I. Definition des Begriffs
Eine Bestimmung dessen, was heute unter dem Begriff „Entwicklungsländer" verstanden werden will, ist außerordentlich schwierig. Das Problem der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und des Fortschritts — und damit auch das der Versuche, Einfluß darauf von außen zu nehmen — hat in der Geschichte immer eine bedeutsame Rolle gespielt und bereits im Altertum ähnliche Fragen aufgeworfen sowie ähnliche politische, wirtschaftliche und geistige Konfliktstoffe erzeugt wie heute. Wenn dennoch die Entwicklungsproblematik der Gegenwart ihr eigenes und besonderes Gewicht hat, so ist dies insbesondere auf die veränderten politischen, ökonomischen und geistigen Kräftekonstellationen nach dem Zweiten Weltkrieg zurückzuführen.
Heute wird der Terminus „Entwicklungsländer" in erster Linie zur Kennzeichnung des ökonomisch bestimmbaren Unterschiedes zwischen den hochindustrialisierten und den wenig oder überhaupt nicht industrialisierten Ländern der Welt herangezogen. Demgemäß sind die Entwicklungsländer ganz allgemein dadurch gekennzeichnet, daß in ihnen der wirtschaftliche Wohlstand ein im Vergleich zu den Industrieländern erheblich niedrigeres Niveau hat. Die aus dieser Feststellung abzuleitende Schlußfolgerung müßte sein, daß bei einem vergleichbaren Zusammenwirken der klassischen Produktionsfaktoren Arbeitskraft, Boden (auch Bodenschätze) und Kapital (Produktionsmittel und die dafür notwendigen technischen und organisatorischen Fähigkeiten: „Knowhow") der Ausgleich des Wohlstandsgefälles in erster Linie ein Zeitproblem ist.
Nach dieser Begriffsanwendung würden zu den Entwicklungsländern außer den Industrieländer Europas (einschließlich der Sowjetunion), den USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika und Japan alle Länder und Gebiete der Erde zu zählen sein. Die Entwicklungsländer erstrecken sich mithin vornehmlich auf die subtropischen und tropischen Gebiete, die auf der südlichen Halbkugel der Erde liegen, also auf den Bereich der sogenannten farbigen oder früheren kolonialen Welt. Von den heute rund drei Milliarden Menschen der Erde leben nach dieser Einteilung mehr als zwei Milliarden, also mehr als 70 v. H., in den Entwicklungsländern und rund 900 Millionen, also knapp 30 v. H., in den Industrieländern.
Wie unbefriedigend eine solche Definition und Aufgliederung aber bleibt, ist allein aus der Tatsache zu ersehen, daß auch in den Industrieländern selbst zum Teil unausgeglichene ökonomische Verhältnisse festzustellen sind, für die häufig sogar ein relativ starkes Entwicklungsgefälle in einem einzigen Land charakteristisch ist. Typische Beispiele für die regionale Unterentwicklung innerhalb des Bereiches der Industrieländer sind: Griechenland, Jugoslawien, Irland, Portugal, Spanien und Süditalien. Auch ein großer Teil der europäischen Ostblockländer ist zu diesem Kreis zu rechnen. Es bedarf deshalb einer näheren Analyse der heutigen Problematik der Entwicklungsländer.
II. Ursachen und Merkmale der Unterentwicklung
1. Ökonomische Grundlagen Vergegenwärtigt man sich das Ausmaß des Entwicklungsgefälles, das heute noch unverändert den Unterschied zwischen den Industrie-ländern und den nicht oder nur wenig industrialisierten Ländern kennzeichnet, so wird deutlich, daß den wirtschaftlichen Fragen ein überragendes Gewicht für die Lösung der Probleme Asiens, Afrikas und Lateinamerikas beigemessen werden muß. a) Entwicklungsgetälle Nach Berechnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die sich auf Statistiken der Volkseinkommen für den Jahresdurchschnitt 1936— 1940 stützen, hatten bei Kriegsbeginn 67 v. H.der damaligen Erdbevölkerung ein Durchschnittseinkommen von nicht mehr als 41 US-Dollar pro Kopf und Jahr, 16 v. H. ein solches von etwa 154 US-Dollar und nur 17 v. H. ein Durchschnittseinkommen von 461 US-Dollar. Noch 19. 50 wurden in den Ländern des Fernen Ostens, in denen zu dieser Zeit etwa die Hälfte der Menschheit wohnte, nicht mehr als 10 v. H.des Gesamtproduktes der Erde produziert, während demgegenüber in den USA und in Kanada, mit einem Anteil von nur 7 v. H. an der Weltbevölkerung, fast 43 v. H. produziert wurden. Die sich schon in diesen wenigen Zahlen dokumentierende radikale internationale Ungleichheit hat sich bis heute nicht geändert. Zwar konnte das Durchschnittseinkommen pro Kopf der Bevölkerung in den Entwicklungsländern bis etwa zur Gegenwart auf annähernd 100 US-Dollar erhöht werden, doch drückt sich in dieser Zahl vornehmlich die Preisentwicklung nach dem Kriege aus und nicht etwa eine Verbesserung des Lebensstandards. Das Durchschnittseinkommen in den westlichen Industrieländern liegt zudem heute bei weit mehr als 800 US-Dollar, im Falle der USA sogar bei rund 2000 US-Dollar. b) Demographische Probleme Dieses ohnehin schon krasse ökonomische Mißverhältnis ist durch eine weitere Gegebenheit in Gefahr, sich noch erheblich zu verschlechtern, nämlich durch das überraschend schnelle Wachstum der Bevölkerung. Die Rate des Bevölkerungszuwachses beträgt z. B. in Asien jährlich ungefähr 1, 7 v. H., das sind ca. 25 Millionen Menschen. Bleibt diese Zuwachsrate vorerst gleich, woran nicht zu zweifeln ist, so wird der absolute jährliche Zuwachs bereits etwa 1970 50 Mill. Menschen betragen und die Gesamtbevölkerung Asiens im Jahre 1985 auf mehr als 3 Mrd. Menschen gestiegen sein. Sie wird also damit die Zahl aller gegenwärtig auf der Erde Lebenden erreicht, wenn nicht sogar überschritten haben. Es gibt noch keinerlei Anzeichen dafür, daß die unvermindert hohen Geburtenraten, die in den bevölkerungsstärksten Entwicklungsländern aller Kontinente sogar noch höher liegen — zum Teil sind es zwei v. H. im Jahr oder mehr — in absehbarer Zeit sinken werden. Demgegenüber konnte durch den Einsatz modernster hygienischer Mittel eine schnelle Senkung der Sterblichkeitsrate erreicht werden: Diese Tatsache kann zwar als das erfreuliche Ergebnis einer weltweiten internationalen Kooperation gewertet werden, obwohl diese Erfolge anderseits zu einer erheblichen Verschärfung der sozialen Spannungen in den Entwicklungsländern führten. Das Wachstum der Bevölkerung hat ökonomisch stagnierend gewirkt und zur Folge gehabt, daß jede mühsam erzielte Produktivitätssteigerung gewissermaßen sofort wieder „aufgegessen" wurde. c) 'Weltwirtschaftliche Einordnung Weltwirtschaftlich ist die Stellung der Entwicklungsländer noch immer weitgehend durch ihre handelspolitische Ausrichtung auf die Produktionsstrukturen der Industrieländer geprägt. Sie stellen fast ausnahmslos Monokulturen dar, erzeugen also landwirtschaftliche und industrielle Rohstoffe, welche die Industrieproduktion der Industriestaaten ergänzen. Nach Angaben des GATT tauschten die westlichen Industrieländer Anfang der sechziger Jahre insgesamt 60 v. H. ihrer Ausfuhren untereinander aus, die Entwicklungsländer hingegen nur 30 v. H. Von den Entwicklungsländern lieferten die nichteuropäischen Länder des Sterlingraumes nur etwa 11 v. H., die lateinamerikanischen Länder nur 9 v. H. und die früheren überseeischen Kolonien Europas sogar nur etwa 6 v. H. ihrer Gesamtexporte jeweils in den eigenen Raum.
Diese Zahlen haben sich in den letzten Jahren eher verschlechtert als verbessert. Sie zeigen, daß die Wirtschaft der Entwicklungsländer noch heute aus einem untereinander und zur Weltwirtschaft nur wenig arbeitsteiligen Binnenkreislauf besteht, der in der Regel von der landwirtschaftlichen Produktion — und hier sogar noch weitgehend von der Produktion für die Eigenversorgung — sowie von der Produktion industrieller Rohstoffe bestimmt wird. Diese Zahlen zeigen weiterhin, daß nur durch eine Umstrukturierung der Austauschverhältnisse in der gesamten Weltwirtschaft nach Ausrichtung, Umfang und Zusammensetzung den wirtschaftlichen Problemen der Entwicklungsländer beizukommen ist.
Gerade hieraus ergeben sich für die Industrieländer mit marktwirtschaftlicher Ordnung einige schwerwiegende Probleme. Vorerst müssen die Entwicklungsländer vor allem danach streben, den Absatz ihrer Erzeugnisse im Ausland, vor allem auf den Märkten der westlichen Industrieländer, sowohl mengenmäßig als auch preislich langfristig sicherzustellen. Die Weltmarktpreise für diese Erzeugnisse waren jedoch seit Kriegsende immer sehr starken Schwankungen unterworfen. Ein langfristiger Absatz zu festen Preisen setzt auch die Bereitschaft der Industrieländer voraus, einen Teil ihrer landwirtschaftlichen und industriellen Rohstoffimporte mit Preisen zu bezahlen, die oft weit über denen auf dem Weltmarkt liegen. d) Handelspolitische Probleme Kein marktwirtschaftlich orientierter Staat kann aber seine Wirtschaft ohne Gefahren für die von ihm vertretene Wirtschaftsordnung zu solchem Handeln zwingen. Darauf ist es in erster Linie zurückzuführen, daß die Industrieländer bisher nicht in der Lage gewesen sind, den Entwicklungsländern bei der Lösung ihrer handelspolitischen Probleme wirksam zu helfen. Auch die Bemühungen über-und internationaler westlicher Organisationen, der Regierungen oder sogar der Wirtschaft über ihre Selbstverwaltungsorgane unmittelbar, diese schwierigen Probleme zu lösen, haben bisher zu keinem Ergebnis geführt. Untersuchungen der Vereinten Nationen sowie des GATT und auch die Beratungen der Welthandelskonferenzen in Genf 1964 und in New Delhi 1968 zeigen, daß sich unter den gegebenen weltwirtschaftlichen Bedingungen langfristig wirksame handelspolitische Lösungsmöglichkeiten kaum anbieten. Soweit die von den Entwicklungsländern angestrebten Stabilisierungsmaßnahmen durch entsprechende Abkommen mit Industrieländern bisher überhaupt praktiziert worden sind, haben sie im Zv eifelsfolle zu einem kurzfristigen Entlastungseffekt geführt, nicht aber ein stetiges Ansteigen der Volkseinkommen bewirkt, das überhaupt erst die Voraussetzung für den für die Entwicklungsfinanzierung notwendigen Kapitalbildungsprozeß schafft.
Alle Erfahrungen mit Bestrebungen der Entwicklungsländer zeigen, daß mit solchen Stabilisierungsmaßnahmen noch nichts Entscheidendes für deren langfristige, organische wirt-13 schaftliche Entwicklung getan wird. Sie bergen im Gegenteil sogar die Gefahr in sich, daß die monokulturellen Produktionsstrukturen nicht nur nicht geändert, sondern vielmehr noch stärker ausgeweitet werden. e) Technische Lücke Die Probleme der Entwicklungsländer werden schließlich noch dadurch erheblich verschärft, daß sich auch die Industriestaaten in einer Entwicklung befinden, die stürmischer ist als jemals zuvor. Mit der Nutzung der Kernchemie, der Polymerisationschemie, der modernen Fabrikationstechnik usw. wurde ein völlig neues Tempo der Weiterentwicklung möglich und sind dynamische Kräfte freigesetzt worden, welche die hochentwickelten Länder in die Lage versetzen, durch planmäßige Forschung Entwicklungssprünge in völliges Neuland zu unternehmen. An die Stelle der bisher schrittweisen technischen Entwicklung, deren Grundlage das mechanistisch-cartesianische Weltbild bildete und die im wesentlichen durch „GenieBlitze" einiger überragender Erfinder gekennzeichnet war (wie z. B. Arkwright, Liebig, Edison, Siemens, um nur einige zu nennen), ist nach dem Zweiten Weltkrieg die systematische Forschung durch „Team-Arbeit", im Gegensatz zum Fortschrittsglauben, der noch die erste Hälfte unseres Jahrhunderts beherrschte, eine bewußte Zukunftsplanung getreten.
