Modellanalyse einer „intraparteilichen" Außenpolitik
In allen demokratischen Regierungssystemen westlicher Prägung — seien sie präsidentieller oder parlamentarischer Art — erhebt sich heute die Frage, ob nicht der Spielraum für Alternativen bei den verschiedenen politischen Parteien in der Regierung oder Opposition gerade auf dem Gebiet der Außenpolitik immer geringer wird, weil Sachzwänge des Atomzeitalters selbst den atomaren Supermächten bestimmte Gesetze des Handelns vorschreiben. Diese Entwicklung dürfte unter anderem zur Folge haben, daß das Phänomen einer intraparteilichen, der sogenannten „gemeinsamen" Außenpolitik im gesamten Bereich dieser Politik — oder in einzelnen ihrer Teilbereiche — an Bedeutung zunimmt. Strenggenommen ist unter einer gemeinsamen Außenpolitik nur eine solche zu verstehen, über deren Inhalt und Durchführung eine Einigung zwischen Regierungs-und Oppositionsparteien zustande kommt. Von manchen Theoretikern, auf jeden Fall aber von vielen Praktikern der Politik, wird jedoch auch eine Koalitions-oder sogar Allparteienregierung, wie sie speziell die britische Tradition immer wieder in einer nationalen oder internationalen Krisensituation hervorgebracht hat, als Ausdruck einer Politik der intraparteilichen oder zwischenparteilichen „Gemeinsamkeiten" angesehen, möglicherweise sogar als deren letzte Konsequenz.
Für die Bundesrepublik Deutschland stellt sich das Problem außenpolitischer Gemeinsamkeiten von Regierungs-und Oppositionsparteien spätestens seit Anfang der sechziger Jahre. Erst die Bildung der Großen Koalition hat dieses Problem jedoch in den Mittelpunkt eines breiteren Interesses gerückt, und zwar nunmehr im Hinblick auf die beiden Regierungsparteien selber. Sollten sich die derzeitigen Regierungspartner 1969 wieder trennen, dann würden vielleicht auch in der Bundesrepublik endgültig durch das Experiment des gemeinsamen Regierens die Voraussetzungen lür ein späteres Funktionieren einer außenpolitischen Zusammenarbeit, zumindest in Teilbereichen, geschaffen worden sein. Auf jeden Fall verdient die gesamte Problematik jetzt in der Bundesrepublik von Seiten der Politikwissenschaft sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Funktions-wie einer Entscheidungslehre eine stärkere Beachtung als bisher.
Für eine kurze Modellanalyse bietet sich die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA an, weil dort die Konzeption einer gemeinsamen Außenpolitik als „bipartisan ioreign policy“ erstmalig formuliert, in der politischen Praxis am häufigsten angewandt und daher auch von der Politikwissenschaft besonders intensiv untersucht worden ist 2).
Für diesen Tatbestand gibt es eine ganze Reihe von Gründen, die sich zurückführen lassen auf die verfassungsrechtlich scheinbar klar fixierte, aber dennoch in der politischen Praxis imme
Für diesen Tatbestand gibt es eine ganze Reihe von Gründen, die sich zurückführen lassen auf die verfassungsrechtlich scheinbar klar fixierte, aber dennoch in der politischen Praxis immer wieder zu Auslegungsschwierigkeiten führende Gewichtsverteilung zwischen Exekutive und Legislative auf dem Gebiet der soge-nannten Auswärtigen Gewalt, auf die organisatorische Struktur der großen Parteien und schließlich auf die spätestens seit 1941 von den USA eingenommene Vormachtstellung in der Welt.
Was die Auswärtige Gewalt betrifft, so kommt für unsere Analyse vor allem die Vertragskompetenz (treaty making power) in Betracht 1), weil die berühmte Beratungs-und Zustimmungsklausel („advice and consent") der US-Verfassung eine Ratifikation völkerrechtlicher Verträge von der Zustimmung, das heißt dem consent, des Senates mit einer ZweiDrittel-Mehrheit abhängig macht. Auf diese Weise kann eine relativ kleine Minderheit aus einer oder aus beiden Parteien im Senat sehr leicht eine Art „Sperrminorität" bilden. Verfassungsrechtliche Auslegungsschwierigkeiten hinsichtlich einer legislativen Zustimmung ergaben sich vor allem darüber, was unter einem Vertrag (treaty) und was unter einem von der Exekutive dem Senat nicht zur Ratifikation vorzulegenden Regierungsabkommen (executive agreement) zu verstehen ist.
Darüber hinaus sind in der amerikanischen Geschichte Inhalt, Ausmaß und Grenzen der von der Verfassung ins Auge gefaßten „Beratung" (advice) der Exekutive durch die Legislative Anlaß zu großen Kontroversen gewesen. Immer wieder hat der amerikanische Kongreß den Anspruch angemeldet, nicht nur vor und während des Abschlusses eines Vertrages, sondern auch im Zusammenhang mit der Festlegung der gesamten außenpolitischen „Linie" konsultiert zu werden. Solche Ansprüche konnten in neuester Zeit um so weniger vom Weißen Haus oder dem State Department außer acht gelassen werden, je mehr die Legislative außenpolitische Maßnahmen der Exekutive dadurch zu behindern vermochte, daß sie der Bewilligung notwendiger Haushaltsmittel nicht zustimmte. Derartige dem Kongreß zur Verfügung stehende finanzielle „Bremsen" (checks) bieten — nebenbei bemerkt — die wesentliche Erklärung dafür, daß die Bedeutung auch des House of Representatives für den gesamten außenpolitischen Entscheidungsprozeß der USA ständig angewachsen ist, obwohl nach dem Wortlaut der Verfassung und den Intentionen der Gründungsväter an diesem Prozeß nur der Senat teilhaben sollte
Von der organisatorischen Struktur der amerikanischen Parteien her ist in unserem Zusammenhang zu beachten, daß auch die beiden großen Parteien — das heißt die Demokratische und die Republikanische Partei — im 20. Jahrhundert auf nationaler Ebene im wesentlichen nur bei Präsidentschaftswahlen in Erscheinung treten — und sich selbst dann noch sehr starke regionale und lokale Einflüsse bemerkbar machen. Das gilt natürlich erst recht für die in irgendeiner Form alle zwei Jahre stattfindenden Wahlen zu beiden Legislativ-organen des Bundes. Die Vormachtstellung der regionalen und lokalen Parteiführungen bringt in Verbindung mit dem in den Vereinigten Staaten geltenden Wahlrecht einerseits eine sehr starke Abhängigkeit des einzelnen Kongreßmitgliedes auf örtlicher Ebene von Druck-gruppen aller Art aus dem intermediären Bereich des politischen Prozesses, also zum Beispiel aus Industrie, Gewerkschaft, Handel oder Landwirtschaft, mit sich, andererseits aber auch eine große Zahl von „sicheren" Kongreß-Sitzen. Diese wiederum wirken sich auf die Zusammensetzung der für den außenpolitischen Willensbildungs-und Entscheidungsprozeß wichtigsten Ausschüsse für Auswärtige Angelegenheiten aus, da in allen Ausschüssen das in der Regel sehr streng gehandhabte und auf einer ununterbrochenen Mitgliedschaft basierende Prinzip der Seniorität ausschlaggebend ist. Schließlich aber und vor allem führt die starke Regionalisierung des amerikanischen Parteiwesens zu dem bekanntesten und in unserem Zusammenhang wichtigsten Phänomen der intraparteilichen Zweckbündnisse, die ihrerseits in innerparteilichen Meinungs-und Richtungskämpfen ihre logische Entsprechung finden. Auch und gerade auf die US-Außenpolitik hat sich in dieser Beziehung zum Beispiel immer wieder die Tatsache ausgewirkt, daß Süddemokraten und Südrepublikaner mehr Gemeinsamkeiten aufweisen als Süd-und Ostdemokraten oder Süd-und Ostrepublikaner. Allerdings sind auf dem Gebiete der Außenpolitik Meinungsverschiedenheiten und Flügelkämpfe von jeher in der Demokratischen Partei weniger zutage getreten und haben sich dort auch weniger im Abstimmungsverhalten niedergeschlagen als in der Republikanischen Partei.
