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II. Erziehung zum engagierten Demokraten — aber wie? | APuZ 4/1968 | bpb.de

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APuZ 4/1968 Zur Diskussion um die politische Bildungsarbeit I. Politische Erziehung aus psychologischer Sicht II. Erziehung zum engagierten Demokraten — aber wie?

II. Erziehung zum engagierten Demokraten — aber wie?

1. Erzeugt politische Bildung engagierte Demokraten?

Die Grundkonzeption der politischen Bildungsarbeit bei uns war stets: Wer politisch gebildet ist, von dem ist zu erwarten, daß er auch ein guter Demokrat von Gesinnung und bestrebt sein wird, seine Staatsbürgerrolle als Gewissenspflicht zu akzeptieren und wahrzunehmen. Nach zwanzigjähriger systematischer politischer Bildungsarbeit in der Bundesrepublik aber konstatiert man „die schlichte Tatsache des politischen Desinteresses des größten Teils der Bevölkerung." So R. Dufner in „deutsche jugend", Heft 9/1967, S. 408, unter Bezugnahme auf ein Referat von Staatssekretär Prof.

Dr. W. Ernst über „Dimensionen politischer Bildung"

Die Meinungen über das allgemeine politische Desinteresse und Nichtengagement stimmen unter Fachleuten der politischen Bildungsarbeit weitgehend überein. Und wo junge Menschen sich dennoch politisch engagieren, dort tun sie es — so scheint es wenigstens — lieber in destruktivem als in konstruktivem Sinne. Man forscht nach den Gründen dieses Mißerfolges der politischen Bildungsarbeit — allerdings, so scheint es, mehr spekulierend als wissenschaftlich.

Das politische Bildungsniveau als solches ist immerhin, wie Überprüfungen ergaben, im Laufe der Jahre stetig gestiegen, so daß man heute von „erschütternder Ignoranz" nicht mehr in gleicher Verallgemeinerung sprechen kann wie vor zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahren.

Aber vielleicht stimmt die vorgenannte Grundkonzeption nicht? Vielleicht kommt es für das Sich-Entwickeln eines allgemeineren demokratischen Bewußtseins, eines Mitverantwortungsgefühls für das politische Geschehen, gar nicht primär-entscheidend auf das politische Bildungsniveau an? Vielleicht ist noch entscheidender, daß der einzelne überhaupt will, daß er innerlich bereit ist, sich mit einer Rolle, die Einsatz und Mitverantwortung bedeutet, zu identifizieren? Das würde bedeuten, daß selbst noch mehr Lehrstoff und noch gediegeneres Argumentieren, noch mehr Kenntnisse und noch wertvollere Einsichten auch nicht helfen würden, den gewünschten Erfolg herbeizuzwingen.

Vielleicht ist es jetzt einmal wichtiger, nach psychischen Widerständen, bewußten und unbewußten, zu forschen, die es erklärlich machen, woher teils Desinteresse, teils Ablehnung resultieren. Danach wäre zu prüfen, ob und was geändert werden könnte und sollte, sei es an den äußeren Verhältnissen, die vielleicht nicht ganz geeignet sind, um die „Jugend von heute" adäquat anzusprechen, sei es an den inneren Voreinstellungen, mit denen es die politischen Pädagogen bei ihren Schülern gegenwärtig zu tun haben, wenn sie sie mit politischen Fragen konfrontieren. Politischer Lehrstoff ist nun einmal von völlig anderer, delikaterer Art als jeder andere.

Einiges deutet darauf hin, daß Heranwachsende sich heute schon gegängelt, bevormundet oder überrollt fühlen, wo die Erwachsenen das noch gar nicht ahnen oder wahrhaben wollen, weil sie davon ausgehen, es mit lauter „unbeschriebenen Blättern" zu tun zu haben. Aber die jungen Menschen spüren die innere Zwiespältigkeit, Unsicherheit und teilweise auch Irritierbarkeit der „Alten", ihr eigenes Ich drängt daher (erfreulicherweise) nach Selbst-orientierung und Selbstbestätigung. Da sie aber nicht immer so können, wie sie wollen oder gern möchten, mündet diese Frustration dann sehr oft entweder in Skepsis, Distanzierung und Resignation oder in Protest und Radikalismus. Also müßte man die psychischen und die äußeren Ursachen des pädagogisch-psychologischen Mißlingens genauer zu erfahren versuchen, und zwar nicht nur durch Fragen, auf die man irreführende Antworten erhält. Nur dann, auf diesem Umwege, wird Gemeinschaftskunde wahrscheinlich in dynami16 schern Sinne fruchtbarer gestaltet werden können. Schließlich ist politisches Gebildetsein ja an und für sich noch nichts Dynamisches, sondern nur etwas Statisches. Es ist das geistige Rüstzeug, das bereit liegt und das man benötigt, um hiermit in verantwortlicher Weise „hantieren" zu können (wenn man will). Das Dynamische im Menschen wird durch andere Begriffe gekennzeichnet: der Impuls — die Motivation — das Bedürfnis — der Trieb — die Gewissensregung — der innere Imperativ — das Mitverantwortungsgefühl — die eine oder andere idealistische Triebfeder — der Glaube, daß ein bestimmtes Tun einen Sinn hat — dieser oder jener äußere Reiz — oder auch der Befehl von außen — oder auch die Beengung von außen, der „Druck, der Gegendruck erzeugt" — die Aufrüttelung durch vitales Betroffensein — diese und ähnliche dynamische Prozesse sind in der Regel beteiligt, wenn ein Tun wirklich ausgelöst wird.

Was liegt vor, wenn trotz Einsicht kein Tun ausgelöst wird, das ihr eigentlich folgen müßte? Warum springt der Motor nicht an, wenn er doch — nach" allen Regeln der Vernunft — eigentlich anspringen müßte? Sind vielleicht andere Regeln als die der Logik am Werke?

Würde der politische Pädagoge, wenn er seine Schüler mit politischem Bildungsstoff konfrontiert, einen genaueren Einblick in ihre Voreinstellungen und ihre Motivationsdynamik erhalten können, als es gemeinhin bisher der Fall sein kann, dann besäße er sicher mehr Zugangswege und methodische Möglichkeiten, ihren Tendenzen und Potenzen gerecht zu werden, als wenn er ohne spezifische Erfahrungen in diese besonders geartete pädagogische Situation, die ja zugleich eine delikate psychologische ist, eintritt.

An sachbezogenen Einsichten hat die politische Bildungsarbeit schon viel Wertvolles vermitteln können, so unzureichend es vielen auch immer noch erscheinen mag — Einsichten in soziologische Realitäten, politologische Zusammenhänge, historische Verstrickungen; über politische Notwendigkeiten, ideologische Wünschbarkeiten und (besonders) Nichtwünschbarkeiten über „Weltbilder" und anthropologische Theorien wurden zumindest diskutiert. Aber neben allen diesen notwendigen Wissensübermittlungen gibt es eine Einsicht, die noch viel notwendiger erscheint; sie ist freilich weniger aus Lehrbüchern (gedächtnismäßig) zu erlernen, als aus Kontakt und Erleben zu internalisieren Die Einsicht in die Vitalbedeutung der Rolle, die jedem Staatsbürger in der Demokratie (ob er damit nun einverstanden ist oder nicht) zugefallen ist. Allerdings darf sie nicht, wie so viele andere Einsichten, bloß „theoretisch" bleiben, sondern muß das Ich wirklich erreichen.

Ich möchte hier von einem im Ich zu verankernden Rollenbewußtsein des Demokraten als Erziehungsziel sprechen und meine, daß diese Bezeichnung den Kern der Sache besser triflt. als der in Mode gekommene analoge Begriff „Das politische Engagement"; denn engagiert sein kann man auch für politische Ziele, die durchaus nicht demokratieförderlich sind. Wer sich aber seiner demokratischen Rolle verpflichtet weiß, dessen Denken, Urteilen und Handeln bewegt sich „grundsätzlich" in demokratischen Bahnen — und zwar auch dann, wenn er an dem demokratischen Staat, dem er angehört, noch viel auszusetzen hat.

Man kann diese Demokratenrolle freilich auch bloß als objektiv unausweichliches Faktum zur Kenntnis nehmen und sie innerlich dennoch ablehnen, das heißt sich weigern, sich mit. ihr zu identifizieren. Diese Haltung läßt sich jedoch, nachdem die einem zugefallene Rolle einmal ins Bewußtsein gedrängt worden ist, nicht mehr als eine naiv-unbeteiligte, sozusagen „unschuldige" werten, sondern muß als eine bewußt zu verantwortende Entscheidung gelten, die zweierlei ausdrückt: 1. Ich will — als Staatsbürger, der ich nun einmal bin — nur eine ObjektroWe. in dieser Demokratie spielen und nehme in Kauf, daß alles über meinen Kopf hinweg geschieht, einerlei was; 2. Ich bin mir auch bewußt, daß ich nun durch meine abstinente Haltung für meinen Teil daran mitwirke, der Demokratie Schaden zuzulügen.

Der bewußte Verzicht auf die SubjektroWe bedeutet faktisch Antidemokratismus, aber zugleich auch Selbstbetrug: Man betrügt sich um die Chance, mitdenken, mitreden und mitbestimmen zu dürfen, wo es auch mit um eigenste Interessen und Wünsche geht. Eine psychologische Untersuchung wäre die Frage wert: Warum lassen so viele Deutsche lieber „mit sich geschehen", als daß sie sich mit um ihr Schicksal kümmerten? Läßt die neuer-dings populär werdende Parole „Unruhe ist die erste Bürgerpflicht!" vielleicht auf eine Änderung hoffen?

