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Politikwissenschaft und politische Bildung. Ein Beitrag zur Grundlegung der politischen Erziehung | APuZ 17/1967 | bpb.de

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APuZ 17/1967 Politikwissenschaft und politische Bildung. Ein Beitrag zur Grundlegung der politischen Erziehung

Politikwissenschaft und politische Bildung. Ein Beitrag zur Grundlegung der politischen Erziehung

Heinrich Bußhoff

Zur Problematik

Die Zahl der Veröffentlichungen zur politischen Bildung ist kaum übersehbar. Trotz dieser Vielzahl kann festgestellt werden, daß sich nach dem Zweiten Weltkrieg die Grundüberzeugungen zum Problemkreis „Politische Bildung" im wesentlichen nach Art eines dialektischen Gegeneinanders herausgebildet und fortentwickelt haben.

In jüngster Zeit hat sich auf dem Gebiete der politischen Bildung immer stärker eine Auffassung durchgesetzt, die ihre didaktischen Grundüberzeugungen gleichsam von der demokratischen „Praxis", dem Erscheinungsbild und der Wirkweise unserer heutigen pluralistischen staatlich-gesellschaftlichen Ordnung abliest und diese didaktischen Grundgedanken in der theoretischen Abstraktion zum didaktischen Modell oder zu didaktischen Grundkategorien elementarisiert. Diese politische Didaktik hat ihren Anstoß empfangen von einer Politikwissenschaft, die bestrebt war und ist, die traditionellen Vorstellungen von Demokratie durch eine demokratische „Theorie" zu ersetzen, die nicht im Widerspruch steht zur demokratischen „Praxis". Es handelt sich also um die allseits bekannte Entideologisierung des Demokratiebegriffes. Eine weitere Erörterung zu diesem Punkt erübrigt sich.

Die auf diese wissenschaftlichen Bemühungen zurückgreifende politische Didaktik möchte den Lehrer aus einer Konfliktsituation befreien, in die er notwendig hineingerät, wenn er zum Beispiel den Demokratiebegriff auf der Grundlage der Identitätslehre von Regierenden und Regierten vermittelt, jedoch gleichzeitig erkennen muß, daß diese demokratische „Theorie“ im Widerspruch zur demokratischen „Praxis" steht. Darunter leiden nicht nur das persönliche Engagement, die Überzeugungskraft und die Bereitschaft des Lehrers zur politischen Erziehung, sondern auch das Interesse, die Aufnahmebereitschaft und die Vertrauenswilligkeit der Schüler. Diesem Übel-stand will die bereits kurz skizzierte politische Didaktik steuern. Eines muß nachdrücklich festgehalten werden: Die Motive und die Ziele, die zur Ablösung einer nicht nur durch die gesellschaftliche Entwicklung, sondern auch aus den eben genannten Gründen überholten politischen Didaktik geführt haben, verdienen sowohl Verständnis als auch Rechtfertigung.

Jedoch muß heute gefragt werden, ob nicht endgültig der Punkt erreicht sei, an dem man in der politischen Bildung mit Notwendigkeit den dialektischen Gegensatz der vergangenen Jahre überwinden müsse, um die vom Sachzusammenhang ausgewiesenen Dimensionen in den Blick zu bekommen. In weiterer Konsequenz ist zu fragen, ob die auf dem Wege der Anschauung (phänomenologisch) gewonnenen didaktischen Grundkategorien und Modelle einer Ergänzung bedürfen, damit nicht nur das Erscheinungsbild und die Wirkweise (das Was? und Wie?) der demokratischen Wirklichkeit, sondern auch das geistige Fundament, die geistigen Voraussetzungen dieser Wirklichkeit berücksichtigt werden, also die Frage ins Spiel gebracht werden müsse, warum unsere heutige staatlich-gesellschaftliche Ordnung sich so organisiert und herausgebildet hat, wie sie sich uns heute darbietet, und warum diese Ordnung trotz ihrer allgemein bekannten Mängel wert ist, verteidigt zu werden. Aus diesem Grunde fordert Hans Maier am Schluß seines Aufsatzes „Zur Lage der Politischen Wissenschaft in Deutschland" zu Recht, daß die Politikwissenschaft nicht bei den Fragen nach der Macht und der funktionel-len Ordnung stehen bleiben dürfe Diese Forderung, die eine Wertung impliziert, wird immer wieder und dringender erhoben. Um jedem Mißverständnis vorzubeugen: diese Wertungsfrage sollte zunächst nicht so gestellt und gelöst werden, wie das vielfach geschieht, nämlich in der Herausarbeitung eines sich ausschließenden Gegensatzes der freiheitlich-demokratischen Ordnung gegenüber dem bolschewistischen System oder dem totalitären Regime des Nationalsozialismus Dies wäre aus sachlichen Gründen ziemlich fragwürdig, psychologisch ungeschickt und pädagogisch wenig sinnvoll. Zunächst müssen also unser Selbstverständnis von Demokratie und die verschiedenen Formen des Totalitarismus einsichtig sein, um eine wertende Gegenüberstellung wagen zu können.

Zum Selbstverständnis der pluralistischen Demokratie

Es geht also um unser Selbstverständnis von Demokratie und die aus diesem Selbstverständnis resultierenden didaktischen Grundüberzeugungen. Nach dem Stand unserer heutigen Kenntnisse und Erfahrungen kann eine politische Bildung weder auf der bereits skizzierten Ideologisierung des Demokratiebegriffes oder nur auf den von dem Erscheinungsbild und der Wirkweise der pluralistischen Gesellschaft abgeleiteten didaktischen Modelle und Grundkategorien aufbauen noch auf der Voraussetzung eines dialektischen Gegensatzes von demokatischer „Theorie" und demokratischer „Praxis". Grundlage einer politischen Bildung kann heute nur sein: ein klares

Bewußtsein vom dialektischen Zusammenhang demokratischer „Theorie" und demokratischer „Praxis". Das methodische Verfahren hierzu ist das des Aristoteles, nämlich nicht die Suche nach einem „idealen Normbild" des Staates und nicht das Bemühen, irgendeine empirisch gegebene Verfassung zur „versicherten Norm" zu erheben, sondern vielmehr das Aufspüren der „konstitutiven Bedingungselemente" der politischen Ordnung Daher ist letztlich zu den Fragen nach dem Wie und Was auch die Frage nach dem Warum, das heißt nach den konstitutiven Bedingungselementen unserer politischen Ordnung und ihrer Gültigkeit zu stellen. Die Frage nach dem Warum zielt also nicht auf die Kausalität hinsichtlich des Funktionierens unserer heutigen pluralistischen staatlich-gesellschaftlichen Ordnung ab. Damit soll gesagt sein, daß zunächst nicht das Erscheinungsbild und die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft in den Vordergrund der Betrachtungen zu stellen ist, sondern der Mensch in der staatlich-gesellschaftlichen Ordnung. Denn auf den Menschen hin ist unser moderner demokratischer Verfassungsstaat angelegt. Art. 1 GG spricht dies deutlich aus. Dem Einwand, die demokratische „Praxis" stehe mit der Forderung von Art. 1 im Widerspruch, sei sogleich begegnet:

Auf Grund einer rein formalen Argumentationsweise kann gesagt werden: Wenn dieser beklagte Zustand tatsächlich anzutreffen wäre, dann wären die Gesetzgebung, die ausführenden Gewalten und insbesondere die Rechtsprechung — an ihrer Spitze das Bundesverfassungsgericht — ihrem Verfassungsauftrag überhaupt nicht nachgekommen (Art. 1 Abs. 3 GG). Da dies trotz feststellbarer Unterlassungen ganz offensichtlich nicht der Fall ist, darf zwischen dem, was wir als Geist und Buchstaben unserer Verfassung bezeichnen, und der Verfassungswirklichkeit kein durchgehender Widerspruch konstruiert werden, vielmehr besteht ein integrativer Zusammenhang. Denn nach Wintrich gilt: „Aus dem objektiven Rechtssatz des Art. 1 Abs. 1 ist schließlich der Interpretationsgrundsatz abzuleiten: Bei allen Rechtsvorgängen ist zu beachten, ob und inwieweit der Grundsatz der Menschenwürde in sie hineinwirkt, sich auf sie auswirkt" Dem Einwand, es handle sich ja nur um Rechtsvorgänge, kann mit der Frage entgegnet werden: Was ist heute nicht mehr rechtlich geregelt? Es muß heute als Tatsache hingenommen werden, daß die Faktizität von Macht und Machtausübung nicht unbedingt in einem Widerspruch zur Würde des Menschen stehen, ja sogar in einem notwendigen Zusammenhang gesehen werden müssen. Denn ohne Gewalt, die durch die Grundrechte begrenzt wird, ist die Würde des Menschen (und die daraus folgenden Grund-und Menschenrechte) schutzlos Gewalten preisgegeben, denen nicht gesetzliche Schranken gesetzt sind. Einen solchen Zustand zu verhindern, ist „Verpflichtung aller staatlichen Gewalt". Dieser auf den ersten Blick paradox erscheinende Sachverhalt ist vielleicht am besten als ein konstitutiver Zusammenhang zu kennzeichnen. Dies wird in der letzten Zeit sehr häufig übersehen. Sontheimer wendet sich daher zu Recht gegen eine Auffassung von Politikwissenschaft, die sich mit der Beschreibung des sogenannten Macht-prozesses begnügt und dadurch den Begriff des Politischen in den Machtbegriff verwandelt Nach Sontheimer hat die Macht vielmehr „instrumentalen Charakter, sie wird erst wesentlich und sinnvoll im Blick auf die Ordnung, die sie trägt und sichert, und die Ziele, die in dieser Ordnung liegen bzw. durch sie verwirklicht werden sollen." Auf Grund ihres „instrumentalen Charakters" ist Macht konstitutives Bedingungselement unserer politischen Ordnung und der Verwirklichung ihrer Ziele, also muß sie mit dem Grundprinzip unserer politischen Ordnung zusammengedacht werden

Im Hinblick auf die Dynamik unseres modernen Gesellschafts-und Staatslebens, die nach einer vielfach vertretenen Meinung den besagten Widerspruch erzeuge, sei gesagt: Diese Dynamik ist ja nur möglich, weil Gesellschaft und Staat nur im Rahmen von verfassungsrechtlich festgelegten Ordnungsprinzipien tätig werden können und zum Teil auch müssen. Daher ist auch die Dynamik unserer modernen Gesellschaft nur in einem konstitutiven Zusammenhang mit den Voraussetzungen unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung zu begreifen. Wenn jedoch der dynamische Prozeß zu sehr isoliert in den Blickpunkt der Betrachtung gerückt wird und von daher versucht wird, gültige Ordnungsprinzipien aufzustellen, kommt es zu sehr bedenklichen Formulierungen wie folgende: „Das, was der Mensch ist und sein soll, bestimmt sich in unserem Zeitalter nicht mehr ausschließlich und vielleicht nicht einmal mehr zum überwiegenden Teil aus seiner Herkunft, sondern im Vorgriff auf seine Zukunft."

Es ist sicherlich richtig, wenn Derbolav bemerkt, daß Aristoteles noch die Schranke eines geschlossenen Staates (Modell: Hauswirtschaft) anerkannt habe, durch die moderne Massendemokratie diese Schranke energisch aufgebrochen worden sei Es geht jedoch nicht um aristotelische Modelle, wohl aber um seine vermittelnde, durch den Sachzusammenhang bestimmte Gedankenführung. Zu Recht wendet man sich gegen ein Denken, das den dynamischen Prozeß negiert und an seine Stelle ein geschlossenes System setzen möchte aber dies Argument trifft den Fal-sehen. Denn auf Grund des dialektischen Sachzusammenhanges von Rechts-und Sozialstaat ist diese Dynamik nicht in Frage gestellt. Die ausstehenden, noch zu erfüllenden Aufgaben sollen vielmehr im Sinne einer dialektischen Vermittlung von Rechts-und Sozialstaat gelöst werden (s. unten S. 9). Durch diese dialektische Vermittlung bleibt das Menschenbild als konstitutives Bedingungselement unserer politischen Ordnung im Spiel, ohne jedoch die Dynamik aufzuheben.

