Bildung und Ausbildung, Schulund Hochschulpolitik genießen heute eine stärkere öffentliche Aufmerksamkeit als je zuvor. Der rasche Wandel in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens, die Ablösung aller anderen sozialen Ordnungsprozesse durch das Leistungsprinzip und die wachsende Nachfrage einer hochindustrialisierten Gesellschaft nach möglichst qualifizierten Fachleuten für immer mehr Arbeitsbereiche führen dazu, daß ein optimaler Bildungs-und Ausbildungsstand für den einzelnen ebenso zum unverzichtbaren Instrument seiner persönlichen Zukunft wird, wie das Bildungsniveau einer Gesellschaft über die gesellschaftliche Zukunft entscheidet. In den meisten hochindustrialisierten Ländern der Welt ist im Verlauf der letzten zwei Jahrzehnte eine weitgehende Unzufriedenheit über Formen und Inhalt des Bildungswesens deutlich geworden. Die Bildungsinstitutionen, in denen beispielsweise die westeuropäischen Länder ihre Jugend auf die Zukunft vorbereiten lassen, stammen, ebenso wie ein großer Teil der Inhalte, aus dem vergangenen Jahrhundert. Sie haben sich seitdem nicht grundsätzlich verändert, obwohl der rasche soziale, vor allem aber der technologische Wandel, völlig neue Anforderungen stellt, überall wird deshalb mit unterschiedlichem Erfolg die Forderung gestellt, das Erziehungswesen neu zu gestalten, um die junge Generation in die Lage zu versetzen, diese Zukunft meistern zu können.
Die Bundesrepublik und die DDR machen hier keine Ausnahme. Seit Beginn der sechziger Jahre erlebt die westdeutsche Öffentlichkeit eine heftige, oft polemisch geführte Debatte über ihr Erziehungswesen. Nachdem der Religionsphilosoph Georg Picht 1964 die Formel von der Bildungskatastrophe geprägt hat, bewegt sich ein großer Teil der Diskussion um die Frage, ob dieser Bildungsnotstand schon heute oder noch nicht oder nicht mehr zu konstatieren sei. Da noch niemand die Kriterien entwickelt hat, anhand deren eine Bildungskatastrophe festgestellt werden kann, bleibt die Antwort auf diese Frage der terminologischen Phantasie, dem Urteilsvermögen und auch der politischen Grundeinstellung des einzelnen überlassen.
Dennoch läßt sich aus den bildungspolitischen Debatten in der Bundesrepublik ein Fazit ziehen: Nie zuvor hat ein Bereich der Politik eine solche umfassende und weiter anhaltende Konjunktur der öffentlichen Aufmerksamkeit genossen wie die Bildungspolitik. Ludwig Erhard erklärte in seiner Regierungserklärung im Oktober 1963, Bildung und Forschung komme für unsere Zeit die gleiche Bedeutung zu, die die soziale Frage im 19. Jahrhundert besessen habe. Die bildungspolitischen Leitsätze der SPD vom Juli 1964 beginnen mit dem Satz „Erziehung und Bildung sind in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts zur Schicksalsfrage für die Selbstbehauptung des Menschen geworden". Hildegard Hamm-Brücher, lange Jahre unangefochtene Sprecherin der FDP für bildungspolitische Fragen, gab im gleichen Jahre eine Dokumentation heraus, die den bezeichnenden Titel „Schulen von heute — Brot für morgen" trug.
Der Katalog der Motivationen
Vielfach wurde die Forderung gestellt, Verteidigungs-, Sozial-und Bildungspolitik müßten bei der Verteilung der staatlichen Mittel gleichgestellt werden. Immer wieder wurde darauf hingewiesen, daß Bildungsinvestitionen keine Konsumausgaben seien, sondern als Sozialinvestitionen gewertet werden müßten. Im anderen Teil Deutschlands hat die Diskussion um die Neuordnung des Bildungswesens schon wesentlich früher eingesetzt, aber auch dort ist, ebensowenig wie in der Bundesrepublik, ihr Ende abzusehen, wenn ihre Formen auch wesentlich undramatischer sind als die in der Bundesrepublik. Ausgangspunkt und Ergebnisse der Diskussion in beiden Teilen Deutschlands ist ein Katalog von Motivationen und Grundvorstellungen für die Bildungspolitik, der mit teilweise unterschiedlichen Akzenten sowohl für die Bundesrepublik als auch für die DDR Gültigkeit hat. Erster Motivationskomplex ist das in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 garantierte Recht auf Bildung. Im Grundrechtskatalog der Vereinten Nationen lautet der Artikel 26: „Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung. Der Unterricht muß wenigstens in den Elementar-und Grundschulen unentgeltlich sein. Der Elementarunterricht ist obligatorisch, fachlicher und beruflicher Unterricht soll allgemein zugänglich sein. Die Höheren Studien sollen allen nach Maßgabe ihrer Fähigkeiten und gleichen Leistungen in gleicher Weise offenstehen. Die Ausbildung soll die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und die Stärkung der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zum Ziele haben. Sie soll Verständnis und Duldsamkeit und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen und religiösen Gruppen fördern und die Tätigkeit der Vereinten Nationen zur Aufrechterhaltung des Friedens begünstigen. In erster Linie haben die Eltern das Recht, die Art der ihren Kindern zuteil werdenden Bildung zu bestimmen."
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 fehlt ein Passus, der das Grundrecht auf Bildung so nachdrücklich formuliert, wie es die Charta der Vereinten Nationen tut. Artikel 2 des Grundgesetzes bestätigt das Grundrecht auf Bildung jedoch indirekt durch die Formel: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit." Wenn das Grundrecht auf Bildung im Grundgesetz nicht ausdrücklich verankert ist, so liegt das nicht an der Ignoranz der Väter der Verfassung, sondern an dem staatsrechtlichen Prinzip des Föderalismus, nach dem die Kulturhoheit nicht der Zentralgewalt, sondern den Ländern obliegt. Dementsprechend ist das Grundrecht auf Bildung in den Länderverfassungen verankert. In Artikel 8 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 6. Juli 1950 beispielsweise heißt es: „Jedes Kind hat Anspruch auf Erziehung und Bildung. Das natürliche Recht der Eltern, die Erziehung und Bildung ihrer Kinder zu bestimmen, bildet die Grundlage des Erziehungsund Bildungswesens." Ähnlich heißt es in Artikel 128 der bayerischen Verfassung vom 2. Dezember 1946: „Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch darauf, eine seinen erkennbaren Fähigkeiten und seiner inneren Berufung entsprechende Ausbildung zu erhalten."
Eine präzise Fassung für die Verankerung der „Bildung als Bürgerrecht", wie der Soziologe Ralf Dahrendorf formulierte, findet sich in der jüngsten deutschen Verfassung, in der Verfassung der DDR vom 8. April 1968. Artikel 25 definiert als unmittelbar geltendes Recht: „Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das gleiche Recht auf Bildung. Die Bildungsstätten stehen jedermann offen."
Während die westdeutschen Länderverfassungen nur sehr wenig über das Grundrecht auf Bildung hinaus als Motiv für die Bildungspolitik sagen, spricht die Verfassung der DDR in Satz
Jede dieser Aufgaben und Hoffnungen, die durch die Bildungspolitik verwirklicht werden sollen, lassen sich auch aus den Erörterungen der Bundesrepublik herauskristallisieren. Das Grundrecht auf Bildung und die daraus resultierende Chancengleichheit werden beispielsweise durch die Bedeutung, die der Bildungspolitik jüngsten Bildungsplanungsbericht
der Bundesrepublik beigemessen wird, unterstrichen: „Die in Westeuropa vorherrschende Demokratie setzt, soll sie funktionieren, ein bestimmtes Grundwissen und ein geschultes Urteilsvermögen sowie Verständnis und Aufgeschlossenheit für die verpflichtenden Gemeinschaftsaufgaben voraus." Weiter heißt es: „Durch die Massenmedien und die enge Verflechtung aller Teile dieser Welt sind die Menschen heute der Einwirkung einer außerordentlich großen Zahl von Daten und Informationen ausgesetzt, der sie gewachsen sein müssen." 2)
Vor diese politischen Motivationen zur qualitativen und quantitativen Neugestaltung des Bildungswesens setzt der Bildungsplanungsbericht der Bundesregierung jedoch die Erfordernisse des wissenschaftlich-technischen Fortschritts. In der nüchternen Sprache der ministeriellen Autoren wird darauf hingewiesen, daß die hochentwickelte Form des Markts und der Produktion sowie die wachsende Verwissenschaftlichung aller Lebensbereiche nicht mehr allein die Beherrschung der elementaren Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen voraussetzt, sondern zunehmend auch höhere geistige Fähigkeiten verlangt: Konzentration, Initiative, Kooperation, Zuverlässigkeit, Reaktionsvermögen, die Fähigkeit zum abstrakten wie zum thematischen Denken. Das Feld der beruflichen Möglichkeiten und Notwendigkeiten werde in nächster Zeit einem tiefgreifenden Wandel unterliegen, der vom einzelnen ein hohes Maß an Wendigkeit und Orientierungsfähigkeit verlange 3). Diese amtlichen Feststellungen sind eine exakte Umschreibung der bildungspolitischen Konsequenzen, die aus der zweiten industriellen Revolution gezogen werden müssen, und decken sich inhaltlich mit den mitteldeutschen Verfassungspostulaten.
