialpolitiker H. Brauns (1920— 1928) dem sogar die ihm an sich sehr wohlgesonnene bürgerlich-sozialreformerische „Soziale Praxis" mit verhaltener Kritik zum 60. Geburtstag testierte, daß er zwar „nicht frei vom Expansionsdrang amtlichen Gestaltungswillens" sei, aber dennoch „nie Bürokrat geworden" wäre

Die sozial-und damit innenpolitische Zäsur des Jahres 1924 hat sich bisher in einem Weimar-Bild, das vorwiegend an der Außenpolitik orientiert ist, noch kaum niedergeschlagen. Sie zwingt uns aber, die u. a. von Treue vertretene These, nach der die Unternehmer den Staat schließlich hingenommen, sich ihm angepaßt hätten und dann „zu einer staatstragenden, schließlich zu einer diesen Staat in ihrem Sinne reformierenden Schicht" aufgestiegen seien, zu einer „Staatsbejahung und -erhaltung" gefunden hätten, doch für die einzelnen Unternehmergruppen etwas zu differenzieren. Wir sind eher geneigt, der skeptischen Haltung E. Fraenkels gegenüber der Legende von den fünf „goldenen" Jahren der Republik 1924— 1929 recht zu geben, der aus dem reichen sozialpolitischen Erfahrungsschatz als Syndikus des „Deutschen Metallarbeiterverbandes" rückblickend betont: „Die Beruhigung, die zeitweise eingetreten schien, war weitgehend eine Oberflächenerscheinung. Niemals sind die Spannungen voll überwunden worden, die in der unmittelbaren Nachkriegsperiode Staat und Gesellschaft erschütterten. Auch in den goldenen Jahren der Weimarer Republik lag ständig eine Gewitterschwüle in der Luft, die das Herannahen einer erneuten Katastrophe ahnen ließ."

Der Sozialkonflikt entzündete sich an der verwundbarsten Stelle der Arbeitnehmerseite: an der Betriebsorganisation. Von der Arbeitgeberfront aus wurde er vorwiegend vom rechten Flügel, der niederrheinischen Montanindustrie, bestimmt. Man wird sich dabei den sozialökonomischen und politischen Hintergrund damals vergegenwärtigen müssen: Die Machtstellung der Gewerkschaften war durch die Inflation schwer erschüttert; die Gewerkschaftskassen waren praktisch leer. Diese Erschütterung konnte in der Konsolidierungsund Anpassungskrise 1924— 1926, die erst im Sommer 1926 nicht zuletzt durch die Öffnung zahlreicher neuer Absatzmärkte besonders in Nordeuropa infolge des englischen Generalstreiks abklang, auch nur sehr mühsam überwunden werden.

Im Oktober 1923 kam es im Ruhrbergbau zu einer ersten Machtprobe, als die Grubenbesitzer im Alleingang über Nacht die Arbeitszeit wieder von 7 auf 81/2 Stunden heraufsetzten.

So bürokratisch und oft produktionshemmend auch die Schematisierung der Arbeitszeit sein mochte, hier standen jedoch auf einmal die „sozialen Errungenschaften" wie der Arbeitsgemeinschaftsgedanke überhaupt zur Diskussion. In dieser Situation bemühte sich die Reichsregierung Stresemann, vor allem das Reichsarbeitsministerium, die 1918 errungene Stellung des Arbeitnehmers durch Notverordnungen in zwei bedeutsamen Punkten — im Schlichtungswesen und beim Achtstundentag — von der nunmehr auslaufenden fünfjährigen Demobilisierungsperiode in die Normalität hinüberzuretten und den Arbeitsfrieden auch weiterhin zu sichern. Beide Notverordnungen, besonders die nunmehr als Ultima ratio im Lohnkampf gesetzlich verankerte staatliche Zwangsschlichtung, waren freilich gerade in der damals sehr angespannten Wirtschaftslage außerordentlich problematisch und geeignet, die Idee der autonomen Tarif-und Sozialpartnerschaft, wie sie den Arbeitsgemeinschaften an sich zugrunde gelegen hatte, zu unterhöhlen und zu zerstören. Das paritätische Schlichtungswesen, ein zentraler Punkt der Mitbestimmung und für beide Seiten ein wichtiges Erziehungsinstrument zur sozialen Partnerschaft und Selbstverantwortung, wurde zur Farce, nachdem sich faktisch hinter jeder Lohnauseinandersetzung letztinstanzlich der Zwangsschiedsspruch einer staatlichen Stelle abzeichnete, überdies drohten sich nun auch, wie die Arbeitgeber mit Recht einwandten, auf dem Wege der staatlichen Schlichtung, die über den Tarifvertrag auf alle arbeitsrechtlichen Regelungen incl. Arbeitszeit einwirken konnte, auf die Arbeitsmarkt-und Produktionsverhältnisse wirtschaftsfremde, oft politische Regulierungseinflüsse geltend zu machen. 1923 legte der Staat selbst mit der Schlichtungsverordnung die Grundlage für eine Entwicklung, in der Ende 1928 mit dem großen Sozialkonflikt bei „Eisen-Nordwest" der sich an einem von der Industrie abgelehnten Schiedsspruch des Reichsarbeitsministers Wissel! entzündete, zum erstenmal die staatliche Autorität unmittelbar mit in den Strudel der Parteien-und Interessenkämpfe gerissen wurde. In ihm sollte die Republik schließlich untergehen. Brüning benutzte die Schlichtung im Zuge seiner Deflationspolitik als Instrument zum Lohnabbau durch Eingriffe in laufende Tarifverträge und damit zur Zerstörung der Tarifautonomie.