Im Hinblick sowohl auf die verfassungsrechtlichen Aspekte der treaty making power wie auf die Parteienstruktur des Unionstaates mußte und muß die amerikanische Exekutive oft schon dann um eine wirksame „Abwehr" intraparteilicher Bündnisse zwischen Kongreßmitgliedern bzw. um eine möglichst breitangelegte Unterstützung aus allen Lagern für die von ihr vertretene Außenpolitik besorgt sein, wenn die Präsidentenpartei im Kongreß über eine Mehrheit verfügt. Ende 1950 galten zum Beispiel trotz einer nominellen Mehrheit der Demokraten im Senat mindestens zwölf von 49 Demokraten und mindestens fünf von 47 Republikanern unter dem Gesichtspunkt einer Parteidisziplin als „unsicher"
Der immer wieder in der amerikanischen Geschichte sichtbar gewordene Mangel an einem solchen Konsens mußte für die amerikanischen Administrationen in dem Maße eine zunehmende Erschwerung, bedeuten, in dem den USA endgültig in den vierziger Jahren dieses Jahrhunderts eine von zwei Führungsrollen in der internationalen Politik zufiel. Eingedenk vor allem der folgenschweren Niederlage Wilsons hatten daher F. D. Roosevelt und Harry S. Truman von Anfang an darauf hingearbeitet, trotz theoretisch zumeist günstiger Mehrheitsverhältnisse im Kongreß die großen vertraglichen Regelungen der Nachkriegszeit auf der innenpolitischen Front durch eine möglichst breite, intraparteiliche Basis abzusichern, und führende Vertreter auch der oppositionellen Republikanischen Partei frühzeitig an Kriegs-konferenzen,insbesondere aber an den Gründungskonferenzen der Vereinten Nationen, beteiligt.
Auf der „demokratischen" Seite beanspruchten später der langjährige Außenminister Roosevelts, Cordell Hull, ebenso wie der Senator Connally ein Urheberrecht an dieser Konzeption einer intraparteilichen Zusammenarbeit in der Außenpolitik. Hull zufolge hatte er selber am 23. April 1944 vor dem Auswärtigen Ausschuß des Senates im Hinblick auf die zu gründende Weltorganisation den Vorschlag unterbreitet, durch die Exekutive jeweils zwei republikanische und zwei demokratische Senatoren in die Planungsarbeiten des State Department einweihen zu lassen. Er hatte dann, nachdem diese Informationsgespräche in Gang gekommen waren, von Ende August 1944 an in regelmäßigen Abständen auf Bitten des damaligen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Dewey vor allem mit dem außen-politischen Experten der Republikaner, John Foster Dulles, enge „überparteiliche" Konsultationen gepflogen
Auf republikanischer Seite hatte der Senator A. Vandenberg — von 1946 bis 1948 Vorsitzender des Auswärtigen Senatsausschusses — an der erfolgreichen Arbeit der amerikanischen Delegation bei der Gründung der Welt-organisation einen wesentlichen Anteil. Maßgeblich wirkte dieser in die neueste amerikanische Geschichte als „Mr. Bipartisanship" eingegangene Politiker auch am außenpolitischen Entscheidungsprozeß der USA nach 1945 bei so wichtigen Weichenstellungen wie dem Beitritt zur NATO oder dem Pakt von Rio de Janeiro mit. Allen diesen Vertragswerken verhalf er zu einer großen Ratifikationsmehrheit im Senat.
Voraussetzung: Die Bereitschaft zu einem Minimumkonsens
Schon aus der hier angedeuteten unmittelbaren Nachkriegsentwicklung in den USA läßt sich die wesentliche Voraussetzung jeder bipartisanship bzw. gemeinsamen Außenpolitik nach amerikanischem Selbstverständnis ableiten: das Vorhandensein einer Bereitschaft, auf allen drei Seiten, das heißt der Exekutive, der Präsidentenpartei und der „Oppositionspartei", einen Minimumkonsens zu suchen, zu erhalten und in der Praxis zu verwirklichen. Strittig ist immer wieder gewesen, ob sich ein solcher Minimumkonsens nur auf Grundsatzprobleme — im Sprachgebrauch der bundesdeutschen Nachkriegspolitik also auf „Schicksalsfragen der Nation" — oder auch auf andere jeweils konkret zur Entscheidung anstehende außen-politische Sachfragen beziehen sollte. In der Regel hat man sich auf die erste Alternative beschränken wollen. Übereinstimmung bestand hingegen stets darüber, daß ein Minimumkonsens in diesem Sinne zwar zur Ausklammerung wichtiger außenpolitischer Probleme aus parteipolitischen Kontroversen, nicht jedoch zu einer Verwässerung der exekutiven Verantwortung im Stadium der Durchführung einer unter Umständen „gemeinsam"
gebilligten Politik führen dürfe.
Offensichtlich wollte Cordell Hull als verantwortlicher demokratischer Außenminister auch derartige Funktionsbeeinträchtigungen von Regierung einerseits und Opposition andererseits ausschalten, als er in den erwähnten Besprechungen mit Dulles 1944 für den Terminus „non-partisanship" an Stelle von „bipartisanship" zur Charakterisierung der angestrebten Gemeinsamkeiten plädierte. Der Republikaner Dulles soll demgegenüber zunächst an dem Begriff der bipartisanship festgehalten haben, nach Hull vorwiegend deshalb, weil er seine, das heißt die republikanische „Oppositionspartei" von vornherein nicht nur mit der Theorie, sondern auch mit den möglichen praktischen Erfolgen der neuen Weltorganisation auf diese Weise besser identifizieren zu können hoffte. Tatsächlich einigten sich beide Politiker in einer gemeinsamen Erklärung vom 25. August 1944 dann auf das Ziel einer non-partisanship
Von politikwissenschaftlicher Seite ist in den USA durch H. B. Westerfield in den fünfziger Jahren eine begriffliche Dreiteilung vorgeschlagen worden: zwischen völliger außenpolitischer bipartisanship, völliger partisanship (d. h. „Parteilichkeit, die zwar zur Herausbildung festumrissener Alternativen führt, häufig aber allein Erwägungen der innenpolitischen Taktik entspringt und somit der zu verfolgenden außenpolitischen Linie abträglich sein kann) und einer extra-partisanship. Unter letzterer versteht Westerfield vor allem eine Ausklammerung bestimmter außenpolitischer Fragen aus Wahlkämpfen, sodann aber auch den Verzicht auf eine Gleichsetzung kritischer Stellungnahmen einzelner politischer Gegner mit der außenpolitischen Haltung der gesamten, jeweils gegnerischen Partei. In den entscheidenden Punkten deckt sich Westerfields Begriff der extra-partisanship mit dem der bipartisanship, der sich auf jeden Fall in der tagespolitischen Auseinandersetzung in den USA durchgesetzt hat. Er soll daher der folgenden Analyse zugrunde liegen.