Als ein weiteres wichtiges Motiv, Bildungspolitik zu betreiben, wird sowohl in der mitteldeutschen wie in der westdeutschen Diskussion der Produktionsfaktor Bildung und Wissenschaft genannt. Die Entdeckung der Bildung und Wissenschaft als ökonomisch bedeutsamen Faktor ergab sich aus dem Befund, daß die klassischen Faktoren Arbeit und Kapital nicht dazu ausreichten, die außerordentlich hohe Zuwachsrate des Bruttosozialproduktes in den hochindustrialisierten Ländern zu erklären. Die bildungsökonomische Forschung fand heraus, daß das Ausmaß der Investitionen in Bildung und Ausbildung auffällig mit dem technologischen Fortschritt übereinstimmt, als des-sen Maßstab seitdem der dritte Faktor Bildung und Wissenschaft herangezogen wird.
Diese Gemeinsamkeit des Katalogs bildungspolitischer Grundmotivationen ist ein bemerkenswertes Faktum. Sie bleibt es auch dann, wenn die Prioritäten innerhalb dieses Katalogs in den beiden Teilen Deutschlands unterschiedlich akzentuiert sind. So z. B. wird in Mittel-deutschland der Wettbewerbsaspekt wesentlich deutlicher herausgehoben als in der Bundesrepublik, in der auch das Motiv Bildung als Produktionsfaktor vorläufig noch am Ende der Skala zu rangieren scheint. Diese Unterschiede werden teilweise aber dadurch aufgehoben, daß sich in den einzelnen Phasen der Bildungsdiskussion innerhalb der beiden Teile
Deutschlands deutliche Schwerpunktverschiebungen im Katalog der Grundmotivation feststellen lassen. Während in der Bundesrepublik in der ersten Phase der Bildungsdebatte der Aspekt des Grundrechts auf Bildung und der Chancengleichheit eindeutig im Vordergrund stand, hat sich der Schwerpunkt der Argumentation in letzter Zeit unter dem Eindruck des Wandels in der Berufswelt auf die Anforderungen des technologischen Fortschrittes auf die berufliche Mobilität hin verschoben. In Mitteldeutschland scheint der Wettbewerbsgesichtspunkt immer stärker von dem Motiv Meisterung der wissenschaftlich-technischen Revolution und Bildung als Produktionsfaktor überlagert zu werden.
Die staatlichen Strukturen
Trotz der Gemeinsamkeit des Katalogs der Grundmotivation, die die Aufgabe von Richtungsanzeigern für die Bildungspolitik hat, hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten beim Wiederaufbau und bei der Neugestaltung des Bildungswesens in Deutschland eine Fülle von inhaltlichen und formalen Unterschieden zwischen den beiden Teilen herausgebildet. Dies beginnt mit der Organisation der Zuständigkeiten für das Bildungswesen und mit den unterschiedlichen Zielvorstellungen der Siegermächte bei dem Wiederaufbau der deutschen Administration in den einzelnen Besatzungszonen. Während die amerikanische und französische Militärverwaltung anfangs auf einem streng föderalistischen Staatsaufbau bestanden, bevorzugten die englischen und sowjetischen Besatzungsbeamten aus unterschiedlichen Überlegungen heraus eine zentrale Gewalt für ihre Besatzungszonen.
Zunächst wurden jedoch auch in der sowjetischen Besatzungszone die traditionellen fünf Länder wieder errichtet, deren Verwaltungsspitzen am 22. Oktober 1945 von der sowjetischen Militäradministration den Charakter von Regierungen und die Befugnisse erhielten, für ihre Gebiete Gesetze und Verordnungen zu erlassen. Schon vorher waren jedoch Zentral-verwaltungenfür die verschiedenen Bereiche der öffentlichen Aufgaben errichtet worden, die als unselbständige Hilfsorgane der Besatzungsmacht anfänglich ohne Kompetenzen blieben. Nachdem in den Ländern die ersten Wahlen durchgeführt waren, komplizierte sich das Verhältnis zwischen den Landesregierungen und den ohne parlamentarische Kontrolle arbeitenden Zentralverwaltungen. Die sowjetische Besatzungsmacht entschied sich schon sehr bald für eine rasche Verwirklichung des Zentralstaatsprinzips, faßte zuerst die wirtschaftlichen Zentralverwaltungen in der Deutschen Wirtschaftskommission zusammen und stattete sie mit umfangreichen Befugnissen für die gesamte Besatzungszone aus, die aus der Zuständigkeit der Länder ausgegliedert wurden. In der Zeit von 1948 bis 1952 wurden die Arbeitsbereiche der Länder systematisch eingeengt, bis die Volkskammer am 23. Juli 1952 die damals nur noch formal existierenden Länder beseitigte und einen zentralistischen Verwaltungsaufbau beschloß. Das war die Grundlage für einen streng vertikalen Instanzenweg auch für die Bildungspolitik, auf dem schulreformatorische Maßnahmen umgehend realisiert werden konnten.
Der Föderalismus in der westdeutschen Diskussion
In den Besatzungszonen der Westmächte vollzog sich der Wiederaufbau der deutschen Administration unter ähnlichen Anfangsbedingungen. Auch hier wurden die Länder wieder errichtet bzw. neue Länder geschaffen, deren Grenzen sich mit denen der Besatzungszonen deckten. Auch hier schufen sich die Besatzungsmächte zonenzentrale Institutionen, die anfänglich ohne parlamentarische Kontrolle oder eigene Befugnisse mit den Besatzungsbehörden zusammenzuarbeiten hatten. Die Autorität der Länderparlamente und -regierungen wurde von ihnen jedoch nicht berührt. Die Länderkompetenzen wurden nur durch die Befugnisse der Besatzungsmacht selbst eingeschränkt. Nachdem aus wirtschaftlichen und politischen Gründen der Zusammenschluß der amerikanischen und englischen Zone zur Bizone vollzogen wurde und später auch die französische Zone hinzukam, war zugunsten der föderalistischen Ordnung schon ein Präjudiz geschaffen. Denn die Konkurrenz der westlichen Besatzungsmächte untereinander gestattete keine Lösung, in der eine der Mächte schon aufgrund ihres politischen und wirtschaftlichen Übergewichts den Haupteinfluß auf eine zentrale deutsche Regierung oder Verfassung ausgeübt hätte. Die Verfassungsväter der Bundesrepublik entschieden sich später dann aus historischen, aber auch aus demokratie-theoretischen Gründen zugunsten der föderalistischen Staatsordnung, in der die Staatsbefugnisse auf die drei Ebenen Bund, Länder und Gemeinden verteilt wurden. Die oberste kulturpolitische Zuständigkeit liegt seitdem bei den Ländern, die in Zusammenarbeit mit den Gemeinden für die Errichtung und Unterhaltung der Bildungsinstitutionen zu sorgen haben.
Während in Mitteldeutschland die zentrale Verwaltung niemals Gegenstand öffentlicher Diskussion wurde, bahnt sich in der Bundesrepublik seit einiger Zeit eine an Intensität zunehmende Föderalismusdebatte an, in der die vom Grundgesetz festgelegten Zuständigkeiten für das Bildungswesen einer heftigen Kritik unterzogen werden. Ausgangspunkt dieser Debatte waren die bildungspolitischen Unterschiede in den einzelnen Bundesländern und der immer deutlicher werdende Koordinierungsdefekt. Diese Debatte hatte schon erste Konsequenzen. Die Länder haben ihre Zuständigkeit für die Ausbildungsförderung im Zuge der Finanzreform an den Bund abgetreten
Es gibt eine Fülle von Argumenten, die entweder die eine oder die andere Position in der Föderalismusdebatte stützen. Eine wichtige Rolle in der Föderalismusdebatte spielt die These, daß die politische und finanzielle Potenz der Länder nicht länger ausreiche, um die großen bildungspolitischen Aufgaben zu lösen. Dies gelinge nur einer Zentralregierung, die allein imstande sei, den dazu notwendigen Kraftakt zu perpetuieren. Verdoppelung der Studentenzahlen in den nächsten Jahren bei schon heute hoffnungslos überfüllten Hochschulen, weitere Erhöhung der Übergangsquoten zu weiterführenden Schulen bei dem aktuell bedrohlichen Lehrer-und Finanzmangel — diese und andere Probleme werden als plausible Argumente gegen den Föderalismus ins Feld geführt, der sie ja nicht habe vermeiden können. Hinzu kommt der Gesichtspunkt, daß eine bildungspolitische Souveränität der Bundesländer untragbar ist unter den Bedingungen einer über den nationalen Rahmen hinausgehenden europäischen Bildungsplanung, wie sie von den Römischen Verträgen über die EWG impliziert wird. Darüber hinaus behindere die unterschiedliche Lehrplangestal-tung in den einzelnen Bundesländern die Freizügigkeit der Schüler, von einem Land in ein anderes zu ziehen.