Daraus haben sich auch für die hochindustrialisierten Länder Konsequenzen ergeben, die sich in einer weitgehenden Veränderung ihrer eigenen Entwicklungsbedingungen niederschlagen. Ginge es für die Entwicklungsländer nur um das Aufholen eines ökonomischen Entwicklungsvorsprungs, dann wäre möglicherweise das Entwicklungsgefälle in der Welt in einer absehbaren Zeit zu beseitigen. Die Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas befinden sich aber in einer ungleich schwierigeren Lage. Ohne Ausnahme haben sie nicht etwa nur einen ökonomischen Entwicklungsvorsprung aufzuholen oder sogar „nur" Gradunterschiede im technischen Entwicklungsniveau auszugleichen. Sie sind vielmehr eben erst im Begriff, die Grundlage für eine Industrialisierungsstufe zu schaffen, die in Europa bereits im 19. Jahrhundert eine Realität war. Selbst diese Entwicklung in Europa wäre aber unmöglich gewesen ohne die schon im Laufe des 17. bis 19. Jahrhunderts gewonnenen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse. Bereits in der mit Beginn des 18. Jahrhunderts einsetzenden Nutzbarmachung der Naturkräfte liegt der Schlüssel für eine nie vorher dagewesene Verbesserung der Lebensmöglichkeiten der Menschen. Und erst auf dieser Grundlage haben sich in Europa dann die tiefgreifenden Umwälzungen der gesellschaftlichen Verhältnisse vollzogen, in deren Verlauf große moderne Industriestaaten entstanden sind. 2. Kultursoziologische Probleme a) Frühe Hochkulturen und ökonomischer Fortschritt Aus all diesen Tatsachen ergeben sich die vielleicht schwierigsten Spannungsfelder: Der Entwicklungsprozeß, den die heute führenden Industrieländer der Welt durchlaufen haben, gipfelt in einer Technisierung des Lebens schlechthin, die über die engeren Grenzen von Technik und Wirtschaft hinaus auch alle Bereiche des kulturellen und staatlichen Lebens erfaßt und geprägt hat. Während sich aber diese Entwicklung in Europa über Jahrhunderte hinweg und noch dazu in einer großen räumlichen Isolierung, das heißt ohne wesentliche Beeinflussung von außen vollziehen konnte, werden die heutigen Entwicklungsländer erst durch die auf Grund dieser Technisierung erfolgte Revolutionierung der Kommunikationsmittel gewissermaßen schlagartig mit dem gegenwärtigen Entwicklungsstadium und Lebensstandard der Industrieländer Europas und Amerikas konfrontiert. Das Bedrohliche der heutigen Weltsituation liegt darin, daß die Entwicklungsländer dieses Entwicklungsstadium unter überspringen aller vorausgegangenen Stadien der organischen Wirtschafts-und Sozialentwicklung in Europa glauben erreichen zu können und daß sie sich davon eine schnelle Lösung ihrer eigenen ökonomischen Probleme oder doch zumindest eine weitgehende Verbesserung ihrer angespannten Situation versprechen.
Die heute zu lösenden Probleme sind aber ungleich schwieriger. Ihre Bewältigung muß vor allem dann hoffnungslos bleiben, wenn nicht auch die tiefen kulturhistorischen und soziologischen Unterschiede berücksichtigt werden, die das Spannungsverhältnis zwischen Industrie-und Entwicklungsländern kennzeichnen und — besonders, wenn auch nicht nur, in Bezug auf Asien — in einem gegenseitigen Überlegenheitsbewußtsein und -anspruch Ausdruck finden. b) Spannungsverhältnis Orient — Okzident Die frühe Befruchtung des Abendlandes durch die „primären Hochkulturen" des Orients ist eine unleugbare Tatsache, die viel stärker als bisher das Bewußtsein der Industrieländer beherrschen sollte.
Andererseits muß aber auch ins Bewußtsein gerufen werden, daß es die Herausbildung einer spezifisch abendländischen Wissenschaft war, die ursächlich bewirkt hat, daß nur im Abendland „Kulturerscheinungen auftraten, welche ... in einer Entwicklungsrichtung von universeller Bedeutung und Gültigkeit lagen" (Max Weber). Empirische Kenntnisse, Nachdenken über Welt-und Lebensprobleme, philosophische und auch theologische Weisheit tiefster Art, Wissen und Beobachtung von außerordentlicher Sublimiertheit, hat es fraglos auch in Indien, China, Ägypten und in den anderen Ländern des Entwicklungsraumes gegeben — vielleicht sogar in einer Tiefe, wie niemals in Europa. Doch rationale Wissenschaft im heutigen Sinne des Wortes ist erst durch das rationale Denken im Abendland möglich geworden. Und erst in ihrem Gefolge ist auch das Entstehen einer rationalen Technik möglich gewesen, welche die „primären Hochkulturen" überhaupt nicht gekannt haben und welche die heutigen Entwicklungsländer Asiens und Afrikas erst in der Gegenwart kennenzulernen und zu verstehen beginnen (Alfred Weber). Wir wissen, welche Schwierigkeiten es ihnen vorerst noch bereitet, diese Technik „zu bewältigen" und sie dem eigenen Entwicklungsprozeß zunutze zu machen.
Erst im Gefolge dieser rationalen Wissenschaft ist letztlich auch jene abendländische Kultur entstanden, die sich von jeder anderen durch das Vorhandensein von Menschen mit einem rationalen Ethos der Lebensführung unterscheidet.
Zu den der abendländischen Kulturentwicklung eigentümlichen und sie bestimmenden Grundzügen gehört es auch, daß es nur hier den „Staat im modernen Sinne mit gesatzter Verfassung, Fachbeamtentum und Staatsbürgerrecht" gibt, für den es zwar im Orient einige Ansätze gegeben hat, die aber nie zur vollen Entwicklung gelangen konnten, daß nur hier ein Recht entstanden ist, „das von Juristen geschaffen, rationell interpretiert und angewendet wird" und daß sich endlich „nur im Okzident.. .der Begriff des Bürgers ... findet, weil es auch nur im Okzident eine Stadt gibt im spezifischen Sinne des Wortes" (Max Weber).
Alle diese und andere Voraussetzungen, auf die hinzuweisen hier nur unzureichend Raum gegeben ist, sind bestimmend gewesen für die Entstehung jener „rationalen Arbeitsorganisation", jener „unternehmungsweisen Organisation der Arbeit" und für die „Aufhebung der Schranken zwischen Binnenwirtschaft und Außenwirtschaft, Binnenmoral und Außenmoral, das Eindringen des händlerischen Prinzips in die Binnenwirtschaft und die Organisation der Arbeit auf dieser Basis", welche entscheidende Wesenselemente nur des abendländischen „Kapitalismus" geworden sind. Der Terminus „Kapitalismus" ist in diesem Zusammenhang nicht als nationalökonomischer Fachausdruck oder Ordnungsbegriff, sondern vielmehr als ein soziologischer, von historischem Leben erfüllter Begriff zu verstehen, in dem „die Selbsterkenntnis einer hundertjährigen Epoche aufgespeichert ist, die den Kapitalismus nicht nur als ein ökonomisches System der Besitzverteilung, sondern als ein ganzes Lebens-und . Kultursystem'erkannte" (Max Scheler).
Die ökonomische Entwicklung Europas und Amerikas in der Neuzeit ist deshalb auch nicht einfach dadurch schnell nachvollziehbar, daß die Entwicklungsländer sich der hier entwikkelten Wirtschaftstheorie und der Wirtschaftspraxis oder der sie heute bestimmenden Errungenschaften „bedienen". Der Versuch, auch den ökonomisch-technischen Entwicklungsvorsprung der wirtschaftlich hochentwickelten Länder aufzuholen, kann nur dann zu den erhofften Resultaten führen, wenn es den Entwicklungsländern gelingt, sich deren Erfah15 rungen in einer Weise nutzbar zu machen, die nicht in Widerspruch zur eigenen kulturhistorischen Entwicklung und soziologischen Struktur tritt. Nur dann ist auch eine organische eigene Weiterentwicklung zu gewährleisten. Gelingt dies jedoch nicht, so ist es unvermeidlich, daß sich die ohnehin schon aus dem Aufeinanderprall von alten Hochkulturen und westlicher Kultur und Zivilisation entstandenen Spannungen noch weiter verschärfen, deren zwangsläufige Folgen auch die weitere Entwicklung, ja sogar Existenz der hochindustrialisierten Länder ernsthaft in Frage stellen müssen.
Mit diesen Überlegungen gewinnt die Frage nach den besonderen Bedingungen Bedeutung, unter denen sich die Entwicklung in den Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas vollziehen muß. c) Statische Gesellschaft Für die heutige Problematik der Entwicklungsländer ist die Kluft zwischen westlicher Dynamik und nicht-westlicher vergleichsweiser Statik typisch. Ihre wesentlichen soziologischen Kennzeichen lassen sich in den vorstehenden Überlegungen erkennen; sie können (nach Richard F. Behrendt) zusammenfassend wie folgt umrissen werden:
Bei den Gesellschaftssystemen in mehr oder weniger allen Entwicklungsländern handelt es sich um traditionell und vor allem religiös unterbaute Schichtungsstrukturen, die auf Kasten oder Stände gegründet sind, denen man durch Geburt zugehört. Die Rechte und Pflichten, der Lebens-und Arbeitsstil, das Einkommens-und Bildungsniveau ihrer Mitglieder sind durch diese Zugehörigkeit festgelegt.
Die Gesellschaftssysteme der Entwicklungsländer sind durch überwiegend „statische" Verfahrensweisen in Technik und Wirtschaft gekennzeichnet; sie beschränken sich zumeist auf den Gebrauch von Instrumenten und Apparaturen.
Sie stellen in der Regel autoritäre Herrschaftsordnungen monarchistisch-absolutistischen oder oligarchisch-feudalistischen Typs dar, dessen Wurzeln vor allem im Religiösen zu suchen sind (Hinduismus, Buddhismus, Islam).
Infolgedessen ist in den Gesellschaftssystemen des Entwicklungsraumes durchweg auszugehen von einer starken Ungleichheit der Eigentumsverteilung zwischen einer schmalen Großgrundbesitzerschicht und einer breiten besitzlosen oder armen, zumindest bodengebundenen Masse mit engen Beziehungskreisen und vorwiegendem Analphabetentum.
Soweit in diesen Gesellschaftssystemen ein „Mittelstand" im Sinne des Besitz-und Bildungsbürgertums West-und Mitteleuropas festgestellt werden kann, ist er zahlenmäßig unbedeutend und kulturell oder rassisch uneinheitlich. Integrierende Bedeutung kommt, wie sich aus den vorstehenden Darlegungen vor allem ergibt, den sogenannten Primärgruppen mit „Gemeinschafts" -Charakter zu, wie Familie, Sippe, Stamm und Gemeinde.
Die wichtigste Wurzel zur Herausbildung der vorstehend charakterisierten statischen Gesellschaftssysteme muß in dem Einfluß der Religionen gesucht werden. Hauptsächlich die Mißachtung dieses Sachverhaltes ist als Grund dafür anzusehen, daß heute noch immer die meisten Gesellschaftssysteme in den Entwicklungsländern als fatalistisch und infolgedessen nur höchst begrenzt entwicklungsfähig angesehen werden; tatsächlich muß aber davon ausgegangen werden, daß die Menschen dieser Länder in aller Regel nur andere Wertvorstellungen haben und daß deshalb auch andere Maßstäbe an ihre künftige Entwicklung angelegt werden müssen. 3. Politische Einordnung Es bleibt aber dennoch eine Tatsache, daß der gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungsprozeß der Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas durch den Kontakt mit den entwickelten, das heißt aber aktiveren Sozial-systemen Europas in der Zeit der kolonialen Expansion ausgelöst worden ist. Erst auf diesen Kontakt ist das nach dem Kriege in zunehmender Schärfe sichtbar gewordene eigentliche politische Spannungsverhältnis zwischen den heutigen Industrie-und Entwicklungsländern zurückzuführen. a) Wandel der niachtpolitischen Verhältnisse I In diesem Zusammenhang muß aber auch auf die parallel zu dieser Entwicklung verlaufende Veränderung der politischen Verhältnisse in der Welt hingewiesen werden: Die europäischen Großmächte waren zumindest bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges technisch-wirtschaftlich und damit auch machtpolitisch für die ganze Welt tonangebend. Die alten Hochkulturen in Asien, im Mittelmeerraum und in Mittel-und Südamerika sowie die auf einer früheren Entwicklungsstufe stehengebliebenen Stammeskulturen (Afrika, pazifische Inselwelt usw.) waren durchweg Objekte der Kolonialpohitik der europäischen Mächte oder doch zumindest einer weitgehenden wirtschaftlichen Ausbeutung (insbesondere Lateinamerika). Der technische, wirtschaftliche und machtpolitische Vorsprung Europas als Folge der Befreiung des Individuums zu Beginn der Neuzeit und der industriell-kapitalistischen Revolution schien eine gottgewollte Ordnung zu repräsentieren und begründete eine weitgehend europazentrische Betrachtung aller Probleme der Welt.
