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Sinn und Problematik der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse | APuZ 48/1968 | bpb.de

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APuZ 48/1968 Sinn und Problematik der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse

Sinn und Problematik der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse

Jürgen Weber

Einleitung

Inhalt

Die Nürnberger Prozesse stellen — trotz mancher Analogien — zu den Ereignissen nach dem Ersten Weltkrieg ein Novum in der modernen Staatengeschichte dar. Nach dem Willen der Sieger sollte der kühle und rationale Geist des Rechtes die Bilanz ziehen und die Rechnung aufstellen für eine Zeit der Grenzsituationen, die die Verknüpfung von Recht und Sittlichkeit in einem anderen Lichte erscheinen ließen, als dies der Staat und seine Gesetzgebung in den letzten Jahrhunderten getan hatten. Ein Gerichtshof sollte am Ende des verlustreichsten Krieges der Menschheit stehen, eines Krieges, der in seiner Zerstörungskraft alles bisher Dagewesene übertroffen hatte, der sich Emotionen und Leidenschaften zu Diensten gemacht und der mit der Gewalt einer Katastrophe alles und jeden bedroht hatte.

Diese Entscheidung der Siegerstaaten traf und trifft auf die verschiedensten Beurteilungen. Betrachtet man repräsentative Äußerungen aus der fast unübersehbaren Fülle der Literatur zum Thema der Nürnberger Prozesse, so reicht die Skala der Urteile von der absoluten Verdammung bis zur Lobpreisung. Oftmals verquicken sich undifferenziert juristische, politische und moralische Betrachtungsweisen, oder es wird umgekehrt die Wertung der Prozesse auf einen einzigen Gesichtspunkt reduziert, den juristischen beispielsweise, ohne der politischen Relevanz Beachtung zu schenken. Soviel darf aber hier schon festgehalten werden: Prozesse solchen Ausmaßes und von solcher Thematik sind nicht allein als juristische Ereignisse zu betrachten, sie tragen — auch wenn dies nicht ihre Absicht sein sollte — in großem Maße zur politischen Bewußtseinsbildung bei, ja sie sind selbst als Zeichen eines bestimmten politischen Bewußtseins zu werten.

Sind die Nürnberger Verfahren als „juristische Ungeheuerlichkeit". als . Geschichtsklitte-rung" zu betrachten, waren sie eine „riesenhafte Theatervorstellung", das „gigantische Propagandaunternehmen" einer Siegerjustiz? Sollte der Strafprozeß dazu dienen, einen geeigneten Sündenbock zu finden? Ist Nürnberg „eine Revolution" auf Kosten der Besiegten, ein Ort für „utopische Völkerrechtsprojekte" oder sind die Prozesse „ein Teil der großen Anstrengung, den Frieden sicherer zu machen" Haben wir es mit einem „historischen Prozeß" oder einem „Kriminalprozeß" zu tun? Sind die Nürnberger Verfahren der Beginn eines sich weiter entwickelnden Weltrechts, stellen sie einen „Markstein" (milestone) im Völkerrecht dar, einen „Grundstein" (cornerstone) für das Gebäude des Friedens, einen „Wendepunkt" (land-mark) in der Geschichte?

Diese Fragen, in denen sich die divergierenden Auffassungen spiegeln, sollen im folgenden näher untersucht werden, um so die Problematik und die Bedeutung der Nürnberger Prozesse aufzuzeigen.

I. Das Verfahren vor dem IMT und die Nachfolgeprozesse

1. Erklärungen und Abkommen der Alliierten Schon in den ersten Kriegsjahren gaben die Alliierten ihrer Entrüstung Ausdruck über das deutsche Vorgehen in den besetzten Gebieten; sie sprachen wiederholt Warnungen aus und bekundeten schließlich ihren festen Entschluß, die Kriegsverbrecher der Achsenmächte zu bestrafen.

Am 25. Oktober 1941 gaben Roosevelt und Churchill Erklärungen ab. Während der amerikanische Präsident mehr eine moralische Verdammung aussprach, verkündete der englische Premierminister hier zum erstenmal das Prinzip der Bestrafung der Kriegsverbrecher als eines der Hauptkriegsziele: „Retribution for these crimes must henceforward take its place among the major purposes of the war." Am 6. Januar und am 27. April 1942 gab die Sowjetunion ähnlich lautende Noten heraus. Am 13. Januar des gleichen Jahres unterzeichneten die Vertreter von neun europäischen Exilregierungen in London die „declaration of Januar des gleichen Jahres unterzeichneten die Vertreter von neun europäischen Exilregierungen in London die „declaration of St. James'Palace", die die gerichtliche Bestrafung der Kriegsverbrecher betraf 12). Roosevelt warnte die Staaten der Achsenmächte am 21. August 1942, daß die Zeit kommen werde, wo die Kriegsverbrecher vor den Gerichten der jetzt von ihnen unterdrückten Länder stehen würden; und im gleichen Sinne sprach sich Churchill am 8. September 1942 aus 13). Auch die Sowjetunion schloß sich diesen Äußerungen an

Die erste praktische Folgerung aus diesen zahlreichen Erklärungen und Willenskundgebungen stellte die am 7. Oktober 1942 angekündigte Bildung der „United Nations Commission for the Investigation of War Crimes" dar, die zum erstenmal am 20. Oktober 1943 in London zusammentrat. An ihrer Arbeit beteiligten sich 17 Staaten während sich die UdSSR abseits hielt und sich ein eigenes Organ schuf Die Kommission, die bis 1948 tätig blieb, hatte jedoch nur begrenzte Funktionen. Ihr oblag das Sammeln von Dokumenten und das Aufstellen von Listen der Kriegsverbrecher.

Der britische Außenminister Eden gab am 17. Dezember 1942 eine interalliierte Erklärung ab, in der erneut der Wille bekräftigt wurde, daß die Verantwortlichen für die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas zur Rechenschaft gezogen würden . Neben einer interalliierten Erklärung vom 5. Januar 1943 gegen Akte der Enteignung in Gebieten unter feindlicher Besetzung oder Herrschaft trafen die Westmächte Vorkehrungen, daß die späteren Angeklagten nicht in neutrale Länder flüchten konnten Verfolgt man die bisherigen Resolutionen, so ist festzustellen, daß vor allem die Bestrafung der Kriegsverbrechen im engeren Sinn, nämlich Vergehen gegen Forderungen der Menschlichkeit, betont wird; den gesonderten Tatbestand des Angriffskrieges schien man um diese Zeit noch nicht ins Auge gefaßt zu haben.

In diesem Sinn ist auch die „Moskauer Dreimächteerklärung über Grausamkeit" vom 30. Oktober 1943 abgelaßt Diese von der Sowjetunion, den USA und Großbritannien unterzeichnete Note ist die wichtigste Verlautbarung der Alliierten im Hinblick auf die späteren Prozesse. Die drei Mächte betrachten sich als Sprecher der 32 Vereinten Nationen; die Erklärung bezieht sich auf deutsche Offiziere, Soldaten und Parteimitglieder, die für Grausamkeiten, Massaker und Exekutionen in den besetzten Gebieten verantwortlich sind oder an ihnen zustimmend teilgenommen haben; sie sollen nach dem Recht der betreffenden Länder verurteilt werden; alle die Personen, deren Verbrechen nicht örtlich begrenzt sind, sollen durch „gemeinsames Urteil der Regierungen der Verbündeten" bestraft werden.

Das Internationale Militärtribunal ist hier schon konzipiert, ebenso wie der Anspruch der späteren Siegermächte, für alle nichtnazistischen Staaten zu sprechen, und die Gleichstellung der Täter mit den Mitwissern.

In der Verlautbarung über die Konferenz von Jalta (12. Februar 1945) sowie in der Viermächteerklärung (5. Juni 1945) und der Potsdamer Erklärung (2. August 1945) bekräftigen die alliierten Staatsmänner ihren Entschluß, alle deutschen Kriegsverbrecher schnell zur Aburteilung zu bringen. Schon im Mai 1945 hatten die Vereinigten Staaten die Initiative ergriffen und den Verbündeten die Schaffung eines Internationalen Militärgerichtshofes zur Aburteilung der Hauptkriegsverbrecher im Sinne der Moskauer Deklaration vorgeschlagen. Robert H. Jackson vom Obersten Bundesgerichtshof war von Präsident Truman mit der diplomatischen Vorbereitung der alliierten Verhandlungen und der Ausarbeitung der amerikanischen Politik gegen Kriegsverbrecher betraut worden. Am 26. Juni 1945 traten die Bevollmächtigten der vier Regierungen zur Londoner Konferenz zusammen, die bis zum 2. August 1945 dauerte. Schließlich wurde am 8. August 1945 das „Londoner Viermächteabkommen über die Verfolgung und Bestrafung der Hauptkrie Juni 1945 traten die Bevollmächtigten der vier Regierungen zur Londoner Konferenz zusammen, die bis zum 2. August 1945 dauerte. Schließlich wurde am 8. August 1945 das „Londoner Viermächteabkommen über die Verfolgung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der Europäischen Achse" unterzeichnet; ihm war das „Statut für den Internationalen Militärgerichtshof" (Londoner Statut) beigefügt 24), die materielle Grundlage des Verfahrens gegen die Hauptkriegsverbrecher. Die Grundlage der sogenannten Nachfolge-prozesse bildete das Kontrollratsgesetz Nr. 10 vom 20. Dezember 1945 25), das etwa dem IMT-Statut entsprach, und die Verordnung Nr. 7 der amerikanischen Militärregierung 26).

Wie diese Zusammenstellung zeigt, stand am Anfang der politische Wille der Alliierten, nicht nur Nazideutschland zu besiegen, sondern auch seine Verbrechen zu ahnden. Als sich die endgültige deutsche Niederlage abzeichnete, nahmen diese Pläne klarere Gestalt an und der politische Wille artikulierte sich in der Schaffung eines rechtlichen Fundaments für die späteren Verfahren. 2. Summarische Übersicht über die Verfahren Gemäß der in der Moskauer Deklaration vorgesehenen und in Artikel I des Londoner Abkommens festgelegten Bestimmung zur gemeinsamen Aburteilung der Hauptkriegsverbrecher, für deren Taten kein geographisch bestimmbarer Tatort vorhanden war, trat am 18. Oktober 1945 der Internationale Militär-gerichtshof in Berlin zu seiner Eröffnungssitzung zusammen und nahm die Anklageschrift entgegen. Das Verfahren selbst begann in Nürnberg am 20. November 1945 und endete am 1. Oktober 1946.

Der Gerichtshof bestand aus vier Repräsentanten und je einem Stellvertreter der Vier Siegermächte. Der englische Richter Lawrence hatte den Vorsitz inne. Die Anklagebehörde setzte sich aus je einem Hauptankläger der vier Siegerstaaten und einer großen Anzahl Stellvertreter und Hilfsankläger zusammen.

Die Angeklagten waren: Göring, Hess, von Ribbentrop, Ley, Keitel, Kaltenbrunner, Rosenberg, Frank, Frick, Streicher, Funk, Schacht, Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, Dönitz, Raeder, von Schirach, Sauckel, Jodl, Bormann, von Papen, Seyß-Inquart, Speer, von Neurath und Fritzsche.

Von diesen Angeklagten erschienen 21 vor Gericht, nachdem Robert Ley Selbstmord begangen hatte, Bormann nicht in Haft befindlich und Krupp haftunfähig war.

Die Anklageschrift richtete sich gegen diese Personen sowie gegen nationalsozialistische Gruppen und Organisationen, nämlich: Reichs-regierung, Korps der politischen Funktionäre, SS, SD, Gestapo, SA, Generalstab und Oberkommando der deutschen Wehrmacht.

Die vier Anklagepunkte waren:

1. Teilnahme an einem Plan einer Verschwörung zu einem Verbrechen gegen den Frieden; 2. Verbrechen gegen den Frieden, das heißt Führung eines Angriffskrieges;

3. Kriegsverbrechen, das heißt Verletzungen der Gesetze und Gebräuche des Krieges; 4. Verbrechen gegen die Menschlichkeit, vor allem Völkermorde.

Das Gericht sprach zwölf Todesurteile aus: Göring, von Ribbentrop, Keitel, Kaltenbrunner, Rosenberg, Frank, Frick, Streicher, Sauckel, Jodl, Seyß-Inquart, Bormann. Während bei Streicher die Verurteilung nur aufgrund von Menschlichkeitsverbrechen erfolgte, lagen den anderen Todesurteilen immer mindestens Verbrechen gegen die Gesetze und Gebräuche des Krieges und Menschlichkeitsverbrechen zugrunde, das heißt, es wurde niemand allein wegen Verbrechens gegen den Frieden oder wegen einer Verschwörung gegen den Frieden hingerichtet. In drei Fällen wurde auf lebenslänglich erkannt: Heß, Funk, Raeder. Freiheitsstrafen zwischen 10 und 20 Jahren wurden viermal verhängt: Dönitz 10 Jahre, von Neurath 15 Jahre, von Schirach und Speer 20 Jahre. Freigesprochen wurden Schacht, von Papen und Fritzsche. Von den Organisationen wurden SS, SD, Gestapo und das Korps der politischen Funktionäre für verbrecherisch erklärt.

Neben diesen Verfahren gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem IMT gehören zu dem Komplex der Nürnberger Prozesse noch die zwölf sogenannten Nachfolgeprozesse vor rein amerikanisch besetzten Gerichten (United States Military Tribunals). Sie dauerten vom 26. Oktober 1946 bis zum 14. April 1949. Der Hauptankläger war General Telford Taylor. Es handelte sich um drei SS-Prozesse (gegen Angehörige des Wirtschafts-und Verwaltungshauptamtes der SS, des Rasse-und Siedlungshauptamtes der SS, der Einsatzgruppen), drei Generalsprozesse (Milch, Südostgenerale, Oberkommando der Wehrmacht), drei Industrieprozesse (Flick, IG-Farben, Krupp), ein Prozeß gegen hohe Justizbeamte und Richter, ein Prozeß gegen Arzte und ein Prozeß gegen Mitglieder des Auswärtigen Amtes, andere hohe Beamte, Wirtschaftler und Funktionäre (Wilhelmstraßenprozeß).

Es wurde dabei gegen 177 Personen verhandelt. Die Gerichte sprachen 24 Todesurteile aus, 20 Personen wurden zu lebenslänglicher Haft, 98 zu Strafen zwischen eineinhalb und 25 Jahren verurteilt, und 35 Personen wurden freigesprochen.

Um diese kurze Übersicht zu vervollkommnen, sei noch darauf hingewiesen, daß im Jahre 1951 der amerikanische Hochkommissar John McCloy in einer sehr großen Anzahl von Fällen die Strafen milderte; so wurden auch zehn Todesurteile in Gefängnisstrafen umgewandelt Die letzten Entlassungen erfolgten 1958 aus dem Gefängnis Landsberg.

Ein Kennzeichen der dreizehn Prozesse war die Tatsache, daß sie sich gegen führende Per-sönlichkeiten des nationalsozialistischen Regimes richteten. Diese Verfahren sind daher streng zu unterscheiden von den Dachauer Prozessen, den Prozessen in den anderen Besatzungszonen und den Entnazifizierungsunternehmen vor deutschen Spruchkammern. 3. Sinn und Zweck der Prozesse nach dem Wille Personen wurden freigesprochen.

Um diese kurze Übersicht zu vervollkommnen, sei noch darauf hingewiesen, daß im Jahre 1951 der amerikanische Hochkommissar John McCloy in einer sehr großen Anzahl von Fällen die Strafen milderte; so wurden auch zehn Todesurteile in Gefängnisstrafen umgewandelt 31). Die letzten Entlassungen erfolgten 1958 aus dem Gefängnis Landsberg.

Ein Kennzeichen der dreizehn Prozesse war die Tatsache, daß sie sich gegen führende Per-sönlichkeiten des nationalsozialistischen Regimes richteten. Diese Verfahren sind daher streng zu unterscheiden von den Dachauer Prozessen, den Prozessen in den anderen Besatzungszonen und den Entnazifizierungsunternehmen vor deutschen Spruchkammern. 3. Sinn und Zweck der Prozesse nach dem Willen der Siegermächte Wie oben dargelegt wurde, reichte auf alliierter Seite der Gedanke, einen Strafprozeß durchzuführen, bis weit in die Anfangszeit des Krieges zurück — es war eines der Hauptkriegsziele. Keineswegs wollte man aber dieses Unternehmen als Rachegericht verstanden wissen 32), man sah darin vielmehr „eines der bedeutsamsten Zugeständnisse, das die Macht jemals der Vernunft eingeräumt" 33) hatte. Das Gerichtsverfahren sollte dazu dienen, die Herrschaft des Rechtes im internationalen Bereich wiederaufzurichten und zu stärken und das Völkerrecht weiterzuentwickeln 34). Die Prozesse und ihre Urteile sollten im Zeichen der Friedenssicherung stehen und in Zukunft Angriffskriege verhindern helfen, indem gesetzliche Grundregeln für das Verhalten von verantwortlichen Politikern und den Bürgern geschaffen werden sollten 35). Man wollte „eine Art kategorischen Imperativ für das politische Verhalten des einzelnen" schreiben. Mit dem Bestreben, die deutschen Kriegsverbrecher zu verurteilen, war aber auch zugleich ein eminent moralisches Anliegen verbunden. Der auf den „Annalen unserer Zeit haftende Schandfleck" sollte ausgetilgt werden. Man verstand sich als ein Organ zur Ausführung des Sehnens der Menschheit, die geistige Gesundheit und die sittlichen Werte wiederherzustellen Der Nationalsozialismus sollte als ein Verbrechen in die Geschichte eingehen das deutsche Volk sollte durch den Prozeß über das Vergangene aufgeklärt, belehrt und umerzogen werden, um auf der Basis des Richterspruchs wieder in die Gemeinschaft der Völker zu treten.