Für die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Kompetenzenstruktur in der Bildungspolitik spricht vor allem das demokratiestabilisierende Element des Föderalismus. Die Zentralregierung ist nicht omnipotent, kommunale Selbstverwaltung und Landespolitik schaffen eine Fülle von Möglichkeiten zur politischen Betätigung. In der Landespolitik genießt Bildungsund Flochschulpolitik eine absolute politische und finanzielle Priorität. In der Bundespolitik würde sie finanziell bestenfalls neben Verteidigungs-und Sozialausgaben rangieren. Hinzu kommt das Argument des bildungspolitischen Wettbewerbs zwischen den einzelnen Bundesländern: Jedes Land kann neue Formen und Inhalte im Erziehungswesen erproben. Das Risiko der Erfolglosigkeit wird so nicht dem gesamten System aufgebürdet.
Wann die Initiativen zur Neugestaltung der bildungspolitischen Zuständigkeiten in der Bundesrepublik Erfolg haben, läßt sich heute noch nicht absehen. Vorläufig ist die Organisationsstruktur des Bildungswesens in der Bundesrepublik noch durch die Kulturhoheit der Länder charakterisiert. Bei den Länderparlamenten und den Kultusministerien liegt die legislative und exekutive Zuständigkeit, auf kommunaler Ebene sind die kommunalen Parlamente und Schulämter für Organisation und Bereitstellung der Bildungsstätten verantwortlich. Der Bund hat, abgesehen vom Auslands-schulwesen und einigen anderen marginalen Bereichen, keine Zuständigkeit auf dem Gebiet des Bildungswesens
Das bildungspolitische Entscheidungssystem der DDR unterscheidet sich von dem der Bundesrepublik grundsätzlich. Charakteristisch ist nicht nur die streng zentralistische Organisationsstruktur, sondern auch der Dualismus zwischen dem Zentralkomitee der SED und dem Ministerrat, zwischen dem Sekretär für Wissenschaft, Hochschulen, Volksbildung und Ideologie im ZK der SED (Prof. Kurt Hager) und dem Ministerium für Volksbildung (Minister Margret Honnecker), bei denen die höchste parteiliche und staatliche Zuständigkeit für das Bildungswesen liegt. Die Aufgaben des 1949 gegründeten deutschen Pädagogischen Zentralinstituts können mit denen des Bildungsrates in der Bundesrepublik verglichen werden. Es hat beratende Funktionen und beeinflußt die Entscheidung von Partei und Regierung mit der Autorität wissenschaftlicher Forschung. Daß sich der Wiederaufbau und die Neugestaltung des Bildungswesens schon allein aufgrund dieser unterschiedlichen Organisationsstrukturen in unterschiedlichen Formen vollzog, ist ebenso verständlich wie die Herausbildung unterschiedlicher Bildungsinhalte, die der Antagonismus der politischen Vorzeichen zwischen den beiden Teilen Deutschlands zwingend verlangt.
Die theoretischen Grundlagen
Dennoch unterscheiden sich erstaunlicherweise die theoretischen Grundlagen weniger, als man aufgrund des politischen Gegensatzes anneh-men könnte. Es entspricht der deutschen, aber auch der russischen pädagogischen Tradition, daß im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Pädagogik neben der Erziehung auch die Bildung steht. Unter Erziehung wird dabei Disziplinierung, Zivilisierung, Moralisierung verstanden, während Bildung die Kultivierung des inneren Menschen bedeuten soll
Auch die marxistische Theorie, die Bildung und Erziehung eine besondere Aufmerksamkeit schenkt, unterscheidet ähnlich zwischen diesen beiden Begriffen. Karl Marx und Friedrich Engels notierten in ihrer Schrift über die Gewerkschaften: „Unter Bildung verstehen wir drei Dinge. Erstens: Geistige Bildung. Zweitens: Körperliche Ausbildung, solche, wie sie in den gymnastischen Schulen und durch militärische Übung gegeben wird. Drittens: Polytechnische Erziehung, welche die allgemeinen wissenschaftlichen Grundsätze aller Produktionsprozesse mitteilt, und die gleichzeitig das Kind und die junge Person einweiht in den praktischen Gebrauch und in die Handhabung der elementaren Instrumente aller Geschäfte."
Kommunistische Erziehungswissenschaftler charakterisieren heute Bildung als „Fähigmachen" und Erziehung als „Bereitmachen". Wissen und Können sollen den jungen Menschen befähigen, beim Aufbau des Sozialismus tatkräftig mitzuwirken. Voraussetzung dazu ist die Internalisierung des sozialistischen Ethos, das die jungen Menschen dazu befähigt, ihre ganze Kraft für den Sieg des Sozialismus einzusetzen, die Errungenschaften ihrer sozialistischen Heimat zu mehren und zu verteidigen. Charakteristische Merkmale der sozialistischen Bildungstheorie ist der schon von Marx und Engels formulierte, später von dem sowjetischen Pädagogen Makarenko präzisierte Grundsatz der Verbindung von Bildung und Erziehung mit dem Leben, der Verbindung von Theorie und Praxis, der Verbindung von Lernen und Studium mit produktiver Tätigkeit sowie der Grundsatz der Einheit von Bildung und Erziehung
Dieser Grundsatz des Bildungsgesetzes von 1965 wird ergänzt durch eine Definition des Zieles beim Aufbau des Sozialismus, dessen Voraussetzung das einheitliche Bildungssystem schaffen soll: „Die technische Revolution zu meistern, die nationale Volkswirtschaft der DDR zu entwickeln, die Produktion und Arbeitsproduktivität auf der Grundlage des höchsten Standes von Wissenschaft und Technik, vor allem in den führenden Zweigen und durch die Anwendung des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft zu steigern"
Bei der Formulierung der mitteldeutschen Bildungspolitik jedoch kontrakarieren die beiden Prinzipien „Meisterung der wissenschaftlich-technischen Revolution" und „Aufbau des Sozialismus" mit ihren ideologischen Postulaten und Konsequenzen in der Praxis, wie später zu zeigen sein wird.
Der Neubeginn der Schulpolitik in Mitteldeutschland
Die Entwicklung des mitteldeutschen Schulwesens wurde seit 1945 überwiegend durch die zunehmend deutlicher werdende Tendenz geprägt, das deutsche Bildungssystem nach sowjetischem Modell zu revolutionieren. Diese Tendenz wurde nicht nur durch die sowjetische Besatzungsmacht begünstigt, sondern auch durch eine weitverbreitete Grund-stimmung in der Lehrerschaft, die nach einer gründlichen Reform des Bildungswesens auf-gründ der Enttäuschungen der vorangegangenen Jahre verlangte.
Nach dem westdeutschen Erziehungswissenschaftler Froese gliedert sich die mitteldeutsche Schulpolitik in sechs Phasen. Während der einleitenden Phase (1945— 1948) kam es den verantwortlichen Bildungspolitikern darauf an, den pädagogischen Hoffnungen der mitteldeutschen Erzieher entgegenzukommen, die sich zur Zusammenarbeit bereit fanden
Das Schulgesetz schafft im wesentlichen drei neue Tatsachen: Die Schulerziehung wird erstens als „ausschließliche" Staatsangelegenheit definiert und damit das Privatschulwesen abgeschafft. Zweitens wird der Religionsunterricht als Angelegenheit der Religionsgemeinschaften charakterisiert und damit die Zusammenarbeit von Staat und Kirchen im Raum der Schule beendet. Drittens wird die „demokratische Einheitsschule" postuliert, die vom Kindergarten bis zur Hochschule reicht. Wenn auch noch von einer organisatorischen Gliederung der Einheitsschule gesprochen wird, so wird sie doch als Differenzierung nach „Aufgaben" definiert, die aus den „gesellschaftlichen Bedürfnissen" entstehen.
In der überleitenden Phase (1949— 1952) wurde das Schulgesetz von 1946 durch die Verfassung der DDR am 7. Oktober 1949 bestätigt und versucht, das Gesetz in die Praxis umzusetzen
Während der stabilisierenden Phase (1953 bis 1955) hatten sich die mitteldeutschen Erzieher der Aufgabe zu widmen, die politisch-moralische Erziehungsarbeit in die Schule zu integrieren. Darüber hinaus wurde das Schulverwaltungs-und Lehrerbildungssystem Mittel-deutschlands an dem sowjetischen Vorbild ausgerichtet.
In der experimentierenden Phase (1956— 1958), die an die vorhergehende Periode der volks-demokratischen Umgestaltung des Schulwesens in Mitteldeutschland anschließt, steht der Versuch, das sozialistische Polytechnik-Ideal in der Schule zu verwirklichen
Die reorganisierende Phase (1959— 1965) wurde durch das am 2. Dezember 1959 angenommene „Gesetz über die sozialistische Entwicklung des Schulwesens der DDR“ eingeleitet, das 1965 durch das „Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem" abgelöst wurde. Ziel des Gesetzes von 1959 war es, wie es in der Präambel heißt, „die Kluft zwischen Theorie und Praxis, Schule und Leben" durch die „Verbindung des Unterrichts mit der produktiven Arbeit" zu überwinden. Die achtjährige Grundschule wird durch die zehnklassige obligatorische allgemeinbildende polytechnische Oberschule ersetzt, die sich in eine vierklassige Unterstufe und eine sechsklassige Oberstufe gliedert. Nach Absolvierung der zehnklassigen polytechnischen Oberschule tritt der Schüler in die Berufsausbildung ein und kann über Berufsschulen und Fachschulen, über die Betriebsoberschulen, die Abendoberschulen und die Sonderreifeprüfungslehrgänge das Abitur erwerben und ein Hochschulstudium aufnehmen. Neben diesem Hauptweg zur Hochschulreife gibt es in Form der zwölfklas-sigen erweiterten allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule mit naturwissenschaftlichem, neusprachlichem oder altsprachlichem Zweig auch weiterhin den traditionellen Weg zur Hochschulreife. Jedoch muß der Absolvent der erweiterten polytechnischen Oberschule vor Aufnahme des Studiums ein berufspraktisches Jahr ableisten, in dem er von der Hochschule oder der Universität geleitet wird.
