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Die Deutsche Frage auf der Konferenz von Potsdam | APuZ 34/1965 | bpb.de

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APuZ 34/1965 Die Deutsche Frage auf der Konferenz von Potsdam

Die Deutsche Frage auf der Konferenz von Potsdam

Ernst Deuerlein

Vom Ende der Konferenz von Jalta bis zum Anfang der Konferenz von Potsdam vom 11. Februar bis zum 17. Juli 1945, vollzog sich Jaus dem Gebiet des Deutschen Reiches ein grundlegender Wandel: An die Stelle der rasch zusammenbrechenden nationalsozialistischen Gewaltherrschaft trat die zwar vorbereitete, jedoch nicht koordinierte Verwaltung der vier Besatzungsmächte. Diese Übergangsphase kulminiert in der Doppelkapitulation von Reims und Berlin-Karlshorst, die eine Teilung vornimmt in eine Phase der vorwiegend auf deutschem Boden geführten letzten Kämpfe und in eine Phase der Einrichtung der Militärregierungen aber auch in eine Zeitspanne letzter Bemühungen, vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland eine Verständigung über das Problem der Behandlung Deutschlands herbeizuführen, und in eine Zeitspanne der Vorbereitung der Kon-Iferenz von Potsdam, die der amerikanische Historiker Herbert Feis die Periode „Zwischen Krieg und Frieden" nennt

Ablauf der Ereignisse Die wichtigsten Markierungen dieses tief in die Geschichte des deutschen Volkes eingreifenden Szenenwechsels sind:

11. Februar 1945: In Jalta geht die zweite Begegnung der Großen Drei zu Ende Das Deutsche Reich befindet sich in seiner Agonie. 12. April 1945: In Warm Spring stirbt Präsident Franklin D. Roosevelt, der den Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg bewußt gewollt hat. Er hatte auch die Ziele der amerikanischen Kriegführung benannt: Zunächst sollte Hitler niedergekämpft, danach Japan vernichtend geschlagen werden.

In der Hoffnung auf beständigen Frieden in der einen ungeteilten Welt verließ Roosevelt die Zeitlichkeit Sein Nachfolger, Vizepräsident Harry S. Truman, ist mit den außenpolitischen Fragen der Vereinigten Staaten, die politisch und militärisch den Sieg der Mächte der Anti-Hitler-Koalition ermöglichten und verbürgten, nicht vertraut. Eine im amerikanischen Außenministerium eilig gefertigte Notiz orientiert ihn über die weltweiten Verpflichtungen des Landes, dessen Regierung er übernehmen muß

7. Mai 1945: Der Forderung der Konferenz von Casablanca entsprechend kapituliert die Wehrmacht an allen Fronten. Auf Verlangen der Sowjetunion findet eine rechtlich und militärisch bedeutungslose Wiederholung dieses Aktes in der Nacht vom 8. zum 9. Mai in der Pionierschule in Berlin-Karlshorst statt Die Tatsache, daß die deutsche Wehrmacht zweimal kapitulieren mußte, mutet als gespenstische Vorwegnahme der Teilung der Welt in zwei bestimmende Machtblöcke an: Die Einheit der Mächte der Anti-Hitler-Koalition fiel in der ersten Stunde des Sieges auseinander. Zwar hatten sich die Mächte in langwierigen Verhandlungen darüber verständigt, wie Deutschland kapitulieren, wie es in Besatzungszonen und Berlin in Besatzungssektoren eingeteilt und welcher Mechanismus zur Kontrolle Deutschlands errichtet werden sollte; doch fehlten Vereinbarungen über die Maßnahmen, die in Deutschland ergriffen, und über die Richtlinien, nach denen Deutschland verwaltet und regiert werden sollte Am 11. Mai wurde der „Neuen Zürcher Zeitung" aus London berichtet: „Im politischen Gespräch ist zunächst nur die erstaunte Frage vernehmbar, ob diese totale Übernahme der Verantwortung als Ergebnis der bedingungslosen INHALT dieser Ausgabe Ereignisse Ablauf der amerikanische Aktenpublikation Die „The Conference of Berlin 1945"

I. Die äußere Vorbereitung der Konferenz 1. Festlegung von Zeit und Ort 2. Entsendung des amerikanischen Sonderbotschafters Hopkins nach Moskau 3. Entsendung des amerikanischen Son-

derbotschafters Davies nach London II. Die endgültige Einnahme der Besatzungszonen in Deutschland und der Besatzungssektoren in Berlin 1. Westliche Besorgnisse und Befürchtungen 2. Die Vereinbarungen über die Besetzung Deutschlands und die Vier-

Mädite-Vereinbarung von Berlin 3. Amerikanisch-sowjetische Verhandlungen über die alliierte Besetzung Berlins 4. Die Erkundung des amerikanischen Generals Parks 5. Die Durchführung des Truppenaustausches

III. Die sachliche Vorbereitung der Konferenz vornehmlich durch Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika 1. Die Frage der Teilung Deutschlands 2. Finanzund wirtschaftspolitische Auffassungen und Absimten 3. Amerikanische Stellungnahmen zu Gebietsforderungen an Deutschland 4. Notenwechsel über die Vertreibung der deutschen Bevölkerung bezw.

deutscher Minderheiten 5. Unterschiedliche Ansichten über die amerikanische Besatzungspolitik In der nächsten Ausgabe IV. Verlauf der Konferenz 1. Eröffnung am 17. Juli 1945 2. Arbeitsweise 3. Die erste Konferenzphase (17. — 25. Juli 1945)

4. Wechsel in der Führung der britischen Delegation 5. Vorentscheidungen in der sowjetischen Besatzungszone 2. Die zweite Konferenzphase (28. Juli — 2. August 1945)

V. Ergebnis der Konferenz 1. Das „Abkommen von Potsdam“

2. Das „Abkommen von Potsdam" und das deutsche Volk 3. Propaganda mit dem „Abkommen von Potsdam"

4. Zur Beurteilung der Konferenz Kapitulation gewollt war. Geplant ist dafür jedenfalls nicht worden. Das zeigt schon die relativ geringe Zahl von Beamten, Fachleuten und G 5-Offizieren, also Offizieren der Militärregierung, die zur Führung der Geschäfte in Deutschland ausgebildet wurden."

5. Juni 1945: Die Regierungen Großbritanniens, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten von Amerika sowie die Provisorische Regierung der Französischen Republik übernehmen in Deutschland die oberste Regierungsgewalt Zur Begründung dieser Maßnahme erklären sie: „Es gibt in Deutschland keine zentrale Regierung oder Behörde, die fähig wäre, die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Ordnung, für die Verwaltung des Landes und für die Ausführung der Forderungen der siegreichen Mächte zu übernehmen."

Damit war ein Kondominium, eine gemeinsame Regierung eines besiegten und besetzten Landes proklamiert. Dessen technische Grundlagen standen fest, doch fehlten Richtlinien für die gemeinsame und einheitliche Ausübung der übernommenen Gewalt.

Mit Bedauern und Besorgnis wurde in Washington zur Kenntnis genommen, daß bei dieser ersten Zusammenkunft der vier Oberbefehlshaber weder die Konstituierung des Kontrollrats noch die Besprechung dringender Probleme, vor allem wirtschaftlicher Natur, erfolgt war. Marschall Schukow machte dafür den Rückzug der amerikanischen und britischen Truppen aus Thüringen, Sachsen und Mecklenburg zur Bedingung.

17. Juli 1945: Im Empfangssaal des Schlosses Cäcilienhof zu Potsdam wird die erste — und für zehn Jahre die einzige — Gipfelkonferenz der Nachkriegszeit eröffnet.

Auf der Konferenz von Potsdam wurden alle Probleme, die am Horizont der internationalen Politik standen, erörtert. Deutschland kam dabei oft und in vielfältiger Beleuchtung zur Erörterung. Die Konferenz endete überstürzt mit Vereinbarungen, über deren Auslegung und Anwendung vor allem im Hinblick auf Deutschland die Mächte sich schieden. Aus der Unfähigkeit, sich vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges über die Behandlung Deutschlands zu verständigen, wurde die Unmöglichkeit, Deutschland gemeinsam zu verwalten.

Die amerikanische Aktenpublikation „The Conference of Berlin 1945“

Vorbereitungen und Verhandlungen der Konferenz von Potsdam wurden zunächst durch bruchstückhafte, mehr Mutmaßungen als Mitteilungen enthaltene Presseberichte bekannt

Konferenzteilnehmer, vornehmlich Premier-minister Churchill und Präsident Truman, ga-ben erste Einblicke in die Problemstellungen und Gruppierungen der Konferenz Im Frühjahr 1961 veröffentlichte das amerikanische Außenministerium in seiner Reihe „Foreign Relations of the United States. Diplomatie Papers" unter dem Titel „The Conference of Berlin (The Potsdam Conference) 1945" ein Aktenwerk, das die unzulänglichen Presseberichte und die nachträglich gefertigten Niederschriften und Erwägungen durch Primärquellen ersetzt. Es handelt sich dabei — was nicht übersehen werden sollte — nur um eine Auswahl der amerikanischen Akten, doch umfassen diese zwei Bände mit insgesamt 3 037 Druckseiten. Der Umfang erklärt sich nicht nur aus der Dauer der Konferenz, vom 17. Juli bis 2. August 1945, sondern auch aus der sorgfältigen Bearbeitung durch eine Historikergruppe des amerikanischen Außenministeriums. Diese legt nicht nur die Niederschriften der Besprechungen und Verhandlungen in Potsdam, sondern auch Schriftstücke über die Zurüstungen und Absprachen innerhalb der amerikanischen Regierung und unter den verbündeten Mächten vor.

Der erste Band ist ausschließlich den Texten der Vorbereitung der Konferenz vorbehalten.

Diese, bedeutender und erregender als die Konferenzprotokolle, sind in vier unterschiedlich große Abschnitte gegliedert: Der erste Teil befaßt sich mit der Genesis der Konferenz; er bietet den zwischen den drei Mächten geführten Schriftwechsel über die Einberufung der Konferenz und die Berichte der von Präsident Truman als Sonderbotschafter nach Moskau und London geschickten amerikanischen Diplomaten. Der zweite Teil bietet Texte über die endgültige Vereinbarung der Konferenz. Abschnitt III enthält die „General Backround Reports", allgemeine Berichte über den Unterund Hintergrund der Zusammenkunft der drei Regierungschefs auf deutschem Boden; seine drei Kapitel beschäftigen sich mit Fragen der allgemeinen Politik, mit den Imponderabilien Europas und Problemen des internationalen Kommunismus. Der vierte Abschnitt, dem Umfang nach der größte, bringt „Empfehlungen und Darstellungen über die jüngste Entwicklung der Fragen, die auf der Konferenz behandelt werden sollen Seine Texte sind in zahlreichen Kapiteln zusammengefaßt, die mit den Überschriften „Allgemeine Probleme", „Europäische Fragen", „Fernostfragen", „Angelegenheiten des Nahen Ostens und Afrikas" versehen sind. Die Behauptung ist zulässig, daß alle weltpolitischen Probleme im Zeitpunkt der deutschen Niederlage in die-sen Texten entweder ausführlich erörtert oder zumindest angesprochen werden. Das Unterkapitel „Europäische Fragen" des vierten Abschnittes enthält eine Deutschland betreffende umfangreiche Textgruppe, die fast ausschließlich wirtschaftlichen Angelegenheiten gewidmet ist

Der zweite Band ist der Konferenz selbst gewidmet. Er bringt ein „Tagebuch des Präsidenten Truman" die Protokolle und Berichte über den Verlauf der Konferenz und die Konferenzprotokolle und Ergänzungsschriftstücke Fünf Anhänge bieten ergänzende Texte Der Aktenedition des amerikanischen Außenministeriums sind Photographien, Faksimiles von Dokumenten und Karten beigegeben. Das Thema Deutschland schlug durch alle Phasen und Bereiche der der Konferenz von Potsdam vorausgehenden diplomatischen Vorbereitungen durch. Es war ein zentrales Problem der Beratungen der drei Regierungschefs — es war jedoch nicht die einzige Angelegenheit, die diese am runden Tisch des Schlosses Cä-cilienhof besprachen.

Aus vielen Schriftstücken tritt — unsicher und tastend — das Bemühen zutage, das deutsche Problem politisch zu bewältigen, nachdem es militärisch gelöst war. Das erhebende Selbstbewußtsein, auf dem Schlachtfeld einen triumphalen Erfolg erkämpft zu haben, verband sich mit der zunächst von Zweifel freien Über-zeugung, auch den Frieden gewinnen zu können. Doch meldeten sich bereits unruhige Stimmen zu Wort, für die die Morgenröte der anbrechenden Epoche, unseres Zeitalters, nicht verheißungsvoll, sondern furchterregend war. Das Nebeneinander der Ansichten und Erwartungen läßt die Bemühungen und Bestrebungen dieser Zeitspanne, die für die Deutschen dunkel und kalt wie die Stunde vor Sonnenaufgang war, in einem schillernden Zwielicht erscheinen.

I. Die äußere Vorbereitung der Konferenz

1. Festlegung von Zeit und Ort Bevor die Waffen in Europa verstummten, sprach Premierminister Churchill am 6. Mai 1945 in einem Telegramm an Präsident Truman von der Notwendigkeit eines Treffens der drei Regierungschefs „sobald als möglich". Zur Begründung führte er an, die zu klärenden Angelegenheiten könnten schwerlich durch Schriftwechsel vorangebracht und gelöst werden. Gleichzeitig beschwor Churchill den amerikanischen Präsidenten, die Verhältnisse der Waffenruhe nicht zu Gunsten der Sowjetunion zu verändern: „Zwischenzeitlich sollten wir an der bestehenden Lage, die unsere Armeen in Jugoslawien, in Österreich, in der Tschechoslowakei, an der amerikanischen Hauptfront im Mittelabschnitt und an der britischen Front, die bis nach Lübeck, einschließlich Dänemarks, hinaufreicht, geschaffen haben oder noch schaffen werden, unverrückbar festhalten. Die beiden Armeen werden während der nächsten paar Tage mit dem Sammeln der Gefangenen viel zu tun haben; wir dürfen hoffen, daß die Feiern anläßlich des Sieges in Europa ebenfalls die Öffentlichkeit zu Hause beschäftigt halten werden. Danach, glaube ich, müssen wir unsere Haltung gegenüber den Sowjets ernsthaft erwägen und ihnen zu erkennen geben, wie-viel wir anzubieten oder zurückzuhalten haben."

Präsident Truman war zwar mit einer Zusammenkunft einverstanden, meinte jedoch: „Mir ist es lieber, wenn die Bitte um ein derartiges Dreiertreffen von Marschall Stalin und nicht von einem von uns beiden kommt. Vielleicht stehen Ihnen irgendwelche Möglichkeiten zur Verfügung, mit Hilfe derer man versuchen könnte, Stalin zu bewegen, ein derartiges Treffen vorzuschlagen oder zu erbitten. In der Zwischenzeit ist es meine derzeitige Absicht, auf unserer Auslegung der Vereinbarungen von Jalta zu beharren und in bezug auf alle die strittigen Fragen fest unsere derzeitige, bekannte Haltung zu vertreten." Churchill widersprach der Ansicht des amerikanischen Präsidenten und gab zu bedenken: „Ich glaube, wir sollten entweder gemeinsam oder getrennt zur gleichen Zeit eine Einladung an Stalin ergehen lassen, uns in irgendeiner vereinbarten, unzerstörten Stadt in Deutschland zu einem Dreiertreffen im Juli zu begegnen. Wir sollten nicht an irgendeiner Stelle innerhalb der derzeitigen russischen Militärzone Zusammentreffen. Zweimal nacheinander sind wir zu Stalin gekommen". Im weiteren Verlauf seines Telegramms vom'11. Mai betonte Churchill, er würde von sich aus Mitte Juni vorgeschlagen haben, wenn nicht Präsident Truman auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht hätte, zum Wechsel des Haushaltjahres — 30. Juni — in Washington anwesend sein zu müssen

In einem zweiten Telegramm vom 11. Mai sprach Churchill von seiner Befürchtung, daß im Verlauf des russischen Vorrückens durch Deutschland an die Elbe „schreckliche Dinge"

geschehen seien; die geplante Zurücknahme des amerikanischen Heeres auf die Besatzungslinien nannte er „eines der melancholischsten Ereignisse der Geschichte". Danach, wenn das Territorium von den Russen besetzt wäre, wäre Polen völlig eingeschlossen und tief im russisch besetzten Land begraben. Die russische Grenze verliefe dann in der Tat vom Nordkap in Norwegen längs der finnisch-schwedischen Grenze, über die Ostsee zu einem Punkt gerade östlich von Lübeck, längs der derzeitig vereinbarten Besatzungslinie und längs der Grenze zwischen Bayern und der Tschechoslowakei zu den Grenzen Österreichs, das nominell unter der Besetzung der vier Mächte steht, und halb durch dieses letztere Land zum Isonzo, hinter dem Tito und Rußland alles für sich beanspruchen werden, was nach Osten zu liegt. Somit würden die unter russischer Herrschaft stehenden Territorien die baltischen Provinzen, das gesamte Deutschland bis zur Besatzungslinie, die gesamte Tschechoslowakei, einen großen Teil Österreichs, das ganze Jugoslawien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien umschließen, und Griechenland, das sich zur Zeit in einer äußerst unsicheren Lage befindet, berühren.