Diese kleine Reflektion über das demokratische Rollenbewußtsein enthält nichts sonderlich Neues, erscheint aber dennoch nicht ganz überflüssig im Hinblick auf Reformvorschläge, die hie und da zur Aktivierung des politischen Engagements in der politischen Bildung beigesteuert werden und von denen zwei nun gleich diskutiert werden sollen. Mit Rezepten ist man oft schneller bei der Hand als mit den Diagnosen, die sie rechtfertigen könnten, ja diese Diagnosen lassen, wie mir scheint, meist überhaupt auf sich warten (wenn man von problematischen Umfragen, die oft zu Fehldiagnosen verleiten, absieht).

Diffizile Motivations-und Hemmungsprobleme lassen sich ohne gesicherte fachpsychologische

Diagnosen nicht angemessen in Rechnung stellen. Es wäre gewiß aufschlußreich, einmal zu untersuchen, ob die besseren Erfolge in der politischen Bildungsarbeit nicht gerade dort zu verzeichnen sind, wo Lehrer am Werke waren, die sich ungewöhnlich gut in den politisch-relevanten Voreinstellungen junger Menschen und derer Motivationsdynamik auskennen.

Zur Diskussion gestellt wurden kürzlich zwei Vorschläge, die beide eine effektivere politische Engagierung der Schüler im Sinne haben, sich jedoch charakteristisch voneinander unterscheiden: Der eine will Ideologie ausklammern und nur auf persönliche Interessen abstellen, der andere verurteilt die zu rationale Einstellung unserer pluralistischen Zeit und sieht die Chancen in einer Ideologisierung des Politikunterrichts. Nachfolgend eine kurze kritische Würdigung dieser beiden Modelle:

2. „Nur über den Interessenten geht jetzt der Weg"

Der erste Vorschlag geht davon aus, daß sich das allgemeine politische Interesse den Eigeninteressen von selbst ankristaliisieren würde, sofern man nur einen jeden dazu ermutige, die vorgegebenen demokratischen Durchsetzungs-Chancen für seine Eigen-und Gruppeninteressengebührend zu nutzen. Auf diese Weise müsse sich eine demokratische Mitbestimmungsrolle allmählich als Gewohnheitsrecht niederschlagen und verfestigen. Das demokratische System würde dann funktionieren. Wenn in dieser Weise jeder Bürger den praktischen Nutzwert unserer freiheitlichen Staats-und Wirtschaftsstruktur an sich selbst erlebt und schätzen lernt, dann wird er sich auch für sie einsetzen. Er wird sich als verantwortlich mithandelnden Demokraten fühlen, zumal, wenn er sich auch für Belange gleichinteressierter anderer verwendet.

Zwar haben solche ich-und wirbezogenen Interessenmotive zunächst kaum etwas Idealistisches, auch nichts Ideologisches an sich, aber — so ist aus Argumentierungen zu entnehmen — der tatsächliche Effekt rechtfertige diese Hintertür; angesichts der Ideologiefeindlichkeit der jungen Generation könne und müsse man eben auf abstrakte Leitbilder verzichten. In der Tat dürfte die Gefahr bestehen, daß ideologische Blinklichter, die man dominierend ins Aufmerksamkeitsfeld setzt, sehr leicht als Indoktrinatiohs-oder gar Manipulationsversuch mißdeutet werden. Andererseits fragt es sich, ob es genügen kann, die demokratische Einstellung, die man von jedem Staatsbürger erwartet, als eine bloße Methodenanerkennung für die Durchsetzung persönlicher Interessen hinzustellen. Schließlich geht es ja auch um Uberindividuelles, was hier wohl am konkretesten mit „Zukunftsschicksal des eigenen Volkes" übersetzt werden kann, das ja nun einmal von dem strikten Festhalten an den freiheitlich-demokratischen Grundsätzen unserer Verfassung entscheidend abhängt. Anders ausgedrückt: Jeder einzelne sollte sich auch insofern als Demokrat bewähren, als er die demokratischen Freiheiten zu verteidigen bereit ist, wenn sie bedroht erscheinen. Er sollte auch bereit sein, soweit es in seinen Kräften steht, alles zu tun, um bestehende Mängel der Demokratie überwinden zu helfen.

So nahe es also für den politischen Pädagogen manchmal auch liegen mag, sich absichtlich auf rein pragmatische Gesichtspunkte (wie es die persönlichen Interessen der Staatsbürger sind) zu beschränken, nur um bei den Schülern mit größerer Wahrscheinlichkeit anzukommen, indem er ihnen vor allem den praktischen Nutzen der Demokratie für jeden einzelnen plausibel macht, so zweischneidig wäre es wohl dennoch, wollte er darauf verzichten, auch zu er-B reichen, daß jeder einzelne ganz deutlich auch die kollektiv-ganzheitliche Vitalbedeutung der Demokratenrolle jedes Staatsbürgers erlebt und fest in sein Bewußtsein und seine Grundeinstellung aufnimmt.

Wollte man sich auf das Einüben nur der formalen demokratischen Spielregeln — und dies besonders im Hinblick auf persönliche Interessen — beschränken, dann drängt sich der Gedanke auf, daß schließlich nur diejenigen an dem Bestand der Demokratie vital interessiert bleiben würden, die es am geschicktesten (cleversten) verstehen, ihre demokratischen Rechte nur zugunsten ihrer privaten Selbsterhaltungsund Fortkommensinteressen wahrzunehmen.

Der hier kritisierte Vorschlag wurde kürzlich erneut von Hans L. Reimann aufgegriffen, nachdem sich schon früher W. Besson für ihn eingesetzt hatte Reimann leitet seine Gedankengänge wie folgt ein: „Der zunächst private Wunsch des einzelnen, seine eigenen Lebensbedingungen zu verbessern — von Vertretern der formierten Gesellschaft vielfach als egoistisches Interesse abgewertet —, scheint uns einer der sinnvollsten Ansätze für politische Bildung und eine der stärksten Triebkräfte für politische Engagement zu sein. Bewußt gehen wir davon aus, daß der einzelne zunächst nur sein eigenes Interesse und nicht das anderer im Auge hat. Unter Engagement im Bereich politischen Verhaltens verstehen wir das mehr oder weniger klare Bewußtsein davon, daß man an einer Sache beteiligt oder von ihr betroffen ist, sowie die aus diesem Bewußtsein resultierende Bereitschaft, Kraft und Zeit dafür aufzuwenden, sich über die betreffende Sache zu informieren und den Versuch zu unternehmen, sie zu erhalten oder zu ändern. Das Engagement schließt Furcht und Hoffnung ein: Die Hoffnung, es werde gelingen, bestimmte Verhältnisse dem eigenen Wunsch entsprechend zu formen, die Furcht, bestimmte Verhältnisse könnten so geformt werden, daß für das eigene Leben schwere Nachteile oder Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Engagiertes politisches Verhalten geht beim einzelnen Bürger aus vom Willen zur Selbstbehauptung und von der Bereitschaft zum Kompromiß."

3. „Eine Verheißung ist notwendig" — „Es liegt am ideologischen Vakuum"

Der andere Vorschlag geht vom genauen Gegenteil aus: Das Ideologische sei es, das vor allem anderen berufen sei, die notwendige Triebkraft für politisches Rollenengagement zu liefern. Der Mensch brauche nun einmal, so heißt es, Hingabe an eine Idee, ein Überindividuelles, ein Leitbild; wenn man dem Schüler im Politikunterricht ein solches „verpflichtendes Bild vom Menschen und von der Gesellschaft" und eine erstrebenswerte Zukunftsverheißung vorenthalte, dann fühle er sich preisgegeben und verloren, es fehle ihm mangels eines Bindungsobjektes einfach die Möglichkeit, sich zu engagieren. Am Ende würde er sich dann versucht fühlen, unwillkommenen Verheißungen Unzuständiger zu glauben, dann aber ginge er dem demokratischen Potential unseres Volkes vollends verloren.

Eine solche Auffassung wird u. a. von E. Lemberg und kürzlich auch von K. Hornung vertreten. So heißt es z. B. bei Hornung: „Wenn wir nach den Ursachen der unleugbaren Schwächen unserer politischen Erziehung während der beiden zurückliegenden Jahrzehnte fragen, stoßen wir, glaube ich, mit Notwendigkeit auf die Folgen und Gefahren jenes ideologischen Vakuums, das in Deutschland nach dem Zusammenbruch einer verhängnisvollen Ideologie eingetreten ist."

Hornung zitiert dann aus Lembergs Buch: „Eine politische Pädagogik ist auf die Dauer zur Erfolglosigkeit verurteilt, wenn sie nicht neben der Kritik am vergangenen System, neben der Propaganda für das eigene und neben einer Erziehung zu politischem und gesellschaftlichen Wohlverhalten auch noch ein Bild der Welt, der Geschichte, eine Grundlage der Selbstdeutung, eine Orts-und Rollenbestimmung der eigenen Gruppe, eine Lehre von den gesellschaftlichen und politischen Kräften in der Welt, mit anderen Worten: ein Weltbild, eine Ideologie zu bieten hat. ... Es geht also nicht nur mit Vorurteilsfreiheit, Kritik und Vernunft. Das Bild einer zukünftigen Gesellschaft, eine Verheißung ist notwendig." Beiden geht es also um eine Verheißung, eine zwar „nicht unkritische, nicht unrealistische" (sie „muß aus den Enttäuschungen und Erfahrungen des 19. und 20 Jahrhunderts gelernt haben") — aber doch eine Verheißung. Allerdings wird nicht näher gesagt, wie sie auszusehen hat.

An anderer Stelle heißt es, daß Voraussetzung für freie individuelle Entscheidungen das vorherige „Erfahren" einer „der Hingabe werten Ordnung" ist, denn sonst würde „dem zur Skepsis gegen die überlieferten Gewalten und zu freier individueller Entscheidung Erzogenen der Antrieb zu diesem politischen Engagement und die Fähigkeit zur Hingabe an sie fehlen. . . . Darum liegt der pädagogische Ansatz an einer anderen Stelle als bisher gesucht: Nicht im Rückzug auf das sich selbst bestimmende Individuum, sondern in der richtigen Rangordnung der dem Menschen notwendigen Bindungen an überindividuelle Gegebenheiten, Gruppen, Institutionen, Ordnungen."