Das „einheitliche sozialistische Bildungssystem"
Die gegenwärtig noch andauernde Phase wird durch das „Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem" (BG) vom 25. Februar 1965 eingeleitet. In ihm wird die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule (OS) als der grundlegende Schultyp im einheitlichen sozialistischen Bildungssystem charakterisiert. Sie soll eine moderne sozialistische Allgemeinbildung als Grundlage für jede weiterführende Bildung und berufliche Tätigkeit vermitteln. Dabei sollen Bildung und Erziehung eng mit dem Leben, mit der Arbeit und mit der Praxis des sozialistischen Aufbaus verbunden werden. Die Oberschule soll die jungen Menschen zu bewußten sozialistischen Staatsbürgern erziehen, die aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
Die Oberschule gliedert sich in die Unterstufe mit den Klassen 1— 3, die Mittelstufe mit den Klassen 4— 6 und die Oberstufe mit den Klassen 7— 10. Nach der ersten Fremdsprache Russisch soll Englisch in Zukunft als zweite Fremdsprache obligatorisch gelehrt werden (§ 16 BG). Ab Klasse 6 wird verstärkt und systematisch die Berufsaufklärung betrieben; sie ist Bestandteil der gesamten unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Arbeit.
Die Berufsberatung und Nachwuchslenkung erfolgt von der 8. Klasse an. Der Vorbereitung auf Berufe in Industrie und Landwirtschaft dienen ein Grundlehrgang „Industrie" und ein Grundlehrgang „Landwirtschaft" in der sozialistischen Produktion für die 7. bis 10. Klasse. Die theoretischen Kenntnisse werden vorwiegend in Lehrwerkstätten, Lehrecken bzw. polytechnischen Kabinetten, in Einrichtungen und Werkstätten der Maschinen-Traktoren-Stationen und in den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften erworben. In der 9. Klasse beginnt die berufliche Grundausbildung, vor allem in den Bereichen Chemie, Metallurgie, Elektrotechnik, Energiewirtschaft, Landwirtschaft, Maschinenbau, Verkehrs-und Bauwesen. In der 9. bis 10. Klasse stehen dafür insgesamt 150 Ausbildungstage mit je sieben Stunden zur Verfügung. Die erweiterte allgemeinbildende polytechnische Oberschule (erweiterte OS) baut auf der 8. Klasse der Oberschule auf. An ihr kann nach der 12. Klasse die Studienberechtigung erworben werden. Die erweiterte Oberschule gliedert sich in einen neusprachlichen, mathematisch-naturwissenschaftlichen und altsprachlichen Zweig. 70 °/o der Schüler an erweiterten Oberschulen besuchen zur Zeit den mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig.
Das Bildungsgesetz sieht eine grundsätzliche Umgestaltung der erweiterten Oberschule vor. Sie wird in Zukunft nur noch aus der 11. und 12. Klasse bestehen. Künftig soll die Auswahl der Bewerber für diese auf das Hochschulstudium zugeschnittene Schule erst nach dem Abschluß der zehnklassigen Oberschule erfolgen. Ungewiß ist, ob die bisherige Aufteilung der erweiterten Oberschule in mathematisch-naturwissenschaftliche, neu-und altsprachliche Zweige bestehen bleibt oder von einer noch stärkeren Differenzierung nach Gruppen verwandter Fachrichtungen an der Hochschule abgelöst wird.
Ebenfalls werden dem allgemeinbildenden Schulwesen „Spezialschulen" zugerechnet, die erst im Schuljahr 1964/65 eingerichtet wurden. Ursprünglich sollten sie der Nachwuchslenkung für die Wirtschaft dienen. Später sollen auch die Kultur, der Sport und die Wissenschaft mit einbezogen werden. Die Spezialschulen nehmen Schüler mit hohen Leistungen und besonderen Begabungen auf, die aus der Oberschule kommen. Spezialschulen und Spezial-klassen sollen in der Regel zur Hochschulreife führen. Daneben werden Spezialschulen eingerichtet, die nicht zur Hochschulreife führen, sondern auf besondere künstlerische und sportliche Leistungen vorbereiten
Besonders bei den Spezialschulen wird der ganztägige Erziehungs-und Bildungsprozeß mit Internatsplätzen angestrebt. Aber auch in den Oberschulen und erweiterten Oberschulen wird die Ganztagserziehung als integrierender Bestandteil des einheitlichen Bildungsund Erziehungsprozesses schon seit einigen Jahren intensiv erprobt, weil sie — wie das Bildungsgesetz meint — „günstige Voraussetzungen für die allseitige Entwicklung aller Schüler im Kollektiv und durch das Kollektiv schafft". 1965 gab es 136 Tagesschulen und 5805 Schulen mit Tageserziehung, also mit Tagesgruppen, Tagesklassen und ganztätigen Arbeitsgemeinschaften. Das Bildungsgesetz sieht vor, daß der weitere Ausbau der Ganztagserziehungseinrichtungen entsprechend den ökonomischen Möglichkeiten intensiviert wird.
Der schulpolitische Neubeginn in Westdeutschland
Der reformerische Elan war nicht auf die mitteldeutsche Schulpolitik beschränkt. Auch die erste Wiederaufbauphase in der westdeutschen Schulpolitik ist durch eine Fülle von Bestrebungen von verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Kräften gekennzeichnet, das Schulwesen zu reformieren. Wichtige Neugestaltungsimpulse gingen auch in Westdeutschland von den Besatzungsmächten aus. Sie versuchten das Schulwesen in den wiedererrichteten oder neugeschaffenen Ländern ihrer Besatzungszonen nach dem Modell ihres heimatlichen Schulwesens neu zu gestalten. So zum
Beispiel legte schon 1946 eine amerikanische Kommission, die von der amerikanischen Besatzungsadministration bestellt wurde, ein detailliert ausgearbeitetes Konzept zur Adaption des amerikanischen Schulwesens an das deutsche Bildungssystem vor
Die Gemeinsamkeit ist einer der wichtigsten Gesichtspunkte, unter denen in den Ländern der Bundesrepublik seit dem Abschluß der materiellen Wiederaufbauphase Bildungspolitik betrieben wird. Vordringliches Ziel schon der ersten gemeinsamen Maßnahmen der Länder war es, die in den Besatzungsjahren entstandenen Verschiedenheiten im Schulsystem der einzelnen Länder auszugleichen und Grundlagen für Freizügigkeit und Vereinheitlichung zu schaffen. Die Kultusministerkonferenz hat als Instrument zur Vereinheitlichung des Schulwesens Verwaltungsabkommen zwischen den Ländern entwickelt. Das Düsseldorfer Abkommen von 1955, dessen Neufassung 1964 die Bezeichnung „Hamburger Abkommen" erhielt, trägt den offiziellen Titel „Abkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland zur Vereinheitlichung auf dem Gebiet des Schulwesens".
Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist das Hannoveraner Abkommen vom November 1968, in dem die Eingangsvoraussetzungen und der zukünftige Status der Ingenieurschulen einheitlich festgelegt wurden. Diese Abkommen werden von den Kultusministern vorbereitet und von den Ministerpräsidenten als den Regierungschefs unterzeichnet.
Anders als in Mitteldeutschland läßt sich die bildungspolitische Entwicklung in der Bundesrepublik nicht an Gesetzen und Verordnungen ablesen, sondern an den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz und an den Abkommen zwischen den Bundesländern. In ihren „Grundsätzen für die Volksschule" (1956) und in ihrem Beschluß über die „Stellung der Mittelschulen im Schulaufbau" (1953) legte die Kultusministerkonferenz Grundsteine für den Ausbau eines leistungsfähigen Schulwesens. Sein Schwergewicht liegt in der Verlängerung der Schulpflicht von heute neun auf zehn Jahre und in der Neugestaltung der Volksschuloberstufe zu einer mehrzügigen „Hauptschule" mit Fachunterricht. In Übereinstimmung mit den bildungspolitischen Leitsätzen der Parteien, mit den Vorstellungen der meisten Lehrerverbände und mit dem Gutachten des Deutschen Ausschusses wird im Hamburger Abkommen die Hauptschule als eine auf der Grundschule aufbauende Schule charakterisiert, in der eine Fremdsprache gelehrt wird. Sie führt zu einem eigenwertigen Abschluß, für den sich die Beziehung „Berufsreife" immer mehr einbürgert
Zugleich hat die Kultusministerkonferenz die Entwicklung von „ausreichend gegliederten Schulen in ländlichen Gebieten" — wie sie z. B.seit 1957 als Dörfergemeinschaftsschulen unter Mitwirkung des Niedersächsischen Land-volkes gegründet wurden — nachdrücklich befürwortet und damit den wenig gegliederten Landschulen den Kampf angesagt. Ihre Zahl wurde mittlerweile drastisch verringert. Hier gibt es jedoch noch immer einen großen Nachholbedarf. Zum weiteren Ausbau des mittleren und höheren Schulwesens gab das Hamburger Abkommen den sich in rascher Entwicklung befindenden Aufbauformen an Real-schulen und Gymnasien eine feste Grundlage und ermöglichte in der Oberstufe der Gymnasien — neben den t aditionellcn SCulty— die Bildung weiterer Schwerpn. te, z. B. Wirtschaftsgymnasien, sozialkundliche und musische Gymnasien, die zur Hochschulreife führen. Das Abkommen gibt damit Raum für neue Entwicklungen, eröffnet mit besonderen Bestimmungen Möglichkeiten und Schulversuche von länderunterschiedlichen Schulformen.