Die Veränderung dieses Weltbildes wurde vor allem durch drei Ereignisse herbeigeführt: — das Aufsteigen Japans nach 1905 (Sieg im russisch-japanischen Krieg) als des ersten „farbigen" Staates in den Kreis der damaligen Großmächte durch eine staatlich forcierte Industrialisierung auf der Basis des Privateigentums, — das Heranwachsen der USA zur führenden Wirtschaftsmacht der Welt auf Grund des während des Ersten Weltkrieges errungenen wirtschaftlichen Vorsprunges und schließlich — die bolschewistische Oktoberrevolution des Jahres 1917 in Rußland und das Industrialisierungsexperiment auf kollektivistischer Basis mit staatlichem Zwang.
Die weltpolitischen Wandlungen, welche von diesen drei Ereignissen ausgingen, fanden jedoch nur sehr langsam Eingang in das Bewußtsein der Regierungen und Menschen Europas.
Die damit verbundene machtpolitische Schwächung der europäischen Großmächte war aber andererseits begleitet von einer schnellen Ausbreitung des aus vielfachen europäischen Wurzeln stammenden freiheitlichen Ideengutes, das vor allem in den fortschrittlichen, westlich gebildeten Schichten der kolonialen und halbkolonialen Welt einen fruchtbaren Boden fand. Die Wurzeln dieser Ideen waren: — die angelsächsische Form der Menschenrechte, — die französische Revolutionsthese „Freiheit — Gleichheit — Brüderlichkeit", — die Marxsche Idee der Befreiung der unterdrückten Klassen und — die Tradition der nationalstaatlichen Souveränität. Angesichts dieser fundamentalen Veränderungen der weltweiten Kräfteverhältnisse sind die von vornherein brüchige Friedensordnung auf Grund der Verträge von 1919 und die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges durch Hitler insoweit nur als Ereignisse zu werten, welche die Auflösung der alten Weltordnung des kolonialen und wirtschaftlichen Imperialismus beschleunigt haben. Mit den Vereinten Nationen, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Grundlage der angelsächsischen Idee einer demokratischen Zusammenarbeit gegründet wurden, entstand schließlich die geeignete Plattform für die politische Wirksamkeit der neuen Staaten und ihre Einflußnahme auf die weltpolitische Entwicklung. b) Probleme der „Entkolonialisierung“
Die sogenannte Entkolonialisierung hat zur Entstehung selbständiger Staaten in Asien und Afrika geführt. Mit der Herauslösung aus den früheren Kolonialreichen, das heißt mit der Erlangung der völkerrechtlichen Unabhängigkeit, wuchsen den neuen Staaten Rechte und Pflichten zu, die sich gleichermaßen auf die Gestaltung und Beeinflussung der internationalen Beziehungen wie auf die Schaffung stabiler innerer Verhältnisse in den Ländern erstreckten.
Während es jedoch für die neuen Staaten selbstverständlich war, die gewonnenen Rechte in jeder Hinsicht geltend zu machen, zu wahren und zu einer erheblichen Verbesserung ihrer internationalen Stellung zu nutzen, wurden die Pflichten keineswegs mit der gleichen Selbstverständlichkeit übernommen. Dies bezog sich vor allem auf die Stabilisierung der ökonomischen Verhältnisse in den eigenen Ländern.
Unter Hinweis und Berufung auf die Zeit der Kolonialherrschaft und das Verhalten der Großmächte in dieser Zeit wurde vielmehr in der Regel die Verantwortung für die Schaffung stabiler ökonomischer Verhältnisse in den eigenen Ländern auf die ehemaligen Kolonialmächte und die übrigen „reichen" Länder der Welt abgewälzt. Die aus der Erlangung der Selbständigkeit erwachsenen Pflichten wurden von den „unterentwickelten" Ländern mit dem Anspruch verbunden, von den „entwickelten" Ländern weitgehend bei der ökonomischen Entwicklung unterstützt zu werden; die selbst zu übernehmenden Pflichten wurden also — bei voller Wahrung der gewonnenen Rechte — weithin den hochentwickelten Ländern Europas und Amerikas aufgebürdet.
Das lange andauernde Unvermögen der westlichen Länder, mit dieser Problematik fertig zu werden, hatte seine Ursachen nicht nur in deren eigenen Wiederaufbauschwierigkeiten in den ersten Nachkriegsjahren, sondern häufig auch in ihrer von mehr oder weniger berechtigten Schuldgefühlen getragenen Unsicherheit, das Verhältnis zu den ehemals abhängigen Ländern neu und den Erfordernissen der veränderten Kräfteverhältnisse entsprechend zu gestalten.
Die Berufung der meisten Entwicklungsländer auf ihre Zugehörigkeit zu alten Hochkulturen, denen auch von die abendländische Geschichte in entscheidendem Maße beeinflußt worden sei, trug ein übriges dazu bei, ein Verantwortungs-, ja Schuldgefühl bei den meisten westlichen Ländern zu wecken oder zu nähren. Es ging häufig weit über das durch historisch belegbare Tatsachen zu rechtfertigende Maß hinaus.
Das alles trug dazu bei, eine Art von „Kolonialschuldfrage" entstehen zu lassen, die in den westlichen Ländern in aller Breite und mit geradezu verblüffender Selbstkritik diskutiert wurde. Die erheblichen und zum Teil sogar großartigen Leistungen europäischer Länder in Asien und Afrika — vielfach heute noch die einzige Grundlage dafür, daß Verwaltung und Wirtschaft einigermaßen funktionsfähig gehalten werden können — verschwanden völlig aus dem Blickfeld; sie schieden als Kriterien für die Neugestaltung der zwischenstaatlichen Beziehungen zu den emanzipierten Ländern Asiens und Afrikas weitgehend aus. c) Ost-West-Konflikt Die sich schnell nach Kriegsende zuspitzende Ost-West-Auseinandersetzung hat nicht zuletzt dieser Problematik ein besonderes Gepräge und eine bestimmende Richtung gegeben. Der anfänglichen Konzeptionslosigkeit der Entwicklungspolitik der westlichen Länder stand das auf der marxistisch-leninistischen Dogmatik beruhende Selbstverständnis der Sowjetunion und die daraus hergeleitete Revolutionstheorie im weltweiten Rahmen gegenüber. Ihre Richtigkeit schien sich eben an der westlichen Konzeptionslosigkeit zu bestätigen.
Die zunehmenden Differenzen zwischen den beiden neuen Weltmächten USA und Sowjetunion und den von ihnen vertretenen Ordnungssystemen bildeten die Voraussetzung für eine wachsende Bedeutung der auch zahlenmäßig immer stärker werdenden jungen Staaten in Asien, Afrika und Südamerika. In dem weltweiten Ost-West-Spannungsverhältnis suchten sie von Anfang an in zunehmendem Maße ihren eigenen Weg der Neutralität zwischen den Blöcken; sie fand in den Erklärungen auf der Konferenz von Bandung im April 1955 ihren ersten Ausdruck. Darin machten die Entwicklungsländer deutlich, daß sie zwar weder den Kapitalismus noch den Kommunismus zu akzeptieren oder diese beiden Systeme auch nur nach ihrem Gehalt an Freiheit für den einzelnen zu überprüfen bereit wären, sondern lediglich danach strebten, die beiden im Ost-West-Konflikt rivalisierenden Ordnungssysteme nach ihrer Brauchbarkeit als „Rezept" für die eigene Entwicklung zu beurteilen. Auf diese anfängliche Haltung der Entwicklungsländer muß es in erster Linie zurückgeführt werden, daß sich sowohl Amerika als auch die Sowjetunion in der Vergangenheit immer reale Chancen für ihre politische Ein-flußnahme ausgerechnet haben und das zum Teil auch heute noch tun.
Erst in den letzten Jahren ist zunehmend deutlicher hervorgetreten, daß die Entwicklungsländer unabhängig vom Ost-West-Spannungsverhältnis die soziale und damit auch die politische Frage und Herausforderung der Gegenwart darstellen. Am deutlichsten hat sich dies bei den Welthandelskonferenzen in Genf 1964 und in New Delhi 1968 gezeigt. Auf ihnen trat der Ost-West-Konflikt insofern völlig in den Hintergrund, als zwar die westlichen und vor allem die östlichen Industrieländer ihre konträren politischen und ideologischen Positionen auch bei dieser weiterhin Gelegenheit vertraten, die Entwicklungsländer selbst aber alle Industrieländer völlig unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zum westlich-kapitalistischen oder östlich-kommunistischen „Lager" in eine „Front" der reichen industrialisierten Staaten einordneten, von denen sie weit größere Hilfeleistung bei der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung erwarten als bisher. Neben die Ost-West-Auseinandersetzung ist also in den letzten Jahren mit zunehmender Intensität die Konfrontation der weitgehend auf der nördlichen Halbkugel der Erde liegenden „weißen" Industrieländer mit den überwiegend auf der südlichen Erdhälfte liegenden „farbigen" Entwicklungsländer getreten. Die säkulare Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Bevölkerungsgruppen droht immer stärker den Charakter eines neuen weltweiten „Klassenkampfes" anzunehmen, in dem alle Entwicklungsländer unabhängig von ihren internen Differenzen um ihre völlige politische Unabhängigkeit von den westlichen und östlichen Industrieländern, um die wirtschaftliche Verbesserung ihrer Situation als Voraussetzung für diese Unabhängigkeit und um die soziale Gleichberechtigung als „Farbige" in der Welt der „Weißen" kämpfen. Mit ihren Forderungen sind die Entwicklungsländer heute trotz ihrer machtpolitischen Schwächen zu einem entscheidenden Faktor der Weltpolitik geworden.
III. Entwicklungspolitik und Entwicklungshilfe
1. Multilaterale Hilfeleistung Bereits mit der Charta der Vereinten Nationen vom 25. Oktober 1945 wurde die Grundlage für die Hilfeleistung der Industrieländer an die Entwicklungsländer geschaffen. Sie verpflichtet die Mitgliedsländer der Vereinten Nationen zur „internationalen Zusammenarbeit zur Lösung der internationalen Probleme auf wirtschaftlichem, sozialem, kulturellem oder humanitärem Gebiet" und bezeichnet vor allem die Erhöhung des Lebensstandards und die Vollbeschäftigung als Voraussetzung zur Erreichung dieses Ziels. Auf Grund der Charta wurde der Wirtschafts-und Sozialrat (ECOSOC) als Unterorganisation der Vollversammlung der Vereinten Nationen gegründet, der sich vornehmlich durch seine drei Regionalorganisationen, die Wirtschaftskommissionen für Asien und den Fernen Osten (ECAFE), für Lateinamerika (ECLA) und für Afrika (ECA), fast ausschließlich mit den wirtschaftlichen Problemen der Entwicklungsländer befaßt.
Den Vereinten Nationen muß das Verdienst zugeschrieben werden, die Initiative zur Neuordnung der weltwirtschaftlichen Verhältnisse schon vor Ende des Zweiten Weltkrieges ergriffen und dabei auch mit aller Deutlichkeit herausgestellt zu haben, daß das ganze Ausmaß der hier anfallenden Aufgaben nur noch im weltweiten, zumindest aber im übernationalen Rahmen richtig gesehen, beurteilt und schließlich auch gelöst werden kann. Von dieser Erkenntnis und Initiative der Vereinten Nationen ist die Entwicklungshilfe der Nachkriegszeit. wesentlich geprägt worden. Die heute bestehenden Maßnahmen oder Programme über-und internationaler Hilfeleistung für die Entwicklungsländer sind mehr oder weniger ausnahmslos auf diese Initiative der Vereinten Nationen zurückzuführen. Sie umfassen heute alle Bereiche der weltweiten wirtschaftlichen Zusammenarbeit und erstrecken sich somit gleichermaßen auf die Währungspolitik (Internationaler Währungsfonds), die Handelspolitik (GATT, Internationale Warenabkom19 men, Welthandelskonferenz, Welthandelsrat), die Kapitalhilfe (Weltbank, Internationale Finanz-Korporation, Internationale Entwicklungs-Organisation) und die technische Hilfe-leistung (Erweitertes Technisches Hilfeleistungsprogramm, Sonderfonds).
