I. Die Entstehung des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe
Den äußeren Anlaß für die Errichtung des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe
Am 25. Januar 1949 gründeten die Vertreter der Sowjetunion, Bulgariens, Ungarns, Polens, Rumäniens und der Tschechoslowakei auf einer Wirtschaftskonferenz in Moskau einen Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe
Infolge der erneuten Spannungen mit dem Ostblock war es Jugoslawien nach 1958 nicht mehr möglich, an den Arbeiten des RgW teilzunehmen. Auf dem Hintergrund des sowjetisch-chinesischen Konflikts kam es zu einer allmählichen Annäherung Jugoslawiens an die von der Sowjetunion geführte kommunistische Staatengruppe, die mit dem Assoziierungsvertrag Jugoslawiens beim RgW vom 17. September 1964 einen vorläufigen Abschluß erreichte. Von den asiatischen Volksdemokratien gehört nur die Mongolei seit dem 6. Juni 1962 dem RgW an. Die Volksrepublik China entsandte „Beobachter“ zu den Ratstagungen zwischen 1956 und 1961; seit 1957 bzw. 1958 arbeiten Nord-Korea und Nord-Vietnam (ohne Mitgliedschaft) mit der östlichen Wirtschaftsgemeinschaft zusammen. Die asiatischen Volksdemokratien gehören mit Ausnahme der Mongolei nicht als Vollmitglied dem RgW an, sie können aber in Wirtschaftsfragen ihre Meinungen darlegen, Auskünfte und Unterlagen anfordern und eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten des RgW organisieren.
Aus dem Gründungskommunique des RgW geht hervor, daß die neue kommunistische, Wirtschaftsorganisation von der sowjetischen Führung einerseits als Gegenzug zum Marshall-Plan, andererseits als ein weiterer Schritt zur Integration der europäischen Ostblockländer ausersehen war. Den Ausgangspunkt dieser Entwicklung bildete der verstärkte Ausbau des bilateralen Paktsystems seit 1948 und die beschleunigte Angleichung der einzelnen Nationalwirtschaften an das sowjetische Wirtschaftsmodell. Nach der militärisch-politischen Abschirmung des von ihr beherrschten Raumes begann die Sowjetunion mit der wirtschaftlich-regionalen Integration des „sozialistischen Weltmarktes". Durch die Errichtung des Comecon sollte gemäß dem Gründungsbeschluß diese Entwicklung weiter forciert und eine „weitgehende wirtschaftliche Zusammenarbeit" zwischen der Sowjetunion und ihren Satelliten herbeigeführt werden.
Obwohl die internationalen Wirtschaftsorganisationen den Abbau der bilateralen Lenkung bedeuten, hielten die Sowjets auch nach der Gründung des RgW an dem bewährten und für sie günstigen System des strengen Bilateralismus fest, das es ihnen besser als die neu-errichtete multilaterale Organisation ermöglichte, ihr wirtschaftliches Übergewicht zur Geltung zu bringen sowie durch Intensivierung des Außenhandels mit Hilfe der langfristigen Handels-und Zahlungsverträge eine Umschaltung des bisher vornehmlich westlich orientierten Außenhandels der Volksdemokratien herbeizuführen. Der Gedanke der Multilateralität, der Gemeinsamkeit, setzt voraus, daß jeder Staat mit jedem anderen in Rechts-beziehungen tritt und gleichzeitig auch allen gemeinsam gegenüber berechtigt und verpflichtet ist. Im Rahmen des Comecon wurden zwar die einzelnen Volkswirtschaften multila-teral zusammengefaßt, es kam aber nicht zur gegenseitigen Verflechtung der Beziehungen, weil die erste Integrationsphase nach dem Bedarf der Sowjetunion ausgerichtet war
II. Die Entwicklung des Comecon
Diese Tätigkeit des RgW beschränkte sich in den ersten Jahren nach seiner Gründung hauptsächlich auf die Ausarbeitung genereller Richtlinien für den Warenaustausch. In dieser Phase, die bis 1954 andauerte, wurde das Außenhandelsverfahren mittels des staatlichen Außenhandelsmonopols vereinheitlicht. Diese mehr äußerliche Homogenität der einzelnen nationalen Volkswirtschaften konnte nicht verhindern, daß die bisherige autarke Wirtschaftspolitik, die sich am Schema der sowjetischen Wirtschaftsentwicklung orientierte, weiter fortgeführt wurde. Die vom RgW ausgehenden Integrationstendenzen waren in dieser Periode nicht stark genug, um die nationale Wirtschaftspolitik auf der Grundlage des Staatshandels aufzulockern; denn das Außenhandelsmonopol ist ein systemnotwendiger Bestandteil einer zentralen Verwaltungswirt-Schaft nach sowjetischem Vorbild. Es läßt den Außenhandel zur Funktion der Außenpolitik werden. Diese verfassungsmäßige Kompetenz ist ein wesentlicher Teil seiner politischen Souveränität und die wirtschaftliche Integration bedeutet dort die Aufteilung der politischen Macht.
Stärker als in den westeuropäischen Gemeinschaften wird der wirtschaftliche Integrationsprozeß im RgW von der politischen Auseinandersetzung geprägt. Auf der Januar-Gründungskonferenz 1949 in Moskau waren sich die Schöpfer des RgW nicht mal über die genaue Struktur der Wirtschaftsorganisation im klaren. Man hat beschlossen, eine Wirtschaftsgemeinschaft zu errichten, ohne ihre Kompetenzen, Gliederung und Befugnisse näher zu bestimmen. Bis zehn Jahre später eine formelle Satzung des RgW von den Mitgliedsländern angenommen wurde, richtete sich die Tätigkeit und Organisationform des RgW nach den adhoc-Beschlüssen der Ratstagungen.
Die 1. Tagung des RgW vom 26. bis 28. April 1949 in Moskau konstituierte endgültig die östliche Gemeinschaft als eine internationale Wirtschaftsorganisation und legte ihre Hauptaufgaben fest. Man hat vereinbart, den Außenhandel zwischen den Mitgliedsländern als Mittel der wirtschaftlichen Zusammenarbeit auszubauen. Schon auf der ersten Ratstagung tauchte das bisher nicht gelöste Problem der Preise und der Verrechnung innerhalb der Gemeinschaft auf.
Die 2. Tagung des RgW vom 25. bis 27. August 1949 in Sofia erörterte Grundsätze und Maßnahmen für eine wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit der Ratsländer und hat entsprechende Empfehlungen für zweiseitige Verträge ausgearbeitet. Die politische Gleichschaltung der Volksdemokratien und der Übergang zur langfristigen Wirtschaftsplanung blieb nicht ohne Einfluß auf den Comecon. Auf der zweiten Ratstagung wurde beschlossen, daß neben den jährlichen Handelsverträgen langfristige, den nationalen Fünfjahrplänen angepaßte Abkommen geschlossen werden sollen. Eine der augenfälligsten Leistungen des Comecon ist sicher die internationale Vereinheitlichung des Warenkaufrechts, die in Sofia 1949 begann und über zweiseitige Lieferbedingungen und formularmäßige Kontrakte schließlich zur multilateralen Lösung dieses schwierigen Problems in den Allgemeinen Lieferbedingungen des RgW von 1958 führte
Auf der 3. Ratstagung vom 24. bis 25. November 1950 in Moskau beriet man über wirtschaftliche Fragen, die durch die Koreakrise auf dem Weltmakt ausgelöst wurden. Die Verteuerung der Rohstoffe zwang die kommunistischen Länder, ihr bis dahin beibehaltenes System der Weltmarktpreise aufzugeben und den gegenseitigen Handel auf künstlich fixierten Preisen aufzubauen. Infolge des westlichen Embargos für strategisch wichtige Güter mußte sich der RgW mit der Frage der Umorganisation seines Handels befassen. Auf dieser Tagung spielte auch die Koordination der ab 1951 beginnenden Fünfjahrpläne eine wichtige Rolle.