In geschickter Ausnutzung der beiden anstehenden Hauptprobleme — Reparationen und neue Kapitalbildung mit Hilfe des Auslandes — begründete das Unternehmertum seinen Primatanspruch und seine Forderungen nach „Entpolitisierung der Wirtschaft" und „Entstaatlichung der Sozialpolitik" mit seiner Rolle als alleiniger Garant der deutschen Kreditwürdigkeit in der Welt sowie mit der Notwendigkeit, durch eine produktivitätsorientierte und deflatorische Lohn-und Arbeitszeitpolitik die Voraussetzungen für den deutschen Export und damit für die Abtragung der Reparationsschulden schaffen zu müssen. Der Arbeitgeber, hieß es 1923 als „Träger von Kapital und Initiative, der beiden Faktoren zur Lösung des Reparationsproblems und damit der Wiederherstellung der deutschen Freiheit", wird „zu einem grundlegenden staatspolitischen Faktor". Wie eng die „sozialen Errungenschaften" von 1918, der kollektive Arbeitsvertrag, die Mitbestimmung und die Frage der Arbeitszeit, nicht nur mit der Innen-, sondern auch mit der Außenpolitik verzahnt waren, zeigte sich z. B. 1921 unter Wirth und 1923 unter Cuno als der RDI Kredit-und Garantiehilfe der deutschen Industrie für die verhaßte „Erfüllungspolitik" der Reichsregierung u. a. davon abhängig machte, daß das „Wirtschaftsleben von allen die freie Betätigung und Entwicklung schädigenden Fesseln" befreit und „voller Einsatz der vorhandenen Arbeitskraft für die quantitative und qualitative Hebung der Pro-duktion" garantiert werde. Mit anderen Worten: Bei grundsätzlicher Anerkennung des Achtstundentages Ausweitung der Tariffreiheit und Entlastung der Wirtschaft von unproduktiven Löhnen. „Möge ein kräftiger Gegenstoß aus den Reihen der Industriellen selbst nicht ausbleiben" — kommentierte die „Soziale Praxis" das Garantieangebot des RDI von 1923 und unterstrich zugleich ihre Hoffnung, daß sich die Arbeitgeberschaft von einem „bedauerlichen Dokument" distanzieren möge, „bei dem unversehens die Schwerindustrie ins Diktieren kam".

Dies war aber nur ein Vorspiel für 1924. Im Januar verschärfte sich das soziale Klima so rapide, daß General von Seeckt, damals noch Inhaber der vollziehenden Gewalt und gewiß kein Sozialist, in einem Erlaß an die Militär-befehlshaber die Arbeitgeber dringend davor warnte, die Arbeiterschaft durch scharfes Vorgehen erneut in Kampfstellung zur Werksleitung zu drängen. „In dieser Lage ist es die Pflicht der Staatsautorität einzugreifen, wo der Bogen überspannt wird." „überspannt" wurde der „Bogen" zweifellos — allerdings zum äußersten Unbehagen in den Spitzenverbänden und in weiten Teilen der Arbeitgeberschaft — unter einem gewaltigen Echo in der Öffentlichkeit am 14. Januar 1924 in einer Ansprache, die der Verbandssyndikus Dr. Klenter vor der Versammlung der Arbeitgeberverbände Velbert und Mettmann, Zentren der Eisenindustrie, in Elberfeld hielt und die unter „lebhaftem, langanhaltendem Beifall" der Versammelten in der Forderung nach Zerschlagung der Gewerkschaften gipfelte:

„Ceterum censeo societates esse delendas!“ Badische und württembergische Hochschullehrer wandten sich in einem scharfen Protest gegen derartige Formen der sozialpolitischen „Scharfmacherei". Die Empörung schlug allgemein über die Gewerkschaften hinaus auch in bürgerlichen Kreisen hohe Wellen. Man sollte diesen Vorgang gewiß nicht überbewerten, wenn nicht gleichzeitig im Januar mit dem Austritt des ADGB nach mehrjährigem Siechtum die ZAG faktisch zerbrochen wäre und wenn nicht Klenter mit dem Stichwort der Werksge-meinschaft die sozialpolitische Ebene angedeutet hätte, von der aus jedenfalls die Schwerindustrie künftig Sozial-und Tarifpartnerschaft zu betreiben gedachte. Hier erwuchs aus der sozialpolitischen Konfrontation 1923/24 in Anknüpfung an Erscheinungsformen des 19. Jahrhunderts zugleich staatspolitisch die Konzeption, mit der der Weimarer Parteienstaat aus den Angeln gehoben werden sollte, um durch eine stärker autoritär-hierarchisch durchstrukturierte Gesellschafts-und Staatsordnung ersetzt zu werden.