In diesem Zusammenhang sollte berücksichtigt werden, daß die Politikwissenschaft in den Bereich der „praktischen" Wissenschaften gehört: Und im Bereich der „Praxis" liegt das Prinzip im Handelnden. „Hier kann die Wirklichkeit — das gemeinschaftliche Leben, die politischen Institutionen — vernünftig sein, aber sie braucht es nicht. Menschliches Verhalten, Handeln, der Bereich der Politik sind nicht determiniert." Dennoch ist die wissenschaftliche Frage nach den Normen menschlicher und politischer Existenz legitim, ja notwendig, selbst wenn sich zeigt, daß bei der Reflexion über diese Normen nur vorläufige und keine letzten Antworten möglich sind Diese Aussagen, das heißt als Aussagen über die konstitutiven Bedingungselemente unserer gegenwärtigen politischen Ordnung, wären aber völlig illusorisch, wenn das Bild des Menschen, das konstitutives Bedingungselement sein muß, nicht mehr aus der Herkunft des Menschen, sondern im Vorgriff auf seine doch unbestimmbare — weil von einer noch nicht gültigen, also konstruierten zukünftigen Ordnung abgeleitet — Zukunft hin bestimmt würde. Wenn also das Vordenken von politischen Entscheidungen gefordert wird — was heute eine notwendige Regel ist bzw.sein sollte und vielfach eine äußerst komplizierte Problemschichtung umfaßt —, dann muß, soll nicht das konstitutive Bedingungselement unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung im technischen und funktionellen Ablauf heraus-mechanisiert werden, das Bild des Menschen von seiner Herkunft bestimmt sein.

Auf Grund der historischen Bedingtheit ist Entwicklung nur im Anschluß an Bestehendes möglich. Wollte man diesen Grundsatz mißachten, müßte man die historische Entwicklung verneinen und die Revolution fordern. Aber das wäre in der heutigen Zeit nicht nur die äußerste Bedrohung jeglicher Ordnung, sondern auch jeglicher menschlichen Existenz. Gerade unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung sollte man die politische Philosophie Aristoteles’, die „klassische Theorie" der Polis befragen. Dann würde man — ohne das Modell übernehmen zu müssen — erkennen: „Weil diese Substanz die Natur des Menschen als Menschen ist, darum werden in diesem Wissen Maßstäbe überliefert, die dann für alle Staaten und Gesellschaften gelten, nachdem eine Gesellschaft des Menschen geschichtlich wirklich geworden ist." übertragen auf unsere politischen Verhältnisse heißt das ganz konkret: „Das gewiß nicht ausschließliche, jedoch überragend bedeutsame Studienobjekt der Politikwissenschaft erstreckt sich auf die Frage, ob und wie sich in der Verfassungswirklichkeit das den Verfassungsnormen zugrunde liegende Modell einer politischen Ordnung realisieren läßt, die gleicherweise den Anforderungen einer autonom pluralistischen Demokratie und eines sozialen Rechtsstaates gerecht wird. Muß doch ein der offenen Gesellschaft konformes pluralistisches Gemeinwesen,um den formalen Voraussetzungen eines pluralistischen Gemeinwesens Genüge zu tun, ein Rechtsstaat sein und, um den materialen Erfordernissen eines pluralistischen Gemeinwesens zu entsprechen, ein sozialer Rechtsstaat sein, ein Staat, der keinen agnostischen Charakter trägt, der sich vielmehr in seinem Grundrechtskatalog zu einem Wert-system bekennt, dessen wirksame Geltung er durch die Verfassungsgerichtsbarkeit institutionell garantiert."

Das von vielen Seiten beklagte, in einer pluralistischen Gesellschaft übliche „Spiel mit dem schwarzen Peter", nach dem Einzelperso-nen und Gruppen bestrebt sind, nicht als Sündenbock für bestimmte negative Folgen verantwortlich gemacht zu werden, zeigt deutlich, daß auch in einer von Interessenkämpfen bestimmten Gesellschaft Maxime gelten, die nicht dem Bereich der Interessenarithmetik angehören. Der Einwand, das „Spiel mit dem schwarzen Peter" diene nur zur Verschleierung der Interessen, trifft nicht ganz! Denn jede Gruppe ist bemüht, den „schwarzen Peter" nicht zu behalten. Diese Bemühungen sind nur dann verständlich und sinnvoll, wenn man der Ansicht ist, die Öffentlichkeit könne davon überzeugt werden, daß die eigenen Handlungen und Strebungen nicht darauf abgestimmt sind — sagen wir es ganz allgemein —, die Rechte und die Möglichkeiten des anderen unbedingt zum eigenen Vorteil zu beschränken. Daß das „Spiel mit dem schwarzen Peter" im allgemeinen dann in Gang kommt, wenn der Versuch, zum Teil in recht massiver Form, unternommen wird, den eigenen Macht-und Einflußbereich auf Kosten anderer zu erweitern, sei nicht bestritten. Jedoch ist der Grund hierfür zunächst nicht in unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung zu suchen, sondern der Grund hierfür liegt in den Voraussetzungen dieser Ordnung.

Eins ist jedoch auch hier festzuhalten: Das oft angeprangerte und vielfach schon mit Resignation hingenommene „Spiel mit dem schwarzen Peter" erscheint nur dann verständlich und sinnvoll, wenn es im angedeuteten Zusammenhang begriffen wird. Daher ist es sicherlich richtiger, wenn an Stelle des mitleidigen Lächelns und resignierenden Achselzuckens ein wenig mehr sachliches, das heißt auf den Sachzusammenhang gerichtetes Denken treten würde. Vielleicht käme man dann zu dem Ergebnis, daß das „Spiel mit dem schwarzen Peter" nicht eine Verfallserscheinung unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung ist, sondern mit Notwendigkeit dazugehört als ein Moment der öffentlichen Kontrolle im Unterschied zur staatlichen Kontrolle.

In diesem Zusammenhang sollte man bedenken, daß das mehr oder weniger reibungslose Funktionieren des „Spiels mit dem schwarzen Peter" nur möglich ist unter der Voraussetzung, daß die Presse-und Informationsfreiheit gewährleistet ist. Man kann das „Spiel mit dem schwarzen Peter“ zwar als ein Übel betrachten; aber wir können nicht umhin hinzu-zusetzen: Es ist ein notwendiges Übel.

Bei der Betrachtung unserer modernen Gesellschaft sollte man endlich nicht mehr wie hypnotisiert auf die Interessen-und Machtkämpfe der verschiedenen Gruppen starren. Dahrendorfs Betrachtungsweise ist zu einseitig ausgerichtet, wenn er zum Beispiel dem „Demokratisierungsprozeß" eine bestimmte Einstellung der Institutionen der parlamentarischen Demokratie zu Interessenkonflikten als implizit gegeben bestimmt, nämlich folgende: 1. unvermeidliche Anerkennung von Divergenzen und Meinungen, 2. darauf beruhende Konzentration auf die Formen und nicht die Ursache von Konflikten, 3. Errichtung von Institutionen, die den gegegensätzlichen Gruppen verbindliche Formen des Ausdrucks bieten, 4. Entwicklung von Spielregeln, an die sich die Konfliktparteien halten können, ohne daß eine von ihnen dadurch bevorzugt oder benachteiligt würde

Die Grundthese Dahrendorfs ist daher die, „daß die liberale Demokratie nur im Verband einer Gesellschaft funktionieren kann, deren Institutionen in ihrer inneren Ordnung durchweg durch die Anerkennung und rationale Kanalisierung von Konflikten gekennzeichnet ist." Diese Grundthese soll nicht gänzlich abgetan werden, aber in ihrer Einseitigkeit ist sie falsch, besonders im Hinblick auf Punkt 2 Man sollte endlich gebührend berücksichtigen, daß die Interessenkämpfe in unserer Gesellschaft ein Korrelat haben in den vielen gemeinnützigen Einrichtungen und Institutionen — sie aufzuzählen erübrigt sich —, die in ihren Strebungen zunächst von mehr oder weniger den gesellschaftlichen Machtgruppen und Interessenverbänden entgegengesetzten Motiven und Zielen geleitet werden. Man sollte wie Hennis in seiner Arbeit „Politik und praktische Philosophie", die er ausdrücklich als einen „Beitrag zur Wiederherstellung der politischen Wissenschaften“ bezeichnet, einen „unzerstörbaren, aufgegebenen Sinn des Gemeinwohls" voraussetzen

Ernst Fraenkel macht also zu Recht einer Politologie, die sich nicht um die Klärung des Begriffes „Gemeinwohl" bemüht, den Vorwurf, „eine Politikwissenschaft ohne Politik zu sein" Man sollte sich jedoch hüten, das „Gemeinwohl" als ein Ideal hinzustellen — das antinomistische Denken würde unzweifelhaft wieder Eingang finden —, sondern man kann es als „regulative Idee" (Fraenkel) auffassen, aber als regulative Idee im Sinne von Prinzip. Auf Grund dieser regulativen Idee ist es möglich, Auswüchse zu bekämpfen und Korrekturen zu fordern und durchzusetzen. Daher ist ohne die „feste Basis einer gemeinhin , das Gemeinwohl'genannten regulativen Idee" das „landläufige und undifferenzierte Gerede über die pressure groups" nach Fraenkel „reine Spiegelfechterei"

Man kann noch einen Schritt weitergehen und sagen, daß unter Berufung auf Art. 19 in seiner Gesamtheit und im besonderen im Hinblick auf Abs. 3, nach dem die Grundrechte „auch für inländische juristische Personen (gelten), soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind", die Freiheit kein Gegenbegriff, sondern ein „Korrelatbegriff zum Institutioneilen" ist Daher stehen die Grundrechte des einzelnen und die von Verbänden und allen übrigen Gruppierungen juristischer Personen verschiedenster Art in einem strukturellen Zusammenhang. Also ist von den Vorcussetzungen unserer politischen Ordnung her das Zusammendenken von „Gemeinwohl" und „pressure groups" unbedingt notwendig.

Wenn man das Streben der gemeinnützigen Einrichtungen und Institutionen unbedingt in den allgemeinen Interessen-und Machtkampf einordnen will, muß man aber eine deutliche Unterscheidung treffen zwischen der Verfechtung eigennütziger und gemeinnütziger Interessen. Nicht nur die Motive und Ziele, sondern auch die Möglichkeiten und Methoden sind verschieden. Ob allerdings heute ein angemessenes und von der Sache her notwendig gefordertes Verhältnis besteht, kann zu Recht bezweifelt werden. Das sollte uns jedoch nicht hindern, festzustellen, daß von den Voraussetzungen unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung kein sich ausschließender Gegensatz, sondern ein notwendiger Zusammenhang in der Verfolgung von eigennützigen und gemeinnützigen Interessen besteht. Wenn die eigennützigen Interessen die gemeinnützigen zu weit zurückdrängen, so entsteht die größte Gefahr für die im Grundgesetz geforderte Sozialstaatlichkeit. Wenn jedoch die gemeinnützigen Interessen zu stark gefordert werden, müssen notwendig die eigennützigen Interessen beschränkt werden und damit nicht nur die Freiheit und die Entfaltungsmöglichkeit von gesellschaftlichen Gruppen, sondern auch in unangemessener und im Widerspruch zum Grundgesetz stehender Weise die der Einzelpersonen.

Leibholz kennzeichnet diesen Sachverhalt so: „Diese Spannung (zwischen den liberalen Grundrechten und den sogenannten sozialen Grundrechten) ist notwendig und unaufhebbar." Für die höchstrichterliche Rechtspre-diung gilt nach Wintrich, daß die Freiheitsrechte und die sozialen Grundrechte, die aus Art. 1 Abs. 1 hervorgehen, „nicht antinomisch, sondern harmonisierend zu denken" sind Das Grundgesetz fordert also, „daß das Sozial-staatliche und das Rechtsstaatliche in unserem Dasein von der Natur der Sache her ein zusammengehörendes Ganzes sind. Das Rechtsstaatliche Sozialstaatliche dürfen nicht und isoliert, sie müssen zusammengedacht werden, wenn sie begriffen werden wollen." Nach Huber gilt der Satz: „Der Rechtsstaat in unserer Zeit nur noch, wenn er zugleich Sozialstaat ist, sinnvoll und möglich." Es gilt aber auch gleichzeitig der Satz: „Der Sozialstaat ist unserer Zeit nur, wenn er zugleich Rechtsstaat ist, sinnvoll und möglich." Also ist der soziale Rechtsstaat zumindest von seinen Voraussetzungen her, das heißt nach den Intentionen des Grundgesetzes ein Staat, „der auf der dialektischen Zusammenfügung der Momente des Personalen und Sozialen zu einer Einheit beruht"

Es geht hier also nicht um einen theoretischen Versuch zur „Vereinigung des Unvereinbaren". Um das Problem, wie das liberalstaatliche mit dem sozialstaatlichen Prinzip strukturell vereinigt werden könnte, hat sich bereits in zeitgebundener Form Aristoteles bemüht Er hat versucht, in der „doppelten Versöhntheit" der Momente der Polis, „im Einklang des Ganzen mit seinen Gliedern und in der Harmonie von Rechttun und Wohlfahren" jene angesprochene Dialektik zu fassen.