Besonders muß hervorgehoben werden, daß es das Verdienst der Vereinten Nationen ist, die Grundsätze einer vor allem die Bedürfnisse und die strukturellen Gegebenheiten der Entwicklungsländer selbst berücksichtigenden Hilfeleistung formuliert und über die vorstehend genannten Institutionen und Organisationen auch praktiziert zu haben. Wesentlich war dabei die Erkenntnis, daß die unabdingbare Voraussetzung für die Verbesserung der ökonomischen Verhältnisse in den Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas zwar ein massiver Kapitaleinsatz der Industrieländer sei, daß eine solche Hilfeleistung aber nur dauerhaft wirksam sein könne, wenn der damit geschaffene materielle Rahmen durch eine umfassende Technische Hilfeleistung ergänzt wird. Unter diesem Begriff ist nach der Definition der Vereinten Nationen nicht nur die umfassende Vermittlung von Wissen und Können des rationellen Produzierens („Know-how") zu verstehen, er umfaßt also nicht nur die Vermittlung von produktionstechnischen, kommerziellen und organisatorischen Fähigkeiten, die für die wirtschaftliche Tätigkeit im engeren Sinne von Bedeutung sind. Vielmehr geht es dabei auch und vor allem um die von den Entwicklungsländern selbst gewünschte Beratung über die Gestaltung der gesellschaftlich-institutionellen Rahmenbedingungen für jede wirtschaftliche Tätigkeit überhaupt. Technische Hilfe bedeutet mithin auch den Auf-und Ausbau der kulturellen Institutionen, insbesondere des Erziehungs-und Bildungswesens, in den Entwicklungsländern und ihre Anpassung an den gesellschaftlichen Wandlungsprozeß, der sich heute in allen Ländern unter dem Einfluß der technischen Zivilisation notwendigerweise vollzieht.
Die von den Vereinten Nationen erarbeiteten Grundsätze bestimmen heute nicht nur die Formen der Hilfeleistung der Weltorganisation selbst, sondern sind richtungweisend auch für die übrigen multilateralen (EWG, Colombo-Plan) sowie für fast alle bilateralen Hilfeleistungsprogramme in der Welt geworden. 2.
Bilateralisierung der Entwicklungshilfe Wenn die multilaterale Hilfeleistung der über-und internationalen Organisationen und Institutionen trotz ihrer richtungweisenden Konzeption und ihrer materiellen Bedeutung nicht nur im Bewußtsein einer breiteren Öffentlichkeit, sondern auch der politisch verantwortlich Handelnden immer stärker in den Hintergrund getreten ist, so sind die Ursachen dafür vor allem wiederum im Ost-West-Konflikt zu suchen.
Die zunehmende außenpolitische Konzentration und Gebundenheit aller Industrieländer im Rahmen der Ost-West-Auseinandersetzung nach dem Kriege und die weitgehend darauf zurückzuführende, lange andauernde Konzeptionslosigkeit der westlichen Länder hinsichtlich der Bewältigung der Entwicklungsländer-problematik schlug sich für lange Zeit in einer höchst ünsicheren und unorganischen Politik nieder. Sie empfing ihre wesentlichen Impulse von den zwar in der Kolonialfrage unbelasteten, andererseits jedoch von zu langer freiwilliger außenpolitischer Selbstisolierung geprägten und deshalb damals weltpolitisch noch weithin unerfahrenen Vereinigten Staaten. Die Entwicklungspolitik der übrigen westlichen Großmächte beschränkte sich demgegenüber lange Zeit nur auf die eigenen Kolonialgebiete bis zu deren mehr oder weniger freiwilligen Herauslösung aus den „Mutterländern" bzw. bis zur Emanzipation der meisten bis dahin abhängigen Gebiete. Die Bundesrepublik Deutschland spielte erst seit der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre eine erwähnenswerte Rolle im Rahmen der westlichen Entwicklungspolitik. Obzwar die amerikanische Entwicklungspolitik erklärtermaßen von den in der UN-Charta formulierten humanitären Grundsätzen ausging, verfolgte sie doch auch eigene außen-und wirtschaftspolitische Zielsetzungen: Mit Hilfe des Punkt-IV-Programms des früheren amerikanischen Präsidenten Truman sollte einmal außenpolitisch vor allem der asiatische Raum mit ökonomischen Mitteln gegen die sich aus der drohenden kommunistischen Einflußnahme ergebenden Gefahren immunisiert werden. Darauf ist zunächst zurückzuführen, daß die amerikanische Entwicklungshilfe lange Zeit vor allem von der Militärhilfe und den sie tragenden politischen Grundsätzen geprägt war und zum Teil noch heute ist. Gleichzeitig sollten andererseits aber die sich damals aus der Umstellung von der Kriegs-auf die Friedens-Produktion für die amerikanische Wirtschaft ergebenden schwierigen Absatzprobleme durch die Erschließung der neuen Märkte im Entwicklungsraum aufgefangen werden. Förderung des Außenhandels und des Kapitalexportes dienten deshalb zweifellos zunächst mehr den eigenen Interessen als denen der Entwicklungsländer.
In den Sog dieser amerikanischen „Entwicklungspolitik" sind zunächst mehr oder weniger alle westlichen Industrieländer geraten. Auch sie hatten zwar höchstes Interesse an der Absicherung des Entwicklungsraumes gegen den Kommunismus, mußten jedoch gleichzeitig die ökonomischen Mittel, die von den USA dafür eingesetzt wurden, unter dem Gesichtspunkt der Wahrung ihrer eigenen lebensnotwendigen ökonomischen Interessen sehen und beurteilen. Sie waren deshalb bestrebt, mit gleichen oder doch ähnlichen Mitteln auf diese Räume einzuwirken.
Die erklärten ideellen Ziele der westlichen Entwicklungspolitik wurden mithin durch die Entfaltung einer stark divergierenden oder sogar konkurrierenden politischen und ökonomischen Aktivität der westlichen Länder selbst in Frage gestellt. Bei den Entwicklungsländern wurden sie zudem weitgehend unglaubwürdig, weil diese zur Hauptsache von merkantilem Denken geprägte Politik die sich aus monokultureller Strukturierung ergebenden ökonomischen Probleme nicht nur nicht zu lösen vermochte, sondern sie im Gegenteil sogar erheblich verschärfte. Die Vergrößerung der ohnehin bestehenden politischen Ressentiments den westlichen Ländern gegenüber war eine zwangsläufige Folge dieser Politik.
Noch bis in die jüngste Vergangenheit hinein erschöpfte sich die Hilfeleistung aller Industrieländer oft, zeitweilig sogar überwiegend, in mehr oder weniger zufälligen handelspolitischen Maßnahmen, von denen nachhaltige Rückwirkungen auf die ökonomische und damit auch auf die gesamte kulturelle und politische Entwicklung der unterentwickelten Länder erwartet wurden, die sich aber doch lange Zeit vor allem als exportfördernde Maßnahme für die Industrieländer selbst auswirkten.
Es ist deshalb nicht ganz zufällig, wenn die Entwicklungsländer der anfänglich multilateral konzipierten, dann aber infolge der weltpolitischen Entwicklung seit Kriegsende sehr bald und zunehmend auf die bilaterale Ebene verlagerte Entwicklungspolitik und Entwicklungshilfe der hochindustrialisierten Länder häufig mit zurückhaltender Skepsis begegneten und ihr vielfach sogar nationale politische oder egoistische ökonomische Zielsetzungen unterstellten.
Obwohl diese lange Zeit und zum Teil auch heute noch vorherrschende Einschätzung nicht ganz der Grundlage entbehrte, darf dennoch nicht übersehen werden, daß die Bilateralisierung der Entwicklungspolitik und der Entwicklungshilfe vor allem auf die Politik der Sowjetunion im asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Raum zurückzuführen ist: Die vorstehend dargestellten Probleme schienen durchaus einige der in der „Imperialismus-Theorie" Lenins niedergelegten Merkmale aufzuweisen. Diese Entwicklung kam also den langfristigen Zielsetzungen der Außenpolitik der kommunistisch regierten Länder entgegen und wurde deshalb entsprechend propagandistisch ausgewertet. Die geschickte Ausnutzung der durch eine wenig glückliche Politik der westlichen Industrieländer bei den Regierungen und Völkern der Entwicklungsländer vielfach geweckten Zurückhaltung, Ressentiments oder sogar Aversionen hat außerdem wesentlich zu einer propagandistischen Einflußnahme der kommunistischen Länder beigetragen, die nicht ohne Erfolg geblieben ist. Dies war um so bemerkenswerter, als bis heute sowohl die vom Ostblock im Rahmen der Kapital-und Technischen Hilfe eingesetzten Mittel als auch der Warenaustausch nur einen Bruchteil der Vergleichswerte der westlichen Länder ausmachen. 3. Wandhingen der westlichen Entwicklungshilfe In den letzten Jahren hat sich ein erheblicher Wandel in der Gestaltung der westlichen Entwicklungshilfe vollzogen. Er war und ist begleitet von einer deutlichen Veränderung in der Einschätzung des Wertes der Hilfeleistung von außen für die Entwicklungsländer zugunsten der westlichen Industrieländer. Der Grund dafür liegt zwar auch darin, daß sich inzwischen die Wirkung der wesentlich größeren westlichen Hilfeleistung zunehmend in fühlbaren, wenn auch bei weitem nicht ausreichenden wirtschaftlichen Fortschritten niederschlägt. Vor allem ist dieser Wandel aber auf die immer stärker werdende Erkenntnis bei den westlichen Ländern zurückzuführen, daß jede Entwicklungshilfe von den politischen, ökonomischen und nicht zuletzt auch soziologischen Strukturgegebenheiten der Entwicklungsländer selbst auszugehen hat und daß ein solcher Ansatz auch den eigenen außenpolitischen Zielen weit mehr dient, als wenn man umgekehrt eigene Zielsetzungen zum Maßstab für die Entwicklungshilfe macht.
Hinter dieser sich jetzt vollziehenden Umorientierung steht die zunehmende Rückbesinnung auf die längst vorliegende, allerdings bis heute noch immer nur sehr unzureichend für die Politik erschlossene und nutzbar gemachte Erkenntnis der Wissenschaft fast aller Disziplinen, daß die gegebenen Strukturprobleme in den Entwicklungsländern ein beträchtliches Eigengewicht haben und daß daher die Erfahrungsmaßstäbe der europäisch-amerikanischen Welt nur in begrenztem Umfang der Zusammenarbeit mit diesen Ländern Impulse zu geben vermögen. Ohne Zweifel ist es auf diese Neuorientierung zurückzuführen, daß mehr und mehr eine nüchterne, differenzierende Beurteilung der Möglichkeiten zur Hilfeleistung bei den westlichen Ländern Raum gewinnt, die auch auf das lange vorherrschende verhängnisvolle Klischeedenken verzichten kann (z. B. Neutralität = Sympathien für den Kommunismus). Wenngleich diese Neuorientierung der westlichen Entwicklungspolitik noch in den Anfängen steckt, läßt sich ihre Wirkung doch schon jetzt daran feststellen, daß auch bei den Entwicklungsländern eine vorbehaltlosere Beurteilung der westlichen Entwicklungshilfe Raum gewinnt, die gleichfalls auf bisher übliche und vom Osten genährte Klischeevorstellungen verzichten kann (z. B. westliche Entwicklungshilfe = Neokolonialismus). Gleichzeitig ist aber auch deutlich feststellbar, daß die östlichen Bestrebungen im Entwicklungsraum wesentlich nüchterner, wenn nicht sogar mit größerer Reserve beobachtet und beurteilt werden. Das ist nicht nur eine Folge des weit geringeren Hilfeleistungsvolumens oder der Konfrontierung mit totalitären Gewaltakten, auch die zunehmende Erkenntnis der ideologischen, ökonomischen und politischen Grundlagen der östlichen Hilfeleistung hat wesentlich dazu beigetragen.