Die russische Herrschaft würde ebenfalls alle großen Hauptstädte Mitteleuropas umfassen:

Berlin, Wien, Budapest, Belgrad, Bukarest und Sofia. Churchill meinte in diesem Zusammenhang, die russische Forderung an Deutschland auf Reparationen allein würde so hoch sein, daß die Sowjetunion die Besetzung Deutschlands beinahe ins Unendliche ausdehnen könne. Er beschwor danach den amerikanischen Präsidenten: „Es ist höchste Zeit, daß diese gewaltigen Probleme von den Großmächten als Ganzes geprüft werden. Wir ha-ben auf unserer Seite einige bedeutende Pfänder, deren Einsatz eine friedliche Regelung herbeiführen könnte. Erstens, bevor sich die Alliierten aus ihren derzeitigen Stellungen auf die Besatzungslinie zurückziehen, müssen wir mit der polnischen Lösung einverstanden sein, und ebenfalls mit dem zeitweiligen Charakter der russischen Besatzung Deutschlands."

Auch Churchills weitere Vorschläge und Beschwörungen machten keinen Eindruck. In einem Gespräch mit Mitarbeitern und Beratern erklärte der amerikanische Präsident, er sei gegen ein Treffen in Deutschland, da er glaube, daß dieses Mal Stalin nach dem Westen kommen solle; er dachte an einen Konferenzort in Alaska. Auch lehnte er den Vorschlag Churchills, der Dreierkonferenz britisch-amerikanische Besprechungen vorausgehen zu lassen, ab, weil diese in der Sowjetunion den Eindruck entstehen lassen könnten, Amerikaner und Briten machten „gemeinsame Sache" gegen ihren dritten Verbündeten. Charles Bohlen, damals und heute Ostexperte des amerikanischen Außenministeriums, widersprach ihm in allen Fragen;

er glaubte, daß ein Ort näher an Moskau, in Deutschland oder an anderer Stelle vorzuziehen sei, da Stalin auf schnelle und sichere Verbindung mit Moskau Wert lege — auch hatte er keine Bedenken gegen eine britischamerikanische Vorkonferenz. Der amtierende amerikanische Außenminister Grew schlug Wien als Konferenzort vor — eine Empfehlung, die Präsident Truman nicht ungünstig aufnahm* Die Entscheidung fiel jedoch nicht in Washington, sondern in Moskau. Während der Besprechung zwischen Marschall Stalin und dem amerikanischen Sonderbotschafter Hopkins am 26. Mai in Moskau wurde als Ort der Konferenz die „Gegend von Berlin" erwähnt Stalin telegraphierte am 27. Mai an Premierminister Churchill: „Herr Hopkins, der in Moskau eingetroffen ist, hat im Namen des Präsidenten ein Dreiertreffen für die nächste Zeit vorgeschlagen. Ich halte dieses Treffen für notwendig und glaube, daß es am bequemsten in der Umgebung von Berlin durchzuführen sein würde. Das wäre richtig und politisch gut. Haben Sie Einwände dagegen?" Churchill antwortete Stalin am 29. Mai: „ 1. Betr. Ihre Mitteilung vom 27. Mai. Ich freue mich sehr darüber, mit Ihnen und Präsident Truman in Kürze in dem erhalten gebliebenen Teil von Berlin zusammenzutreffen. Ich hoffe, daß dies etwa Mitte Juni möglich sein wird. 2. Ich habe das gleiche Telegramm an Präsident Truman gesandt, der mir mitteilte, daß dieser Punkt in Ihren Unterredungen mit Herrn Hopkins zur Sprache kam. Alle guten Wünsche. Es liegt mir sehr daran, Sie bald zu treffen." Präsident Truman beantwortete noch am gleichen Tage die Mitteilung Churchills: „Ich prüfe derzeit die Festlegung eines möglichen Termins für unser Dreiertreffen und hoffe, bald mehr darüber zu wissen." Der amerikanische Sonderbotschafter Hopkins berichtete am 30. Mai dem amerikanischen Präsidenten: „Bei unserer Besprechung heute abend sagte Stalin, er sei zu einer Zusammenkunft mit Ihnen und Churchill im Raum Berlin jederzeit nach dem 27. Juni bereit; es sei ihm deshalb der Termin etwa Mitte Juli recht." Am gleichen Tage telegraphierte Stalin an Präsident Truman: „Ihre Botschaft vom 29. Mai habe ich erhalten. Wenige Stunden nach ihrem Eintreffen war Herr Hopkins bei mir und teilte mir mit, daß Präsident Truman den 15. Juni für den günstigsten Termin des Dreiertreffens hält. Ich habe nichts gegen den Termin einzuwenden, wenn auch Sie damit einverstanden sind." Bohlen versah das Telegramm mit dem Vermerk, eine veranlaßte Nachprüfung habe ergeben, daß Stalin und Molotow vom 15. Juli gesprochen hätten Premierminister Churchill erhielt auf Anfrage am 1. Juni von Präsident Truman folgenden Bescheid: „Marschall Stalin teilte mir mit, daß er unserer bevorstehenden Zusammenkunft in der Nähe von Berlin, ungefähr am 15. Juli, zustimmt. Dieser Termin scheint auch vom Standpunkt meiner innerpolitischen Pflichten möglich zu sein. Ich freue mich auf das Treffen mit Ihnen zu diesem Zeitpunkt und erwarte zuversichtlich, daß die Zusammenkunft Ergebnisse von großem Wert für die Zukunft unserer Welt bringen wird." Präsident Truman erklärte sich gegenüber Marschall Stalin mit Ort und Zeit einverstanden Premierminister Churchill versuchte das Einverständnis des Präsidenten Truman und des Marschalls Stalin für einen früheren Konferenztermin zu erreichen; an den amerikanischen Präsidenten telegraphierte er: „ 1. Ich werde gern mit einer britischen Delegation nach Berlin kommen, bin jedoch der Ansicht, daß der 15. Juli, ich wiederhole Juli, der Mo-nat nach Juni, für die drängenden Fragen, mit denen wir uns befassen müssen, viel zu spät ist und daß wir ein Unrecht begehen an den Hoffnungen und an der Einigkeit der Welt, wenn wir zulassen, daß persönliche oder nationale Belange einer früheren Zusammenkunft entgegenstehen. Obwohl ich mich mitten in einem heißen Wahlkampf befinde, würde ich meine Aufgaben hier nicht als vergleichbar mit einer Zusammenkunft zwischen uns dreien betrachten. Ich habe den 15. Juni vorgeschlagen, ich wiederhole Juni, der Monat vor Juli, wenn das jedoch unmöglich ist, warum nicht der 1., 2. oder 3. Juli?

2. Ich habe eine Ausfertigung dieses Telegramms an Ministerpräsident Stalin gesandt."

Präsident Truman antwortete Churchill, er vertrete nach reiflicher Überlegung, der 15. Juli sei der früheste Termin, den er einhalten könne Marschall Stalin hielt eine neuerliche Äußerung zur Terminfrage für unangebracht Churchill erklärte sich daraufhin mit dem 15. Juli einverstanden

Am 14. Juni unterrichtete Premierminister Churchill Präsident Truman und Marschall Stalin von seiner Absicht, den Führer der Opposition, Clement Attlee, mit nach Potsdam zu bringen, „damit die uneingeschränkte Kontinuität der britischen Politik gewährleistet werden kann, da die am 15. Juli beginnende Konferenz in Berlin noch nicht beendet sein wird, wenn die britischen Wahlergebnisse bekanntgegeben werden"

In der Entsendung von Sonderbotschaftern nach London und Moskau sah Präsident Truman eine Gelegenheit, sich jetzt, im Augenblick Zweiten des Endes des Weltkrieges in Europa, über die politischen Auffassungen der Verbündeten der Vereinigten Staaten zu unterrichten. Er bat den intimen Vertrauten und Berater seines Amtsvorgängers, Harry Hopkins, Stalin zu besuchen und beauftragte den Leiter des Präsidialamtes für den Einsatz der Kriegshilfe, Joseph E. Davies, mit einer Mission zu Churchill.

2. Entsendung des amerikanischen Sonderbotschafters Hopkins nach Moskau Am 26. Mai im Kreml zum erstenmal von Stalin empfangen, berichtete Hopkins zunächst über seinen Flug über Deutschland; er gab eine eingehende Schilderung vom Tode Franklin Roosevelts, wobei er versicherte, die-ser habe ihm auf der Heimreise von der Konferenz von Jalta wiederholt sein Vertrauen darauf versichert, daß die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion im Frieden genauso zusammenarbeiten könnten, wie sie es im Kriege getan haben. Roosevelt habe auch von seiner Hochachtung und Bewunderung für Marschall Stalin und von seiner Freude auf das nächste Treffen gesprochen; von diesem nahm er, Roosevelt, an, daß es in Berlin stattfinden werde. Hopkins bemühte sich, Stalin über die im amerikanischen Volk aufgekommenen antisowjetischen Empfindungen zu beruhigen. Vor zwei Monaten habe, so führte er aus, beim amerikanischen Volk eine überwältigende Sympathie für die Sowjetunion und für die uneingeschränkte Unterstützung der Grundlage der Politik des Präsidenten Roosevelt, die der Marschall so gut kenne, bestanden. Sympathie und Unterstützung seien hauptsächlich durch die brillanten Leistungen der Sowjetunion im Kriege, teilweise durch das Ansehen des Präsidenten Roosevelt und durch die vorzügliche Art und Weise der Zusammenarbeit unserer beiden Länder, um die Niederringung Deutschlands herbeizuführen, veranlaßt gewesen. Das amerikanische Volk habe zu diesem Zeitpunkt gehofft und vertrauensvoll geglaubt, beide Länder könnten im Frieden genauso gut zusammen arbeiten, wie sie es im Kriege getan hatten. Zur Erklärung des eingetretenen Umschwunges bemerkte Hopkins, es habe immer eine kleine Minorität gegeben, die Hearsts und die McCormicks, die gegen die Politik der Zusammenarbeit mit der Sowjetunion gewesen seien. Diese Leute seien ebenfalls bittere politische Feinde Präsident Roosevelts gewesen, hätten jedoch seitens des amerikanischen Volkes nie irgendwelche Unterstützung erhalten. Die Tatsache, daß Präsident Roosevelt viermal gegen ihre erbitterte Opposition zum Präsidenten gewählt worden sei, beweise diese Feststellung. Hopkins fuhr fort, er beabsichtige nicht, die Ansichten dieser kleinen Minorität zu diskutieren, sondern er habe vor, den allgemeinen Stand der amerikanischen Meinung und insbesondere die derzeitige Haltung der Millionen von Amerikanern zu diskutieren, die die Politik Präsident Roosevelts in bezug auf die Sowjetunion unterstützt hätten und die glaubten, daß, ungeachtet verschiedenartiger politischer und wirtschaftlicher Ideologien der beiden Länder, die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion nach dem Kriege zusammenarbeiten könnten, um einen sicheren Frieden für die Menschheit herbeizuführen, Im Anschluß an diese Versicherungen betonte Hopkins mit großem Nachdruck, die Freunde der Rooseveltschen Politik und der Sowjetunion seien beunruhigt und besorgt über die derzeitige Tendenz der Ereignisse und verstünden die Gründe dafür nicht ganz; es sei für sie jedoch offensichtlich, daß, wenn die derzeitigen Tendenzen anhielten, ohne daß ihnen Einhalt geboten werde, die gesamte Struktur der Zusammenarbeit in der Zeit und die Beziehungen mit der Sowjetunion, an deren Aufbau Präsident Roosevelt und der Marschall so hart gearbeitet hätten, zerstört werde. Vor seiner Abreise habe Präsident Truman ihm gegenüber seine große Besorgnis über die derzeitige Lage und ebenso seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, die Politik Präsident Roosevelts, mit der Sowjetunion zusammenzuarbeiten, fortzusetzen; auch habe Präsident Truman seine Absicht betont, sowohl in der Tat als auch dem Geiste nach sämtliche Abmachungen, die Präsident Roosevelt und Marschall Stalin gemeinsam ausgearbeitet hätten, zu verwirklichen. Hopkins Ausführungen über die polnische Frage beantwortete Stalin, der mit großer Geduld dessen Entschuldigungen angehört hatte, mit der Bemerkung, der Grund für die Verschärfung der polnischen Frage liege in dem Umstand, daß die Sowjetunion wünsche, ein ihr freundschaftlich gesinntes Polen zum Nachbarn zu haben, während Großbritannien das System eines „Cordon Sanitaire" längs der sowjetischen Grenzen wieder aufleben lassen wolle. Stalin teilte gleichzeitig mit, er habe Präsident Truman für die Konferenz der Regierungschefs den Raum von Berlin vorgeschlagen und kündigte, von Hopkins befragt, die Ernennung des Marschall Schukow als sowjetischer Vertreter im Kontrollrat für Deutschland an.

Es berührt eigenartig, daß die weltpolitischen Erörterungen plötzlich die angesprochenen Probleme verlassen und sich in Spekulationen über Hitler ergeben. Hopkins äußerte den Wunsch, die Russen möchten die Leiche Hitlers finden. Stalin antwortete, nach seiner Auffassung sei Hitler nicht tot, sondern versteckt. Die sowjetischen Arzte glaubten zwar, die Leichen von Goebbels und von Hitlers Fahrer identifiziert zu haben. Er bezweifle sogar, daß Goebbels tot sei, und bemerkte, die ganze Angelegenheit sei seltsam; die Mitteilungen über die Beisetzungen enthielten sehr viele Unklarheiten. Stalin versicherte, er glaube, Hitler, Bormann, Goebbels und wahrscheinlich auch General Krebs seien entkommen und hielten sich versteckt. Hopkins sprach von „sehr großen deutschen U-Booten", von denen keine Spur gefunden worden sei. Stalin erwiderte, auch er habe Kenntnis davon, daß zwischen Deutschland und Japan U-Boote verkehrten, um Geld und Wertpapiere von Deutschland nach Japan zu bringen. Er sei deshalb der Ansicht, es sei durchaus möglich, daß Hitler und seine Begleitung in diesen U-Booten nach Japan gegangen seien. Der dazwischengeschobene Dialog wirkt gespenstisch — besteht doch Grund zu der Annahme, daß zu diesem Zeitpunkt bereits die verkohlte Leiche Hitlers von den sowjetischen Streitkräften aufgefunden und wahrscheinlich schon nach Moskau gebracht worden war.