Zwischen 1950 und 1954 fanden während der Alleinherrschaft Stalins keine Ratstagungen statt. Erst nach seinem Tode leitete die 4. Tagung des RgW vom 26. bis 27. März 1954 in Moskau einen neuen Abschnitt der Entwicklung ein. In den Mittelpunkt seiner Aufgaben wurden jetzt die Abstimmung der Produktion und die Schaffung neuer Kapazitäten gestellt. Es hat sich nämlich in der Vergangenheit gezeigt, daß ein einfacher Warenaustausch ohne gleichzeitige Koordination der Produktion unter Beibehaltung des nationalen Volkswirtschaftsrahmens zum Ausbau von Industriezweigen geführt hatte, die nicht so sehr vom ökonomi4) sehen als vielmehr vom nationalen Prestige diktiert waren. Diese Entwicklung wurde noch dadurch gefördert, daß die volksdemokratischen Länder nicht untereinander, sondern ausschließlich vertikal nach dem sowjetischen Gravitationszentrum ausgerichtet waren. Diesem „Scheinmultilateralismus" lag die Idee einer komplexen nationalen Wirtschaftspolitik zugrunde, die eine wirtschaftliche Integration hemmte. Auf der 4. Ratstagung wurde grundsätzlich anerkannt, den einseitigen Bilatera-lismus mit der Sowjetunion im Rahmen des Comecon zu beenden. Nach den Beschlüssen der Ratstagung sollten zuerst die Volkswirtschaftspläne der Volksdemokratien untereinander und in der zweiten Stufe mit dem Entwicklungsplan der Sowjetunion abgestimmt werden. Es war auch daran gedacht, den Schwerpunkt vom Außenhandel auf die Koordination der Produktion mit Hilfe der zwischenstaatlichen Investionsplanung zu verlagern. Diese Aufgabe erwies sich aber als so kompliziert, daß erst 1962 überhaupt theoretisch die Investitions-Frage im RgW erörtert werden konnte. Im Jahre 1954 machte sich das veränderte politische Klima nach dem Tode Stalins auch im Comecon bemerkbar. Da die staatspolizeilichen Klammern, die unter Stalin in erster Linie die Einheit des Ostblocks verbürgten, an Spannkraft einbüßten, war eine Änderung der bisherigen Methoden der Wirtschaftsintegration notwendig. Die neue wirtschaftspolitische Konzeption zielte nunmehr primär auf die Koordinierung der nationalen Produktionspläne und eine internationale Arbeitsteilung innerhalb des Ostblocks hin. Damit mußte auch dem RgW eine weitaus größere Bedeutung zufallen, als dies in der ersten Phase seiner Entwicklung am Ausgang der Stalin-Ära der Fall war. Das zunehmende politische Bewußtsein der Volksdemokratien und die dadurch bedingte Differenzierung der Rechtspositionen innerhalb des Ostblocks wirkte sich auf die Willensbildung und die Organisationsform des RgW aus. Um zu verhindern, daß die wirtschaftliche Integration, wie unter Stalin, allein nach Moskaus Direktiven gelenkt wird, beschloß die 4. Ratstagung, die Zusammenkünfte im RgW mindestens zweimal im Jahr durchzuführen. Außerdem wurde das bisherige Büro in ein Sekretariat umgewandelt und ein neues Organ des RgW, die Tagung der Ländervertreter im Rat, etabliert. Auf der 5. Tagung des Rates vom 24. 125. Juni 1954 in Moskau stand erneut die Abstimmung der Investitionen im Mittelpunkt der Beratung. Darüber hinaus hat man die Prioritätsskala der Koordinierungspläne für die einzelnen Produktionszweige aufgestellt Die Bemühungen der nationalen Planungsorgane sollten sich nach diesem Katalog zuerst auf den Ausbau der Schwerindustrie konzentrieren. Es folgte die Abstimmung der Maßnahmen in der Leichtindustrie, der Chemie, des Maschinenbaus und des Energiewesens. Zum erstenmal berührte man auch das heikle Thema der Rohstoffbasis des Comecon.
Die 6. Tagung des RgW vom 7. bis 11. Dezember 1955 in Budapest fiel in die Zeit des „neuen Kurses" unter Malenkow. 1955 liefen die langfristigen Handelsverträge aus; es wurde in Budapest über den Abschluß neuer Abkommen für die Zeit von 1956 bis 1960 beraten. Man legte dabei mehr als bisher Nachdruck auf die Konsumgüterversorgung.
Mit der 7. Tagung des Rates vom 18. bis 25. Mai 1956 in Ost-Berlin, die unter unmittelbarer Wirkung des 20. Parteitags der KPdSU stand, wurden die konkreten Grundlagen für die Koordinierung der nationalen Volkswirtschaftspläne festgelegt. Sie war in den vorangegangenen Monaten durch eine Reihe von Fachkommissionen gründlich vorbereitet worden. Die Tagung nahm erstmalig eine Spezialisierung und Aufteilung der Maschinenbau-produktion für 600 Erzeugnisse auf die einzelnen Mitgliedsländer des Comecon vor. Mit diesen Spezialisierungsbeschlüssen wurde der Keim für die politischen und wirtschaftlichen Spannungen im Comecon gelegt, weil sie einseitig den bisherigen industriellen Entwicklungsstand fixierten und die „DDR" und Tschechoslowakei begünstigten. Nicht zuletzt wegen des passiven Widerstandes der „armen" Länder gegen die Beschlüsse der Berliner Tagung blieben die Integrationspläne im RgW nur auf dem Papier stehen. Ein ähnliches Schicksal wurde auch dem multilateralen Clearing zuteil, der auf der Tagung mit Wirkung vom 1. Januar 1957 für die Mitgliedsländer bei der sowjetischen Staatsbank in Moskau eingerichtet worden ist. In der Praxis hat dieses Verfahren keine effektive Bedeutung erlangt, weil das Verrechnungsabkommen nur „planungsüberschüssige Waren“ der einzelnen Länder zum multilateralen Austausch vorsah. Die Folge davon war, daß die kommunistischen Länder multilateral nur minderwertige Waren bereitstellten, die im innerstaatlichen Handel keinen Abnehmer fanden. Auf der Tagung versuchte man auch, eine neue Form der Wirt-
schaftsverflechtung einzuführen. Mit Hilfe einer direkten Zusammenarbeit zwischen den Branchenministerien und den zentralen Planungsbehörden der einzelnen Mitgliedsländer glaubte man einen Hebel zur beschleunigten Integration gefunden zu haben. Auch dieser Versuch ist kaum über bescheidene Anfänge hinausgekommen. Die 8. Ratstagung vom 18. bis 22. Juni 1957 in 'Warschau mußte sich mit den wirtschaftlichen Folgen des ungarischen Aufstands vom Herbst 1956 beschäftigen und ihre auf der Berliner Tagung abgestimmten Pläne für 1956— 1960 korrigieren. Darüber hinaus beschloß der Rat, allmählich auch zur langfristigen Perspektivplanung für wichtige Produktionszweige über zehn und fünfzehn Jahre überzugehen. Im Kommunique über die Warschauer Tagung findet sich zum erstenmal der Grundsatz der „sozialistischen gegenseitigen Hilfe" aus der Zwölferdeklaration der Kommunistischen Parteien von 1957, die den völkerrechtlichen Kern des „sozialistischen Internationalismus" ausmacht und später als Rechtsgrundsatz in die Satzung des RgW ausgenommen worden ist. Grundlegende Bedeutung für die weitere Tä-, tigkeit des Rates hatte die Tagung der Vertreter der Kommunistischen und Arbeiterparteien vom 20. bis 23. Mai 1958 in Moskau. Es war offenbar die Idee Chruschtschows, die wirtschaftliche Integration im Ostblock mit Hilfe der kommunistischen Parteien neu zu beleben. In den folgenden Jahren gewinnen gemeinsame Entscheidungen der Parteivertreter immer mehr an Bedeutung. Auf der Mai-Tagung stellten die Parteiführer fest, daß es in der Vergangenheit nicht gelungen ist, die multilateralen Hauptprobleme der wirtschaftlichen Integration erfolgreich zu lösen. Um in Zukunft greifbare Ergebnisse auf diesem Gebiet zu erzielen, wurde beschlossen, die Zusammenarbeit im RgW mit Hilfe einer konsequenten Arbeitsteilung zu forcieren. Die Parteiführer erklärten „den Aufbau des Sozialismus und des Kommunismus" in den Mitglieds-ländern zum Ziel der Wirtschaftsorganisation. Die Zusammenarbeit sollte im Zeichen des wirtschaftlichen Wettbewerbs mit dem Westen zur „Stärkung der wirtschaftlichen Macht des sozialistischen Lagers" beitragen, wie es im Kommunique heißt. Eine organisatorische Umgestaltung des RgW wurde zwar schon 1958 ins Auge gefaßt, die Voraussetzungen dafür schienen aber erst fünf Jahre später gegeben zu sein.