Die Chancengleichheit als schulpolitisches Ziel
Mit gemeinsamen, aber auch unterschiedlichen Methoden versuchen die Kultusministerien eine Reihe von schulpolitischen Problemen anzugehen, unter denen der Komplex der kulturellen Unterprivilegierung bei einigen gesellschaftlichen Gruppen die größte Aufmerksamkeit genießt. Ausgehend von der These, daß die Sozialchancen in einer demokratischen Leistungsgesellschaft weitgehend von den Bildungschancen abhängen, wird in der bildungspolitischen Diskussion darauf hingewiesen, daß das Schulwesen immer mehr den Charakter eines sozialpolitischen Direktionsmechanismus erhalte. Mit Bezug auf das Grundrecht auf Bildung muß festgestellt werden, daß die Startchancengleichheit im Bildungswesen in der Bundesrepublik vorläufig noch nicht vollständig gewährleistet ist. Sie ist theoretisch zwar garantiert, jedoch lassen sich aus den Schulstatistiken unterprivilegierte Gruppen deutlich herauslesen. So wird z. B. immmer wieder zu Recht auf den geringen Anteil der Kinder aus Arbeiter-und Bauernfamilien beim Besuch weiterführender Schulen verwiesen. Obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung ca. 65 0/0 beträgt, stammen nur 7 0/0 der Studenten an wissenschaftlichen Hochschulen aus diesen Schichten. Jedoch sollten diese Zahlenangaben nicht als fixe Größen gewertet werden, sondern lediglich als Anhaltspunkt für die Unterrepräsentierung; weil nämlich viele Arbeiter während der Ausbildungszeit ihrer Kinder den Status von Angestellten erreichen, tauchen die Studenten nicht mehr als Arbeiterkinder in der Statistik auf. Auch der Anteil der Kat oliken an den Besuchern des weiterführenden Schulwesens entspricht bei weitem nicht ihrem Bevölkerungsanteil
Neben diesem sozialen und konfessionellen Bildungsgefälle gibt es auch ein regionales. So ist der Anteil der Kinder, die eine Fremdsprache erlernen, in den Bundesländern stark unterschiedlich. Zwar hat es hier in den letzten Jahren bereits eine erhebliche Angleichung gegeben, doch läßt sich immer noch feststellen, daß der Fremdsprachenunterricht in den norddeutschen Ländern und Stadtstaaten wesentlich intensiver ist als in den west-und süddeutschen Bundesländern. Wenn der Schulbesuch sich in den letzten Jahren in den einzelnen Bundesländern auch stark angeglichen hat, so ist dennoch nicht zu übersehen, daß insbesondere zwischen Städten — vor allem Großstädten — noch erhebliche Unterschiede bestehen und sicherlich noch eine gewisse Zeitspanne lang fortbestehen werden.
Es gibt in der Schulpolitik eine Reihe von unbestrittenen Zielen. Dazu gehören vor allem die Ausschöpfung der Begabungsreserven und eine generelle Anhebung der Zahl von Abschlüssen einer weiterführenden Bildung. So wurde beispielsweise in Baden-Württemberg zum offiziellen Ziel der Hochschulpolitik erklärt, 15 Prozent eines älteren Jahrgangs zum Abitur und 40 Prozent zur Mittleren Reife zu führen. In letzter Zeit erlebt gerade diese Zielsetzung eine immer deutlichere Kritik. Insbesondere in der Hochschullehrerschaft hält man die Expansion der Abiturienten für verfehlt, da die Universitäten und andere wissenschaftliche Hochschulen zumindest bis 1980 finanziell und personell nicht in der Lage seien, die Flut der Abiturienten aufzunehmen. Aus diesem Grunde bemüht man sich in den letzten Monaten verstärkt um die Errichtung von unterhalb der wissenschaftlichen Hochschulen angesiedelten Fachhochschulen, die — auf wissenschaftlicher Grundlage basierend — eine praxisorientierte Ausbildung anbieten sollen.
Unbestrittenes Ziel der Schulpolitik ist das Bemühen um einen Ausgleich der sozialen Benachteiligung. Hierzu gehören alle Initiativen zur Schaffung eines breiten Ausbildungsförderungssystems, für das der Bundestag noch in dieser Legislaturperiode eine gesetzliche Grundlage zu schaffen hofft. Diesem Ziel dienen auch die mittlerweile in allen Bundesländern eingeführte Schulgeldfreiheit und Lernmittelfreiheit, die allerdings in einigen Bun-desiändern noch verwirklicht werden müssen. Eine besonders wichtige Maßnahme zum Ausgleich der sozialen Benachteiligung ist die Bildungswerbung. Wie Untersuchungen — insbesondere in Bayern — gezeigt haben, ist ein Haupthindernis für die Entscheidung zum Besuch weiterführender Schulen die mangelnde Kenntnis der Eltern über die Möglichkeiten im schulischen und beruflichen Bereich. 82 Prozent aller Eltern, die ihre Kinder entgegen der Empfehlung der Volksschullehrer nicht auf weiterführende Schulen geschickt hatten, erklärten auf Befragen, sie hätten diese Möglichkeit nicht erwogen oder als überflüssig erachtet. Entsprechende Aufklärungsaktionen, zu denen vor allem die Aktion „Gemeinsinn" und die Aktion „Studenten aufs Land" gehören, hatten hervorragende Ergebnisse. Sie lassen sich an der sprunghaften Steigerung der Über-tritte in weiterführende Schulen seit 1964 ablesen. In Rheinland-Pfalz beispielsweise steigerte sich die Zahl der Schüler in Gymnasien inden Jahren 1965/1966 von 62 000 auf fast 79 000. Ähnliche Zahlen liegen aus anderen Bundesländern vor. Zur Beseitigung der sozialen Benachteiligung gehört auch der seit einigen Jahren in der Grundstufe der Gymnasien eingeführte Förderungsunterricht für schwächere Schüler, deren Versagen vor allem auf sprachliche und allgemeine bildungsmäßige Benachteiligung im Elternhaus zurückgeführt wird. Besondere Aufmerksamkeit genießen zwei Fragestellungen, die in Schulversuchen erprobt werden bzw. erprobt werden sollen. Die erste Fragestellung geht von der in der Bundesrepublik üblichen Halbtagsunterrichtung aus und fragt nach den pädagogischen, ökonomischen und sozialen Vorzügen der Ganztagsschule. Die bisherigen Ergebnisse sind zumeist positiv gewesen und waren Grundlage für eine Empfehlung des Bildungsrates 1968, der ein weitergehendes systematisches Experimentalprogramm vorschlug. Niemand zweifelt daran, daß auch dieses Experimentalprogramm insgesamt positive Ergebnisse bringen wird und Anfang der siebziger Jahre zu einer Umstellung von der Halbtags-auf die Ganztagsschule führen wird.
Allheilmittel Gesamtschule?
Die zweite Fragestellung geht aus von der traditionellen Dreigliedrigkeit des deutschen Schulwesens, die in der Bundesrepublik die Regel ist, und fragt nach den Vorzügen und Nachteilen einer Einheitsschule. Sie wird unter dem Begriff „integrierte Gesamtschule" propagiert. Die Gesamtschulterminologie ist in diesem Sinne noch nicht einheitlich. Meist wird unter dieser Schulform eine Zusammenfassung der bisherigen Typen Hauptschule, Realschule und Gymnasium zu einem einheitlichen Organismus verstanden. Die Schüler werden in Jahrgangsklassen oder Leistungsgruppen unterrichtet. Dabei wird der Unterricht in Kern-und Kursfächer aufgeteilt. Kern-fächer sind obligatorisch, Kursfächer sind Neigungsfächer. Ein fester Klassenverband im herkömmlichen Sinne besteht nicht mehr. Häufig wird das System der Jahrgangsgruppen völlig durchbrochen. Das mit dem ersten Abschluß nach dem 10. Vollzeitschuljahr erreichte Ziel und die damit verbundene Berechtigung hängt von den Leistungen und den besuchten Kursen ab. Nach dem 10. Schuljahr beginnt die Oberstufe, die zur Hochschulreife führt. Die Hochschule kapn von denen besucht werden, die einen bestimmten Kurskatalog erfolgreich abgeschlossen haben. Auch hier wird den Schülern eine große Wahlfreiheit und die Möglichkeit einer Differenzierung nach Leistung und Interesse eingeräumt. Die Lehrer aller herkömmlichen Schulformen wirken in der Gesamtschule zusammen. Neuerdings wird der Begriff „integrierte Gesamtschule" auch noch für eine gemeinsame Mittelstufe der Klassen 5— 10 (bzw. bei 6jähriger Grundschule von 7— 10) verwandt. Die Klassen 11 und 12 (bei 9jährigen Gymnasien auch 11— 13) werden dann als Oberstufe bezeichnet. Offensichtlich will man damit der Kritik begegnen, die integrierte Gesamtschule scheitere an praktischen Schwierigkeiten. Auf dem Land bestehen diese hauptsächlich in den weiten Schulwegen. Als Einzugsbereich für ein voll ausgebautes System werden heute 10— 15 000 Bewohner angesetzt. Weiter besteht die Notwendigkeit, für die Gesamtschule neue, völlig anders gestaltete Schulbauten zu errichten und vor allem den Bedarf der Gesamtschule an zahlreichen kleinen Spezialräumen zu decken. Schließlich bereitet die Lehrerversorgung unlösbare Probleme, denn die Gesamtschule benötigt zur Betreuung der kleinen Gruppen einen wesentlich höheren Personalbestand.