Marschall Stalin benützte die Anwesenheit eines ihm und seinen Anschauungen äußerst gewogenen amerikanischen Politikers in Moskau, um nach der Verteilung der deutschen Kriegs-und Handelsflotte zu fragen; auch führte er laute Klage über ein angebliches Entgegenkommen der amerikanischen und britischen Streitkräfte gegenüber deutschen Verbänden. „Stalin sagte", berichtete Hopkins an Präsident Truman, „daß — wie wir wüßten — gewisse Einheiten des deutschen Heeres, die gegen die Russen gekämpft hätten, bemüht gewesen seien, sich den westlichen Alliierten und nicht den Russen zu ergeben, daß aber gemäß den Übergabebedingungen die deutschen Truppen sich dem Heer zu ergeben hätten, gegen das sie gekämpft hätten. Er sagte, daß General Eisenhower z. B. als ehrlicher Mann in korrekter Weise der sowjetischen Führung in der Tschechoslowakei etwa 135 000 deutsche Soldaten übergeben habe, die versucht hatten, sich dem amerikanischen Heer zu ergeben. Diese Handlungsweise sei ein Beispiel für faires und ehrliches Verhalten. Von der deutschen Flotte jedoch, die Leningrad und anderen sowjetischen Häfen so viel Schäden zugefügt habe, sei noch kein Schiff den Russen übergeben worden, obwohl sie sich ergeben hätte. Er fügte hinzu, daß er eine Mitteilung an den Präsidenten und den Premierminister gesandt habe, in der er vorgeschlagen habe, daß mindestens ein Drittel der deutschen Kriegs-und Handelsmarine, die sich ergeben habe, der Sowjetunion übergeben werden solle. Über den Rest könnten Großbritannien und die Vereinigten Staaten nach ihrem Gutdünken verfügen. Er fügte hinzu, daß, wenn die Sowjetunion ein Anrecht auf einen Teil der italienischen Flotte gehabt habe, sie sicherlich ein größeres Recht auf ihren gerechten Anteil an der deutschen Flotte habe, da sie in diesem Kriege 5 Millionen Tote zu beklagen habe. Er bemerkte, die Sowjetregierung habe Informationen darüber, daß sowohl die Vereinigten Staaten als auch England beabsichtigten, die sowjetische Forderung abzuweisen; er müsse sagen, daß — falls sich diese Mitteilung als wahr erweise — dieses Verhalten äußerst unangenehm sein werde. Abschließend sagte der Marschall, er habe seine Erklärung damit zu Ende gebracht."

Mit diesen Ausführungen provozierte Stalin, sicher nicht unbewußt, eine Erklärung seines amerikanischen Gesprächspartners über die weitere Entwicklung der amerikanisch-sowjetischen Beziehungen. Hopkins führte aus, er wünsche als erstes seinen Dank für die Offenheit zum Ausdruck zu bringen, mit der Marschall Stalin seine Sorgen dargelegt habe.

Er und Botschafter Harriman würden, soweit sie in der Lage seien, mit gleicher Offenheit antworten; wenn sie über einzelne Punkte nicht vollständig informiert seien, würden sie versuchen, sich die erforderlichen Informationen zu beschaffen. Er erklärte, er werde als erstes die Angelegenheit der deutschen Flotte behandeln. Auf Grund von Unterredungen mit Admiral King sei er in der Lage, zu versichern, daß die Vereinigten Staaten nicht den Wunsch hätten, irgendeinen Teil der deutschen Flotte zu behalten; sie würden lediglich beabsichtigen, die Fahrzeuge im Hinblick auf mögliche neue Erfindungen oder technische Verbesserungen zu untersuchen. Danach seien sie willens, den ihnen übergebenen Anteil zu versenken. Hopkins betonte mit Nachdruck, die Sowjetunion könne über ihren Anteil an der deutschen Flotte, der ihr nicht vorenthalten werde, frei verfügen.

Die Frage, ob nach Beendigung der Feindseligkeiten in Europa die amerikanischen Lieferungen an die Sowjetunion auf Grund des amerikanischen Leih-und Pachtsystems fortgesetzt werden sollten, nahm im Gespräch zwischen Stalin und Hopkins einen breiten Raum ein. Die Erwähnung der deutschen Reparationsleistungen ist in diesem Zusammenhang nicht zufällig. Die Sowjetunion war daran interessiert, für den Fortfall der Lieferung von Industrie-und Rüstungsgütern einen Ersatz zu erhalten; der Rückgriff auf das deutsche Industriepotential lag nahe.

Die eingehende Erörterung der polnischen Frage, den westöstlichen Zankapfel im Über-gang vom Krieg zum Frieden, benutzte Stalin, um an Hopkins Empfindungen zu appellieren. Im Verlauf von 25 Jahren, erklärte Stalin, seien die Deutschen zweimal auf dem Wege über Polen in Rußland eingedrungen. Weder das britische noch das amerikanische Volk habe derartige deutsche Invasionen erlebt, die eine schreckliche Sache seien und deren Folgen so leicht nicht vergessen werden könnten. Er sagte, diese deutschen Invasionen seien keine Kriegszüge, sondern Hunneneinfälle gewesen. Deutschland sei dazu in der Lage gewesen, weil Polen als Teil des „Cordon Sanitaire" um die Sowjetunion betrachtet worden sei. Auch sei es ein Postulat der europäischen Vorkriegspolitik gewesen, daß die polnischen Regierungen gegenüber Rußland feindlich eingestellt sein müßten. Unter diesen Umständen sei Polen zu schwach gewesen, Deutschland zu widerstehen und habe die Deutschen durchmarschieren lassen ... Es sei daher ein für Rußland lebenswichtiges Interesse, daß Polen sowohl stark als auch ihm gegenüber freundschaftlich gesonnen sei. Er betonte, die Sowjetunion habe nicht die Absicht, sich in interne polnische Angelegenheiten einzumischen. Polen werde unter einem parlamentarischen System leben, wie z. B. die Tschechoslowakei, Belgien und Holland. Alles Gerede über die sowjetische Absicht, Polen zu sowjetisieren, sei dumm. Selbst die polnischen Führer, unter ihnen einige Kommunisten, seien gegen das sowjetische System, da das polnische Volk keine Kollektivbewirtschaftung und andere Aspekte des sowjetischen Systems wünsche. In diesem Punkt hätten die polnischen Führer recht, da das sowjetische System nicht exportierbar sei — es müsse sich von innen auf der Grundlage einer Reihe von Bedingungen entwickeln, die in Polen nicht vorhanden seien. Stalin betonte mit Nachdruck: Alles, was die Sowjetunion wünsche, sei, daß Polen nicht gezwungen werden kann, die Tore für Deutschland zu öffnen. Zur Verhinderung dieser Möglichkeit müsse dieses Polen stark und demokratisch sein.

Mit diesen Ausführungen provozierte Stalin das Nachgeben der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika in der polnischen Frage. Es gelang ihm, Präsident Truman von der Bedeutung Polens für die Sowjetunion zu überzeugen. Indem sich die Vereinigten Staaten von Amerika mit dem von der Sowjetunion eingesetzten Lubliner Komitee als der provisorischen Regierung Polens einverstanden erklärten, trugen sie zur Begründung der kommunistischen Herrschaft in Warschau bei.

Diese Feststellungen sind keine Anklagen; ihre Erwähnung ist jedoch sachlich geboten. Der Botschafter der polnischen Exilregierung in Washington, Jan Ciechanowski, spricht in seinem unter dem bezeichnenden Titel „Vergeblicher Sieg" erschienen Erinnerungsband von einem „Verrat" der Westmächte und von der „fünften Teilung Polens"

In der vierten Besprechung zwischen Stalin und Hopkins am 30. Mai wurde die Termin-frage der Konferenz der Großen Drei erörtert. Stalin betonte dabei, daß er vor dem 28. Juni nicht verfügbar, jedoch zu jedem Zeitpunkt im Juli frei sei. Er nannte den 15. Juli, bemerkte mit ironischem Anflug, Churchill denke möglicherweise an die britischen Wahlen und wünsche, das Treffen vor den Wahlen zu veranstalten.

Am gleichen Tage, dem 30. Mai, berichtete Hopkins in einem geheimen Telegramm an Präsident Truman, er habe Stalin auf dessen Rede vom 9. Mai hin angesprochen, in der dieser einen sowjetischen Verzicht auf eine Zerstückelung Deutschlands ausgesprochen hatte Über dessen Erwiderung meldete Hopkins: „Stalin erklärte, daß seinem Wissen nach sowohl Großbritannien als auch die Vereinigten Staaten gegen eine Zerstückelung Deutschlands seien. Ich sagte ihm, daß das nicht der Fall sei, daß, solange Sie (angesprochen ist Präsident Truman) darüber keine endgültige Entscheidung getroffen hätten, die Vereinigten Staaten diese Frage als offen betrachteten und daß Sie dieses Problem bei Ihrem nächsten Treffen sicher gründlich zu erörtern wünschten ... Stalin sagte darauf, er werde sich in dieser Hinsicht nicht festlegen, da die Zerstückelung Deutschlands eine Frage sei, die die drei Alliierten unter sich regeln müßten." Diese Äußerung ist deshalb bemerkenswert, weil sie beweist, daß Stalin den Gedanken einer Teilung Deutschlands Ende Mai 1945 noch nicht endgültig verworfen hatte. 3. Entsendung des amerikanischen Sonderbotschafters Davies nach London Während Hopkins mit Stalin verhandelte und dabei Entwicklungen und Entscheidungen präjudizierte, die die gegenwärtige politische Situation bestimmen und erschweren, sprach Joseph E. Davies mit Premierminister Churchill. Er wurde als Sonderbotschafter mit dem Auftrag nach London geschickt, die Auffassungen Trumans vorzutragen und die Ansichten Churchills entgegenzunehmen.

Die Besprechungen erfolgten in einer gereizten Atmosphäre. Churchill, beunruhigt, auf das tiefste verärgert über die amerikanische Weigerung, die in Europa eingetretene Situation nüchtern zu beurteilen, wurde gegenüber seinem amerikanischen Gast wiederholt aus-fällig. Er war bestürzt über die Vertrauensseligkeit des amerikanischen Präsidenten und dessen Berater und besorgt über die Auswirkungen des Vorstoßes der Sowjetunion in der Mitte Europas. Während Davies auf die „Legende des Verdachts" und auf die sowjetischen Befürchtungen über ein gemeinsames Vorgehen von Großbritannien und den Vereinigten Staaten hinwies, wurde Churchill nicht müde, von der Bedrohung Europas durch die Sowjetunion zu sprechen.

Davies faßte das Ergebnis seines sich über viele Stunden hin erstreckenden Gesprächs in seinem Bericht an Truman in folgenden Schlußfolgerungen zusammen: „Der Premierminister war müde, nervös und war offensichtlich einer großen Belastung ausgesetzt. Vehemenz und Bitterkeit seiner Erklärungen würden sich ohne Zweifel bei wohlerwogenem Urteil mildem." Bestrebt, die Haltung Churchills zu erklären, bemerkte Davies: „Der Premierminister ist ein großer Mann; es besteht jedoch kein Zweifel daran, daß er , als erstes, als letztes und jederzeit'ein großer Engländer ist. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, daß er im Grunde mehr um die Erhaltung der Stellung Englands in Europa als um die Erhaltung des Friedens besorgt war. Auf jeden Fall hatte er sich davon überzeugt, daß er, indem er England diene, dem Frieden am besten diene. Er ist ebenfalls ein großer Advokat und wendet geschickt alle Verhandlungskünste an. Der Premierminister war über die Entscheidung des Präsidenten und über die Tatsache, daß amerikanische Truppen bereits jetzt von Europa nach dem östlichen Kriegsschauplatz verlegt werden und in die vereinbarten Besatzungszonen zurückgenommen werden würden — , Rückzug', wie er es nannte —, bitter enttäuscht." Über Churchills Einstellung gegenüber der Sowjetunion erklärte Davies in sei-ner Zusammenfassung: „Gegenüber den Sowjets war er erbittert feindselig. Seine Haltung muß der sowjetischen Regierung bekannt sein oder zumindest von ihr vermutet werden. Sie ist ohne Zweifel schuld an dem Verdacht, der beim Austausch von Telegrammen im Zusammenhang mit der Kapitulation deutscher Truppen in Italien zum Ausdruck gebracht wurde, schuld an der Lage in Österreich, schuld an der Vermutung, es seien geheime Abmachungen zwischen den Deutschen und Alliierten an der Westfront auf Kosten der Russen an der Ostfront getroffen worden, schuld auch an anderen schwierigen Situationen. Die Haltung des Premierministers könnte einen großen Teil der Aggressivität und sogenannten einseitigen Handlungsweise der Sowjets seit Jalta erklären — sie tut es ohne Zweifel auch". Die Urteile des amerikanischen Sonderbotschafters sind hart; sie erscheinen als unsachlich, da eine Prüfung ihrer Berechtigung unterblieb. Davies war lediglich bemüht, Churchill zu verstehen: „Als Minister des Königs hält er starr an der klassischen britischen Politik in Europa fest; er erkannte, daß seine Hoffnung, das amerikanische Potential an Menschen und Material zur Beibehaltung der britischen . Führung'in Europa einsetzen zu können, im Schwinden begriffen ist. Ohne Zweifel befürchtet der Premierminister auch, daß beim Abschluß trilateraler Abkommen der Großen Drei der Idealismus unseres Volkes Entscheidungen zuläßt, die auf dem Kontinent möglicherweise unrealistisch sind und ernsthafte Probleme und Schwierigkeiten für die Zukunft in sich bergen könnten. Wenn Amerika Europa im Stich ließe, würde England allein die Last der Verantwortung dafür zu tragen haben." Davies befaßte sich auch mit der Ansicht Churchills über die Positionen der Armeen der Siegermächte in Deutschland: „Es war sein Ziel, das er offen aussprach, die Anwesenheit amerikanischer Streitkräfte und ihre Stellungen vor ihren Linien als Handelsobjekt zur Erlangung von Zugeständnissen der Sowjets zu verwenden." Nach einer nüchternen Bestandsaufnahme der Vorstellungen Churchills zur Lage vornehmlich in Europa versicherte Davies: „Der Premierminister bestätigt erneut, daß er 1.der amerikanischen Politik gegenüber Rußland keinen Widerstand entgegensetzen wird, 2. völlig mit der Absicht einverstanden ist, zu versuchen, alle mit der Selbstachtung vereinbaren Mittel auszuschöpfen, um die Schwierigkeiten zwischen den Großen Drei zu lösen, damit die Einheit gewahrt und der Frie-den nach dem militärischen Sieg erhalten bleibt und 3. mit einem Treffen zu dem Zeitpunkt und an dem Ort einverstanden ist, den Präsident Truman mit Marschall Stalin vereinbart." Davies beschloß seine Zusammenfassung mit der von Selbstbewußtsein nicht freien Versicherung: „Ein weiteres Ergebnis der Mission ist, daß die Spitze der Enttäuschungen des Premierministers über die Haltung unseres Landes gebrochen und beträchtlich entschärft wurde."

Der amerikanische Sonderbotschafter sprach während seines Aufenthaltes in London auch mit Außenminister Eden, von dem er den Eindruck gewann, daß er die Besorgnisse und Befürchtungen seines Regierungschefs nicht teile. Eden betonte gegenüber dem Abgesandten des amerikanischen Präsidenten, für Deutschland sei es notwendig, sobald wie möglich eine Vereinbarung über interalliierte Richtlinien, die die Verwaltung und die Verwaltungsmaschinerie Deutschlands regeln, zu treffen. Es wäre folgenschwer, wenn in den vier alliierten Zonen keine Einheitlichkeit in Verwaltungsangelegenheiten, in der Behandlung der deutschen Bevölkerung, der Kriegs-gefangenen, der Verschleppten oder in der Einstellung gegenüber der Bevölkerung oder der örtlichen Verwaltungen bestehe.