B. Kommunismus und Entwicklungsländer
I. Theoretische Grundlagen
Das heutige Verhältnis der kommunistischen Länder zu den Entwicklungsländern und ihre praktische Politik in den Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas wird nur verständlich vor dem Hintergrund der ideologischen Einordnung bei Karl Marx und durch die marxistisch-leninistischen Klassiker. 1. Karl Marx Ihnen allen ist gemeinsam die Einordnung der minder entwickelten Länder Asiens in ein europäisches Weltbild, das dem historischen und dialektischen Materialismus von Karl Marx zugrunde lag.
Für Marx sind allein die den Aufstieg Englands im 18. und 19. Jahrhundert charakterisierenden wirtschaftlichen Erscheinungen das verbindliche Gesetz, das die Entwicklung zunächst aller Länder Europas, dann aber der gesamten übrigen Welt bestimmt. Dieses allen Völkern zwingend vorgeschriebene „ökonomischeBewegungsgesetz der modernen Gesellschaft" wollte er in seinem „Kapital" enthüllen, weil „das industriell entwickelte Land [England] . . .dem minder entwickelten nur das Bild der eigenen Zukunft" zeigt. Keine Gesellschaft kann nach Marx Entwicklungsphasen überspringen. Sie kann lediglich „die Geburtswehen abkürzen und mildern", indem sie von den fortgeschrittenen Nationen lernt. Alle Volker müssen deshalb auf dem Weg zur klassenlosen industriellen Gesellschaft die Phase des Kapitalismus durchlaufen: Ohne hochentwickelte kapitalistische Produktionsweise mit allem dem Kapitalismus innewohnenden Widerspruch kein unqualifiziertes, aber selbstbewußt werdendes und Ansprüche anmeldendes Proletariat, das sich schließlich der Produktionsmittel bemächtigt, kein überwinden der „antagonistischen Klassen", kein Eintritt in den Endzustand der Geschichte.
Auch die minder entwickelten Gebiete außerhalb Europas sah und beurteilte Marx ausschließlich in diesem, durch das Beispiel Eng-lands gezogenen Rahmen. In seinem Aufsatz über die britische Herrschaft in Indien kritisiert er zwar, daß „England in schnödestem Eigennutz" das „ganze Gefüge der indischen Gesellschaft niedergerissen" habe, „ohne daß auch nur die Spur eines Neuaufbaus sichtbar geworden wäre". Er wertet dennoch das Eingreifen Englands in Indien positiv, weil dadurch „die Zerstörung der alten asiatischen Gesellschaftsordnung beschleunigt werde und damit gleichzeitig die entscheidenden materiellen Voraussetzungen für die Entwicklung der Produktionsmittel und deren Inbesitznahme durch das indische Volk" geschaffen wurden. Die endgültige Inbesitznahme der Produktionsmittel durch das indische Volk ist für Marx auch erst dann möglich, wenn in England selbst „die jetzt herrschenden Klassen durch das Industrieproletariat vertrieben" worden sind. Auch dies ist jedoch für Marx nur das Ergebnis eines dialektischen Entwicklungsprozesses, in dem die Kolonien und die halbkolonialen Länder eine bedeutsame Rolle zu spielen haben: die ständig expandierende britische „Manufakturindustrie" sei zwingend auf die Vergrößerung der Märkte in Indien, Kleinasien, Persien und in China angewiesen, die Aufnahmefähigkeit dieser Märkte sei aber an die Einfuhr Englands aus diesen Ländern gebunden, wie Marx in seinem Aufsatz „Die Revolution in China und Europa" am Beispiel des Teeimports klarzumachen versucht. Jede Störung der meist monokulturellen Erzeugermarkte dieser Abnehmer englischer Industrieproduktion müsse deshalb auch zum Preisverfall und zu Absatzschwierigkeiten für englische Industrieerzeugnisse führen. Damit aber werde der Funke „in das Pulverfaß des gegenwärtigen Industriesystems" geschleudert und die „sich seit langem vorbereitende allgemeine Krise ausgelöst". Letztlich kann also nach Marx der entscheidende Anstoß zu der von ihm postulierten grundlegenden Veränderung der ganzen Welt nur von dem industriell am weitesten entwickelten Land ausgehen. 2. Lenins „Imperialismustheorie"
Bereits in dem 1913 erschienenen Aufsatz „Die historischen Schicksale der Lehre von Karl Marx", dann aber vor allem in seiner 1917 erschienenen Arbeit „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus" hat Lenin die von Marx vertretenen Auffassungen in einigen wichtigen Punkten korrigiert.
Für ihn ist der „Imperialismus" seiner Zeit mit der „monopolkapitalistischen Phase des Kapitalismus" identisch, die gekennzeichnet wird — durch das Entstehen von Monopolen (Trusts, Kartelle, Konzerne), welche durch entsprechende Vereinbarungen unter sich die Aufteilung der Welt nach Rohstoff-und Absatzmärkten vorgenommen haben; — durch die Entwicklung des Industrie-und Bankkapitals zum „Finanzkapital" mittels einer zunehmenden Konzentration des Kapitals in den Händen weniger und durch Verflechtung von Industrie-und Bankkapital bis zur Personalunion in den Aufsichtsräten; die durch Konzentration entstandenen Großbanken verfügen über die Aktien-und Kreditgeschäfte der Industrie; — dadurch, daß an die Stelle des Warenexports in zunehmendem Maße der Kapital-export in die Länder tritt, die damit in die vollständige wirtschaftliche und politische Abhängigkeit gezwungen werden; — durch Zusammenschluß der nationalen Monopolverbände zu internationalen Monopolen, welche die Weltmärkte unter sich, das heißt unter Verdrängung jedes Außenseiters, aufteilen; — dadurch, daß diese Aufteilung der Welt unter die Großmächte beendet wird und daß die zu spät kommenden kapitalistischen Länder Deutschland und Japan eine Neuauftteilung durch die Entfesselung eines Weltkrieges herbeiführen wollen.
Der „Imperialismus" markiert mithin einen historischen Wendepunkt, weil ihm zwingend die durch die revolutionäre Aktion des Kommunismus heraufgeführte „Epoche des Sozialismus" folgen muß. Er stellt nicht nur die Hochblüte der industriellen und finanziellen Expansion des Kapitalismus dar, sondern ist gleichzeitig auch schon gekennzeichnet durch alle Züge der „Degeneration" und „Dekadenz"; der Imperialismus ist der „absterbende", „verfaulende", „parasitäre" Kapitalismus.
Die Gebiete des „Ostens", die „kolonialen und halbkolonialen Länder", also die „Entwicklungsländer", spielen in dieser Analyse des „Imperialismus" eine zentrale Rolle: Die ungleichmäßige Verteilung des Kolonialbesitzes bringt auch eine ungleichmäßige Entwicklung der kapitalistischen Länder mit sich, aus der notwendigerweise auch laufend größer werdende Gegensätze erwachsen müssen, die nur noch mit Gewalt ausgetragen werden können. Die Ausbeutung der kolonialen und halbkolonialen Länder ermöglicht es den „Monokapitalisten", Extraprofite zu machen, die vor allem zur Bestechung der gehobenen Schichten der Arbeiterklasse verwendet werden („Arbeiteraristokratie"). Insbesondere die Entwicklung der englischen Arbeiterklasse ist für ihn Beweis dafür, daß der Imperialismus grundsätzlich die Tendenz habe, „unter den Arbeitern privilegierte Kategorien auszusondern und sie von der Masse des Proletariats abzuspalten". Nur das russische Proletariat ist für ihn noch nicht von den Zersetzungserscheinungen gekennzeichnet, die das Proletariat in den westlichen Ländern befallen hat.
Lenin kommt also zu der Auffassung, daß die proletarische Revolution nicht, wie von Marx postuliert, in dem am weitesten entwickelten Land (England), sondern in dem Land, welches das schwächste Kettenglied des Kapitalismus darstellt (Rußland), ausbrechen muß. Die kolonialen und halbkolonialen Länder und Völker sind nach Lenin dabei die natürlichen Verbündeten der von Rußland ausgehenden Revolution: Wenn man sie der weiteren Ausbeutung durch die westlichen Industrieländer entzieht, muß dies notwendigerweise ernste ökonomische Krisen und damit zwangsläufig eine neue „Pauperisierung" großer Teile der Bevölkerung zur Folge haben. Nur die Förderung dieser Entwicklung könne die erlahmten revolutionären Kräfte des westlichen Proletariats noch einmal entfalten.
Auf dem II. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale 1920 in Moskau fand diese Auffassung Lenins ihren Niederschlag in den „Leitsätzen zur Nationalen und Kolonialen Frage", Darin werden alle kommunistischen Parteien zur Unterstützung der „revolutionären Freiheitsbewegung" in den „rückständigen Staaten und Nationen" verpflichtet. Obwohl Lenin aber hier wie auch ein Jahr später auf dem III. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale immer wieder auf die große Bedeutung der „Bewegung in den Kolonialländern" hingewiesen und festgestellt hat, daß die „ursprünglich auf die nationale Befreiung gerichtete Bewegung der Mehrheit der Bevölkerung der Erde sich gegen den Kapitalismus und Imperialismus kehren und vielleicht eine viel größere revolutionäre Rolle spielen wird, als wir erwarteten", hat er bis zu seinem Tode an der Auffassung festgehalten, daß für den Fortgang des weltrevolutionären Prozesses den Industriestaaten des Westens der Vorrang gebührt. Auch dem Rückzug Lenins auf die Sicherung des Sozialismus in Rußland („Lieber weniger, aber besser") lag letztlich die Hoffnung zugrunde, nach der endgültigen Festigung des Kommunismus durch den Aufbau des „Sozialismus in einem Lande" (Stalin) vor allem die auf westliche Länder gerichtete Politik wiederaufnehmen zu können. 3. Stalin und die nationale Befreiungsbewegung Unter Stalin hat sich an dieser Grundhaltung nichts geändert, wenngleich er selbst die welt-revolutionäre Theorie in einigen Punkten modifiziert und sogar weiter ausgebaut hat. Wie Lenin ging er dabei von der Vorstellung aus, daß die Welt seit der Oktoberrevolution in zwei feindliche Lager gespalten sei, in das „kapitalistische" und das „sozialistische". Vorrang hatte für ihn die Sicherung der Sowjetunion als „Basis der Weltrevolution" und ihre Stärkung für die zukünftige Entscheidung des weltrevolutionären Kampfes.
In diesen Rahmen wurde von Stalin auch die koloniale Problematik eingeordnet. In seiner Vorlesung „über die Grundlagen des Leninismus" ging er davon aus, daß die Oktoberrevolution auch die arbeitenden Massen der unterjochten Völker des Ostens aus ihrem jahrhundertelangen Schlaf geweckt und in den gemeinsamen Kampf gegen den Weltimperialismus einbezogen habe. Aus der nationalen Frage als einer Teilfrage der bürgerlichen Revolution ist nach Stalin die koloniale Frage seit der Oktoberrevolution zu einer allgemeinen Teil-frage der proletarischen Revolution und der proletarischen Diktatur geworden. Deshalb konnte für ihn die nationale und koloniale Frage auch nur in Zusammenhang mit der proletarischen Revolution gelöst werden. Diese Auffassung führte ihn zu der Schlußfolgerung, daß unter den gegebenen Voraussetzungen der Weg zum Sieg der Weltrevolution im Westen nur über das revolutionäre Bündnis mit der Befreiungsbewegung in den Kolonien und abhängigen Gebieten führen könne. Wenn also Asien fiele, würde Europa bald nachfolgen, da die kapitalistische Welt mit der Abtrennung der Kolonien und abhängigen Länder von den industriell entwickelten Mutterländern in ihren Grundlagen erschüttert werden müßte.
Für die Lösung der nationalen und kolonialen Frage forderte Stalin eine Strategie und Taktik, die sich den besonderen Bedingungen des nationalen Befreiungskampfes in den Kolonien anpaßt. Die Frage des Selbstbestimmungsrechtes sollte dabei eine besonders herausragende Rolle spielen.