Im März 1924 setzte sich auf einer groß aufgezogenen Gesamttagung der beiden Arbeitgeberspitzenverbände der Stahlindustrielle und spätere Schöpfer der Vereinigten Stahlwerke, Albert Vogler, mit Nachdruck für die „Werksgemeinschaft''ein und unterstrich dabei, die Industrie verfolge nur die eine politische Richtung, „die alten Grundsätze bewährter Wirtschaftsführung wiederherzustellen und in Einklang zu bringen mit den Lohn-und Arbeitsverhältnissen''. Selbst eine so weit rechts stehende Arbeitnehmerorganisation wie der völkisch-antisemitische „Deutschnationale Handlungsgehilfenver -

band" distanzierte sich durch seinen Vorsitzenden Bechly scharf von diesem erneuten „Sturmlauf der manchesterlichen Idee gegen den Staat" Bechly bezweifelte, daß die Arbeitgeber mit der Zerschlagung der Gewerkschaften und der gewaltsamen Einführung gelber Werksgemeinschaften den Arbeitnehmern nationale Gefühle beibringen könnten. „Die Wahrheit ist die: Sind die Gewerkschaften ausgeschaltet und die Arbeitnehmer eines Betriebes darauf angewiesen, mit ihrem Arbeitgeber allein zu verhandeln, dann hängt alles .. . vom guten Willen und dem Gemeinschaftsgeist des Unternehmers ab."

Sozialpartner in der Werksgemeinschaftskonzeption, die damit im krassen Widerspruch zum Stinnes-Legien-Pakt stand und eine unverhüllte Kampfansage gegen die drei Richtungsgewerkschaften darstellte, sollten nach Äußerungen Borsigs, des Präsidenten der VdA, und Tänzler, Geschäftsführer derVdH, die wiederzubelebenden „gelben", „wirtschaftsfriedlichen" Werksvereine sein, die politisch inzwischen im „Nationalverband deutscher Berufsverbände" engen Anschluß an die DVP und die DNVP gefunden hatten. Intensiv versuchte man von Unternehmerseite aus ab 1924, den Werkvereinen unter Beseitigung der im Dezember 1918 gesetzlich verankerten Unabdingbarkeit und Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge die Tariffähigkeit zu sichern und dadurch die überbetrieblichen Gewerkschaftsverbände ganz aus der Sozialpartnerschaft hinauszudrängen. 1924 wandte sich Borsig sehr vorsichtig und mit wirtschaftlich durchaus einleuchtenden Gründen gegen den „starren Schematismus einer Verbandsbürokratie und warnte davor, die Anerkennung der Gewerkschaften dürfe nicht „zu einer Lösung der Betriebsgemeinschaft zwischen dem einzelnen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führen, die neben der Zentralarbeitsgemeinschaft unentbehrlich ist". Tarifverträge allein stellten schon „ein Stück Sozialismus dar, woraus sich gerade die natürliche Abneigung persönlichen und freien Unternehmertums gegen den Tarifvertrag als solchen erklärt". Wies Borsig 1924 noch betont verständigungsbemüht auf die Notwendigkeit der Koalitionsfreiheit und einer freien Tarifpolitik, das heißt frei von „staatlichen Zwangseingriffen", hin, wobei die Stoßrichtung dieser Forderung freilich nicht zu übersehen ist, so verlangte Tänzler zwei Jahre später auf der Jahresversammlung der VdA am 12. März 1926 unverhüllt die Ablehnung des Verhandlungsmonopols der Gewerkschaften bei der Festsetzung der Lohn-und Arbeitsbedingungen und meinte, es sei jetzt an der Zeit, „daß darauf hingewiesen wird, daß auch andere Organisationen als gleichberechtigt hinzustellen sind". Er empfehle deshalb dringend, „bei allen Verhandlungen auch wirklich die Aktivlegitimation der anderen Seite ganz genauestens zu prüfen". Tänzler sprach sich gegen die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen, für die Lockerung ihrer Unabdingbarkeit und dafür aus, die werktarifliche Regelung den Tarifverträgen gleichzustellen. Zugleich drängte er auf die bevorzugte Behandlung der „gelben" Werkvereine als Träger des Werkvertrages. Im gleichen Sinne verlangte der RDI 1925 in einer sehr zeitkritischen und polemischen Schrift über die „Deutsche Wirtschafts-und Finanzpolitik" die betriebliche Regelung der Arbeitszeit im Einvernehmen mit der Belegschaft nicht durch Tarif-zwang zu hemmen und „jede zwangsweise Gestaltung auch in dieser wichtigen Wirtschaftsfrage zu vermeiden" — eine offene Kampfansage gegen die Schlichtungs-und die Arbeits-Zeitnotverordnungen von 1923, Im selben Jahr endlich forderte die Generalversammlung des über 10 000 Industriebetriebe umfassenden und 1906 durch Stresemann als Streikversicherung gegründeten „Deutschen Industrieschutz-Verbandes" „die Aufhebung der Tarifvertrags-verordnung vom 23. Dezember 1918, soweit diese die Möglichkeit von Zwangstarifverträgen schaffte, der Verordnung über das Schlichtungswesen, insbesondere der Bestimmungen über die Verbindlichkeitserklärung von Schiedssprüchen, ferner der die Verfügungsfreiheit des Arbeitgebers zum Nachteile der Interessen des Betriebs einschränkenden Bestimmungen des Betriebsrätegesetzes (§§ 84 bis 98) . . . und endlich der verschiedenen Arbeitszeitverordnungen, die die Wirtschaftlichkeit der Betriebe in ungünstiger Weise beeinflussen"