Das Fazit der Missionen amerikanischer Politiker nach Moskau und London gibt Aufschluß über die Beziehungen der drei Groß-mächte im Zeitpunkt der deutschen Niederlage: Präsident Truman war willens und entschlossen, die Rooseveltsche Politik der amerikanischen Vorleistung an Vertrauen und Material gegenüber der Sowjetunion fortzusetzen. Marschall Stalin kommentierte die Verschlechterung der Beziehungen der verbündeten Mächte mit der Bemerkung, die Sowjetunion werde auch allein ihre Interessen wahren. Der errungene Sieg scheint das Selbstbewußtsein Stalins, das, wie dessen Verurteilung durch Chruschtschow beweist, von Anfang an ausgeprägt war, ins Gigantisch-Phantastische gesteigert zu haben. Ihm war die pessimistische Beurteilung der Weltlage durch Churchill bekannt, er machte jedoch keine Anstalten, die Geneigtheit der Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien zu erreichen. Churchill machte, verzweifelt über die naive Zuversicht seines amerikanischen Gesprächspartners, den Versuch, diesem die eingetretene Veränderung der Weltlage anschaulich zu machen. Er mußte sich gefallen lassen, mit Hitler und Goebbels, die erst wenige Tage tot waren, verglichen zu werden. Zwar war auch Churchill erst sehr spät bereit, die Auswirkungen des Vormarsches der Roten Armee in das Herz Europas für die osteuropäischen, mitteleuropäischen und auch westeuropäischen Völker und Staaten zu sehen, trat jedoch, als sich ihm die Folgen dieser Entwicklung körperlicher Empfindungen gleich aufdrängten, mit großer Entschiedenheit dafür ein, zu retten, was noch zu retten war. Er sprach mit Ernst davon, daß im Falle des Abzugs der amerikanischen Streitkräfte Europa der Ausdehnung der sowjetischen Herrschaft preisgegeben sei; er bestürmte sowohl telegraphisch den amerikanischen Präsidenten und persönlich dessen Sonderbotschafter, mit der Zurücknahme der amerikanischen und britischen Streitkräfte in die vorgesehenen Besatzungszonen bis zur Klärung strittiger Fragen zu warten.

Die Gespräche der Sonderbotschafter des amerikanischen Präsidenten in Moskau und London enthüllen die Tragik der Anti-Hitler-Koalition im Augenblick ihres Triumphes.

Diese blieb der Weltöffentlichkeit nicht verborgen. Unter dem Titel „Die Großmächte und die deutsche Frage" veröffentlichte die „Neue Zürcher Zeitung" am 19. Mai einen Leitartikel, in dem auf heftige Spannungen und ernste Gefahren, die hinter den ungelösten Streitfragen lauerten, verwiesen und versichert wurde: „Von einer Verständigung über die Prinzipien, die in Deutschland angewendet werden sollen, hängt das weitere Einvernehmen zwischen den drei Großmächten und die Möglichkeit ihrer Zusammenarbeit in viel stärkerem Maße ab. Ein Ausgleich darüber kann vielleicht eine tragfähige Grundlage für die Lösung der sekundären Streitfragen bilden, bei denen heute niemand in einen Kompromiß einwilligen will. Diese Abneigung erklärt sich daraus, daß jeder der Beteiligten fürchtet, durch Nachgiebigkeit in einer für ihn selbst vielleicht untergeordneten Angelegenheit nachteilige Konsequenzen für die Entscheidungen von größerer Tragweite heraufzubeschwören und von vornherein die Regelung eines Problems von allgemeiner Bedeutung, wie es die deutsche Frage darstellt, zu kompromittieren. Einstweilen zeichnet sich in der Politik der Siegermächte in und gegenüber Deutschland allerdings weniger die Aussicht auf eine Verständigung über gemeinsame Richtlinien und Prinzipien als vielmehr der Versuch ab, den eigenen Machtbereich auf dem Boden des besiegten Staates und den politischen Einfluß auf seine Verwaltung und künftige Reorganisation nach Möglichkeit auszubauen und zu befestigen. Der Wettbewerb, der darin auch unter Angelsachsen und Franzosen besteht, ist von untergeordneter Bedeutung; dagegen nimmt er zwischen der Gesamtheit dieser westlichen Gruppe und der Sowjetunion entschiedenen Kampfcharakter an."

II. Die endgültige Einnahme der Besatzungszonen in Deutschland und der Besatzungssektoren in Berlin

Der zuletzt erwähnte Leitartikel der „Neuen Zürcher Zeitung" vom 19. Mai 1945 verwies auf die „Schwierigkeiten, die sich gegen den Plan einer gemeinsamen Kontrolle und Verwaltung Deutschlands erheben". Er führte dazu aus: „Auf der Konferenz von Jalta beschlossen die . Großen Drei'die Einsetzung einer interalliierten Kontrollkommission, die ihren Sitz in Berlin aufschlagen und in der auf Grund von Zusicherungen, die in der Folge der Regierung de Gaulles gegeben wurden, als viertes Mitglied auch ein Vertreter Frankreichs einen Sitz erhalten sollte. Das Verlangen der Russen, ihren Feldzug gegen das Dritte Reich durch die Eroberung Berlins zu krönen und damit ihr Prestige vor den Augen der Welt zu erhöhen, ist von den Westmächten respektiert worden, obwohl es den amerikanischen Divisionen allem Anschein nach nicht an der Gelegenheit gefehlt hätte, der Roten Armee zuvorzukommen. Seither schalten die Russen in der deutschen Hauptstadt unumschränkt. Von einem Mitspracherecht ihrer Bundesgenossen in Berlin ist nicht die Rede; ja es sind sogar hier, in der Hochburg des niedergeworfenen Feindes, die ohne die Angriffe der angelsächsischen Bomber nicht so bald sturmreif geworden wäre, alliierte Augenzeugen und Berichterstatter nur zu ganz kurzem Aufenthalt zugelassen worden. Genau wie in Wien stellt sich auch in Berlin die Abneigung der Russen gegen den Gedanken einer gemeinsamen Kontrolle und Verwaltung des besetzten Gebietes und gegen ihre Ausübung durch eine interalliierte Kommission heraus. Wie weit diese Abneigung geht, ob Moskau die Vertreter der westlichen Alliierten nur von seinem eigenen Einflußbereich fernhalten will oder ob es den Gedanken gemeinsamer Organe überhaupt ablehnt, läßt sich heute noch nicht durch schlüssige Beweise belegen. Es herrscht aber offenbar in London schon der Eindruck vor, daß die Russen nicht bereit sind, in ihrer Okkupationszone einen von allen vier Großmächten gebildeten Behörden-apparatzuzulassen." Die „Neue Zürcher Zeitung" sprach in ihrem Leitartikel offen die Folgen dieser Entwicklung aus: „Der Plan, Berlin zum Sitz der interalliierten Kontrollkommission zu machen, scheint bereits gefallen zu sein. Noch wird allerdings die Frage diskutiert, ob als Ersatz für Berlin vielleicht Magdeburg oder Leipzig dienen könnten. Ob aber unter dieser Bedingung Moskau sich an der Kommission wirklich beteiligen wird, bleibt eine offene Frage, die im übrigen selbst, wenn sie positiv beantwortet werden sollte, von untergeordneter Bedeutung ist im Vergleich zu dem viel wichtigeren Problem, wie die interalliierte Kontrollkommission ihre Befugnisse in der von der Sowjetregierung so streng gehüteten russischen Okkupationszone ausüben und die Richtlinien und Prinzipien einer wirklich gemeinsamen Politik der Sieger gegenüber dem Besiegten auch in Ostdeutschland durchsetzen soll." 1. Westliche Besorgnisse und Befürchtungen Wenige Tage später nahmen Korrespondenten britischer Zeitungen besorgt zur Entwicklung in Deutschland Stellung. Der diplomatische Korrespondent der „Times" sprach vom „Mangel an Koordinierung in der Behandlung der Deutschen". Der diplomatische Korrespondent des „Manchester Guardian" ging weiter. Er fragte nach den ideologischen Motiven Rußlands und stellte die Frage zur Erörterung, ob nicht der Kurs, den die Russen in Deutschland einschlagen, zur Wiederbelebung des Preußentums in seiner schlimmsten Gestalt führen werde. Ein Mitarbeiter von „New Statesman", der in dem von der Roten Armee besetzten Teil Deutschlands war, berichtete, daß das Anbiederungsverbot dort nicht oder weniger strikte herrsche als im Westen. Darüber hinaus berichtete dieser Beobachter, daß ein politisches Leben in der russischen Zone deutlicher zutage trete, daß schwarz-weiß-rote Fahnen — die Fahne der neuen deutschen Republik, wie ihm mitgeteilt wurde — aus den Häusern hingen und daß das Leben normal und freundlich wirke. Der Londoner Korrespondent der „Neuen Zürcher Zeitung" versah seinen Bericht über diese Pressestimmen mit der Bemerkung: „Das Bedauern, das hier über die völlige Abriegelung der von den Russen besetzten Gebiete und damit auch über die Unmöglichkeit der Fühlungnahme zwischen angelsächsischen und russischen Truppen herrscht, ist echt. Das führt zum Kern des Mißbehagens. Was mit den Deutschen und Deutschland geschieht, ist hier im Grunde den meisten nicht sehr wichtig, solange sie von dorther keine neue Gefahr mehr zu fürchten haben. Worum es geht, ist das Verhältnis zur Sowjetunion. Im Laufe der letzten Wochen ist im Gespräch und in der Presse in London immer häufiger der Hinweis zu hören gewesen, Europa stehe vor einer Zweiteilung, vor einer Aufspaltung in zwei, wenn nicht feindliche, doch einander fremde Lager. Der sorgfältigen Beobachtung des russischen Denkens und Planens ist es natürlich nicht entgangen, daß in Rußland — genau wie in den angelsächsischen Ländern — ein tiefes Mißtrauen erhalten geblieben ist und aus schwer erklärlichen Vorkommnissen immer wieder neue Nahrung findet. Nur aus diesem Mißtrauen läßt sich wahrscheinlich die scharfe Beschränkung der ausländischen Presse in Moskau und den übrigen unter russischem Einfluß stehenden Hauptstädten erklären." Bittere Kritik führt dann Paul Winterton, der bisherige Korrespondent der „News Chronicle" in Moskau. Ein Ausländskorrespondent in Moskau habe einfach hinzunehmen, was er an Material erhält. Von offizieller Seite erhalte er so gut wie keine Mitteilungen; im Grunde sei er auf die Sowjetpresse angewiesen. Man war hier lange geneigt, die große Aufgabe der Einigung über die Nachkriegspolitik als die Sache des persönlichen Einvernehmens von Diplomaten und Staatsmännern zu betrachten. Nur langsam setzt sich hier die Erkenntnis durch, daß eine grundsätzliche Angleichung notwendig wäre, die nicht nur von der Haltung einzelner abhängt. Der Korrespondent der „Times" aus Washington schreibt: „Es nützt nichts, sich darüber hinwegzutäuschen, daß sich die amerikanisch-russischen Beziehungen verschlechtert haben. Wenn man das parallele Problem in London zu beurteilen hätte, könnte das Ergebnis kaum anders lauten. Gerade das aber stellt die Versuche einer Koordinierung der Politik gegenüber den besetzten Ländern in Frage. Wo ist ein Ausweg und eine Lösung? Zunächst ist die Offenheit, mit der über diese Probleme gesprochen wird, als eine wichtige Voraussetzung einer Entspannung anzuführen. Dann begreift man hier, daß die Vorstellung, in einzelnen Augenblicken und Verhandlungen Endgültiges erreichen zu können, auf einer Täuschung beruht. Man sieht immer mehr das Einigungswerk als eine Sache dauernder, unermüdlicher und ernster Bemühungen. Schließlich wird immer deutlicher, daß die Einigung weltumspannend sein müßte. Der Aufbau einer Politik ohne Klärung der allgemeinen wirtschaftlichen, sozialen und geistigen Zukunftsfragen, ohne Erörterung der Grundprinzipien hat sich als zu fragmentarisch erwiesen. Wenn heute also an eine Festigung der Beziehungen zwischen Ost und West gegangen wird, dann wird man es auf breitester Grundlage tun müssen."

2. Die Vereinbarungen über die Besetzung Deutschlands und die Vier-Mächte-Verwaltung von Berlin Der von der Moskauer Außenministerkonferenz (28. Oktober bis 1. November 1943) eingesetzten „European Advisory Commission", der Europäischen Beratenden Kommission, mit Sitz in London, unterbreitete am Tage nach ihrer Konstituierung, am 15. Januar 1944, der Vertreter Großbritanniens, Sir William Strang, den Entwurf für die Einteilung des Deutschen Reiches in militärische Besatzungsräume, in Zonen Dieser sah vor, daß Mecklenburg, Pommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen und die östlich davon gelegenen Gebiete der Sowjetunion zugewiesen werden sollten, der damit 47% des Reichsgebietes, 38 % der Bevölkerung und 33 % des Wirtschaftspotentials überlassen wurden. Großbritannien verlangte für sich Nordwestdeutschland einschließlich des Ruhrgebietes. Den Vereinigten Staaten von Amerika wurde Süddeutschland und alle an Frankreich angrenzenden Gebiete zugesprochen. Eine Beteiligung Frankreichs an der Besetzung Deutschlands war in dem Entwurf Großbritanniens, der Ausgangspunkt und Grundlage der einsetzenden Beratungen und Verhandlungen war, nicht vorgesehen. Mit diesem Vorschlag erklärte sich die Sowjetunion am 18. Februar 1944 einverstanden. Präsident Roosevelt hatte bereits auf der Konferenz in Kairo Bedenken gegen die von Großbritannien vorgeschlagene Aufteilung Deutschlands in Besatzungsräume erhoben und gleichzeitig für die Vereinigten Staaten von Amerika Nordwestdeutschland gefordert, wobei die Sicherstellung des amerikanischen Nachschubs bestimmend gewesen sein dürfte, da bei der Zuweisung Nordwestdeutschlands an die Vereinigten Staaten von Amerika die norddeutschen Häfen zur Verfügung gestanden hätten, während bei der Besetzung Süddeutschlands durch die Vereinigten Staaten von Amerika französische Häfen in Anspruch genommen werden mußten. Roosevelt hegte auf Grund der Auseinandersetzungen mit de Gaulle Befürchtungen über die Nachkriegsentwicklung Frankreichs und äußerte wiederholt den Wunsch, davon möglichst unabhängig zu sein. General Dwight D. Eisenhower machte zum Plan Großbritanniens einen Gegenvorschlag, indem er empfahl, 1. das alliierte Oberkommando — Großbritanniens und der Vereinigten Staaten — durch sowjetische und französische Vertretungen zu erweitern und 2. die Besetzung Deutschlands durch gemischte Truppenkontingente vorzunehmen. Durch eine vermischte Besetzung Deutschlands wäre dessen Aufteilung in abgegrenzte Besatzungsräume hinfällig geworden. Für den Fall, daß die Sowjetunion ihre Mitwirkung an diesem Plan versagen sollte, schlug Eisenhower die Fortdauer der amerikanisch-britischen Partnerschaft vor. Seine Vorstöße im Januar und April 1944 wurden in Washington zurückgewiesen, da die Befürchtung bestand, durch den Fortbestand der militärischen Partnerschaft zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten würde der Eindruck einer angelsächsischen Allianz gegen die Sowjetunion entstehen. Nachdem Vorschlag und Einwand Eisenhowers abgewiesen waren, verhandelte die Europäische Beratende Kommission über die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen auf der Grundlage des britischen Entwurfes. Zur Erleichterung und Verständigung wurden zwei bedeutende Feststellungen getroffen:

1. Deutschland wurde in den Grenzen betrachtet, die es am 31. Dezember 1937 gehabt hatte.

2. Für die innerdeutschen Verwaltungsgrenzen wurde Bezug genommen auf eine deutsche Bekanntmachung vom 25. Juli 1941. Die Beratungen über die Aufteilung Deutschlands in Besatzungsräume wurden am 12. September 1944 abgeschlossen Das Protokoll zwischen den drei Großmächten über die Besatzungszonen in Deutschland und über die Verwaltung von Groß-Berlin nahm Bezug auf Artikel 11 des Urkundenentwurfes der „Bedingungslosen Kapitulation Deutschlands" und stellte fest, daß unter Deutschland der Grenzbestand des Deutschen Reiches vom 31. Dezember 1937 verstanden werde Deutschland in diesem Besitzstand wurde aufgeteilt in drei Besatzungszonen und in das Sondergebiet Berlin. Die Grenzen der drei Zonen und des Raumes Berlin wurden im einzelnen beschrieben, wobei unterschieden wurde zwischen Ostzone, Nordwestzone, und Südwestzone.