Nun soll der immer wieder ins Spiel gebrachte Gegensatz von „Idee" und „Interesse", von „Ideal" und „Wirklichkeit" auf seine Stichhaltigkeit im Hinblick auf die Voraussetzungen unserer pluralistischen Gesellschaft untersucht werden. Damit soll keine neue „Theorie“ gefordert werden, die die bereits angesprochenen Mängel in anderer Form wieder aufnimmt. Will man jedoch für das, was gefordert ist, den Begriff „Theorie" verwenden, dann nur unter der Bedingung, die Aristoteles als erster für das „Theoretisieren" über den Menschen erkannt hat. Danach ist „Theorie" nicht ein „beliebiges Meinen über die menschliche Existenz in der Gesellschaft; sie ist vielmehr ein Versuch, den Sinn der Existenz durch die Auslegung einer bestimmten Klasse von Erfahrungen zu gewinnen. Ihr Argument ist nicht willkürlich, sondern leitet seine Gültigkeit von dem Aggregat von Erfahrungen her, auf das sie sich ständig zur empirischen Kontrolle beziehen muß" „Theorie" ist also nach Aristoteles und auch unserem modernen Verständnis gemäß zu bestimmen „als die in ihren Grundlagen und Sinnbestimmungen durch-reflektierte Gestalt der politischen Praxis selber"

Wenn jedoch der bereits angesprochene Gegensatz herausgestellt wird, kann man fast sicher sein, daß in wenig konkreter Form als „Idee" oder „Ideal" die Würde des Menschen bestimmt wird. Dazu sei gesagt: Nach Art. 1 GG ist die Würde des Menschen (und die daraus folgenden Grund-und Menschenrechte) weder als „Idee" noch als „Ideal" postuliert, sondern als Prinzip, das „Gesetzgebung, vollziehende Gewalten und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht bindet". Dieses Prinzip muß also unser ganzes staatlich-gesellschaftliches Leben durchdringen. — Wie weit das bisher erreicht ist, sei einmal dahingestellt. — Es geht zunächst nicht um eine moralische Bewertung unserer politischen Ordnung oder nur um eine Phänomenologie, sondern um das Aufzeigen von strukturellen Zusammenhängen verbunden mit der Frage nach dem Warum. Zwar ist der „Außenweltcharakter" eine der Komponenten des Seins der Gesellschaft, „aber im ganzen ist sie eine kleine Welt, ein Kosmion, von innen her mit Sinn erfüllt durch die menschlichen Wesen, die sie in Kontinuität schaffen und erhalten als Modus und Bedingung ihrer Selbstverwirklichung"

Die Frage nach dem Warum zielt also auf den Seinsgrund ab. Daher geht es letztlich um eine Ontologie unserer politischen Ordnung. Wenn die Würde des Menschen das Grundprinzip unserer politischen Ordnung ist, mündet die Frage nach dem Warum schließlich in eine politische Anthropologie ein. „Politische Anthropologie wäre so als Explikation der genuin politischen Kategorien menschlicher Existenz zu verstehen." So ist der Seinsgrund unserer politischen Ordnung der Mensch als Mensch in der Gesellschaft, und zwar — um ein Bild von Ritter zu wählen — so „wie Gesundheit als der Zweck des Spazierengehens zugleich auch sein Grund ist"

Diese nur scheinbare Paradoxie kennzeichnet einen Zusammenhang, der in Wahrheit die Wurzeln (nicht in historischer Sicht) unserer politischen Ordnung aufdeckt, jedoch durch ein sattsam bekanntes, in Antinomien verfangenes Denken nicht erschlossen werden kann. Leben, Freiheit, Eigentum und die damit zusammenhängenden Strebungen und Interessen genießen nicht rechtsstaatlichen Schutz um ihrer selbst willen; „sie genießen Schutz als Attri-bute eines höheren Werte, nämlich als Attribute des Menschseins des Menschen — der Personalität des Individuums. Das Grundgesetz umschreibt diese Personalität des Menschen mit dem Begriff . Menschenwürde'."

Es muß klar erkannt werden, daß diese Menschenwürde Grundprinzip unserer politischen Ordnung ist und daraus mit Notwendigkeit folgt, daß jedes Mitglied dieser politischen Ordnung seine Interessen ungehindert vertreten darf, auch in der Organisation von Gruppen. Fraenkel sagt daher zu Recht: „Pluralistisch ist nicht ein Staat, der nur pluralistisch, pluralistisch ist ein Staat, der auch pluralistisch ist. Pluralismus ist ein dialektischer Begrifi.

Um es noch einmal zu sagen: Pluralismus bedeutet Übereinstimmung und Differenzierung." Unseren Gedankengang weiterverfolgend, kann man sagen: Übereinstimmung im Grundprinzip und Differenzierung in den Interessen. Daher ist es völlig verfehlt — wie für die Vergangenheit sehr zahlreich und auch für die Gegenwart noch häufig festzustellen ist —, den Menschen als entweder gut oder böse vorauszusetzen und von dieser Voraussetzung her „Ideale" aufzustellen, um dann doch deren Widerspruch zur „Wirklichkeit“ beklagen zu müssen. Daher ist es nicht nur klüger, sondern auch der Sache angemessen, sich den Menschen vorzustellen als ein Wesen, das sich von Motiven leiten läßt, die primär mit der Wahrnehmung und Förderung seiner Interessen verbunden sind Man kann auch in diesem Punkte auf Aristoteles zurückgreifen, der bereits erkannt hatte, daß sich die Ziele des Menschen „aus dem Stoff der Begierden und Wünsche" formen Die Dialektik, die die ganze moderne Gesellschaft durchzieht, ist also zurückzuführen auf das dialektische Gleichzeitig eines anerkannten Grundprinzips und der damit notwendig verbundenen Interessendifferenzierung. Der Pluralismus unserer politischen Ordnung liegt also in seinem Seinsgrund beschlossen, und dieser Seinsgrund ist der Mensch, und zwar nicht in Ansehung der Frage, ob er gut oder böse ist, sondern auf Grund der Faktizität seines Seins und Daseins. Die politische Anthropologie hat nämlich zunächst nicht die Aufgabe, eine Ethik bereitzustellen — mag sie in der Tat die Grundlagen dafür auch anbieten —, sondern die, der politischen „Theorie" die Erkenntnisse zu geben, die sie braucht, um die dem Menschen in Ansehung seines Seins und Daseins unter den Bedingungen des Hier und Jetzt den bestmöglichen Lebensraum in der Gesellschaft zu gewähren. Wie dieser Lebensraum strukturiert ist, ist bestimmt durch das Bild des Menschen, das der politischen „Theorie" zugrunde liegt. Somit haben alle politischen Begriffe „nicht nur den Bezug auf den Bürger im politischen Sinn, sondern auch auf die (wenn man so will) vorpolitische Substanz seines Daseins und Seins"

Daher treibt die Frage nach den Prinzipien der politischen Ordnung die Frage nach Wesen und Sinn dessen hervor, der in dieser Ordnung lebt So gilt auch heute noch die Erkenntnis Aristoteles’, daß die Lehre von der Bestimmung des einzelnen zugleich die Lehre von der Bestimmung der politischen Ordnung begründet Und umgekehrt gilt ebenfalls — heute vielleicht mehr als je zuvor —, daß die Lehre von der Bestimmung der politischen Ordnung zugleich die Lehre von der Bestimung des einzelnen in dieser Ordnung immanent enthalten muß. Nur so ist es zu verstehen, wenn sich Hennis in seinem Aufsatz „Zum Problem der deutschen Staatsanschauung" gegen die Auffassung Max Webers von Politik und Staat wendet und gegen die Theorie von Carl Schmitt, für die es in letzter Konsequenz keinen spezifischen Inhalt des Politischen und keine spezifische Aufgabe des Staates mehr gebe Daher bietet die „totale Entleerung des Staates und der Politik" die Chance „zur totalen Bemächtigung aller Bereiche des sozialen und geistigen Lebens. Nur wenn der Staat einen Zweck, eine Aufgabe hat, kann man ihn begrenzen, eben auf diesen Zweck, auf diese Aufgabe, mag sie noch so umfangreich sein." Auf Grund dieser Begrenzung sind die Gefahren sowohl einer formalistischen oder phänomenologischen Betrachtungsweise als auch einer idealistischen Hypostasierung des Politischen wesentlich herabgemindert. So bleibt immer die Frage Warum, die Frage nach dem Seinsgrund der politischen Ordnung im Spiel. Die politische Ordnung, die immer wieder diese Frage zu stellen ermöglicht und daraufhin auch Korrekturen fordern kann, ist unsere moderne staatlich-gesellschaftliche Ordnung, die pluralistische Demokratie. Das ist keine Idealisierung unserer heutigen politischen Ordnung, sondern nur die Antwort auf die Frage, welche politische Ordnung heute das gültige Prinzip und damit auch den Grund menschlicher Vergesellschaftung in einer politischen Ordnung am deutlichsten — damit sind Mangelerscheinungen keineswegs ausgeschlossen — hervortreten läßt.

Wer jedoch unter einem „antipluralistischen Komplex" leidet und glaubt, nur in der uniformen Massengesellschaft und nicht in der pluralistisch differenzierten Gesellschaft komme dieses Prinzip zu seinem Recht, dem sei mit Fraenkel gesagt: „Nur sollte er sich darüber im klaren sein, daß ihre Verwirklichung (der uniformen Massengesellschaft) nicht nur das Ende der Politik, sondern auch das Ende der Demokratie bedeutet." Und das Ende der Demokratie bedeutet heute gleichzeitig das Ende der Anerkennung der Würde des Menschen als Grundprinzip staatlich-gesellschaftlicher Ordnung. Aus diesem Grunde kann man zu Recht mit Fraenkel sich nicht über einen über-, sondern über einen unterentwickeltenPluralismus beklagen Aus demselben Grunde ist Politikwissenschaft heute nur noch als „Demokratiewissenschaft" möglich, die mit der Frage, „was im Lichte des Möglichen und wünschbar Guten geschehen solle und könne" der klassischen Tradition verbunden und verpflichtet bleibt, aber dem Inhalte nach sich unwiderruflich von ihr trennt

Unter dieser Voraussetzung ist eine Verbindung der „Demokratiewissenschaft“ mit den herrschenden wertungsfreien Wissenschaften heute möglich und sogar unausweichlich. Daher fordert Krockow die gegenseitige Zuwendung der „praktischen“ Wissenschaft, der „Demokratiewissenschaft" und der wertungsfreien Wissenschaften Gegenstand beider ist die pluralistische Demokratie. Praktische Voraussetzung auch der wertungsfreien Wissenschaften ist letzlich der unabdingbare Wert der „offenen Entscheidungsmöglichkeit, der institutionellen Absicherung gegen vorgegebene, dogmatisch fixierte Wertungen und deren machtbestimmte Durchsetzung" Damit ist nichts gegen das Grundprinzip unserer politischen Ordnung und den im Grundgesetz verankerten Grundrechtskatalog ausgesagt. Im Gegenteil: Die Anerkennung dieses Prinzips und damit des Grundrechtskatalogs ist Voraussetzung, damit die „offene Entscheidungsmöglichkeit, die institutioneile Absicherung gegen vorgegebene, dogmatisch fixierte Wertungen und deren machtbestimmte Durchsetzung" möglich wird.