Die 9. Tagung des RgW vom 26. bis 30. Juni 1958 in Bukarest diente vor allem der Verwirklichung der Beschlüsse der vorausgegangenen Parteikonferenz. Die Ständige Kommission für Wirtschaftsfragen wurde beauftragt, ein Dokument über die Grundprinzipien der internationalen Arbeitsteilung auszuarbeiten. Außerdem wurde empfohlen, bis Ende Oktober 1958 zweiseitige Konsultationen über den Warenaustausch für die Jahre 1961— 1965 auf der Basis der Stoppreise von 1958 durchzuführen. Auch die 10. Ratstagung vom 11. bis 13. Dezember 1958 in Prag erörterte die Direktiven der Parteivertreter zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Comecon. Auf dieser Tagung beschloß man, eine Erdölleitung aus der Sowjetunion in den europäischen Teil des Ostblocks zu bauen, um den Bedarf der Volksdemokratien an Erdöl bis 1980 sicherzustellen.
Auf der 11. Tagung des RgW vom 13. bis 16. Mai 1959 in Tirana tauchte die von Chruschtschow auf dem 21. Parteitag der KPdSU verkündete Parole von der „entscheidenden Etappe im Wettbewerb mit dem Kapitalismus" auf. Die Tagung billigte die von den Ständigen Kommissionen ausgearbeiteten Pläne zur Spezialisierung von chemischen Ausrüstungen und bestimmten Gruppen der Maschinenbau-erzeugnisse.
Auf der 12. Tagung des RgW vom 10. bis 14. Dezember 1959 in Sofia wurde die Satzung des RgW und die Konvention über die Rechts-fähigkeit, die Privilegien und Immunitäten des Rates von den Delegierten behandelt und angenommen. Damit hörte erst zehn Jahre nach der Errichtung der Wirtschaftsorganisation der „statutlose Rechtszustand" auf.
Die 13. Tagung des Rates vom 26. bis 30. Juli 1960 in Budapest faßte den Beschluß, gemeinsame Pläne zur Entwicklung der Volkswirtschaft bis zum Jahre 1980 zu organisieren. Die Ratstagung widmete den größten Teil ihrer Arbeiten der internationalen Spezialisierung in der Landwirtschaft. Hierfür lagen entsprechende Richtlinien der zweiten Konferenz der kommunistischen Parteiführer vom 2. bis 3. Februar 1960 in Moskau über Agrarfragen vor. Die 13. Ratstagung nahm außerdem ihre Geschäftsordnung und eine Mustersatzung für die Ständigen Kommissionen an, die die Verfassung des RgW materiell und formell ergänzen. Auf der 14. Ratstagung vom 28. Februar bis 3. März 1961 in Ost-Berlin stand der Aufbau der chemischen Industrie, die Abstimmung der gegenseitigen Warenlieferungen bis 1965 und der Ausbau der Seehandelsflotte und der Häfen im Mittelpunkt der Beratungen.
Die 15. Ratstagung vom 12. bis 15. Dezember 1961 in Warschau billigte den von der Ständigen Kommission für Wirtschaftsfragen ausgearbeiteten Entwurf der „Grundsätze der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung" im RgW. Die auf der Tagung anwesenden Delegierten stimmten ausdrücklich dem neuen Programm und den Beschlüssen des 22. Parteitags der KPdSU zu, die wirtschaftspolitische Grundsätze für die östliche Integration enthielten. Zu den Aufgaben der sowjetischen KP „in Gemeinschaft mit den kommunistischen Parteien der anderen sozialistischen Länder"
Für die weitere Entwicklung wurden die polnischen Initiativen mitbestimmend. Mit sowjetischer Zustimmung und Rückendeckung gingen die polnischen Überlegungen dahin, auf Grund der veränderten politischen Lage stärker als bisher ins Spiel zu kommen. Man witterte nach dem Bruch zwischen Moskau und Peking die Chance, aus der hinteren Reihe der unterentwickelten Länder im Comecon nach vorn zu rücken und sich bei der industriellen Besitzaufteilung ein entscheidendes Mitspracherecht zu sichern. Schon im März 1959 machte Gomulka auf dem dritten Parteitag der polnischen KP den Anspruch Polens geltend, als Industrie-Agrarland zu erscheinen. Zugleich warf Gomulka seinen Lieblings-gedanken einer „differenzierten Integration“ im Ostblock in die Diskussion. Wenn es Polen gelang, die übrigen Vertragspartner davon zu überzeugen, daß im gegenwärtigen Zeitpunkt eine „subregionale Integration" mehr Aussicht auf Erfolg verspreche als die „ratslaterale", dann würde Polen auf Grund seiner Lage zwischen den drei Industrieländern zum politischen Zünglein an der Waage des Comecon werden.
Da die Sowjetunion eine autarke Wirtschaftspolitik verfolgt, ist die polnische Stimme im Chor der übrigen Länder von nicht zu unterschätzendem Gewicht, zumal die „Industriestaaten", die „DDR" und die Tschechoslowakei, mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Auf der Berliner Tagung des Rates im Mai 1956 ergingen die ersten Spezialisierungsbeschlüsse, die die beiden Länder innerhalb des RgW privilegierten und die zu einer Dreieckgemeinschaft mit der UdSSR führen sollten. Diese wirtschaftspolitische Grundkonzeption dauerte jedoch nicht sehr lange. In der Tschechoslowakei verringerte sich die industrielle Zuwachsrate rapide und die „DDR" geriet durch die Flucht der Arbeitskräfte und die politische Krise um Berlin in Schwierigkeiten. Eine Umschichtung der Beziehungen zwischen diesen drei Ländern leitete der langfristige Handelsvertrag für 1961— 1965 vom 21. November 1959 zwischen der „DDR" und der UdSSR ein. Nach der Errichtung der Mauer in Berlin wurde im Beschluß
Kurz danach wurde auf Antrag des ZK der polnischen KP eine Konferenz der kommunistischen Partei-und Regierungschefs für den 6. Juni 1962 über die Richtung der gemeinsamen Wirtschaftspolitik im Comecon nach Moskau einberufen. Die Delegierten haben bedeutsame Beschlüsse zur organisatorischen Umgestaltung des RgW gefaßt. An Stelle der Ländervertreter ist ein Vollzugsorgan, das Exekutivkomitee, mit größeren Befugnissen getreten. Das Kommunigue über die Konferenz brachte zum Ausdruck, daß die östliche Wirtschaftsgemeinschaft in eine neue Entwicklungsphase getreten sei. Die Beschlüsse sollten den Übergang der wirtschaftlichen Zusammenarbeit „administrativen Typs" zu einer sozialistischen Integration nach dem Prinzip der ökonomischen Effektivität einleiten. Das wirtschaftspolitische Integrationsprogramm enthielt das Dokument vom 17. Juni 1962 über die internationale Arbeitsteilung, das von den Delegierten angenommen worden ist.
Die Festlegung allgemeiner Grundsätze der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Comecon hatte zur Folge, daß unter den Mitgliedsländern ein Tauziehen um die Anerkennung als „Industrieland" begann. Einen Monat nach der Konferenz setzte sich ein anonymer Leitartikel in der theoretischen Zeitschrift der polnischen KP, „Nowe Drogi", für eine rasche Verwirklichung der Grundsätze der internationalen Arbeitsteilung und eine langfristige Planung im RgW ein. Die Polen bemühten sich in der Folgezeit den anderen Partnern klar zu machen, daß sie als Kohlelieferanten aus mehreren Gründen in Zukunft ausscheiden. Sie gehen dabei von der Annahme aus, daß der Anteil des Erdöls im Verhältnis zur Kohle im Comecon rasch zunehmen wird. Da Polen sich auf den Ausbau der rentableren verarbeitenden Industrie konzentrieren will, kann es seine Aufbaupläne nur mit Hilfe fremden Kapitals verwirklichen, und da es aus eigener Kraft
Schon unmittelbar nach der Juni-Konferenz 1962 kam es während des Besuchs einer polnischen Partei-und Regierungsdelegation im Oktober 1962 in der „DDR" zu Gesprächen mit Ulbricht. Am 10. Oktober 1962 erklärte Gomulka vor der Volkskammer, daß die wirtschaftlichen Probleme der beiden Länder nicht mehr bilateral gelöst werden könnten. Polen besitze zwar eine breitere Rohstoffbasis als die „DDR", die jedoch auch begrenzt sei. Es sei zwar wie bisher „im Rahmen seiner Möglichkeit“ bereit, den Rohstoffbedarf des deutschen Partners zu berücksichtigen, doch die Zukunft der beiden Länder liege im Ausbau der verarbeitenden Industrie. Der Hinweis auf die „multilateralen Möglichkeiten" war eine höfliche Umschreibung der veränderten polnischen Wirtschaftspolitik im Comecon. Nadi der Bindung der „DDR" an die Sowjetunion glaubt Gomulka durch eine engere Gemein-schäft mit der Tschechoslowakei den Eintritt in den „Industrie-Club" erreichen zu können. Dieser Gedanke ist nicht neu und reicht bis zu den Konföderationsplänen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, die später von Stalin fallen gelassen wurden.