Nach der Instanz gefragt, wer denn das „übergeordnete Normensystem" bestimme, aus dem sich die richtige Rangordnung der den Menschen notwendigen Bindungen ergäbe, gab Lemberg die Antwort, dieses Normensystem könne nach seiner „persönlichen Überzeugung nur eine Instanz bieten, die über den nationalen und quasi-nationalen Gruppenbildungen steht, in unserem Kulturkreis also wohl die Religion oder auch — was im Grunde nichts anderes ist — ein wirklich über den Nationen stehender Humanismus. . . Das sei „Sache des persönlichen Glaubens."

Maßgebend ist demnach der persönliche Glaube des jeweiligen politischen Pädagogen, von dem erwartet wird, daß er bereit und imstande ist, seinen persönlichen Glauben mit dem religiösen Normensystem unseres Kulturkreises abzustimmen und dann hieraus seinen Schülern eine Rangordnung und ein Leitbild hinzustellen, an die sie sich dann „verpflichtend" zu binden hätten.

Eine zu kritisch rationale Haltung des Staatsbürgers verträgt sich offenbar nicht mit dem Leitbild dieses Aktivierungsmodells: „Das Leitbild des rational und vernünftig urteilenden Citoyen, des einsichtigen und urteilsfähigen Staatsbürgers und republikanischen Menschen im Sinne Kants", so meint Hornung in der Einleitung seines Beitrages, genüge deshalb nicht, weil dieses Leitbild „in der Einwirkung auf den emotional-voluntativen Bereich der menschlichen Kräfte und Vermögen eine unstatthafte Antastung der Autonomie des Menschen, einen heteronomen Eingriff in den Persönlichkeitskern erblicken muß." Woraus hervorgeht, daß ideologisch-emotionale Werbemittel, wenn sie nur im Sinne des vorgesetzten verpflichtenden Weltbildes eingesetzt werden, in der politischen Pädagogik zu rechtfertigen seien.

Hornung betont auch an anderer Stelle die „dynamische Kraft" der „emotional-volitionalen Schichten", des „endothymen Grundes" der Person, die mitzuhelfen haben, um „ein Tun auszulösen" — ein Tun, das „auf ein Zukunftsbild gerichtet ist", aus dem sich dann auch „die Forderungen an die Zöglinge" seitens der politischen Erzieher ergäbe

Er bezeichnet es als eine (irrige) „aufklärerische Meinung", daß „in der Hingabefähigkeit und -bereitschaft an überindividuelle Werte, Gruppen und Aufgaben lediglich ich-schwache, autoritäre Syndrome zum Ausdruck kämen."

Hier wird einer „aufklärerischen Meinung" wohl irrtümlich etwas unterstellt, wie es so nicht gemeint sein kann. Niemand leugnet die lebenswichtige Kraft der Emotionen, niemand verbannt sie aus jeglichem politisch-ideologischem Streben des einzelnen. Verurteilt wird nur der Mißbrauch emotionaler Hilfsmittel und Hingabestimulierungen im Dienste irgendwelcher heteronomer ideologischer Indoktrinationsbemühungen. Ihm, dem Mißbrauch, fallen in der Tat stets viele ich-schwache und autoritätsbedürftige Menschen zum Opfer — und die bisher empfohlene Immunisierungstherapie gegenüber emotional-geladenen Indoktrinations-/ersuchen dürfte daher ihre vordringliche Beieutung als wesentlicher Bestandteil der poliischen Erziehung für immer und nach allen Seiten hin, nicht nur gegen „Irrlehren", behalen; Hornungs Sorge (in der Einleitung seines Artikels), sie werde überbewertet, kann aus psychologischer Sicht wohl kaum geteilt werfen. Entweder erzieht man den Staatsbürger zu politischer Mündigkeit und freier, möglichst rorurteilsloser und undirigierter Selbstorienierung, macht ihn zum verantwortlich und lüchtern urteilenden Demokraten, oder man wirbt um seine Gefolgschaft in eine bestimmte deologisch-politische Richtung, hierbei an motional-volitionale Schichten der Persönlichkeit appellierend. Beides zugleich aber wäre in Widerspruch in sich selbst. »/Venn immer wieder „das verpflichtende Menschenbild" und eine „Verheißung" herausgestellt werden, die es gelte in den Vorderyrund der politischen Pädagogik sozusagen ils Ziehkraft zu stellen, so möchte man glaupen, den Befürwortern stünden solche Zielzorstellungen im Grunde doch ziemlich griffpereit vor Augen. Tatsächlich wird aber nur leutlich, wie das Menschenbild nicht auszusehen habe, nämlich nicht, wie es Aufklärer, Rationalisten, Agnostiker oder gar Marxisten — auch nicht wie es Pluralisten und gar zu iberalistische „Intellektuelle" —, schließlich uch nicht wie es einige andere Pädagogen rnd Philosophen sehen: offen, unbestimmbar, Zukunftsentwicklungen vorbehalten (Unpestimmbarem kann man sich ja nicht verpflichtend hingeben).

An einer Stelle macht Hornung ausdrücklich len Pluralismus für die Desorientiertheit und Bindungslosigkeit der Menschen verantwortlich: „Es zeige sich nun zweifellos", so sagt er, „welche ungünstigen Voraussetzungen doch die industrielle pluralistische Gesellschaft der Frage nach . . .der politischen Erziehung und Bildung bietet, eine Gesellschaft, die mehr und mehr verlernt, in . .. verbindlichen Vorstellungen von der Natur des Menschen zu denken ..

Hier folgen dann bei Hornung Bemerkungen über den „glaubenslosen Pragmatismus der Menschen", während ein bezeichnender Hinweis auf ein von Raymond Aron gebotenes Bild voranging: „Wozu die Wissenschaft vom Seefahren, wenn man nicht weiß, wohin man will. . .!"

Aus alle dem wird wohl so viel deutlich, daß es für falsch gehalten wird, innerhalb der politischen Bildungsarbeit dem Lernenden die freie Wahl seiner Ideologien zu überlassen, und daß es zu empfehlen sei, bei der Indoktrinierung des (richtigen bzw. vom jeweiligen Pädagogen für richtig gehaltenen) Weltbildes emotionalvolitionale Beeinflussungsmittel zu verwenden. Die Frage drängt sich auf, ob sich diese Ansicht noch mit Art. 4 GG verträgt.

Vielleicht vertritt man die Meinung, das hier besprochene Modell einer Aktivierung des politischen Engagements durch ideologische Stimulierungen enthalte noch keine direkte politische, sondern allenfalls eine allgemeine ideologische Indoktrination. Eine realistische Abgrenzung zwischen beiden wird aber wohl kaum möglich sein — besonders in Deutschland sind die politischen Parteien ja immer noch weitgehend weltanschaulich fixiert. Wohin eine ideologisch und emotional aufgeladene politische Erziehung führt, das wird man wohl nur an ihren Ergebnissen ablesen können: ziemlich wenige aufrechte, verantwortungsbewußte (d. h. nur ihrem eigenen Gewissen verpflichtete), selbständig urteilende Demokraten, um so mehr aber einerseits autoritätsgläubige Mitläufer und Nachbeter, andererseits Skeptiker und Negierer; von diesen letzteren wird sich dann ein Teil zu Indifferenz („Ohne mich!"), ein anderer Teil zu Protest und Radikalismus hingezogen fühlen.

Wer dagegen schon früh daran gewöhnt und dazu ermutigt worden ist, seinen ideologisch-politischen Weg unbeeinflußt selbst zu suchen, der wird sich zwar einerseits nicht so leicht (konformistisch) lenken, aber andererseits auch nicht so leicht von Unberufenen verführen lassen. Selbst ein bekannter Kirchenmann (Dr. Bolewski, Direktor der Evan-gelischen Akademie Loccum) äußerte im Anschluß an Hornungs Referat „Wenn man sagt, die Menschen brauchen Hoffnung, wollen Weltanschauung, Weltbild, dann ist die Gefahr sehr groß, daß man ihnen das liefert, weil sie von dort aus auch politisch manipulierbar werden. . . . Aufklärung ist nicht nur die Erfüllung intellektueller Bedürfnisse, sondern auch eine Art sittlicher Erfordernisse. Steckt nicht im Dummsein auch ein Stück Schuld?"

4. Vom Selbstbestätigungs-und Selbstentfaltungsimpuls

Aus der Kritik der beiden Aktivierungsmodelle dürfte sich ergeben: 1. Beschränkung auf ichbezogene, persönliche Interessen verfehlt die Grundidee der Demokratenrolle; 2. Präsentierung eines verpflichtenden Welt-und Menschenbildes und einer hingabewerten kollektiven Zukunftsverheißung widerspricht der Grundkonzeption Erziehung zu Selbstverantwortung; hinzu trat die Erfahrung: 3. „Einsichts" -Vermittlung in sozialkundliche Realitäten allein reicht nicht aus, um in wünschenswertem Maße Mitarbeit zu stimulieren. Realistische Hinweise auf eine demokratie-adäquate Aktivierung gewinnt man, wenn man versucht, die Kriterien „frei" und „offen" in ihrer vollen Bedeutung zu konkretisieren: „Frei" — als Inbegriff der Demokratie — weist a) (abstrakt) auf deren grundsätzlich zu respektierenden Grundwert hin:

— „Die Freiheit einer Gesellschaft muß ihren Mitgliedern als wertvoll erscheinen, als ein Wert, für den Einsatz und Opfer gerechtfertigt sind, der also über dem Leben und Vorteil des Individuums steht" —, aber b) (konkret) ebenso auf das grundsätzliche Recht jedes einzelnen, frei selbst auch darüber entscheiden zu dürfen, welche ideologische Richtung und welche freiheitliche Ordnungskonzeption er als die seine betrachten will.