Somit ist die pluralistische Demokratie als offene Gesellschaft anerkannt und institutionell abgesichert, jedoch nicht für alle Fälle und für alle Zeiten. Es treten durchaus „Defekte" auf. Diese „Strukturdefekte" der Demokratie und deren Überwindung hat Fraenkel in dem bereits zitierten Aufsatz behandelt. Nadi Fraenkel liegt ein Strukturdefekt der Demokratie stets dann vor, „wenn entweder a) mangels Vorliegens einer wirksamen generellen Anerkennung eines gültigen, die Grundprinzipien der staatlich-gesellschaftlichen Ordnung erfassenden Wertkodex der gesellschaftliche Pluralismus zur staatlichen Desintegration führt, oder wenn b) mangels Vorliegens einer ausreichend intensiven und konkreten, das heißt aber in Einzelheiten notwendigerweise differenzierten politischen Willensbetätigung breiter Bevölkerungsschichten der gesellschaftliche Pluralismus in einer demokratisch organisierten, zwar präzis funktionierenden, aber leerlaufenden Staatsmaschinerie erstarrt."

Die hier angesprochenen Defekte können sich lebensbedrohend für die pluralistische Demokratie auswirken. Deshalb sollte hier politische Erziehung ansetzen und nicht mit der Verdammung anderer politischer Ordnungen beginnen.

Zum Verhältnis von Politik und Pädagogik

Die Frage lautet nun: Welche Konsequenzen sind zu ziehen im Hinblick auf das Problem „Politische Erziehung"? Mit dieser Frage wird bereits vorausgesetzt — was kaum ernsthaft bestritten, aber vielfach nur als Anhängsel angeführt wird —, daß Politikwissenschaft eine grundlegende Bedeutung für die politische Erziehung hat und daß politische Bildung letzlich abhängig ist von den politischen Verhältnissen, in deren Rahmen sie geschieht Deshalb kann gesagt werden: Politische Erziehung erschließt den „bestimmten Verantwortungshorizont der bestehenden Verfassung und politischen Situation, in deren Rahmen überhaupt erst sinnvoll von Selbstbestimmung der Bürger geredet werden kann" Also ist der wesentliche Grund der pluralistischen Demokratie auch der der politischen Bildung. Will man deshalb heute von politischer Bildung und politischer Erziehung sprechen, so muß man sachnotwendig auch von der pluralistischen Demokratie und ihren konstitutiven Bedingungselementen sprechen. Diese Grundbesinnung gilt für die Pädagogik insgesamt.

Hennis klagt darüber, daß die Pädagogik sich zur Zeit in der gleichen Lage befinde wie die Politik, deren Wissenschaftsbegriff sie teile, daß sie nämlich ebenso wie ihren die Politik »praktischen" Charakter abgelegt habe, um sich als “, als „theoretische „Erziehungswissenschaft“ zu verstehen, und dadurch ebenso wie oder das die Politik „Wozu" dem Zeitgeist den jeweiligen Anforderungen der „Gesellschaft" überlassen habe

Nach Fischer gibt es in Analogie zur Politik keine „rein theoretische Grundwissenschaft" der Pädagogik, „vielmehr erstreckt sich das Problem der Erziehung durch alle Schichten der hier in Betracht kommenden Erwägungen und Untersuchungen derart hindurch, daß die theoretische Auffassung des Tatbestandes Erziehung einerseits, die praktische Stellungnahme zu den Aufgaben der Erziehung andererseits gleichsam sekundäre Ausgestaltungen einer Grundeinstellung zum Problem Erziehung überhaupt sind, die über dem Gegensatz von Theorie und Praxis, Tatsachenforschung und Zielsetzung steht."

Krockow setzt Politik und Pädagogik ebenfalls in Vergleich und kommt zu dem Ergebnis: »Auch die Pädagogik steht ja im Banne der Frage, was im Lichte des Möglichen und wünschbar Guten geschehen könne und solle, und sie kann diese Frage als eigenständige statt als Dienstmagd fremder Mächte beantworten von der Mündigkeit des Menschen her, der sie in ihrem praktischen Tun als ihrem Ziel zustrebt und deren Bedingungen der Möglichkeit sie als Wissenschaft erforscht. Vielleicht kann man sagen, daß die Pädagogik sich auf den mikrokosmischen, individuellen Pol jenes dialektischen Gefüges bezieht, dessen makrokosmischem, kollektivem Pol die Politikwissenschaft zugewandt ist. Die dialektischen Beziehungen kommen darin zum Ausdruck, daß das Individuum in stets seinen gesellschaftlichen Verflechtungen gesehen werden muß, während umgekehrt eine , Demokratiewissenschaft’ stets die optimale Entfaltungsmöglichkeit des Individuums im Auge behalten muß. Empirisch zeigt sich die Zusammengehörigkeit etwa in den Grenzbereichen von Sozialpädagogik, politischer Erziehung und Bildungspolitik. Vor allem aber zeigt sie sich in der Richtungnahme auf Bildung selbst, sofern diese praktisch sein, also auf das Verhalten und Handeln der Menschen sich auswirken soll. Denn ohne Zusammenwirkung müßte praktische Bildung ihr Ziel verfehlen: Individualerziehung, die von allen Gesellschaftsbezügen abstrahiert, bleibt als in den Traum reiner Innerlichkeit gebannte nicht nur ohne praktische Auswirkung, sondern gerät in eine gefährliche Gesellschaftsfeindlichkeit und damit in der Praxis nur zu leicht in den Sog autoritärer Staatssysteme hinein. Politische Bildung andererseits, die nichts im Auge hätte als kollektive Verhaltensmuster, erreichte nicht nur das Individuum in einem die Autonomie der Persönlichkeit formierenden Sinne gar nicht, sondern geriete nur zu leicht in den Sog kollektivistischer Dogmen, welche in individuellen Prägungen nichts mehr zu sehen vermögen als asoziale (Abweichungen'.“

Zentrum allen politischen und pädagogischen Fragens und Handelns ist also der Mensch. Diese Fragestellung ist nur möglich, wenn man sowohl die „Politikwissenschaft" als auch die „Erziehungswissenschaft" als „praktische" Wissenschaften versteht. Von der zentralen Fragestellung und damit auch ihrem Wissenschaftsbegriff her besteht also zwischen „Er-Ziehungswissenschaft" und „Politikwissenschaft" eine enge Beziehung. Der Grund dessen, was Krockow als „dialektisches Gefüge" bezeichnet, ist der Mensch in seinem Sein und Dasein. Die Struktur dieses Gefüges ist — soweit es allgemein verbindlich postuliert ist — im Grundrechtsteil der Verfassung enthalten. Aus diesem Grunde kann man sagen, daß der Grundrechtsteil unserer Verfassung neben der politischen zugleich die Axiomatik heutiger Pädagogik sei, so daß politische Erziehung Teil der allgemeinen Erziehung sei mit dem Ziel der Person, die sich dem Gemeinwesen aus Freiheit verpflichtet weiß Man kann deshalb der politischen Bildung als Sachaufgabe eine Kontrollfunktion zuerkennen, nämlich mit wissenschaftlichen Mitteln und mit wissenschaftlichem Anspruch zu klären, ob im Bereich der Erziehung die Entscheidungen demokratisch angemessen getroffen worden sind oder nicht.

So wirkt die politische Bildung selbst in den Religionsunterricht hinein, weil im Religionsunterricht aller Schularten „politische Erziehung geübt wird" jedoch vielfach in einseitiger Weise. Zum Beispiel werden in dem Lehrstück 112 des „Katholischen Katechismus der Bistümer Deutschlands" über „Staat und Völkergemeinschaft" zwar die Gehorsams-pflichten gegenüber dem Staat betont, aber die mit diesen Pflichten korrespondierenden Grundrechte der Bürger so gut wie gar nicht erwähnt. Lediglich ein Hinweis auf das Wahlrecht und die Wahlpflicht ist dort zu finden Nach Filthaut liegen die Möglichkeiten zur politischen Erziehung „nicht nur auf dem Gebiet der Lehre, sondern auch im Bereich des Methodischen und darüber hinaus in der ganzen Struktur der Glaubensunterweisung"

Es ist also keine Abwertung der Didaktik und Methodik der Glaubensunterweisung bzw. eine unangemessene Aufwertung der politisehen Bildung, wenn ihr auch für die Glaubens-unterweisung eine Kontrollfunktion zuerkannt wird. Das gilt selbstverständlich auch für viele andere Fächer und in bestimmter Weise — zumindest was Methodik und Struktur anbelangt — für jede Art von pädagogischem Bemühen. Unter der Bedingung der Anerkennung ihrer Kontrollfunktion ist es deshalb keineswegs reine Spekulation, die politische Bildung auch als die politische „Theorie" der Pädagogik zu verstehen, die die politischen Implikationen aller Aufgaben und Probleme der Erziehungswissenschaft bewußt macht Damit ist keineswegs die von vielen Pädagogen befürchtete „Verpolitisierung" der Erziehungswissenschaft intendiert, jedoch der Abbau ihres apolitischen oder gar antipolitischen Charakters, den sie eigentlich vom Wissenschaftsbegriff her gar nicht haben dürfte.

Für die Institution der Pädagogischen Hochschule ergibt sich unter der Bedingung der Anerkennung des „praktischen" Wissenschaftscharakters von Pädagogik und Politik: „Die Bedingungen der Möglichkeit praktischer Wissenschaft sind die Bedingungen der Möglichkeit von Pädagogik und Didaktik, wie sie in den Pädagogischen Hochschulen institutionalisiert wurden. Sie sind ebenso die Bedingungen der Möglichkeit einer Wissenschaft von der Politik, der deshalb ein wichtiger und legitimer Platz in den Pädagogischen Hochschulen gebührt." Jedoch ist damit nicht gesagt — was neuerdings vielfach behauptet wird —, daß nur die sogenannten „Praktiker" in der Lage seien, die „praktischen" Wissenschaften von der Pädagogik und der Politik zu lehren. Häufig kann man jedoch feststellen, daß gerade diese „Praktiker" aus zum Teil verständlichen Gründen nur drauf schauen, was im Augenblick praktikabel erscheint und im Augenblick den größten „Erfolg" verspricht. Die wissenschaftliche Grundlage wird dann durch eine verschwommene Ideologie ersetzt. Gerade die „praktischen" Wissenschaften müssen auf Grund ihres Gegenstandes und damit der Vorläufigkeit ihrer Ergebnisse von Per-sonen betrieben werden, die sachlich und nüchtern genug sind, um der Gefahr zu entgehen, nicht nur ihre eigenen guten oder mißlichen Erfahrungen als „Praxis“ auszugeben und danach ihre „wissenschaftlichen" Arbeiten aufzubauen. Sonst wäre das Ergebnis dieses „wissenschaftlichen" Arbeitens eine auf Emotionen aufgebaute Ideologie, wie sie leider heute gar nicht so selten ist. Das Gegenteil ist jedoch gefordert: Eine sachlich fundierte „praktische" Wissenschaft. Aus diesem Grunde kommt der Wissenschaft von der Politik für die Erziehungsaufgabe eine erhebliche Bedeutung zu.

Es geht letztlich um eine fruchtbare Zusammenarbeit der Politikwissenschaft als „Demokratiewissenschaft" und der Pädagogik mit der Aufgabe und dem Ziel, die konstitutiven Bedingungselemente unserer pluralistischen Demokratie und damit neben der politischen zugleich die Axiomatik heutiger Pädagogik bewußt zu machen und diesen Grundüberzeugungen in dem dialektischen Gefüge unserer politischen Ordnung, die einerseits durch die gesellschaftliche Verflechtung des Individuums und andererseits durch das Bemühen, dem Individuum die optimale Entfaltungsmöglichkeit zu geben, bestimmt ist, eine jeweils angemessene und sachgerechte Berücksichtigung zu ermöglichen. Somit haben sowohl die Wissenschaft von der Politik als „Demokratiewissenschaft" als auch die Pädagogik einen ausgesprochenen politischen Charakter, wobei sich beide wiederum als „praktische" Wissenschaften ausweisen.