Vogler brachte im März 1924 mit seinem aufsehenerregenden Vorstoß für die Werksgemeinschaften also nur eine allgemeine Protest-bewegung gegen die staatliche Sozialpolitik und damit gegen das wirtschaftsfeindliche „System" überhaupt zum Ausdruck, die in breiten Unternehmerkreisen bereits Unterstützung fand. Allerdings schloß sich die Arbeitsgerichtsbarkeit im allgemeinen dieser Tendenz nicht an, sondern verweigerte den Betriebsorganisationen generell, vor allem denen „gelber" Färbung, die Tarifhoheit mit der Begründung, ihnen fehle es an der Fähigkeit zur „sozialen Gegenspielerschaft" infolge ihrer engen, oft finanziell abgesicherten Bindungen an den Arbeitgeber.

Unmittelbar zugeordnet waren der Werksgemeinschaftsidee die Begriffe Volksgemeinschaft, nationale Gesinnungsgemeinschaft, organischer Staat und Ständestaat. Hier ging es also keineswegs nur um die natürliche Bewahrung der Betriebssolidarität und des Arbeitsfriedens, sondern um die Formulierung einer Kampfparole gegen den bestehenden Weimarer Staat. Nicht zufällig hielt schon im März 1922 Othmar Spann, der damals sehr populäre Wiener Ständestaatstheoretiker, Verfasser des Buches „Der wahre Staat" (1920) und später dann geistiger Wegbereiter für E. Dollfuß und die Heimwehrbewegung bei der Etablierung des austrofaschistischen Ständestaates, auf der Jahrestagung der VdA in Köln den Hauptvortrag über die wissenschaftliche Überwindung des Marxismus. Von ebenso grundsätzlicher programmatischer Bedeutung war es dann, daß

E. Jung, Autor des vieldiskutierten Buches „Die Herrschaft der Minderwertigen" und Papen-Mentor, den Festvortrag über „die Wirtschaft in der Zeitenwende" im Mai 1930 auf der Hauptversammlung des Zechenverbandes hielt.

Die Werksgemeinschaft war von ihrer Zielsetzung her ein eigentümliches, aber für Weimar sehr zeittypisches Zwittergebilde, das die oft wirre ideologische Unausgegorenheit auf der heterogenen antidemokratischen Rechten damals widerspiegelt und unter dem der christlich-konservative Ständestaatler zweifellos etwas ganz anderes als der nüchterne, am Gewinn orientierte Wirtschaftspragmatiker verstand. Denn hier wurde aus der konkreten sozial-und staatspolitischen Konfliktsituation heraus versucht, eine extrem liberal-individualistische, an die Blütezeit des Manchestertums erinnernde Wirtschaftsund Sozialtheorie mit einer an sich diametral entgegengesetzten, universalistisch-konservativen Staatsphilosophie zu verschmelzen, die durch die Betonung einer in der modernen Industriegesellschaft längst anachronistischen ständischen Bindung ausgesprochen antikapitalistische Züge trug und noch hinter die preußische Reformära zurückwies. Dahinter stand, wie es Nell-Breuning formuliert die Absicht, die Massendemokratie und das Massenproletariat mit ihrer Tendenz zur Unverantwortlichkeit und zur Entpersönlichung wie zur Kollektivierung der staatlichen und wirtschaftlichen Entscheidungsprozesse im Rückgriff auf ständische Elemente früherer, romantisch-idealisierter Ordnungen zu bewältigen.