„Offen" — als Kennzeichnung jeglicher Zukunftsentwicklung — bestätigt nicht nur den wahren Stand unserer wissenschaftlich-anthropologischen Erkenntnis jetzt sondern steht auch in unlöslichem Wechselverhältnis zu dem Prinzip der freien ideologischen Selbstentscheidung: Wo Zukünftiges nicht mehr für suchendes oder wählendes Gestalten des eigenen Welt-und Menschenbildes offenliegt, sondern als verpflichtende Entfaltungsrichtung vorgezeichnet ist, dort würde die freie Selbst-orientierung schon wieder illusorisch, der faktische Pluralismus geleugnet. (Darum müßte dem obigen Zitat Lembergs noch hinzugefügt werden, daß der Wert der Freiheit nicht nur „über dem Leben und Vorteil des Individuums", sondern auch vor jeder ideologischen Richtungs-oder Zielbestimmung steht — die also dem freien Staatsbürger vorzubehalten ist. Denn sonst wäre die Freiheit nur eine Scheinfreiheit.)

„Frei" und „offen", das heißt also die Erziehung zum Demokraten, zum demokratischen Rollenbewußtsein, zu freier, verantwortlicher Selbstorientierung auch im Ideologischen, schließt jedes verpflichtende ideologisch-pädagogische Zielbild aus; sie ist, weil freiheitlich demokratisch, insofern notwendigerweise ideologieneutral — Ideologie hier als eine weltanschauliche Vorstellung oder auch als ein politischer Zukunftsentwurf, als Interpretation einer Gesellschaftsstruktur oder allgemein als Artikulation menschlichen Strebens und Hoffens verstanden.

Die politische Erziehung muß also das von Hornung gefürchtete Risiko wohl oder übel eingehen: es dem jungen Menschen selbst überlassen, ob und wie er das (vermeintliche) „ideologische Vakuum" ausfüllen will oder kann. Sie selbst sollte sich darauf beschränken, ihn fähig und bereit zu machen, diese Kompetenz zu übernehmen und dann auch selbständig seine Entscheidungen zu suchen und zu fällen; man könnte von einem „Hebammendienst" der politischen Erzieher sprechen, der sich darstellt in Form von: a) Übung der Denk-und Urteilsfähigkeit, b) Immunisierung gegen unterschwellige Verführung, c) Ermutigung zu gewissenhaftem Nach-und Mitdenken und d) Vermittlung von notwendigem Bildungsgut. Zu letzterem gehört auch die Fortsetzung der Konfrontation mit der Welt der Werte bzw. Grundnormen menschlichen Zusammenlebens. Mit dieser Welt der absoluten Werte oder Grundnormen setzt sich jeder junge Mensch aber schon lange vor der Begegnung mit den Realitäten aus dem politisch- gesellschaffliehen Bereich auseinander. Was es mit diesen Werten auf sich hat, das erfuhr er — erlebnismäßig — bereits in der Kinderstube, später in den Grundschulklassen und seiner übrigen Umwelt, wenn auch noch unreflektiert; zum Reflektieren führt erst die Allgemeinbildung in den höheren Klassen — oder sollte es doch tun.

Daß nun der besondere Wert „Freiheit", wie ihn Lemberg (s. o.) kennzeichnete, erst in den späteren Entwicklungsjähren seine dominierende Bedeutung im Bewußtsein der jungen Menschen erhält, entspricht entwicklungspsychologischen Naturbedingtheiten: Mit zunehmender Reifung des Ichs öffnet sich mehr und mehr das innere Tor zu Freiheit als bestimmendem Wert: das Bedürfnis, das Verlangen nach Autonomie. Mit dem zunehmenden Bewußtsein der inneren Freiheit erhalten dann auch die spezifischen demokratischen Tugenden erst Sinn und Gestalt: Achtung vor der Meinung des anderen, Fairneß, Toleranz, Kompromißbereitschaft nach geistigem Kampf, Zivilcourage, Vorrangigkeit von Recht vor Macht, Gerechtigkeitssinn, Entfaltungswille, Einfühlungsbereitschaft und Verwandtes; es sind die auf die Staatsbürgerrolle bezogenen Wesenselemente des freiheitlichen Demokratieprinzips

Wenn nun sowohl die pragmatischen Interessen als auch die „ideologischen" Verheißungs-Stimulantien abgelehnt werden, was ist dann an deren Stelle zu setzen, damit sich politische Mitverantwortung, Engagement, spontan aktiviere?

Man erwarte kein Patentrezept, denn es dürfte keins geben. Vielmehr wird man genötigt sein, den steinigen Weg über sorgfältige Vorermittlungen und sich darauf aufbauende didaktische Folgerungen zu gehen, um vor allem anderen das Ich des Schülers wirklich zu erreichen, aufschließen und stärken zu können. Bisher hat man dies — trotz vieler Bemühungen — in zu vielen Fällen offenbar nicht oder in einer Weise erreicht, die anderes bewirkte, als man erhoffte. Schuld daran dürfte das Nicht-oder das Zuwenig-Wissen dessen sein, was bei den Schülern bereits an Voreinstellungen, die für die Auseinandersetzung mit „Politischem" relevant sind, vorliegt, vielfach wohl auch das Nichtwissen von eigenen, also unbewußten (politisch-relevanten) Voreingenommenheiten bei Lehrern, die sich dann hemmend auswirken. Was innerhalb des Politikunterrichts an komplizierenden Motivationen und an falschen Weichenstellungen mitspielt, läßt sich ohne systematische Untersuchungen nicht durchschauen. Aber wenn man mit Schulabgängern spricht, wird es einem offenbar, wieviel unerwünschte Wirkungen — neben erwünschten — die politische Bildungsarbeit bei ihnen sehr oft hinterlassen hat; manche Äußerungen lassen erkennen, wie sehr Lehrer und Schüler einander vorbeigeredet oder aneinander vorbei geschwiegen haben.

Viele Lehrer sind offenbar noch viel zuwenig vertraut mit der besonderen Beschaffenheit des Resonanzbodens, mit der sie es beim Politikunterricht (nur von diesem ist hier die Rede) zu tun haben. Beim Diskutieren über aktuelle politische Fragen kann zwar lebhaftes Interesse entfacht und manche einsichtsvolle Urteilsäußerung erzielt werden, aber das täuscht leicht eine Resonanz des Ichs vor, die gar keine ist, weil kein persönliches Mitbetroffenseinerlebt, sondern nur ein Thema — wie irgendein anderes auch — als interessant, des Nachdenkens wert betrachtet und wieder abgelegt wird. Man will sich ja gar nicht persönlich mitbetroffen fühlen, eher schon sich absichern wie gegen dunkle Gewalten — und Politik wird nun einmal von den meisten Jugendlichen als etwas Dunkles und Schicksalhaftes, dem man ausgesetzt ist, empfunden. Was es im einzelnen mit den verschiedenartigen Voreingenommenheiten, Hemmungen, „Ich-Tendenzen" oder Motivationsverknäuelungen bei Schülern und Lehrern in Ursache und Wirkung auf sich haben kann, das habe ich schon im ersten Teil dieses Beitrages skizziert. Indessen möchte ich auf einen Ansprech-barkeitsfaktor bzw. -kanal aufmerksam machen, der sich wohl ziemlich allgemein anbietet, einerlei, welche Voreinstellungen den Zugang zum Ich des Schülers erschweren mögen, und der trotzdem, wie mir scheint, bisher zu wenig ausgenutzt worden ist. Ich meine jenen Kanal, der geradenwegs zum Selbstwertgelühl des einzelnen führt. Nichts ist allgemein so ansprechbar, ja empfindlich wie das „liebe Ich". (Damit ist nicht schon unmittelbar das „Kern-Ich" gemeint, jener mehr oder weniger gefestigte Wesenskern, in dem das selbstverantwortliche, „ureigene" Personsein verankert ist, sondern ein mehr äußerliches, noch wechselhaftes „Selbstbewußtsein", das ständig nach Gelegenheiten sucht, um sich vor sich selbst zu bestätigen und vor anderen zur Geltung zu bringen). Dieses Selbstwertverlangen oder „Geltungs-Ich" bietet wohl (von Furcht-und Angstsituationen abgesehen) generell den ansprechbarsten Resonanzboden des Menschen für Einwirkungen überhaupt. Besonders die Jugendlichen und Heranwachsenden sind darauf eingestellt, ernst genommen zu werden, und zwar erstens von Gleichaltrigen und zweitens von Seiten derer, die sie als übergeordnet oder als Autoritäten empfinden.

Ernst genommen werden will man vor allem dort, wo es um das „Selbst" geht, also bei jeder Art von Selbstorientierung, Selbstbehauptung und Selbstentfaltung. Wird dieser Anspruch fühlbar behindert oder gar in Zweifel gezogen, dann wird das Selbstbestätigungsbedürfnis frustriert; man wird ein wenig „irre an sich selbst". Solche Unsicherheit beeinträchtigt dann auch bereits die normale Entwicklung des Kern-Ichs, die Reifung der Persönlichkeit; die Folge kann chronische Ich-Schwäche sein. Zu selbstverantwortlicher Selbst-orientierung gehört aber ein starkes, in sich selbst ruhendes und auf sich selbst vertrauendes gereiftes Ich, während ein frustriertes Ich keine Voraussetzungen für eine mitverantwortliche Demokratenrolle mitbringt, es reicht dann nur noch für eine Objekt-, das heißt eine Untertanen-oder Mitläuferrolle; oder aber die Frustration führt zu einem Uberkompensationsbedürfnis, dann resultiert eine übersteigerte, zielunsichere Selbstbestätigungs-Aktivität um jeden Preis, eine Art von „radikal" erscheinendem Amoklauf. Ein politisches Engagement wäre dann zwar erzielt, ob es aber der freiheitlichen Demokratie zugute kommt, wäre die Frage. Um einen jungen Menschen zu gesunder und produktiver Selbstentfaltung hinzuführen, wird man also auf eine Stärkung seines Ichs bedacht sein, ihm zunächst Chancen für eine sachlich fundierte Selbstbestätigung zuführen müssen.