Trotz der theoretischen Auseinandersetzung mit der Frage der Kolonialländer, die über Lenin allerdings in der Grundauffassung nicht wesentlich hinausführt, hat sich Stalin aber in der Praxis der Problematik der nationalen Befreiungsbewegungen gegenüber außerordentlich vorsichtig verhalten. Seit die von ihm befürwortete revolutionäre Kampfführung (nationale Befreiungskriege = gerechte Kriege) in China nicht zum Erfolg geführt hatte, erlahmte sein Interesse für die Entwicklungsländer ganz offensichtlich. Das Mißtrauen und die Zurückhaltung, die seine Einstellung zum Entwicklungsländerproblem nach dem Zweiten Weltkrieg kennzeichnen, dürfte ohne Zweifel auch darin begründet liegen, daß die von Tito und Mao geführten erfolgreichen nationalen Befreiungsbewegungen in Jugoslawien und China zu Ergebnissen geführt haben, die den Vorstellungen und Zielen der Sowjetunion keineswegs entsprachen. 4. Der Staat der nationalen Demokratie Erst die zunehmende Emanzipation der Entwicklungsländer und ihre wachsende Bedeutung in der Weltpolitik hat zur entscheidenden Modifikation, wenn nicht sogar zu einer wesentlichen Wandlung der sowjetischen Auffassung in dieser Problematik geführt. Für Chruschtschow wurde der sich in dieser Entwicklung dokumentierende Zerfall des „imperialistischen Kolonialsystems" zum Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung der Zwei-Welten-Theorie zu einer Drei-Welten-Theorie. Sie ist bis heute die Grundlage der sowjetischen Entwicklungsländerpolitik geblieben. Der Eintritt der Entwicklungsländer in die Weltpolitik als völkerrechtlich selbständig handelnde Subjekte ist für ihn das nach der Entstehung des „sozialistischen Weltsystems" wichtigste Merkmal der Nachkriegszeit und ein entscheidender Schritt auf dem Wege zur Verwirklichung des kommunistischen Endzieles, der Weltrevolution. Chruschtschow war deshalb auch davon überzeugt, daß für die Vermutung Lenins und Stalins, die Entscheidung um die zukünftige Gestaltung der Welt im Sinne der sowjetischen Zielsetzungen werde in den Entwicklungsländern fallen, jetzt die konkreten politischen Voraussetzungen geschaffen sind. Seine ganze Aufmerksamkeit richtete sich deshalb auf die Frage, welche Mehoden angewandt werden müssen, um die weltrevolutionären Chancen in den Entwicklungsländern maximal zu nutzen. Chruschtschow sah sie darin, daß dieser „Dritten Welt" der Entwicklungsländer eine gewisse Ungebundenheit und Eigenständigkeit zugestanden wird, daß aber alles vermieden werden muß, was auf die Bildung einer „Dritten Kraft" hinauslaufen könnte. Sein Ziel war deswegen eine Politik, die zur Zusammenfassung der „Sozialistischen Länder" und der „Entwicklungsländer" im Sinne einer „antiimperialistischen Einheitsfront" zu einer „breiten Zone des Friedens" führen sollte.
Die wesentlich größere Bedeutung, die den Entwicklungsländern für die Fortführung der Weltrevolution im Unterschied zu Lenin und Stalin seit 1953 beigemessen wird, findet ihren bisher bemerkenswertesten Ausdruck in zwei Dokumenten: In der „Erklärung der Beratung von Vertretern der Kommunistischen und Arbeiterparteien" (der sogenannten „ 81-Parteien-Erklärung") und im „Programm der Kommunistischen Partei der Sowjetunion von 1961".
Beide Dokumente widmen dieser Problematik wichtige Abschnitte. In der sogenannten „ 81-Parteien-Erklärung" wird festgestellt, daß die „Kräfte des Weltsozialismus" nicht nur zum Erfolg der nationalen Befreiungsbewegung in den Entwicklungsländern beigetragen hätten, sondern daß auch das Entstehen von souveränen Staaten in Afrika und Asien durch sie wesentlich gefördert worden sei. Mit großem Nachdruck wird in dieser Erklärung auch auf die Bedeutung der sozialistischen Revolution in Kuba für die völlige Befreiung der Länder Lateinamerikas hingewiesen.
Im Parteiprogramm von 1961 wird darüber hinaus der kommunistische Standpunkt zu den Entwicklungsländern dahin gehend präzisiert, daß die nationale Befreiungsrevolution mit der Eroberung der politischen Unabhängigkeit noch keineswegs als abgeschlossen gelten kann. Mit ihr müßte vielmehr ein tiefgehender Wandel im sozialen und wirtschaftlichen Leben und die Lösung der dringendsten Aufgaben der nationalen Wiedergeburt einhergehen. Die wichtigste Aufgabe der Entwicklungsländer müßte deshalb die Beseitigung der „Überreste des Kolonialismus" und der „Wurzeln der imperialistischen Herrschaft" sein. In der Fierauslösung der Entwicklungsländer aus dem System der kapitalistischen Weltwirtschaft (nichtkapitalistische Entwicklung) und in der Umgestaltung der nationalen Befreiungsbewegung in eine „nationaldemokratische" wird seither die Grundvoraussetzung für die Vollendung der „antiimperialistischen, antifeudalen, demokratischen Revolution" und für den Übergang zu einer sozialistischen Entwicklung und damit zu einer volksdemokratischen Ordnung gesehen.
II. Entwicklungsländer und kommunistische Außenpolitik
1. Politische Ziele Wenngleich die Kolonialfrage schon bei Marx und in den Erörterungen der marxistischen Theoretiker vor Lenin einen hervorragenden Platz eingenommen hat, so hat doch erst Lenin selbst den heutigen Entwicklungsländern eine besondere Bedeutung für den Verlauf der Weltrevolution eingeräumt. Das Ziel der mit allen Mitteln zu fördernden weltrevolutionären Entwicklung hat sich bis auf den heutigen Tag niemals geändert: Umwandlung der kapitalistischen, das heißt der heutigen westlichen Gesellschaft in eine kommunistische. Lenins Hoffnung, dieses Ziel auf direktem Weg zu erreichen, gründete sich noch 1920 auf die feste Erwartung, die proletarische Revolution werde sehr schnell unmittelbar auf die hochindustrialisierten Länder — vor allem auf Deutschland — übergreifen. Erst als sich diese Erwartung nicht erfüllte, stand für ihn 1923 fest, daß der Weg in die kapitalistischen Zentren über Asien — vor allem über China und Indien — zum Erfolg der Revolution führen könnte. Es kann aber keinerlei Zweifel daran bestehen, daß dieser Weg stets nur als ein Umweg angesehen wurde und daß das Ziel unverrückbar dasselbe geblieben ist. Diese grundsätzliche Einstellung ist für alle seine Nachfolger bestimmend geblieben.
Die Methoden bzw. Etappen, den kolonialen Raum zunächst aus dem „imperialistischen Lager" herauszubrechen, um ihn dann in das eigene Lager einzubeziehen, sind klar festgelegt. Die Kommunistische Partei (oder ihre Tarnorganisationen) in dem zu befreienden Land gewährt allen nationalistischen Bewegungen Hilfe und Unterstützung. Für die erste Stufe des Befreiungskampfes — Elimination der Kolonialmächte als einer politischen Kraft — werden alle Bündnispartner akzeptiert, wenn sie nur „antikolonialistisch", „antiwestlich" sind — selbst jene also, die dann später als „feudal" gebrandmarkt werden. Schon die zweite Etappe, in der jeder wirtschaftliche und finanzielle Einfluß des „Kapitalismus" ausgeschaltet werden soll, sieht die progressive Radikalisierung der nationalistischen Bewegung vor; die Kommunisten wenden sich immer stärker den radikalen Parteien und Gruppen zu, weil die Interessen der „Konservativen" zu sehr mit denen der „früheren Herren", der „Kapitalisten", verbunden sind. Gleichzeitig dient diese Etappe aber vor allem der Verbesserung der eigenen Organisation und der Bemächtigung der wichtigsten Schlüsselstellungen, um schließlich Regierungen und Parteien unter Kontrolle zu bekommen. Jede Desorganisation des Regierungsapparates und der sozialen Struktur wird mit allen Mitteln gefördert, weil sie selbst einer kleinen und nur mittelmäßig organisierten Partei den Weg zur Macht ebnet. Die Eroberung der Macht aber ist das letzte Ziel, dem jedes Handeln kompromißlos zu dienen hat.
Dieses Schema, hier nur in großen Zügen dargestellt, hängt nicht etwa theoretisch im luft-leeren Raum, sondern ist durch die praktischen Erfahrungen der bolschewistischen Revolution begründet, deren laufendes Studium daher auch die wichtigste Voraussetzung für jede Machtergreifung bildet.
Die kommunistischen Länder unterstützen jede solcher Entwicklungen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln — sei es nun durch eine entsprechende Gestaltung oder Ausnutzung der offiziellen diplomatischen Beziehungen, durch die Gewährung von „Entwicklungshilfe" oder aber auch durch die Erklärung der Bereitschaft zur militärischen Intervention zugunsten revolutionärer Regierungen, wie etwa im Suez-Streitfalle. 2. Wirtschaftliche Hilfeleistung als Instrument In der praktischen Außenpolitik der Sowjetunion und der übrigen kommunistischen Länder haben die Entwicklungsländer jedoch erst nach dem Tode Stalins im Sinne der vorstehenden Konzeption richtunggebende Bedeutung bekommen. Erst seit etwa Ende 1953 leisten die Sowjetunion und die übrigen kommunistischen Länder Entwicklungshilfe. Die wirtschaftliche Einflußnahme ist bis heute die vorherrschende Methode der kommunistischen Außenpolitik in den Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas geblieben. a) Beteiligung an multilateralen Programmen Bereits die ersten Maßnahmen der Sowjetunion auf dem Gebiete der Entwicklungshilfe sollten sich sehr bald als in hohem Maße von politischen Gesichtspunkten bestimmte Schritte herausstellen. Bei den Beratungen über die Finanzierung der 4. Periode des Erweiterten Technischen Hilfeleistungsprogramms der UN erklärte sie sich bereit, 1 Million $für die Entsendung von technischen Experten im Rahmen dieses Programms zur Verfügung zu stellen; bis dahin hatten es alle in der UN vertretenen kommunistischen Länder strikt abgelehnt, sich an den von der Weltorganisation finanzierten Entwicklungsprogrammen zu beteiligen. Bereits wenige Monate später, im Februar 1954, erklärte der sowjetische Delegierte auf der in Kandy/Ceylon abgehaltenen 10. Jahrestagung der ECAFE erneut die Bereitschaft seines Landes, sich hinfort an den Hilfeleistungsprogrammen der UN zu beteiligen und erläuterte anhand des Beispiels der asiatischen Länder die Grundsätze, welche die Sowjetregierung gegenüber den Entwicklungsländern insgesamt zu verfolgen gedachte. Dabei handelte es sich um ein Fünf-Punkte-Programm, mit dem sich die Sowjetunion ganz allgemein bereit erklärt, in dieser Regionalorganisation der UN mitzuarbeiten, das aber vor allem ihre Entschlossenheit betont, die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit den Entwicklungsländern auf der Basis von Handelsverträgen zu intensivieren, in denen auch die langfristige Sicherung des Absatzes der Waren dieser Länder zu stabilen Preisen und die Leistung von technischer Hilfe durch die Sowjetunion festgelegt wird.
Auf der ein Jahr später, im März 1955, in Tokio durchgeführten 11. Jahrestagung der ECAFE brachten die sowjetischen Delegierten erneut die nachdrückliche Bereitschaft der Sowjetunion zum Ausdruck, langfristige Handelsverträge mit den Entwicklungsländern abzuschließen, in denen fixe Preise, Mengen sowie die Möglichkeit, in Landeswährung zu zahlen, festgelegt sind. Darüber hinaus bot die Sowjetunion in konkreter Form technische Hilfeleistung auf dem Gebiet des Kohlen-und Erzbergbaus und im Bereich des Maschinenbaus an.
Mehrere kommunistische Staaten haben seit diesen Erklärungen der Sowjetunion die Mitarbeit in einer ganzen Reihe von Organisationen der UN ausgenommen. Die wichtigsten von ihnen sind: das Erweiterte Technische Hilfeleistungsprogramm (EPTA), der Sonder-fonds (SF) und eine Reihe von Spezialorganisationen (wie z. B. die Weltgesundheitsorganisation [WHO], die Internationale Arbeitsorganisation [ILO], die Organisation für Erziehung und Kultur [UNESCO] oder auch die Internationale Atomenergie-Organisation [IAEA]). Bei der Auswahl dieser Organisationen haben sie sich jedoch ausschließlich von dem Kriterium der größtmöglichen Wirkung ihrer Zugehörigkeit zu ihnen bei einer Beitragsleistung, die sich jeweils an der unteren Grenze der Forderungen der Welt-organisation bewegt, leiten lassen.