Wie man aus den zahlreichen Äußerungen ersieht, verbanden sich die historischen Anliegen der Entmythologisierung des Nationalsozialismus und das Bestreben, die ehemalige nationalsozialistische Führungsschicht als Verbrecher zu entlarven und zu bestrafen, mit einem fast missionarischen Reinigungsgedanken und optimistischen, zukunftsgerichteten Weltverbesserungsvorstellungen. „Ein Jahrhundert gerechten Friedens" auf der Macht des Rechts aufgebaut, sollte beginnen. 4. Gründe für die Diskussion um die Prozesse Einer der Hauptgründe für die heftige Diskussion, die sich an den Nürnberger Verfahren entzündete, ist wohl in der Tatsache der Vielgestaltigkeit ihrer Motive zu suchen, die je nach Standort des Beobachters mehr oder weniger den angestrebten Idealen entsprachen. So sieht — um nur drei kritische Stimmen zu nennen — Walter Lippmann die Prozesse als notwendiges, dem kühlen Verstand entgegengesetztes Ergebnis der alliierten Haßpropaganda gegen Deutschland an der Völkerrechtler Friedrich Berber sieht in ihnen als überwiegenden Strafzweck die Rache der Vorsitzende im Prozeß gegen die Südost-Generale, Wennerstrum, stellte später fest, daß das eigentliche Ziel, einen Präzedenzfall zur Vermeidung zukünftiger Kriege zu schaffen und Vorschriften für Regierungen und Heere zu kodifizieren, nicht erreicht wurde, da sich die Anklage einzig auf die Verurteilung der Angeklagten konzentriert habe

Die vom Londoner Statut als strafwürdig festgelegten und in der Anklageschrift und im Urteil aufgenommenen Tatbestände waren und sind Gegenstand der Diskussion. Während nach allgemeiner Auffassung die Bestrafung der Kriegsverbrechen im engeren Sinn (Zuwiderhandlungen gegen Gesetze und Gebräuche des Krieges während Kampfhandlungen) in der Tradition des Völkerrechts steht, sind die übrigen Punkte ohne diese Tradition und daher heftig umstritten. Aber auch der Begriff des Kriegsverbrechens an sich enthielt Zündstoff, da er nicht genügend scharf umgrenzt war, so daß die Gerichte eine beträchtliche Ermessensfreiheit hatten und die verschiedensten Tatbestände als Kriegsverbrechen behandelt wurden. So standen Kampfhandlungen der Truppe neben Verwaltungsakten, Maßnahmen der Privatwirtschaft neben Menschenversuchen

Die Tatsache, daß die Nürnberger Prozesse ohne Präzedenzfall waren, brachte es mit sich, daß sie sich auf schwankendem rechtlichen Boden befanden und im Kreuzfeuer der wissenschaftlichen Lehrmeinungen standen. Das Völkerrecht, auf das sie sich stützten, ist seiner Natur nach nicht mit der auf jahrhundertelange Praxis zurückgehenden und festgefügten nationalen Rechtsordnung zu vergleichen. Es ist in zahlreichen Punkten in der Entwicklung begriffen und in vielem umstritten. Während es in den angelsächsischen Ländern weitgehend als ein sich von Fall zu Fall entwikkelndes Gewohnheitsrecht betrachtet wird steht eine solche Konzeption in weitgehendem Widerspruch zu der kontinentalen Auffassung vom Recht als etwas Kodifiziertem, vom Gesetzgeber vorher Festgeiegtem.

Bei vielen Kritikern, wie z. B. bei dem amerikanischen Senator Taft ist das ungute Gefühl spürbar, das sie bei dem Gedanken empfinden, daß die Sieger über die Besieg-ten zu Gericht sitzen, wenn auch die Nürnberger Tribunale den Vorwurf der Siegerjustiz zurückwiesen und Anspruch auf strenge Rechtmäßigkeit erhoben. Sie wollten dem Verfall rechtsstaatlicher Gesinnung das Bild eines streng rechtsstaatlichen Verfahrens entgegenstellen; daher müssen die Verfahren auch nach diesen Maßstäben beurteilt werden.

II. Probleme und Aspekte der Prozesse

Die Sonderstellung des Siegers gegenüber Deutschland, die Neuschaffung der Tribunale im Hinblick auf einen bestimmten Zweck, die bisher weitgehend noch nicht angewandten Anklagepunkte, der fließende Charakter des Völkerrechts und die spezifischen Rechtsgrundlagen trugen dazu bei, daß schon sehr früh die juristischen Auseinandersetzungen begannen und sich oft Theorie und Gegentheorie gegenüberstanden. Diese divergierenden Auffassungen, die natürlich in keinem Fall Apologien der Naziführer und der begangenen Verbrechen sind, zeigen sehr deutlich und eindringlich die Vieldeutigkeit der Verfahren in rechtlicher Hinsicht. Das Gesamtbild der rechtlichen Aspekte ist aber nicht nur von juristischem, sondern auch von politischem Interesse. Denn auf dem Boden jener Verfahren und Entscheidungen entwickeln sich selbständig und unmerklich politische Verhaltens-und Denkweisen, es gehen von ihnen Impulse aus, die über den rechtlichen Bereich hinaus wirksam werden. 1. Natur und Zuständigkeit der Gerichte Während es in Anbetracht der von den Deutschen begangenen Verbrechen wenig Zweifel an der Legitimität der Bestrafung, der inneren Berechtigung des Sühneverlangens gibt, wirft die Frage nach der Legalität der Verfahren Probleme auf. Inwieweit war der Rahmen geltenden Rechtes respektiert oder gesprengt worden? Auf welcher Grundlage und in welcher Eigenschaft urteilten die Siegermächte?

Das IMT und die nach KRG Nr. 10 eingerichteten Nürnberger Gerichte nahmen für sich in Anspruch, Gerichte mit internationaler Autorität zu sein und daher auf völkerrechtlieber Grundlage zu urteilen. Dieser Anspruch ist umstritten.

Daß es sich bei den Nachfolgeprozessen um Verfahren vor amerikanischen Besatzungsgerichten handelte dürfte feststehen, denn diese waren ausschließlich mit Amerikanern besetzt, fanden in der amerikanischen Besatzungszone statt und waren keineswegs von einem internationalen Gremium delegiert. Viele Autoren sehen aber auch im IMT ein Besatzungsgericht mit interalliierter Besetzung. Gegen die Internationalität werden mehrere Einwände geltend gemacht: Nur Repräsentanten der vier Siegerstaaten sind im Gericht vertreten; die Kompetenz des Gerichtes ist auf den europäischen Raum begrenzt; es ist nur befugt, die im Zweiten Weltkrieg begangenen Völkerrechtswidrigkeiten zu bestrafen, dabei nur die der besiegten Seite; nach der Bestrafung der Achsenmächte ist seine Aufgabe erledigt, so daß von einer Universalität nicht die Rede sein kann

Von anderer Seite wird hingegen darauf hingewiesen, daß angesichts der Tatsache, daß zu jener Zeit weder eine zentrale Legislative aller Nationen noch ein permanenter Gerichtshof bestand, die Bildung eines Tribunals durch mehrere Mächte oder eine Macht mit der Zustimmung der internationalen Gemeinschaft die einzig mögliche Form eines internationalen Gerichtshofes gewesen sei Wichtige Faktoren für seinen internationalen Charakter sind demnach die Zustimmung der Völkergemeinschaft zu seiner, wenn auch nur vorübergehenden Errichtung und zu dem angewandten Recht. Während der amerikanische Völkerrechtler Woetzel in der Tatsache, daß 19 Staaten das Londoner Abkommen unterschrieben, eine quasi totale Zustimmung der Gesamtheit der zivilisierten Staaten zu den Verfahren erblickt ist der deutsche Völkerrechtler Jescheck der Auffassung, daß von einer internationalen Zustimmung nicht gesprochen werden kann und wir es deshalb auch beim IMT mit einem Besatzungsgericht zu tun haben

Die Frage nach der Natur der Gerichte ist deshalb wichtig, weil von ihr das anzuwendende Recht abhängt. Die Tribunale legten auf ihren internationalen Charakter wert, weil sie nur in diesem Fall berechtigt waren, Völker-recht, das heißt das Recht des Londoner Statuts anzuwenden. Als Besatzungsgerichte in Ausübung der Hoheitsbefugnisse des deutschen Staates aber mußten sie den Normen ihres Besatzungsrechtes das deutsche Recht zugrunde legen. Wie aus Art. 8 des Statuts hervorgeht, war dies aber keineswegs die Absicht der Siegerstaaten

Wenn auch die Nürnberger Verfahren unumstritten im Sinne der Mehrheit der Völker geführt. wurden, die noch unter dem unmittelbaren Eindruck der Schrecken des Weltkrieges standen, so waren die Gerichte doch ihrer Intention nach „für bestimmte Arten von Fällen geschaffene Ausnahmegerichte" mit weitgreifenden, das traditionelle Völkerrecht revolutionierenden Ansprüchen 2. Verurteilung durch den Sieger a) Einseitige Besetzung der Gerichte Der Vorwurf der Siegerjustiz wird am häufigsten im Zusammenhang mit kritischen Äußerungen zu den Nürnberger Prozessen erhoben.

Der Feind von gestern schwingt sich zum Richter auf, dessen hervorstechendes Merkmal die Unparteilichkeit sein sollte. Nun hängt natürlich diese Haltung von dem einzelnen Richter ab, aber es wird doch für ihn schwer sein, sich ganz frei zu machen von dem jahrelangen Propagandaeinfluß seines Landes, dem er ausgesetzt war. Grundsätzlich muß aber festgestellt werden, daß es rechtlich zulässig ist, daß der Sieger über gefangene Angehörige einer feindlichen kriegführenden Macht zu Gericht sitzt. Er läuft aber Gefahr, daß seinen Urteilssprüchen der Makel des Rachegeistes anhaftet, daß die von ihm in Anspruch genommene Gerechtigkeit als Gerechtigkeit des Siegers angesehen wird.

Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß es keine Strafgerichtsbarkeit gibt, die nicht durch die vorherige Ausübung der Gewalt bedingt ist und daß sich die Alliierten durch die Verfahren nicht der Verantwortung der Macht entzogen. Die Delegierung der Prozesse an deutsche Gerichte war aus vielerlei Gründen unmöglich. Angefangen von rein technischen Hindernissen im zerstörten Deutschland bis zu der öffentlichen Meinung in der Welt. Es wäre aber zumindest psychologisch von großer Wirkung gewesen, wenn neben den Repräsentanten der Siegerstaaten auch Angehörige neutraler Länder als Richter fungiert hätten.

Es berührt eigenartig, wenn heute der ehemalige stellvertretende sowjetische Hauptankläger Smirnow ausdrücklich auf die strenge Einhaltung der Rechtsnormen, die Objektivität und Allseitigkeit des Verfahrens hinweist während offenkundig ein wichtiger Grundsatz jeder Rechtsstaatlichkeit verletzt worden war, nämlich der der Gewaltentrennung. Bei der Fixierung des Londoner Abkommens, des Statuts und des KRG Nr. 10 wirkten in legislativer Funktion mit: Jackson (USA), Sir David Maxwell Fyfe (Großbritannien), Falco (Frankreich) und Nikitschenko (UdSSR). Im IMT-Prozeß traten in exekutiver Funktion als Anklagevertreter Jackson und Sir David Maxwell Fyfe auf, in judikativer Funktion General Nikitschenko und Richter Falco b) Ungleichgewicht zwischen Anklage und Verteidigung Ein weiterer der Autorität der Verfahren abträglicher Punkt war das Ungleichgewicht zwischen Anklagebehörde und Verteidigung, das aber angesichts der besonderen Umstände nach dem Krieg kaum zu vermeiden war. Dies gilt vor allem für das IMT-Verfahren. Die Anklagebehörde war schon lange vor Prozeßbeginn mit Dokumentensicherung beschäftigt; dabei gab es weder rechtliche noch finanzielle oder diplomatische Schwierigkeiten, da ihr alle anderen Organe (Militärregierung, Kontrollrat, Armee) jede Unterstützung boten; sie verfügte über ein großes Reservoir politisch inhaftierter Personen als Zeugen, sie konnte als Repräsentant des Siegers praktisch jeglichen Druck ausüben, sie war von unvergleichlicher Überlegenheit bei der Information der Öffentlichkeit. Demgegenüber war die Position der Verteidigung schwächer. Vor Beginn der Hauptverhandlung hatten die Verteidiger keinen Zugang zu den Dokumenten-sammlungen der Anklage, die eigene Beweissicherung wurde oftmals dadurch behindert, daß die Anklage schon zuvorgekommen war, daß Auslandsreisen nicht möglich waren und daß das Ausfindigmachen und Beibringen von Zeugen mit Schwierigkeiten verbunden war Die zeit-und umstandsbedingte Unterlegenheit wurde erst zu einem wirklichen Nachteil für die Verteidigung durch das praktizierte angelsächsische Prozeßsystem. Im Gegensatz zum kontinentalen, in dem der Richter selbst zur Wahrheitsfindung beitragen muß und der Staatsanwalt verpflichtet ist, auch zugunsten des Angeklagten sprechende Beweise zu berücksichtigen, ist in jenem System der Prozeß mehr ein Kampf zweier unter Waffengleichheit angetretenen Parteien, die nur ihr Eigeninteresse verfolgen. Der Richter entscheidet lediglich über die ihm von beiden Teilen vorgelegten Tatsachen. Diese Waffengleichheit bestand nicht. c) Einseitige Anklage nur gegen Deutsche Schließlich wird die Einseitigkeit der Nürnberger Justiz als ein Nachteil empfunden. Es wurden ausschließlich Kriegsverbrechen der Deutschen abgeurteilt. Natürlich ist der Hinweis auf die Verbrechen der anderen Seite keine Entschuldigung für das eigene Unrecht. Das Gericht hat diesen Einwand der Verteidigung auch im allgemeinen zurückgewiesen — mit Ausnahme im Fall Dönitz. Hier gab der amerikanische Admiral Nimitz eine eidesstattliche Erklärung ab, daß auch die USA von Anfang an uneingeschränkten U-Bootkrieg geführt haben Das Gericht sah daher von einer Verurteilung von Dönitz für diesen Tatbestand ab. Dennoch ist das Völkerrecht seiner Natur nach unteilbar und muß, wenn es angewandt wird, uneingeschränkt und allgemein angewandt werden. Es steht natürlich außer jedem Zweifel, daß dies aufgrund der öffentlichen Meinung der Welt in jenen Jahren selbst bei bestem Willen der Verantwortlichen unmöglich gewesen wäre. Wir haben es hier mit einer der Antinomien der Nürnberger Prozesse zu tun, die einfach nicht zu lösen waren. 3. Strafbarkeit des einzelnen nach Völkerrecht Da die Nürnberger Gerichte bei ihrer Urteilsfindung völkerrechtliche Prinzipien zugrunde legten, wurde dadurch die wesentliche Frage nach dem Verhältnis von Völkerrecht zu Landesrecht angeschnitten. Die Nürnberger Urteile betonten einhellig den Vorrang des Völkerrechts vor dem Landesrecht und daraus resultierend die Verantwortlichkeit des einzelnen vor dem Völkerrecht

Diese These blieb freilich nicht unangefochten. Bisher galt das Völkerrecht als ein System von Normen, die die Beziehungen der Staaten untereinander regelten. Sanktionen aufgrund von Verträgen richteten sich gegen Staaten und nicht gegen Einzelpersonen. Als nach dem Ersten Weltkrieg der Gedanke, den Kaiser wegen Völkerrechtsverletzungen vor Gericht zu bringen, vor allem von französischer Seite erwogen wurde, konnten sich die Alliierten nicht einigen, da vor allem die Amerikaner die Auffassung vertraten, Völkerrechtssubjekte seien nur die Staaten und jede andere Interpretation sei ein Eingriff in deren Souveränität.