Spontan sucht der Jugendliche Selbstbestätigung und Geltung natürlich nicht primär gerade auf politischem Felde — das geschieht vielmehr anderswo: im Sport, im Spiel, im Mopedfahren, in der Liebe, in einem Hobby, einem besonderen Begabungs-oder Leistungsoder in einem gerade modernen Verhaltensfeld.

Ihm nun auch das politische Rollenfeld als echte Chance für Selbstbestätigung überzeugend ins Bewußtsein bringen zu wollen, das ist wohl mit das Problematischste des ganzen Politikunterrichts, gleichzeitig aber auch der am ehesten Erfolg versprechende indirekte Weg zum politischen Engagement. Allen Bildungsbemühungen, die nach Politik schmekken, tritt der Schüler, wie man ja weiß, mit mehr oder weniger Reserviertheit — um nicht zu sagen: Mißtrauen — entgegen (anscheinend neuerdings mehr, als es beim Erscheinen von Schelskys Buch „Die skeptische Generation" in Wirklichkeit der Fall war). Die psychischen Hintergründe dieser Reserviertheit systematisch zu ergründen, erscheint für den Erfolg der politischen Bildungsarbeit von allergrößter Wichtigkeit — neben zu erwartenden Ursachfaktoren würden sich wahrscheinlich auch nicht erwartete herausstellen.

Ohne genauere Erforschung kann man nur ganz allgemein auf Komplexe tippen wie: Mißtrauen auf Grund von Erlebtem — Vorurteile, deren Ursprünge naheliegen —Zwiespältigkeiten auf Grund von kontroversen Einwirkungen — Insuffizienzbesorgnisse — Suggestionsnachwirkungen aus der Umgebung — Frustrationsangst — Kameraderie — und ähnliches. Wie ließe sich diese Reserviertheit umgehen oder auflösen? Ohne den Folgerungen aus den empfohlenen Einstellungsuntersuchungen vorgreifen zu wollen, möchte ich folgendes zu erwägen geben: Bei einem Klassengespräch über irgendeine aktuelle politische Frage, die ein größeres Interesse bei den Schülern geweckt, hat, könnte man sie in geschickter Weise so zu eigenen Stellungnahmen anreizen, daß jeder sich versucht fühlt, sich zur Geltung zu bringen; allerdings müßten alle unbesorgt sein können, daß ihnen irgendeine Meinung verübelt würde. Es soll nur erreicht werden, daß möglichst viele sich „produzieren". Von einer „Meckerwiese" müßte sich eine solche Diskussion nur dadurch unterscheiden, daß hier jeder Standpunkt ganz ernst genommen wird, weil grundsätzlich dessen möglichst sachliche Begründung gefordert wird (wozu unter Umständen auch „Vertagung" der Verhandlung auf nächste Woche nötig oder zweckmäßig sein kann). Der Lehrer müßte dann — und hierauf kommt es nun an — bei weitestmöglicher eigener Zurückhaltung versuchen, die Diskussion, wo immer es möglich ist, auf einen Kardinalpunkt hinzulenken: auf das Freiheitsund Selbstbestimmungsproblem. Wo Freiheit in Frage gestellt erscheint, wird normalerweise jeder hellhörig, denn Freiheitsbeschränkung könnte ihn selbst mit treffen. Auf diese Weise gerät dann unversehens „unsere" Demokratie ins Rampenlicht der Kritik (nachdem unterstellt werden darf, daß das Gegensatz-paar Diktatur/Demokratie wie auch die verschiedenen vorkommenden Formen von Demokratie theoretisch schon vorher klärend genug abgehandelt worden sind): Sind die verfassungsmäßigen Rechte der Staatsbürger bei uns zureichend gesichert? Leistet unsere Demokratie das, was sich ihre Väter 1949 von ihr erhofften? Ist sie, so wie sie sich inzwischen entwickelt hat, revisionsbedürftig geworden — inwiefern? Gibt es Gefahren für die Freiheit, gibt es bereits Anderungskonzeptionen, die den demokratischen Gedanken besser als bisher verwirklichen könnten?

Von der Besorgnisseite her die Frage der Demokratie als Staats-und Lebensform aufzurollen, dürfte das zentrale Ich des Schülers bestimmt zuverlässiger erreichen als von der Zuiriedenheitsseite her: „Wie glücklich und stolz wir doch über unseren freiheitlichen Rechtsstaat sein könnten; man vergleiche doch nur die Unfreiheit in autoritär gesteuerten Staaten mit unseren Grundgesetzartikeln 1 bis 19."

Durch den Slogan „Unruhe ist die erste Bürgerpflicht" dürfte — im Rahmen des Politik-unterrichts — eine Störung der Ordnung bestimmt nicht zu befürchten, wohl aber ein intensiveres konstruktives Nachdenken über „Politik, die jeden betrifft", zu erwarten sein. Nur wer in emotionaler Beteiligung des Ichs die Entdeckung macht, daß er persönlich, daß vor allem seine individuelle Freiheit durch „Politisches", das irgendwo „da oben" sich ereignet, gefährdet werden könnte, sofern er nicht selbst auch „mit aufpaßt" — er selbst und auch andere, die wach sind —, nur der wird in gesundem Sinne „unruhig", also „engagiert". Begann das lebhaftere „Interesse" des Schülers vielleicht zunächst nur ganz äußerlich, nämlich durch die Dynamik seiner Geltungs-und Selbstbestätigungstriebfedern, so gesellt sich ihm, sobald ein vitales Ich-Interesse wie etwa Freiheitsbedrohung mit-berührtwird, die zentralere Selbstbehaup-tungstriebfeder hinzu. Sie zwingt gleichsam zum Mitdenken — aus Mißtrauen und Reserviertheit wird Wachheit und Einsatzbereitschaft.

Was hier empfohlen bzw. zu erwägen gegeben wurde, das ist lediglich eine Schwerpunktverschiebung der Aufmerksamkeit in der politischen Bildungsarbeit, allerdings eine mit Mühen und Schwierigkeiten verbundene: Die Aufmerksamkeit soll weniger einseitig der weiteren Verfeinerung des Bildungsstoffs oder werbenden Argumentierungen, auch nicht einer Verstärkung ideologischer oder materieller Reizmittel zugewendet werden, sondern direkt, aber psychologisch sorgfältig dem jungen Menschen in seinem sowohl äußeren (Geltungs-) wie auch inneren (Gewissens-) Sosein.

Was also direkt angesteuert werden sollte (nach genügender psychologischer Vorbereitung), das ist die Dynamik des Ichs. Man sollte sich nicht länger darauf verlassen, daß ein umfangreiches politisch-soziologisches Tatsachenwissen allein immer alle psychischen Barrieren durchstößt und das Kern-Ich so erreicht, daß es sich wirklich ge-und betroffen fühlt. Gewiß, wer ohnehin (schon als Schüler) für Politisches innerlich aufgeschlossen ist — etwa durch offene Gespräche im Elternhaus —, bei dem genügen auch schon weniger umfangreiche Unterweisungen, denn er sucht ja spontan selbst und findet, er fragt und hört zu. Aber dieser Fall ist leider offenbar nicht die Regel.

Politische Bildung wird ja nicht vermittelt, nur damit sich der einzelne eines höheren Bildungsniveaus, gleichsam als eines Status-Symbols, erfreue (obwohl natürlich ein fundierteres Stammtischgespräch von großem praktisch-demokratischem Wert sein kann), sondern damit er sich aus innerer Sorge heraus jederzeit veranlaßt fühlt, wo es not tut „nach dem Rechten zu sehen". Gerade dies wurde bisher nur ganz unzureichend erzielt — und hierüber können auch die in letzter Zeit sich geltend machenden Aufbegehrungen gegen Große Koalition und Establishment mit allen ihren Solidaritäts-und Mitläufererscheinungen nicht hinwegtäuschen.

Die psychischen Barrieren, von denen hier wiederholt die Rede war, sollte man, so meine ich, jetzt als Notwendigstes gezielt und mit wissenschaftlichen Methoden auf ihre objektiven und subjektiven Determinanten hin erforschen.

5. Stimmt eigentlich die „Vakuumtheorie''?

Die Ansichten über diese Frage gehen, wie es scheint, auseinander: Die einen glauben an das Leitbild-Vakuum bei den 15— 20jährigen, bei den „Konsumenten" der Gemeinschaftskunde bzw. politischen Bildungsarbeit; folglich müsse man — ob man nun will oder nicht — als politischer Pädagoge dieses Vakuum mit verpflichtendem Inhalt füllen — wie im Kapitel 3 geschildert -—, weil es sonst von Unberufenen mit falschen, gefährlichen Zukunftsverheißungen angefüllt werden würde. Andere stellen diese Annahme in Frage, so z. B. Dr. Bolewski im Anschluß an das schon besprochene Hornung-Referat in Loccum (laut Tagungsprotokoll S. 15). Er fragte, „ob denn die junge Generation an einem Mangel an Werten, Hoffnungen und wirklichen Ideen leide — ob ihr (wirklich) zuviel Aufklärung, zuviel Kritik, zuviel Status quo vermittelt worden sei .. .", wie es als Ursache für NPD-Gefolgschaft im Referat angeklungen habe. Vielleicht wird die richtige Antwort lauten müssen: teils — teils: Die einen sind auf die Anlieferung eines verpflichtenden Leitbildes mehr oder weniger angewiesen, die anderen neigen eher dazu, sich jeglichem ideologischen Monitum, das sie als Bevormundung empfinden, zu entziehen.