Die neue Orientierung wurde durch das polnisch-tschechoslowakische Wirtschaftsabkommen vom 10. September 1960 eingeleitet. Artikel 7 des umfangreichen Abkommens setzte
Die polnische Theorie der „subregionalen Integration" im Comecon kann solange auf die sowjetische Zustimmung rechnen, als sie nicht die zentralistische Konzeption der Sowjetunion gefährdet. Bei der grundsätzlichen Anerkennung der Integrationsziele im RgW geht es allen Mitgliedsländern darum, sich rechtzeitig die Verfügungsgewalt über die zu errichtende Industriebasis zu sichern.
Nach der Juni-Konferenz der kommunistischen Parteiführer von 1962 begannen die Vorbereitungen für die Errichtung einer zentralen Planungsbehörde des RgW. Nach polnischem Vorschlag sollte das am 28. September 1962 errichtete Planungsbüro des Exekutivkomitees mit Hilfe der Ständigen Kommissionen für Statistik, Normen, Außenhandel und für Wirtschaftsfragen im Rahmen des reformierten Sekretariats einen „zusammenhängenden, internationalen und systematischen Stab der Zusammenarbeit" bilden. Auf diese Weise könnte daraus die „Keimzelle" einer supranationalen Planungsbehörde entstehen.
Nach dem Vorstoß Chruschtschows auf dem Novemberplenum des ZK zur Errichtung einer übernationalen Planungsbehörde im RgW kam es auf der 17. Ratstagung vom 14. bis 20. Dezember 1962 in Bukarest zum erstenmal zu einer lebhaften Diskussion zwischen der rumänischen Vertretung und den übrigen Teilnehmern über die künftige Wirtschaftspolitik. Pläne, die zur Beschlußfassung im Exekutivkomitee vorgesehen waren, wurden verschoben. Nach der Tagung sprach der polnische Vertreter im RgW 10) von der „Konfrontation der Meinungen" und einem „schöpferischen Kompromiß" der Tagungsteilnehmer. Mit dem ausdrücklichen Hinweis auf den Vorschlag einer supranationalen Planungsbehörde betonte er, daß die kollektive Leitung der Integration immer komplizierter und schwieriger werde. Sowohl gegen die gemeinsame Planung als auch gegen die internationale Arbeitsteilung legte der rumänische Vertreter auf der 6. Sitzung des Exekutivkomitees im Mai 1963 in Warschau Veto ein. Als es zu keiner Verständigung mit den Rumänen im Exekutivkomitee gekommen war und auch diplomatische Aktionen
In die ohnehin merklich spannungsgeladene Atmosphäre der sowjetisch-rumänischen Beziehungen platzte der inzwischen berühmt gewordene Walew-Plan hinein. Im Februarheft des Mitteilungsblattes der Moskauer Universität hat der sowjetische Geograph Walew den Vorschlag unterbreitet, an der unteren Donau aus einem Teilgebiet der Uferstaaten Rumänien, Bulgarien und der Sowjetunion einen supranationalen Wirtschaftskomplex zu schaffen. Etwa zur gleichen Zeit wurde in Prag im Rahmen der Ständigen Kommission für Wirtschaftsfragen des Comecon von der theoretischen Zeitschrift des internationalen Kommunismus „Probleme des Friedens und des Sozia-lismus"
Nach diesem vorläufigen Unentschieden in dem sowjetisch-rumänischen Disput konzentrierten sich die Arbeiten im RgW auf die Vorbereitung der nächsten Fünfjahrpläne für 1966— 1970. Bis zur 19. Ratstagung vom 28. Januar bis 2. Februar 1965 in Prag wurden zu diesem Zweck eine Reihe bilateraler Handelsabkommen zwischen den Mitgliedsländern geschlossen. In diese Zeit fiel ein bedeutsames Ereignis: Jugoslawien hat am 17. September 1964 einen Assoziierungsvertrag
Der rumänische Widerstand hat die wirtschaftlichen Ziele des RgW um mindestens fünf Jahre verzögert, wenn man von der politischen Auswirkung absieht, über den gegenwärtigen Stand der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Comecon sagte der ungarische Vertreter bei dieser Organisation, Apro
III. Die Verfassung des Comecon
1. Die Rechtsgrundlagen Eine internationale Organisation wird in der Völkerrechtslehre
Obwohl der RgW seine Tätigkeit schon 1949 ausgenommen hatte, unterzeichneten die Gründerstaaten sein Statut
Die Entstehung und Weiterentwicklung des Comecon hat keine Parallele in der internationalen Praxis. Ursprünglich lag der Gründungsbeschluß vom 25. Januar 1949 vor, der nur eine völkerrechtliche Vereinbarung über die Schaffung einer internationalen Organisation enthielt und nicht von den Ländern ratifiziert wurde. Die vollständige Organisationsform entstand erst innerhalb von zehn Jahren durch die Beschlüsse der Ratstagung und der Parteikonferenzen. An diesem Verfahren hat sich aber auch nach der Annahme der Satzung nicht viel geändert, Parallel zu wirtschaftlichen Reformen in der östlichen Gemeinschaft verliefen auch die zahlreichen Versuche, die Organisationsform elastischer und wirksamer zu gestalten. Um eine funktionierende inter-nationale Arbeitsteilung im RgW zu vollziehen, sollten nach der Vorstellung Chruschtschows auch die Aufgaben der beiden multilateralen Organisationen im Ostblock gegeneinander abgegrenzt und ihre Kompetenzen schärfer als bisher umrissen werden.
Multilaterale Wirtschaftsklauseln enthalten nämlich sowohl das Statut des RgW von 1959 als auch der Warschauer Pakt in Art, 8. Diese Kollision der Kompetenzen steht dem Gedanken einer internationalen Arbeitsteilung entgegen. Bis 1962 herrschte noch in der Wissenschaft und Praxis eine militärisch-politische Konstruktion des Ostblocks vor. Die Bestimmung des Warschauer Paktes über eine multilaterale wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit wurde als Grundnorm der Ost-integration betrachtet, die in bilateralen Verträgen und in der RgW-Satzung konkretisiert wird
In dem September-Heft „Probleme des Friedens und des Sozialismus" führte Chruschtschow programmatisch aus, daß der War-schauer Pakt „dem Wesen nach ein militärpolitisches Bündnis der sozialistischen Staaten" sei. Durch diese „authentische" Interpretation der kommunistischen Staatenverbindungen sahen sich östliche Völkerrechtler
Die Verfassung des Comecon fußt auf mehreren Rechtsquellen: 1. Das Gemeinschaftsrecht steht in dem Gründungsbeschluß der Moskauer Konferenz vom 25. Januar 1949, den ad-hoc-Beschlüssen der Ratstagungen und der Parteikonferenzen, in der Satzung des RgW von 1959, in der Konvention über die Rechtsfähigkeit, Privilegien und Immunitäten, im Abkommen zwischen dem RgW und der UdSSR über den Sitz des Comecon in Moskau vom 7. Dezember 1961, in der Geschäftsordnung des RgW, im Statut des Sekretariats, des Exekutivkomitees und der Ständigen Kommissionen. Zur Verfassung des . Comecon gehört auch das bedeutsame Dokument über die Grundsätze der internationalen Arbeitsteilung vom 17. Juni 1962. 2. Da das Gemeinschaftsrecht des RgW im Gegensatz zur EWG kein Verordnungsrecht kennt, wird das übereinstimmende Recht der östlichen Wirtschaftsgemeinschaft durch völkerrechtliche Abkommen „gesetzt". 3. Ein wesentlicher Unterschied im Vergleich zur EWG liegt darin, daß im RgW rechts-bildende Tatsachen eine dominierende Rolle spielen. Man kann die Auffassung vertreten, daß bis zur Annahme der Satzung vom 14. Dezember 1959 das politische Leben der kommunistischen Staatengemeinschaft nur gewohnheitsrechtlich normiert war. Dieser Vorrang der Faktizität von der Normativität ist aber auch nach der Annahme der formellen Verfassung des RgW festzustellen, und viele Erscheinungen des Gemeinschaftslebens werden nicht durch den in der Satzung fixierten Willen der Mitglieder gedeckt. Wie die Praxis zeigt, gibt es im RgW keinen erhöhten Existenzschutz des primären Verfassungsrechts. Die Rechtsstruktur des Comecon ist in ihren entscheidenden Teilen unausgewogen, und da es keinen Gerichtshof gibt, sind viele offene Fragen nicht justiziabel.