Zur politischen Bildung der Lehrkräfte

Die Forderung nach Anerkennung der Kontrollfunktion der politischen Bildung ist nur dann sinnvoll, wenn die Personen, die das Lehrgut didaktisch aufbereiten, politisch gebildet sind und diese Kontrollfunktion bejahen. Aus diesem Grunde ist der Ruf nach politischer Bildung der Lehrkräfte — in diesem Zusammenhang muß man einen großen Teil der Hochschullehrer durchaus einschließen — nicht nur sinnvoll, sondern notwendig Politische Bildung meint also zunächst nicht die Schule und auch nicht das, was man als Sozial-und Gemeinschaftskunde bezeichnet. Die Ausklammerung der Gemeinschafts-und Sozialkunde aus unserer Betrachtung bedeutet nicht, daß die Vermittlung von „Orientierungswissen" oder „Faktenwissen", das heißt die Kunde von der Struktur und der Funktionsweise von Staat und Gesellschaft, unterschätzt würde. Im Gegenteil, dieses Wissen sollte eine selbstverständliche Voraussetzung sein. Aber diese Kunde benötigt eine eigene Didaktik, also ein eigenes wissenschaftliches Bemühen.

Im Hinblick auf dieses wissenschaftliche Bemühen fordert Sontheimer, man solle sich in Deutschland mehr um eine „Verwissenschaftlichung, ja Objektivierung des Gemeinschaftskundeunterrichts bemühen, aber nicht unbedingt jene übertriebenen Formen der Verwissenschaftlichung zum Vorbild nehmen, wie sie etwa im Modelldenken, in dem Streben nach Generalisierungen oder in der Verwendung sozialwissenschaftlicher Forschungsmethoden in der Schule selbst zum Ausdruck kommen" Im Unterschied zur Arbeit im Sozialkundeunterricht muß als Grundlage der politischen Bildung der Lehrpersonen eine streng wissenschaftliche gefordert werden. Damit ist nicht eine sterile Rationalität, das heißt ein von der „Praxis" weit entferntes Theoretisieren gefordert; im Gegenteil, damit wird das so oft bemängelte, sachlich fundierte politische Engagement erst möglich. Es gilt zu Recht: 65 „Die Tiefe des denkerischen Vorstoßes also, nicht aber die Suspendierung der ratio, erschließt Gemüt und Gewissen."

Der Ausbildungsstand der politischen Erzieher auf dem Gebiete der Wissenschaft von der Politik als „Demokratiewissenschaft" muß den Grad erreichen, daß auf seiner Grundlage die Erschließung von Gemüt und Gewissen möglich wird und dadurch politisches Fachwissen politische Bildung bewirkt. Dazu ist neben der Pädagogik gerade die praktische Wissenschaft von der Politik in hervorragender Weise geeignet, weil der Mittelpunkt allen politischen und pädagogischen Fragens und Handelns der Mensch sein muß, jedoch nicht in ideologischer Absicht, sondern auf der Grundlage einer sachlichen „Analyse". Nur auf Grund eines sachlich fundierten politischen Engagements gewinnt man Überzeugungskraft und dadurch die Möglichkeit, das sachlich fundierte politische Engagement bei anderen zu wecken. Nur unter dieser Voraussetzung kann man im Hinblick auf das Erziehungsziel sagen: „Alle Einsichten im Bereich des Ethisch-Politischen setzen ein gewisses Maß innerer Differenziertheit, das heißt Problemgefühl und Unterscheidungsvermögen voraus, die auf bloß intellektuellem Wege nicht erworben werden können."

Es ist also keine sterile Verwissenschaftlichung in der Ausbildung der Lehramtskandidaten gefordert, jedoch eine strengere wissenschaftliche Ausbildung als bisher. Voraussetzung dafür ist natürlich, daß in den Pädagogischen Hochschulen der Politikwissenschaft in der Nachbarschaft der Pädagogik ein wichtiger und legitimer Platz zuerkannt wird, das heißt konkret, daß der Wissenschaft von der Politik als „Demokratiewissenschaft" in der Fächer-gruppierung ein Platz im Bereich der Grund-wissenschaften zugeordnet werden muß. Diese Zuordnung wird allerdings vielfach nicht nur abgelehnt, sondern der Politikwissenschaft in den Pädagogischen Hochschulen das Hausrecht verweigert. Die Kombination von Didaktik der Geschichte mit politischer Bildung (oder umgekehrt) ist in doppelter Hinsicht unbefriedigend, einmal von der Sache her und zum anderen als eine im allgemeinen unzumutbare Belastung des Lehrenden, will er beide Fachgebiete in sachgerechter Weise wahrnehmen.

Zur politischen Didaktik

Mit der Forderung nach politischer Bildung der Lehrpersonen als Voraussetzung für die nach gültigen demokratischen Grundsätzen zu erfolgende politische Erziehung der heranwachsenden Jugend ist natürlich bei weitem noch nicht das letzte Wort gesprochen. Denn damit ist noch nichts gesagt zur didaktischen Aufbereitung des Politischen. Die Frage nach den didaktischen Grundkategorien und Modellen muß unausweichlich gestellt werden. Zur Beantwortung dieser Frage ist es nicht nur zweckmäßig, sondern notwendig, sich die Aussagen der „praktischen“ Wissenschaft von der Politik in Form der „Demokratiewissenschäft“ zu vergegenwärtigen und sich noch einmal den Zusammenhang von Politik und Pädagogik klar zu machen. Dieser Zusammenhang besteht darin, daß sowohl der Wissenschaft von der Politik als auch der Erziehungs-Wissenschaft der „verantwortliche Bezug" zur „Praxis" eigen ist. Dieser „verantwortliche Bezug" zur „Praxis" ist auch das Kernproblem der Didaktik. Dieses Problem gründet, „wissenschaftstheoretisch gesehen, doch wohl in der Frage nach den Möglichkeiten einer Umsetzung theoretischer in praktische Wissenschaft, von wertungsfreien Erkenntnissen in den Werthorizont von Bildungskonzeptionen, die den individuellen, gesellschaftlichen und politischen Bedürfnissen der Gegenwart und der Zukunft im Lichte der Frage nach dem Möglichen und wünschbar Guten angemessen sind" Nur unter diesem Gesichtspunkt versteht sich politische Bildung als politische Didaktik (vgl. dazu unten S. 21).

Bei der Umsetzung von wertungsfreien Erkenntnissen in einen bestimmten Werthorizont kommt die Ethik ins Spiel, jedoch nur so weit, wie dieser bestimmte Werthorizont berührt wird. Es kann also nicht Aufgabe der Didaktik sein, eine allgemeine Versittlichung im privaten, gesellschaftlichen und politischen Bereich als Zielvorstellung anzusteuern. Das Sittliche hat unter dieser Voraussetzung seinen Ort nur da, „wo der Mensch mit seinem Handeln und seinen geistigen Gaben in der Welt steht, in der das Gute und Rechte im Zusammenhang des gemeinsamen menschlichen Seins gefordert werden" So ist weiter mit Aristoteles nach den Gründen zu fragen, „die das menschliche Dasein in sich selbst begründen und bestimmen" also nach der Natur des Menschen. Deshalb ist es völlig verfehlt, Ideal-strukturen aufzustellen und danach das Verhalten des Menschen zu bestimmen und zu messen. Hennis kennzeichnet einen Zweig der Entwicklung der modernen ethisch-politischen Theorie als Versuch, die erziehungsmäßigen Voraussetzungen der aristotelischen Theorie zu eleminieren und die „im Stoff liegenden Subtilitäten" als „dialektisch-scholastische Spitzfindigkeit in Frage" zu stellen Aber gerade diese Dialektik gilt es herauszuarbeiten und für die politische Bildung fruchtbar zu machen. In dem Abschnitt über unser Selbstverständnis der Demokratie wurde versucht, die „im Stoff" liegende Dialektik deutlich zu machen. Als Grund dieser Dialektik wurde erkannt, daß Zentrum und Endpunkt allen politischen Fragens und Handelns der Mensch sein muß, aber nicht in der Konstruktion einer Idealfigur, sondern als ein Wesen, das sich von den verschiedensten Motiven und Interessen leiten läßt, und es zu seinem Wesen, seiner Würde gehört, diesen Interessen nachgehen zu können, also in den verschiedensten Interessenanlagen der Menschen die Pluralität unserer gesellschaftlich-staatlichen Ordnung begründet ist. Diese Dialektik ist konkret durch die gesellschaftliche Verflechtung des Individuums einerseits und das ständige Bemühen zur Gewährleistung seiner optimalen Entfaltungsmöglichkeit andererseits bestimmt. Auf Grund dieser Dialektik ist unsere moderne politische Ordnung eine dynamische und nach vorn offen, jedoch nicht auf Grund eines Vorgriffes auf die Zukunft. Für die politische Didaktik ergibt sich daraus: Trotz der Dynamik, trotz des Offenseins dieser politischen Ordnung und trotz der Vorläufigkeit aller politischen Entscheidungen und Handlungen gibt es in der dauernden Bewegung Maßstäbe, die konstitutive Bedingungselemente dieser Bewegung sind und nicht zufälligen Meinungen, Interessen und Entscheidungen unterworfen sind.

Selbst wenn im Laufe der Entwicklung das gültige Menschenbild Korrekturen erfahren sollte — eine Möglichkeit, die nicht bestritten wird —, bleibt das „neue" gültige Menschenbild, das heißt das auf dem Seinsgrund des Menschen aufruhende Grundprinzip der politischen Ordnung — allerdings vorausgesetzt, daß nach dem heutigen Stand unserer Erkenntnisse und Erfahrungen zwar eine Entwicklung, aber keine Revolution mehr stattfindet und anerkannt bleibt, daß die Würde des Menschen Grundprinzip unserer staatlich-gesellschaftlichen Ordnung sein muß. Werden diese beiden Voraussetzungen nicht erfüllt, dürfte menschenwürdiges Dasein heute kaum mehr möglich sein. Daher ist es keineswegs abwegig festzustellen, daß der Grundrechtsteil unserer Verfassung zugleich die Axiomatik heutiger Pädagogik sein müsse, „so daß politische Erziehung Teil der allgemeinenen Erziehung ist mit dem Ziel der Person, die sich dem Gemeinwesen aus Freiheit verpflichtet weiß" (s. oben S. 14).

Damit ist natürlich nicht das durch die Richtlinien intendierte politische Verhalten gemeint, das oft einfach dem des tugendhaften Menschen entspricht und politische Tugendhaftigkeit als gegeben annimmt, wenn ein Mensch rücksichtsvoll, hilfsbereit, höflich und partnerschaftlich ist Zu den „privaten Tugenden" müssen notwendig „öffentliche Tugenden" hinzutreten Deshalb kann heute nicht der als vollgültig gebildet gelten, der entweder nur die „privaten Tugenden“ oder nur die „öffentlichen Tugenden“ pflegt. Für die politische Erziehung gilt deshalb als unabdingbare Forderung, daß die „consensus stiftenden Grundüberzeugungen" als das „Sinnelementare der politischen Bildung“ eingesehen zu haben „als conditio sine qua non verantwortlichen politischen Denkens, Handelns und Entscheidens von jedem Staatsbürger zu verlangen ist" Ist die geforderte Einsicht nur schwach oder gar nicht vorhanden, dann liegt — wie Fraenkel erkannte — mit Sicherheit ein „Strukturdefekt" der Demokratie vor, der zur Desintegration des Staates führt (s. oben S. 12).

Dieser Gefahr steht zu ihrer Abwendung eine pädagogische Forderung gegenüber. Diese Forderung intendiert jedoch nicht — wie vielfach angenommen wird — das Modell eines Bürgers, den es schlechterdings nicht mehr gibt, nämlich den Menschen, „der die Weisheit und Klugheit des Philosophen mit dem sachlichen Wissen des Sozialwissenschaftlers verbindet und der überdies neben hohen charakterlichen Qualitäten auch noch die Erfahrung des im Machtkampf erprobten Politikers für sich in Anspruch nehmen kann" Diese Vorstellung beruht — wie Sontheimer feststellt — auf der liberalen Konzeption des gebildeten, seine Vernunft im Interesse des Ganzen gebrauchenden Menschen des 19. Jahrhunderts. In der liberalen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts sei noch der Antrieb zur Entfaltung des Bürgersinns vorhanden gewesen, weil es ein Privileg bedeutete, politischer Bürger zu sein. Nach Wegfall dieses Privilegs sei eine wesentliche Motivation zur Entfaltung des Bürgersinns entfallen. Der pädagogischen Forderung nach aktiver Mitbeteiligung liegt nach Sontheimer das Modell einer plebiszitären Demokratie zugrunde; die Struktur der repräsentativen Demokratie von heute steht im Widerspruch zu diesem Modell Ähnlich wie Sontheimer, der sich gegen einen „politischen Aktivismus" wendet, lehnt Ellwein ein „übermäßiges Betonen verantwortlichen Handelns" ab, das oft in einen Aktivitätskult ausarte Jedoch fordern beide das politische Handeln als zur politischen Mündigkeit eines Menschen zugehörend: Sontheimer verlangt zumindest den „Willen zur Kooperation im Sachlichen", Ellwein den „Gelegenheitspolitiker", der auch insofern „kategorial politisch denken können" muß, als „er das Richtige und das Mögliche in der rechten Weise aufeinander bezieht, weder am Unmöglichen scheitert, noch sich lediglich den Gegebenheiten anpaßt" das bedeutet, der „Gelegenheitspolitiker" muß wenigstens um einige Mitwirkungs-und Kontrollmöglichkeiten wissen und gelegentlich von solchen Möglichkeiten sinnvoll Gebrauch machen.