Die wesentlichen Komponenten einer „bipartisanship"
In der Theorie und Praxis der USA haben sich nach dem Zweiten Weltkrieg einige wesentliche Komponenten einer bipartisanship entwickelt. Sie lassen sich im Sinne eines vom Verfasser auch an anderer Stelle
In der Nachkriegsentwicklung ist in diesem Zusammenhang immer wieder die Frage aufgeworfen worden, ob eine solche Beteiligung bei allen wichtigen außenpolitischen Verhandlungen sowie bei allen entscheidenden Besprechungen, die innerhalb der Exekutive über außenpolitische Grundsatzprobleme erfolgen, sich auf Gegenstände von völkerrechtlichen Vertragsverhandlungen beschränken oder auch auf den Abschluß der Regierungsabkommen („executive agreements") erstrecken sollte. Formal ist im Hinblick auf derartige Besprechungen entscheidend, wie die Auswahl der Führer kraft parlamentarischen und politischen Amtes
Wenn man berücksichtigt, daß es allein zwischen 1943 und 1950 auf außenpolitischem Gebiet zu 316 namentlichen Abstimmungen im US-Kongreß gekommen ist
Alle diese Berater aus dem Kreise des Senates nahmen nicht nur an den öffentlichen Sitzungen der Außenminister und ihrer Mitarbeiter, sondern auch an den Geheimkonferenzen in kleinstem Kreis teil. Der amerikanische Außenminister besprach sich in der Regel sogar täglich vor Beginn der offiziellen Sitzungen mit diesen Politikern aus beiden Parteien. Als weiteres Beispiel sei in diesem ganzen Zusammenhang schließlich noch angemerkt, daß die demokratische Truman-Administration 1947 den Republikaner J. M. Dodge zum amerikanischen Chefdelegierten der Unterkommission des Außenministerrates für Fragen des österreichischen Friedensvertrages ernannte. 5. Eine „Honorierung" der aktiven Mitbeteiligung am Entscheidungsprozeß von seifen der „Opposition" im Kongreß. Sie hat sich nach 1945 immer wieder in einem erheblichen Umfang in der Unterstützung außenpolitischer Gesetzgebungs-und anderer Maßnahmen der Exekutive niedergeschlagen. Ein typisches Beispiel in dieser Beziehung war die Annahme des NATO-Vertrages am 21. September 1949 mit 82 : 13 Stimmen im Senat, wobei 50 Demokraten und 32 Republikaner für eine Ratifikation votierten. 6. Eine weitere Komponente der bipartisan foreign policy ist wiederum in dem Bestreben sichtbar geworden, wichtige Bereiche und Teilaspekte der Außenpolitik stillschweigend oder nach Vereinbarung aus der innenpolitischen 12 Auseinandersetzung, vor allem aus den Wahl-kämpfen, auszuklammern. Hier erhebt sich die Frage nach den materiellen und formalen Kriterien für die Auswahl der als „nicht kontrovers" zu erklärenden Sachprobleme der Außenpolitik. 7. Aus diesen sechs Komponenten ergibt sich schließlich das Kernproblem, ob eine gut funktionierende bipartisanship dazu führt, daß die „Opposition" — ganz zu schweigen von der Legislative insgesamt — in der grundsätzlich zu fordernden Wahrnehmung von Kritik-und Kontrollfunktionen behindert wird. Dieses Problem beschäftigte offenbar auch den Republikaner Vandenberg von 1945 an. So befürchtete er für seine eigene Person zum Beispiel aus seiner Mitgliedschaft in der amerikanischen UN-Delegation und seiner gleichzeitigen Rolle als führender außenpolitischer Experte seiner Partei im Kongreß eine Interessenkollision, als er am 15. Februar 1945 an Truman schrieb: „Als Mitglied der amerikanischen Delegation würde ich sehr gerne positiv und hilfreich kooperieren. Gleichzeitig werde ich aber .. . als Vertreter der Senats-minderheit eine besonders schwierige Rolle zu spielen haben, wenn ich auch im weiteren Verlauf der Dinge noch für dieses große Wagnis von Nutzen sein soll."
Erst nachdem ihm der amerikanische Präsident in mehreren Schreiben eine völlige Handlungsfreiheit zugesichert hatte, nahm Vandenberg endgültig die Einladung Trumans zur Mitarbeit in der Delegation an. Wie die nachfolgenden Jahre zeigten, verstand er es, mögliche Rollenkonflikte zu meiden und damit die Voraussetzungen für sein Prestige in allen drei Lagern, bei der Exekutive, der Regierungspartei und seiner eigenen Partei, zu schaffen.
Institutionen und Mechanismen
Sowohl im Bereich der Exekutive wie im Rahmen des Kongresses wurden in den vierziger und fünfziger Jahren besondere Mechanismen für die beiderseitige Zusammenarbeit in außenpolitischen Fragen entwickelt. Innerhalb des State Department oblag die Wahrnehmung der generellen Beziehungen zwischen Exekutive und Legislative auf außenpolitischem Gebiet schon seit den vierziger Jahren einer besonderen Abteilung, die zunächst die Bezeichnung „for Congressional Relations and International Conferences" trug und der 1944/45, indirekt sogar bis 1947, Dean Acheson vorstand. Auf Grund der Empfehlungen der sogenannten Hoover-Commission vom Frühjahr 1949 über die Reorganisation der amerikanischen Exekutive speziell im Hinblick auf den außenpolitischen Entscheidungsprozeß des Landes wurde diese Abteilung, deren große Bedeutung im Abschlußbericht der Kommission hervorgehoben worden war, 1949 einem eigenen Assistant Secretary mit der Amtsbezeichnung „for Congressional Relations" unterstellt. Wie das Anfang der fünfziger Jahre anfallende Volumen der Arbeit in dieser Abteilung aussah, zeigt eine Übersicht des State Department aus dem Jahre 1956. Danach wurden zwischen der 81. und 83. Wahlperiode der Legislative vom Department insgesamt 98 Gesetzesentwürfe, 105 Verträge und Regierungsabkommen zugeleitet. Außerdem wurden dem 81. Kongreß 994 Antworten auf außenpolitische Anfragen, dem 82. 1674 und dem 83. sogar 2096 erteilt
Die Auffassung der Exekutive zum Problem einer bipartisan foreign policy — und von der Exekutive muß ja in der Regel die Initiative für eine solche gemeinsame Politik ausgehen — kam nach 1945 besonders charakteristisch in einem Artikel zum Ausdruck, den der Leiter der Abteilung „for Congressional Relations" im State Department, E. Gross, in Anlehnung an einen Vortrag vom 3. August 1949 im Bulletin des Department unter dem Titel „What is a bipartisan foreign policy?" (Was ist eine gemeinsame Außenpolitik?) veröffentlichte. Dieser Artikel muß vor allem in seinem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der damaligen amerikanischen China-und Europapolitik gewertet werden. Nachdem der Verfasser das Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative unter anderem dahin ge-hend definierte, daß trotz der Konflikte, die durch das Prinzip der Gewaltenteilung schon von der Verfassung her unausweichlich seien, die Konzeption der Zusammenarbeit in der Außenpolitik zwischen der Exekutive und dem Kongreß in der Regel akzeptiert, werde, legte er großen Wert auf die Feststellung, daß in der von ihm geleiteten Abteilung des State Department „Kontaktreferenten" nicht nur zu den Mitgliedern der Mehrheitspartei, sondern genauso auch zu denen der Minderheit Verbindung hielten, was dann um so notwendiger sei, wenn „innerhalb der einzelnen Parteien selber ernste Meinungsverschiedenheiten beständen"
Organisatorisch versuchten die Auswärtigen Ausschüsse des Kongresses ihrerseits im Frühjahr 1950 auf Initiative des Senate Committee on Foreign Relations unter seinem damals demokratischen Vorsitzenden Connally den auch vom „Capitol" anerkannten Erfordernissen einer besseren Zusammenarbeit zwischen Exekutive und Legislative auf dem Gebiete der Planung, Festlegung und Durchführung der allgemeinen amerikanischen Außenpolitik durch die Einrichtung verschiedener Unterausschüsse gerechter zu werden. Der Senatsausschuß rief insgesamt sieben solcher Unterausschüsse ins Leben, und zwar für Fragen der Vereinten Nationen, der Wirtschafts-und Sozialpolitik, der Fernostpolitik, der Europapolitik, der Nahost-und Afrikapolitik, der Lateinamerikapolitik, der Offentlichkeitsarbei und der Organisationsstruktur des State Department. Mit Ausnahme der Unterausschüsse für Organisationsstruktur des State Department und für Wirtschafts-und Sozial-fragen gehörten jeweils zwei Mitglieder der beiden großen Parteien den Gremien an. Im Juni 1951, das heißt also während des Korea-krieges, stellte ein Kongreßbericht zur Arbeit der sieben Unterausschüsse in den vorausgegangenen zwölf Monaten ausdrücklich fest: „Diese Konsultationen haben sich als äußerst nützlich für die Formulierung und Durchführung der amerikanischen Außenpolitik in einem besonders kritischen Abschnitt der Weltgeschichte erwiesen. Sie stellen einen wichtigen und konstruktiven Schritt dar in dem Augenblick, in dem wir uns schwierigen Problemen gegenübergestellt sehen."