Die Werksgemeinschaft war sozialpolitisch der Versuch, den einzelnen Arbeiter aus dem überbetrieblichen Gewerkschaftskollektiv und der Klassenfront zu lösen und ihn als dienendes Glied in die organische Gemeinschaft seines Betriebes zurückzubinden. Mit bestellten, vielfach „gekauften" Arbeitnehmervertretungen sollten jeweils nur innerbetrieblich Arbeitszeit-und Tarifbedingungen ausgehandelt werden, die nicht primär, wie man es den Gewerkschaften und politischen Parteien vorwarf, am Nominallohn und an der Kaufkraft der breiten Massen — mithin also am Stimmenkauf der demokratischen Wählerschaft — orientiert waren, sondern rein an der Produktivität des Betriebes, an der Absatzlage besonders im devisenbringenden Ausland und am Zwang zur Bildung von Eigenkapital nach der Inflation Sozialleistungen sollten sogar unter Rückdrehung der Bismarckschen Sozialgesetzgebung möglichst der staatlichen Bürokratie entzogen und wieder als jederzeit kündbare Arbeitsprämie des Unternehmer-Patriarchen in ein lückenloses System der betrieblichen Wohlfahrtspflege von der Kinderkrippe bis zur Altersrente eingebaut werden — eine Utopie, der ein Robert Bosch schon lange vor 1914 bewußt die Versachlichung des Arbeitsverhältnisses, hohe Löhne und einen Verzicht auf patriarchalische Sozial-fürsorge entgegengesetzt hatte. Staatspolitisch erhielt die Werksgemeinschaft ihre besondere Weihe als Pflanzstätte für ein gesinnungsreines, deutschnationales und antisozialistisches Arbeitertum, für die „deutsche Seele" des Arbeiters, wie es F. Thyssen im Langnam-Verein 1926 pathetisch P. Silverberg, dem führenden Mann des niederrheinischen Braunkohlenreviers, entgegenhielt, als dieser auf der berühmten Dresdener Tagung des RDI 1926 der Sozialdemokratie und der Arbeiterschaft in aufsehenerregenden, aber auf Arbeitgeber-ebenso wie auf Arbeitnehmerseite heftig umstrittenen Formulierungen die Hand zur politischen Zusammenarbeit mit den Worten entgegenstreckte: „Es kann nicht ohne die Arbeiterschaft regiert werden."

Weit über ihre sozialökonomische Bestimmung hinaus war die Werksgemeinschaft konzipiert als Keimzelle eines neuen, ständischorganischen Staatsaufbaues. Sie stand damit in einer Tradition, die im 19. Jahrhundert, anknüpfend an ein verklärtes mittelalterliches Ständeideal der Romantik, als Antidot gegen das liberale Egalitätsprinzip, gegen demokratische Gleichmacherei und Vermassung des Menschen entwickelt worden war und die unmittelbar zum faschistischen Korporativstaat hinführte. Starke Anklänge an die Sozialenzykliken „Rerum novarum" und „Quadragesimo anno" ließen das Unternehmertum zeitweise auf die Mitarbeit der christlichen Gewerkschaften unter Stegerwald, die formal noch an der ZAG festhielten, vor allem dann aber 1930— 1932 auf den christlich-konservativen Gewerkschaftler Heinrich Brüning hoffen.

In einem sorgfältig abgestuften Prozeß politischer Willensbildung waren die Werksgemeinschaften über Bezirks-und Provinzialwirtschaftsräte als autonome Selbstverwaltungskörper und Träger öffentlich-rechtlicher Funktionen nach den Vorstellungen der Ständestaatler auf ein Ständehaus als konkurrierendes oder besser noch alleiniges Legislativorgan hingeordnet. Die Frage nach der Rolle der Exekutive wie des Staates überhaupt in einer ständisch durchstrukturierten Gesellschaft enthüllt die ganze Widersprüchlichkeit der Ständestaatsideologie, aber auch ihre gefährliche Anfälligkeit für den Totalitarismus. So forderte derselbe C. Duisberg, Mitschöpfer der IG-Farben und langjähriger Präsident des RDI, jeweils unter lautem Beifall des Unternehmer-auditoriums 1925 unter Verweis auf Goethe: „Diejenige Regierung ist die allerbeste, die uns lehrt, uns selbst zu regieren", den liberal-konservativen, wirtschaftsfreundlichen Verwaltungsstaat der Vorkriegszeit, der unter Beschränkung auf eine reine Ausgleichsfunktion dem Unternehmertum einen optimalen Spielraum sicherte; 1926 dagegen rief er gegen den „unkontrollierten und unverantwortlichen Parlamentarismus" nach dem Führerstaat in Analogie zur Unternehmenshierarchie alten Stiles „Wenn Deutschland wieder hochkommen soll, dann müssen auch alle Kreise unserers Volkes zu der Ansicht kommen, daß Führer notwendig sind, die unbekümmert um den Wankelmut der Masse sich betätigen können". Das schwierige Problem der elitären Auslese wurde dabei recht vage und, wie man im Blick auf das Kommende sagen muß, allzu leichtfertig durch unverbindliche Hinweise auf den griechischen „Aristos", den „Mann mit dem Gehirn und menschlichen Tugenden", abgetan, wobei dieser Aristos-Führer unbesehen mit der erfolgreichen Unternehmerpersönlichkeit gleichgesetzt wurde. Man würde dem deutschen Unternehmertum Unrecht tun, wollte man derartige, keineswegs singuläre Äußerungen bereits als Vorwegnahme des NS-Führermythos interpretieren. Dennoch entstand hier in den zwanziger Jahren in Abwehr gegen den demokratischen Parlamentarismus und den „sozialen Ob-