Die These vom durch Pädagogen auszufüllenden Vakuum erscheint mir für den ganzen Komplex der politischen Bildungsarbeit als viel zu wichtig und auch zu vielschichtig, als daß man sich mit bloßen, noch dazu pauschalen Mutmaßungen zufrieden geben dürfte. Zieht die junge Generation es wirklich vor, sich ihre Ideale von Erwachsenen präsentieren oder suggerieren zu lassen, oder gestaltet sie sie sich lieber selbst? Wie reagiert sie auf ideologisch-dirigistischen Politikunterricht und wie auf nichtdirigistischen oder auf getarnt nichtdirigistischen? Welche Grundeinstellungen liegen den verschiedenen Reaktionsweisen der Schüler zugrunde? Diese Fragen bedürfen einer tieferlotenden Erforschung als sie eine einfache Repräsentativ-Umfrage zu liefern vermöchte.

Eine Rundfunkanstalt befragte kürzlich eine Anzahl von jungen Menschen: „Haben Sie Ideale?" Mit nur wenigen Ausnahmen antworteten prompt alle: „Nein!" Aber auch bei abgewogeneren Umfragen nach Leitbildern ergibt sich zumeist eine affektive (!) Betonung von Nüchternheit, Rationalität, Pragmatismus, Konkretismus, Realismus, von Selbstschutzme-B chanismen gegen ideelle Forderungen bzw. ideologische Verdächtigungen. Man interessiere sich vor allem für ein lukratives Fortkommen in einem befriedigenden Beruf, für persönliche Sicherheit und Freiheit, für genügenden persönlichen Entfaltungsspielraum. Ordnung und Gemeinwohl sind Angelegenheit der Regierenden. Spontane Äußerungen idealistischer Art sind sehr selten.

Trotzdem wissen die Kundigeren unter den Erwachsenen, daß die junge Generation durchaus nicht von den Mentalitätsverhältnissen, unter denen sie lebt, unberührt ist. Sie fühlt sich mit sehr vielem unzufrieden und macht sich kritische Gedanken, die durchaus nicht denen der Jugendbewegung von einst im Prinzip unähnlich sind. Sie hat sich allerdings noch auf keine Leitmelodie eingespielt. Manche jungen Leute lehnen schweigend ab, was von ihnen gefordert wird zu glauben oder als wertvoll zu empfinden, und passen sich schließlich doch an. Andere begehren zunächst wohl ostentativ auf, um aber schließlich angesichts der stärkeren Realitäten zu resignieren — „man kann ja nix machen!"; „arrangiere Dich, so gut Du kannst!". Ideen und Wünsche leben auf und gehen unter, Ersatz-wünsche pragmatischerer Art keimen auf und finden entsprechende Ersatzbefriedigungen. Nur einiges von alledem wird manifest. Die jungen Menschen artikulieren ihre Ideale nur, wann, wo und wie es ihnen paßt. Was dem tatsächlichen Verhalten an Motiven (eigenen und übernommenen) zugrunde liegt, das ist oft gar nicht so inhalts-oder bedeutungsleer oder so destruktiv, wie manche Pessimisten es kurzschlußartig kennzeichnen zu müssen glauben. Um die wirklichen Inhalte und Tendenzen richtig zu würdigen und in die politische Bildungsarbeit einkalkulieren zu können, müßte man versuchen, auch in dieser Hinsicht den zugrunde liegenden Verhaltens-motiven der Jugendlichen sorgfältiger nachzugehen, als man es bisher zu tun für nötig hielt.

Die Jugend ist in mancher Beziehung verschlossen geworden. Sie läßt nicht gern in sich hineinblicken, vor allem nicht in ihre geistige Intimsphäre, dort wo auch bestimmte Ressentiments in vermeintlich nüchterne Werturteile umgesetzt werden. Irrationales gilt ihr grundsätzlich als verdächtig, um so dringender ist sie darauf bedacht, die eigenen Irrationalismen zu verbergen. So wird auch die vermeint-26 lieh nüchterne eigene Logik in sich selbst brüchig — und das Mißtrauen gegenüber den Alten wird eher verstärkt als abgebaut, zumal da ja diese selbst sich auch fortwährend logische und moralische Blößen zu geben pflegen.

Also leugnet man Ideale und gibt vor, ungeheuer nüchtern und realistisch zu denken, setzt sich hierbei aber entschieden von den Alten ab und täuscht dadurch Selbständigkeit vor, die noch keine ist, aber unbedingt sein oder werden möchte (was man trotz aller Irrungen hinnehmen und begrüßen soilte). Man tappt suchend im Nebel und hält sich selbst-oder wir-bewußt an Kameraden oder an nächstliegenden, greifbaren Haltepunkten fest, die man selbst findet — so gelangt man wenigstens über die ersten Runden, ohne sich etwas vergeben zu haben.

Wo es einem politischen Pädagogen gelingt, psychologisches Verständnis für diese seelische Situation der Jugendlichen von heute aufzubringen und näher darauf einzugehen, dort erfährt er von beglückenden Diskussionserfolgen. Diese Lehrer klagen nie über ein „ideologisches Vakuum" bei Schülern.

Wer in seiner ganzen Grundeinstellung durch Elternhaus und Schule darauf fixiert worden ist, sich vorschreiben zu lassen, was in dieser Zeit als gut und richtig und was als falsch und böse anzusehen ist, und stur an dieser Voreinstellung festzuhalten tendiert, der muß offenbar anders behandelt werden als derjenige, der sich seiner Autonomie mit fortschreitender Entwicklung zunehmend bewußt wird und deswegen Wert darauf legt, eigenen Leitbildern zu folgen.

Im ersteren Fall käme so etwas wie Entwöhnung (vom Gängelband) als Therapie in Frage, beim letzteren vor allem Versorgung mit dem notwendigen geistigen (objektiven) Rüstzeug. Wo psychische Barrieren zu überwinden sind, muß der Pädagoge sie sorgfältig ermitteln, um dann psychologisch-adäquate Assistenz bei deren Überwindung leisten und geeignete Abreaktionskanäle freilegen zu können.

überall dort, wo die wissenschaftliche Untersuchung ergibt, daß die Jugendlichen und Heranwachsenden nicht unter einem ideologischen Vakuum leiden, wird man auch erfahren können, welches Bild vom Menschen, von der Welt, von der gesellschaftlichen und staatlichen Ordnung, von der Zukunft sie sich denn hauptsächlich zu machen tendieren, wie sie sich in ihr persönlich zurechtzulinden gedenken und welche Vorstellungen sie etwa von einer wünschenswerten soziologisch-politischen Veränderung haben.

Im allgemeinen sind die Schüler ja während langer Jahre daran gewöhnt worden, erzogen, also „gegängelt" zu werden: Stets wurde ihnen bedeutet — direkt oder indirekt —, was richtig und was falsch sei; Zensuren wurden erteilt, sie wurden gelobt und getadelt. Sie schwammen sozusagen an der Leine. Selbst dort, wo man sich bemühte, sie zu selbständigen Urteilen zu erziehen, spielte sich auch dies stets noch im \/orfeld einer wirklichen Selbstverantwortlichkeit ab, denn jedes Reagieren wurde ja am Ende doch auf Richtigkeit hin überwacht. Der Durchbruch des selbst-verantwortlichen Persönlichkeitskerns wird ihnen also nicht ganz leicht gemacht.

Erst im Politikunterricht sieht sich der Schüler erstmalig vor echte Entscheidungen durch sein Ich gestellt: Er soll bemüht sein, sich so selbständig wie möglich mit dem ganzen Realitätskomplex, den er auf dem (historisch gewachsenen) politisch-gesellschaftlichen Felde kennenlernt, auseinanderzusetzen und sich zu eigenen Urteilen, Wertungen, Standpunkten gewissenhaft durchzuarbeiten. Das stellt eine entscheidende Wende im Leben des einzelnen dar. Ob das sehr rasch gelingt, ist nicht so wichtig, entscheidend ist vielmehr der ernsthafte Wille, die Bemühungen, sich auf dem neuen Felde mit seinem großen Ermessensspielraum nun wirklich allmählich „freizuschwimmen". „Sich freischwimmen": Im richtigen Wasser merkt es der Schwimmende sofort, daß nun alles weitere Gelingen ganz „auf ihn selbst ankommt“. Der ins politische Fahrwasser Gestoßene bemerkt dieses „Auf-sich-selbst-angewiesen-Sein" jedoch nur dann, wenn der politische Pädagoge es versteht, es ihm nachdrücklich bewußt zu machen, ihn in die Eigenverantwortung sozusagen entläßt. Wird der junge Mensch fortgesetzt an einer ideologischen Leine festgehalten, dann kann er sich auch nicht freischwimmen (es sei denn, er kappt die Leine selbst).

Mitunter wechseln junge Menschen lediglich den „Schwimmlehrer", um sich dennoch wieder an einer „ideologischen Leine" festhalten zu können. Sie schließen sich z. B. irgendeiner Jugendgruppe an, identifizieren sich blindlings mit ihr und kommen sich dann wegen ihrer treuen Solidarität mit ihrer Gruppe höchst wichtig, selbständig und tugendhaft vor. Im Grunde aber verzichten sie auf die Entfaltung ihres Eigen-Ichs und entwickeln sich zu braven Mitläufern ohne wirkliche Eigenverantwortung. Vielleicht tun daher politische Jugendgruppen, die sachlich und kritisch-konstruktiv an der Weiterentwicklung unserer Demokratie mitarbeiten wollen, gut daran, sich ihre Mitglieder daraufhin anzusehen, ob unter ihnen solche „typischen" Mitläufer sind, die mehr aus Zufall als aus bewußter Richtungsentscheidung und ideenproduktivem Mitarbeitungswillen den Weg zu ihrer Gruppe gefunden haben, ohne die geringste Neigung zu verspüren, sich je über eine Mitläufer-oder Befehlsempfängerrolle hinaus zu entwickeln.