1949— 1952: Abrücken von der Linie einer gemeinsamen Außenpolitik
Wie schon die wenigen, hier nur angedeuteten Beispiele zeigen, wurde die Konzeption einer bipartisanship in der Außenpolitik unter den Präsidenten F. D. Roosevelt und H. S. Truman zwischen 1944 und 1950 in den USA immer wieder erfolgreich verwirklicht. Die Ära Eisenhower (von 1953 bis 1961) lieferte dann weitere Beispiele des intraparteilichen Zusammenspiels gerade auf außenpolitischem Gebiet. Sie waren besonders zahlreich in diesen Jahren, in denen der republikanische Präsident mit einem theoretisch mehrheitsfeindlichen Kongreß zusammenarbeiten mußte — theoretisch deshalb, weil Eisenhower wiederholt von demokratischen Gruppen unterstützt, von einigen Gruppen der eigenen Partei dagegen oft im Stich gelassen wurde. Alles in allem kann man daher in bezug auf die ersten beiden Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkrieges sagen, daß die Konzeption der bipartisanship zu -einem innenpolitischen Dogma und ihre Praktizierung zu einer festen Regel der amerikanischen Innenpolitik wurde. Ausnahmen von dieser Regel gab es unter Roosevelt und Truman im Zusammenhang mit den Kriegskonferenzen von Jalta und Potsdam im Jahre 1945. Die dort praktizierte Geheimdiplomatie forderte sehr bald erbitterte Angriffe der republikanischen Opposition heraus. Sie sind auch heute, nach zwanzig Jahren, noch nicht verstummt.
Wirklich entscheidende Abweichungen von der Grundregel einer gemeinsamen Außenpolitik ergaben sich jedoch in diesem ganzen Zeitabschnitt nur aus der amerikanischen Fernostpolitik der Jahre 1949— 1952. Ihnen wollen wir uns nunmehr im zweiten Teil dieser Analyse zuwenden. Grundlegend für ein richtiges Verständnis dieser Aspekte ist eine Einsicht in die Wechselbeziehungen und Wechselwirkungen zwischen Europa-und Asienpolitik der Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg. Da die maßgeblichen außenpolitischen Entscheidungsinstanzen in der Exekutive ebenso wie in der Legislative in jenen Jahren interessanter weise mehr oder weniger übereinstimmend davon ausgingen, daß ('in st. irkes und damit effektives Engagement der westlichen Führungsmacht in diesen beiden Bereichen der internationalen Politik zugleich ganz zu schweigen von Lateinamerika oder Afrika — nicht möglich war, resultierten die eigentlichen Beurteilungsunterschiede im innenpolitischen Spektrum der USA vor allem aus der jeweiligen Einschätzung der Bedrohung nationaler oder „westlicher" Interessen durch den Kommunismus. Schon bald nach 1945 standen sich unter diesem Gesichtspunkt an der innenpolitischen Front sehr deutlich die Befürworter eines „Asia first" -Kurses und die Anhänger der „Europe first" -Politik gegenüber. Jede Seite versuchte, ihrer Konzeption eine möglichst breite über parteiliche Absicherung zu verschalten, wobei beide Gruppen keineswegs geschlossene oder durchgehend funktionstüchlige Einheitsfronten darstellten. Die „EuropaGruppe" unter Führung der Exekutive konnte zwar in den ersten Jahren nach 1945 ihres eigenen Übergewichtes, das heißt also auch des größeren intraparteilichen Konsenses für ihre Linie, sicher sein; sie scheint sich aber — was taktisch ebenso unklug wie erstaunlich war — zunächst nicht annähernd so intensiv um ein Minimum an bipartisanship in der Fernostpolilik bemüht zu haben. Fast, als diese Politik von 1940 an immer mehr in den Strudel der parteipolitischen Auseinandersetzungen geriet und auch die Europapolitik ernstlich zu gefährden drohte, macht© die demokratische Exekutive ihren republikanischen Kritikern einerseits Konzessionen auf dem Gebiet der Auslandshilfe für den Fernen Osten — deren Positionen wiederholt zugunsten des Tschiang Kai-schek-Regimes erhöht wurden und andererseits nunmehr wirklich ernsthafte Versuche, führende Vertreter der „Opposition" auch an diesem Teil des EntscheidungsProzesses im Sinne der obigen dritten Komponente direkt zu beteiligen. Die letztere Tendenz. zeigte sich besonders auffällig im Frühjahr 1949, als Truman ins Weiße Haus zu einer Sitzung einlud, an der nicht nur die beiden demokratischen Vorsitzenden der Kongreßausschüsse für Auswärtige Angelegenheiten, Senator Connally und der Abgeordnete Bloom, sondern auch die beiden dienstältesten republikanischen Mitglieder dieser Ausschüsse, Senator Vandenberg und der Abgeordnete Eaton, teilnahmen. Auf dieser Sitzung ging es vor allem um eine Entscheidung darüber, ob die Militär-und Wirtschaftshilfe für Tschiang Kai-schek eingestellt werden sollte oder nicht.