Allerdings gab es in der Wissenschaft verschiedene Lehrmeinungen. So vertrat Triepel die dualistische Theorie, nach der das Völkerrecht und das Landesrecht zwei verschiedene Ordnungen sind, von denen das Landesrecht dem einzelnen nähersteht; Kelsen, um einen zweiten Exponenten für viele zu nennen, vertrat die monistische Theorie, nach der das Völker-recht die höchste Rechtsordnung überhaupt ist, nach der sich das Landesrecht zu richten hat, wenn es Gültigkeit beanspruchen will Zahlreiche Autoren sind der Auffassung, daß bis 1945 in der staatlichen Praxis die dualistische Theorie Geltung hatte v. Knieriem ist der Meinung, daß das Völkerrecht nicht unmittelbar für den einzelnen gelte, sondern erst durch die Vermittlung seines Landesrechts, das eben völkerrechtliche Normen aufnehmen müsse Jescheck differenziert dahin gehend, daß eine unmittelbare Verbindlichkeit des Völkerrechts für den einzelnen nur hinsichtlich des Kriegsrechts und der Menschenrechte gegeben sei, nicht hingegen im Sinne der Anklage wegen Verbrechens gegen den Frieden Ein gewichtiger Einwand ist der, daß es dem Völkerrecht bei der augenblicklichen Ordnung der Welt an der nötigen Schutzkraft fehlt um den einzelnen gegenüber der Willkür seines Staates zu schützen, wenn er einer Rechtsbestimmung seines Landesgesetzes zuwiderhandelt, weil sie seiner Meinung nach nicht mit den völkerrechtlichen Normen zu vereinbaren ist. Wo aber kein Schutz gewährt wird, kann kein Gehorsam verlangt werden. Der einzelne gerät in eine Pflichtenkollision Damit ist aber der normale Bürger überfordert. Auch Kardinal Frings wies in einem Schreiben an General Clay auf diesen Gewissenskonflikt hin

Andererseits erweckt der Gedanke, daß sich die Verantwortlichen hinter ihrem Staatsamt verschanzen können, ein entschieden ungutes Gefühl. Der Staat als Abstraktum handelt und entscheidet ja nicht, sondern Menschen. „Staatsakte sind zugleich Personalakte. Menschen als einzelne verantworten sie und haften für sie" Wenn jemand nach völkerrechtlichen Prinzipien Unrecht tut als Träger der Politik eines Staates, dann können ihn Recht und Gesetz seines Staates nicht entschuldigen. Der Souveränität des Staates darf nicht die Kraft der automatischen Absolution für Vergehen zuerkannt werden, deren Wirkung über die eigentlichen Grenzen des Staates hinausgreift. In diesem Sinn vertritt z. B. Woetzel die Auffassung, daß das Völkerrecht wie jedes andere Recht auch auf Individuen bezogen ist, unbeschadet seiner Aufgabe zur normativen Regelung der Beziehungen der Staaten untereinander

Die in Nürnberg angewandten Prinzipien haben eine Doppelzurechnung gesetzt: der einzelne und der Staat haften. Zu Recht hat man das bisherige Völkerrecht als unzureichend empfunden Die Durchsetzung von gewissen Forderungen der Menschlichkeit in der inneren Politik jedes Staates ist eine Forderung der Zeit. Zugleich taucht hier aber auch das Problem der Macht auf. Das Völkerrecht kann nur im Innern kleiner Staaten durch die Großmächte geschützt werden, nicht umgekehrt, und so gelten die einprägsamen Worte des englischen Hauptanklägers wohl nur für den Schuldigen, der auch zugleich Besiegter ist, wenn er sagt: „Es ist ein heilsamer gesetzlicher Brauch, daß Leute, die das Gesetz brechen, und sowohl ihr eigenes wie andere Länder in einen Angriffskrieg stürzen, dies nur mit einem Strick um den Hals tun dürfen"

Die Anwendung dieser Prinzipien in Nürnberg zeigt den optimistischen Zukunftsglauben der Sieger und die Gefahr, in der sie sich ständig befanden, den Boden der realen politischen Wirklichkeit in einem Höhenflug idealistischer Vorstellungen und Hoffnungen zu verlassen. 4. Handeln auf Befehl Die eigentlichen Schwierigkeiten bei der Anwendung des Prinzips der individuellen Verantwortlichkeit ergeben sich bei den kleineren Tätern. Hier stellt sich nämlich die Frage, wo die Grenze liegen soll, von der ab von den einzelnen erwartet werden muß, Widersprüche zwischen internem und internationalem Recht zu erkennen und nationalen Gesetzen nur zu gehorchen, wenn sie in Einklang mit völkerrechtlichen Normen stehen. Die Frage des Unrechtsbewußtseins ist daher eng mit dem Komplex der individuellen Strafbarkeit nach Völkerrecht verbunden. Sie spielt allerdings bei dem hier behandelten Personenkreis eine geringere Rolle als bei den übrigen Kriegsverbrecherprozessen. Eine weit größere Bedeutung kam der Berufung auf einen höheren Befehl zur Rechtfertigung eines als Kriegsverbrechen angesehenen Aktes zu. Die Verteidigung machte reichlich Gebrauch davon. Auch in der Öffentlichkeit scheint dies eine Art Entschuldigungsmythos zu sein. Der Art. 8 des Londoner Statuts weist den Befehl eines Vorgesetzten oder der Regierung als Strafausschließungsgrund zurück, erkennt aber seine etwaige strafmildernde Funktion an. Daran fühlten sich die Gerichte gebunden; sie legten jedoch diese Bestimmung insoweit einschränkend aus, als sie den Befehlsnotstand anerkannten

Erich Kaufmann stellt fest, daß Artikel 8 des Statuts nicht dem allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz entspreche, nach dem das Handeln auf Befehl nur den Vorgesetzten und nicht den Täter mit Strafe bedrohe In der Tat ging die genannte Bestimmung des Statuts weit über die zuvor geltenden Prinzipien der Völkergemeinschaft hinaus. Im allgemeinen war nur die Tatsache eines offensichtlich gesetzwidrigen Befehls durch den Vorgesetzten oder das überschreiten des erteilten Befehls mit einer Bestrafung bedroht Im „British Manual of Military Law" stand sogar, daß befohlene Verletzungen von anerkannten Regeln der Kriegführung nicht als Verbrechen bestraft werden dürfen; diese Bestimmung wurde allerdings 1944 dahin gehend abgeändert, daß höherer Befehl die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht beseitige

Die Problematik liegt darin, daß im Krieg Forderungen des Rechtsstaates mit Forderungen der Disziplin kollidieren können. Ist man aber der Auffassung, daß der Befehl eindeutig den Untergebenen bindet und daß neben dem militärischen Bereich auf allen Gebieten des staatlichen, politischen und wirtschaftlichen Lebens Verhältnisse bestanden, innerhalb deren eine Bindung an höhere Befehle gegeben war dann ist jeder und alles entschuldigt. Aber auch wenn in betont kritischer Haltung zu den Nürnberger Entscheidungen die Schuldhaftigkeit einzig darauf bezogen wird, daß trotz der positiven Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Befehl ausgeführt wurde oder gar auf Extremfälle beschränkt wird auch dann wird man der Sachlage nicht gerecht. So waren beispielsweise der „Kommissarbefehl" der „Kugelerlaß" und das „Nacht-und Nebelverfahren" von staatlichem Recht gedeckt, widersprachen aber eindeutig völkerrechtlichen Grundsätzen. Wenn sich nun Generale darauf berufen, daß diese Befehle nach damaligen Verhältnissen nicht rechtswidrig waren und sie folglich daran gebunden waren, so ist dieser Einwand zurückzuweisen, wie dies die Nürnberger Gerichte auch taten. Das gleiche gilt z. B. für die Angehörigen der Einsatzkommandos. Wie Hans Buch-heim gezeigt hat, darf unbedingter Gehorsam gefordert werden, wenn die Befehlsausführung auf militärische Zwecke beschränkt und die Befehlsgewalt in die staatliche Ordnung eingebettet ist In dem Augenblick, wo ein „Befehl in Weltanschauungssachen" in den militärischen Bereich eindringt, ist nur noch die „Treuepflicht" nicht mehr die „Rechtspflicht" maßgebend. Das Eindringen ideologischer Ab-sichten im Gewände militärischer Befehle mußte aber den in Nürnberg Angeklagten aufgrund ihrer Stellung und Bildung einsichtig gewesen sein. Zudem geht aus der Untersuchung Herbert Jägers eindeutig hervor, daß es auch bei formalem Befehl von oben eine Initiative nach oben gab Die Kasuistik verdeutlicht, daß einerseits in nur sehr seltenen Fällen Gefahr für Leib und Leben bestand, daß andererseits oft die Möglichkeit gegeben war, sich den Befehlen zu entziehen, wobei allerdings teilweise Unannehmlichkeiten in Kauf genommen werden mußten Den echten Befehlsnotstand, nämlich eine konkrete, unmittelbar bevorstehende Gefahr, der sich der Betroffene nur entziehen konnte, indem er gegen seinen Willen eine strafwürdige Tat beging gab es in Wirklichkeit weit seltener, als in den Verhandlungen und auch in der späteren Literatur geltend gemacht wurde. 5. Nulla poena sine lege Eine wesentliche Frage, die durch die Prozesse aufgeworfen wurde, war, ob Gesetze mit rückwirkender Kraft angewandt wurden, das heißt neugeschaffene Gesetze, die bestimmte Handlungen der Vergangenheit mit Strafe belegten, die zu der Zeit, als sie begangen wurden, straffrei waren. Ihre volle Bedeutung erhält diese Frage vor allem in Hinblick auf die Anklage des Verbrechens gegen den Frieden. Dieser Punkt soll im nächsten Kapitel behandelt werden. Deshalb können wir uns hier zunächst auf die prinzipielle Seite des Problems beschränken. Vorweg muß eine wichtige Tatsache festgehalten werden. Dem Grundsatz „Nullum crimen, nulla poena sine lege" des kontinentalen Rechts entspricht im angelsächsischen Recht das in der amerikanischen Verfassung festgelegte Verbot von Ex-post-facto-Gesetzen. In ihrer Bedeutung für die beiden Rechtssysteme, in ihrem jeweiligen Stellenwert unterscheiden sie sich jedoch. Da in der kontinentalen Rechtsordnung das Strafrecht Gesetzesrecht ist, das heißt vom Gesetzgeber geschaffen wird, hält man hier rigoros an jenem Prinzip fest. In den angelsächsischen Ländern ist die Rechtsgestaltung weitgehend der Rechtsprechung überlassen (case law), und jener Grundsatz wird als ebensowenig starr und ein für allemal kodifiziert aufgefaßt, wie das ganze Rechtssystem. Da man auf amerikanisch-englischer Seite auch das Völkerrecht als ein solches sich von Fall zu Fall entwickelndes, durch Verträge und Übereinkünfte konstituiertes Gewohnheitsrecht betrachtet ist es verständlich, daß das Verbot des Ex-post-facto-Gesetzes mehr eine Forderung des fair play denn ein „heiliges" Prinzip darstellt.

Bei diesem Problem stellt sich die Frage, ob man in den hier zu Debatte stehenden Fällen dem Prinzip der Rechtssicherheit oder dem Prinzip der Gerechtigkeit den Vorrang gibt.

Während vor allem von deutschen Autoren darauf verwiesen wird, daß nach den Erfahrungen des Hitlerregimes die radikale Rechtssicherheit gefordert werden müsse wird demgegenüber geltend gemacht, daß das Strafrecht im internationalen Bereich zu rudimentär die internationale Gesellschaft zu wenig festgefügt sei, als daß sie sich den Luxus leisten könne, auf Anwendung rechtlicher Notwendigkeit zu verzichten. Am häufigsten wird zur Rechtfertigung der Standpunkt vertreten, das Statut sowie das KRG Nr. 10 enthielten keine rückwirkenden Regeln, sondern kodifizierten nur, was schon zuvor Völkerrecht gewesen sei Kelsen dagegen spricht von der rückwirkenden Kraft des Gesetzes, die aber „kaum als mit der Gerechtigkeit völlig unvereinbar angesehen werden" könne, die Gerechtigkeit verlange eine Bestrafung. Man argumentiert also in der Form: Die hier angeklagten Männer haben ihre Strafe nach objektiven Gesichtspunkten verdient. Da das Verbot nachträglicher und rückwirkender Gesetze Ungerechtigkeiten verhindern soll, hier aber keine Ungerechtigkeit vorliegt, ist das Prinzip nicht verletzt Die Anklage brachte allerdings auch einen Gesichtspunkt mit ins Spiel, der abzulehnen ist und von den Gerichten auch nicht ausgenommen wurde. Sie legte nämlich dar, daß sich die Angeklagten in dem von ihnen getragenen Rechtssystem selbst nicht an den Grundsatz nulla poena sine lege gehalten hätten und daß sie daher nicht beanspruchen könnten, er müsse auch für sie wirksam sein

Es scheint, daß man im allgemeinen die Anwendung von eindeutig vor 1945 noch nicht schriftlich fixierten Gesetzen und Strafen auf die wesensmäßige Unvollkommenheit des die Völkergemeinschaft bindenden Rechtes zurückführt und auf die eigene Nachlässigkeit, die eine Kodifizierung verhindert habe Mit einer Art Lückentheorie werden die getroffenen Entscheidungen gerechtfertigt.

Im nächsten Kapitel soll untersucht werden, inwieweit dieser Anspruch im Hinblick auf die Verurteilung wegen Verbrechen gegen den Frieden aufrechterhalten werden kann.

Schon die bisherige nähere Betrachtung der Verfahren hat gezeigt, daß sie eine Menge wesentlicher Fragen aufwarfen, und dies keineswegs aufgrund juristischer Spitzfindigkeiten, sondern wegen der unbestreitbaren Tatsache, daß sie sich auf teilweise noch ungesichertem Neuland bewegten. Die von kommunistischen Wissenschaftlern gepflegte Auffassung von der Eindeutigkeit und Problemlosigkeit der Prozesse ist daher verfehlt, vor allem, da allzuoft mehr oder minder offen der Vorwurf erhoben wird, eine kritische Diskussion über die Verfahren sei nur eine versteckte Apologie der nationalsozialistischen Gewalttaten Dieses bisher einmalige Unternehmen, durch einen Strafprozeß einen läuternden Schlußakkord nach Jahren universaler Disharmonie zu setzen, sollte kein Feld für weltanschauliche Bekenntnisse, sondern einzig für sachbezogene Untersuchung, Auseinandersetzung und Beurteilung sein.

III. Der Angriffskrieg als strafrechtliches Delikt

Es waren ursprünglich die Berichte und eigenen Erfahrungen von deutschen Gewalttaten in den besetzten Gebieten, die die Alliierten den Gedanken eines Strafprozesses erwägen ließen. Unter dem Eindruck der Massenverschleppungen zum Einsatz für die deutsche Kriegsmaschinerie, der Vernichtung von Millionen von Menschen und der Greueltaten in den Konzentrationslagern betrachteten die Siegermächte den von Hitler ausgelösten Krieg als überdimensionalen Ausdruck eben dieser Geschehnisse, als ihre getreue Trans-position in eine andere Größenordnung. Daher erklärten sie den Angriffskrieg zu einem Verbrechen. Der auf sowjetischen Einfluß zurückgehende Begriff des Verbrechens gegen den Frieden ist der wesentlichste Gegenstand der Anklage; er ist das Hauptproblem, das die Nürnberger Prozesse zu bewältigen suchten. Zugleich ist er auch der Punkt, der die heftigsten Kontroversen hervorrief und an dem sich die Geister scheiden.

Das Planen, Vorbereiten, Einleiten oder Führen eines Angriffskrieges wurde in Auslegung des geltenden Völkerrechts als ein strafrechtlich zu verfolgendes Verbrechen betrachtet, das individuelle Haftbarkeit der für den Angriffskrieg verantwortlichen Personen begründete. Dabei vertraten die Siegermächte und in Anlehnung an das Statut und KRG Nr. 10 die Tribunale den Standpunkt, daß der Angriffskrieg schon vor dem Zweiten Weltkrieg von der Völkergemeinschaft zum Verbrechen erklärt worden sei. Man stützte sich dabei auf Verträge und Resolutionen der zwanziger und dreißiger Jahre, die im folgenden betrachtet werden sollen. 1. Kriegsverbot und Kriegsächtung in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg Während seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Tendenz zu beobachten ist, daß internationale Abkommen zur Humanisierung des Krieges getroffen werden — die Krönung dieser Bestrebungen war die Haager Land-kriegsordnung vom 18. Oktober 1907 —, hat die Erfahrung des Ersten Weltkrieges dazu geführt, die Bemühungen nun auf das Verbot des Krieges durch völkerrechtliche Bestimmungen zu konzentrieren.