Da es in der richtig verstandenen Demokratie entscheidend auf Verantwortung des einzelnen gegenüber seinem eigenen Gewissen ankommen soll, nicht aber auf blinde Anpassung und Gehorsam, müßte den jungen Menschen immer wieder — und zwar auf adäquaten Zugangs-kanälen — zu Gemüte geführt werden, was sie riskieren, wenn sie nicht selbst mit aufpassen und sich nicht notfalls zu Gehör bringen: Sie riskieren, daß über ihren Kopf hinweg gerade das Gegenteil dessen beschlossen wird oder sich entwickelt, was ihnen an Leitbildern, persönlichen Interessen und allgemeinen Zukunftshoffnungen am Herzen liegt.

6. Lassen sich psychologische Methoden beim politischen Erziehen verantworten?

Lassen sich psychologische Methoden beim politischen Erziehen verantworten? Diese Frage wurde absichtlich vage und ein wenig demagogisch formuliert; sie fördert in dieser Form meistens ein spontanes Nein heraus. Denn man denkt heutzutage an Manipulierungs-, an unterschwellige, an Gehirnwäsche-Methoden und ähnliches. Die geheimen Verführer spuken noch in allen Köpfen, nachdem Vance Packard und Ernest Dichter die Öffentlichkeit in Aufregung versetzt und Orwell den I-Punkt dazu lieferte.

Nun wurde in allen vorhergegangegenen Kapiteln wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß es höchste Zeit sei, die Psychologie endlich mehr als bisher einzuschalten, weil sich immer deutlicher herausstelle, daß die Ursache für Mißerfolge in der politischen Bildungsarbeit in hohem Grade in unzureichenden psychologischen Einsichten zu suchen sei, die beim Politikunterricht relevant seien.

Es wird gelegentlich argumentiert, daß das, was für den besseren Verkauf von Apfelsinen oder einer Automarke vertretbar sei, doch für den besseren Verkauf von politischer Bildung und politischen Einsichten nicht als verwerflich angesehen werden könne. Aber es kommt wohl nicht lediglich auf das Objekt an, für das geworben wird, auch nicht allein auf „Ehrlichkeit" der Werbung und Täuschungsfaktoren, ganz zu schweigen von dem Unterschied zwischen politischer Öffentlichkeitsarbeit und politischer Erziehung.

Entscheidender dürfte vielmehr die Frage sein: Geht es bei der Erziehung zum Demokraten überhaupt um irgendeine Art von „Verkauf", von „An-den-Mann-Bringen"? Vermittelst Werbung „verkaufen", „an den Mann bringen" heißt doch zu einem Kaufentschluß oder zu einer Ansicht überreden oder verleiten — heißt doch (seitens des Umworbenen) die Anpreisung als wahr akzeptieren. Ist es denn der Sinn unserer politischen Erziehungsbemühungen, daß der Educandus zu einem „Kauf", zur Übernahme von bestimmten Einsichten bzw. Haltungen überredet oder gar hintenherum verleitet wird — das er alles akzeptiert, was ihm an vermeintlich richtigen politischen und ideologischen Einsichten und Normen vorgesetzt wird? Ist es nicht gerade umgekehrt der Sinn der politischen Erziehung und Bildung, daß sein Denken (an Hand der vermittelten Faktenkenntnisse) so geschult wird, daß er in den Stand gesetzt wird, kritisch zu unterscheiden und — wo es ihm richtig und nötig erscheint — sich von Beeinflussungstendenzen, Überredungen, Suggestionen oder sonstigen Verleitungen freizumachen und dann nach eigenem Urteil und eigenem Gewissen sein politisches verantwortliches Handeln und Streben zu bestimmen?

Wenn dem so ist (und eigentlich dürfte kein Zweifel hierüber bestehen), dann würde jede Werbemethode nach verkaufs-psychologischen Gesichtspunkten dem politischen Erziehungszweck allerdings diametral zuwiderlaufen, die Erziehungsbemühungen also gleichsam sabotieren. Man kann nicht gleichzeitig gegen Verführungsmethoden zu immunisieren versuchen und auf der anderen Seite selbst irrationale Verführungsmethoden benutzen; es sei denn, man exemplifiziere daran die unbedingte Notwendigkeit einer grundsätzlichen rationalen Uberprüfung. Der Schüler soll ja lernen, sich von Einflüsterungen und Beeinflussungen, die ihn eigener Denkanstrengungen und Gewissensbeanspruchungen zu entpflichten trachten, mehr und mehr freizumachen.

Im Grunde verfährt man in der Erziehung nach pädagogisch-psychologischen Rezepten, seit es pädagogische Psychologie als Sonderdisziplin gibt (und noch länger); deren Legitimität für die allgemeine Pädagogik wurde noch von keinem Pädagogen bezweifelt, schließlich verschmähten auch Pestalozzi, Fröbel und Montessori nicht angemessene „psychologische" Umwege. Warum wurde das alles nun gerade beim Politikunterric’ t problematisch anstatt doppelt angebracht?

Wir gingen von dem in unserem Grundgesetz verankerten Prinzip der unantastbaren Würde und Selbstverantwortlichkeit des sich ideologisch und politisch frei orientierenden und selbst bestimmenden Menschen aus und verlangen infolgedessen vom einzelnen, daß er lerne, sich durch kritische, also rationale Selbstbesinnung von jeder Hörigkeit freizumachen. Wir lassen es zwar zu, ja begrüßen es, daß er sich Vorbilder wählt, aber erwarten von ihm, daß er dennoch kritisch seinen eigenen Weg herauszuarbeiten und seine eigene Staatsbürgerrolle zu erkennen und auszufüllen sucht. Rationalität erscheint also durchgängig als das maßgebliche methodische Leitprinzip der politischen Bildungsarheit.

Andererseits kann das Irrationale aber einen ausgezeichneten Einstieg darstellen, um etwa beim Unterscheiden von Recht und Unrecht, beim Zusammenstoß von Staatsräson und Menschlichkeit, überhaupt bei Konfliktsituationen aller Art im menschlichen Leben gerade die Notwendigkeit der kritisch rationalen Selbstprüfung erleben zu lassen. Dabei soll aber besonders auch die Gefährlichkeit dieses Werkzeugs erfahren, Mißtrauen gegen emotional-demagogische Verführungsversuche erzeugt werden. Emotional erschütternde Bühnen-und andere Kunstwerke sind psychologische Aufschließungsmittel von größtem pädagogischen Wert, jedoch immer unter der Voraussetzung, daß sich eine gewissenhafte rationale Verarbeitung des Erlebten an die Darbietung anschließt.

Aus diesen Bemerkungen dürfte nicht nur die grundsätzliche, legitime Anwendbarkeit psychologischer Werbemethoden in der politischen Bildungsarbeit (zum „Aufschließen" der Schüler für die auf sie zukommende selbst-verantwortliche Demokratenrolle), sondern zugleich auch deren scharfe Legitimitätsgrenze hervorgehen. Man darf sie nie anwenden, um zu versuchen, bestimmte Ideologien („-ismen", Theorien, Erlösungsideen usw.) oder politische Konzeptionen (parlamentarisches System, Mehrheitswahlrecht, Neutralität, Anerkennung, Politik der Stärke, Vereintes Europa usw.) oder bestimmte Verhaltensweisen als ein „etwas" zu „verkaufen", mit dem der Zögling sich einverstanden zu fühlen habe. Denn Ideen-und Gefolgschaftswerbung ist nun einmal nicht Sache der politischen Bildungsarbeit, sondern Sache der Öffentlichkeitsarbeit der jeweiligen Regierung, der Parteien, der Weltanschauungsgruppen und der Interessenverbände. Von diesen Stellen werden natürlich alle Register gezogen und niemand setzt ihnen Grenzen (nur die geltenden Gesetze).

Das Bedenkliche jeder ideologisch-politischen Werbung mit irrationalen Mitteln liegt darin, daß der einzelne für etwas gewonnen werden soll, für das er (wie der Werbende unterstellt) von selbst nicht empfänglich wäre; darum muß er zunächst gleichsam zurechtgemodelt werden. Aus der so erzeugten Ansprechbarkeit kann sich zwar ein wirkliches überzeugtwerden ergeben, das dann auch kritischer Nachprüfung standhält. Aber die Verkaufs-und politische Werbepsychologie versucht ja mit viel Erfolg auch, den kühlen Verstand gleichsam zu überfahren, zu überlisten. Der Umworbene denkt und handelt dann anders, als er es getan hätte, wenn sein Verstand unangefochten zum Zuge gekommen wäre. Und die Reue kommt erst hinterher. Es ist klar, daß solche Situationen innerhalb der politischen Bildungsarbeit undenkbar bleiben müssen. Von daher läßt sich auch ohne weiteres verstehen, warum einige politische Pädagogen auf den Vorschlag, man müsse „moderne psychologische Methoden" heranziehen, um bei Schülern ein stärkeres politisches Engagement zu erzielen, neuralgisch reagieren, übrigens scheint es, daß auch manche Schüler ein feines Gespür dafür entwickeln, wenn man bei ihnen versucht, mit Hilfe von emotionalen Reizen bestimmte Pro-und Kontra-Einstellungen zu erzeugen. In diesem Zusammenhang steht aber noch eine Sondertrage „im Raum": Kann es wenigstens als vertretbar gelten, mit Hilfe von direkten und indirekten emotionalen Übertragungen ganz bestimmte Gelühle, die man für staats-erhaltend und bedeutsam hält, zu erzeugen, also etwa das (so lange vermißte und nun umstrittene) Nalionalgeiühl? Dann würde die „psychologische Methode" nicht mehr lediglich ein gutes Mittel zum guten Zweck darstellen (nämlich um das Person-Ich zu erreichen und aufzuschließen und die Ratio und das Gewissen zu mobilisieren), sondern Emotionserzeugung würde zum Selbstzweck, Ratio und Person-Ich würden überspielt oder überspült (etwa so wie man es einst im Zweiten und Dritten Reich systematisch — meist in rein ethnozentrischem Sinne — mit vaterländischen Liedern usw. betrieb). Die ganze Frage berührt nicht nur den Komplex Nationalstolz, sondern provoziert indirekt auch den Gegenkomplex Nationalscharn. Meines Erachtens verbieten sich solche Ausnahmekonzessionen (abgesehen von der Unmündigkeitsannahme, die in einer solchen „Psychotherapie" von reifen Staatsbürgern beschlossen läge) schon aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen: Eingeimpfte Gefühle führen heutzutage bei Erwachsenen und Heranwachsenden weder zu echten noch zu Dauer-wirkungen, eher schon zu allergischen Reaktionen; insofern stimmt wohl das Bild vom „gebrannten Kind".