An der Technischen Hilfeleistung kann diese Methode am besten klargemacht werden: An dem bisherigen Gesamtaufkommen der EPTA in den Jahren 1953— 1965 von insgesamt 510 Millionen Dollar beteiligten sich alle kommunistischen Länder zusammen mit nicht mehr als rund 23 Millionen Dollar, ein Betrag, der nur geringfügig über der Beitragsleistung allein der Bundesrepublik im selben Zeitraum liegt (USA: 240 Millionen Dollar). Noch krasser ist das Bild beim SF, an dessen Gesamtaufkommen bis 1965 mit 420 Millionen Dollar die USA mit 175, die Bundesrepublik mit 27, die Sowjetunion hingegen mit nur 7 Millionen Dollar beteiligt war. Die hinter dieser Art der Beteiligung stehende Politik wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß jedes beteiligte Land ungeachtet der Höhe seiner Beitragsleistung über eine Stimme verfügt. Darin liegt auch die Erklärung dafür, daß die kommunistischen Länder es bis heute strikt abgelehnt haben, sich auch an der Kapitalhilfeleistung der UN (Weltbank [IBRD], Internationale Finanz-Korporation [IFC], Internationale Entwicklungs-Organisation [IDA]) zu beteiligen, da hier die Stimmverhältnisse strikt an die Höhe der Kapitalbeteiligung der einzelnen Länder gebunden sind. b) Vorrang der Bilateralität Wie die bereits genannten fünf Grundsätze erkennen lassen, hat die Sowjetunion von An-B fang an das Schwergewicht ihrer Beteiligung an der Hilfeleistung für Entwicklungsländer auf die bilaterale Ebene gelegt. Im Unterschied zu den multilateralen Programmen bietet naturgemäß nur sie die Möglichkeit, eine von Land zu Land unterschiedliche Politik zu betreiben, die primär an den außenpolitischen Zielsetzungen der kommunistischen Länder und nicht an den ökonomischen Erfordernissen der Entwicklungsländer orientiert ist. Das charakteristische Merkmal dieser Hilfeleistung seit 1954 ist, daß sie unter Einsatz von weitaus geringerem Kapital lange Zeit eine zum Teil erheblich größere psychologische Wirkung gehabt hat als die vergleichsweise wesentlich größere wirtschaftliche Hilfeleistung der westlichen Länder. Die außenpolitische Bedingtheit der bilateralen östlichen Entwicklungshilfe ist insbesondere an den Schwerpunkten, die dabei gebildet wurden, zu erkennen. Sie wurden seit 1954 je nach der Entwicklung der außenpolitischen Beziehungen da gebildet, wo Möglichkeiten gegeben waren, die Spannungen zwischen den Entwicklungsländern und den westlichen Ländern zu verstärken oder zu vergrößern. Solche Schwerpunkte haben der außenpolitischen Situation entsprechend z. B. zunächst im süd-und südostasiatischen Raum (Afghanistan, Indien, Indonesien und Birma), dann im Nahen Osten (Ägypten, Syrien, Jemen, Irak), in Afrika, wo den jeweils zu voller Souveränität gelangten jungen Staaten vor allem wirtschaftliche Hilfe angeboten worden ist, in Mittelamerika (Kuba) und wiederum im Nahen Osten (Israel-Krieg, arabische Länder) gelegen. Auf diese Weise hat die Sowjetunion ihre Hilfeleistung jeweils den eigenen außenpolitischen Möglichkeiten und nicht etwa den ökonomischen Erfordernissen der einzelnen Entwicklungsländer angepaßt. Dabei hat die militärische Hilfeleistung keine geringere Rolle gespielt als die wirtschaftliche. c) Arten der bilateralen ökonomischen Hilieleistung Diese Feststellung trifft auch für die einzelnen Gebiete der praktischen wirtschaftlichen Hilfeleistung der Sowjetunion zu: Alle von ihr im Bereich der Kapitalhilie bisher geleistete oder angebotene Entwicklungshilfe konzentriert sich nahezu ausschließlich auf solche Objekte, die den vorrangigen Aufbau einer Schwerindustrie gewährleisten und die Entwicklungsländer in ihrer langfristigen Planung zu einer immer stärkeren Ausweitung der staatlich gelenkten Wirtschaftstätigkeit beziehungsweise zu einer immer stärkeren Einengung der privatwirtschaftlichen Möglichkeiten zwingen sollen. Die Entwicklung der Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas in der Nachkriegszeit hat gezeigt, in welchem Maße hier der Aufbau einer Schwerindustrie zu einer nationalen Prestigefrage geworden ist und bis heute von ihnen als unerläßliche Voraussetzung für die Erlangung, Ausübung, Festigung oder Erweiterung von Macht und Einfluß empfunden wird und welche Bedeutung ihm von allen „jungen" Völkern als sichtbares Zeichen für die erreichte Unabhängigkeit, die Gleichberechtigung mit den hochentwickelten Ländern der Welt und das Mitspracherecht in allen wichtigen Fragen der Weltpolitik und der Weltwirtschaft beigemessen wird. Der vorrangige industrielle Aufbau der Sowjetunion seit 1917 wurde und wird deshalb von den Regierungen der meisten Entwicklungsländer vielfach als Modell für den eigenen ökonomischen Entwicklungsprozeß angesehen.
Eine nüchterne Analyse der bisherigen Entwicklungshilfe der Sowjetunion zeigt jedoch deutlich, daß es ihr viel weniger um eine Hilfeleistung bei der wirtschaftlichen Erschließung der einzelnen Länder als vielmehr darum geht, deren Regierungen davon zu überzeugen, daß wirtschaftliche Fortschritte heute nur noch durch eine Wirtschaftspolitik gewährleistet werden können, die sich derselben oder ähnlicher Methoden bedient, wie sie in der Sowjetunion seit 1917 praktiziert worden sind. Hinter dieser Auffassung steht der Anspruch des sowjetischen Gesellschafts-, Wirtschaftsund Sozialsystems auf Allgemeinverbindlichkeit auch für alle übrigen Länder der Welt. Die Realisierung dieses Anspruchs ist die wichtigste langfristige Aufgabe der sowjetischen Außenpolitik. Auch die Hilfeleistung der Sowjetunion bei der Industrialisierung der Entwicklungsländer unter vorrangiger Berücksichtigung des Aufbaus einer Schwerindustrie dient allein diesem Ziel. Nach der Auffassung Lenins, die gradlinig die wirtschaftliche Entwicklung der Sowjetunion bis heute bestimmt hat, sind die materiellen Existenzbedingungen für eine sozialistische Gesellschaft und damit die entscheidende Voraussetzung für die „Diktatur des Proletariats" nur über den Aufbau einer „maschinellen Großindustrie" in relativ kurzer Zeit zu schaffen.
Wie im Bereich der Kapitalhilfe, so ist auch auf dem Gebiet des 'Warenverkehrs die Aktivität der Sowjetunion und ihrer kommunistisch regierten Partnerländer nicht in erster Linie an den ökonomischen Bedürfnissen der Entwicklungsländer orientiert, sondern vor allem von dem Nutzeffekt für die eigene Außenpolitik geleitet. Das zeigt sich deutlich an den mit ihnen seit 1954 geschlossenen Verträgen. Sie hatten von Anfang an den Charakter von Stabilisierungsabkommen, die in ihrer Struktur den bereits erwähnten grundsätzlichen Erklärungen entsprachen, welche der sowjetische Vertreter 1954 auf der 10. ECAFE-Sitzung in Kandy abgegeben hatte. In ihnen verpflichteten sich die kommunistischen Staaten zur Abnahme von festen Mengen der monokulturellen landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Entwicklungsländer für mehrere Jahre und zu festen Preisen. Als Gegenlieferung wurden in der Regel Industrieerzeugnisse angeboten, die für die Industrialisierung der Entwicklungsländer Verwendung finden sollen. Als typisches Beispiel für diese Handelspolitik den Ländern Asiens und Afrikas gegenüber können hier die Abnahmeverpflichtungen der Sowjetunion für Baumwolle in ihren Handelsverträgen mit Ägypten, dem Sudan und Afghanistan oder die für Reis im Vertrag mit Birma gegen Lieferung von Industriegütern angeführt werden.
Alle diese dem Wunsch der Entwicklungsländer nach langfristiger mengenmäßiger und preislicher Absatzsicherung ihrer Exporte von landwirtschaftlichen und industriellen Rohstof-, fen weit entgegenkommenden Verträge haben zweifellos zu einem kurzfristigen ökonomischen Entlastungseffekt für die Entwicklungsländer geführt und der Sowjetunion vorübergehende psychologisch-außenpolitische Vorteile und Erfolge gebracht. Die langfristige, organische volkswirtschaftliche Entwicklung der rohstofferzeugenden Länder wurde dadurch aber nicht nur nicht gefördert, sondern viel eher sogar behindert, weil der Effekt einer derartigen Handelspolitik in aller Regel die Festigung oder sogar Ausweitung der monokulturellen Produktionsstrukturen der Entwicklungsländer war und ist. Hinzu kommt, daß es sich bei diesen Überschußprodukten der Entwicklungsländer vorwiegend um Rohstoffe und Erzeugnisse handelt, die entweder für die Leichtindustrie oder aber für den Verbrauch des höheren Genusses bestimmt sind, daß infolgedessen Voraussetzung für den Import vor allem ein hochentwickelter Massenwohlstand ist. In der Praxis hat sich erwiesen, daß die kommunistischen Länder für diese Güter keinen echten Markt bieten. Das geht auch aus der Tatsache hervor, daß sie in der Regel versucht haben, große Teile der im Rahmen der langfristigen Verträge aus den Entwicklungsländern importierten Überschußgüter wieder auf den westlichen Märkten abzusetzen, und zwar zu erheblich niedrigeren Preisen. Dadurch ist praktisch dem Direktexport der erzeugenden Entwicklungsländer erhebliche Konkurrenz mit der eigenen Ware bereitet worden. über den vorstehenden Sachverhalt hinaus ist die Bevorzugung bilateraler Außenhandelsbeziehungen auf der Basis des kompensatorischen Güteraustausches vor allem auch darin begründet, daß sie sich besser und überschaubarer den Belangen der binnenwirtschaftlichen Wirtschaftsplanung zuordnen lassen. Politische Zielsetzungen und Überschaubarkeit der außenwirtschaftlichen Beziehungen stellen die kommunistischen Länder also vor alle anderen Überlegungen, die der Förderung der Auslandshilfe dienlich sein können.
Im Rahmen der kommunistischen Entwicklungshilfe spielt die Technische Hilfeleistung eine herausragende Rolle. Sie erstreckt sich nicht nur auf die Entsendung von Technikern und Fachkräften in die Entwicklungsländer, sondern auch und vor allem auf die allgemeine fachliche Ausbildung von Technikern und Ingenieuren aus den Entwicklungsländern in den kommunistischen Ländern, die projekt-gebundene fachliche Ausbildung von Arbeitern sowie technischen und wirtschaftlichen Führungskräften im jeweiligen Entwicklungsland oder in den kommunistischen Ländern, die Ausbildung von Studenten an den Hochschulen des Ostblocks und schließlich die projektgebundene Ausbildung von Technikern und Ingenieuren in den kommunistischen Ländern. Unter projektgebundener technischer Hilfe und Beratung ist vor allem die Ausbildung von Facharbeitern und sonstigem technischen Spezialpersonal für ganz bestimmte Anlagen zu verstehen, die von den kommunistischen Ländern ganz oder teilweise finanziert werden. So wurden allein für das mit sowjetischer Kapitalhilfe in Indien errichtete Stahlwerk Bhilai annähernd 5000 Arbeiter auf ihre Tätigkeit vorbereitet. In dem von den Sowjets in Bhilai eingerichteten Technischen Institut sollen inzwischen rund 20 000 Monteure ausgebildet worden sein. 300 Facharbeiter erhielten in Bhilai eine Spezialausbildung. Mehrere hundert indische Ingenieure sollen darüber hinaus in russischen Stahlwerken auf ihre Aufgaben in Bhilai vorbereitet worden sein. Das ist nur ein typisches Beispiel. Ähnliche Feststellungen lassen sich für Ägypten (Assuan-Damm), Syrien und Afghanistan treffen. In besonderem Maße ist die personelle Hilfe-leistung der Sowjetunion auch während der Kuba-Krise im Herbst 1962 in der großen Zahl der zu dieser Zeit auf Kuba tätigen sowjetischen Experten sichtbar geworden.