Zu diesem Zeitpunkt halle sich das Pendel im (tunesischen Bürgerkrieg endgültig zugunsten der kommunistischen Seile geneigt, die dann, von wenigen noch weiterkämpfenden nationalchinesischen „Widerstandstaschen" abgesehen, bis zum 1 leihst jenes Jahres die 1 Ierrschaft auf dem gesamten chinesischen Festland an sich reißen und Anfang Oktober die Volksrepublik China proklamieren konnte. Vandenberg, der unter den führenden Republikanern die Europapolilik der Exekutive stets am stärksten befürwortet hallo und daher auch In der beginnenden Kontroverse um China zwischen der Exekutive und manchen seiner radikaleren Parteifreunde zu vermitteln suchte, gab offensichtlich bei der Entscheidung zugunsten einer begrenzten Fortführung der amerikanischen Hilfeleistungen den Ausschlag, obwohl auch er die Lage der Nationalchinesen für hoffnungslos hielt
Ein Minimum an „Gemeinsamkeit" zwischen Republikanern und Demokraten hinsichtlich der zunehmend skeptischen Beurteilung der chinesischen Situation ebenso wie der Notwendigkeit, Tschiang Kai-schek nicht sofort fal-lenzulassen, blieb bis zur Proklamierung der Chinesischen Volksrepublik im Herbst 1949 erhalten. Sie schlug sich auch in dem aufsehenerregenden Schreiben nieder, das 21 Senatoren unter Federführung des Republikaners Knowland am 24. Juni an Präsident Truman rich
Trotz mancher derartigen Beschwörungen wurde aber immer deutlicher, daß die Mehrheit der Republikaner im Kongreß zum Angriff gerade mit dem Vorwurf anzutreten entschlossen war, die Regierung habe gegen die Prinzipien einer außenpolitischen bipartisanship durch ihre in bezug auf fernöstliche Probleme im Gegensatz zu europäischen Fragen ungenügende und schon gar nicht rechtzeitige Information und Konsultation der Opposition verstoßen. Unter Berufung auf dergleichen Unterlassungssünden hatte sich selbst Vandenberg außerhalb des Kongresses im Juni 1949 von der offiziellen Chinapolitik distanziert, wenn auch gleichzeitig die Hoffnung ausgedrückt, daß sich die Regierung in Zukunft „bessern" werde 21).
Einen letzten Anlaß zu Kontroversen und gegegenseitigen Vorwürfen, den Geist der bipartisan foreign policy verletzt zu haben, bot der demokratischen Exekutive wie der republikanischen Opposition schließlich die berühmte Entscheidung Präsident Trumans vom 5. Januar 1950, jede amerikanische Militär-hilfe für den auf die Insel Formosa geflüchteten Chef der nationalchinesischen Regierung, General Tschiang Kai-schek, einzustellen und den letzten Besitzstand dieses Verbündeten von jeder militärischen Garantie durch die USA auszuschließen. 22)
Im Zusammenhang mit dieser sehr wichtigen Weichenstellung war es nachweislich zu keiner vorherigen Unterrichtung bzw. Beteiligung der oppositionellen außenpolitischen Sprecher des Kongresses an den Phasen der Planung und Richtlinienfixierung gekommen. Insbesondere die republikanischen China-Sprecher im Senat, Smith und Knowland, scheinen allen Anlaß gehabt zu haben, über die mangelnde Unterrichtung noch bei einem Gespräch am Vormittag des 5. Januar 1950 bei Acheson ihrem Ärger Ausdruck zu geben. Der Außenminister war daher auf der Pressekonferenz am Nachmittag des gleichen Tages bemüht, die Opposition zu besänftigen, als er einräumte, daß es sehr viel wünschenswerter gewesen wäre, wenn der ganze fernöstliche Fragenkomplex rechtzeitig und „sehr ausführlich" mit „Mitgliedern beider Häuser" hätte diskutiert werden können 23). An diesem Nachmittag stellte Connally in Verteidigung des Vorgehens der Regierung die Behauptung auf, daß Acheson tatsächlich am Abend des 4 Januar vergeblich versucht hätte, Vandenberg in dessen Wohnung noch zu erreichen und ihn über die geplante Entscheidung rechtzeitig zu informieren 24). Obwohl inzwischen feststeht, daß der Außenminister den kranken Vandenberg zu einem seiner häufigeren Informationsgespräche über außenpolitische Fragen Ende Dezember zu Hause aufsuchte und dabei auf jeden Fall die vom Senator angeregte Frage an-geschnitten wurde, ob die USA ein Gutachten beim Internationalen Gerichtshof über den Status der Insel Formosa einholen sollten
Unter diesen Umständen nahm die Debatte am 5. Januar 1950 im Kongreß eine ungewöhnliche Schärfe gerade hinsichtlich des Problems einer intraparteilichen Außenpolitik an. Für diese Schärfe sorgte vor allem der republikanische Senator Knowland, der auf Zwischenfragen seines Kollegen Jenner die mangelnde Bereitschaft der Regierung zu einer bipartisanship auf dem Gebiet der amerikanischen Fernostpolitik hervorhob und umgekehrt sich selber — unter Hinweis auf die Initiativfunktion des Präsidenten in der Außenpolitik — gegen den Vorwurf verteidigte, nicht früh genug „Alarm geschlagen" zu haben. Der Führer des konservativen republikanischen Flügels, Taft, erklärte am 8. Januar in einer Rundfunkansprache, daß es jetzt überhaupt keine bipartisan foreign policy mehr gäbe, da die Republikaner schon seit einem Jahr nicht mehr durch die Regierung konsultiert würden. Der Tatsache, daß er diesen Vorwurf nicht stärker differenzierte, zum mindesten aber auf die Fernostpolitik beschränkte, dürfte nicht zuletzt die Absicht zugrunde gelegen haben, den nach wie vor zu einer außenpolitischen Zusammenarbeit mit der Exekutive bereiten Vandenberg-Flügel in seiner eigenen Partei ebenfalls in Bedrängnis zu bringen. Wenige Tage später griff Taft dann im Kongreß die „Linke" im State Department an, die schon lange die Absicht gehabt hätte, Tschiang Kaischek fallenzulassen und China dem Kommunismus zu überantworten. Seine nun aufgestellte, ebenfalls natürlich wesentlich taktisch bedingte Behauptung, die Regierung habe „die allgemeine Politik in China, wie sie vom Kongreß festgelegt wurde, mißachtet"
Auch ein halbstündiges Gespräch zwischen dem republikanischen Senator Ferguson und Truman über Probleme des Femen Ostens in Gegenwart von Außenminister Acheson
Dem wenig überzeugenden Vorwurf der Republikaner, daß die Demokraten mit eben dieser Sitzung ihren Wunsch nach Beendigung jeglicher bipartisanship überhaupt unter Beweis gestellt hätten, trat der demokratische Fraktionsführer Lucas
Für Mullikins Fraktionskollegen Ferguson stand trotz eines vorhergehenden Besuches bei Truman fest, daß der Präsident mit seiner Entscheidung vom 5. Januar die bipartisan foreign policy absichtlich aufgegeben hatte. Er selber, so behauptete er, bejahe diese bipartisanship grundsätzlich nach wie vor, wenn sie „echt" sei und zu einem größtmöglichen Ausmaß an „Debatte, Konsultation und Übereinstimmung" führe. Sehr anschaulich formulierte Ferguson in diesem Zusammenhang:
„Ich glaube, daß es höchste Zeit für den Präsidenten ist, dem Volke zu sagen: Wir werfen diese gemeinsame Außenpolitik über Bord, sie ist für uns beendet. Wir werden in Zukunft die ganze Sache für Euch alleine besorgen. Wir möchten nicht, daß auch nur der Gedanke aufkommen könnte, als hätten wir so etwas wie eine gemeinsame Außenpolitik." Schließlich zog er aus dieser Analyse die klare Schlußfolgerung: „Ich glaube wirklich, daß der Präsident der USA die Senatsmitglieder auf dieser Seite des Hauses .. . von der Verpflichtung entbunden hat, die Idee einer gemeinsamen Außenpolitik weiterzuverfolgen."