Die Befürworter der integrierten Gesamtschule sehen in der herkömmlichen Dreigliedrigkeit ein Relikt des Ständestaates, in dem eine fortdauernde Streßsituation durch die jährliche Versetzung und die Prüfungen bestehe; die Schüler würden ausgelesen, jedoch nicht gefördert. Das Gesamtschulkonzept wird vor allem von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vertreten, von den Verbänden der Real-und Gymnasiallehrer jedoch abgelehnt.
Im politischen Bereich hat sich die SPD in den „Sozialdemokratischen Perspektiven im Über-gang zu den 70er Jahren“ vom 5. Januar 1968 für die Gesamtschule entschieden. Die FDP tat das gleiche in ihrem Aktionsprogramm von 1968. Die CDU hat sich in ihrem Berliner Programm vom November 1968 zu diesem Fragenkreis nicht ausdrücklich geäußert, wohl aber eine Reihe von Sachproblemen angesprochen. Danach tritt sie für die Auflockerung der Jahrgangsklassen, für eine bessere Durchlässigkeit zwischen den Schulformen und eine breite Verwendungsmöglichkeit der Lehrer verschiedener Schularten ein. Ein erstes detailliertes schulpolitisches Programm haben die Sozialdemokraten im Januar 1969 vorgelegt. Das „Modell für ein demokratisches Bildungswesen", von dem Kulturpolitischen Ausschuß der SPD unter Leitung des nordrhein-westfälischen Fraktionsvorsitzenden Johannes Rau als Entwurf vorgelegt, sieht den Haupt-vorzug der Gesamtschule in der absoluten Durchlässigkeit. An die Grundschule schließt sich die als Gesamtschule organisierte Mittelstufe an. In der integrierten Mittelstufe wird der Unterricht im Kurs-und Kernsystem erteilt. Es werden Leistungsund Neigungsgruppen eingerichtet, in denen die Schüler sowohl in den Fächern besonders gefördert werden, die ihnen Schwierigkeiten bereiten, wie auch auf den Gebieten, für die sie ein besonderes Interesse zeigen. Das idealtypische Konzept der Gesamtschule als einer Schule von ausschließlich Leistungsund Neigungsgruppen ist jedoch nicht ganz durchgehalten. Obligatorische Fächer sollen nach den Vorstellungen der Sozialdemokraten Mathematik, deutsche Sprache, Politik und der Gesamtunterricht sein, in dem ein Thema wie beispielsweise „Mensch und Technik" unter den Gesichtspunkten aller Lehrfächer behandelt wird.
Völlig neu in einem Entwurf für ein bildungspolitisches Parteiprogramm ist die Konzeption für die integrierte Oberstufe der Sekundarschule. In dieser Oberstufe sollen die Integrationsmöglichkeiten aller bisherigen Schulformen für die 16-bis 19jährigen erprobt werden, also der gymnasialen Oberstufe, der Berufsaufbauschule, der Berufsfachschule, der Berufsschule und auch der Berufsoberschule, die von der Ministerpräsidentenkonferenz im November 1968 in Hannover als Vorstufe zu den Fachhochschulen beschlossen wurde.
In der Oberstufe neuen Typs wollen die Sozialdemokraten Studien-und berufsbezogene Ausbildungsgänge zusammenfassen; denn immer mehr Berufe müßten wissenschaftlich fundiert werden, wenn die Verbindung zwischen Theorie und Praxis, wie der Berliner Schulsenator Carl Heinz Evers meint, nicht abreißen soll. In der Oberstufe kann eine Reihe von Abschlüssen erworben werden, die entweder auf den Beruf oder auf die Gesamt-hochschule hinführen. In der Regel, so wird im Modell formuliert, erwirbt der Schüler einen Abschluß in zwei Jahren. Er hat jedoch auch die Möglichkeit, mehrere Abschlüsse anzusteuern. Als obligatorische Fächer sind wiederum Mathematik, deutsche Sprache und Politik vorgesehen. Der Gesamtunterricht der Mittelstufe wird als obligatorisches Fach in der Oberstufe vom Sport abgelöst. In der neuen Oberstufe sollen die Studien-und die berufsbezogenen Ausbildungswege in einem überlappenden Kurssystem zusammengefaßt werden. Für die Ausbildungszeiten bedeutet dieses Modell, daß in Zukunft jeder Jugendliche etwa vom 5. bis etwa zum 19. Lebensjahr, also 14 Jahre, die Schulbank drückt. Danach kann er in der Gesamtschule mit weiteren drei bis sechs Jahren rechnen, bis er einen Hochschulabschluß erwirbt. Auch hier schlägt die SPD ein gestuftes System vor. Am Ende des fachlich ausgerichteten Grundstudiums für alle Studenten wird ein akademischer Grad verliehen, der zum Eintritt in den Beruf berechtigt. Wer weiter studieren möchte, absolviert ein Abschlußstudium. Dabei hat er die Wahl zwischen dem einjährigen Fachstudium oder dem zweijährigen erweiterten Fachstudium, nach dessen Abschluß er in ein Aufbaustudium eintreten kann, das zu den höheren Regionen der Wissenschaft führt.
Die CDU/CSU hat sich ebenfalls im Januar 1969 auf einer Klausurtagung in Deidesheim der Aufgabe unterzogen, eine gemeinsame Plattform für ihre Bildungspolitik zu formulieren. Sie geht dabei von der herkömmlichen Dreigliedrigkeit des deutschen Schulwesens aus und befürwortet eine stärkere Durchlässigkeit. Die „integrierte Gesamtschule" wird jedoch abgelehnt, weil die christdemokratischen Kulturpolitiker befürchten, daß durch die integrierte Gesamtschule die Differenzierung nach Begabung und Leistung erschwert wird und die Lernmotivationen abgeschwächt werden.
Die Union schlägt in ihrem bildungspolitischen Programm vor, das auf einem bildungspolitischen Kongreß am 28. Februar und 1. März 1969 in Bad Godesberg zur Diskussion gestellt wurde, der vorschulischen Erziehung stärkere Aufmerksamkeit zu schenken. Vor Beginn einer gleitenden Schulpflicht sollen Einrichtungen für die vorschulische Erziehung geschaffen werden, die als pädagogische Einheit mit dem Grundschuljahr zu betrachten sind. Die vierjährige Grundschule soll von begabten Kindern in drei Jahren durchlaufen werden können. An sie schließt sich die Hauptschule, die Realschule oder das Gymnasium an, in dem die beiden ersten Klassen jeweils als Beobachtungsstufen gestaltet werden sollen. Damit hofft die CDU/CSU zu erreichen, daß die Entscheidung für eine der drei Schularten leichter als bisher korrigiert werden kann. An die 5. Klasse der Hauptschule gliedert sich als 10. Vollzeitpflichtschuljahr das Berufsgrundschuljahr an, nach dem der Eintritt in die Lehre, die Berufsschule oder die Fachschule möglich ist. Außerdem sollen Möglichkeiten geschaffen werden, daß die Absolventen des Berufsgrundschuljahres ebenso wie die Absolventen der sechsklassigen Real-schule in die zweijährige Berufsoberschule eintreten können. Nach der Berufsoberschule kann die Fachhochschule besucht werden. Nach Abschluß des Studiums an der Fachhochschule können die graduierten Absolventen unter Anrechnung der Semester in die wissenschaftliche Hochschule überwechseln. Die gymnasiale Oberstufe soll nach den Vorstellungen der CDU/CSU zukünftig von leistungsstarken Schülern in zwei Jahren durchlaufen werden können. Sie soll stärker als bisher nicht ausschließlich an der Studierfähigkeit, sondern an der Berufspraxis orientiert sein. Ziel dabei ist, daß nicht — wie bisher — 80 bis 90 Prozent der Abiturienten in die wissenschaftliche Hochschule eintreten, sondern ein größerer Prozentsatz auf die Fachhochschule oder in andere qualifizierte Ausbildungswege übertritt.