Zwar wird in diesem Sinn in der Präambel zur Völkerbundssatzung darauf hingewiesen, daß die Vertragsmächte „bestimmte Verpflichtungen" übernehmen, „nicht zum Kriege zu schreiten" jedoch kann hier noch nicht von einem generellen Kriegsverbot gesprochen werden, da sich die Verpflichtung nur auf Bundesmitglieder erstreckte und diese keineswegs verpflichtet waren, an gemeinsamen Sanktionen teilzunehmen. Sie konnten selbst darüber entscheiden, ob ein verbotener Krieg vorlag oder nicht; ihre Handlungsfreiheit war also nur in ganz bestimmten Fällen eingeengt. Es war mehr eine Verfahrensregelung zur Beilegung von Streitigkeiten, die wirtschaftliche Sanktionen gegen den vorsah, der zum Krieg schritt. An eine Bestrafung der beteiligten Individuen wurde nicht gedacht; man rechnete auf den Einfluß der öffentlichen Meinung

1923 wurde von einer Kommission der Völkerbundsversammlung der Entwurf eines gegenseitigen Beistandspaktes vorgelegt, in dem zum erstenmal der Angriffskrieg als ein internationales Verbrechen bezeichnet wurde Der Plan scheiterte jedoch.

Das erste absolute Verbot des Krieges mit Ausnahme des Verteidigungs-und Sanktionskrieges enthält „das Genfer Protokoll zur friedlichen Regelung internationaler Streitigkeiten" (2. Oktober 1924). Es umfaßte ein fast lückenloses System der Schiedsgerichtsbarkeit und bestätigte zugleich, daß der Angriffskrieg ein internationales Verbrechen sei. Dieses Dokument wurde zwar von der V. Völkerbundsversammlung angenommen trat aber nicht in Kraft, da es nicht von einer entsprechenden Anzahl von Staaten ratifiziert wurde. Vor allem Großbritannien lehnte das Protokoll ab

Das Bestreben, den Krieg aus dem Arsenal der politischen Möglichkeiten zu verbannen und internationale Streitfragen mit friedlichen Mitteln zu lösen, kam auch in der Erklärung der VIII. VölkerbundsVersammlung vom 24. September 1927 zum Ausdruck. Sie stellte jedoch keine über die bisherigen Sanktionsbestimmungen hinausgehende Satzungsänderung dar, sondern unterstrich nur noch einmal in feierlicher Form die formelle Verurteilung des Angriffskrieges. Es kam ihi auch nach damaliger Auffassung nur moralische Bedeutung zu

An diesem Zustand änderten auch das Prager Memorandum von 1926 und die 1928 vom Völkerbund an Mitglieds-und Nichtmitgliedsstaaten vorgeschlagene schiedsgerichtliche Beilegung internationaler Konflikte Acte general d’arbitrage) nichts. Jedem Staat war es anheimgestellt, ob es zu einer solchen Regelung greifen wollte oder nicht, und für die Mitgliedstaaten galt nach wie vor das Recht, selbst darüber zu entscheiden, ob die Völkerbundssatzung verletzt sei oder nicht.

Ein wirklich rechtswirksames Verbot des Angriffskrieges stellen die Verträge von Locarno (16. Oktober 1925) dar. In einem regionalen Sicherheitspakt verzichteten Deutschland, Fankreich und Belgien auf jede Gewaltanwendung untereinander. Jeder Krieg, mit Ausnahme des Sanktions-und Verteidigungskrieges, wurde für die beteiligten Staaten für ungesetzlich erklärt. Eine Reihe bilateraler Schiedsgerichtsabkommen vervollständigte das Vertragswerk Die Rechtsfolge bei Vertragsbruch waren Sanktionen. Obwohl Deutschland den mit den Verträgen festgelegten Status quo und die Versailler Entmilitarisierungsvorschriften verletzte und sie 1936 kündigte, schritten die Vertragsmächte nicht zu den vorgesehenen Sanktionen.

Auf dem amerikanischen Kontinent entstanden weitere, sich auf regionaler Ebene vollziehende Resolutionen und Verträge. Auf der 5. Panamerikanischen Konferenz in Havanna erklärten 21 Staaten im Jahre 1928, daß der Angriffskrieg ein Verbrechen gegen die Menschheit sei (auch die USA unterschrieben Jie Resolution); 1929 unterzeichneten 20 amerikanische Staaten in Washington eine interamerikanische Konvention, in der ebenfalls ier Krieg als Mittel der Politik verurteilt wurde; 1933 schlossen 25 Staaten (die USA ingeschlossen) in Rio de Janeiro einen Nicht-angriffs-und Vermittlungspakt (Anti-WarTreaty on Non-Aggression and Conciliation), n dem der Krieg zwischen den Vertragspartlern und zwischen den übrigen Staaten verlammt wurde; und schließlich äußerte sich juch die in Buenos Aires 1936 tagende Interimerikanische Friedenskonferenz in diesem Sinn

An dieser Stelle sei darauf verwiesen, daß ler Begriff der Kriegsächtung amerikanischen Jrsprungs ist (outlawry of war). Er wurde ron dem nordamerikanischen Rechtsanwalt S. O. Levinson in einem Artikel in der Zeitichrift „New Republic" vom 9. März 1918 zum erstenmal gebraucht. Für seine Ideen gewann r den Herausgeber der Zeitschrift „The Christian Century", Charles C. Morrison, und or allem den Senator Börah, der in den Jähen von 1923 bis 1927 dreimal im Senat den ntrag auf Achtung des Krieges einbrachte, line eigens gebildete Organisation, das American Committee for the Outlawry of Var", sorgte für die Propagierung der Ziele. Vuch hier war die Grundforderung die Abchaffung des Krieges als völkerrechtliche nstitution er bedeutendste Vertragsabschluß jener Zeit um Problem der Kriegsverhütung, der 1939 n Geltung war und auch noch heute gilt und ms den sich die Nürnberger Urteile vor allem ezogen, war der „Briand-Kellogg-Pakt" Vährend der französische Außenminister riand ursprünglich einen bilateralen Verrag zwischen Frankreich und den USA konipiert hatte, stellte der amerikanische Außenninister Kellogg -dieser Initiative den Gedan-ken eines universellen Kriegsverzichtpaktes entgegen. Der Vertrag wurde schließlich am 27. August 1928 entsprechend den amerikanischen Vorstellungen in Paris unterzeichnet. Bis 1934 waren ihm 63 Staaten beigetreten. Der verhältnismäßig kurz gehaltene Text enthält folgende wesentliche Punkte Der Krieg als Mittel zur Lösung internationaler Streitfälle wird verurteilt; die Vertragspartner verzichten auf seine Anwendung als nationales Werkzeug der Politik (Art. 1); alle Konflikte sollen durch friedliche Mittel geregelt werden (Art. 2); wer zur Förderung seiner nationalen Interessen zum Krieg schreitet, soll der Vorteile des Vertrages verlustig gehen (Präambel).

Das Verbot des Krieges war die eigentliche Absicht der Väter des Vertrages Dabei kann aber nicht übersehen werden, daß er mit Hypotheken belastet war, die seiner Absicht nicht zugute kamen; denn der Vertrag enthielt weder Strafbestimmungen noch eine Abgrenzung zwischen Angriffs-und Verteidigungskrieg. Außerdem wurde er durch Einschränkungen von seifen vertragschließender Mächte belastet. So fühlte sich Amerika nach authentischen Interpretationen nicht zu Sanktionen verpflichtet. Amerika und England betonten ihre Handlungsfreiheit in nicht näher bezeichneten Interessensphären. Schließlich wurde es der souveränen Entscheidung jedes einzelnen Staates überlassen, zu entscheiden, ob die Umstände Selbstverteidigung notwendig machten. Das eigentliche Manko war aber, daß dem Vertragsbrecher keine eindeutige Strafe angedroht wurde. Weil dies Erfordernis eines Gesetzes fehlte, wurde der Vertrag auch eine „lex imperfecta" genannt. Die angedrohte Sanktion, der Rechte des Vertrages verlustig zu gehen, das heißt die anderen Partner von ihrem Kriegsverzicht zu befreien, wurde von den Gerichten so ausgelegt, daß damit die Völkerrechtswidrigkeit des Angriffskrieges und seine Achtung ausgedrückt war und er somit eine Straftat darstellte. Dem halten jedoch viele Autoren entgegen, daß der Pakt zunächst einmal nur die öffentliche Meinung mobilisieren sollte, um einen eventuellen Vertragsbruch zu verhindern. Er sollte die politische Führung der Staaten beeinflussen. Dieser Auffassung war auch der damalige schwedische Außenminister Unden. Er nannte den Vertrag mehr ein Glaubensbekenntnis als eine Strafbestimmung Auch der amerikanische Außenminister Stimson erklärte 1932, daß der Vertrag auf der Sanktion der öffentlichen Meinung beruhe Da es kein Verbrechen ohne Strafe gibt, folgert E. Wahl, daß der Krieg durch den Pakt nicht zum Verbrechen im Rechtssinn gestempelt worden sei Diese Auffassung wird durch die Staatenpraxis gestützt. Denn schon der italienisch-äthiopische Konflikt zeigte, daß politische Erwägungen über rechtlichen Bedenken vorherrschten. So blieb Italien Mitglied des Völkerbundes; auch mit der UdSSR wurden nach ihrem Angriff auf Finnland die diplomatischen Beziehungen durch die Mächte nicht abgebrochen (allerdings wurde sie aus dem Völkerbund ausgeschlossen). Von einer rechtlichen Verfügung, daß der oder jener ein Verbrechen begangen habe, konnte keine Rede sein, eine Strafsanktion gegen Einzelpersonen kam nicht in Frage. 2. Die Bedeutung des damaligen Kriegsverbotes Die zahlreichen Entwürfe und Resolutionen, die den Angriffskrieg als ein internationales Verbrechen verdammten, waren zwar unbestreitbar von völkerrechtlicher Bedeutung, sie hatten aber keinen Gesetzescharakter. Dem Briand-Kellogg-Pakt fehlte die zwingende und klare Strafandrohung; er war praktisch ein Vertrag ohne Zähne, jedoch mehr als ein platonisches Bekenntnis. Er wollte die öffentliche Meinung aktivieren und schien auf ihre Kraft zu vertrauen. D.de Vabres ist der Auffassung, daß aus der Tatsache der Verdammung des Krieges durch die öffentliche Meinung die Berechtigung einer Bestrafung folge. Dies entspreche der Besonderheit des Völker-rechts, das besonders bei politischen Verbre-* chen nicht auf alle Tatbestände dem Buchstaben nach im Voraus fixiert sein könne

Es steht zweifellos fest, daß in den zwanziger und dreißiger Jahren das Bewußtsein, daß um der Menschheit willen der Krieg verhindert werden muß, sehr ausgeprägt war und daß die Resolutionen eine starke Resonanz hatten. Jene Erklärungen, die Visionen eines Weltfriedens waren, gaben ja letztlich dem allgemeinen Verlangen nach Frieden in einer geordneten Welt Ausdruck. Fast unbegreiflich aber und für späteres Unheil von fataler Vorbedeutung scheint dem aus der Retrospektive Urteilenden die Tatsache, daß sich zwar die Völker und Staaten einig waren, daß eine neue Katastrophe verhindert werden muß, daß aber die politischen Verantwortlichen in den Regierungen und Parlamenten sich nicht dazu durchringen konnten, dieser Einsicht die politischen Konsequenzen folgen zu lassen, nämlich bei der Gestaltung der Zukunft nicht auf den guten Willen und die moralische Ansprechbarkeit zu vertrauen, sondern sich rechtzeitig die Frage, wie ein Aggressor wirkungsvoll abzuschrecken und gegebenenfalls zu bestrafen ist, vorzulegen und zu lösen.

Nachträglich betrachtet, scheint dies eine akademische Feststellung zu sein. Für die Nürnberger Verfahren war diese Entwicklung jedoch von tiefgreifender Bedeutung. Die Tendenzen jener Zeit waren nicht zur Reifung gebracht worden und wurden schließlich für Jahre zur Nichtigkeit verurteilt. Die Anknüpfung an sie nach 1945 und ihre extensive Interpretation als Fundament für eine neuzuschaffende Ordnung und für die Bestrafung von Menschen stießen auf Schwierigkeiten und widerstreitende Meinungen. Den Krieg zum Verbrechen zu erklären und auf die Macht der öffentlichen Meinung zu vertrauen, das ist ein optimistisches Unterfangen von zweifelhaftem politischem Charakter. Es steht fest, daß die Staatenpraxis jener Jahre umstandsbestimmte Erwägungen über den Geist der Zeit gestellt und somit jenen Bestrebungen nicht gedient hatte. Positiv rechtlich gesehen, stützten sich die Nürnberger Gerichte auf ein Gesetz, das in der Zeit vor dem Krieg nicht schriftlich fixiert und keinen rechtswirksamen Charakter besaß, über dessen Berechtigung und erstrebenswerte Ziele jedoch allgemeine Übereinstimmung bestanden hatte.

IV. Politische Relevanz der strafrechtlichen Kriegsächtung

l. Schwierigkeit der Definition und der Feststellung des Angriffskrieges Hiner Betrachtung des Angriffskrieges unter streng juristischen Kriterien stellen sich mehrere Hindernisse entgegen. Es sind dies vor illem die Schwierigkeit der Definition und ier Feststellung. Es gab und gibt keine erschöpfende Darlegung dessen, was ein Anyriffskrieg ist, und keine vollständige Aufstellung seiner gesamten konstituierenden Elemente. Die Gefahr einer solchen Zusamnenstellung liegt nämlich darin, daß ein potentieller Aggressor sich irgendeine vorher richt geahnte Lücke zunutze machen könnte. Hs sei beispielsweise nur darauf hingewiesen, laß derjenige, der den ersten Schuß abgibt, keineswegs automatisch der Angreifer sein nuß, daß auch nichtmilitärische Maßnahmen Aggressionen im echten Sinne des Wortes larstellen können.

Nesentlicher ist aber die Tatsache, daß die Feststellung des Aggressors und die Anwenlung der daraus zu ziehenden Konsequenzen in ganz bestimmte Voraussetzungen gebunien sind. Nur wenn derjenige, der den Krieg ingezettelt hat, auch wirklich besiegt wird, ist s möglich, ihn die Folgen seiner Handlung püren zu lassen. Wenn er aber siegt, dann können ihn die Unterlegenen zwar einen Aggressor nennen, ohne dadurch aber auch iur das geringste zu erreichen. Der Sieger vird sich nie dem Urteilsspruch des Besiegten teilen oder unterwerfen, er wird gestützt auf eine Macht selbst irgendeinen Staat als Aggressor" bezeichnen oder einfach über die atsache seiner Angriffshandlungen hinweg-ehen. normative Kraft des Faktischen öst die Frage von selbst, das heißt, die Festitellung des Aggressors ist notwendigerweise in Politikum. Sie kann nur dann zu einer echtlichen Frage werden, wenn es eine auf üner Weltordnung beruhende, mit den notvendigen Machtmitteln versehene Instanz übt, die diese Frage nach objektiven Gesichtspunkten beurteilen kann. So wie die Vereinen Nationen heute in bescheidenem Maße heoretisch in der Lage sind, bei kriegerischen Auseinandersetzungen kleinerer Staaten den Angreifer — unabhängig von seinen militäischen Erfolgen — festzustellen, vorausgesetzt reilich, daß die beide 1'Weltmächte zusamnenarbeiten, so müßte es eine allen Staaten -unabhängig von ihrer Größe, Bedeutung und Macht — übergeordnete Institution geben, damit der gleiche Effekt auch für die Supermächte erzielt werden könnte.

Bei den aktuellen Gegebenheiten ist eine solche höchstrichterliche Gewalt nicht verfügbar. 2. Grenzen der Macht des Rechts Die normale Strafjustiz ist in diesem Falle überfordert, denn sie kann sich nur Geltung verschaffen, wenn hinter ihr die faktische Macht steht. Dies ist aber ganz besonders für den internationalen Bereich der Auffassung von Recht und Gerechtigkeit als unabhängigen und allgemein gültigen Größen abträglich. Wenn Montesquieu im Hinblick auf die Punischen Kriege gesagt hat, „nur der Sieg entschied darüber, ob man von punischer oder römischer Treue zu sprechen hatte", so kommt darin zum Ausdruck, wie abhängig von der politischen Konstellation die Verurteilung des wirklichen Angreifers ist. Wäre Scipio von Hannibal geschlagen worden, würden wir heute sicher von römischen Kriegen sprechen. Ein Zyniker könnte sagen, es sei das Grund-verbrechen des Krieges, ihn nicht zu gewinnen. Er kann es aber nur sagen, wenn die rechtlichen Kriterien des „Verbrechens" dort ins Spiel gebracht werden, wo sie von politischen Gegebenheiten abhängig sind. Der ehemalige französische Richter am IMT, Professor D.de Vabres, weist mit Recht darauf hin, daß es in den Bereichen des menschlichen Zusammenlebens eine Zone gibt, die nicht allein durch Gesetzeskraft zu sichern ist, wenn er von einem Niemandsland im zwischenstaatlichen und internationalen Bereich des Rechtes spricht, wo die Zufälligkeiten der Politik herrschen, nämlich opportunistisches Handeln, Machtinteresse, Gleichgewichtsdenken und auch der Wille des Stärkeren

Das Gesetz allein kann nicht den politischen Gestaltungswillen ersetzen. Wenn es dies versucht, leistet es ungewollt illusionistischen Vorstellungen Vorschub, die den Boden gefährlicher Entwicklungen mit bereiten helfen. Der Krieg kann nicht durch Gesetze verhindert werdenl Die Erklärung, daß ein Angriffskrieg ein Verbrechen ist, ist solange nicht dazu angetan, einen Aggressor von seinen Absichten abzuhalten, solange er nicht gewärtig sein muß, auch als Sieger zur Verantwortung gezogen zu werden. Im anderen Falle fühlt er sich durch das Verdikt geradezu verpflichtet, mit allen Mitteln zu siegen.