Echter Stolz und echte Scham können immer nur aus dem individuellen Ich entspringen, aus innersten Erfahrungen und persönlichem Sich-betroffen-oder Mitbetroffen-Fühlen.

Darum wird man wohl kaum große Erfolge erzielen, wenn man argumentierend darauf hinweist, wieviel „unser Staat" doch schon geleistet habe, zumal wenn man von diesem Staat als einem „Es" spricht — wobei bekanntlich jedermann die Assoziation „die da oben" parat hat.

Was pädagogisch anzustreben und erreichbar wäre, das ist wohl nur ein gewisser Grad von Identifikation von Ich und „mein" Staat und Volk: „Dieses mein Volk bestimmt über sich selbst — und zwar in voller Freiheit, auch ich selbst bin befugt oder werde es sein, an dieser Selbstbestimmung mitverantwortlich und frei teilzunehmen. (Es könnte ja auch ganz anders sein!) Ich darf über diese Freiheit, die mein Staat mir und jedem anderen garantiert, also froh und glücklich sein. Selbst wenn mir verschiedenes an meinem Staat nicht gefällt, habe ich es in der Hand, mich mit ähnlich urteilenden oder betroffenen Mitbürgern zusammenzutun und unser Verlangen auf Besserung geltend zu machen. An uns, also auch an mir, liegt es, diese demokratischen Rechte wahrzunehmen und für sie einzutreten, falls sie in Gefahr geraten." Dieses 'Wissen um die eigene freie und mitverantwortliche Staatsbürgerrolle, die jedem zusteht, dürfte mit viel größerer Wahrscheinlichkeit ein nationales Selbstbewußtsein erzeugen können als es die lebhaftesten Appelle und ausführlichsten Argumente hinsichtlich der Leistungen oder der moralischen Integrität des Vaterlandes tun könnten. ,

Auch der rein formale Begriff „Zugehörigkeit" (zu dieser großen In-group „Vaterland") zieht nicht mehr genug — ebenso der Appell zur Hingabe an die überindividuelle Gemeinschaft. Zu vieles, was mit Vaterland, Hingabe, Opferbereitschaft, Gemeinschaft verknüpft ist, hat negative Erlebnisse hinterlassen, und die einschlägige In-group-Literatur hat die Fragwürdigkeit mancher hehren Begriffe eher noch verstärkt.

So bleibt nur übrig, eine neue Quelle für ein Staats-und Nationalbewußtsein, das über Heimatgefühle, Kulturbeziehungen und persönliche Bindungen hinausgeht, zu erschließen. Diese bietet sich nun tatsächlich an, wenn es der politischen Bildungsarbeit gelingt, im einzelnen die entscheidende Bedeutung seiner eigenen mitverantwortlichen Staatsbürgerrolle zum Erleben zu bringen. Die eigentliche Quelle ist also das Selbstwertgeiühl des einzelnen qua freien Demokraten, dieses Selbstwertgefühl indentifiziert zwanglos das Ich mit dem „eigenen" Staat: „Der Staat, das bin auch ich, wer ihn als Garant demokratischer Freiheiten in Frage stellt, der stellt auch mich in Frage, seine Freiheit ist meine Freiheit, sie muß unantastbar sein, ich verteidige sie."

Diese Grundeinstellung hat zwar nichts von „right or wrong my country", erst recht nichts von „am deutschen Wesen soll einmal die Welt genesen" mehr an sich, wäre dafür aber um so tiefer im Ich verankert und jedes Ethnozentrismus (nebst Folgen) unverdächtig. Sie wäre darüber hinaus staatserhaltender und zukunftsweisender als jede mythisierende, nicht näher zu definierende Spielart des National-gefühls (von dem man vielleicht überhaupt weniger sprechen sollte, um dessen restliche Würde nicht auch noch in Frage zu stellen).

Schlußbemerkung

Der Zweck dieses Beitrages zur Problematik der politischen Bildungsarbeit wäre schon erreicht, falls er es zuwege brächte, die Diskussion vor einer bereits drohenden Sackgasse zu bewahren und in eine neue Richtung zu lenken — in die Richtung: der Mensch in seinem Sosein, der Mensch in seinen Verhaltens-und Re-aktions-weisen, in seinen Möglichkeiten und seinen Grenzen, in seinen Entfaltungsbedürfnissen und -hemmungen. Gelingt es, diese Faktoren bei Lehrenden und Lernenden besser als bisher zu erkennen und ihnen Rechnung zu tragen, dann öffnen sich möglicherweise neue Wege, die der politischen Bildungsarbeit zu größerer allgemeiner Effektivität verhelfen könnten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Dieses Referat wurde in „Laufende Mitteilungen", Nr. 1/2/67, hrsg. v. Friedrich Minssen, Studienbüro für politische Bildung, Frankfurt/M., veröffentlicht.

  2. Internalisieren = sich zu eigen machen, sich einverleiben, sich identifizieren mit. In der Psychologie spricht man auch von „introzipieren".

  3. Nähere Anregungen zur Ausfüllung der Demokratenrolle siehe bei Th. Ellwein, Politische Verhaltenslehre, Stuttgart 1964. — Weitere Arbeiten sind in Vorbereitung.

  4. Deutsche Jugend, Nr. 9/1967, S. 395/96.

  5. W. Besson in: Bürgerliche Mitgestaltung — Fundament eines freien Gemeinwesens, Vlotho 1963: „Wo gibt es in der Bundesrepublik und in den westlichen Demokratien eine ideelle Motivierung des politischen Engagements außerhalb des Giftes der politischen Utopien?. .. Wie können wir den Interessenten zum Bürger machen? Nur über den Interessenten führt jetzt der Weg. ... Als politisch Gebildeten wollen wir den Interessenten nennen, der sich seines Interesses bewußt ist und es zugleich im Sinne des Gemeinwesens diszipliniert..."

  6. Nationalismus, Bd. 2, Hamburg 1964; ders., Nationalismus als Problem der politischen Erziehung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, Nr. 10/65 vom 10. März 1965.

  7. Zum Ideologieproblem in der politischen Erziehung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, Nr. 35— 36/67 vom 30. August 1967.

  8. Ebenda, S. 5.

  9. Ebenda, S. 5.

  10. Lemberg, Nationalismus als Problem der politischen Erziehung, S. 6.

  11. In einem Leserbrief an die WELT, Nr. 28. vom 3. Februar 1966.

  12. Ebenda, S. 3.

  13. Ebenda, S. 7.

  14. Ebenda, S. 6.

  15. Hierüber findet man Hinweise u. a. bei W. •litner, Der Standort der Erziehungswissenschaft, fannover 1964: „Das Werdende steht im Bannkreis ron Normen, die selbst im Werden sind; sie lassen ich aber prüfen und aufklären auf Wahrheitsiegründung hin. . . Die (zuständigen) Wissenchaften (z. B. Pädagogik) sind auf das Kommende ün geöffnet. Sie stehen unter dem Anspruch, die Vermenschlichung des Menschen'sich zum Thema u machen." — Und bei H. Plessner, Zwischen ’hilosophie und Gesellschaft, Bern 1953, S. 270. 1. Loch zitiert ihn wie folgt: „P. hat gezeigt, wie lie Auffassung von der Unergründlichkeit des enschen bzw.des Menschen als . offene Frage , I. h. als nie abschließend, sondern immer wieder ieu zu beantwortende Frage, die Geschichte mit hren vielfältigen Erscheinungsformen des Menschichen zu dem unablässig fortschreitenden Prozeß verden läßt, in dem sich der Mensch in immer euer Gestalt hervorbringt." Vgl. E. Loch, Die nthropologische Dimension der Pädagogik, Essen 963, S. 12.

  16. Bei der Veröffentlichung in „Aus Politik und Zeitgeschichte" handelt es sich um den Nachdruck eines Vortrages, der am 10. Februar 1967 in der Evangelischen Akademie in Loccum gehalten wurde.

  17. Protokoll Nr. 6/1967, Loccum.

  18. Eugen Lemberg, Nation und Nationalsozialismus, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, Nr. 32/67 vom 9. August 1967.

  19. Genauer: den Dauerzustand unseres metaphysischen Erkenntnisvermögens in der Frage der Welt-und Menschheitsdeutung überhaupt.

  20. Die Tugend „Kompromißbereitschaft nach Auseinandersetzung" hat übrigens auch einen außen-politischen Aspekt: Sie ist wesentlich für das außenpolitische Denken des einzelnen Staatsbürgers. Diese Tugend verbietet ein Denken im Stile von „right or wrong my country" und fordert statt dessen ein grundsätzliches Bereitsein für internationale Verständigung.

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