Das unbedingte „Muß" zum verantwortlichen politischen Handeln ist also nicht gefordert und darf auch nicht gefordert werden. Denn dann würden sowohl die Grundvoraussetzungen unserer politischen Ordnung als auch die Grundüberzeugungen der politischen Bildung in Frage gestellt. — Der enge Zusammenhang zwischen Politik und Pädagogik tritt wieder deutlich in Erscheinung. — Jedoch darf man nicht alle Tätigkeit und Verantwortung der Staatsmaschinerie überlassen, da nämlich auch stets dann ein Strukturfehler der Demokratie vorliegt, wenn eine „ausreichend intensive und konkrete, das heißt aber in Einzelheiten notwendigerweise differenzierte politische Willensbetätigung breiter Bevölkerungsschichten" nicht stattfindet und der gesellschaftliche Pluralismus zur leerlaufenden Staatsmaschinerie erstarrt (s. oben S. 12).

An dieser Stelle unsere Überlegungen wird wiederum die eminent wichtige Bedeutung der politischen Erziehung offenbar, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit und die Dynamik der pluralistischen Gesellschaft, sondern auch — und das in erster Linie — auf die Grundvoraussetzungen der pluralistischen Gesellschaft, die auch gleichzeitig die Grundüberzeugungen der politischen Bildung beinhalten. Deshalb muß man sowohl von der „Demokratiewissenschaft" her als auch von der politischen Bildung einen Pluralismus bejahen als „das Mit-und Gegeneinander von autonomen Gruppen mit einem lebendigen Gruppeninteresse, einem ausgeprägten Gruppenbewußtsein und einem hochentwickelten Gruppenstolz der Gruppenmitglieder" Daß der Pluralismus in der Gesellschaft Konflikte erzeugt, ist eine unbestrittene Tatsache. Ebenso unbestritten muß gelten, den Konflikt als didaktisches Mittel einzusetzen.

Jedoch ist es eine Überbewertung des Konflikts, ihn zum Grundprinzip politischer Tätigkeit zu bestimmen, wie Dahrendorf es darlegt. Zu Recht wendet sich Krockow gegen diese Überbewertung des Konflikts Dementsprechend ist es eine der „Praxis" nicht angemessene Überbewertung des Konflikts, ihn zum Grundmodell der politischen Didaktik zu erheben und daraus didaktische Zielvorstellungen abzuleiten, die für den Bereich des Politischen entweder den Kampf aller gegen alle oder die Reibungslosigkeit aller gesellschaftlichen Tätigkeit zur Voraussetzung haben und für den Bereich des Individuellen entweder den im Machtkampf siegreichen Menschen oder den gutwilligen und um jeden Preis rücksichtsvollen Menschen, um die Zahl der Konflikte, wenn nicht vollständig zu beseitigen, so doch zumindest möglichst gering und unbedeutend zu halten. Eine völlige Veränderung der Struktur der pluralistischen Gesellschaftsordnung wäre die notwendige Begleiterscheinung. Dieser Einseitigkeit ist Dahrendorf insofern nicht entgangen, als ihm, um für die Über-betonung des Konflikts ein Gegengewicht zu schaffen, die Reibungslosigkeit als intendiertes Ziel vorschwebt. So zielen nach Dahrendorf die „öffentlichen Tugenden" auf das „Verhalten von Menschen zueinander und seine Reibungslosigkeit bezogenen Werte" Natürlich muß die Gesellschaft nach Möglichkeit Konflikte vermeiden, aber nicht um jeden Preis. Und selbstverständlich muß die politische Didaktik diesen Gedanken miteinbeziehen. Aber der Konflikt ist nicht Grundprinzip politischer Tätigkeit und daher kann der Konflikt nicht didaktisches Grundmodell sein. *

Unausweichlich stellt sich nun die Frage: Gibt es überhaupt ein der „Praxis" angemessenes didaktisches Grundmodell? Die Antwort muß schlicht und einfach — so erschreckend sie auch für manche sein mag — lauten: nein! Denn der Mensch ist weder als Seinsgrund noch als Zweck unserer politischen Ordnung durch ein Modelldenken zu erfassen. Jedoch gibt es allgemein anerkannte Grundvoraussetzungen als Ausfluß des Seinsgrundes der politischen Ordnung, die gleichzeitig die didaktischen Grundüberzeugungen beinhalten. Diese Grundvoraussetzungen werden nur in der „Praxis, in der Aktion, die nicht unbedingt ein Konflikt sein muß, als konstitutive Bedingungselemente relevant, so daß die didaktischen Lehrgehalte politischer Bildung andere sind als die im herkömmlichen Sinne. Man muß die politische „Praxis" selbst — soweit das möglich ist — in die Akte der „Wissensvermittlung" miteinbeziehen. So muß zu dem Wissen und der Verantwortung als entscheidendes Moment das auf den Sachzusammenhang bezogene Tun hinzukommen, jedoch nicht Aktivität ohne verantwortlichen Bezug und ohne Sachkenntnis. „Fehlt eines dieser drei Elemente, .. . dann ist politische Bildung nutzlos." Im Tun aktualisiert sich Wissen und Verantwortung. Der Entwurf eines Kanons der „Lehrgehalte" politischer Didaktik führt deshalb an der eigentlichen Aufgabe der politischen Erziehung vorbei. Deshalb ist in der politischen Erziehung der heranwachsenden Jugend der systematisch aufschreitende, stufenweise Lehrgang zur Ansammlung von Wissen ungeeignet An seiner Stelle tritt „durchgängig das Suchen und Forschen, das, vom subjektiven Betroffensein angerührt, in jedem Falle zum Grundsätzlichen vorstößt und dieses Grundsätzliche in und aus immer neuen Zusammenhängen, anläßlich vieler Sachlagen, bewußt macht und damit zur Einsicht bringt. Dabei werden Kenntniserwerb und Urteilsbildung, also Erkenntnis, nicht vernachlässigt, sondern im sachnotwendigen, das heißt aber dem politischen Denken adäquaten Zusammen-hang gefordert und herausgefordert, so daß sich auf dem Grund der geübten Fertigkeit des politischen Denkens hie und dank der Übung als eines lernbegünstigenden Verhaltens da mit der Einsicht, daß politische Entscheidungen Kenntnisse und sachgemäßes Bedenken des Problems voraussetzen, zugleich Wissensbestände einstellen, die — im Sinne Max Wertheimers — realisierbares Handeln in symbolischer Form repräsentieren und als zuverlässig zu Aktivierendes für produktives Denken frei verfügbar werden." So hat im Bereich der politischen Erziehung die funktionale Erziehung Vorrang vor der intentionalen sie hat von der Sache her Vorrang.

Die politische Erziehung des Volkes ist zum geringsten Teil „ Verdienst" der politischen Erzieher, das heißt, die Möglichkeiten zur politischen Erziehung im Sinne politischer Bildung sind für die Lehrpersonen äußerst gering. Die resignierende Haltung über den geringen Erfolg ist deshalb unbegründet. Denn politische Erziehung des Volkes geschieht zum überwiegenden Teil durch andere Bildungsmächte; durch die Politik selbst und in allen Lebensbereichen wird das Politische entschieden

Die möglichst freie und umfassende Information, die erreicht werden kann, muß deshalb eine Hauptforderung sein und bleiben. Um aber die Entscheidungen im Bereich des Politischen mit angemessener Kritik beurteilen und daraufhin auch bei Gelegenheit tätig werden zu können, und zwar auf Grund eines sachlich fundierten Urteils, das den verantwortlichen Bezug miteinbezieht, ist die wissenschaftliche Ausbildung der politischen Bildner außerordentlich bedeutungsvoll. Nur dann können sie ihrer Aufgabe in der politischen Erziehung der heranwachsenden Jugend in angemessener Weise nachkommen, nur dann ist es möglich, das in der politischen Erziehung der heranwachsenden Jugend einzig mögliche und der Sache angemessene „methodische Prinzip auf Einsicht und Einsehen abzielenden Unterrichts“ zu pflegen, nämlich die . Diskussion, womit über die Form ihrer Verwirklichung nichts ausgesagt ist. Hierfür bieten sich alle Formen an, denen das freie Gespräch immanent ist. Das Prinzip des Führungsstils im Unterricht ist die Debatte, das heißt, das freie Gewährenlassen verschiedener Meinungen und Urteile" Denn Voraussetzung des didaktischen Bemühens ist ebenso wie für die wertungsfreien und die „praktischen" Wissenschaften der unabdingbare Wert „der offenen Entscheidungsmöglichkeit, der institutioneilen Absichten gegen vorgegebene, dogmatisch fixierte Wertungen und deren machtbestimmte Durchsetzung" (s. oben S. 12).

Die gründliche und umfassende Ausbildung der politischen Bildner ist deshalb so außerordentlich wichtig, weil sie ihr intentionales Erziehungsziel nur auf dem Umweg der funktionalen Erziehung ansteuern können und dies nur möglich ist, wenn eine breit fundierte sachliche Einsicht in die Wissenschaft von der Politik vorhanden ist. Das bedeutet zunächst: Einsicht in die Grundvoraussetzungen unserer politischen Ordnung. Diese Einsicht ist Grundlage für das, was sowohl Aufgabe und Zweck der Wissenschaft von der Politik ist, als auch der Möglichkeiten, Aufgaben und „Intentionen" aller politischen Bildung und in bestimmter Weise allen pädagogischen Bemühens.

Es besteht also ein enger Zusammenhang zwischen der Wissenschaft von der Politik und der politischen Bildung mit ihrem doppelten Aspekt, nämlich sowohl der Wahrnehmung der Kontrollfunktion, die auf der Grundlage der Wissenschaft von der Politik als „Demokratiewissenschaft" der Pädagogik die politischen Implikationen ihrer Aufgaben, Probleme, Möglichkeiten und Ziele bewußt machen soll, als auch der didaktischen Aufbereitung des Politischen, die ebenfalls nur auf Grund der Ergebnisse der Wissenschaft von der Politik als „Demokratiewissenschaft" erfolgen kann. Nur dann hat es Sinn, von einer fundamentalen Demokratisierung unseres staatlich-gesellschaftlichen Gemeinwesens zu sprechen.

Sowohl die Volksschule und die Höhere Schule als auch die Hochschule und die Universität gehören zu diesem Gemeinwesen und können nicht unter Berufung auf eine falsch verstandene Autonomie von Institutionen und bestimmten Wissenschaftszweigen sich abkapseln, ein Eigenleben führen, das in seiner Struktur und damit im wesentlichen in den Grundsätzen des allgemeinen Verkehrs, des Verhaltens, des Entscheidens und Handelns sich diametral — sagen wir ganz allgemein — von der öffentlichen Ordnung unterscheidet. Sonst müßten wir vielleicht in naher Zukunft wieder wie in den vergangenen Jahren das politische und — man kann nicht umhin zu sagen — menschliche Versagen der Schule, Hochschule und Universität beklagen.