Während die Zuweisung der Ostzone an die Sowjetunion bereits festgelegt wurde, war die Zuteilung der Nordwest-und Südwestzone offen. Daraus ist zu folgern, daß im Zeitpunkt des Abschlusses des Protokolls, das war am 12. September 1944, noch keine Einigung zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten über ihre Besatzungszonen erzielt war; diese wurde auf der II. Quebec-Konferenz erreicht, nach der Mitteilung Churchills „etwas übereilt und nebenbei"

Als Gebiet Berlin wurde der Raum Groß-Berlin bezeichnet, so wie es im Gesetz vom 27. April 1920 umschrieben war. Auch im Falle von Berlin wurde bereits festgelegt, welche Bezirke Berlins der Sowjetunion zugeteilt werden sollten: Pankow, Prenzlauer Berg, Mitte, Weißensee, Friedrichshain, Lichtenberg, Treptow, Köpenick. Die beiden an-deren Sektoren Berlins wurden zwar festgelegt, doch blieb auch hier die Frage offen, welcher Sektor den Vereinigten Staaten und welcher Großbritannien zugewiesen werden sollte. Am 14. November 1944 wurde ein Abkommen zwischen der Sowjetunion, Großbritannien und den Vereinigten Staaten über die Ergänzung des Protokolls vom 12. September 1944 unterzeichnet In ihm wurde die Nordwestzone noch einmal umschrieben und festgestellt, daß sie von den Streitkräften Großbritanniens besetzt werden sollte. Auch die Südwestzone wurde noch einmal detailliert angeführt mit dem Vermerk, daß sie durch die Streitkräfte der Vereinigten Staaten besetzt werde. Gleichzeitig wurde über die Aufteilung der Sektoren in Berlin zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten entschieden. Damit war die Einteilung der Besatzungszonen Deutschlands zunächst abgeschlossen. Sie wurde ergänzt durch die Festlegung der „Bremer Enklave" für die Vereinigten Staaten Das Mitglied der britischen Militärmission in Washington, MacReady, traf am 20. Januar 1945 gegenüber dem Unterstaatssekretär im Kriegsministerium, McCloy, eingehende Feststellungen über Umfang und Charakter der Bremer Enklave Seine Ausführungen enthielten eine Erklärung über diese.

Im August 1944 legte de Gaulle, nach Paris zurückgekehrt, einen Vorschlag vor, der die Beteiligung Frankreichs bei der militärischen Besetzung Deutschlands forderte und vorsah; darin wurde ein Gebiet beschrieben, das durch französische Truppen besetzt werden sollte Es reichte von der holländischen Grenze bis an den Bodensee und stellte die Schaffung eines breiten, weit über den Rhein hinausgeschobenen Vorfeldes vor der französischen Ostgrenze dar. Seiner territorialen Gestalt nach war es so, daß das linke und auch das rechte Rheinufer — letzteres in beträchtlicher Ausdehnung — zu einem geschlossenen Rheingebiet zusammengefaßt wurde. Am 25. Oktober 1944 erklärte de Gaulle über die Besetzung Deutschlands: „Ich hoffe, daß die französischen Truppen kämpfend mit den Alliierten dort einrücken. Sie werden das deutsche Land besetzen, das sie der deutschen Armee abringen werden." Frankreich betrieb hartnäckig seine Forderung nach Beteiligung an der Besetzung Deutschlands, von Churchill lebhaft dazu ermuntert. Diesem gelang es, die gleichgültige, ja sogar ablehnende Haltung Roosevelts gegenüber Frankreich so weit zu ändern, daß dieser sich mit der Bildung einer französischen Besatzungszone einverstanden erklärte. Churchill gewann auf der Konferenz von Jalta auch Stalin, der sich uninteressiert zeigte und die Auffassung vertrat, die Bildung einer französischen Besatzungszone könne nur aus dem für die amerikanischen und britischen Besatzungszonen vorgesehenen Teil Deutschlands erfolgen. Der Gedanke einer allgemeinen Neuorganisation der Besatzungsgebiete wurde nicht erwogen. Stalin erreichte die unveränderte Beibehalhaltung der ursprünglich festgelegten sowjetischen Besatzungszone und die Verkleinerung der britischen und amerikanischen Besatzungszonen zum Zwecke der Bildung eines französischen Besatzungsgebietes.

In Verhandlungen zwischen den britischen, amerikanischen und französischen Vertretern bei der Europäischen Beratenden Kommission wurde die geographische Gestalt der französischen Besatzungsgebiete erarbeitet. Auf amerikanische Ablehnung stieß die Forderung Frankreichs nach der Zuweisung Hessen-Kassels. Die Vereinigten Staaten waren an einer direkten Verbindung zwischen Bremen und ihrem Besatzungsgebiet interessiert und wiesen deshalb den französischen Vorschlag zurück, der bei Annahme dazu geführt hätte, daß der Weg von Bremen in die US-Zone durch die britische und französische Zone geführt hätte. Die Verständigung darüber wurde auch deshalb erschwert, weil bei der Bildung der französischen Zone die bisher respektierten deutschen Verwaltungsgrenzen aufgegeben wurden. Bei der Festlegung der französischen Zone wurde davon ausgegangen, daß aus dem britischen und amerikanischen Gebiet gleich große Teile heraus-gelöst werden müßten, um aus ihnen das französische Besatzungsgebiet zu schaffen. Dabei waren Verkehrs-und Wirtschaftsverhältnisse zu bedenken, so daß die Rücksichtnahme auf deutsche Verwaltungsgrenzen ent-fiel Die rechtliche Festlegung der französischen Besatzungszone erfolgte im 2. Zusatzabkommen zum Protokoll vom 12. September 1944, das während der Konferenz von Potsdam, am 26. Juli 1945 (2. Abkommen zum Protokoll vom 12. September 1944), unterzeichnet wurde

Der Oberkommandierende der Alliierten Streitkräfte in Europa verstand sich auf Grund von Vereinbarungen zwischen den Regierungen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten einerseits und der Sowjetunion andererseits dazu, auf eine Einnahme Berlins zu verzichten und die Eroberung Berlins der Roten Armee zu überlassen. Auch die Einnahme von Prag und Wien überließ er der Roten Armee. Die Regierungen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten wollten das Verdienst ihres östlichen Kriegsverbündeten sichtbar machen. Sie schufen dadurch das Problem des Einrückens alliierter Verbände in Berlin.

3. Amerikanische Verhandlungen über die alliierte Besetzung Berlins Bei der ersten Zusammenkunft der Oberbefehlshaber der siegreichen Armeen in Berlin am 5. Juni 1945 war es — entgegen amerikanischer Erwartungen — nicht möglich, den im Abkommen vom 14. November 1944 vereinbarten Kontrollrat zu konstituieren und dringende Probleme, vor allem wirtschaftlicher Natur, zu besprechen. Marschall Schukow machte dafür und für die Zustimmung zum Einmarsch amerikanischer, britischer und französischer Verbände nach Berlin den Rückzug der amerikanischen und britischen Truppen aus Thüringen, Sachsen und Brandenburg zur Bedingung. Premierminister Churchill verlangte, daß Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika nicht als Gäste der Sowjetunion nach Berlin kommen. Am 9. Juni telegraphierte er an Präsident Truman: „Ich bin grundsätzlich mit unserem Dreiertreffen in Berlin am 15. Juli einverstanden, hoffe jedoch, daß Sie mit mir darin übereinstimmen, daß die britische, die amerikanische und die russische Delegation völlig getrennte Unterkünfte zugewiesen bekommen und ihre eigenen Wachen haben und daß ein vierter Ort vorbereitet wird, an dem wir zur Beratung zusammenkommen. Ich könnte nicht wie in Jalta die Ansicht billigen, daß wir lediglich als Gäste der Sowjetregierung und der sowjetischen Armeen nach Berlin, wo wir auf Grund gemeinsamer Beschlüsse Dreieroder mit den Franzosen Viererparität haben sollen, gehen. Wir sollten alle Vorkehrungen für uns selbst treffen und unter gleichen Bedingungen Zusammentreffen können. Ich würde gerne dazu Ihre Meinung hören“. Präsident Truman trat am 11. Juni dieser Ansicht in einem Telegramm an Churchill bei und teilte mit, er werde General Eisenhower mit der technischen Vorbereitung der Konferenz in Berlin beauftragen Dieser erhielt am 12. Juni die Weisung: „Der Präsident befiehlt, daß Sie die erforderlichen Maßnahmen zur Erfüllung der in der Mitteilung Churchills vorgebrachten Wünsche treffen, die seine Zustimmung gefunden ha-ben."

Präsident Truman und Premierminister Churchill teilten am 14. bzw. 15. Juni Stalin mit, daß sie bereit seien, Anweisungen zu geben für die Zurücknahme der amerikanischen und britischen Besatzungstruppen in die vereinbarten Besatzungszonen. Diese Befehle sollten gleichzeitig die Verlegung amerikanischer und britischer Garnisonen nach Berlin vorsehen Am 15. Juni unterrichtete der politische Berater für deutsche Angelegenheiten im Alliierten Hauptquartier, Murphy, das amerikanische Außenamt davon, daß General Eisenhower den Chef der amerikanischen Militärmission in Moskau, General Deane, von der Absicht informiert habe, am 17. Juni eine Gruppe von Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften zu einer vorläufigen Besprechung mit Vertretern von Marschall Schukow nach Berlin zu entsenden, um die notwendigen Vorkehrungen für die Zusammenkunft der Regierungschefs zu treffen.

Diese sollten sich auf die Erkundung von Unterkünften, die Einrichtung von Fernmeldeeinrichtungen und den Transport amerikanischer Truppen und Versorgungsgüter erstrecken Am gleichen Tage suchte der amerikanische Botschafter in Moskau den stellvertretenden Außenminister Wyschinski auf, der eine Prüfung der Angelegenheit in Aussicht stellte General Deane sprach in gleicher Sache beim sowjetischen Generalstab vor. Ihm wurde bedeutet, es müsse die Rückkehr des Marschalls Schukow nach Berlin, die voraussichtlich am 28. Juni erfolge, abgewartet werden. Marschall Schukow weilte, wie alle sowjetischen Heerführer, zu der spektakulären Feier des Sieges über Deutschland am 24. Juni in Moskau. Diesen Umstand und die angebliche noch nicht beseitigte Verminung Berlins benutzte Marschall Stalin als Vorwände zur Verzögerung der Räumung Berlins. Am 16. Juni telegraphierte er an Präsident Truman: „Ich muß Ihnen leider mitteilen, daß Ihr Vorschlag, den Rückzug der amerikanischen Truppen auf ihre Zone und die Verlegung der amerikanischen Truppen nach Berlin am 21. Juni zu beginnen, auf Schwierigkeiten stößt, da Marschall Schukow und alle unsere anderen Truppenbefehlshaber vom 19. Juni ab nach Moskau zur Sitzung des Obersten Sowjets sowie zur Vorbereitung und Teilnahme an einer Parade am 24. Juni eingeladen sind. Ich spreche schon gar nicht davon, daß noch nicht alle Bezirke Berlins entmint sind und die Minenräumaktion nicht vor Ende Juni abgeschlossen sein kann. Da Marschall Schukow und die anderen sowjetischen Truppenbefehlshaber nicht vor dem 28. bis 30. Juni aus Moskau nach Deutschland zurückkehren können, möchte ich darum bitten, den Beginn des Abzugs 1. auf Juli der den zu verlegen, bis die Befehlshaber wieder an Ort und Stelle eingetroffen sind und die Minenräumaktion abgeschlossen ist." Eine ähnliche Antwort erhielt Premierminister Churchill

Unzufrieden mit der aus Moskau erhaltenen Mitteilung wandte sich General Eisenhower am 19. Juni von Frankfurt aus erneut an den Chef der amerikanischen Militärmission in Moskau, dem er zu bedenken gab: „In Anbetracht der kurzen noch verbleibenden Zeit bis zum Treffen zwischen Präsident Truman und Marschall Stalin ist es unerläßlich, daß sich die Vorausabteilung zur Erkundung der vorhandenen Möglichkeiten für die Unterbringung des Präsidenten und seiner Begleitung sofort nach Berlin begibt, damit das erforderliche Personal und das entsprechende Gerät bereitgestellt und nach Berlin in Marsch gesetzt und die wichtigsten Vorbereitungen bis Mitte Juli beendet werden können. Diese Maßnahme kann nicht bis zur Rückkehr Marschall Schukows nach Berlin am 28. Juni aufgeschoben werden. Vorkehrungen für ein Treffen dieser Größenordnung können nicht innerhalb zwei Wochen getroffen werden." Mit großem Nachdruck erklärte General Eisenhower: „Es ist unbedingt erforderlich, daß General Parks und eine Vorausabteilung von ungefähr 50 Offizieren, 175 Unteroffizieren und Mannschaften sowie 50 Fahrzeuge mit den notwendigen Transportflugzeugen morgen nach Berlin in Marsch gesetzt und von dem sowjetischen Befehlshaber, der Marschall Schukow während seiner Abwesenheit vertritt, in den amerikanischen Sektor eingewiesen werden. Auf Grund der Erkundung von General Parks müssen die notwendigen Truppen und das erforderliche Material zur Einrichtung von Fernmeldeverbindungen, Kasinos, Unterkünfte und andere Einrichtungen in der von Parks für notwendig erachteten Menge und der von ihm bestimmten Zeit nach Berlin geschickt werden. Zeitlich nicht befristetes und uneingeschränktes Recht der Benutzung der Autobahn Dessau—Berlin für Fahrzeuge und des Luftweges Halle—Berlin für Transportflugzeuge ist mit Wirkung von morgen erforderlich. Es handelt sich um eine dringende Angelegenheit; ein Übereinkommen muß sofort erzielt werden, wenn der Termin für das Treffen der Großen Drei eingehalten werden soll."

Der Chef der amerikanischen Militärmission in Moskau, Deane, gab das dringliche Ersuchen Eisenhowers an Botschafter Harriman weiter. Dieser wandte sich sofort an den stellvertretenden Außenminister Wyschinski, dem gegenüber er ausführte; „General Eisenhower wurde mit der Aufgabe betraut, die Vorkehrungen für Unterkünfte, Verpflegung und Einrichtung der Fernmeldeverbindungen in Berlin für die amerikanische Delegation zu der Mitte Juli stattfindenden Konferenz zu treffen. Er möchte seine Abordnung, bestehend aus 50 Offizieren, 175 Unteroffizieren und Mannschaften sowie 50 Fahrzeugen unter Führung von Generalmajor Parks morgen, den 20. Juni, nach Berlin schicken. Der Transport der Fahrzeuge sowie der Unteroffiziere und Mannschaften erfolgt über die Autobahn Dessau—Berlin, während General Parks und die Offiziere mit fünf Transportflugzeugen über Stendal nach Berlin fliegen. Ferner wünscht General Eisenhower uneingeschränkte Benutzung der Autobahn Dessau—Berlin und Flugerlaubnis für die erforderlichen Flugzeuge von Halle nach Berlin zur Beförderung der notwendigen Versorgungsgüter nach Berlin mit Wirkung vom 20. Juni und für die darauf folgende Zeit." Botschafter Harriman erinnerte an die erfolglosen Bemühungen des Chefs der amerikanischen Militärmission: „General Deane hat diese Frage bei dem so- wjetischen Generalstab zur Sprache gebracht, der darauf hinwies, daß General Eisenhowers Abordnung sich nicht vor dem dortigen Eintreffen Marschall Schukows am 28. Juni nach Berlin begeben sollte. Sie werden sicher verstehen, daß das Treffen der Regierungschefs umfassende und eingehende Vorbereitungen und den Transport einer verhältnismäßig großen Delegation von den Vereinigten Staaten nach Berlin bedingt. Die zur Verfügung stehende Zeit von kaum mehr als zwei Wochen nach dem 28. Juni reicht nicht zur Durchführung entsprechender Vorbereitungen aus." Harriman schloß mit dem Ersuchen: „Ich bitte darum, daß die sowjetische Regierung den sowjetischen Generalstab ermächtigt, den Antrag General Eisenhowers zu genehmigen und General Deane heute abend benachrichtigt wird, damit der Transport morgen beginnen kann."