rigkeitsstaat" bereits das Gefäß, in das sich dann weitgehend widerstandslos das braune Gedankengut zu ergießen vermochte. In Staat, Wirtschaft und Gesellschaft wurden mit der Ständestaatsideologie Grundsätze formuliert, die in der modernen, dynamischen Industrie-welt und im Zeitalter des mündigen Wahl-und Staatsbürgers zwar anachronistisch waren, aber bis 1929 einen stets virulenten Gefahrenherd für die Demokratie darstellten. Ganz im Banne dieser Grundsätze trat dann besonders die Schwerindustrie direkt über die pressure groups und indirekt über die DVP und DNVP 1930, wenn nicht schon Ende 1928 mit dem Eisenkampf „Nord-West", zum Angriff auf die letzte parlamentarisch legitimierte Reichsregierung Müller und endlich 1931/32 auch gegen Brüning an, als sich selbst dieser Kanzler nicht gewillt zeigte, den Weimarer Parteien-und Sozialstaat zu zerstören, sondern, wie man ihm vorwarf, mit seiner Deflationspolitik nur an Symptomen, nicht aber am Eiterherd selbst herumkurierte. Papen und sein von Walter Schotte konzipierter „Neuer Staat" entsprachen in vielem der dargestellten Staatskonzeption, doch Papens antisozialer Rigorismus ließ manchen Besonnenen erschrecken. Der „soziale" General Schleicher und seine geplante Front Reichswehr-Gewerkschaften-Strasserflü-gel der NSDAP schließlich lösten wieder Alarm aus, so daß gerade für manche profilierten Vertreter der Schwerindustrie im Winter 1932/33 eine antimarxistische, rechtsorientierte Regierung zur staatspolitischen Lösung in letzter Stunde wurde

6. Ausblick

Die Ständestaatsideologie ist heute praktisch tot, von der Geschichte selbst als Utopie und in ihrer politischen Gefährlichkeit als Wegbereiterin des Diktaturstaates entlarvt.

Der Nationalsozialismus beseitigte die Gewerkschaften als gleichberechtigte Träger echter Sozialpartnerschaft ebenso wie die Tarifautonomie und die Mitbestimmung, funktionierte die Werksgemeinschaften durch eine „betriebsorganische Gliederung"auf patriarchalischer Grundlage mit dem „Führer des Betriebes" und seiner „Gefolgschaft" um in „wirtschaftsfriedliche", volksgemeinschaftliche Strukturelemente eines straff reglementierten Führerstaates. Er ersetzte die paritätischen Schlichtungsausschüsse durch von oben als Lenkungs-und Kontrollorgane eingesetzte „Treuhänder der Arbeit" und die Betriebsräte durch „Vertrauensmänner" der „Gefolgschaft", die als rein beratende Organe mit dem Unternehmer zum „Vertrauensrat" zusammentraten. Der pseudoständische, weil nicht wirklich von einer echten Selbstverwaltung und Selbstverantwortung der einzelnen Körperschaften her konzipierte Aufbau gipfelte in einer zentralisti-sehen „Reichswirtschaftskammer", die als Dachorganisation der verschiedenen Reichs-gruppen sowie Wirtschafts-, Handwerks-und Gewerbekammern nach dem Führerprinzip direkt dem Reichswirtschaftsministerium unterstand und mit dem ursprünglich als gleichberechtigtes Gesetzgebungsorgan neben dem Parlament geplanten Ständehaus oder Reichswirtschaftsrat nicht das geringste mehr zu tun hatte. Diese Form der „Mitbestimmung" und „Sozialpartnerschaft" ernüchterte auch sehr bald weite Unternehmerkreise und selbst die eifrigsten Verfechter des Ständestaatsgedankens wie Fritz Thyssen, der 1938 durch die Emigration in die Schweiz die Konsequenz zog.

Unter dem Schock von 1945, letztlich auch das Ergebnis irrational-romantisierender Weltdeutungen, sind im Rahmen einer Eigentums-und Produktionsordnung, die sich im Grunde gegenüber den zwanziger Jahren kaum geändert hat, aus den Klassenfeinden von einst die Sozialpartner von heute geworden. Sie stehen trotz aller unaufhebbaren und notwendigen Interessendivergenzen beide rückhaltlos im Gegensatz zu damals auf dem Boden der gegebenen demokratischen Staats-und Gesellschaftsordnung. Die lohnpolitischen Auseinandersetzungen, selbst das Ringen um die qualifizierte Mitbestimmung sind versachlicht; beide Seiten orientieren sich an der ökonomischen Vernunft und am realen Wirtschaftswachstum. Die damals von Unternehmerseite immer wieder geforderte Sachsouveränität hat sich nunmehr im partnerschaftlichen Verhältnis gegenseitiger Achtung durchgesetzt. Unter klugem Verzicht auf die staatliche Zwangsschlichtung als denkbar untaugliches Erziehungsinstrument zur autonomen Tarifpartnerschaft konnte nach 1945 der „Runde Tisch" etabliert werden. In einer Zeit, da oft leichtfertig und unrichtig der Untergang Weimars als Menetekel beschworen wird, stimmt es hoffnungsvoll, wenn es Karl Schiller rückblickend auf 1968 als „menschlich am erfreulichsten" bezeichnet hat, daß sich in der sogenannten „konzertierten Aktion" „der gesellschaftspolitische Dialog immer mehr rationalisiert" hat