Die Satzung von 1959 führte den Grundsatz der internationalen Arbeitsteilung nur in der Präambel im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Ziel des RgW an. Mit der Novellierung des Statuts und der Annahme des Dokuments über die Grundsätze der Arbeitsteilung auf der Juni-Konferenz der Parteiführer und Regierungschefs wurde dieses Prinzip Bestandteil der Funktionen und Vollmachten des RgW. Die Produktionsspezialisierung, Prozeßspezialisierung und Standortdifferenzierung (Arbeitsteilung) sind grundlegende Ordnungsund Rechtsprinzipien des Comecon geworden und sollen durch die Aufteilung der Leistungen und ihre Zusammenfassung auf ein Ziel hin das soziale Leben der kommunistischen Gemeinschaft umgestalten.
Nach den wenigen Äußerungen der östlichen Politiker und Wissenschaftler zu beurteilen, sollte das Dokument über die internationale Arbeitsteilung eine Reihe von wichtigen Grundsätzen des Gemeinschaftslebens festlegen. Wenigstens theoretisch sollte dadurch der politische Handlungsspielraum der Mitgliedsländer um elementare Bereiche verkürzt und politische Entscheidung in eine Rechts-entscheidung umgewandelt werden. Besonders die sowjetischen Stimmen
Der EWG-Vertrag geht von der stufenweisen Verwirklichung des gemeinsamen Marktes aus. Nach Artikel 8 sollen die „negativen Fünfjahrespläne"
Damit ist auch im zwischenstaatlichen Bereich das Prinzip der Planwirtschaft zum Rechtsgrundsatz erhoben worden. Dieses allgemeine und wichtigste Prinzip soll nach sowjetischer Vorstellung eine allmähliche Annäherung der volksdemokratischen Länder an die sowjetische Staatsordnung bewirken, bis die Wirtschafts-und Staatsgrenzen schließlich wegfallen. Da in den kommunistischen Verfassungen die Wirtschaftsplanung einen integralen Teil der politischen bildet, ist eine Integration zwangsläufig mit der Aufteilung der Staatsinteressen verbunden. Die kommunistische Arbeitsteilung führt zur Aufteilung der Staatsfunktionen und in der zweiten Phase zu einer Zusammenfassung in einer supranationalen Behörde. Während im Westen derselbe Prozeß durch die Aufhebung des staatlichen Dirigismus erzielt wird, mündet er im RgW, wenn die politischen Bedingungen gegeben sind, in einen föderalen Staatsverband.
Die Satzung des RgW enthält im Unterschied zur EWG einen ganzen Fächer von Zielen. Nach Artikel 1 sind die „mittleren Ziele“ der Gemeinschaft mit Hilfe der koordinierten Planung: der technische Fortschritt, Angleichung des wirtschaftlichen Entwicklungsstandes der Mitgliedsländer, Steigerung der Arbeitsproduktivität und Hebung des Wohlstandes. Die Problematik der breiten Streuung der Satzungsziele im Comecon wurde sehr drastisch in dem sowjetisch-rumänischen Streit demonstriert, als jede der beiden Parteien den ihr passenden Grundsatz für vorrangig hielt. In sowjetischer Sicht besitzt die gemeinsame Planung die Priorität, während die Rumänen die Angleichung des ökonomischen Entwicklungsstandes zum Hauptgrundsatz erheben. Da es an normativer Festlegung der hierarchischen Ziele fehlt, können die „integrationsunwilligen" Länder nicht ohne weiteres auf ein einziges Ziel festgelegt werden.
Größeres politisches Gewicht und juristische Bedeutung als die verschwommenen Ziele haben die Grundsätze in Artikel 1 Absatz 2 der Satzung. In jeder internationalen Organisation ist das politische Hauptproblem das Verhältnis der übergeordneten Gemeinschaft zu ihren Mitgliedern, die Kompetenzverteilung zwischen dem Verband und seinen Teilen. Die modernen Staatengemeinschaften stellen Persönlichkeiten des Völkerrechts dar, ohne Staaten zu sein. Durch die Übertragung von Souveränitäten entstehen begrenzte Autoritäten
Auch in dieser Hinsicht ist das Gemeinschaftsrecht der kommunistischen Staaten unausgewogen. Nach Artikel 1 Absatz 2 Satz 1 beruht der RgW auf „den Grundlagen der souveränen Gleichheit aller Mitgliedsländer". Nach Satz 2 der Vorschrift vollzieht sich die Zusammenarbeit in Übereinstimmung mit den Prinzipien der Gleichberechtigung, der Achtung der Souveränität und der nationalen Interessen, des gegenseitigen Vorteils und der gegenseitigen Hilfe. Der Grundsatz der souveränen Gleichheit ist somit ein Strukturprinzip der Gemeinschaft, während die in Artikel 1 Absatz 2 Satz 2 aufgeführten Prinzipien gleichsam seine Teilelemente bilden. Das Gemeinschaftsrecht des RgW ist eine Mischung aus traditionellen Rechtsvorstellungen und neuen Lösungsversuchen. Im Anschluß daran, daß die internationale Arbeitsteilung auf der Grundlage der zwischenstaatlichen Planung eine relativ neue Erscheinung im internationalen Leben ist, Wird von östlicher Seite
Als erster hat sich mit diesem Problem der sowjetische Völkerrechtler und Leiter der Vertragsabteilung im sowjetischen Außenministerium, Tunkin
Der polnische Völkerrechtler de Fiumel
Sicherlich ist in diesem Zusammenhang nicht ohne Interesse festzustellen, daß es Jugoslawien vorgezogen hat, den Grundsatz der „gegenseitigen Hilfe" nicht in den Assoziierungsvertrag mit dem Comecon vom 17. September 1964 aufzunehmen. Die Vertragsparteien sind übereingekommen, daß Jugoslawien im Comecon auf „der Grundlage der Prinzipien der völligen Gleichberechtigung, der Achtung der Souveränität, der nationalen Interessen und des gegenseitigen Vorteils" mitarbeitet.
Obwohl der „gegenseitige Vorteil" ein Bestandteil der staatlichen Souveränität ist, wurde er zusätzlich als Grundsatz in Artikel 1 Absatz 1 der RgW-Satzung ausgenommen. In der EWG brauchte es hierzu keiner besonderen Bestimmung, weil die gelenkte Konkurrenzwirtschaft automatisch für den Ausgleich der gegenseitigen Leistungen sorgt. Dagegen beruht der Warenaustausch im kommunistischen Staatshandelssystem nicht auf dem ökonomischen Wertgesetz, sondern auf „administrativen Preisen". Allen Warenabkommen liegt das schon in den zwanziger Jahren in der Sowjetunion entwickelte wirtschaftliche Äquivalenzprinzip, das auch in den Grundprinzipien der internationalen Arbeitsteilung vom 17. Juni 1962 vorzufinden ist, zugrunde. Als juristische Kategorie entspricht der Äquivalenz der Grundsatz des gegenseitigen Vorteils, der ungleiche Verträge
Zwar kennt die Satzung den Unterschied zwischen den ursprünglichen Mitgliedern und den später beigetretenen (Artikel 1 Absatz 1 und 2), doch diese sprachliche Fassung hat keine praktische Bedeutung. Der neu aufgenommene Staat hat alle Rechte eines ursprünglichen Vollmitgliedes. Das Aufnahmeverfahren regeln Artikel 2 der Satzung und Artikel 30— 32 der Ge-schäftsordnung des RgW. Voraussetzung für den Beitritt ist ein Gesuch an den Sekretär des Rates, in dem die Ziele und Grundsätze der Organisation vom Antragsteller anerkannt werden, über den Aufnahmeantrag entscheidet die Ratstagung. Der Antragsteller wird Mitglied des RgW mit dem Tag der Hinterlegung der Urkunde über die Ratifikation der Satzung. Als Chruschtschow den Delegierten am 6. Juni 1962 das „Ersuchen" der Mongolei um die Aufnahme in die Organisation unterbreitete, waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt.