In Nürnberg wurde der Krieg zum Verbrechen erklärt, um die des Verbrechens schuldigen Individuen bestrafen zu können. Es ist in der Tat ein unbefriedigender Zustand, wenn die Verantwortlichen nicht zu fassen sein sollten, weil sie sich hinter der Kollektivität des Staates und ihren politischen Ämtern verschanzen. Kriege werden nie von ganzen Völkern, sondern immer von einzelnen, von den Mächtigen und Einflußreichen angezettelt, die auf der Klaviatur der öffentlichen Meinung zu spielen wissen. Im speziellen Fall der Nürnberger Prozesse gilt, daß alle Verurteilten mit Ausnahme von Heß auch oder nur wegen anderer Delikte bestraft wurden. Ein gewisses Abrücken von jenem Anklagepunkt ist damit unverkennbar. Allgemein gilt, daß jeder Politiker die politische Haftung für seine Handlungen zu tragen hat. Im innerstaatlichen Bereich ist dies eindeutig, und in einem demokratischen Staatswesen ist es eine Selbstverständlichkeit (oder sollte es sein), daß ein Politiker, der keine Erfolge aufzuweisen hat, seine Position verliert, daß einem Politiker, der mit illegalen oder gar verbrecherischen Methoden vorgeht, seine Immunität aberkannt wird und er zur Rechenschaft gezogen werden kann. Im zwischenstaatlichen Bereich haftet er für die Folgen eines verlorenen Krieges, wobei es als erschwerend hinzukommen kann, daß er ihn vom Zaun gebrochen hat. In jener Grenzsituation scheint es berechtigter zu sein, eine sinnvolle politische Entscheidung zu treffen, um der moralischen Forderung nach Gerechtigkeit zu entsprechen, als das Strafrecht für einen Bezirk anzuwenden, der ihm wesensfremd ist. „Wer nach Meinung unserer Zeit . . . historische und politische Schuld auf sich geladen hat, ist im Rahmen staatlicher Rechtsprechung nur strafbar, wenn er schuldhaft gegen das Strafgesetz verstoßen hat. Ein anderes gibt es für die Rechtsprechung, für unsere staatliche Rechtsprechung und für die Rechtsprechung irgendeines Rechtsstaates nicht. Wer mehr von ihr verlangt, führt sie ins Illegale und uns zur Rechtlosigkeit. Wer verlangt, daß sie weniger tue, verleitet sie zum Rechtsbruch."

(Der Krieg kann nicht einfach verboten und geächtet werden, so wie das Duellieren durch Gesetz untersagt wurde. Das besagt nun aber keineswegs, daß er als periodische Katastrophe fatalistisch zu erdulden ist, daß er unausrottbar und zum Wesen des Menschen gehörig ist. Eine Resignation auf diesem Gebiet hätte gerade heute eine verheerende Wirkung. Der Krieg ist keineswegs der Vater aller Dinge oder die Fortführung der Politik mit anderen Mitteln. Um ihn zu eliminieren, muß man über juristische Kategorien hinausgehen. Das Verbot im strafrechtlichen Sinne allein setzt eine Weltordnung voraus, die es noch nicht gibt. Es ist ein Vorgriff auf eine Friedens-organisation mit einer allgewaltigen schiedsgerichtlichen Instanz. Wunschdenken in diesem Bereich ist allzu gefährlich und allzu ernüchternd, zumal eine zukünftige Weltgemeinschaft sich nur ganz allmählich unter jetzt noch gar nicht zu bestimmenden Einflüssen entwickelt. Die politische Kategorie, die der Erklärung des Krieges zum Verbrechen zugrunde liegt, könnte man als politischen Idealismus bezeichnen, in dem eine ganze Menge Gesinnungsethik im Sinne Max Webers steckt. Es kommt aber nicht nur auf das rechte Wollen an, es kommt darauf an. daß sich das rechte Wollen so artikuliert, daß es in (oder vielleicht auch trotz) der Realität sein Ziel erreicht. Die Praxis der Staaten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges zeigt deutlich, daß trotz der Erklärung der Nürnberger Urteile Angriffskriege nicht verschwanden. Der Krieg kann nicht verboten werden, sondern er muß durch schöpferische politische Gestaltung, die sich selbstverständlich des rechtlichen Instrumentariums bedient, unmöglich gemacht werden. Als Zwang zur rationalen Einsicht, daß die Großmächte nicht zum Mittel des Krieges greifen können, dienen heute die Errungenschaften der Vernichtungstechnik, so daß zumindest der „Große Krieg" zu bannen ist,

V. Die Prozesse als neuartige Erscheinungsform in der Geschichte der Friedenssicherung

ine Deutung der Nürnberger Prozesse auschließlich aus juristischen Kategorien heraus ann nur einige Aspekte von vielen aufzeigen nd muß naturgemäß mit einer gewissen Eineitigkeit behaftet sein. Der Zeitgenosse, der ich mit einem solchen Ereignis konfrontiert ieht, vergißt allzu leicht, die Einzelbegebeneiten in einem größeren Zusammenhang zu ehen. In dieser geweiteten Perspektive erhalln die Verfahren eine neue Bedeutung und eue Konturen, die ihren Stellenwert in der kala ihrer Beurteilung beeinflussen können.

Prinzipien der Friedenssicherung und die Auffassung vom Krieg Ian kann die Geschichte in gewollter Abraktion als ein Aufeinanderfolgen von riegs-und Friedenszeiten betrachten. Seit ther versuchte die Menschheit ihrer eigenen ihigkeit zur Zerstörung Herr zu werden, den sieden zu wahren, ja zu organisieren und em Krieg einen den jeweiligen Vorstellunm gemäßen Platz zuzuweisen. Im Altertum ad im Mittelalter wurde auf die Unterscheijng des bellum justum und des bellum justum Wert gelegt. Freilich war dieser in elem subjektive Begriff sehr oft auch Rechtrtigung des Stärkeren. Nicht zuletzt hatte e Kirche im Mittelalter einen großen Einfluß if die Beurteilung, um welche Art Krieg es ch jeweils handelte, zumal sie Kämpfe gegen ndersgläubige als „Heilige Kriege" bezeich; te. Mit dem Entstehen der Nationalstaaten id ihrem Souveränitätsanspruch entfiel in r Praxis diese Unterscheidung. Machiavelli kannte dem Herrscher das Recht zu, über ine Gründe zum Krieg zu entscheiden. Die imma potestas gehörte dem absolutistischen errscher. So wurde im 18. und im 19. Jahrindert der Krieg ein unbestrittener Bestandil der staatlichen Diplomatie zur Lösung rittiger Probleme. Die Entscheidung über n Krieg war ein machtpolitischer Vorgang, rrondierungsbestrebungen, Gleichgewichtsinken und Drang nach purer Machterweiteng waren die Kriterien der Kabinettspolitik, iristische Erwägungen waren der politischen tention untergeordnet. aranten zur Wahrung des Friedens waren irch die Geschichte hindurch die verschiedensten Instanzen und Faktoren. Im römischen Altertum war die militärische Macht ein solcher Faktor. Die pax romana mit ihrem Höhepunkt zur Zeit des Augustus war auf Waffengewalt und überlegenem Ordnungsund Verwaltungssinn aufgebaut. Karl der Große fügte bei seinem Streben nach einem Universalreich dem militärischen noch das christliche Element hinzu. Die Macht des Glaubens hatte eine bedeutende Ordnungsfunktion. Man denke an die Strafgewalt des Papstes, den Bann und den oft verkündeten Gottesfrieden (treuga dei). Später trat die Macht der Vernunft auf den Plan, wobei allerdings nicht übersehen werden darf, daß die Denkmodelle und Theorien der Philosophen oft nur sehr wenig oder gar keinen Einfluß auf ihre Zeit hatten, da sie teilweise allzusehr von den hemmenden und beherrschenden Elementen ihrer Umwelt abstrahierten. So entwarf z. B. Kant in seiner Schrift „Zum ewigen Frieden" schon 1795 eine föderative Weltordnung. Die großen europäischen Friedens-kongresse von 1648, 1713 und 1815 schufen Friedensordnungen nach rationalen Gesichtspunkten der Staatsraison. Die Solidarität der Monarchen und der Kosmopolitismus des Bür. gertums waren nicht zu unterschätzende Stützen der zwischenstaatlichen Beziehungen. Der sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwikkelnde, durch das apokalyptische Erlebnis des Ersten Weltkrieges zur Reifung gebrachte neue Faktor zur Sicherung des Friedens war der Rechtsgedanke. Die Macht völkerrechtlicher Abmachungen sollte das Stabilisierungselement der internationalen Ordnung sein.

Man kann daher Jürgen Schlochauer folgen wenn er vier Prinzipien der Friedenssicherung im Laufe der Geschichte herausarbeitet: das auf Weltherrschaft gegründete Weltreich, die Verwirklichung des Reiches Gottes auf Erden, die philosophisch fundierten Grundsätze der Staatslehre und schließlich das Völkerrecht. Diesen Prinzipien obliegt in ihrer jeweiligen Epoche die Regelung der zwischenstaatlichen Beziehungen, bzw. in ihnen sieht man die ideale Regelung. 2. Der Glaube an die Ordnungsfunktion des Rechts Wie oben gezeigt wurde, war seit dem Ersten Weltkrieg der Wunsch groß, mittels völkerrechtlicher Abmachungen eine erneute kriegerische Auseinandersetzung unmöglich zu machen. Das Aufkommen antidemokratischer Ideologien, der Zerfall der Rechtsstaatlichkeit in Deutschland und der weltanschauliche Kampf politisierter Massenheere verstärkten die Tendenz, den Rechtsgedanken mit allen seinen Konsequenzen in den Mittelpunkt der Friedenssicherung zu stellen. Indem der Krieg in den Nürnberger Prozessen zum Verbrechen erklärt wurde, hat dieses Denken zum ersten-mal reale Gestalt angenommen.

Die Tatsache, daß am Ende eines Krieges ein Strafprozeß stand, der nicht nur einzelne gemeine Verbrechen, sondern den Krieg als Ganzes und alle mit ihm zusammenhängenden Erscheinungen zum Gegenstand hatte, war in der bisherigen Staatenpraxis unbekannt. Die Friedensverträge früherer Epochen, etwa 1648 und 1713, enthielten Amnestieklauseln, die Kriegshandlungen außer Strafe setzten. Auch 1815 führten die Alliierten gegen Napoleon, nachdem er zum zweitenmal geschlagen worden war, kein Strafverfahren durch, sondern sie nahmen ihn aufgrund ihrer militärischen Gewalt in politische Sicherungshaft und verbannten ihn auf St. Helena. Zum erstenmal tauchte nach dem Ersten Weltkrieg der Gedanke auf, die Urheber des Krieges, d. h. die deutsche politische und militärische Führung zur Rechenschaft zu ziehen und Kriegsverbrecher zu bestrafen. Es kann hier nicht näher auf die Einzelprobleme eingegangen werden, die die am 25. Januar 1919 konstituierte „Kommission für die Feststellung der Verantwortlichkeiten der Urheber des Krieges und Sanktionen" lösen sollte. Insgesamt gesehen waren es die gleichen Fragen, die sich auch 1945 stellten. Neu war damals die Schaffung eines internationalen Gerichts zur -Aburteilung von Kriegsverbrechern und die Bestrafung des deutschen Staatsoberhauptes. Im Gegensatz zur Situation nach dem Zweiten Weltkrieg war damals die amerikanische Delegation der heftigste Gegner solcher Pläne.

Sie erkannte nur die moralische Verantwortlichkeit des Kaisers an und vertrat den Grundsatz, daß ein internationales Verfahren in der bisherigen Praxis unbekannt sei, und lehnte Ex-post-facto-Gerichte, Gesetze und Strafen ab Es kam nicht zu dem vor allem von französischer Seite angestrebten großen Strafverfahren.

In den Nürnberger Prozessen kommt zum Ausdruck, daß nach dem Zweiten Weltkrieg der Ordnungsfunktion des Rechts friedens-sichernde Wirkung beigemessen wurde. Rechtliche Kategorien, hier erstmals in ihrer Konsequenz angewandt, sollten hinfort die zwischenstaatlichen Beziehungen regeln. Die Abrechnung mit dem Dritten Reich war zugleich als eine in die Zukunft gerichtete Mahnung und Warnung gedacht. Es ist das Besondere und bisher Einmalige der Zeit nach 1945, daß nach diesem Krieg eine Friedenskonferenz nicht unmittelbar folgte. Ausschließlich in Form der Prozesse wurde ein erster Schlußstrich unter die Kriegsperiode gezogen. Daher kann man wohl sagen, daß sie zwar formaljuristisch nur dem Recht Geltung verschaffen sollten, daß sie aber wegen des Fehlens einer regelrechten Friedenskonferenz zur Ausarbeitung eines Friedensvertrages und wegen ihrer bisherigen Einmaligkeit auch Wirkungen hat-en, die in früheren Epochen von Friedens-Kongressen ausgegangen sind, nicht in terriorialer Hinsicht natürlich, sondern in dem usdrücklichen Hinweis auf die Beziehungen ler Staaten untereinander. er Westfälische Friede von 1648 stand unter lern zukunftsweisenden Leitgedanken der Souveränität auch des kleinsten Staates; das vichtigste Motiv des Wiener Kongresses von 815 war die Restauration, d. h. die Wieder-erstellung des europäischen Gleichgewichts als ‘riedensgarant. Die Grundidee der den Zweien Weltkrieg abschließenden Vertragswerke ollte die dem einzelnen Staat übergeordnete, allgemeingültige Kraft des Völkerrechts sein. Die Nürnberger Verfahren legen beredtes Zeugnis davon ab. Auch für die Zeit eines provisorischen Friedens nach 1945, in der keine Konferenz, sondern Prozesse eine Art reinigende und ordnende Funktion hatten, gilt, daß nur der Friedenszeit Dauer beschieden ist, die den Mittelwert zwischen Gegenwart und Zukunft einhält. Ob diese Forderung eingehalten wurde, soll im übernächsten Kapitel dargelegt werden. Bevor wir eine abschließende Beurteilung versuchen, sollen im folgenden Abschnitt die Prozesse als Ausdruck einer bestimmten politischen Konzeption betrachtet werden.

VI. Die Nürnberger Prozesse als politisches Phänomen

rieh Kaufmann, um einen Kritiker von vieen zu nennen, wirft dem Londoner Statut und em Kontrollratsgesetz Nr. 10, auf die sich ie Verfahren stützten, eine unerträgliche usweitung des Schuldbegriffes vor Nicht ur die Ausführung, sondern auch die Zustimiung oder die zustimmende Kenntnis wurden ls strafwürdig angesehen. Personen, die mit er Planung oder Ausführung der Tat in gendeinem Zusammenhang standen, hatten ch nach dieser Anschauung grundsätzlich trafbar gemacht. So warf die Anklage beipielsweise v. Weizsäcker und den Beamten er alten Schule vor, daß sie geblieben sind nd damit Mitverantwortung für die Untaten i der Ferne auf sich geladen haben. /ie problematisch aber diese Sicht der Dinge t, zeigt Margret Boveri als Beobachterin es Wilhelmstraßen-Prozesses sehr deutlich, enn sie auf die Doppelspurigkeit hineist, mit welcher Karrierediplomaten wie Weizsäcker vorgingen. Sein Wort, „ich ollte einen Frieden ohne Hitler, aber nicht ne Niederlage, um Hitler auszuschalten" ißt den Konflikt vieler Diplomaten ahnen. I. Boveri sieht den Staatssekretär im Außeninisterium von Weizsäcker als einen Wanerer zwischen den Fronten. Einerseits vertrat r die Politik Hitlers, andererseits versuchte r aber zugleich, eben diese Politik in ihrer letzten Konsequenz unmöglich zu machen, indem über private Kanäle und Verbindungen der potentielle Gegner (z. B. England) aufgefordert wurde, mehr Stärke zu zeigen, um so Hitler zu zähmen. Ein solches Vorgehen wurde aber von den Siegern eben als „Mitmachen" bewertet. Hier taucht ein wesentlicher Gesichtspunkt zur Beurteilung der alliierten Entscheidung auf. Es war letzten Endes wohl der mangelnde offene Widerstand gegen Hitler, den die Sieger vielen Angeklagten und den Deutschen überhaupt vorwarfen. In dieser Tatsache sahen sie die Bestätigung, daß die angeblich Verführten nichts gegen ihre Verführung hatten. Man sah ihre Bestrafung daher als einen Akt der historischen Gerechtigkeit an. Nun ist es unbestreitbar, daß alle an verantwortlicher Stelle Stehenden Schuld auf sich geladen haben und daß sie in ihrer Eigenschaft als Repräsentanten der Macht dafür haften müssen. Es wird dabei aber zugleich die Diskrepanz deutlich zwischen dem politisch Notwendigen und Erwünschten und dem rechtlich Möglichen. Eine Unterscheidung des Schuldbegriffes etwa in dem Sinne von Jaspers — nach krimineller, politischer und moralischer Schuld — wurde auch nicht im Prinzip vorgenommen.