Fussnoten

Fußnoten

  1. Soziale Praxis XXXIX, 6. 3. 1930, Sp. 232.

  2. Vgl. L. Preller, Sozialpolitik in der Weimarer Republik, 1949; H. -H. Hartwich, Arbeitsmarkt, Verbände und Staat 1918— 1933, 1967.

  3. W. Tormin, Zwischen Rätediktatur und sozialer Demokratie, 1954.

  4. E. Kolb, Die Arbeiterräte in der deutschen Innenpolitik 1918/19, 1962.

  5. P. von Oertzen, Betriebsräte in der Novemberrevolution, 1963.

  6. K. -D. Erdmann in: Bruno Gebhardt, Handbuch der Geschichte, Bd. IV, § 20, S. 85 ff.

  7. Vgl. Fr. Stampfer, Die 14 Jahre der ersten deutschen Republik, 19473, S. 78 ff.

  8. Zit. nach Soziale Praxis XXVIII, 21. 11. 1918, Sp. 124.

  9. von Oertzen, a. a. O., S. 258.

  10. Rosenberg, a. a. O., S. 21.

  11. Soziale Praxis XXVIII, 21. 11. 1918, Sp. 115 f.

  12. G. Erdmann, Die deutschen Arbeitgeberverbände im sozialgeschichtlichen Wandel der Zeit, 1966, S. HO.

  13. Vgl. H. von Raumer, Zentralarbeitsgemeinschaft, in: Der Weg zum industriellen Spitzenverband, 1956, S. 106 ff.

  14. Vgl. H. -J. Flechtner, Carl Duisberg. Vom Chemiker zum Wirtschaftsführer, 1959, S. 297; F. Thyssen, I paid Hitler, 1951, S. 85; dazu einschränkend W. Treue, Der deutsche Unternehmer in der Weltwirtschaftskrise, in: Die Staats-und Wirtschaftskrise des Deutschen Reiches 1929/33, hrsg. v. W. Conze und H. Raupach, 1967, S. 85.

  15. F. L. Carsten, Reichswehr und Politik 1918 bis 1933, 1964.

  16. Vgl. F. Tänzler, Die deutschen Arbeitgeberverbände 1904— 1929, 1929, und G. Erdmann, a. a. O.

  17. Vgl. Anm. 14 und K. -D. Bracher, Die Auflösung der Weimarer Republik, 1960, S. 204 ff.; G. Stein (Hrsg.), H. Gross, Unternehmer in der Politik, 1954.

  18. Zit. nach Geschäftl. Mitt. d. RDI XIII, Anlage zu Nr. 27 v. 8. 12. 1931.

  19. Vgl. Geschäftl. Mitt. d. RDI XI, Anlage I zu Nr. 24 v. 23. 12. 1929.

  20. Zit. nach Hartwich, a. a. O., S. 232.

  21. Zit. nach Hartwich, a. a. O. r S. 9

  22. G. Erdmann, a. a. O., S. 110.

  23. Wissell auf dem 13. Kongreß der Freien Gewerkschaften in Hamburg, zit. nach Soziale Praxis XXXVII, 13. 9. 1928, Sp. 873 ff.

  24. Wirtschaftsdemokratie, Ihr Wesen, Weg und Ziel. Hrsg. i. A.des ADGB von F. Naphtali, 1928, Zitate S. 13 und 10.

  25. Vgl. G. Oestreich, Die Idee der Menschenrechte in ihrer geschichtlichen Entwicklung, 1963.

  26. E. Forsthoff, Verfassungsprobleme des Sozialstaates, 1954, zit. nach: Unternehmer... S. 111.

  27. Wirtschaftsdemokratie, S. 132.

  28. Die Zeit, Nr. 48, 29. 11. 1968, S. 42.

  29. Vgl. P. Silverberg, Das deutsche industrielle Unternehmertum in der Nachkriegszeit, Ansprache auf der Dresdner Tagung des RDI 1926, Veröff.des RDI Heft 32, S. 55 ff.; ders., Unternehmertum und Kapitalismus, in: Reden und Schriften, hrsg. v. F. Ma-riaux, 1951, S. 105 f.; J. Schumpeter, Der Unternehmer in der Volkswirtschaft von heute, in: Strukturwandlungen der deutschen Volkswirtschaft, hrsg. v. B. Harms, 1928, Vol. I, S. 295 ff.; ders., Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, 1946, S. 252 f.; K. Röseler, Unternehmer in der Weimarer Republik, Tradition, 13. Jg., 5. Heft, Okt. 1968, S. 217 ff.