Die Vorstellungen des amerikanischen Botschafters waren erfolglos. Am 20. Juni meldete General Deane an General Eisenhower: „General Antonow teilte mir heute morgen mit, die Frage der Vorbereitungen in Berlin für die bevorstehende Konferenz sei eine Angelegenheit, die zwischen unseren Regierungen entschieden werden müsse. Er wies darauf hin, daß er seinen früheren Beschluß, die Erkundung durch General Parks bis zur Rückkehr Schukows nach Berlin am 28. oder 29. Juni zurückzustellen, nicht ändern könne. Harriman hat diesen Punkt schon zweimal im sowjetischen Außenministerium zur Sprache gebracht, einmal am 15. Juni, als der erste Antrag auf Genehmigung der Reise General Parks nach Berlin vorlag, und heute abend, nach Erhalt Ihres Schreibens. Ich werde mich weiter bemühen, eine Vereinbarung über die Erkundung durch General Parks herbeizuführen." In Vertretung des Generals Eisenhower wandte sich der Oberbefehlshaber der 6. Heeresgruppe, General Devers, nach Washington. Er meldete General Marshall: „Alle Versuche zur Erwirkung der Erlaubnis für General Parks und seine Abordnung zur sofortigen Reise nach Berlin zwecks Erkundung und Durchführung der notwendigen Maßnahmen für die Konferenz waren erfolglos. Die Botschaft in Moskau teilt mit, daß General Antonow der Einreise Parks nicht vor dem 28. oder 29. Juni zustimmen wird." Der amerikanische Botschafter in Moskau setzte seine Bemühungen, von der Regierung der Sowjetunion das Einverständnis zu der Entsendung einer amerikanischen Vorausabteilung nach Berlin zu erreichen, unbeirrt fort. Der Chef der amerikanischen Militärmission in Moskau berichtete darüber am 20. Juni an General Eisenhower:

„Botschafter Harriman sprach gestern abend mit Wyschinski über die sofortige Reise einer Vorausabteilung des General Parks nach Berlin zur Durchführung der vorbereitenden Maßnahmen für die Teilnahme der amerikanischen Delegation an der Konferenz von Potsdam im Juli. Wyschinski sagte, die Reise Parks und seiner Abordnung nach Berlin vor der Rückkehr des Marschall Schukow sei nutzlos, da es in Berlin keine sowjetischen Offiziere gebe, die hinsichtlich der sich ergebenden Fragen autorisiert handeln könnten. Wyschinski teilte Harriman mit, die sowjetischen Behörden seien sich der entsprechenden Probleme durchaus bewußt. Intensive Vorbereitungen für die Konferenz würden beginnen, sobald Schukow nach Berlin zurückkommt." Beruhigend fügt General Deane hinzu: „Die Briten bekamen dieselbe Antwort auf ihre Bemühungen um die Einreise einer Vorausabteilung nach Berlin ... Harriman wird Wyschinski, der anscheinend eine wichtige Rolle bei den Vorbereitungen für die Konferenz übernehmen soll, wieder aufsuchen. Bei dieser Zusammenkunft wird er versuchen, die russischen Ansichten über die Vorbereitungen für die Konferenz kennenzulernen." Über die Mitteilungen aus Moskau und Frankfurt besorgt, richteten die Stabschefs der amerikanischen Streitkräfte in Washington an das Außenministerium das Ersuchen, folgendes Schreiben zur Übergabe im sowjetischen Außenministerium unverzüglich dem Botschafter Harriman zuzustellen: „Die amerikanische Regierung ist darüber informiert, daß die sowjetischen Behörden die Erlaubnis für die Einreise der amerikanischen Vorausabteilung nach Berlin zum Zwecke der Durchführung der zahlreichen notwendigen Vorbereitungen für die amerikanischen Fernmeldeverbindungen und das amerikanische Personal im Hinblick auf die bevorstehende Konferenz der Regierungschefs verweigern. Wenn die erforderlichen Vorkehrungen für den Präsidenten der Vereinigten Staaten bis zum vorgesehenen Termin beendet sein sol-len, hätten sie bereits in die Wege geleitet werden müssen. Es wird deshalb gebeten, die erforderliche Erlaubnis unverzüglich zu erteilen, damit alle notwendigen Vorbereitungen vorangetrieben werden können. Falls diese Erlaubnis nicht erteilt werden kann, könnte sich die Notwendigkeit ergeben, den vorgeschlagenen Konferenztermin für das Treffen zu verschieben."

Dringlich beauftragt, die leidliche Angelegenheit zu klären, sprach Botschafter Harriman am 21. Juni im sowjetischen Außenministerium vor und erörterte mit dem stellvertretenden Außenminister Wyschinski erneut das Einrücken eines amerikanischen Verbandes nach Berlin. Der erste Sekretär der amerikanischen Botschaft in Moskau, Page, hielt das Ergebnis dieser Besprechung in einer Niederschrift fest: „Der Botschafter erklärte, es bestehe der ernsthafte Wunsch, eine Voraus-abteilung amerikanischer Offiziere und Mannschaften sobald wie möglich zur Durchführung der Vorbereitungen für die bevorstehende Konferenz nach Berlin zu entsenden. Wyschinski erwiderte, erst soeben den diesbezüglichen Antrag des Botschafters erhalten und leider bisher keine Zeit gehabt zu haben, die Frage mit dem Botschafter zu erörtern ... Er prüfte kurz den Inhalt des Schreibens und betonte, der Aufschub der Inmarschsetzung der amerikanischen Abteilung sei auf den Umstand zurückzufuhren, daß sich Marschall Schukow in Moskau befindet und nicht vor dem 28. Juni nach Berlin zurückkehrt. Falls jedoch die Regierung der Vereinigten Staaten wünsche, mit den Vorbereitungen für das Treffen in Abwesenheit Marschall Schukows zu beginnen, so könnte sie natürlich ihre Vorausabteilung schicken, wann immer sie wünsche. Wyschinski sagte, es sei notwendig, die genaue Zahl der Offiziere und Mannschaften der Vorausabteilung sobald wie möglich mitzuteilen. Der Botschafter antwortete, seines Wissens bestehe die Vorausabteilung aus 50 Offizieren und 175 Unteroffizieren und Mannschaften, 50 Fahrzeugen und 5 Flugzeugen. Er kündigte an, nach Rückfrage bei General Deane sich deswegen mit Wyschinski in Verbindung zu setzen." 4. Die Erkundung des amerikanischen Generals Parks Erst nach umständlichen Bemühungen wurde dem amerikanischen General Parks gestattet, sich nach Berlin zu begeben. Parks war der erste amerikanische Offizier, der die Reichshauptstadt, die zu erobern General Eisenhower im Frühjahr 1945 abgelehnt hatte, betrat. Er hielt sich am 22. und 23. Juni dort auf und erstattete am 24. Juni darüber einen ausführlichen Bericht: „Gemäß der am 16. Juni erhaltenen Anweisung reiste ich am 22. Juni 16 Uhr Frankfurter Zeit ab und traf am selben Tage um 19 Uhr Moskauer Zeit auf dem Flugplatz Tempelhof ein. Die Moskauer Zeit wird in Berlin von den sowjetischen Truppen benutzt; ich habe ihrer Verwendung durch die amerikanischen Streitkräfte in Berlin zugestimmt, damit Irrtümer vermieden werden. Nach der Moskauer Zeit beginnt der Tag eine Stunde früher als die in Frankfurt benutzte doppelte Sommerzeit und drei Stunden Früher als die Weltzeit." Die Geltung Moskauer Zeit für die amerikanischen Truppen in Berlin könnte als symbolisch bezeichnet werden. General Parks hielt sich damit nicht auf; ausführlich schilderte er seinen Empfang in Berlin: „Generalleutnant Wlasik, der Stellvertreter von Generaloberst Kruglow, begrüßte mich auf dem Flugplatz. General Kruglow ist als Sicherheitschef des Marschalls Stalin für die Vorbereitungen der Konferenz der Großen Drei verantwortlich. Es wurde Erlaubnis für die Errichtung von Funkverbindungen zur Herstellung einer direkten Verbindung mit dem Oberkommando der Alliierten Expeditionsstreitkräfte erteilt, ausreichende Transportmittel zur Verfügung gestellt und die Flugzeuge und deren Besatzungen auf dem Flugplatz Tempelhof versorgt. Mein Stab und ich wurden von General Wlasik über die Straße Unter den Linden durch das Brandenburger Tor, den Tiergarten und den Grunewald nach Babelsberg geleitet. Ich nahm sofort Besprechungen mit General Kruglow in seinem Hauptguartier auf; General Wlasik und Generalmajor Gorlinsky, Kommandant und Sicherheitsoffizier von Großberlin, der für die Vorbereitungen in Jalta verantwortlich war, waren anwesend."

Ausführlich ging General Parks in seinem Bericht auf die ersten amerikanisch-sowjetischen Verhandlungen in Berlin ein: „General Gruglow erklärte, die Russen beabsichtigten, als Gastgeber aufzutreten; sie hätten Babelsberg für die Unterbringung der offiziellen Delegation gewählt, weil es sich um einen Ort mit verhältnismäßig ansehnlichen Häusern handle, der vergleichsweise leichte Bombenschäden aufweise. Er wies auch darauf hin, daß Babelsberg in bezug auf das Kronprinzenpalais in Potsdam, in dem die Konferenz stattfinden solle, bequem gelegen sei; die Straßen zwischen Unterkunftsbereich und Konferenzgebäude seien leicht zu schützen und zu überwachen." Dem ersten Amerikaner in Berlin blieb eine schmerzliche Enttäuschung nicht erspart; er meldete: „General Kruglow stellte fest, seine Befugnis erstrecke sich nur auf Vorbereitungen für die Konferenz, diese seien auf das Gebiet Babelsberg-Potsdam beschränkt. Die Frage des Zugangs amerikanischer Truppen nach Berlin könne er nicht erörtern; er sagte jedoch zu, für mich einen Höflichkeitsbesuch bei Marschall Schukows Stabschef oder seinem Vertreter zu arrangieren, in dessen Verlauf ich feststellen könne, ob Anweisungen aus Moskau eingegangen seien, die eine Erörterung von Problemen über Berlin erlaubten. General Kruglow zeigte auf einer Karte den Unterkunftsbereich, der den Vereinigten Staaten zur ausschließlichen Belegung mit Konferenz-teilnehmern, Verwaltungspersonal und Wachen zugewiesen werde. Innerhalb dieses Gebietes wären die Vereinigten Staaten für alles verantwortlich, außerhalb dieses Bereichs würden die Sowjets für Sicherheit und Wachen sorgen." An dieser Stelle meldete sich General Parks zu Wort: „Ich wies", schrieb er in seiner Meldung über seinen Aufenthalt in Berlin, „darauf hin, daß ungefähr 400 bis 450 Beamte mit einer entsprechenden Anzahl Bediensteter sich dort befinden würden und außerdem weit über 1 000 Soldaten für Versorgung, Instandhaltung, Wachen etc. dazu kämen, weshalb nach meiner Ansicht der Bereich zu klein sei. General Kruglow zeigte sich sehr überrascht über die Stärke der amerikanischen Delegation und sagte, Hopkins hätte deren Zahl auf 150 geschätzt. Er hätte keine Aufstellung der amerikanischen Beamten erhalten, jedoch angenommen, daß es sich um dieselbe Anzahl handele wie in Jalta-, sie hätten die Konferenz in einem ähnlichen Rahmen wie die Konferenz von Jalta geplant und richteten ungefähr dieselben Fernmeldeverbindungen ein. Als ich General Kruglow darauf aufmerksam machte, daß es notwendig sei, sofort mit dem Kfz-Transport von Zelt-gerät, Verpflegung, Kraftstoff usw. zu beginnen, und wir dafür die Route Dessau—Berlin zu benutzen wünschten, erklärte er, dagegen bestünden keine Einwände, entsprechende Maßnahmen würden veranlaßt. Ich erklärte ferner, daß wir sofort einen Luftkurierdienst zwischen Berlin—Halle—Frankfurt unter Benutzung der direkten Route nach Halle einzurichten wünschten. Kruglow antwortete, dagegen sei nichts einzuwenden." Stalins Sicherheitschef zeigte zwar in allen mit der Konferenz von Potsdam zusammenhängenden Fragen Entgegenkommen, lehnte es jedoch ab, Probleme des Einrückens der Verbände der Westmächte nach Berlin zu erörtern. Er legte Wert darauf, gegenüber den Vorausabteilungen der Konferenzdelegationen als Gastgeber aufzutreten. „General Kruglow führte aus", berichtete General Parks nach seiner Erkundung in Berlin, „er würde veranlassen, daß die Kfz-Staffel meiner Vorausabteilung am folgenden Tag an der Kreuzung Berliner Ring-bahn und Dessauer Autobahn in Empfang genommen würde. Mein Stab und ich wurden von General Kruglow zu einer Unterkunft geleitet, die vollständig mit Betten und sauberer Wäsche ausgestattet war. Da unsere Verpflegung vom Flugplatz noch nicht eingetroffen war, schickte er uns Proviant und einen Koch zur Unterstützung unseres Kochs.

Ferner schickte er mir eine Kiste Wein und General Wlasik schickte mir einige Flaschen Sekt. Das Essen war vorzüglich."

Tags darauf setzte General Parks seine Be-

sichtigung fort: „Generalmajor Gerlinsky führte mich am Samstag, den 23. Juni, morgens durch den Unterkunftsbereich des amerikanischen Bereichs. Es sind etwa 70 gut-gebaute, jedoch alte Häuser mit je einem oder zwei Badezimmern vorhanden; die Sowjetbehörden sind dabei, sie vollständig zu renovieren und sagen ihre Fertigstellung zu.

Es handelt sich in der Mehrzahl um bürgerliche Fläuser, von denen einige für hochgestellte Persönlichkeiten groß genug sind. Das für Präsident Truman vorgesehene Haus ist altmodisch, aber geräumig. Andere, für höhere Offiziere und Beamte geeignete, befinden sich in der Nähe; sie sind auch für den kurzen Aufenthalt der Vorausabteilung ausreichend, auch wenn sie nicht zu groß sind. Ein kurzer Überblick läßt erkennen, daß zwischen 500 und 600 Personen untergebracht werden können, wobei diese Zahl auch Melder und Kasinoordonnanzen umfaßt. Falls jedoch 450 Beamte eintreffen, reichen die Häuser nicht aus, und obwohl durch Zelte in gewissem Umfang Abhilfe geschaffen werden kann, ist deren Aufstellung keine Lösung. Die Frage kann nur gelöst werden, wenn der amerikanische Sektor in Berlin oder der Bezirk Zehlendorf uns übergeben und das zusätzliche Personal dort untergebracht wird." In kleinen Dosen wurden dem amerikanischen General die zukünftigen Schwierigkeiten serviert; er schrieb darüber: „Um 12. 30 Uhr hatte ich wiederum eine Besprechung mit General-B oberst Kruglow. Im Verlauf dieser Unterredung wurde telefonisch mitgeteilt, daß die Kfz-Staffel meiner Vorausabteilung an der Grenze angekommen sei und zahlenmäßig über die vereinbarten 50 Offiziere, 175 Unteroffiziere und Mannschaften sowie 50 Fahrzeuge hinausginge. Ich bat General Kruglow, nur die vereinbarte Anzahl durchzulassen. Bei dieser Unterredung stellte sich heraus, daß er die gestern zugesagte Genehmigung für unsere Fahrzeuge zur Benutzung der Autobahn Dessau—Berlin zu Nachschubzwecken nicht erteilen konnte. Er sagte jedoch, daß die Sowjetbehörden mit der Benutzung des Flugplatzes durch unsere Kurierflugzeuge einverstanden seien." Im Rahmen seiner Erkundung nahm General Parks auch das für die Konferenz der Großen Drei vorgesehene Gebäude in Augenschein: „Um 13 Uhr begleitete mich General Kruglow durch das Kronprinzenpalais in Potsdam, in dem die eigentliche Konferenz stattfinden wird. Ich habe zwar noch nicht an anderen Konferenzen teilgenommen, Oberstleutnant Pantuhoff, mein Dolmetscher, sagte jedoch, die Einrichtungen seien unendlich viel besser als in Teheran oder Jalta. Das Palais hat einen großen gewölbten Festsaal, in dem für die Konferenz ein runder Tisch aufgestellt wird. In den Flügeln ist Platz für Amtsräume, Sitzungsräume, Konferenzräume usw. Die Sowjetbehörden haben Gebäude und Anlagen in einen ausgezeichneten Zustand versetzt." General Parks hoffte, während seines Aufenthaltes auch die Frage des Einrückens eines amerikanischen Verbandes nach Berlin klären zu können; er berichtete darüber: „Da über einen Besuch in Marschall Schukows Hauptquartier keine Mitteilung erfolgte, beabsichtigte ich um 15 Uhr nach Frankfurt abzureisen. Kurz vor meiner Abfahrt zum Flugplatz erhielt ich eine Mitteilung, daß Marschall Schukows Stabschef mich am Flugplatz erwarten würde. Er begrüßte mich auf dem Flugplatz Tempelhof.