Zu den Gründungsländern gehören laut Kommunique vom 25. Januar 1949 die Sowjetunion, Polen, Bulgarien, Rumänien, Ungarn und die Tschechoslowakei. Bis zu der konstituierenden Sitzung am 26. April 1949 in Moskau wurde Albanien im Februar 1949 in die Organisation ausgenommen. Im September 1950 trat ihr die „DDR" bei.
Nach dem 22. Parteitag der KPdSU haben sich die Mitgliedschaft und der territoriale Geltungsbereich verändert. Im Dezember 1961 hat der albanische Vertreter beim RgW der 15. Ratstagung in Warschau mitgeteilt, daß sein Land aus politischen Gründen nicht mehr an der Arbeit des Comecon teilnehmen werd. Seit dieser Zeit ist Albanien den Ratstagungen sowie den Parteikonferenzen fern geblieben und hat keine Beiträge mehr bezahlt. Formell ist es trotzdem noch Mitglied des RgW, wenn es „faktisch" auch bereits ausgeschieden ist. Die albanische Regierung hat gegen die Einberufung der Konferenz am 6. Juni 1962 und gegen die Assoziierung Jugoslawiens beim Comecon protestiert und vorgebracht, daß die ohne Mitwirkung der albanischen Vertreter gefaßten Beschlüsse rechtswidrig seien. Ihre Rechtsauffassung stützt Sich auf Artikel 6 Absatz 2 der Satzung und Artikel 20 der revidierten Geschäftsordnung der Ratstagung, die vorsehen, daß die Ratstagung nur dann beschlußfähig ist, wenn auf ihr alle Mitgliedsländer vertreten sind. Um den juristischen Schlingen der „kommunistischen Solidarität“ zu entgehen, hatten die Partei-und Regierungschefs am 7. Juni 1962 beschlossen, daß die Entscheidungen der Ratstagung auch dann rechtsgültig sind, wenn sie nur mit Zustimmung der erschienenen Vertreter getroffen werden. Man hat sich dabei freimütig darüber hinweggesetzt, daß nach dem Gemeinschaftsrecht auch für die Revision der Satzung die Zustimmung aller bisherigen Mitglieder erforderlich war.
Mehr Rechtsprobleme als aus dem faktischen Ausscheiden Albaniens und dem Beitritt der Mongolei zum RgW ergaben sich aus der Assoziierung Jugoslawiens durch das Abkommen vom 17. September 1964. Jugoslawien hatte bis dahin seinen Warenaustausch mit den Ostblockländern über die bilateralen Abkommen abgewickelt. Von jugoslawischer Seite wurde dazu offiziell erklärt, daß infolge der verstärkten Integration im Comecon die weitere bilaterale Zusammenarbeit auf die Dauer auf Hindernisse stoßen würde. Das Assoziierungsabkommen stützt sich auf die Vorschrift des Artikels 10 der Satzung. Der RgW ist befugt, andere Staaten, die nicht Voll-mitglieder sind, zur Teilnahme an der Arbeit des RgW einzuladen. Die Bedingungen dieser Zusammenarbeit werden in einem gesonderten Abkommen festgelegt. Die Assoziierung Jugoslawiens bedeutet eine stärkere Bindung als die bloße Teilnahme an der Arbeit des RgW, die z. B.den asiatischen Volksdemokratien (China bis 1961) den Status eines „Beobachters" verleiht. Für den RgW stellt das Protokoll von der 19. Ratstagung Januar/Februar 1965 in Prag die Ratifikationsurkunde dar, die am 24. April 1965 in Prag ausgetauscht wurde. Bereits nach der vorläufigen Inkraftsetzung des Abkommens hat Jugoslawien seine Verwaltungsorgane für auswärtige Wirtschaftsbeziehungen den neuen Bedingungen angepaßt. Am 13. November 1964 wurde die Kommission für die Zusammenarbeit mit dem RgW und eine ständige Mission dort eingerichtet
Der Begriff der Assoziierung wird in der Wissenschaft und Praxis sehr weit und unbestimmt verstanden. Er bezeichnet eine außerordentliche, abgeschwächte Mitgliedschaft. Das Gemeinschaftsrecht wird nur insoweit rezipiert, als dies ausdrücklich vereinbart ist. Jugoslawien gehört dem Comecon nicht schlechthin und in vollem Umfang, Sondern nur einzelnen Organen als Mitglied an. Nach Artikel 1 des Abkommens
Aus dem begrenzten Beitritt Jugoslawiens zum RgW können keine zu weitgehenden Schlußfolgerungen im Hinblick auf seinen Rechts-charakter gezogen werden. Einmal handelt es sich um ein kommunistisches Land, zum anderen bleibt offen, ob zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Vollmitgliedschaft Jugoslawiens möglich wäre, um die es sich schon 1949 vergeblich bemühte. Grundsätzlich ist für den Beitritt eines neuen Mitgliedsstaates als Voraussetzung die Bejahung der wirtschaftspolitischen Ziele der kommunistischen Staaten-verbindung erforderlich. Deshalb kann der Comecon, abgesehen von der Anerkennung des sowjetischen Führungsanspruchs, nicht als eine „offene Organisation" qualifiziert werden. Sie steht allenfalls denjenigen Staaten offen, die sich der sowjetischen Interpretation des „Aufbaus des Kommunismus" im Sinne der Präambel der RgW-Satzung vorbehaltlos verschrieben haben. 4. Funktionen und Vollmachten Im Vergleich zum früheren Rechtszustand haben sich die Funktionen des RgW nach den Reformen von 1962 nicht wesentlich geändert. Män beschränkte sich hauptsächlich darauf, die Fassung des Artikels 3 dem wirtschaftspolitischen Programm der Grundprinzipien der internationalen Arbeitsteilung anzugleichen. Der RgW unterstützt die wirtschaftliche Zusammenarbeit der Mitgliedsländer (Artikel 3 Absatz 1) bei der Verwirklichung der Arbeitsteilung. Die Legaldefinition besteht nach Artikel 3 Absatz b aus drei Elementen, die zugleich die Hauptfunktionen des Rates sind: Koordination der Wirtschaftspläne, Spezialisierung und Kooperation der Produktion. Es sind die direkten planungstechnischen Mittel zur strukturellen Umgestaltung der Mitglieds-länder. Die übrigen Bestimmungen des Artikels 3 Absatz c sind nur Hilfsinstrumente zur industriellen Großraumplanung. Die in Artikel 3 der Satzung genannten Funktionen entfalten sich im Rahmen der langfristigen Planung bis 1970 bzw. 1980. Die Vorschrift geht auf den Beschluß der Juni-Konferenz zurück, als man im RgW die langfristige Planungskoordination zur „Hauptmethode" der Integration deklarierte.
Infolge des rumänischen Widerstands gegen die sowjetischen Reformpläne kam es nicht mehr dazu, die Vollmachten des RgW wesentlich zu erweitern. Die Organe des RgW können gegenwärtig nur einstimmige Empfehlungen zur materiellen Zusammenarbeit aussprechen und in Organisations-und Verfahrens-fragen Beschlüsse fassen (Artikel 4 Absatz 1 und 2 der Satzung). Die Empfehlungen sind rechtlich nicht verbindlich und bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Mitwirkung nationaler Gesetzgebungsorgane, während die Beschlüsse am Tag der Unterzeichnung des Tagungsprotokolls rechtskräftig werden. Diese Feststellung gilt nur mit Einschränkung, weil ein Teil der Entscheidungen von den kommunistischen Parteiführern getroffen werden, die wichtige Direktiven in Wirtschaftsfragen erlassen. Eine gewisse Differenzierung bringen die Vorschriften über die Kompetenzen der einzelnen RgW-Organe mit sich. Während die Empfehlung der Ratstagung zu Grundsatzfragen ergeht, sorgen das Exekutivkomitee und die Ständigen Kommissionen für ihren Vollzug. Artikel 4 Absatz 3 Satz 2 der Satzung bestimmt, daß die Annahme der Empfehlungen im freien Ermessen der Mitgliedsländer liegt. Sie gelten nicht für die Länder, die erklärt haben, daß sie an der betreffenden Angelegenheit nicht interessiert sind. Wegen des genossenschaftlichen Charakters der internationalen Organisationen wäre ein rein passives Verhalten eines Mitglieds nicht geeignet, Rechts-folgen abzuwenden, die von den übrigen Partnern beschlossen werden. Das ungeschriebene Recht des Comecon gibt in solchem Fall die Möglichkeit, gegen Beschlüsse von „allgemeinem Interesse" ein Veto einzulegen. Davon hat anscheinend auch der rumänische Vertreter im RgW gegen die Einführung einer gemeinsamen Planung Gebrauch gemacht.