Die politische Bildung als Teil der allgemeinen Bildung kann daher nicht hoch genug eingeschätzt werden. Weil politische Bildung konstitutiver Bestandteil der allgemeinen Bildung ist, geschieht politische Bildung in allen Lebensbereichen und spielt in alle Lebensbereiche hinein, selbst in die Intimsphäre der Familie“ Es ist deshalb völlig verfehlt, ein didaktisches Grundmodell für die politische Erziehung zu entwerfen. Die Strukturen der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen differieren zu stark, und es darf und kann nicht Ziel sein, sie ihrer Struktur nach völlig anzugleichen. Jedoch müßte generell eine Voraussetzung — die allerdings sehr häufig aus den verschiedensten Gründen nicht erfüllt wird — angestrebt werden: Die Strukturen der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen dürfen nicht von der Art sein, daß durch sie die Grundvoraussetzungen unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung in Frage gestellt oder gar die entgegengesetzten Auf-fassungen an ihre Stelle treten würden. Diese Forderung gilt für alle Gruppierungen und Institutionen. Damit diese Forderung Realität wird und bleibt, muß eine dauernde und wirksame generelle Anerkennung der Grundprinzipien unserer staatlich-gesellschaftlichen Ordnung vorliegen. Diesen Zustand anzustreben, ist nicht nur Aufgabe der politischen Erziehung, sondern jeglicher Erziehung überhaupt, so daß heute eine allgemeine Pädagogik ohne Anerkennung dieser Aufgabe und damit ihres praktischen Wissenschaftscharakters eine Pseudopädagogik oder eine pädagogische Ideologie genannt werden müßte.

Zum Thema „politische Erziehung" hat sich in jüngster Zeit ausführlich Hermann Giesecke geäußert Der Titel dieser Arbeit, „Didaktik der politischen Bildung", rührt bereits an den Kern der gesamten Problematik, nämlich mit der Frage: Ist politische Bildung ein Fach neben anderen, das eine eigene Didaktik erfordert? Diese Frage beantwortet Giesecke schon in der Einleitung mit der Feststellung, daß für den Begriff „Didaktik der politischen Bildung" der Begriff „Politische Didaktik" aus sachlichen Gründen sich rechtfertigen lasse In dieser Feststellung liegen die Widersprüche der Arbeit von Giesecke beschlossen. Denn es ist sachlich nicht ganz richtig, „Didaktik der politischen Bildung" mit „Politischer Didaktik" gleichzusetzen. Wohl kann man sagen, daß die politische Bildung eine zweifache Blickrichtung, einen doppelten Aspekt, eine zweifache Aufgabe einschließe, nämlich einmal eine mit wissenschaftlichen Mitteln betriebene Kontrollfunktion — die Giesecke anerkennt — wahrzunehmen, als deren Grundlage die Wissenschaft von der Politik zu gelten hat, und zum anderen die didaktischen Grundüberzeugungen für die politische Erziehung der Jugend zu formulieren, die die didaktischen Umsetzungen der Ergebnisse der Wissenschaft von der Politik sind. Nur unter dem letzten Aspekt darf „politische Didaktik" mit „politischer Bildung", nicht mit „Didaktik der politischen Bildung" gleichgesetzt werden. Diesen Zusammenhang hat Giesecke nicht deutlich erkannt, so daß seine Aussagen im vierten Teil seiner Arbeit über die politische, wissenschaftliche und pädagogische Unbestimmbarkeit der Lehrinhalte seine Ausführungen in den vorhergehenden Abschnitten wieder aufheben, zumindest sehr fragwürdig erscheinen lassen, obwohl seine Arbeit viele wertvolle Hinweise und Anregungen gibt. Die Widersprüche in der Arbeit von Giesecke sind nur dann aufzuheben, wenn der letztlich gemeinsame Grund allen politischen und pädagogischen Fragens und Handelns auch als konstitutives Bedingungselement allen politischen und pädagogischen Fragens und Handelns erkannt und anerkannt wird.

Die Grundlegung in Lehrer-heft didaktische dem zu dem überaus erfolgreichen Unterrichts-werk „Fragen-Urteilen-Handeln" von Hilligen intendiert, obwohl sie die „gemeinsamen Grundlagen" der pluralistischen Gesellschaft in die Überlegungen miteinbezieht — allerdings in ungenügender Weise nur als Aussetzer —, ein mehr oder weniger geschlossenes dialektisches System, das in seiner Entfaltung einem dialektischen Formalismus sehr nahe kommt und daher die entscheidende Frage nach dem Warum kaum berücksichtigt.

Hilligen versucht also nicht, zunächst den Grund dieser Dialektik aufzudecken, sondern sie in einer abstrahierenden Betrachtungsweise zu beschreiben und dann didaktische Folgerungen zu ziehen. So lebensnah und wirklichkeitsbetont das Unterrichtswerk von Hilligen gestaltet ist, die didaktische Grundlegung dazu ist zu systematisiert, zu schematisiert.

Der Vorstoß zu existentiellen Fragen ist dadurch erschwert, obleich hinzugefügt werden muß, daß diese existentiellen Fragen nicht isoliert von der „Praxis" betrachtet werden dürfen, damit sich nicht erneut das Ideal einer wirklichkeitsfremden, von der Gesellschaft abgekapselten Innerlichkeit einschleicht.

Folgerungen

Politische Bildung und in bestimmter Weise Pädagogik überhaupt ist heute ohne ausreichende Kenntnisse der „Demokratiewissenschaft" nicht mehr möglich. Unter dieser Voraussetzung kann man sagen, „daß die Pädagogik sich auf den mikrokosmischen, individuellen Pol jenes dialektischen Gefüges bezieht, dessen makrokosmischem, kollektivem Pol die Politikwissenschaft zugewandt ist" (s. oben S. 13). Zur strukturellen Aufhellung dieses dialektischen Gefüges bedarf es noch vieler Untersuchungen, die sowohl für die Wissenschaft von der Politik als auch für die politische Bildung und die Pädagogik insgesamt erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen dürften. Insbesondere müßte das heute allgemein gültige Selbstverständnis der Pädagogik neu durchdacht und neu formuliert werden, wie die Wissenschaft von der Politik sich als „Demokratiewissenschaft" neu zu artikulieren versucht. Die Pädagogik müßte sowohl ihre wissenschaftstheoretische Grundlage als auch ihre Aufgaben und Ziele neu erarbeiten und bestimmen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Hans Maier, Zur Lage der Politischen Wissenschaften in Deutschland, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 10. Jahrg. 1962, S. 249.

  2. Vgl. dazu Martin Greiffenhagen, Nationalsozialismus und Kommunismus im Sozialkundeunterricht, in: Frankfurter Hefte, 18. Jahrg. 1963, S. 168 ff.; ders., Zur wissenschaftlichen Grundlegung der politischen Erziehung, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht (GWU), 17. Jahrg. 1966, S. 466 ff.

  3. Vgl. dazu Josef Derbolav, Das Moderne und das Zeitgebundene im politischen Denken des Aristoteles, in: Erkenntnis und Verantwortung, Festschrift für Theodor Litt, hrsg. v. Josef Derbolav und Friedhelm Nicolin, Düsseldorf 1960, S. 232.

  4. Josef Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, in: Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes NRW, Geisteswissenschaften, Heft 71, Köln 1957, S. 13.

  5. Kurt Sontheimer, Zum Begriff der Macht als Grundkategorie der politischen Wissenschaft, in: Dieter Oberndorfer (Hrsg.), Wissenschaftliche Politik. Eine Einführung in Grundfragen ihrer Tradition und Theorie, Freiburg 1962, S. 198; vgl. dazu Dieter Oberndorfer, Politik als praktische Wissenschaft, in: Dieter Oberndorfer, Wissenschaftliche Politik • •S. 28.

  6. Kurt Sontheimer, a. a. O., S. 208.

  7. Bei Klafki besteht die Gefahr, daß das Problem der Macht und des Machtkampfes zu sehr in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt wild. Wolfgang Klafki, Macht und Ideal in der Demokratie und in der politischen Erziehung und Bildung, in: Westermanns Pädagogische Beiträge, 13. Jahrg. 1961, S. 343 ff.

  8. Martin Greiffenhagen, Zur wissenschaftlichen Grundlegung der politischen Erziehung, in: GWU, 17. Jahrg. 1966, S. 459.

  9. Josef Derbolav, a. a. O., S. 247.

  10. Martin Greiffenhagen, Zur wissenschaftlichen .... S. 464 ff.

  11. Wilhelm Hennis, Politik und praktische Philosophie. Eine Studie zur Rekonstruktion der politischen Wissenschaft, Neuwied—Berlin 1963, S. 38.

  12. Vgl. dazu Dieter Oberndorfer, Politik als praktische Wissenschaft ..., S. 46.

  13. Joachim Ritter, Das bürgerliche Leben. Zur aristotelischen Theorie des Glücks, in: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Pädagogik, 32. Jahrg. 1966, S. 90.

  14. Ernst Fraenkel, Die Wissenschaft von der Politik und die Gesellschaft, in: Gesellschaft — Staat — Erziehung, 8. Jahrg. 1963, S. 277.

  15. Rudolf Dahrendorf, Gesellschaft und Demokratie in Deutschland, München 1965, S. 171 ff.

  16. Rudolf Dahrendorf, a. a. O., S. 171.

  17. Auf eine Formel gebracht, heißt sie nach Dahrendorf: „Liberale Demokratie ist Regierung durch Konflikt", S. 174. In Abwandlung dieses Satzes könnte man akzeptieren: Liberale Demokratie ist Regierung im Konflikt.

  18. Nach Dahrendorf gibt es keine Lösungen von Konflikten im prinzipiellen Sinne, „der an die Wurzel des Konfliktes greift". Das wäre nach Dahrendorf Utopie, aus der schließlich die „schöne, aber falsche Theorie zum Sonntagskleid“ würde (S. 172). Dahrendorfs Auffassung gilt nur mit der Einschränkung, daß Lösungen möglich sind, die prinzipiell besser sind als andere, und die nur dann möglich sind, wenn man an die „Wurzeln des Konflikts greift“. Bei Dahrendorf besteht die große Gefahr, daß sich das Politische im Funktionalen erschöpft und es daher letztlich wie bei Carl Schmitt und Max Weber keinen spezifischen Inhalt des Politischen mehr gibt. Der Weg zur Begründung eines totalitären Staates ist dann nicht mehr weit (vgl oben S 11).

  19. Wilhelm Hennis, a. a. O., S. 66.

  20. Ernst Fraenkel, Die Wissenschaft von der Politik .... S. 275. Vgl. dazu Dieter Oberndorfer, Politik als praktische Philosophie . . ., S. 19.

  21. Ernst Fraenkel, Die Wissenschaft von der Politik .., S. 277.

  22. Vgl. P. Häberle, Die Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 Grundgesetz, Karlsruhe 1 1962, S. 145 f.

  23. Gerhard Leibholz, Strukturprobleme der modernen Demokratie, Karlsruhe 1958, S. 130. Die Aussage Leibholz'darf jedoch nicht so verstanden werden, als ob die „liberalen Grundrechte und die sog. sozialen Grundrechte* sich als unvereinbar gegenüberstünden. Vielmehr sind sie in einem strukturellen, aber nicht immer ganz spannungsfreien Zusammenhang zu begreifen. Vgl. dazu: Hans Maier, Rechtsstaat und Grundrechte im Wandel des modernen Freiheitsverständnisses, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 29/66, S. 20.

  24. Josef Wintrich, a. a. O., S. 19.

  25. Ernst Rudolf Huber, Rechtsstaat und Sozialstaat in der modernen Industriegesellschaft, in: Ernst Rudolf Huber, Nationalstaat und Verfassung. Studien zur Geschichte der modernen Staatsidee, Stuttgart 1965, S. 250.

  26. Ebenda, S. 270.

  27. Ebenda, S. 272. Hans Maier wendet sich gegen die von Forsthoff vertretene Auffassung der „antinomischen Relation" des „sozialen Rechtsstaates" (Art. 28 Abs. 1) oder „sozialer Bundesstaaten“ (Art. 20 Abs. 1). Diese von Forsthoff vertretene „Antithetik" ist nach Maier sowohl aus verfassungsrechtlichen als auch politischen Gründen unhaltbar, so daß die Auffassung „einer grundsätzlichen Intransigenz des rechtsstaatlichen Verfassungsgefüges gegenüber sozialstaatlichen Forderungen“ nach Maier recht bedenklich wäre. So ist mit Maier festzuhalten: „Der Verzicht auf soziale Gerechtigkeit (würde) unter den gegebenen Umständen ein Todesurteil über den Rechtsstaat schlechthin bedeuten." Vgl. Hans Maier, Rechtsstaat und Grundrechte im Wandel des modernen Freiheitsverständnisses, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 29/66, S. 19.