Ich brachte ihm meinen Dank für sein Entgegenkommen, mich aufzusuchen, damit ich Zeit spare, und für die von Generaloberst Kruglow empfangene herzliche Gastfreundschaft zum Ausdruck. Ich sagte ihm, zur Zeit gebe es nur eine Schwierigkeit, nämlich die Frage des Einsatzes von Fahrzeugen zwischen Berlin und Dessau für die Versorgung mit Verpflegung, Kraftstoff, Zeltgerät etc. Er erklärte, er habe keine Befugnis, mehr als 50 amerikanische Fahrzeuge in der russischen Zone zuzulassen; die in Babelsberg befindlichen 50 Fahrzeuge könnten jedoch zwischen Berlin und Dessau für Nachschubaufgaben eingesetzt werden."

General Parks war der Meinung, daß damit die vordringlichen Fragen gelöst sind; er täuschte sich, wie er in seinem Bericht selbst betonte: „In der Auffassung, daß General Kruglows Erklärung genügte, habe ich ihm gegenüber nicht von Flugzeugen gesprochen. Als ich jedoch an Bord meines Flugzeuges ging, nachdem sich der Stabschef verabschiedet hatte, wiesen Gorlinsky und der Kommandant des Flugplatzes Tempelhof darauf hin, daß für die Rückkehr des Flugzeuges eine Erlaubnis eingeholt werden müsse. Nach längerer Diskussion sagte ich General Gorlinsky, daß ich und das Kurierflugzeug zurückkommen würden; ich würde General Kruglow in einem Funkspruch die voraussichtliche Ankunftszeit mitteilen. Ich erklärte, daß wir auf der direkten Route von Halle nach Berlin fliegen würden; es wäre untunlich, wenn ich für jeden Flug mit Versorgungsgütern nach Berlin Erlaubnis von Moskau einholen müßte. General Gorlinsky stellte fest, daß die Vorausmitteilung der geschätzten Ankunftszeit ausreichend sei; er bemerkte, daß nach meiner Rückkehr nach Berlin über die spätere Regelung ein Übereinkommen getroffen würde, demzufolge keine Mitteilung zu erfolgen brauche."

Über seinen Rückflug bemerkte General Parks in seinem Bericht: „Wir starteten um 16 Uhr Moskauer Zeit vom Tempelhof und flogen über die Schwaneninsel in der Havel, dem angeblichen Heim von Goebbels ... Ich machte in Halle Zwischenlandung und gab meinem Stabschef Anweisungen. Um 17. 45 Uhr Frankfurter Zeit traf ich in Frankfurt ein." Die Ergebnisse seiner Erkundung in Berlin faßte der amerikanische General Parks in Empfehlungen zusammen: „ 1. Ich empfehle, das Kronprinzenpalais in Potsdam als geeignet für die Konferenz der Großen Drei zu akzeptieren.

2. Ich empfehle die Annahme des sowjetischen Plans für einen Unterkunftsbereich der Konferenzteilnehmer der Vereinigten Staaten in Babelsberg.

3. Ich empfehle die Beschleunigung der Verhandlungen zwecks Verfügbarkeit des amerikanischen Sektors in Berlin für die Unterbringung von Versorgungstruppen, unteren Beamten und Presse in Häusern und Zeltlagern, da für diese Personengruppen in Babelsberg kein Platz ist.

Wenn bis zum 1. Juli die Regelung aller Besatzungszonen nicht erreicht wird, ist mit Nachdruck darauf hinzuwirken, daß für die Errichtung von Lagern und Zeltlagern in dem an Babelsberg angrenzenden Zehlendorf, das zweifellos zum amerikanischen Sektor gehört, Genehmigung erteilt wird."

Unmittelbar nach der Meldung des General Parks am 23. Juni berichtete das amerikanische Hauptquartier in Frankfurt dem Chef der amerikanischen Militärmission in Moskau das Ergebnis der durchgeführten Erkundung und ersuchte, mit der sowjetischen Regierung folgende Angelegenheiten zu klären: Genehmigung zur Erkundung der Umgebung von Zehlendorf für zusätzliche Lagerbereiche und Unterkünfte; Genehmigung des Einsatzes von Versorgungsfahrzeugen auf der Autobahn Halle—Berlin ohne besondere Erlaubnis für den Einzelfall; Genehmigung der zahlenmäßigen Vergrößerung der jetzt in Babelsberg befindlichen Abteilung Parks nach Entscheidung des Oberkommandos der Alliierten Expeditionsstreitkräfte ohne weitere Rückfragen bei den sowjetischen Behörden. Nach Erhalt einer entsprechenden Weisung wandte sich Botschafter Harriman an den stellvertretenden sowjetischen Außenminister Wyschinski und ersuchte ihn um Klärung der ihm aus Frankfurt übermittelten Fragen Am 25. Juni teilte der Chef der amerikanischen Militärmission in Moskau dem Oberbefehlshaber der 12. Heeresgruppe, General Bradley, mit, daß sowohl Botschafter Harriman als auch er das sowjetische Außenmininsterium um Klärung der aufgegebenen Fragen dringlich gebeten hätten; er bemerkte jedoch: „Am Sonntag, den 24. Juni, fand in Moskau eine Siegesfeier statt; alle Arbeit ruhte. Bisher haben wir auf Ihre Anfrage trotz ständigen Drängens unsererseits keine Antwort erhalten." Tags darauf meldete General Bradley dem Chef der amerikanischen Militärmission in Moskau, General Parks habe bisher keine Erlaubnis zur Errichtung einer Fernsprech-und Fernschreibendstelle und von Relaisstationen zur Herstellung einer Nachrichtenverbindung zwischen Berlin und dem Hauptquartier in Frankfurt erhalten Auf Grund dieser Mitteilung wandte sich Botschafter Harriman am 25. Juni an Wyschinski und wiederholte die Forderung, zumindest einer Nachrichteneinheit das Einrücken nach Berlin zu gestatten, damit sie mit dem Bau der erforderlichen Nachrichtenverbindungen beginnen kann Am gleichen Tag beantwortete Wyschinski die wiederholten amerikanischen Vorstellungen und Noten, wobei er ausführte: „Da Zehlendorf sich in der Zone befindet, die voraussichtlich von den amerikanischen Streitkräften besetzt wird, sollte die Frage der Erkundung des Gebiets von Zehlendorf in Übereinstimmung mit den bestehenden Abkommen über die Übernahme der Besatzungszonen geregelt werden. Die Frage der Erlaubnis für die ungehinderte Benutzung der Autobahn Halle—Berlin durch amerikanische Transportmittel ohne Anfrage bei den sowjetischen Militärbehörden im Einzelfalle und der Erlaubnis einer Verstärkung der in Berlin befindlichen Vorausabteilung General Parks kann nach dem Eintreffen Marschall Schukows in Berlin geprüft werden."

5. Die Durchführung des Truppenaustausches Die damit angekündigte Besprechung zwischen Marschall Schukow, dem amerikanischen General Clay und dem britischen General Weeks fand am 29. Juni in Berlin statt.

Als ihr Ergebnis meldete Botschafter Murphy nach Washington: „Die Sowjets wünschen so schnell wie möglich Zurückziehung der amerikanischen Truppen aus dem restlichen Teil ihrer Zone vom 1. Juli an. Das amerikanische Oberkommando wird sich bemühen, folgendes Programm zu erfüllen:

1. Juli: Die Russen entsenden Vorausabteilungen in 12 Städte;

2. Juli: Vorausabteilungen nach bestimmten Flugplätzen;

4. Juli: Beendigung der Zurücknahme der alliierten Truppen.

Zwischen der russischen Vorhut und der alliierten Nachhut soll ein räumlicher Abstand von ungefähr drei bis fünf Kilometer bestehen. Marschbeginn der Alliierten nach Berlin am letzten Tag der Zurückziehung der Truppen, Einrücken am nächsten Tag".

Diese Forderungen der Sowjetunion sind außerordentlich aufschlußreich; sie erklären die sowjetische Weigerung, Einheiten der Westmächte nach Berlin vor der Räumung der zugesprochenen Besatzungszone nach Berlin einrücken zu lassen. Churchills Absicht, auf den Kapitulationslinien stehen zu bleiben, scheint der Sowjetunion nicht unbekannt gewesen zu sein. Die Verwirklichung der vertraglich ver-einbarten Beteiligung der Westmächte an der Verwaltung Berlins wurde von ihr als Faustpfand zur Herausgabe ihres Besatzungsgebietes benutzt. Die Alternative hieß: Durchführung der Vier-Mächte-Verwaltung Berlins und Einnahme der festgelegten Besatzungszonen oder Verbleiben in den eingenommenen Stellungen. Ganz Berlin wäre in letzterem Falle unter sowjetische Herrschaft gekommen. Die Unfähigkeit, sich über Deutschland zu verständigen, wäre bereits zu diesem Zeitpunkt offenbar geworden. Diese Demaskierung wollten die Westmächte verhindern; sie vereinbarten deshalb in der Sitzung vom 29. Juni folgendes Programm für die Besetzung der Sektoren von Berlin:

1. Juli: Bodenerkundung;

2. Juli: Flugplatzerkundung;

3. Juli: Haupttruppe beginnt einzurücken und beendet Einrücken am 4. Juli.

Zum Straßenverkehr nach Berlin führt der amerikanische Bericht über die Sitzung vom 29. Juni aus: „Für den Straßentransport wäre die Autobahn Hanau—Magdeburg—Berlin von amerikanischen und britischen Truppen ohne Einschränkung zu benutzen. Einer freien Benutzung der Autobahn Berlin—Frankfurt haben die Russen nicht zugestimmt; das Übereinkommen über den Straßentransport erfolgt vorbehaltlich einer Prüfung durch den Kontrollrat oder durch die Regierungen."

Über den Eisenbahnverkehr vermerkt das erwähnte Protokoll: „Was den Schienenweg anbetrifft, so stellen die Russen derzeit die Eisenbahnen westlich von Berlin nicht auf russische Spur um; sie geben ihre Zustimmung zur ausschließlichen Benutzung der Linie Greene—Göttingen—Bebra mit Normalspur durch die Vereinigten Staaten und zur uneingeschränkten Benutzung der Linie Goslar— Magdeburg—Berlin durch die Alliierten. Es wurde vereinbart, daß im Straßen-, Schienen-und Luftverkehr auf den genehmigten Strekken keine Durchsuchung oder Kontrolle durch Zollbehörden oder militärische Behörden an der Grenze erfolgen würden; der Verkehr würde sich jedoch nach der russischen Polizeikontrolle in der üblichen Form richten müssen. Schukow sagte zu, daß alle angemessenen Forderungen hinsichtlich des Transports amerikanischer und britischer Truppen, die für die Vorbereitungen für die Konferenz nötig sind, erfüllt würden. Telegrammdienst zwischen Berlin und Frankfurt wurde vereinbart." Über den Luftverkehr nach Berlin heißt es im amerikanischen Bericht vom 29. Juni: „Hinsichtlich der Luftwege boten die Russen eine Luftstraße von ungefähr 20 Meilen Breite von Berlin nach Magdeburg und zwei Wege von Magdeburg nach Frankfurt an. Für die Konferenz werde der Flugplatz Gatow auf amerikanisch-britischer Basis betrieben. Im amerikanischen Sektor würde Tempelhof zur Verfügung stehen. Die Sowjets verlangen, daß jeder Flug eine Stunde vorher angekündigt wird; es ist nicht erforderlich, die Bestätigung der Mitteilung vor dem Flug abzuwarten."

Diese Mitteilungen, genauer als die entsprechenden Ausführungen Clays, sind wesentliche Beiträge zur leidvollen Geschichte der westlichen Zufahrtswege nach Berlin; sie machen deutlich, daß die Sowjetunion über sie nicht verhandelte, sondern sie bestimmte. Erst nach der Räumung der sowjetischen Besatzungszone gestattete die Sowjetunion den Einmarsch westlicher Truppen nach Berlin;

sie gewann Zeit — zum Abtransport von Gütern aller Art, der „Kriegsbeute", aus den Sektoren ihrer Verbündeten, demonstrierte ihre Macht in Deutschland —, wohingegen die Vereinigten Staaten von Amerika nur zaghafte Einwände erhoben.

Am 4. Juli traf die Masse der amerikanischen und britischen Verbände in Berlin ein; in ihrer Marschkolonne befand sich ein französisches Detachement. Die Weltpresse schenkte diesem Vorgang große Beachtung.

Der Korrespondent des „Daily Mail" schrieb:

„Den erstaunlichsten Eindruck machte es auf mich, daß trotz der vielen Vorankündigungen unsere Ankunft den russischen Truppen ebenso überraschend kam wie den deutschen Zivilisten. Offensichtlich hatten die russischen Kameraden nicht damit gerechnet, daß wir tatsächlich in Berlin einziehen würden." In der „Times" berichtete ein Journalist: „Wir erreichten Eisleben in den Morgenstunden und fanden dort bereits eine Unmasse roter Fahnen vor. Als wir die Elbe passiert hatten, mußten wir zu unserer Überraschung erkennen, daß in den Dutzenden von Ortschaften, die wir passierten, kaum irgendwelche Zivilisten zu sehen waren. Östlich von Wittenberg und bis Berlin stießen wir auf das Kampffeld, das heute noch die ganze Schwere der Schlacht um Berlin zeigt. Die Deutschen hielten es offenbar für angebracht, an allen möglichen und unmöglichen Stellen rote Banner mit Grüßen an die Rote Armee zu spannen. Diese Grußdemonstrationen erhöhen die unverkennbare Atmosphäre von Furcht jedoch mehr, als daß sie sie erleichtern. Alle paar hundert Meter fanden wir große Plakate mit Worten von Stalin vor. Die Mehrzahl der Straßenschilder sind in russischer Sprache abgefaßt. Immer mehr gewinnen wir den Eindruck, daß Deutschland seine Nationalität verloren hat und daß wir in einem fremden, bisher noch nicht entdeckten Lande sind." Der Korrespondent des „Daily Herald“ meldete: „Die Berliner zeigten kaum irgendwelches Interesse, als unsere Kolonnen in die Stadt einrückten. Erst später wagten einige von ihnen, sich an uns zu wenden. Wir konnten dann mehrfach vernehmen: Wir haben lange auf die Engländer und Amerikaner gewartet, und wir freuen uns, daß ihr endlich da seid!"

Beinahe zwei Monate waren seit der Einstellung der Kampfhandlungen in Europa vergangen. Jetzt erst, nach Verzögerungen, Verschleppungen und Vertröstungen erhielten Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika die Möglichkeit, sich an der ihnen im Abkommen vom 12. September 1944 vereinbarten gemeinsamen Besetzung und Verwaltung Berlins zu beteiligen. Den im Verband der amerikanischen und britischen Einheiten nach Berlin eingerückten französischen Truppen wurden am 12. August 1945 die Stadtbezirke Reinickendorf und Wedding als französischer Sektor übergeben.