Die Verwirklichung der Empfehlungen erfolgt gemäß Artikel 4 Absalz 1 der Satzung „auf Grund von Beschlüssen der Regierungen oder anderen zuständigen Organen dieser Länder in Übereinstimmung mit ihrer Gesetzgebung". Die Willensbildung im Comecon hängt somit von der innerstaatlichen Rechtsordnung ab. Vielleicht im stärkeren Maße als im RgW haben die kommunistischen Länder ihre nationalen Einrichtungen auf die multilaterale Zusammenarbeit seit 1962 ausgerichtet. Als eine Art Ersatz für die fehlgeschlagenen Reformen wurden in allen Ländern besondere Ausschüsse für die Zusammenarbeit bei den Regierungen und auch entsprechende Abteilungen bei den Fachministerien errichtet. Betrachtet man diesen „Transformationsapparat" zur Umsetzung der Entscheidungen im RgW näher, so wirkt die Vorschrift des Artikels 4 der Satzung recht formell. Die Vorsitzenden dieser Gremien erteilen Richtlinien und üben die allgemeine Aufsicht über die Landesvertreter im RgW aus. Sie sind an der Bestätigung der Instruktionen und der Sitzungsprotokolle der RgW-Organe beteiligt und überwachen die Durchführung der Empfehlungen innerstaatlich. Schließlich ist der Vorsitzende des Komitees, der zuvor das Initiativrecht besaß, selber der Vertreter eines Landes im RgW. Es ist deshalb praktisch noch nicht vorgekommen, daß die innerstaatliche Bestätigung der Empfehlung versagt worden ist, nachdem sie von dem betreffenden Landesvertreter im RgW angenommen worden war
Wie ist aber die „führende Rolle" der kommunistischen Parteien im zwischenstaatlichen Leben zu qualifizieren? Offenbar war es eine Idee Chruschtschows, die Parteien stärker in den schleppenden Integrationsprozeß einzuschalten. „... durch die allgemeine Stärkung der Bruderparteien werden neue Formen der zwischenstaatlichen Beziehungen gefunden und entwickelt", heißt es in seinem Referat auf dem 22. Parteitag der KPdSU. Der sowjetische Völkerrechtler Schurschalow
Chruschtschow
Die Ratstagung ist beschlußfähig, wenn die erschienenen Delegationen ihr Stimmrecht ausüben. Sie können der Vorlage zustimmen, sich für „nicht interessiert erklären" oder Veto einlegen. Die Entscheidungen der Ratstagung wie auch der übrigen RgW-Organe werden nach Artikel 28 und 29 der Geschäftsordnung im Tagungsprotokoll niedergelegt, von den Delegierten unterzeichnet und im Sekretariat aufbewahrt. Eine beglaubigte Abschrift stellt der Sekretär des RgW den einzelnen Regierungen der Mitgliedsländer zu. Das Protokoll fixiert die Willenseinigung der Partner, hat aber mit einem Völkerrechtsvertrag im traditionellen Sinne nicht viel gemeinsam, da er nach Artikel 4 der Satzung die Parteien nicht bindet. c) Das Exekutivkomitee Als eine wichtige Maßnahme zur dynamischen Stärkung „eines mit weitgehenden Vollmachten ausgestatteten" RgW bezeichnete Chruschtschow
Die Kompetenzen des Exekutivkomitees umschreibt Artikel 7 Abatz 4 b. Es ist zuständig für die Plankoordinierung, Spezialisierung und Kooperation der Produktion auf der Grundlage der Internationalen Arbeitsteilung. Seine Funktion erstreckt sich auch auf die Prüfung und Durchführung der Vorlagen anderer RgW-Organe. Ihm obliegt es auch, Richtlinien für den Warenaustausch auszuarbeiten und die wissenschaftlich-tedinische Zusammenarbeit zu leiten. Es wurden ihm zu diesem Zweck umfangreiche organisatorische Kompetenzen übertragen. Ihm unterstehen das Sekretariat und die Ständigen Kommissionen. Es bestätigt ferner nach Artikel 7 Absatz 4 f den Stellen-und Haushaltsplan des Sekretariats, die Statuten der Ständigen Kommissionen, des Planungsbüros und des Sekretariats. Entgegen manchen Vermutungen kann das Exekutivkomitee nur Empfehlungen aussprechen und Beschlüsse fassen. Sämtliche RgW-Organe haben die gleichen Befugnisse, wenn auch ihre Funktionen verschieden sind. Diese nivellierende Wirkung geht von Artikel 2 Absatz 2 der Satzung aus, in der generell für alle Stufen der Willensbildung diese Form vorgesehen ist.
Ein Hilfsorgan des Exekutivkomitees ist das im September 1962 errichtete Büro für zusammenfassende Fragen der Wirtschaftsplanung, in dem jedes Mitgliedsland durch den Stellvertreter des Vorsitzenden des staatlichen Planungsamts vertreten wird.'Das Büro wurde auf dem Höhepunkt der Reformen noch vor der ZK-Sitzung der KPdSU im November 1962 gebildet und sollte mit den allgemeinen Kommissionen des RgW eine Art Keimzelle der künftigen Planungsbehörde werden. Es ist aber bisher nur ein Gremium von Experten mit beratender Stimme im Rahmen des Exekutivkomitees geblieben. Eine seiner Aufgaben liegt darin, konkrete Grundsätze der internationalen Arbeitsteilung für die praktische Anwendung auszuarbeiten. Obwohl ihm Vollmachten zur Durchsetzung der Entscheidungen fehlen, leistet es eine wichtige Vorarbeit für eine künftige Planung. d) Die Ständigen Kommissionen Die Ständigen Kommissionen wurden im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Volks-wirtschaftspläne für 1956— 1960 ins Leben gerufen und bestehen aus Wirtschaftsexperten der RgW-Länder. Bald stellte sich heraus, daß man ohne sie nicht mehr werde auskommen können. Man hat sie als ständige Branchen-kommissionen eingerichtet, deren Zahl je nach Bedarf schwanken kann. Die Grundlagen ihrer Arbeit wurden durch Beschluß der Berliner Ratstagung von 1956 festgelegt. Die Arbeit der Kommissionen erstreckt sich auf den Bereich eines bestimmten Wirtschaftszweiges. Auch nach der Neufassung der Satzung des Rates hat sich an der Rechtsstellung der Ständigen Kommissionen nicht viel geändert. Von polnischer Seite ist zwar der Versuch unternommen worden, sie mit größeren Vollmachten auszustatten und zugleich zu dezentralisieren. Diesem Versuch war jedoch kein Erfolg beschieden — im Gegenteil, die bisherigen Sekretariate der Kommissionen wurden in Abteilungen des Hauptsekretariats in Moskau umgewandelt.
Gegenwärtig gibt es folgende Ständige Kommissionen: 1. Ständige Kommission für Elektroenergie in Moskau 2. Ständige Kommission für Maschinenbau in Prag 3. Ständige Kommission für Landwirtschaft in Sofia 4. Ständige Kommission für Buntmetallurgie in Budapest 5. Ständige Kommission für Erdöl-und Gas-industrie in Bukarest 6. Ständige Kommission für chemische Industrie in Ost-Berlin 7. Ständige Kommission für Schwermetallurgie in Moskau 8. Ständige Kommission für Kohlenindustrie in Warschau 9. Ständige Kommission für Transportwesen in Warschau 10. Ständige Kommission für Bauwesen in Ost-Berlin11. Ständige Kommission für Außenhandel in Moskau 12. Ständige Kommission für Atomenergie in Moskau 13. Ständige Kommission für ökonomische Fragen in Moskau 14. Ständige Kommission für Standardisierung in Ost-Berlin 15. Ständige Kommission für Koordinierung der wissenschaftlichen und technischen Forschung in Moskau 16. Ständige Kommission, für Statistik in Moskau 17. Ständige Kommission für Valuta-und Finanzwesen in Moskau 18. Ständige Kommission für radiotechnische und elektronische Industrie in Bukarest 19. Ständige Kommission für Geologie in Ulan-Bator 20. Ständige Kommission für Leichtindustrie in Prag 21. Ständige Kommission für Lebensmittelindustrie in Sofia.