Die Notwendigkeit einer solchen Unterscheidung, vor allem bei der Anklage des Verbrechens gegen den Frieden — eine Unterscheidung, die vielleicht materiell an den Urteilen gar nicht viel geändert hätte —, war den Alli132) ierten — und hierbei besonders den Amerikanern — keineswegs bewußt. Die moralische Entrüstung über die deutsche machiavellistische Politik, die zum Kriege führte, ließ eine Unterscheidung zwischen krimineller und politischer Schuld nicht zu. Denn die amerikanische Auffassung vom Krieg ist — wie Otto Kranzbühler sehr einleuchtend zeigt — durch ihre eigene geschichtliche Erfahrung der Unabhängigkeitskriege bestimmt, die als Befreiung von rechtswidriger Unterdrückung aufgefaßt wurde, und durch den Bürgerkrieg, in dem der Gegner als Rebell erschien, der moralisch verwerfliche Dinge verteidigte. Daraus resultiert die Betrachtung des Krieges als eines Verbrechens, das in einem Strafprozeß geahndet werden muß.

Um aber das politische Denken voll zu erfassen, aufgrund dessen Strafprozesse am Ende eines Krieges standen, müssen wir noch eine weitere Überlegung anschließen. Wir dürfen uns dabei mit Recht allein auf Amerika beschränken, das als die treibende Kraft zur Durchführung der Prozesse gelten darf, obwohl dieser Staat noch weit weniger direkt vom Krieg betroffen war als die anderen Siegermächte.

Die Prozesse sind nicht nur Ausdruck eines moralisierenden Rechtsdenkens der amerikanischen Politik, sondern zugleich auch ein Beweis für ihre Weltverbesserungsideen. „Dieser Prozeß ist ein Teil der großen Anstrengung, den Frieden sicherer zu machen. Ein Schritt in dieser Richtung ist die Bildung der Vereinten Nationen" sagte der amerikanische Hauptankläger Jackson. Die Prozesse sollten mithelfen, eine neue Friedensordnung zu schaffen, ja sie sollten selbst schon als erste Auswirkung jener ersehnten Ordnung verstanden werden. Friedenseuphorie als Reaktion auf den Krieg und amerikanischer Messianismus waren eng verbunden. War Nazideutschland erst einmal bezwungen, dann würde sich mit etwas gutem Willen eine neue Ordnung schaffen lassen, die der Welt einen dauerhaften Frieden schenken würde. Diese Ordnung sollte dem demokratischen Idealbild entsprechen. Dieses — man darf hier wirklich sagen — typische amerikanische Sendungsbewußtsein ist nun keineswegs ein Produkt des Zweiten Weltkrieges.

Kreuzzugsideen zur Sicherung des Friedens und zur Stärkung der Demokratie waren kennzeichnend für Präsident Wilson, der mit seinen 14 Punkten am 8. Januar 1918 ein Programm des Weltfriedens verkündete, das er dann nur teilweise in politische Realität umsetzen konnte. Besonders lag ihm der Punkt 14 am Herzen, nämlich die „Installierung eines Völkerbundes zum Zweck der Gewährung gegenseitiger Garantien für politische Unabhängigkeit und territoriale Integrität in gleicher Weise für große und kleine Staaten" Seine idealistische Auffassung von der Politik zeigte sich hier am eindeutigsten. Die Struktur des Völkerbundes „war in mancher Hinsicht eine getreue Übertragung seiner innenpolitischen Ordnungsvorstellungen auf die internationale Bühne. Zugrunde lag die Vorstellung des klassischen Liberalismus von der letzt-liehen Harmonie der Einzelinteressen, wenn es nur gelingt, ein freies Spiel der Kräfte herzustellen"

Roosevelt sah auch die Aufgabe und Bestimmung seines Landes darin, daß die Vereinigten Staaten als der Hort der Freiheit und der Demokratie ein zweites Mal dazu ausersehen waren, Europa von der grausamen Tyrannei des Krieges zu befreien und in der Welt dem demokratischen Geist zum Sieg zu verhelfen. Sprechende Zeugen dafür sind die von ihm am 6. Januar 1941 in seiner Jahres-botschaft verkündeten „Vier Freiheiten" (Freiheit der Meinungsäußerung, Freiheit der Religionsausübung, Freiheit von Not und Freiheit von Furcht) und die mit Churchill vereinbarte Atlantik-Charta vom 14. August 1941 Der Artikel 6 der Charta lautet: „Nach der endgültigen Vernichtung der nationalsozialistischen Tyrannei hoffen sie, einen Frieden aufgerichtet zu sehen, der allen Nationen die Möglichkeit geben wird, in Sicherheit innerhalb ihrer Grenzen zu leben, und der die Gewähr dafür bieten wird, daß alle Menschen in allen Ländern ihr ganzes Leben frei von Furcht und Not leben können." ie Verfahren waren als eine erste Realisiemg dieser Vorstellungen gedacht. Die Auto-n des Londoner Statuts taten bewußt einen chritt nach vorn — ein neues Zeitalter sollte eginnen. Man abstrahierte von der aktuellen olitischen Struktur und hoffte mit dem Auslu des Völkerrechts diese Struktur auf eine Teltordnung hin orientieren zu können. Ansichts der Trümmer erschien das politisch rwünschte nicht nur politisch möglich, sondern geradezu als eine Forderung der Logik. Wie Phönix aus der Asche sollte aus den Schlachtfeldern eine neue Ordnung aufgehen, in der es keinen Krieg mehr gab. Um dafür ein Mahnmal zu errichten, wurde der Krieg zum Verbrechen erklärt.

Das Denken, das den Prozessen zugrunde lag, war politischer Idealismus — gepaart mit Optimismus, Sendungsbewußtsein und Kreuzzugs-gedanken.

VII. Die Bedeutung der Prozesse

Die Verfahrensmöglichkeiten der Alliierten nach dem Krieg enn man sich die Frage stellt, warum die egermächte nach dem Zweiten Weltkrieg rafprozesse durchgeführt haben, muß man gleich auch überlegen, welche Möglichkeiten nen überhaupt zur Verfügung gestanden ben, um einen Schlußstrich unter das Verngene zu ziehen. waren dies eine Generalamnestie, ein polieher Akt oder ein Strafprozeß. Der erste mkt war absolut irreal. Angesichts der Veristung und der Menschenverluste in der nzen Welt war die Atmosphäre so emonsgeladen, daß eine solche Entscheidung sgeschlossen war. Die weisen Worte von pst Innocenz L, geschrieben am 13. Dezemr 414, scheinen in einer Zeit ideologischer rnichtungskämpfe wie aus einer anderen 21t zu sein:

Tenn von Völkern oder einer großen Menge sündigt wird, so pflegt dies ungesühnt rchzugehen, da wegen der großen Zahl ht gegen alle vorgegangen werden kann, shalb, so sage ich, muß das Vergangene n Urteil Gottes überlassen bleiben, und die Zukunft mit äußerster Anstrengung rgebeugt werden" j öffentliche Meinung war eine Macht, der i auch der weitblickendste Politiker nicht te entziehen können, da sie seit Jahren mit pagandaparolen aufgeputscht war. Darüber aus war soviel Unrecht geschehen, waren viele Greueltaten begangen worden, daß sich wohl auch jedes Gerechtigkeitsgefühl dagegen aufgelehnt hätte, wäre man einfach zur Tagesordnung übergegangen. 2. Strafprozesse zwischen Recht und Politik Es verblieben demnach noch zwei reale Möglichkeiten. Ein „Akt der hohen Politik" war die eine, nämlich die ehemalige politische nationalsozialistische Führungsschicht aufgrund der militärischen Überlegenheit der Sieger zu erschießen oder anderweitig zu bestrafen. Dies hätte wohl der damaligen emotionalen Betrachtungsweise vieler Menschen entsprochen, hätte wohl auch bei Deutschen selbst Zustimmung gefunden, die — teilweise entrüstet über die erst jetzt bekanntgewordenen Verbrechen, teilweise, um sich möglich schnell von jenem Alptraum zu befreien — eine sofortige Abrechnung vorgezogen hätten. In England bestand durchaus die Tendenz, einem militärischen Verfahren den Vorzug zu geben Es sei hier an das Wort Churchills erinnert, der einmal sagte: „Uber Schlachtfeldern wächst Gras, über Galgen nie". Bismarck hat sich über die Problematik von Strafprozessen nach einem Krieg in folgendem Sinn geäußert: „Allerdings ist die öffentliche Meinung nur zu geneigt, politische Verhältnisse und Ereignisse in der Weise von privatrechtlichen und privaten überhaupt aufzufassen und unter anderem zu verlangen, daß bei Konflikten zwischen Staaten der Sieger sich mit dem Moralkodex in der Hand über den Besiegten zu Gericht setzt und ihn für das, was er gegen ihn, womöglich auch für das, was er gegen andere begangen, zu Strafe zieht. Ein solches Verlangen ist aber völlig ungerechtfertigt. Es stellen, heißt die Natur politischer Dinge, unter welche die Begriffe Strafe, Lohn, Rache nicht gehören, völlig mißverstehen, ihm entsprechen, hieße das Wesen der Politik fälschen. Die Politik hat die Bestrafung etwaiger Versündigungen von Fürsten und Völkern gegen das Moralgesetz der göttlichen Vorsehung, dem Lenker der Schlachten zu überlassen."

Am wenigsten war die Problematik eines solchen Strafprozesses wohl den russischen Verantwortlichen bewußt, da für sie Schauprozesse zur politischen Praxis gehören. Bei den anderen Siegerstaaten, vor allem bei den Amerikanern, war wohl neben dem ausgeprägten Rechtsdenken auch eine gewisse Selbstrechtfertigung mit im Spiel, die den Weg eines Prozesses einschlagen ließ. Otto Kranzbühler sieht geradezu in dem politischen Zweck der Rechtfertigung der harten amerikanischen Besatzungspolitik das Hauptmotiv für die Verfahren: Sie sollten dazu dienen, die deutsche Kriegführung für illegal zu erklären und die amerikanischen Maßnahmen zu rechtfertigen; man wählte dieses Vorgehen, um die Kriegsschuld durch Gerichtsurteil und nicht durch einfache widerrufbare Erklärung festzustellen; zur Rechtfertigung der amerikanischen Propaganda; die Generalsprozesse dienten dazu, die Entmilitarisierung moralisch zu untermauern; die Industrieprozesse der Demontage und dem Ruhrstatut; der Diplomatenprozeß dem Verbot der deutschen Außenpolitik

Wir glauben nachgewiesen zu haben, daß eine solche Sicht von den den Prozessen zugrunde liegenden Motiven zu einseitig und wohl auch nicht richtig ist. Die Prozesse einzig als Ausdruck einer geschickt kaschierten Macht-politik der Besatzungsmächte zu verstehen, heißt das oben dargelegte spezifische politische Denken auf amerikanischer Seite außer acht lassen. Das in der Literatur häufig anzutreffende Argument, es habe sich in Nürnberg um ein politisches Verfahren gehandelt, impliziert den Vorwurf einer Rechtsbeugung zugunsten politischer Ziele. Hierzu ist zu sagen, daß es durchaus legitim ist, daß sich in dieser Situation der politische Gestaltungswille in der Form eines Prozesses artikuliert. Ein auf der faktischen Macht beruhendes Vorgehen ist bestimmt nicht einleuchtender. Wesentlich ist daher nicht, daß hinter dem Prozeß ein bestimmter politischer Wille stand, sondern die Frage, ob diese politische Intention sich des prozessualen Gewandes nur bediente, um für willkürliche Maßnahmen der Macht den Schein des Rechts zu wahren, oder ob die politische Intention nur in diesem Rahmen Gestalt gewinnen konnte. Selbstverständlich waren es politische Gründe, die zur Verwirklichung der Prozesse geführt haben, nämlich der Wille, mit der Bestrafung der am und im Krieg Schuldigen ein Exempel zu statuieren, um den Frieden hinfort zu sichern. Da dieser Wille aber keineswegs dem Wesen der Gerechtigkeit entgegengesetzt war, kann man nicht von Rechtsbeugung sprechen. Es ist durchaus die Aufgabe der Politik, über bestehende Ordnung hinaus Neues zu entwickeln und auch rechts-schöpferisch tätig zu sein. 3. Die dreifache Aufgabe der Prozesse Das Problem der Nürnberger Prozesse ist nicht so sehr die Frage, inwieweit sie Verfahren zwischen Politik und Recht waren — Politik und Recht bedingen einander —, es resultiert vielmehr aus der Tatsache, daß die Ziele der Prozesse zu weitgesteckt waren. Die Prozesse kranken an ihrer dreifachen Aufgabe: Bestrafung, Friedenssicherung, Weiterentwicklung des Völkerrechts.

Der umstrittene Punkt des Verbrechens gegen den Frieden wäre nicht notwendig gewesen, um die Angeklagten ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Hätte man sich darauf beschränkt, Kriegs-und Menschlichkeitsverbrechen zu ahnden, dann hätte man den Kritikern weit weniger Angriffsfläche geboten. Der Gedanke, zur politischen Gesundung beizutragen, eine historische Mission mit der Verurteilung einer Ideologie erfüllen zu müssen, war den Prozessen abträglich. Prozesse sind zweifelhafte Geschichtsquellen. 4. Beurteilung und Wertung Untersucht man einmal einen repräsentativen Ausschnitt aus der reichhaltigen völkerrechtlichen Literatur auf die jeweilige Wertung der Prozesse, so ist festzustellen, daß eine kritische Beurteilung vorherrscht und daß man eine endgültige Beurteilung der zukünftigen Entwicklung zuweist. Die Frage über die Bedeutung der Verfahren konzentriert sich zumeist darauf, ob von den Nürnberger Urteilen und den dort angewandten Prinzipien Präzedenz-Wirkung ausgegangen ist. Hat der Versuch der eger, das Völkerrecht weiterzuentwickeln, im ternationalen Bereich positive Auswirkunen gehabt? War die Friedensidee nur ein höner Traum? Es seien hier nur einige enige Stimmen zitiert, um den Tenor vieler usführungen zu charakterisieren. ustav Radbruch (1946)

Manche juristische Bedenken, welche gegen e Rechtsgrundlagen dieses Verfahrens vor-bracht worden sind, müssen zurücktreten nter dem großartigen Rechtsfortschritt, der ch in Nürnberg ankündigt. Eine doppelte Artbildung des Völkerrechts ist dort im Wer-m: das Völkerrecht soll zu einer Rechtsording werden, die nicht nur die Staaten verliebtet, vielmehr auch die Staatsmänner und aatsbürger; und dies auch die Einzelnen verlichtende Strafrecht soll durch ein neu zu hassendes Völkerstrafrecht gewährleistet erden. Fortan wird auch der Mann der Feder, r nur befiehlt und die eigenen Hände nicht it Schmutz oder Blut besudelt, mit seiner rson haften für das, was unter seinem Banne idere ausgeführt haben. Wo bei Staatsmänrn das Gewissen nicht mehr spricht, wird in ikunft vielleicht die Drohung der Strafe eine irksamere Sprache führen. Ob dieser Forthritt in Nürnberg sich wirklich vollzogen iben wird, kann freilich erst eine Zukunft hren, in der nicht nur der Besiegte von einem richte der Sieger, sondern bei gleicher huld auch Mächtige unter dem Richterspruch r doch noch mächtigeren Gesamtheit der ationen sich werden verantworten müssen." mdolph Churchill (1946) ) as Ergebnis des Nürnberger Prozesses wird eitgehend gefeiert, weil es einen Präzedenz11 dazu darstellte, daß Politiker und militäiche Führer, die sich künftig verschwören, nen Angriffskrieg zu unternehmen, bestraft irden.

is ist eine bewunderungswürdige Idee. Aber in sollte nicht übersehen, daß der Haupt-und dafür, daß sich die Naziführer vor Geht fanden, nicht darin bestand, daß sie Krieg hrten, sondern darin, daß sie den Krieg verren. Künftige Historiker werden daher wahreinlich berichten, daß die eigentliche Bedeung von Nürnberg darin bestand, einen Prä-zedenzfall dafür zu schaffen, daß die Besiegten von den Siegern abgeurteilt und getötet werden. Ob das die Sache der Weltzivilisation wesentlich fördern wird, erscheint zweifelhaft."