Die bisherige Erfahrung mit der technischen Hilfeleistung der kommunistischen Länder besagt, daß sich diese keineswegs nur auf die Vermittlung von technischem oder sonstigem Wissen beschränkt, sondern daß die dadurch geschaffenen Möglichkeiten in hohem Maße auch für die Propagierung der innen-und außenpolitischen Maßnahmen und Ziele der kommunistisch regierten Länder ausgenutzt werden. Als besondere Zentren der intensiven propagandistischen und psychologischen Einflußnahme auf die Bevölkerung der Gastländer müssen die in Zusammenhang mit der technischen Hilfeleistung eingerichteten Studienzentralen (allein 40 im Nahen und Mittleren Osten) angesehen werden. Auch im Bereich der technischen Hilfeleistung ergibt sich somit dasselbe Bild, das bereits die Analyse der Kapitalhilfe und des Außenhandels bot: Die Entwicklungsländer-Politik der kommunistischen Länder ist im wesentlichen kaum auf die ökonomischen Bedingungen in den Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas abgestellt, sondern vor allem an ihren eigenen weltweiten außenpolitischen Zielsetzungen orientiert. 3. Sowjetisch-chinesischer Konflikt und Entwicklungsländer Der sowjetisch-chinesische Konflikt hat wesentliche Rückwirkungen auch auf die östliche Entwicklungshilfe und damit auf die Stellung der kommunistischen Länder in den Entwicklungsländern gehabt. Die Ursache dafür ist vor allem in tiefgreifenden ideologischen Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Ländern über die Methode zur Ausbreitung der weltrevolutionären Bewegung im allgemeinen und im Entwicklungsraum im besonderen zu suchen. Das zentrale Kriterium ist dabei die Frage der Zusammenarbeit mit dem bürgerlichen Nationalismus, das heißt die Frage, wann Bündnisse dieser Art eingegangen werden können und wann sie wieder gelöst werden müssen. Während die Sowjetunion von der festen Überzeugung ausgeht, daß sie im wirtschaftlichen Wettbewerb mit den westlichen kapitalistischen Ländern irn weltweiten Maßstab erfolgreich sein wird, daß infolgedessen die Zeit auch in den Entwicklungsländern für den Kommunismus arbeitet und deshalb jede aggressive Strategie zur Ausbreitung der weltrevolutionären Bewegung strikt abzulehnen ist, vertritt China — ganz im Gegensatz dazu — die Auffassung, daß ein schneller, ununterbrochener Übergang zur sozialistischen Revolution gerade in den Entwicklungsländern notwendig ist, weil die Zeit infolge der Aktivität des Imperialismus nicht für, sondern gegen die kommunistischen Länder arbeitet.
Von diesem ideologischen Kern der Auseinandersetzung zwischen den beiden kommunistischen Ländern sind auch die Divergenzen zwischen ihnen in der Entwicklungsländerpolitik abzuleiten. Dabei spielt eine wesentliche Rolle, daß sich China selbst gleichermaßen zu den „farbigen" und zu den wirtschaftlich „unterentwickelten" Völkern zählt und damit seine Politik auch darauf aufbaut, daß die Sowjetunion — in den Augen der Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas — zum Kreis der „Weißen" und deshalb zu den wirtschaftlich „entwickelten" Ländern gerechnet wird. China glaubt darüber hinaus, auch auf Grund seiner vom sowjetischen „Modell" der Entwicklung abweichenden Erfahrungen beim „Aufbau des Sozialismus" beispielhaft für die unterentwickelten Länder zu sein. Sie beruhen seit 1958 in erster Linie auf einem massiven Einsatz der im Übermaß vorhandenen, wenn auch zum Teil nur unzureichend oder gar nicht ausgebildeten Arbeitskräfte und dem vorrangigen Aufbau einer Kleinindustrie, das heißt auf einer Entwicklung „von unten nach oben". Demgegenüber hat sich die Sowjetunion — wie schon angeführt — bei ihrem wirtschaftlichen Aufbau seit 1917 vor allem von dem Ziel des größtmöglichen Aufbaus der Arbeitskräfte sparenden Technologie und infolgedessen der vorrangigen Förderung der Großindustrie leiten lassen. Diesen sowjetischen Weg der Entwicklung von „oben nach unten" hat auch China mit erheblicher Hilfeleistung der Sowjetunion bis 1957 nachzuvollziehen versucht. Er mußte jedoch abgebrochen werden, weil er auf Grund der vorgegebenen kardinalen, ökonomisch und kulturhistorisch bedingten Strukturunterschiede in China zu einer schwerwiegenden Fehlentwicklung geführt hat, die das Land an den Rand des Abgrundes seiner Existenz brachte.
Die Aktivität der kommunistischen Länder im Entwicklungsraum ist in entscheidendem Maße davon beeinflußt worden, daß die chinesischen Führer die von ihnen seit 1958 praktizierte Form des „Aufbaus des Sozialismus" als beispielhaft propagieren und daß sie den Modellcharakter der chinesischen Entwicklung damit begründen, daß die strukturellen Gegebenheiten der Länder Asiens, aber auch Afrikas und Lateinamerikas weitgehend denen in denen China entsprechen, nicht aber in der Sowjetunion. Nicht zufällig wird deshalb in der parteiamtlichen chinesischen Presse seit der Errichtung der Volkskommunen und seit dem „großen Sprung nach vorn" auch immer wieder vor einer blinden Nachahmung von „ausländischen Erfahrungen" gewarnt, da sich Aufgaben und Formen des sozialistischen Aufbaus in Ländern mit einer großen Bauern-bevölkerung und feudalistischen Überbleibseln beträchtlich von denen in Europa unterscheiden.
Entsprechend den unterschiedlichen Erfahrungen, die beide Länder bei ihrer eigenen Entwicklung gemacht haben, zielt auch ihre Hilfe-leistung auf die Förderung einer unterschied-liehen Entwicklung in den Ländern der „Dritten Welt". Während — wie oben angegeben — die Hilfeleistung der Sowjetunion im wesentlichen auf solche Objekte gerichtet ist, die den vorrangigen Aufbau einer Schwerindustrie gewährleisten und damit auch dem ausgeprägten Prestigebedürfnis der Empfängerländer entgegenkommen, hat China mit seiner Hilfe-leistung in erster Linie solche Vorhaben in den Entwicklungsländern finanziert, die — seinen eigenen Erfahrungen entsprechend — den vorrangigen Aufbau einer Klein-und Mittel-industrie bewirken und damit auch den strukturellen Gegebenheiten Rechnung tragen sollen.
Für die Beurteilung der von beiden Ländern im Entwicklungsraum verfolgten Zielsetzungen ist schließlich nicht zuletzt das Ausmaß der geleisteten Hilfe von großer Bedeutung. Unzweifelhaft hat das im Vergleich zur Sowjetunion (1954— 1964: etwa 4, 2 Mrd. $) außerordentlich geringe Gesamtvolumen der chinesischen Entwicklungshilfe (1954— 1964: etwa 630 Mill. $) auch deren Wirksamkeit im Sinne der außenpolitischen Zielsetzungen Chinas in nur sehr engen Grenzen gehalten. Für den wirtschaftlichen Aufbau in den Ländern Asiens und Afrikas ist ihr im Vergleich mit der sowjetischen Hilfeleistung nur geringe, im Vergleich mit der Hilfeleistung der westlichen Industrieländer überhaupt keine Bedeutung beizumessen.
Aus der Sicht der Entwicklungsländer spiegelt sich aber in dem unterschiedlichen Ausmaß der von den beiden kommunistischen Ländern gewährleisteten Hilfe auch deren unterschiedliches wirtschaftliches Leistungsvermögen wider. Für den „konkurrierenden" Wettbewerb beider Länder um die Entwicklungsländer ist gerade dies von nicht unerheblicher Bedeutung, denn mit der von ihr geleisteten Entwicklungshilfe glaubt die Sowjetunion, ihre wirtschaftliche Stärke, damit aber auch die Richtigkeit ihres Weges der „Entwicklung des Sozialismus" und dessen Allgemeingültigkeit nicht nur für China, sondern auch für die Entwicklungsländer nachgewiesen zu haben. Unter Zugrundelegung dieser Kriterien war hingegen anderseits China bisher nicht in der Lage, die Richtigkeit seines von der Sowjetunion abweichenden „Weges zum Sozialismus" unter Beweis zu stellen — zumindest nicht durch eine entsprechende Hilfeleistung an die Entwicklungsländer.
Für die Beurteilung der Konfrontation der beiden wichtigsten Länder des kommunistischen Machtbereiches im Entwicklungsraum ergeben aus diesem Sachverhalt sich entscheidende Kriterien:
Von beiden wird die Entwicklungshilfe nur als ein Instrument angesehen, mit dem sie ihre eigentlichen ideologischen und vor allem politischen Ziele im Entwicklungsraum verfolgen und zu verwirklichen suchen. Während jedoch die Sowjetunion dieses Instrument wirksam einsetzen kann, fehlt China dafür die wichtigste Voraussetzung, das heißt die entsprechende eigene ökonomische Basis. Da China für absehbare Zeit keine Chance hat, mit der sowjetischen Hilfeleistung auch nur annähernd Schritt zu halten und deshalb befürchten muß, im Wettbewerb um die Entwicklungsländer ernsthaft ins Hintertreffen zu geraten, hat es ein elementares Interesse daran, den Wert der sowjetischen Hilfeleistung zu mindern oder in Frage zu stellen.
Die bei der Argumentation gegen die sowjetische Hilfeleistung verwendeten Begründungen hatten vorwiegend ideologischen Charakter. Sie besagen, daß die umfangreiche sowjetische Hilfeleistung allein den gegenwärtigen national-bourgeoisen Regierungen zugute komme und daß deren Existenzgrundlage dadurch nicht nur erhalten bleibe, sondern sogar noch stark verbessert werde. Auf Grund dieser Argumentation kommt China zu der Schlußfolgerung, die sozialistische Revolution in den Entwicklungsländern werde auf diesem Wege nicht nur nicht beschleunigt, sondern sogar erheblich verzögert.
Diese kontroverse Haltung Chinas gegenüber der Sowjetunion hat innerhalb der meisten kommunistischen Parteien der Entwicklungsländer zur Bildung von „Fraktionen" geführt, von denen die linke, chinesisch orientierte die nach ihrer Auffassung ohnehin unvermeidbare Kraftprobe mit dem bürgerlichen Nationalismus so schnell wie irgend möglich herbeiführen will, während die rechte, sowjetisch orientierte sie für absehbare Zeit glaubt aufschieben zu müssen.
China hat damit nicht nur einen offenen innerparteilichen Machtkampf mit der Sowjetunion heraufbeschworen, sondern den bisher weitgehend auf das kommunistische Lager begrenzten sowjetisch-chinesischen Konflikt auf den Entwicklungsraum ausgeweitet. Von der Sowjetunion mußte dieses Vorgehen um so mehr als eine Herausforderung angesehen werden, als China gleichzeitig auch an die Solidarität aller farbigen Völker der Welt appellierte, zu deren Kreis die Sowjetunion in keiner Weise zu rechnen sei. Bereits auf der afro-asiatischen Konferenz von 1955 in Bandung hatte Tschu En-lai bekanntlich diese Solidarität aller farbigen Völker in einer aufsehenerregenden Rede beschworen; von der Sowjetunion war diese Rede allerdings keineswegs als gegen das sowjetische Vordringen im Entwicklungsraum, sondern gegen den „Imperialismus" gerichtet gewertet worden. Daß aber diese Absicht schon hinter der Rede Tschu En-lais stand, dürfte heute rückblickend kaum mehr in Zweifel zu ziehen sein.
Unter diesen Voraussetzungen blieb der Sowjetunion überhaupt keine andere Wahl mehr, als die Herausforderung Chinas anzunehmen, wenn sie zumindest bei den kommunistischen Parteien der Entwicklungsländer nicht unglaubwürdig erscheinen wollte. Durch die Ausweitung des sowjetisch-chinesischen Konflikts auf die Entwicklungsländer ist insofern eine neue Situation im weltweiten politischen und wirtschaftlichen Wettbewerb um die Entwicklungsländer entstanden, als die Sowjetunion die Richtigkeit ihrer Grundsätze in der Zusammenarbeit mit den Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas nicht mehr nur gegen den westlichen „kapitalistischen Imperialismus", sondern auch gegen das kommunistische „Bruderland" China unter Beweis zu stellen gezwungen ist.
Die Entwicklung seit spätestens 1964 zeigt, in welchem Ausmaß die Glaubwürdigkeit der von der Sowjetunion immer wieder behaupteten Uneigennützigkeit ihrer Entwicklungshilfe durch die Auseinandersetzung mit China beeinträchtigt, wenn nicht sogar in Frage gestellt ist.
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