Bemühungen der Republikaner um einen Brückenschlag
Nach entsprechenden Bemühungen vor allem Vandenbergs um eine innerparteiliche Konsensbildung in der Außenpolitik konnte die republikanische Senatsfraktion schließlich am 6. Februar auf einer ihrer seltenen Sitzungen einstimmig — und, wie es im Congressional Record interessanterweise hieß, „mit Zustimmung des republikanischen Bundesvorstandes" (National Committee) — eine Grundsatzerklärung verabschieden. Sie lief im außenpolitischen Teil auf einen geschickten Kompromiß zwischen den verschiedenen Flügeln innerhalb der Partei hinaus, das heißt in diesem Fall zwischen den Befürwortern und den Gegnern einer engeren Zusammenarbeit auf außenpolitischem Gebiet mit der Exekutive.
Zunächst wurde ein erneutes Bekenntnis zu einer Außenpolitik abgelegt, die „von allen Amerikanern, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit", akzeptiert werden könne ... und „einen Frieden mit Gerechtigkeit in einer freien Welt sicherzustellen" suche. Bei aller in dem amerikanischen Zweiparteiensystem unerläßlichen „Wachsamkeit und Kritik" gegenüber der Außenpolitik der Exekutive trete die republikanische Partei nach wie vor für eine „Konsultation zwischen Exekutive und Mitgliedern beider großen Parteien in der Legislative . . . bei der Initiierung und Entwicklung“ der Außenpolitik des Landes ein. China wurde zwar nicht ausdrücklich in der* Erklärung erwähnt, eine indirekte Kritik an der Fernostpolitik der demokratischen Administration jedoch in den Vorwurf gekleidet, daß „die Opposition" in der Vergangenheit nicht genügend informiert worden sei. In der nachweislich von Vandenberg wesentlich abgeschwächten Formulierung hieß es schließlich in diesem Zusammenhang: „Wir bedauern die tragischen Konsequenzen des Versagens der Administration in dieser Beziehung (einer Konsultation) . . . auf vielen Gebieten der Politik, besonders im Hinblick auf die Geheim-abkommen von Jalta und die später in Potsdam bestätigten Abmachungen, die neue Ungerechtigkeiten und Gefahren in der ganzen Welt heraufbeschworen haben."
Eindeutig wurde hier also die Erfüllung des Anspruches gerade der Minderheit im Kongreß auf Vorinformationen und Vorkonsultationen von Seiten der Exekutive bei entscheidenden außenpolitischen Maßnahmen zur Voraussetzung jeder bipartisanship erklärt. Drei Monate später stellte auch Taft fest: „Wenn es eine bipartisanship geben soll, dann muß es zu einer echten Konsultation mit den verantwortlichen Vertretern der Republikaner über die Richtung der Politik kommen, bevor diese festgelegt wird."
Vom Februar an wurde die Atmosphäre zwischen den Parteien immer mehr vergiftet. Dazu trugen vor allem der jetzt beginnende, wenn auch zunächst noch im Alleingang vorgetragene Generalangriff des Senators McCarthy, die Verurteilung des Diplomaten Alger Hiss als Spion der kommunistischen Seite sowie die sogenannten State-Department-„Loyalitäts" -Untersuchungen bei
Vandenberg glaubte in den Angriffen in erster Linie parteitaktische Motive erkennen zu können und beschuldigte daher Smith und andere „Kollegen", daß sie „darauf aus" seien, „Munition für die bevorstehenden Wahlen" (Zwischenwahlen vom Herbst 1950) zu sammeln. Damit befand er sich in fast völliger Übereinstimmung mit dem Präsidenten, der in einem Schreiben an ihn vom 27. März feststellte: „Ich bin über die Situation, die sich im Kongreß in bezug auf die ganze Frage einer bipartisan foreign policy entwickelt hat, sehr beunruhigt. . . . Die Einstellung einiger Senatoren zu außenpolitischen Problemen, die von dem Bemühen getragen wird, Munition für den kommenden Wahlkampf zu sammeln)!), ist höchst bedauerlich."
Auch in der Bewertung des Nutzeffektes der republikanischen Angriffe für die kommunistische Seite lagen der Republikaner Vanden-berg und der Demokrat Truman nicht sehr weit auseinander. Hatte der Präsident auf die nicht einmal von Taft gebilligten, sondern vielmehr von diesem im Namen des Republican Policy Committee ausdrücklich zurückgewiesenen Angriffe des „radikalen Flügels" der Partei mit dem sehr starken Vorwurf reagiert, die Senatoren McCarthy, Wherry und Bridges — letzterer gehörte dem für die Exekutive besonders wichtigen Bewilligungsausschuß des Senates als Minderheitenführer an — seien des Kremls größte Pluspunkte in den USA"
Teil» hinter, teils vor den Kulissen des politischen Prozesses arbeiteten jedoch starke Kräfte beider Lager sehr bald wieder auf eine Entschärfung der parteipolitischen Spannungen hin. Als entscheidender Schritt zur Über-windung der Krise von republikanischer Seite wurde Ende März 1950 ein Schreiben des kranken Vandenberg an den Chef der ECA-Mission (Auslandshilfeprogramm), Paul Hoffmann, angesehen, in dem der Republikaner ein Loblied auf „intraparteiliche" Errungenschaften der Vergangenheit sang, die von einem „republikanischen Kongreß" (von 1946— 48) in „voller und freier Kooperation mit einer demokratischen Exekutive" erreicht worden seien. Die ECA-Arbeit wurde als ein großartiges Beispiel für eine bipartisan foreign policy herausgestellt. Gleichzeitig regte Vandenberg die Einsetzung einer intraparteilichen Kommission zur Beratung über die Gestaltung der amerikanischen Außenpolitik auf lange Sicht an
Initiativen der Exekutive und der Demokratischen Partei
Auch Senator Ferguson bemühte sich nunmehr offenbar um Brückenschläge. Er legte am 18. April im Senat zwölf Fragen an die Exekutive und die Demokratische Partei über formale und materielle Aspekte einer bipartisanship vor, zu der er sich grundsätzlich bekannte
Am 24. April unternahm auch Connally-im Plenum des Senates wieder den Versuch, seinen Kollegen in einer längeren Rede die Notwendigkeit eindringlich vor Augen zu führen, Probleme der Außenpolitik aus dem Streit der Parteien herauszuhalten. Er verwendete zur Charakterisierung dieses von ihm als wünschenswert angesehenen approach den Terminus „non-partisan“. Wörtlich erklärte er: „Es sollte im Hinblick auf unsere auswärtigen Beziehungen zu Non-partisan-Einstellungen kommen. Die Außenpolitik sollte nicht ein Feld sein, in dem man sich in demagogischen Appellen zur Erhaschung persönlicher Popularität hingibt .. . Wenn die Vereinigten Staaten eine führende Position in der internationalen Politik einnehmen sollen, . . . dann müssen wir hier über kleinliche politische Auseinandersetzungen erhaben sein.... Im Senat und auch außerhalb des Senates hat es in letzter Zeit erhebliche Diskussionen um eine Non-partisan-Außenpolitik gegeben. Diese Art von Außenpolitik entspricht amerikanischer Tradition."