Hans Kelsen (1947) „Wenn die im Nürnberger Prozeß angewandten Prinzipien zu einen Präzedenzfall werden würden — eher zu einem legislativen als zu einem judikativen Präzedenzfall —, dann würden nach dem nächsten Krieg die Regierungen der Siegerstaaten die Regierungsmitglieder der besiegten Staaten anklagen wegen Verbrechen, die einseitig und mit rückwirkender Kraft von den ersteren festgesetzt wurden. Wir wollen hoffen, daß es keinen solchen Präzedenzfall gibt."

Karl Jaspers (1962) „Die angelsächsische Idee war großartig. Es schien uns damals, daß schon etwas aus der Zukunft leuchtete, was die Menschenwelt verwandeln würde: Schaffen eines Weltrechts und eines Weltzustandes, in dem durch die gemeinsame Kraft der größten Mächte die Verbrechen, die klar definiert waren, mit Gewißheit geahndet werden ... Jetzt sollte ein neues Zeitalter beginnen. Ein Gerichtshof wurde konstituiert, dessen weitere Entwicklung wir erhofften. Die ewige Sehnsucht des Menschen begann einen Weg der Erfüllung zu sehen. Es war wohl sehr naiv. Ich nahm daran teil, trotz meiner Jahre und obwohl ich viel über Politik nachgedacht hatte ...

Im Gericht saß das bolschewistische Rußland als Staat totaler Herrschaft, der Herrschaftsform nach nicht anders als der nationalsozialistische Staat. Es war also ein Richter beteiligt, der das Recht, auf dem das Gericht gegründet werden sollte, faktisch gar nicht anerkannte ...

Die Hoffnung hat getrogen. Die große Idee ist, wie in früheren Zeiten, nur als Idee, nicht als Wirklichkeit erschienen. Der Prozeß hat nicht einen Weltzustand mit einem Weltrecht begründet...

Er war im Effekt ein einmaliger Prozeß von Siegermächten gegen die Besiegten, bei dem die Grundlage des gemeinsamen Rechtszustandes und Rechtswillens der Siegermächte fehlte. Daher hat er das Gegenteil erreicht von dem, was er sollte. Nicht Recht wurde begründet, sondern das Mißtrauen gegen das Recht gesteigert. Die Enttäuschung ist angesichts der Größe der Sache niederschmetternd."

Man war sich in den ersten Jahren nach dem Krieg durchaus im klaren, daß die Nürnberger Prinzipien weiterentwickelt werden müßten, um die Prozesse zu bestätigen Aber wie die obigen Zitate zeigen, gab es auch schon damals sehr skeptische Stimmen. Die Erfahrung der folgenden Jahre und die internationale Staatenpraxis diktierten den Kritikern bittere Worte: „Man braucht kein Prophet zu sein, um voraussagen zu können, daß die Nürnberger Prozesse in der späteren Geschichte eine ähnliche Rolle spielen werden wie der Kriegsschuldparagraph des Versailler Vertrages, der diesem die formelle Rechtfertigung geliefert hat." „. . . die Nürnberger Rechtsprechung hat die Sicherheit der Welt gegen Krieg nicht um einen Deut erhöht" „Es wird daher nicht behauptet werden können, daß das ad hoc geschaffene . Nürnberger Recht'Aufnahme in das geltende allgemeine Völkerrecht gefunden hat.“

Die Enttäuschung, die vor allem in den Worten von Karl Jaspers zum Ausdruck kommt, resultiert aus dem Gegensatz zwischen den hoch-gesteckten Erwartungen und der Nachkriegs-wirklichkeit. Dieses Hoffen, daß das nunmehr reformierte Völkerrecht die einzige Grundlage der internationalen Beziehungen darstellen und eine Art summa auctoritas sein würde, ist aus der Situation unmittelbar nach dem Krieg verständlich. Jede Umbruchszeit, die neue Anfänge setzt, scheint das Versprechen auf eine bessere, glücklichere, friedlichere Zukunft in sich zu tragen. Die Hochstimmung der Menschen und ihr Optimismus sind um so einsichtiger, als nur der Glaube an die Zukunft die Kraft gibt, die Trümmer der Vergangenheit zu beseitigen. Und dennoch war es, wenn man in politischen Kategorien denkt, ein Trugschluß zu glauben, man könne die Grundlage für eine neue Ordnung schaffen und sich zugleich von den politischen Realitäten entfernen. Die Schaffung des Verbrechens gegen den Frieden hat nicht verhindern können, daß es Kriege gab — in Palästina, in Korea, in Vietnam. Es ist nicht bekannt, daß die Schuldigen bestraft worden sind.

Die Nürnberger Verfahren und die dort behandelten völkerrechtlichen Fragen hatten insofern Nachwirkungen, als viele jener Probleme auch in der UNO behandelt wurden. Am 11. November 1946 erkannte die General-versammlung der Vereinten Nationen die völkerrechtlichen Prinzipien des IMT-Urteils an. Die Völkerrechtskommission legte 1950 der Generalversammlung einen Report mit den Nürnberger Prinzipien vor, ohne daß sie allerdings bisher angenommen wurden. 1951 unterbreitete die Völkerrechtskommission der Generalversammlung einen Vertragsentwurf über Vergehen gegen Frieden und Sicherheit der Menschheit. Eine Beschlußfassung wurde 1954 vertagt bis eine Klärung des Begriffes „Angriff" gefunden sei. Am 10. Dezember 1948 gab die Generalversammlung eine Erklärung über die Menschenrechte ab. Am 9. Dezember 1948 wurde die Konvention über die Verhütung und die Bestrafung des Verbrechens des Genocid gebilligt Teilweise jedoch harren die schon in Nürnberg aufgeworfenen Probleme immer noch einer Lösung.

Die Bedeutung der Nürnberger Prozesse liegt nicht im internationalen Bereich, denn ihre Prinzipien stellten teilweise einen Vorgriff auf eine noch nicht vorhandene Ordnung dar. Ihre Bedeutung bezieht sich auf Deutschland. Gerade dadurch, daß sich die Prozesse auf die ehemalige Führungsschicht beschränkten, konnte von ihnen nicht eine dem zukünftigen deutschen Staat schädliche Wirkung, wie die des Versailler Kriegsschuldparagraphen, ausgehen. Es gab keine Kollektivverurteilung des gesamten deutschen Volkes. Da uns nur Kausalität, nicht aber Solidarität mit der geschichtlichen Vergangenheit verbindet, haben wir keinen Grund, die Prozesse instinktiv als eine Schmach für Deutschland abzulehnen. Das für die Prozesse zusammengetragene Material, das zwar wegen seiner Einseitigkeit und seiner Unvollständigkeit sicherlich keine ausreichende Quellengrundlage für den Historiker bildet, spricht jedoch eine so eindeutige Sprache, daß eine nachträgliche Bemäntelung der Beschönigung vieler Handlungen der ationalsozialistischen Machthaber unmöglich t. Auch wenn man auf dem Standpunkt steht, aß Vergangenheitsbewältigung nicht im Gechtssaal zu geschehen habe, so muß festgeellt werden, daß die nun einmal durchge-thrten Prozesse zwar Härten für einzelne enteiten, aber bestimmt keinen Unrechtscharakr besaßen. Eine böswillige Legendenbildung ird daher keine Aussicht auf Erfolg haben. rotz ihrer Ungereimtheiten und Mängel aben die Prozesse doch ein ganz wesentches Verdienst. Sie dienen der Einsicht, das ergangene nicht als ein kollektives, trans-personalesGeschehen zu betrachten, sondern die Funktion des Einzelmenschen zu sehen. Es darf im politischen Bereich kein Zurückziehen in eine schützende Anonymität geben. Der Begriff der tragischen Verstrickung wäre allzu einfach. Zeitumstände und Zeitgeist können als Erklärung, nicht als Entschuldigung dienen. Die Prozesse haben zum erstenmal deutlich gemacht, daß es kein beruhigendes Eingebettetsein in ein System von Befehl und Gehorsam geben darf, in dem sich der einzelne selbst aufgibt, und daß die Übermächtigkeit des Herrschaftsapparates in dem Maße wächst, wie sich der einzelne blindlings in das Handlungssystem eingliedert.

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Fussnoten

Fußnoten

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  6. Otto Kranzbühler, Wert oder Unwert historischer Strafprozesse, in: Studien und Berichte der katholischen Akademie in Bayern, hrsg. von Karl Forster, Würzburg 1962, S. 15.

  7. Nürnberger Prozeß gestern und heute, Berlin 1966, S. 31.

  8. Robert K. Woetzel, The Nuremberg Trials in international law with a postlude on the Eichmann case, London 1962, S. 243 f.

  9. Herbert Wechsler, The Issues of the Nuremberg Trial, in: Political Science Quarterly, Vol. 62, Nr. 1, 1947, S. 26.

  10. Henry L. Stimson, The Nuremberg Trial. Land-mark in Law, in: Foreign Affairs, Vol. 25, Nr. 2, 1047 S 179

  11. Zit. nach Hans Heinrich Jescheck, Die Verantwortlichkeit der Staatsorgane nach Völkerstrafrecht, Bonn 1952, S. 122.

  12. Marcel Merle, Le proces de Nuremberg et le chätiment des criminels de guerre, Paris 1949, S. 59.

  13. Aus der Note vom 14. 10. 1942 (übers.): „Le gouvernement sovietique est pret ä appuyer toutes mesures pratiques tendant ä cette fin, de la part des gouvernements allies et amis, et compte que tous les Etats interesses se donneront une aide mutuelle dans la recherche, la livraison, la comparution devant le tribunal, et le prononce de la sentence devant les Hitleriens et leurs complices coupables de l’organisation, de 1 encouragement, ou de la perpetration de crimes dans les territoires occupes". Zit. nach Merle, a. a. O., S. 60.

  14. Australien, Belgien, Kanada, China, Tschechoslowakei, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Indien, Luxemburg, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Jugoslawien, Polen, England, USA.

  15. „Außerordentliche Staatskommission zur Feststellung und Untersuchung der Verbrechen der Eindringlinge

  16. „Die oben aufgeführten Regierungen und das französische National-Komitee tadeln in der entschiedensten Weise diese bestialische Politik der kaltblütigen Austilgung. Sie erklären, daß ähnliche Ereignisse den Entschluß der freiheitsliebenden Völker, die barbarische Tyrannei Hitlers nieder-zuwerfen, nur verstärken können. Sie bestätigen wieder ihre feierliche Verpflichtung, zusammen mit allen Vereinten Nationen sicherzustellen, daß die Personen, die für diese Verbrechen verantwortlich sind, der verdienten Vergeltung nicht entgehen, und die notwendigen praktischen Maßnahmen zur Erreichung des gestellten Zieles zu beschleunigen." Zit. nach Heinze-Schilling, a. a. O., S. 310 (Urkundenanhang).

  17. Abgedruckt in: Heinze-Schilling, a. a. O., S. 310 bis 313 (Urkundenanhang).

  18. Alliierte Note vom Juli 1943 an neutrale Länder: „Etant donne le developpement de la Situation en Italie, et la possibilite que Mussolini, d’autres fascistes notoires et des personnes coupables de crimes de guerre puissent tenter de chercher un refuge en territoire neutre, le gouvernement de Sa Majeste dans le Royaume-Uni se sent oblige de faire appel ä tous les pays neutres pour qu’ils refusent de donner asile ä aucune de ces personnes, et de declarer qu'il considerait tout accueil, assistance ou protection donnee ä de feiles personnes comme une violation des principes pour lesquels combattent les Nations-Unies, et qu'elles sont determinees ä rendre effectifs par tous les moyens en leur pouvoir". Zit. nach Merle, a. a. O., S. 61 f.

  19. Am 30. 10. unterzeichnet; am 1. 11. veröffentlicht; abgedruckt in Heinze-Schilling, a. a. O., S. 313 (Urkundenanhang).

  20. „Es ist unser unbeugsamer Wille . .. alle Kriegsverbrecher gerechter und schneller Bestrafung zuzuführen . . .". Zit. nach: Dem Frieden entgegen. Dokumente zur Geschichte der Gegenwart, hrsg. v. State Departement der USA, Salzburg 1946, S. 69.

  21. Vgl. Heinze-Schilling, a. a. O., S. 314 (Urkunden-anhang). Art. 11 a: Die hauptsächlichsten Naziführer, die von den Alliierten Vertretern namhaft gemacht werden, und alle Personen, die von Zeit zu Zeit von den Alliierten Vertretern genannt oder nach Dienstgrad, Amt oder Stellung beschrieben werden, weil sie im Verdacht stehen, Kriegs-oder ähnliche Verbrechen begangen, befohlen oder ihnen Vorschub geleistet zu haben, sind festzunehmen und den Alliierten Vertretern zu übergeben.

  22. Potsdamer Erklärung III, 5 und VII; vgl. auch: Dem Frieden entgegen S. 152 u. 161; Heinze-Schilling, a. a. O., S. 314 f.

  23. Erlassen am 18. 10. 1946, abgeändert In der Verordnung Nr. 11 vom 17. 2. 1947; abgedr. bei Heinze-Schilling, a. a. O., S. 327— 332 (Urkundenanhang).

  24. Zum folgenden: Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militär-gerichtshof, Bd. I, Nürnberg 1947.

  25. Lord Richter Lawrence für Großbritannien, Francis Biddle für die USA, Prof. Donnedieu de Vabres für Frankreich, Generalmajor I. T. Nikitschenko für die UdSSR.

  26. Robert H. Jackson (USA), Sir Hartley Shawcross (Großbritannien), Francois de Menthon (Frankreich), General R. A. Rudenko (UdSSR).

  27. Vgl. hierzu Telford Taylor, Die Nürnberger Prozesse, Zürich 1950.

  28. Landsberg. Ein dokumentarischer Bericht, hrsg. v. Information Services Division Office of the US High Commission For Germany, München 1951.

  29. „Dieser Prozeß ist der verzweifelte Versuch der Menschheit, die Strenge des Gesetzes auf die Staatsmänner anzuwenden, die ihre Macht im Staate benützt haben, die Grundlagen des Welt-friedens anzugreifen ...". Jackson, a. a. O., S. 67 f.; vgl. auch Urteil im Wilhelmstraßenprozeß, S. 27 907.

  30. Otto Kranzbühler in: Studien u. Berichte der kath. Akad., S. 18.

  31. Jackson, a. a. O., S. 106.

  32. „Lassen Sie uns geistige Gesundheit wiederherstellen und damit auch die Heiligkeit unserer Verpflichtungen gegeneinander". Shawcross, a. a. O., S. 63.

  33. Vgl. Menthon, a. a. O., S. 41; Sir David Maxwell Fyfe im Vorwort zu R. W. Cooper, Der Nürnberger Prozeß, Krefeld 1947, S. 7: „Diese Prozesse sollen nicht nur Gerechtigkeit nach den Regeln von Recht und Menschlichkeit herstellen, sondern sie verfolgen auch den Zweck, das deutsche Volk mit dem wahren Charakter der falschen Götter bekanntzumachen, die es verehrt hat und denen es blind gefolgt ist. Das deutsche Volk muß aufgeklärt werden über das ganze Ausmaß von Arroganz, Verachtung, Kleinmut und Brutalität, das in der Uniform der SS einherstolzierte. Das deutsche Volk muß lernen, was für Zwerge in den großen schwarzen Stiefeln der Rottenführer, Hauptscharführer, Sturmscharführer und Obergruppenführer daher-klirrten" (zustimmendes Urteil des Richters Musmanno im Prozeß gegen das Wirtschafts-u. Verwaltungshauptamt der SS, S. 23); zit. nach Heinze-Schilling, a. a. O., S. 1, Nr. 2.

  34. Eisenhower, Friede ist mehr als nur ein Wort (Rede vom 16. 4. 1953), hrsg. v. US-Informationsdienst Bad Godesberg.

  35. Walter Lippmann, The Public Philosophy, 1955, S. 26.

  36. Friedrich Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, Bd. II, München 1960/62, S. 259.

  37. New York Herald Tribune, European Edition vom 24. 2. 1948, zit. nach Jescheck, S. 13.

  38. Vgl. Jescheck, a. a. O., S. 356; Herbert Jäger, Verbrechen unter totalitärer Herrschaft. Studien zur nationalsozialistischen Gewaltkriminologie, Freiburg 1967, S. 329.

  39. Jackson, a. a. O., S. 59; Stimson, a. a. O., S. 180.

  40. Bardeche, a. a. O., S. 25 f.

  41. Vgl. Zitate aus den Urteilen bei Heinze-Schilling, a. a. O„ S. 10— 12.

  42. In diesem Sinne E. Wahl, Grundfragen der Nürnberger Prozesse, in: Schriften der Universität Heidelberg, Heft 4, 1950, S. 78; Jescheck, S. 156 und 168 ff.