Die Unionsparteien stellen das Konzept der „gegliederten Leistungsschule" dem Gesamtschulmodell der Sozialdemokraten gegenüber, um eine realistische Alternative für eine langfristige schulpolitische Zielprojektion anzubieten, dessen Vorzüge durchaus nicht auf der Hand liegen. Gleichzeitig befürworten sie eine experimentelle Erprobung der Gesamtschule, um aufgrund kontrollierbarer und vergleichbarer Ergebnisse Vorzüge und Nachteile dieses Systems gegeneinander abwägen zu können.
Der Bildungsrat arbeitet seit geraumer Zeit an einer Empfehlung zur Gesamtschulfrage und wird im Frühjahr 1969 eine systematische Erprobung in der Praxis vorschlagen; denn die bisherigen Gesamtschulversuche — beispielsweise in Berlin, aber auch in Bayern und Baden-Württemberg — lassen noch keine generalisierenden Schlußfolgerungen zu. Die Frage „Dreigliederigkeit oder Gesamtschule" ist noch wenig geklärt. Vor allem gibt es aber auch bei den Befürwortern der Gesamtschule noch keine einheitlichen Vorstellungen über ihre Gestaltung. Während die Gesamtschule in der bildungspolitischen Diskussion — nicht zuletzt auch aus finanziellen Gründen
Neben der Grundsatzdiskussion über die Gesamtschule wird in der bildungspolitischen Diskussion der Bundesrepublik eine Fülle von Fragen mit ähnlicher Tendenz wie in Mittel-deutschland angesprochen. Dazu gehört vor allem die Reform der Grundschule, die stärker als bisher zum Ausgleichsinstrument für benachteiligte Kinder ausgebaut werden soll.
Voraussetzung dafür ist auch ein weiterer Ausbau der vorschulischen Erziehung in Schulkindergärten und ein gleitendes Einschulungsalter, das kürzlich von der Kultusministerkonferenz empfohlen wurde.
Ein weiterer Gegenstand der Reformbemühungen ist die Verlängerung der Pflichtschulzeiten auf zehn Jahre, die schon 1964 im Hamburger Abkommen festgelegt wurde. Dabei soll die Hauptschule wesentlich intensiver als bisher die Vorbereitung auf die Berufswelt übernehmen. Ab der 5. Klasse soll obligatorisch das Fach Arbeitslehre unterrichtet werden und das 10. Schuljahr soll als Berufsgrundschuljahr eingeführt werden. Unklar ist den westdeutschen Bildungsexperten und Politikern bei der Neugestaltung der Hauptschule unter dem Etikett Berufsvorbereitung, welche Inhalte gewählt werden müssen, um einen optimalen Erfolg zu erzielen. Bei der Klärung dieser Probleme werden die Erfahrungen der mitteldeutschen Schulen mit dem polytechnischen Unterricht ausgewertet und auf ihre Verwendbarkeit hin geprüft.
Das Sonderschulwesen
Besondere Aufmerksamkeit in der bildungspolitischen Diskussion genießt das Sonder-schulwesen. Der Ausbau soll ergänzt werden durch eine weiterführende Differenzierung des Sonderschulwesens nach Spezialschulen für die verschiedenen Arten der Lernschädigungen und -behinderungen. Ziel dieser Bemühungen ist eine intensivere und individuellere Förderung des lernbehinderten Kindes. Das Kultusministerium Baden-Württemberg hat 1968 eine detaillierte Situationsanalyse und einen Entwicklungsplan für das Sonderschulwesen vorgelegt, den auch andere Kultusministerien als praktikables Konzept ansehen.
Für Mitteldeutschland wurden die Sonderschulen und andere heilpädagogische Einrichtungen im Bildungsgesetz verankert. Danach haben sie die Aufgabe, Bildung und Erziehung aller Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen mit wesentlichen physischen und psychischen Schädigungen zu gewährleisten. Sie sollen den Bildungsund Erziehungsprozeß inhaltlich, organisatorisch und methodisch so gestalten, daß auch die geschädigten Kinder und Jugendlichen das sozialistische Bildungs-und Erziehungsziel vollständig oder nach den durch die physischen und psychischen Schädigungen verbliebenen Möglichkeiten erreichen (§ 19 BG)
Die Durchlässigkeit und der „Zweite Bildungsweg"
Einer der wichtigsten Gegenstände der Reformanstrengungen im westdeutschen Bildungswesen ist die Sicherstellung der horizontalen und vertikalen Durchlässigkeit. Jeder Bereich des allgemeinen, aber auch des berufsbildenden Schulwesens soll einen Weg zur höchsten Ausbildungsebene, der wissenschaftlichen Hochschule, eröffnen. Die Möglichkeiten, auch außerhalb des üblichen Weges über das Gymnasium zur Hochschule zu gelangen, werden unter dem Stichwort „Zweiter Bildungsweg" zusammengefaßt. Dabei werden Nachholformen des allgemeinbildenden Schulwesens und Aufbauformen des berufsbildenden Schulwesens unterschieden. Abendrealschulen und Abendgymnasien bieten Haupt-und Realschülern, die Berufsschule und Lehre absolviert oder eine Berufstätigkeit ausgeübt haben, die Chance, im allerdings anstrengenden Abendstudium das Reifezeugnis zu erwerben. Die Absolventen der Fachhochschulen werden in Zukunft die allgemeine Hochschulreife erwerben. Fachkollegs und Fachakademien bieten die gleichen Möglichkeiten für Berufstätige, die sich in ihren Fachgebieten bis zur wissenschaftlichen Hochschule hocharbeiten wollen.
Auch im mitteldeutschen Schulsystem gibt es eine Fülle von Möglichkeiten, die Hochschulreife zu erwerben. Im Schulgesetz von 1959 wird vorgeschrieben, daß der Weg von der Oberschule über die Berufsausbildung der Hauptweg zur Hochschule sei und die Vorbereitung auf die Reifeprüfung ohne Unterbrechung der beruflichen Ausbildung ermöglicht wird. Gemäß § 13 der „Anordnung über das Aufnahmeverfahren zum Direkt-, Fern-und Abendstudium an den Universitäten, Hoch-und Fachschulen" vom 20. Februar 1963 wird bestimmt, daß das zum Hochschulstudium erforderliche Abitur erworben werden kann: 1. an einer erweiterten Oberschule, 2. an einer Arbeiter-und Bauernfakultät, 3. an einer zum Abitur führenden Berufsschule, 4. an einer Betriebsakademie (Abiturlenr-
gang) und 5. an einer Volkshochschule (Abiturlehrgang).
Eine weitere Möglichkeit besteht für die Studierenden der Ingenieur-und Fachschulen, die nach dreijährigem Fachschulstudium mit der Abschlußprüfung ebenfalls die Hochschulreife erwerben. Im Bildungsgesetz von 1965 wird bestimmt, daß die Hochschulreife auch durch den Besuch der erweiterten Oberschule und der Abiturklassen in den Einrichtungen der Berufsausbildung erworben werden kann. Das bedeutet, daß die Reifeprüfung nunmehr auch in den Spezialschulen und Spezialklassen abgelegt werden soll. Außerdem gibt es an den Hochschulen und Universitäten auf das Hochschulstudium vorbereitende Lehrgänge, die im Direkt-oder im Abendstudium absolviert werden.
Bildungsplanung und Prognostik
Als generelles Problem bei allen Bemühungen um die Veränderungen im Schulwesen schält sich in der Diskussion diesseits und jenseits der Demarkationslinie immer mehr die Grundsatzfrage heraus, wie die Schule morgen aussehen muß, um den Bedarf von Staat und Gesellschaft an Fachkräften zu befriedigen. Dabei geht es nicht nur um die ausreichende Anzahl von Kräften mit einer ausreichend hohen Qualifikation, von der gleichen Bedeutung ist die Frage, auf welchen Gebieten die Schulen auf neue Berufe vorbereitet wer-den müssen, auf welche sozialen Veränderungen sie sich einzustellen haben und welche Bildungsinhalte dem Menschen für das Jahr 2000 für seine persönliche und gesellschaftliche Existenz vermittelt werden müssen.
In Mitteldeutschland laufen die Versuche, auch das Portrait der Schule von morgen zu skizzieren, unter der Rahmenbezeichnung „Prognostik". In der Bundesrepublik beschäftigen sich die Bildungsplanung und -forschung mit diesen Fragestellungen. Obwohl Politiker und Wissenschaftler in der Bundesrepublik wie in Mitteldeutschland von der Bedeutung dieser Fragestellungen überzeugt sind, ist man weder hier noch dort kaum über die theoretischen Grundlagen hinausgekommen. Auf das Instrumentarium der Prognostik werden in Mitteldeutschland große Hoffnungen gesetzt. Walter Ulbricht pries die marxistisch-kommunistische Gesellschaftsprognostik auf der internationalen wissenschaftlichen Session „ 100 Jahre Das Kapital'" als eine Disziplin, die immer mehr den Charakter einer exakten Wissenschaft bekommen habe. Ihre Funktion definierte Herbert Edeling kürzlich im theoretischen Organ der SED „Die Einheit": „Als Einheit von wissenschaftlicher Theorie und revolutionärer Praxis dient sie der Gewinnung von Informationen über die zukünftig mögliche Entwicklung der gesellschaftlichen Prozesse in Gesamtsystemen und in den Teilsystemen der sozialistischen Gesellschaft". Selbstbewußt ergänzt der Autor: „Die Funktion der marxistisch-leninistischen Gesellschaftsprognostik im Sozialismus besteht — im Unterschied zu der staatsmonopolistischen Prognostik — vor allem darin, daß ihre Voraussagen, ihr Kenntnisvorlauf, der gesellschaftlichen Planung, dem entscheidenden Instrument für die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft, dienen und über diese zu Faktoren der bewußten Gestaltung des Systems des Sozialismus durch die Werktätigen werden. Das erfordert auch, den gesetzmäßig bestimmten Fluß der prognostischen Informationen von ihrer Gewinnung, Verarbeitung und Speicherung bis zu ihrer Realisierung aufzudecken, um ihn rationell gestalten zu können. Dieser Fluß prognostischer Informationen findet in der sozialistischen Gesellschaft seine wesentliche objektive Grundlage in der dialektischen Einheit von Prognostik, Planung und planmäßiger Gestaltung der Entwicklungsprozesse, die durch die Existenz und Entfaltung der sozialistischen Produktionsverhältnisse bedingt ist."