  30. Veröff. d. RDI, Hefte 7 und 9.

  31. Geschäfts. Mitt. d. RDI, II, 15. 1. 1920.

  32. Vgl. Th. Heuss, Robert Bosch. Leben und Leistung, S. 371, Bosch an seinen Freund E. Lilienfein.

  33. Zit. nach: Soziale Praxis XXX, 2. 2. 1921, Sp. 119 ff.

  34. Die Welt v. 18. 12. 1968; vgl. auch den Beitrag von W. Heintzeler, Warum ich gegen die Mitbestimmung bin, in: Die Zeit Nr. 49, 6. 12. 1968, S. 44 f.

  35. Zit. nach: Soziale Praxis XXVIII, 3. 4. 1919, Sp. 450 f.

  36. Zit. nach: Soziale Praxis XXVIII, 31. 7. 1919, Sp. 773.

  37. Vgl. E. Deuerlein, Heinrich Brauns — Schattenriß eines Sozialpolitikers, in: Staat, Wirtschaft und Politik in der Weimarer Republik, Festschr. f. H. Brüning, 1967, S. 41 ff.

  38. Soziale Praxis XXXVII, 12. 1. 1928, Sp. 33.

  39. Treue, a. a. O., S. 86; vgl. auch Röseler, a. a. O-, S. 217.

  40. E. Fraenkel, Der Ruhreisenstreit 1928— 1929 in historisch-politischer-Sicht, in: Staat, Wirtschaft..., S. 97 ff.

  41. Vgl. H. Timm, Die deutsche Sozialdemokratie und der Bruch der großen Koalition im März 1930, 1952; E. Fraenkel, a. a. O.

  42. Die Deutsche Arbeitgeber-Zeitung, XXII, 17. 6.

  43. E. Laubach, Die Politik der Kabinette Wirth 1921/22, 1968, S. 84 ff.; 120 ff.; 124.

  44. Soziale Praxis XXXII, 14. 6. 1923, Sp. 554 ff.; vgl. auch Stampfer, a. a. O., S. 250.

  45. Soziale Praxis XXXIII, 10. 4. 1924, Sp. 303.

  46. Soziale Praxis XXXIII, 7. 8. 1924, Sp. 665 ff.; vgl. auch Sp. 277 f.

  47. I. Hamel, Völkischer Verband und nationale Gewerkschaft. Der Deutschnationale Handlungs-gehilfen-Verband 1893— 1933, 1967, S. 208.

  48. E. von Borsig, Industrie und Sozialpolitik. Das sozialpolitische Programm der VdA, Schriften der VdA, Heft 4, Ostern 1924, S. 11 ff.

  49. Soziale Praxis XXXV, 29. 4. 1926, Sp. 419 ff.

  50. Veröff. d. RDI, Heft 29, Dez. 1925, S. 48; vgl. auch die Gegenschrift des ADGB, AfA und ADB: Gegenwartsaufgaben deutscher Wirtschaftspolitik, 1926.

  51. Soziale Praxis XXXIV, 23. 7. 1925, Sp. 666.

  52. Vgl. K. Sontheimer, Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik, 1962.

  53. Handbuch der Sozialwissenschaft X, 7 ff., Art. „Ständestaat".

  54. Zur damaligen lohntheoretischen Debatte vgl. A. Weber, Der Kampf zwischen Kapital und Arbeit, 19546, S. 207 ff.; G. Erdmann, a. a. O., S. 260.

  55. Vgl. Th. Heuss, Bosch, S. 166 ff.; 226 ff.; 350 ff.; H. -J. Flechtner, Duisberg, S. 240 ff.; Röseler, a. a. O., S. 219.

  56. Veröff. d. RDI, Heft 32, S. 55 ff.; P. Silverberg, Reden ..., S. 49 ff.

  57. Veröff. d. RDI, Heft 28, S. 10.

  58. Veröff. d. RDI, Heft 32, S. 19.

  59. Bracher, a. a. O., S. 633 f. A 153; S. 665 A 57; 695; 410; 441.

  60. Die Zeit, Nr. 1, 3. 1. 1969, S. 17 f.

Weitere Inhalte

Bernd-Jürgen Wendt, Dr. phil., geb. 6. Oktober 1934 in Hamburg, Privatdozent an der Universität Hamburg, Historisches Seminar. Veröffentlichungen: München 1938 — England zwischen Hitler und Preußen, 1965; Jugend im nationalsozialistischen Deutschland, in: GWU Jg. 17, Heft 2, Februar 1966; Appeasement 1938 — Wirtschaftliche Rezession und Mitteleuropa, 1966; regelmäßige Rezensionen in der Wochenzeitung DAS PARLAMENT.