  43. Erich Kaufmann, Warum konnte der Krieg zum Verbrechen erklärt werden?, in: Schicksalsfragen der Gegenwart. Handbuch politisch-historischer Bildung, hrsg. vom Bundesministerium für Verteidigung, Tübingen 1957, Bd. I, S. 275; Otto Kranzbühler, Nürnberg als Rechtsproblem, S. 222; Je-scheck, a. a. O., S. 156; Berber, a. a. O., S. 242.

  44. Merle, a. a. O., S. 87; Hans Georg Mähler, Die völkerrechtliche Bedeutung des Kriegs-u. Gewalt-verbots durch Kellogg-Pakt und UN-Satzung, München (Diss. jur.) 1965, S. 86 f.

  45. Woetzel, a. a. O., S. 48 ff., 87 ff.

  46. Woetzel, a. a. O., S. 55,

  47. Jescheck, a. a. O., S. 153 f.

  48. Befehl der Regierung ist kein Strafausschließungsgrund.

  49. Herbert Kraus, Gerichtstag in Nürnberg, Hamburg 1947, S. 10; in diesem Sinn auch Merle, a. a. O., S. 87 (une juridiction de circonstance).

  50. So Grewe, a. a. O., S. 24.

  51. „Der Prozeß ist das Ergebnis der Tatsache, daß nicht wir uns von dem verbrecherischen Regime befreit haben, sondern daß wir durch die Alliierten von ihm befreit worden sind". Karl Jaspers, Hoffnung und Sorge. Schriften zur deutschen Politik 1945— 1965, München 1965, S. 95.

  52. Vgl. Referat Smirnows, in: Nürnberger Prozeß gestern und heute, Berlin (Ost) 1966, S. 44.

  53. August v. Knieriem, Nürnberg. Rechtliche und menschliche Probleme, Stuttgart 1953, S. 31; Merle, a. a. O., S. 88.

  54. E. Wahl, Grundfragen der Nürnberger Prozesse, a. a. O„ S. 77; Knieriem, a. a. O., S. 202 ff., 132 ff., 195 ff., 175 ff.; E. Wahl im Vorwort zu August v. Knieriem, Nürnberg, S. XXIV; Kranzbühler, Nürnberg als Rechtsproblem, a. a. O., S 237; anderer Auffassung ist z. B. Stimson, a. a. O„ S. 186.

  55. Vgl. Zitate aus den Urteilen bei Heinze-Schilling, a. a. O., S. 123 ff.

  56. Heinze-Schilling, a. a. O., S. 123, Nr. 601, 602; Kraus, Gerichtstag in Nürnberg, a. a. O., S. 16.

  57. Zitate aus den Urteilen bei Heinze-Schilling, a. a. O., S. 57— 83.

  58. Vgl. v. Knieriem, a. a. O., S. 41— 44.

  59. v. Knieriem, a. a. O., S. 45— 51, 53, 259 u. passim; Erwin Trapp, Die kriegsrechtliche Bedeutung der Nürnberger Urteile, Düsseldorf 1957, S. 22 f.; Maehler, a. a. O., S. 86.

  60. v. Knieriem, a. a. O., S. 53.

  61. Jescheck, a. a. O., S. 212 f., 219.

  62. Z. B. Jescheck, a, a. O., S. 326; v. Knieriem, a. a, O., S. 56; Kranzbühler (in Studien u. Berichte der kath. Akad.), S. 24; Wahl (in Vorwort zu v. Knieriem: Nürnberg), S. XVIII; Pierre Boissier, Völker-recht und Militärbefehl, Stuttgart 1953, S. 57; Kraus (Gerichtstag), S. 13.

  63. Jescheck, a. a. O., S. 323.

  64. „Es kann eine verwickelte Gewissensfrage sein, wenn man gegen den Befehl seiner rechtmäßigen Obrigkeit dem eigenen Urteil oder überstaatlichen Normen zu folgen hat. Kein Staat hat es bisher gewagt, diese Frage für seine eigenen Bürger zu regeln oder gar eine Regelung mit Strafandrohung zu sanktionieren." Zit. nach Kranzbühler (Rückblick), S. 16.

  65. Jaspers, a. a. O., S. 95.

  66. Woetzel, a. a. O„ S. 97, 108, 121.

  67. So äußert sich Jackson in seinem Report an Truman wie folgt: „Wir müssen erklären, daß sie persönlich verantwortlich sind, und ich sage frei, daß zu unserer Unterstützung dafür das Völker-recht, so wie es die letzten Jahre über bestanden hat, unbestimmt und schwach ist" (S. 331).

  68. Shawcross, a. a. O., S. 19.

  69. Vgl. Heinze-Schilling, a. a. O., S. 111— 117, 125 bis 132.

  70. Kaufmann, a. a. O., S. 285.

  71. § 47 Reichsmilitärstrafgesetzbuch von 1872; Oppenheim, International Law, § 253, 1926 ä.

  72. Vgl. dazu v. Knieriem, a. a. O., S. 264 ff.; Kaufmann, S. 285; Jescheck, a. a. O., S. 260; Das Manual hatte allerdings keinen GesetzescharakterI

  73. Wie z. B. Boissier, a. a. O., S. 52; Kranzbühler (in Studien u. Berichte der kath. Akad.), S. 29; Grewe, a. a. O., S. 20; Karl Siegert, Repressalie, Requisition und höherer Befehl. Ein Beitrag zur Rechtfertigung der Kriegsverurteilten, Göttingen 1953, S. 38.

  74. v. Knieriem, a. a. O., S. 274.

  75. Jescheck, a. a. O., S. 261.

  76. v. Knieriem, a. a. O., S. 262.

  77. Befehl Hitlers zu Anfang des Rußlandfeldzuges, kriegsgefangene sowjetische Kommissare zu erschießen.

  78. Er bestimmte, daß feindliche Kommandotrupps, auch in Uniform, nicht gefangenzunehmen, sondern „im Kampfe" zu erschießen sind.

  79. Widerstandskämpfer wurden ohne Benachrichtigung der Verwandten nach Deutschland gebracht und in der Regel in ein KZ verschickt.

  80. Hans Buchheim, Anatomie des SS-Staates, Freiburg 1965, Bd. I, S. 259 ff.

  81. Hans Buchheim, a. a. O., S. 266.

  82. Hans Buchheim, a. a. O., S. 328.

  83. Hans Buchheim, a. a. O., S. 274 f.; Herbert Jäger, a. a. O., S. 351.

  84. Jäger, a. a. O., S. 51 f.

  85. Jäger, a. a. O., S. 94— 122, 71.

  86. A. Mosel (in Studien und Berichte der kath. Akad.), S. 51 ff.

  87. „International law ist not a body of authorative codes or statues; it is the gradual expression, case by case, of the moral judgments of the civilized world." Stimson, a. a. O., S. 180. Donnedieu de Vabres spricht von einem „droit coutumier", a. a. O„ S. 500 ff.

  88. Grewe, a. a. O., S. 46.

  89. Jürgen v. Kempski, Krieg als Straftat, in: Merkur, Jg. 1, Heft 1, 1947, S. 38 f.

  90. H. Wechsler, a. a. O., S. 25.

  91. Vgl. IMT-Urteil, in: Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg, Bd. 22, Nürnberg 1947, S. 523; Heinze-Schilling, a. a. O., S. 3, Nr. 10, S. 47 bis 56; Shawcross, a. a. O., S. 6 f., 20 f.; Jackson, a. a. O., passim.

  92. Hans Kelsen, Will the Judgment in the Nuremberg Trials constitute a Precedent in International Law?, in: International Law Quarterly 1, 1947, S. 165.

  93. In dem Sinne Woetzel, a. a. O., S. 115.

  94. Menthon, a. a. O., S. 8; Jackson, a. a. O., S. 57.

  95. „. . . that we lacked the courage to enforce the authoritative decision of the international world .. . That we have finally recognized our negligence and named the criminals for what they are is a piece of righteousness too long delayed by fear.“ Stimson, a. a. O., S. 184.

  96. Vgl. Konferenzbericht der Humbold-Universität anläßlich des 20. Jahrestages des Beginns des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses: Nürnberger Prozeß — Gestern und heute, Berlin (Ost) 1966, S. 14, 15, 33 und an vielen anderen Stellen.

  97. Heinze-Schilling, a. a. Ö., S. 300 (Urkundenanhang).

  98. Vgl. Jescheck, a. a. O., S. 69 f.; Merle, a. a. O., S. 35 f.; Kaufmann, a. a. O., S. 277.

  99. Art. 1 „Les Hauses parties contractantes affirment que la guerre d’agression constitute un crime international ..." Jescheck, a. a. O., S. 71; Merle, a. a. O„ S. 36.

  100. Von 19 Staaten unterzeichnet, darunter Frankreich, Italien, Japan, Holland, Schweden, Norwegen, Dänemark, Schweiz, aber nicht Großbritannien.

  101. Heinze-Schilling, a. a. O„ S. 300 f. (Urkundenanhang); Merle, a. a. O., S. 36 f.; Jescheck, a. a. O., S. 71 f.; Kaufmann, a. a. O., S. 281.

  102. Jescheck, a. a. O., S. 73 f.; Merle, a. a. Q., S. 37 f.; Heinze-Schilling, a. a. O., S. 301 f. (Urkundenanhang). Vgl. die Interpretation des polnischen Delegierten Sokal, auf dessen Initiative die Erklärung zurückging: „Tout en etant d’accord pour estimer que le projet de resolution ne constitue pas un Instrument juridique proprement dit, augmentant de faon concrete la securite et se süffisant ä luimme, la troisieme Commission a ete unanime ä en apprecier la grande portee morale et educative." Zit. nach E. Wahl (Grundfragen), a. a. O., S. 85.

  103. Kaufmann, a. a. O., S. 281 f.

  104. Merle, a. a. O., S. 38.

  105. Unterzeichnet von Deutschland, Belgien, Frankreich, Großbritannien und Italien.

  106. Zwischen Deutschland einerseits und Belgien, Frankreich, Polen und der Tschechoslowakei. Vgl. Jescheck, S. 72, 68; Merle, S. 38 f.

  107. Jescheck, a. a. O., S. 75? Merle, a. a. O., S. 40 f.

  108. Vgl. Jürgen v. Kempski, a. a. O., S. 29.

  109. Vgl. Zitate aus ‘Jrteilen, die ich darauf stützen, bei Heixize-Schilling, a. a. O., S. 177— 181.

  110. Abgedr. bei Heinze-Schilling, a. a. O., S. 302 (Urkundenanhang).

  111. So sagte Briand: „Consideree jadis comme le droit divin et demeuree dans l'etique internationale comme une prerogative de la souverainete, une pareille guerre est enfin destituee juridiquement de ce qui constituait son plus grave danger: sa legitimite. Frappee desormais d’illgalit, eile est soumise au regime conventionnel d'une veritable mise hors la loi ...". Zit. nach Jescheck a. a. O., S. 77; auch Merle, a. a. O., S. 41- 45; Trapp, a. a. O., S. 19- 29.

  112. Trapp, a. a. O., S. 19.

  113. So Kaufmann, a. a. O., S. 278 ff.; Grewe, a. a. O., S. 41 f.; Woetzel, S. 154.

  114. So Fritz Bauer, Die Kriegsverbrecher vor Gericht, Zürich 1945, S. 77.

  115. So Grewe, a. a. O., S. 43; auch Jescheck, a. a. O., S. 79.

  116. Wahl, a. a. O„ S. 841.

  117. Vgl. Kaufmann, a. a. O., S. 279; Merle, a. a. O., S. 45.

  118. Donnedieu de Vabres, Le proces de Nuremberg devant les principes modernes du droit penal international, in: Recueil des Cours de l'Academie de Droit International, Bd. 70, 1947 I, S. 500 ff.

  119. D.de Vabres im Vorwort zu Merle, a. a. O., S. VIII.

  120. Karl S. Bader, Politische und historische Schuld und die staatliche Rechtsprechung, in: Studien und Berichte der kath. Akademie, S. 119.

  121. Hans-Jürgen Schlochauer, Das Problem der Friedenssicherung in seiner ideengeschichtlichen und völkerrechtlichen Entwicklung, Köln 1946.

  122. Ihren Niederschlag fand die Arbeit der Kommission in den Strafbestimmungen des Versailler Friedens (Art. 227, 228, 229, 230). Der Kaiser sollte gemäß Art. 227 vor einem besonderen Gerichtshof „wegen schwerster Verletzung des internationalen Sittengesetzes und der Heiligkeit der Verträge" angeklagt werden. Es handelte sich dabei um einen Akt der hohen Politik (une question de haute politique internationale) in der Form eines Prozesses, wie die Alliierten in einer Denkschrift vom 19. Juni 1919 erklärten. Die deutsche Regierung sollte angeklagte Kriegsverbrecher ausliefern, die dann vor den nationalen bzw. gemischten Militär-gerichten abgeurteilt werden sollten. Die Bestrafung des Kaisers scheiterte am Widerstand der holländischen Regierung, dem Auslieferungsersuchen stattzugeben, da die Beschuldigung politischer Natur sei. Das alliierte Auslieferungsersuchen an Deutschland (896 Personen, darunter Hindenburg) scheiterte am Widerstand der deutschen Reichsregierung, die damit verbundene innenpolitische Schwierigkeiten geltend machte. Schließlich erklärten sich die Alliierten bereit, die Verfahren gegen nunmehr 45 Personen dem deutschen Reichsgericht zu übergeben. Die Verfahren vor dem Obersten Reichsgericht in Leipzig führten zu sechs Verurteilungen. Die Alliierten erhoben zwar scharfe Vorwürfe, erneuerten aber ihre Auslieferungsgesuche nicht mehr.

  123. Jaspers, a. a. O., S. 77 ff.

  124. Kaufmann, a. a. O., S. 283 f.

  125. Margret Boveri, Der Diplomat vor Gericht, Ber1-Hannover 1948.

  126. Zit. nach Boveri, a. a. O., S. 29.

  127. Kranzbühler (Rückblick), a. a. O., S. 23.

  128. „Die Zuflucht der Angeklagten kann nur die Hoffnung sein, das Völkerrecht werde so weit hinter dem moralischen Bewußtsein der Menschen zurückbleiben, daß, was vor dem sittlichen Empfinden als Verbrechen gilt, vor dem Gesetz nicht als Schuld betrachtet werde." Jackson, a. a. O., S. 69.

  129. Jackson, a. a. O., S. 68.

  130. Konferenzen und Verträge — Vertrags-Plötz, Teil 2, Bd. 4 a, hrsg. v. Rönnefarth-Euler, Würzburg 1959, S. 24.

  131. Erich Angermann, Die Vereinigten Staaten von Amerika (dtv Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, Bd. 7), München 1966, S. 41.

  132. Angermann, a. a. O., S. 198.

  133. Abgedr. im Vertrags-Plötz, a. a. O., S. 200.

  134. jZit. nach Wahl (Vorwort zu v. Knieriem), a. a. O., XIV. Corpus Iuris Canonici: Decreti Secunda s, Causa I, Quaestio VII, C. XIV.

  135. Vgl. Kaufmann, a. a. O., S. 272 f.

  136. Zit. nach Bauer, a. a. O., S. 38.

  137. Kranzbühler (Rückblick), a. a. O., S. 21 ff.

  138. Gustav Radbrudi im Vorwort zu Jackson, Staat d Moral, a. a. O., S. 5 f.

  139. Randolph Churchill in einem Artikel der . Conental Daily Mail“ vom 8. 10. 1946, zit. nach ewe, a. a. O., S. 93

  140. Hans Kelsen, a. a. O., S. 171.

  141. Karl Jaspers, a. a. O., S. 147 ff.

  142. Vgl. D.de Vabres, Le proces de Nuremberg ..., S. 577; Philip C. Jessup, The Crime of Aggression and the Future of International Law, Political Science Quarterly, Vol. 62, Nr. 1, 1947, S. 4; Wechsler, a. a. O., S. 26.

  143. Wahl, a. a. O., S. 77.

  144. Kranzbühler (in Studien u. Berichte der kath. Akad.), a. a. O., S. 33.

  145. Kaufmann, a. a. O., S. 194.

  146. Woetzel, a. a. O. r S. 232— 244; sehr kritisch Berber, a. a. O., S. 261 f.

Weitere Inhalte

Jürgen Weber, cand, phil., geb. am 19. September 1944, Studium der Politikwissenschaft, Romanistik und Geschichte in Mainz und Straßburg, promoviert z. Z. über den Europarat. Veröffentlichungen: Die demokratische Alternative zum Kommunismus, in: Politische Studien, 19. Jg., H. 178, 1968; Die Bemühung der Beratenden Versammlung des Europarats um Effektivität, in: Europa-Archiv, 23. Jahr, H. 19, 1968.