Auch in der Bundesrepublik hat sich die Bildungsforschung und -planung mittlerweile als Faktor im bildungspolitischen Entscheidungsprozeß etabliert. Der Begriff „Bildungspla nung" hat sich erst in den letzten Jahren al: Übersetzung von „educational planning“ in westdeutschen Sprachgebrauch eingebürger und wird in schillernder Bedeutung benutzt Als Bildungsplanung im engeren Sinne wirc eine auf den Bereich des Bildungswesens be schränkte Planung verstanden, die sich vorwiegend an quantitativen Analysen und Prognosen orientiert und dabei einen, mehrere oder alle Sachbereiche des Bildungswesens umfaßt. Charakteristisch für quantitative Analysen und Prognosen ist, daß sie von den praktischen Bedürfnissen der Kultusverwaltungen ausgehen und meist auf den ihnen unmittelbar zur Verfügung stehenden Daten aufbauen.
Bildungsplanung im weiteren Sinne bedeutet die Einbeziehung der Analysen und Prognosen im Bereich des Bildungswesens in die gesamtgesellschaftliche und -wirtschaftliche Entwicklung
Schulausbaupläne haben in der Bundesrepublik bisher folgende Länder vorgelegt: Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nord-rhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Das Saarland und Schleswig-Holstein bereiten Schulausbaupläne vor. Bei den drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg liegen andere verwaltungsmäßige Voraussetzungen vor, die sie von den Flächenstaaten unterscheiden. Die Bildungsplanung in den Stadtstaaten erfolgt deshalb in teilweise anderen Formen als in den Flächenstaaten und ähnlich den Schulausbauprogrammen der Großkommunen.
Die Indoktrination als Konstruktionsprinzip
Die organisatorischen Unterschiede im Schulwesen und die technischen Unterschiede in der Bildungspolitik sind jedoch noch keine Indizien für eine grundsätzliche Differenz zwischen dem mitteldeutschen und dem westdeutschen Bildungswesen. Sie sind es vor allem auch deshalb nicht, weil sich die schulorganisatorische Reformdiskussion in den beiden Teilen Deutschlands aufeinander zu bewegt. Wesentlich schwerer fällt das prinzipielle Postulat als Basis der mitteldeutschen Bildungspolitik ins Gewicht, für das es in der Bundesrepublik nichts Vergleichbares gibt: nämlich die totale Inpflichtnahme von Bildung und Erziehung für die politischen und ideologischen Ziele der Einheitspartei. Kenntnis und Vermittlung des dialektischen und historischen Materialismus sind seit Beginn der fünfziger Jahre grundlegende Elemente des Schulund Hochschulunterrichts. Den gleichen Zweck verfolgte die Jugendweihe, an der seit dem Ende der fünfziger Jahre die Mehrzahl der Jugendlichen teilnahm. Auch die Tätigkeit der FDJ sollte zum großen Teil der theoretischen Behandlung ideologischer Fragen dienen. Eine zumindest ebenso starke Wirkung erhoffte sich die SED von der aktiven Beteiligung der Jugend am „sozialistischen Leben". Diese Erwartung bildete ein wesentliches Motiv für die Einführung des Unterrichtstages in der Produktion für Schüler und des produktionspraktischen Jahres für Studienbewerber. Auch die Feiern und Gedenktage, die wöchentlichen Flaggenappelle in den Schulen, die Zulassungsbestimmungen für die weiterführenden Schulen und Hochschulen, die Modalitäten der Vergabe von Stipendien, die Verleihung von Auszeichnungen, die Konzeption der Prüfungsordnungen, die Freizeit-und Feriengestaltung waren stets so angelegt, daß sie zu ideologischer Beeinflussung beitragen konnten
Einer der wichtigsten Bestandteile einer Bildungspolitik, die primär als Instrument zur ideologischen Indoktrination benutzt wird, ist die vormilitärische Erziehung. In einer gemeinsamen Mitteilung des Ministeriums für Volksbildung und des Zentralvorstandes der Gesellschaft für Sport und Technik zur Unterstützung der sozialistischen Wehrerziehung der Schüler und Berufsschüler an den Oberschulen und erweiterten Oberschulen, Berufsschulen und Betriebsberufsschulen vom 18. März 1963 wird definiert: „Die sozialistische Wehrerziehung unserer Jugend ist ein untrennbarer Bestandteil der sozialistischen Erziehung. Sie ist für die Jugend der Deutschen Demokratischen Republik von großer Bedeutung, dient der Stärkung unseres Arbeiter-und Bauernstaates und damit der Sicherung des Friedens. Das Ziel der sozialistischen Wehrerziehung in unseren allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen besteht darin, bei allen Schülern und Berufsschülern die Überzeugung zu vertiefen, daß die Verteidigung des sozialistischen Vaterlandes Ehren-pflicht jedes Jugendlichen ist. Sie hat die Aufgabe, jedem Schüler vormilitärische und technische Kenntnisse zu vermitteln und ihn durch die Entwicklung entsprechender Fähigkeiten und Fertigkeiten auf den Dienst in der Nationalen Volksarmee vorzubereiten.
Sachgerechtigkeit als bildungspolitisches Prinzip
Sachgerechtigkeit bedeutet in der Bildungspolitik, die jungen Menschen auf die Anforderungen ihrer Zukunft vorzubereiten, es bedeutet, ihre Kenntnisse, Fähigkeiten, aber auch ihr Bewußtsein so zu bilden, daß sie ihre Zukunft als eigenständige und eigenverantwortliche Persönlichkeiten zu meistern im Stande sind. Mit einer politisch vorprogrammierten Erziehung und Bildung, wie sie in der DDR amtlich vorgeschrieben ist, mag die SED kurzfristig erfolgreich sein. Ob damit die von Ulbricht so oft beschworene wissenschaftlich-technische Revolution zu meistern ist, ist zumindest ebenso fraglich wie die Fähigkeit des westdeutschen Bildungswesens, die junge Generation in der Bundesrepublik darauf vorzubereiten. Immerhin sind die erstarrten Formen hier in allen Bereichen der Bildungspolitik in eine viele Leute erschreckende Bewegung geraten. Die Voraussetzung zur Umgestaltung des westdeutschen Bildungswesens ist jedoch geschaffen, nämlich die Erkenntnis, daß tiefgreifende Änderungen durchgeführt werden müssen.
Bundeskanzler Kiesinger beispielsweise erklärte in der Bundestagsdebatte über die Lage der Nation im März 1968: „Unser Erziehungsund Bildungswesen bedarf dringend einer durchgreifenden Reform. Viele Institutionen und Traditionen unseres Bildungssystems haben ihre Wurzeln zu tief in der Epoche der vorindustriellen Gesellschaft, daß sie den Forderungen unserer ganz verwandelten Welt noch genügen könnten. Man mag es bedauern, wenn bei der notwendigen Reform auf manches liebenswürdige und ehrwürdige Erbe verzichtet werden muß. Worauf es ankon ist, daß unser Bildungs-und Erziehungssys so zukunftsgerecht wird, daß wir die gro Chancen des wirtschaftlichen und industrie. Zeitalters voll ausschöpfen. Denn der St der allgemeinen Bildung ist für das politis wirtschaftliche und geistige Leben gleich deutend."
Kiesinger skizzierte mit dieser Erklärung Richtung, in der die Neugestaltung des w deutschen Bildungswesens sich zu vollziel hat. Ansätze zur Reform des westdeutsc Schulsystems sind überall zu erkennen. N kommt es darauf an, die Reform in Gang halten und Konzeptionen zu entwickeln, alle realisierbar sind, andererseits a auch nicht in der Zukunft realisierbare K zepte, wie beispielsweise die Gesamtschi schon heute unmöglich machen. Auch dazu es notwendig, daß von der Vorstellung A schied genommen wird, in einer vom technc gischen Fortschritt charakterisierten Zeit es möglich, ein einziges Konzept zu entwick und dann zu realisieren, um der Schule die nächsten hundert Jahre ihr Gesicht geben. Die Bildungsreform muß vielmehr ein fortdauernder Prozeß der Anpassung die sich immer schneller ändernden Anfor rungen der vom wissenschaftlichen, tech sehen und vom sozialen Wandel gepräg Zukunft verstanden werden. „Notwendig es, von den Realitäten auszugehen, ohne \ ihnen zu kapitulieren" (Gerhard Stoltenbei