Sie teilen sich in reine Branchenkommissionen und in allgemeine Kommissionen. Zu den letzteren gehören die Kommissionen für Außenhandel, Wirtschaftsfragen, Standardisierung, Koordinierung der wissenschaftlichen und technischen Forschung, Statistik, Valuta-und Finanzfragen. Die Ständigen Kommissionen entfalten die produktivste Tätigkeit im Rat, denn nur in ihnen werden die Konzeption mit der Wirklichkeit und die Pläne mit ihrer Durchführungsmöglichkeit konfrontiert. Ihre organisatorische und verfahrensmäßige Grundlage bestimmt sich nach einem Statut, das nach Artikel 8 Absatz 1 der RgW-Satzung vom Exekutivkomitee bestätigt wird. Den Entwurf ihres Arbeitsplans fertigt die entsprechende Abteilung des Sekretariats aus. Die Ständigen Kommissionen tagen zwei bis viermal im Jahr. Die Länder werden in ihnen durch Fachminister vertreten, die über entsprechende innerstaatliche Vollmachten verfügen. Auch die Ständigen Kommissionen haben nach Artikel 8 Absatz 3 der Satzung das Recht, Empfehlungen auszusprechen und Beschlüsse zu fassen. e) Das Sekretariat Das Verwaltungsorgan des Comecon ist das Sekretariat mit Sitz in Moskau. Als übergeordnete Behörde hatte es bis 1962 Weisungsrecht gegenüber den Sekretariaten der Ständigen Kommissionen. Nach der Juni-Tagung 1962 wurde das Sekretariat reorganisiert. Bis dahin bestand sein Arbeitsapparat hauptsächlich aus dem Personal der Sekretariate der Kommissionen und hatte in erster Linie organisatorische und protokollarische Aufgaben. Gegenwärtig bilden die Sekretariate der Ständigen Kommissionen Abteilungen des Moskauer Sekretariats. Die Zahl des Personals hat sich 1962 schlagartig verdoppelt und beläuft sich zur Zeit auf etwa 250
Die Rechtsgrundlagen seiner Tätigkeit bilden Artikel 9 der RgW-Satzung, sein Statut und die Geschäftsordnung. Das Sekretariat besteht aus dem Sekretär, seinen Stellvertretern und dem erforderlichen Personal. Gegenwärtig ist der Sekretär der Sowjetrusse Faddejew, seine drei Stellvertreter sind der Pole Bajer, der Tscheche Rouzicka und der Rumäne Tabakol. Der Sekretär wird von der Ratstagung, die Stellvertreter werden vom Exekutivkomitee für vier Jahre ernannt. Zur Aufgabe des Sekretariats gehört es, Protokolle über die Rats-tagung und der anderen Organe auszufertigen, sie aufzubewahren und beglaubigte Kopien den Regierungen der Mitgliedsländer zuzustellen. Weiterhin bereitet es in Zusammenarbeit mit den Ständigen Kommissionen Entwürfe für Verträge vor. Ihm obliegt auch die Überwachung über die Erfüllung der in den Ratsorganen angenommenen Empfehlungen.
IV. Die Spezialorganisationen des Comecon
Die Spezialorganisationen sind gemeinsame Einrichtungen oder Betriebe des RgW, die durch Vereinbarungen oder Beschlüsse der zuständigen Ratsorgane errichtet werden. Sie sollen unmittelbare operative Aufgaben bei der Verwirklichung der internationalen Arbeitsteilung übernehmen. Zu diesem Zwecke verfügen sie über eigene Mittel und sind in Form internationaler juristischer Personen organisiert. Entsprechend dem Prinzip der „Interessiertheit", das ein durchgehendes rechtliches und politisches Element der gesamten Verfassung der kommunistischen Gemeinschaft ist, können an ihnen alle oder nur einzelne Mitgliedsländer teilnehmen. Sie sind von den internationalen sozialistischen Organisationen zu unterscheiden, die über den Kreis der Mitgliedsländer des RgW hinausgehen können. Zu dieser Gruppe der Organisationen gehören das Atominstitut in Dubna, das Abkommen über den internationalen direkten Eisenbahn-Güterverkehr, die Organisation für die Zusammenarbeit der Sozialistischen Eisenbahnen, die Organisation auf dem Gebiet des Post-und Fernmeldewesens und das Abkommen über die Koordinierung der Tätigkeit der Iono-Sphärendienste. Sie unterscheiden sich von den Spezialorganisationen des Comecon dadurch, daß sie satzungsgemäß nicht die Wirtschaftspolitik des RgW verfolgen und ihre Mitglieder nicht dem RgW anzugehören brauchen. Die Spezialorganisationen des Comecon gehen auf die entsprechenden Beschlüsse der Konferenz der kommunistischen Partei-und Regierungschefs im Juni 1962 zurück. In dem Kommunique über die Konferenz und in dem Dokument über die Grundprinzipien der internationalen Arbeitsteilung vom 17. Juni 1962 ist vorgesehen, gemeinsame Betriebe und vereinigte wissenschaftliche Zentren einzurichten sowie auch andere Maßnahmen ähnlicher Art in Angriff zu nehmen.
Gegenwärtig existieren folgende Spezialorganisationen des RgW:
1. Die Zentrale Dispatcherverwaltung der Vereinigten Energiesysteme in Prag. Sie wurde mit Abkommen vom 25. Juli 1962 errichtet. Es gehören ihr alle RgW-Länder ohne Albanien an.
2. Das Institut für Standardisierung in Moskau. Errichtet durch Beschluß der 16. Rats-52 tagung am 7. Juni 1962 für alle Länder ohne Albanien. 3. Das Frachtbüro in Moskau. Seine Gründung geht auf Beschluß der 17. Ratstagung im Dezember 1962 zurück. Auch hier fehlt nur Albanien. 4. Die Internationale Bank für Wirtschaftliche Zusammenarbeit. Sie wurde mit Abkommen vom 21. Dezember 1963 für alle Mitgliedsländer ohne Albanien in Moskau ins Leben gerufen. 5. Der gemeinsame Güterwagenpark. Errichtet mit Abkommen vom 21. Dezember 1963 von den Mitgliedsländern ohne Albanien. 6. Organisation für die Zusammenarbeit in der Schwarzmetallurgie (Intermetall). Sie wurde mit Abkommen vom 15. Juli 1964 ursprünglich zwischen Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn mit Sitz in Budapest errichtet. Noch im Herbst des gleichen Jahres sind ihr Bulgarien, die „DDR" und die Sowjetunion beigetreten.
Die Spezialorganisationen des Comecon stellen rechtlich eine neue Erscheinung im Ostblock dar. Man kann sie als einen Versuch ansehen, das auf dem Einstimmigkeitsprinzip und Veto aufgebaute Gemeinschaftsrecht zu modifizieren. Politisch sollen sie den Fortgang der wirtschaftlichen Integration erleichtern und die Widerstände im Rat abfangen. Es ist mit ihrer Hilfe beabsichtigt, den schwer-fälligen Befehlsweg von der Willensbildung in den Organen des Rates über die innerstaatliche Zustimmung bis zu ihrer Verwirklichung abzukürzen. Man kann in ihnen die Keime einer auch formell aufgebauten überstaatlichen Organisationsform erblicken.
Es handelt sich bei diesen Neugründungen um den ersten Schritt auf dem Wege zur Zusammenarbeit in der Produktion, weil sie vorläufig nur vorbereitende Verwaltungsausgaben zu erfüllen haben. Eine wirkliche „Internationalisierung“ der Produktionsstätten kann erst eintreten, wenn auch ein „internationales Eigentum" geschaffen worden ist. Dies ist aber nicht nur ein rechtliches, sondern in erster Linie ein hochpolitisches Problem. Internationales Eigentum müßte aus der nationalen Verfügungsgewalt der Mitgliedsländer heraus-gelöst werden, um es einer supranationalen Behörde zu unterstellen. Wie die rumänischen Vorbehalte gegen den sogenannten Walew-Plan 1964 gezeigt haben, sind dafür nicht alle politischen Bedingungen gegeben.
Audi in den Spezialorganisationen findet in der Regel noch der Grundsatz der nationalen Bestätigung der gefaßten Beschlüsse Anwendung. Eine neue Entwicklung scheint sich mit der Gründung der „Intermetall" anzubahnen, die zwar auch auf dem Einstimmigkeitsprinzip aufgebaut ist, aber es ergehen auch direkte Verfügungen an die unterstellten Betriebe unter Umgehung der einzelstaatlichen Behörden.