  28. Ernst Rudolf Huber, a. a. O., S. 272.

  29. Josef Derbolav, a. a. O., S. 235 f.

  30. Ebenda, S. 244.

  31. Eric Voegelin, Die neue Wissenschaft von der Politik. Eine Einführung. München, 1959, S. 96.

  32. Josef Derbolav, a. a. O., S. 241.

  33. Eric Voegelin, Die neue Wissenschaft von der Politik. Eine Einführung. München 1959, S. 49.

  34. Heinrich Schneider, Zur philosophischen Dimension der Politischen Wissenschaft, in: Gesellschaft — Staat — Erziehung, 10. Jahrg. 1965, S. 392; ders., Der Staat als Thema der politischen Bildung in der Höheren Schule, in: Möglichkeiten und Grenzen der politischen Bildung in der Höheren Schule Schriftenreihe der Bundeszentrale für Heimat-dienst, Heft 52, Bonn 1960, S. 115 f.

  35. Joachim Ritter, a. a. O., S. 62.

  36. Emst Rudolf Huber, a. a. O., S. 253.

  37. Ernst Fraenkel, Strukturdefekte der Demokratie und deren Überwindung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 9/64, S. 16.

  38. Vgl. dazu Erich Kosthorst, Politische Bildung und kein Ende? Von der Notwendigkeit der Entmythologisierung der demokratischen Bildung, in: Pädagogische Rundschau, 19. Jahrg. 1964, S, 510; Ernst Fraenkel, Historische Vorbelastung des deutschen Parlamentarismus, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 8. Jahrg. 1960, S. 337; Thomas Ellwein, Grundlegung einer politischen Verhaltens-lehre, in: Gesellschaft — Staat — Erziehung, 9. Jahrg. 1964, S. 302.

  39. Joachim Ritter, a. a. O., S. 62 f.

  40. Ebenda, S. 70.

  41. Ebenda, S. 70.

  42. 1 Ebenda, S. 82.

  43. Wilhelm Hennis, Zum Problem der deutschen Staatsanschauung, In: Vierteljahrshefte für Zeit-geschichte, 7. Jahrg. 1959, S. 20 ff.; vgl. dazu Kurt Sontheimer, Zum Begriff der Macht .... S. 200 f.

  44. Wilhelm Hennis, Zum Problem der deutschen Staatsanschauung, S. 23.

  45. Wilhelm Hennis, Zum Problem der deutschen Staatsanschauung, S. 23; vgl. Ernst Fraenkel, Die Wissenschaft von der Politik und die Gesellschaft, in: Gesellschaft — Staat — Erziehung, 8. Jahrg. 1963, S. 279.

  46. Ernst Fraenkel, Strukturdefekte der Demokratie .... S. 16.

  47. Ebenda, S. 15.

  48. Dieter Oberndorfer, Politik als praktische Wissenschaft ..., S. 19.

  49. Christian Graf v. Krockow, Politik als praktische Wissenschaft. Kritik und Konzeption der deutschen Politikwissenschaft und ihre Bedeutung für die politische Erziehung, in: Gesellschaft — Staat — Erziehung, 11. Jahrg. 1966, S. 94.

  50. Vgl. Christian Graf v. Krockow, a. a. O., S. 95; Dieter Oberndorfer, Politik als praktische Wissenschaft . . ., S. 20.

  51. Christian Graf v. Krockow, a. a. O., S. 95.

  52. Ernst Fraenkel, Strukturdefekte der Demokratie ..., S. 14.

  53. Kurt Sontheimer, Politische Bildung zwischen Utopie und Verfassungswirklichkeit, in: Zeitschrift für Pädagogik, 9. Jahrg. 1963, S. 172; vgl. dazu Martin Greiffenhagen, Zum Problem der Übertragbarkeit politischer Verhaltensweisen, in: Gesellschaft — Staat — Erziehung, 11. Jahrg. 1966, S. 170.

  54. Josef Derbolav, a. a. O., S. 241.

  55. Wilhelm Hennis, Politik und praktische Philosophie ..., S. 13, Anm. 2.

  56. Kurt Gerhard Fischer, Der Begriff der Einsicht im didaktischen Bedenken politischer Bildung, in: Pädagogische Rundschau, 19. Jahrg. 1965, S. 21. Zum Selbstverständnis der Erziehungswissenschaft vgl. Wilhelm Flitner, Das Selbstverständnis der Erziehungswissenschaft in der Gegenwart, Heidelberg 1958 2: Heinrich Döpp-Vorwald, Uber den »hermeneutisch-pragmatischen" Wissenschaftscharakter der Pädagogik im Anschluß an J. G. Fichtes Lehre von der „Intellektuellen Anschauung", in: Pädagogische Rundschau, 15. Jahrg. 1961, S. 2 ff.ders., Pädagogie — Pädagogik — Erziehungswissenschaft. Uber Ursprungs-und Grundformen der Erziehungstheorie, in: Pädagogische Rundschau, 17. Jahrg. 1963, S. 355 ff., Julius Drechsler, Pädagogischer Raum und pädagogische Wirklichkeit, in: Pädagogische Rundschau, 17. Jahrg. 1963, S. 71 ff.

  57. Christian Graf v. Krockow, a. a. O., S. 96 f.

  58. Martin Greiffenhagen, Politikwissenschaft an der Pädagogischen Hochschule, in: Deutsche Schule, 57. Jahrg. 1964, S. 13.

  59. Theodor Filthaut, Politische Erziehung aus dem Glauben, Mainz 1965, Vorwort, S. 7; vgl. dazu Martin Greiffenhagen, „Politische Theologie" und Politikwissenschaft, in: Gesellschaft — Staat — Erziehung, 8. Jahrg. 1963, S. 142 ff.

  60. Für weitere Beispiele vgl. Gerhard Mücher, Politische Erziehung aus dem Glauben in der Volksschule, in: Theodor Filthaut, Politische Erziehung aus dem Glauben, Mainz 1965, S. 41 ff.

  61. Theodor Filthaut, a. a. O., S. 30.

  62. Vgl. dazu Hermann Giesecke, Didaktik der politischen Bildung, München 1965, S. 175. Giesecke begeht den Fehler, vielfach politische Bildung und Didaktik der politischen Bildung gleichzusetzen und dadurch seinen Überlegungen eine einseitige und zudem mit Widersprüchen behaftete Prägung zu geben (s. unten S. 211.)

  63. Christian Graf v. Krockow, a. a. O., S. 98.

  64. Vgl. dazu Erich Kosthorst, Politische Bildung und kein Ende? ..., S. 505; Kurt Gerhard Fischer, Begriff der Einsicht..., S. 27; Arnold Berg-straesser, Politik in Wissenschaft und Bildung, Mhriften und Reden, Freiburg 1961, S. 247 ff.; Martin Greiffenhagen, Politikwissenschaft an der pädagogischen Hochschule . .., S. 501 ff.; ders. Zum roblem der Übertragbarkeit..., S. 171.

  65. Kurt Sontheimer, Die „Revolution" in den amerikanischen Sozialwissenschaften und die Probleme ihrer pädagogischen Umsetzung, in: Gesellschaft— Staat—Erziehung, 11. Jahrg. 1966, S. 214. Greiffenhagen dürfte ein wenig übers Ziel hinausschießen, wenn der die „unbedingte Teilnahme" der Schüler am „diagnostischen Geschäft" durch Stellung von kleinen Forschungsaufgaben fordert; Martin Greiffenhagen, Zur wissenschaftlichen Grundlegung der politischen Erziehung, in: Gesellscanaft — Staat — Erziehung, 11. Jahrg. 1966, S. 461.

  66. Kurt Gerhard Fischer, Von der Notwendigkeit der „Gesellschaftskunde" in unserer Zeit, in: Gesellschaft— Staat — Erziehung, 11. Jahrg. 1966, S. 18.

  67. Wilhelm Hennis, Politik und praktische Philosophie ..., S. 40.

  68. Christian Graf v. Krockow, a. a. O., S. 97.

  69. Joachim Ritter, a. a. O., S. 79.

  70. Ebenda, S. 61.

  71. Wilhelm Hennis, Politik als praktische Philosophie ..., S. 40.

  72. Vgl. dazu Thomas Ellwein, Grundlegung einer politischen Verhaltenslehre, in: Gesellschaft — Staat — Erziehung, 9. Jahrg. 1964, S. 297,

  73. Vgl. zum Thema „öffentliche und private Tugenden“ Rudolf Dahrendorf, Demokratie und Gesellschaft in Deutschland, Mündien 1965, S. 327 ff.

  74. Kurt Gerhard Fischer, der Begriff der Einsicht .... S. 20.

  75. Kurt Sontheimer, Politische Bildung zwischen Utopie und Verfassungswirklichkeit. ., S. 174; vgl. dazu Thomas Ellwein, Grundlegung einer politischen Verhaltenslehre ..., S. 297 ff.

  76. Vgl. Kurt Sontheimer, Politische Bildung zwischen Utopie und Verfassungswirklichkeit . .. , S. 174 ff.

  77. Thomas Ellwein, Grundlegung einer politischen Verhaltenslehre ..., S. 297.

  78. Ebenda, S. 300.

  79. Emst Fraenkel, Strukturdefekte der Demokratie .., S. 15.

  80. Christian Graf v. Krockow, a. a. O., S. 98 f.

  81. Rudolf Dahrendorf, Demokratie und Gesellschaft in Deutschland, München 1965, S. 328. Es wird nicht bestritten, daß sich im Konflikt Freiheit aktualisiert, jedoch, daß „durch ihn allein die Vielfalt und Unvereinbarkeit menschlicher Interessen und Wünsche in einer Welt notorischer Ungewißheit angemessenen Ausdruck findet" (S. 174).

  82. Das von Spranger in seinen „Gedanken zur staatsbürgerlichen Erziehung" vorgeschlagene Modell ist heute gänzlich unbrauchbar.

  83. Thomas Ellwein, Grundlegung einer politischen Verhaltenslehre ..., S. 299.

  84. Kurt Gerhard Fischer, Der Begriff der Einsicht ..., S. 27.

  85. Ebenda, S. 26.

  86. Vgl. dazu Martin Greiffenhagen, Zum Problem der Übertragbarkeit politischer Verhaltensweisen ..., S. 170.

  87. Kurt Sontheimer, Politische Bildung zwischen Utopie und Verfassungswirklichkeit ..., S. 180.

  88. Kurt Gerhard Fischer, Zum Begriff der Einsicht ..., S. 27. Ähnlich, nur nicht ganz so deutlich, Greiffenhagen, der das exemplarische Verfahren in vielen Fällen als hemmend ansieht, ebenso das methodische Prinzip, von bekannten, vertrauten Institutionen fortzuschreiten zu unbekannten, da die Strukturen zu verschieden seien. Daher will Greiffenhagen die „strukturelle Behandlung mit dem Ziel prinzipieller Einsicht". Martin Greiffenhagen, Zur wissenschaftlichen Grundlegung der Politischen Erziehung ..., S. 465 ff.

  89. Die Vorstellung von der Familie als einer in sich geschlossenen und homogenen Einheit dürfte nicht mehr der Wirklichkeit entsprechen. Die verschiedenen Interessen werden heute u. a. durch die Massenkommunikationsmittel in die Familien hin-eingetragen und erzeugen auch dort verschiedene interessenlagen, die die wiederum verschiedenen und unterschiedlich starken Kräfte mobilisieren. Es ist heute dringend erforderlich, die Familie in threm Eigensein, aber auch ihren Ort in unserer staatlich-gesellschaftlichen Ordnung neu zu bestimmen.

  90. Hermann Giesecke, Didaktik der politischen Bildung, München 1965, S. 181.

  91. Ebenda, S. 15.

  92. Wolfgang Hilligen, Didaktische und methodische Handreichungen zur politischen Bildung und Sozialkunde, zugleich Lehrerheft zum Unterrichts-werk Sehen — Beurteilen — Handeln, Frankfurt o. J.

Weitere Inhalte

Heinrich Bußhoff, Dr. phil., geb. 4. März 1936 in Rhede, Wissenschaftlicher Assi stent am Seminar für Politische Bildung und Geschichte und Lehrbeauftragter für Zeit-geschichte und Politische Wissenschaften der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe Abt. Münster I. Publikationen: Das Dollfuß-Regime in Österreich, Würzburg 1965 (Diss.); Berufsständisches Gedankengut zu Beginn der 30er Jahre, in: Zeitschrift für Politik, Jg. 12 (NF) 1966.