Hinweise auf eine non-partisan foreign policy verband Connally mit dem ein wenig vagen, aber sicherlich publikumswirksamen Postulat, daß die Mitglieder des Senates zwar die amerikanische Außenpolitik „unter sich diskutieren" sollten, die endgültige Entscheidung aber dann vom „Volke der Vereinigten Staaten" zu treffen sei. Damit kann er nur eine Verbeugung vor dem Souverän „Volk" im Hinblick auf die im Herbst jenes Jahres fälligen Zwischenwahlen beabsichtigt haben. Es folgte dann auch sofort ein Hinweis auf die schon angedeutete verfassungsrechtliche Lage: „Der Präsident der Vereinigten Staaten ist . . . nach der Verfassung für die Führung unserer auswärtigen Politik verantwortlich. Der Präsident wird und kann sich dieser Verantwortung nicht entziehen. Ihm steht es jedoch völlig frei, Senatoren, Mitglieder des Kongresses und andere Bürger der Vereinigten Staaten in bezug auf die Formulierung unserer Außenpolitik und die ins Auge gefaßten außenpolitischen Maßnahmen zu konsultieren und ihren Rat einzuholen."
Schließlich erwähnte der demokratische Vorsitzende des Außenpolitischen Senatsausschusses in derselben Debatte noch die Tatsache — gewissermaßen als Beweis des guten Willens der Exekutive —, daß Truman den früheren republikanischen Senator J. Sherman Cooper ebenso wie den früheren Senator und außenpolitischen Experten der Oppositionspartei, John Forster Dulles, zu Beratern des Außenministeriums ernannt habe. Ausdrücklich bezeichnete er diese Ernennungen als eine Maßnahme, die ganz der „Tradition einer nonpartisan foreign policy der Vereinigten Staaten" entspräche.
Funktionsbeschränkung der Opposition durch gemeinsame Außenpolitik?
Gerade diese Ernennungen warfen sehr deutlich die Frage auf, ob sich die Opposition durch eine zu aktive, die offizielle Außenpolitik der Vereinigten Staaten indirekt mitverantwortende Beteiligung am Entscheidungs-prozeß in ihrer Primärfunktion der Bewertung und Kritik außenpolitischer Maßnahmen der Exekutive entscheidend behindert fühlen mußte bzw. behindert wurde. Dulles selber präzisierte in einer Presseerklärung damals seine Auffassung über solche möglichen Aus-Wirkungen seiner und Coopers Ernennung mit den Worten: „Ich nehme nicht für einen Augenblick an, daß meine Gegenwart im State Department . . . automatisch eine Politik sicherstellen wird, die unter allen Umständen eine republikanische Unterstützung verdient." Seine Parteifreunde würden nun zwar sicherlich besser über die anstehenden Probleme informiert werden, brauchten aber ihre unanhängige kritische Bewertung außenpolitischer Maßnahmen der Exekutive ebensowenig einzuschränken wie eine konstruktive Kommentierung derselben
Kurz vorher hatte Acheson in einer Ansprache vor dem amerikanischen Zeitungsverlegerverband in einem ähnlichen Sinne votiert, als er sich sowohl für einen Minimumkonsens in der Außenpolitik als auch für Kritik an dieser Politik einsetzte. Er erklärte, daß eine enge Zusammenarbeit zwischen Exekutive und den beiden Parteien im Kongreß in der Außenpolitik keineswegs eine für das amerikanische Regierungsystem „lebensnotwendige Opposition" ausschließe, da immer noch ein weiter Spielraum für Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der bei der Verwirklichung außenpolitischer Konzeptionen anzuwendenden Methoden bleibe.
Für einen außenpolitischen Minimumkonsens setzte sich zur gleichen Zeit auch wiederum Connally ein, als er in geradezu überschwenglichen Worten, ohne seine Vorstellungen jedoch näher zu definieren, vor dem Kongreß sagte: „Heute, wenn wir uns vor so ernste internationale Probleme gestellt sehen, wenn wir dringend der Einigkeit und Festigkeit bedürfen, wenn wir die uns konfrontierenden Schwierigkeiten meistern wollen, warum sollten wir da nicht denselben Kurs steuern, den wir in der Vergangenheit gesteuert haben? . . . Ich appelliere mit großem Ernst an die Senatoren, an die Mitglieder des Kongresses, an die Exekutive und an alle Bürger der Vereinigten Staaten, zusammenzustehen in einmütiger Unterstützung der Außenpolitik der Vereinigten Staaten auf den verschiedensten Gebieten. . . . Wir sollten keine Appelle an die Republikaner alleine oder an die Demokraten alleine richten, sondern an das ganze Volk der Vereinigten Staaten . .. Sie sollten sich alle zum Dienst an der Sache bereit finden."
Derartige Versuche sowohl von Seiten der Exekutive als auch der Legislative, eine bipartisan foreign policy auch auf dem Gebiet der amerikanischen Fernostpolitik herzustellen, wurden im Frühjahr und Frühsommer 1950 vor allem durch die erbitterten Angriffe des rechtsextremen republikanischen Senators McCarthy auf eine angeblich gegenüber dem Kommunismus zu „weiche Welle" der demokratischen Exekutive gestört. Der Ausbruch des Koreakrieges ließ dann vorübergehend eine intraparteiliche Zusammenarbeit erneut sichtbar werden, so insbesondere Ende Juni bei Beginn des Krieges und Mitte Dezember nach dem Eingreifen der chinesischen Kommunisten in die militärischen Auseinandersetzungen. 1951 hielten sich Krisen-und Glanz-zeiten in bezug auf eine bipartisan foreign policy im großen und ganzen die Waage. Selbst die durch die Entlassung General Mc-Arthurs als amerikanischer und UN-Oberbefehlshaber Fern-Ost ausgelöste inneramerikanische Kontroverse vermochte an den Grundfesten der Konzeption einer gemeinsamen Außenpolitik nicht entscheidend zu rütteln. Das zeigte sich unter anderen in den ausgedehnten öffentlichen Informationssitzungen der gemeinsam tagenden Ausschüsse für Verteidigung und Auswärtige Fragen des Senates im Frühsommer. Wiederholt kam es noch in diesen scharfen Auseinandersetzungen zwischen Republikanern und Demokraten zu Abstimmungen gegen die eigene Parteilinie, das heißt zu sogenannten „cross-party-votes"
Wahlkampftaktik und gemeinsame Außenpolitik
Erst bei den Präsidentschaftswahlen des Jahres 1952 brach dann die bipartisanship in der Außenpolitik, ja selbst eine extra-partisanship im oben angedeuteten Sinne, im Zusammenhang vor allem mit der Chinapolitik der USA vollkommen zusammen. Im Wahl-manifest der Demokratischen Partei war von dieser Politik — abgesehen von dem Problem des Koreakrieges — zwar in einem Nebensatz die Rede, in dem darauf hingewiesen wurde, daß die militärische und wirtschaftliche Unterstützung der USA für die nationalchinesische Regierung auf Formosa „diesen lebenswichtigen Außenposten der freien Welt . . . gestärkt“ habe und diese — wie wir sahen, 1949— 50 keineswegs von der Regierung beabsichtigte (!) — Hilfe daher auch in Zukunft fortgesetzt werden würde.
Die Republikanische Partei machte jedoch nunmehr die Fernostpolitik der demokratischen Regierungen Roosevelt und Truman zum Zentralthema des ganzen Wahlkampfes, nachdem sie dieses Thema bei den Zwischenwahlen des Jahres 1950 schon in den Vordergrund gestellt hatte. Sie verurteilte in ihrem Manifest in scharfen Worten den „Ausverkauf" des chinesischen Verbündeten auf den alliierten Kriegs-und Nachkriegskonferenzen, die Verweigerung weiterer amerikanischer Militär-hilfe im Endstadium des chinesischen Bürgerkrieges und vor allem den von den USA seinerzeit auf Tschiang Kai-schek ausgeübten Druck, die „Mandschurei aufzugeben" und ein Koalitionsabkommen mit den Kommunisten abzuschließen. Die Republikaner hielten auch jetzt noch an ihrer alten, durch nichts bewiesenen Behauptung fest, daß man mit einer verstärkten Wirtschafts-und Militärhilfe China 1948/49 noch für den Westen hätte „retten können". Die verfehlte Politik der demokratischen Administrationen habe im Koreakrieg nunmehr dazu geführt, daß sich an der „Flanke der USA im Pazifik" ein vor „nichts zurückschreckender Feind ..." anstelle „eines Verbündeten und Freundes" befände. Nachdem die Regierung Truman das amerikanische Volk ohne dessen „Zustimmung" in diesen Krieg „gestürzt" und dann auch noch durch Fehlkalkulationen der Gefahr einer ernsten Niederlage von chinesischer Seite ausgesetzt habe, müßten von der neuen Regierung 1953 alle diejenigen Regierungsbeamte, insbesondere aus dem State Department, entfernt werden, die für diese „unnötigen Gefährdungen" eine Mitverantwortung trügen. Abschließend gaben die Republikaner in diesem Zusammenhang das Wahlversprechen ab, daß sie die mit den früheren Kriegsverbündeten der USA abgeschlossenen „Geheimabkommen" wieder rückgängig machen würden. Bekanntlich wurde dieses Versprechen, das in erster Linie auf das Abkommen von Jalta abzielte, später nicht eingehalten
War diese Sprache schon deutlich genug, so wurde sie in den offiziellen Reden ebenso wie in den Diskussionsbeiträgen auf der National Convention der Partei in Chicago noch stärker ins Demagogische übersteigert — im besten Stil traditioneller amerikanischer Wahlkampfkongresse. Deren „Schlachtrufe" hinterlassen allerdings im allgemeinen weder in bezug auf eine spätere Verwirklichung noch unter dem Gesichtspunkt einer Verstimmung des Gegners nach gewonnener bzw. verlorener Wahl wirklich ernste Spuren. In Chicago erreichte die McCarthy-Welle einen vorläufigen Flöhepunkt. „Wir haben genug von den Trumans, Achesons, Lattimores und Jessups", so hieß es in einem Diskussionsbeitrag. „Und selbst wenn es nur einen Kommunisten im State Department gäbe (anstelle der niemals bewiesenen über 200, von denen Senator McCarthy ursprünglich gesprochen hatte), dann würde das auch schon einer zu viel sein (großer Beifall)."
Der auf die Hintergründe der Entlassung Mc-Arthurs hinzielende Zusatz, daß es im Falle eines republikanischen Wahlsieges „keine Kriege mehr geben werde, die wir Angst haben zu gewinnen", erinnert an ähnliche Formeln aus den Wahlkämpfen der Jahre 1964 und 1966, wurde aber — beinahe zur gleichen Zeit — von Eisenhower selber in das „positive" Versprechen umgewandelt, die „amerikanischen Jungens" in Korea so schnell wie möglich nach Hause zu bringen. Für den Ausgang der Wahlen dürfte dieses Versprechen, das vor allem mit einer Versicherung des eigenen persönlichen Einsatzes verbunden war, eine sehr viel größere Rolle gehabt haben als die (nachträgliche) Verdammung der US-Femostpolitik seit 1944/45. Die erbitterten Kontroversen um diese Politik im Wahlkampf 1952 stellen ein gutes Beispiel für die Grenzen dar, die der Theorie und Praxis einer bipartisanship oder extra-partisanship auch in der amerikanischen Außenpolitik gesetzt sind: Tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten in wichtigen Sachfragen der Politik werden vor allem dann nicht eine Ausklammerung aus Wahlkämpfen erfahren, wenn sich die eine oder andere Seite von einer verschärften parteipolitisch Auseinandersetzung taktische Vorteile verspricht. Es zeigte sich auch hier, daß es gar nicht erforderlich war, im Hinblick auf die künftige Entwicklung klar umrissene Alternativkonzeptionen zu proklamieren, wie dies etwa bei den Wahl-kämpfen der Jahre 1953 und 1957 in der Bundesrepublik versucht wurde. Vielmehr genügten vom Gesichtspunkt der Taktik bereits geschickte Angriffe auf eine angeblich völlig verfehlte Politik in der Vergangenheit. Als weiteres, die gesamte Atmosphäre des Wahlkampfes in innen-und außenpolitischer Hinsicht verschärfendes Moment kam 1952 zweifellos ein Gefühl der Frustration auf seifen der Republikaner hinzu. Schließlich war die Republikanische Partei zwei Jahrzehnte lang aus dem Weißen Haus und, von zwei Jahren abgesehen, auch aus den politischen Spitzenpositionen des Kongresses, das heißt den wichtigen Ausschußvorsitzen, ausgeschaltet worden. Sie mußte daher alles versuchen, um dieses Mal die Mehrheit der öffentlichen Meinung, das heißt der Wähler, hinter sich zu bringen.
Wiederherstellung der „bipartisanship" seit 1953
Sehr bald nach dem Amtsantritt Eisenhowers, der während seiner ganzen Regierungszeit ein Höchstmaß an intraparteilichem Konsens im amerikanischen Volk anstrebte, wurde die bipartisan foreign policy wiederhergestellt und nunmehr bezeichnenderweise auch auf die Probleme des Fernen Ostens ausgedehnt. Ausdruck dieser Entwicklung war zum Beispiel bei den Präsidentschaftswahlen 1956 die Tatsache, daß die Mainifeste beider großen Parteien gleichermaßen jeden Gedanken sowohl an eine amerikanische Anerkennung Pekings wie an dessen Aufnahme in die Vereinten Nationen mit Hilfe der USA ablehnten. Ernste außenpolitische Meinungsverschiedenheiten traten nach 1953 eigentlich mehr, wenn nicht sogar ausschließlich, in einigen innerparteilichen Auseinandersetzungen zutage. So würde eine detaillierte Analyse etwa der Hearings des Auswärtigen Senatsausschusses unter Fulbright im Sommer 1966 über die US-China-und Vietnampolitik keinerlei parteipolitisch fixierte Fronten, sondern eher intraparteiliche Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Parteiflügeln zugunsten oder gegen die außen-politischen Konzeption und Praxis der Regierung Johnson in diesem Bereich der Politik erkennen lassen. Bekanntlich werden die schärfsten und wirkungsvollsten Angriffe auf diese Politik gerade von dem demokratischen Vorsitzenden des Auswärtigen Senatsausausschusses vorgetragen.
Johnson mußte daher den 1967 schwieriger denn je gewordenen Versuch immer wieder von neuem unternehmen, das Dreiecksverhältnis zwischen Präsident, Mehrheitspartei-gruppen und Minderheitsparteigruppen im Kongreß in ein gerade seine Außenpolitik einigermaßen tragendes Parallelogramm der Kräfte zu verwandeln.