III. Die sachliche Vorbereitung der Konferenz vornehmlich durch Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika

1. Die Frage der Teilung Deutschlands Bisher wurde in der politischen und zeitgeschichtlichen Literatur die Auffassung vertreten, Präsident Truman sei mit der Bereitschaft, einer Aufteilung Deutschlands zuzustimmen, nach Deutschland gekommen. Als Zeuge dafür wurde Admiral Leahy angeführt. Die in den „Potsdam Papers" veröffentlichten Schriftstücke widerlegen diese Annahme.

Das Problem der Aufteilung Deutschlands wurde in den zur Vorbereitung der Konferenz von Potsdam erstellten amerikanischen Schriftstücken ausführlich erörtert. Die „Richtlinien für die amerikanische Delegation" sprachen die Empfehlung aus, „daß sich die Regierung der Vereinigten Staaten — unabhängig von der Abtretung von Grenzgebieten und der Vornahme von Grenzberichtigungen — gegen die Aufteilung Deutschlands in zwei oder mehr Einzelstaaten ausspricht". Zur Begründung der Abkehr von dem auf der Konferenz von Teheran von Präsident Roosevelt vorgetragenen Plan, Deutschland in fünf Staaten und zwei internationale Zonen aufzuteilen, von den Vorschlägen des Unterstaatssekretärs Sumner Welles, Deutschland in drei Staaten zu zerlegen, und vor allem von den leidenschaftlichen Erwägungen des Staatssekretärs Morgenthau — um nur drei amerikanische Deutschlandpläne an-zuführen —, heißt es in den „Richtlinien für die amerikanische Delegation": „Die Regierung der Vereinigten Staaten sollte eindeutig ihre Auffassung zum Ausdruck bringen, daß die Teilung Deutschlands in Besatzungszonen nicht die Errichtung von Schranken für den interzonalen Warenverkehr bedeutet. In der amerikanischen Besatzungszone herrscht Lebensmittelknappheit und fast völliger Mangel an Kohle und anderem wichtigen Industriematerial. Ihre Verwaltung als geschlossene wirtschaftliche Einheit wäre völlig undurchführbar. Die britische Zone hat noch größeren Lebensmittelmangel, wäre jedoch die logische Versorgungsquelle für Kohle und einige andere Industriematerialien. Die russische Zone besitzt einen Überschuß an Lebensmitteln und hat — abgesehen von Berlin, das nach den derzeitigen Abkommen einer Vier-Mächte-Verwaltung unterstehen würde — viel geringere Bombenschäden erlitten als Westdeutschland." Die „Richtlinien für die amerikanische Delegation" begnügen sich mit der Darlegung der wirtschaftlichen Gründe; sie verweisen mit großem Ernst auf die Konsequenzen von Vereinbarungen der westlichen Besatzungsmächte: „Die Dringlichkeit dieses Problems und die Notwendigkeit einer unverzüglichen Entscheidung entspringen dem Umstand, daß in Kürze unter den westlichen Alliierten Vereinbarungen erforderlich sind, deren Anwendung auf Westdeutschland beschränkt bleibt, wenn nicht schnell erste Abkommen, die sich auch auf die russische Zone erstrecken, erreicht werden. Die amerikanische Zone in Deutschland ist von der Ruhrund Saarkohle abhängig. Die Briten werden die Unterstützung der Vereinigten Staaten zur Deckung des großen Nahrungsmittelfehlbedarfes in Nordwestdeutschland benötigen."

Die Glaubwürdigkeit der amerikanischen Abkehr von den Überlegungen und Plänen zur Teilung Deutschlands vor dem Zusammentritt der Konferenz von Potsdam ist nicht nur in den Instruktionen für die amerikanische Delegation, sondern auch in zahlreichen zu deren Erstellung erarbeiteten Schriftstücken nachweisbar. Der gemeinsame Beraterausschuß der Vereinigten Stabschefs der amerikanischen Streitkräfte legte im Juni 1945 eine Denkschrift über die Frage der Zerstückelung Deutschlands vor, in der es hieß: „Eine Aufteilung Deutschlands in mehrere deutsche Staaten würde nicht die vollständige Vernichtung des aggressiven Nationalismus bewirken, der das deutsche Volk während des vergangenen Jahrhunderts gekennzeichnet hat. Außerdem würde die Errichtung mehrerer weiterer kleiner Staaten in Mitteleuropa dazu angetan sein, einen noch größeren Raum für Rivalitäten und politische Ränke unter den europäischen Mächten zu schaffen, ohne dafür Vorteile in Form einer Lösung des Hauptproblems, der Rückkehr Deutschlands in die Völkerfamilie, zu bringen. Aus diesen Gründen hält der Gemeinsame Beraterausschuß vom langfristigen militärischen Gesichtspunkt aus eine wirkliche Zerstückelung Deutschlands für unerwünscht."

Dieser Auffassung, daß eine Teilung Deutschlands unerwünscht sei, war auch der politische Berater des Militärreferenten des amerikanischen Präsidenten, der seinerseits eine umfangreiche Untersuchung über die Frage der Aufteilung Deutschlands erstellte. Sie ist deshalb außerordentlich wertvoll, weil sie eine Übersicht über die Teilungsgespräche während des Zweiten Weltkrieges gibt. In ihnen wird auch der sowjetische Wunsch nach der Schaffung eines Gebietes unabhängiger aber prorussischer Staaten in Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn festgehalten

Das amerikanische Interesse an dieser grundsätzlichen Frage der Politik der verbündeten Mächte gegenüber Deutschland kam auch in 91 der Tatsache zum Ausdruck, daß der amerikanischen Delegation nicht eine, sondern mehrere Instruktionen mitgegeben wurden.

Der eingangs zitierte Text ist als Kurzfassung eines sehr umfangreichen Schriftstücks über das Problem der Zerstückelung Deutschlands anzusehen. Dieses geht ausführlich auf die mögliche Entwicklung eines in mehrere Staaten aufgeteilten Deutschlands ein. Es gibt zu bedenken, daß die Aufteilung Deutschlands nur in dem Falle ein Mittel dazu sei, den Deutschen die Möglichkeit zu nehmen, einen Krieg zu beginnen, wenn eine echte und andauernde Zersplitterung ihrer nationalen Kräfte einsetze. Zu dieser Zersplitterung würde es nach amerikanischer Hinsicht gehören, politische und militärische Zusammenarbeit zu verhindern. Zu ihrer Wirksamkeit müßte eine Zersplitterung eine Zerreißung der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands zur Folge haben. Diese Hoffnungen bezeichnete die amerikanische Instruktion als illusionär und fuhr danach fort: „Am besten rechnet man damit, daß das deutsche Volk die Aufteilung als unabänderlichen Dauerzustand nicht bereitwillig hinnimmt. Das Nationalgefühl der Deutschen hat sich zu einer derartigen Stärke entwickelt, daß es bei ihnen keine nennenswerte Gruppe gibt, welche die Entscheidung von 1871 bisher in Frage gestellt hat. Die Versuche, die nach dem vorigen Krieg unternommen wurden, um den Separatismus im Rheinland zu fördern, fanden beim Volk nur geringe Unterstützung; und da diese Bewegung durch die Franzosen begünstigt wurde, verlor sie in den Augen der Deutschen jegliches Ansehen. Wahrscheinlich besteht zur Zeit in gewissem Umfang eine Reaktion gegen die von den Nazis übertriebene Zentralisation, doch hat der Zusammenbruch durch die Niederlage noch in keinem Gebiet Deutschlands zu Willensäußerungen nach einer Trennung vom übrigen Deutschland geführt." Die Anweisung beurteilte von dieser Feststellung die zukünftige Entwicklung: „Es muß daher erwartet werden, daß die Deutschen, wenn sie den Schock der Niederlage überwunden haben, ihr patriotisches Gefühl für nationale Einheit wiedergewinnen, es sei denn, daß die Siegermächte in der Lage wären, innerhalb Deutschlands geographisch bedingte Rißlinien zu entdecken und sie entsprechend auszunutzen." Die Instruktion fuhr fort: „Gegenwärtig ist die Wahrscheinlichkeit, derartige Linien zu finden, nur gering. Die historischen Grenzen bieten nur geringe Ansatzpunkte für Hoffnungen in die-ser Richtung. Die alten Ländergrenzen liefern im günstigsten Falle eine gewisse Grundlage für eine gemäßigte Dezentralisierung. Konfessionelle Unterschiede, die in der Weimarer Republik durch das Wählen bestimmter Parteien zutage traten, geben keine Hinweise auf nennenswerte Spaltungen. Die alten Differenzen, wie sie früher zwischen Ost und West einerseits und zwischen Nord und Süd andererseits bestanden, entbehren praktisch jeder Substanz im heutigen Deutschland; sie reichen bestimmt nicht aus, um sich auf sie als Grundlagen für eine dauernde Teilung zu stützen. Und selbst wenn zwischen ihnen wesentliche Unterschiede bestünden, wären diese Gebiete dennoch zur Eigenstaatlichkeit ungeeignet, denn angesichts der starken Ballung von Bevölkerungsteilen und der wirtschaftlichen Entwicklung im Nordwesten eignen sie sich nicht mehr als Mittel zur Schaffung eines Gleichgewichts zwischen verschiedenen Gebieten Deutschlands. Es kann als weiterer Beweis für den homogenen Zustand des heutigen Deutschlands gewertet werden, daß eine politische Analyse der Gebiete im Nordwesten, Süden und Osten eine bemerkenswerte Übereinstimmung hinsichtlich der Entwicklung des Nationalsozialismus in ganz Deutschland zeigt." Auf Grund dieser Erhebungen untersuchte die amerikanische Denkschrift die mögliche Funktion der Grenzen der Besatzungszonen: „Diese Erwägungen dienen somit als Anzeichen dafür, daß die Grenzen der vier militärischen Besatzungszonen keine Aussicht dafür bieten, sie als wirksame Linie für eine interne Aufspaltung und damit für eine Aufteilung zu benutzen, und sie wurden ja auch nicht zum Zwecke einer Aufteilung gezogen. Die einzige vertretbare Berechnung geht dahin, daß man eine Aufteilung — ohne Rücksicht auf die Anzahl der Einzelstaaten und ihre jeweiligen Grenzen — auf unbestimmt lange Zeit gewaltsam beibehalten müßte. Im Endeffekt würde sich daraus ergeben, daß die Siegermächte sich dann auf die Aufteilung als Ersatz für Entmilitarisierungskontrollen nicht verlassen könnten und somit nicht nur einen ausreichenden Kontrollapparat beibehalten müßten, um ein ungeteiltes Deutschland im Zaume zu halten, sondern sich außerdem noch die überflüssige Last der Beibehaltung einer Aufteilung aufbürden müßten." Die „Richtlinien für die amerikanische Delegation" erinnerten auch auf die Rückwirkungen einer Teilung Deutschlands auf die internationalen Beziehungen: „Des weiteren wäre zu betonen, daß eine Aufteilung Deutschlands puch zu einem höchst gefährlichen Wettbewerb zwischen den einzelnen Mächten führen könnte, die Regierungen der Teilstaaten zu dirigieren oder zu beeinflussen. Den Deutschen wird es dadurch ermöglicht, einen Alliierten gegen den anderen auszuspielen — ein Verfahren, daß ohne weiteres ein gemeinsames Vorhaben der Deutschen darstellen könnte. Die Deutschen könnten, indem sie den Osten oder den Westen auffordern, besondere Gebietsansprüche geltend zu machen und eine vorherrschende Rolle in einem oder mehreren neuen Staaten auszuüben, ohne weiteres Sonderkonzessionen für den einen oder anderen Staat erreichen und die Einmütigkeit der Alliierten bei der Verhinderung einer neuen deutschen Aggression gefährden.

Das Geschick, mit dem die Deutschen in der Hitlerzeit eine Macht gegen die andere ausspielten, ist Beweis für ihre Fähigkeit, sich jede Gelegenheit auf politischem Gebiet zunutze zu machen, die sich ihnen durch die Schaffung mehrerer deutscher Staaten bieten würde." Gründlich wie die Amerikaner in der Politik zu sein pflegen, fragten sie auch nach den wirtschaftlichen Auswirkungen einer Teilung Deutschlands: „Die Ansicht, daß eine Zergliederung Deutschlands schädlich für die wirtschaftliche Sanierung Europas sein würde, leitet sich von der Schlußfolgerung ab, daß man, wenn es sich dabei um eine mehr als nominelle oder nur als Übergang gedachte Einrichtung handeln soll, zwischen den Einzelstaaten wirkliche Wirtschaftsschranken errichten müßte. Eine Zollunion oder eine andere Art besonderer wirtschaftlicher Zusammenarbeit könnte nur zu einer zum Teil zwar rechtmäßigen, aber größtenteils wahrscheinlich rechtswidrigen Konsolidierung von Hilfsquellen führen, welche die mit der Aufteilung verbundenen Absichten gefährden würde. Eine wirtschaftliche Zerstückelung jedoch würde nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa zu einem wirtschaftlichen Rückfall führen. Ohne Zweifel ließen sich einzelne Gebiete Deutschlands so anordnen, daß sie am Leben blieben; auch könnte man ihnen — vielleicht durch Unterstützung von außen — ein Leben mit einem reduzierten Standard schaffen, aber Wirtschaftsgrenzen innerhalb Deutschlands würden für Deutschland Hindernisse darstellen, wenn es in wirksamer Weise unmittelbare Reparationsleistungen erbringen und einen Höchstbeitrag zum Wiederaufbau und vor allem zur Verbesserung des Lebensstandards in Europa leisten soll." Spekulativ erörterten die Verfasser der amerikanischen Weisung das wahrscheinliche Verhalten der deutschen Teilstaaten untereinander: „Jede nur erlaubte Art von besonderer wirtschaftlicher Zusammenarbeit zwischen den Einzelstaaten würde ein beträchtliches Feld für gemeinsame Aktionen erschließen. Völlige wirtschaftliche Trennung dagegen würde ein Antrieb zu einer Vielzahl von parallel verlaufenden Aktionen sein, von denen einige anscheinend harmlos und juristisch unanfechtbar, andere aber betrügerischer Art sein würden; letzten Endes würde es sich bei derartigen Aktionen um gemeinsame Unternehmen handeln. Unter solchen Verhältnissen würde ein Kontrollsystem selbstverständlich nur Teilerfolge zeitigen, während Schikanen und Streitigkeiten an der Tagesordnung sein würden. Ein gleiches Rechtssystem in den verschiedenen Staaten oder die Wahl der gleichen Exekutive könnten ohne weiteres viel zur Beseitigung der Teilung beitragen. Die koordinierende Tätigkeit gleichgesinnter und für alle Vorhaben in der Praxis überhaupt gleicher politischer Parteien würden den Scharfsinn der erfahrensten und kritischsten Kontrollorgane auf die Probe stellen. Die Maßnahmen der Naziregierung der Freien Stadt Danzig liefern in ihrer Parallelität zu denen des Nazireichs ein Beispiel dafür, was geschehen könnte und wie schwierig es sein würde, wirksame Schritte dagegen zu unternehmen. Das Resultat einer derartigen Sachlage könnte ein Deutschland sein, das zwar keinen Krieg beginnen könnte, nichtsdestoweniger aber in der Lage wäre, die Welt ständig in Unruhe zu halten.“ Nicht nur mit deutschen Machenschaften zur Verwirrung der Besatzungsmächte, auch mit deren Entfremdung rechneten die Amerikaner: „Eine noch größere Gefahr hinsichtlich der Friedensregelung und Weltsicherheit würde sich ergeben, sollte sich die Erhaltung der Einmütigkeit der Alliierten gegenüber deutschen Ausflüchten und damit gleichzusetzenden unaufhörlichen Protesten als Problem erweisen. Die Geschichte des Versailler Vertrages, soweit sie sich als allgemeiner Grundsatz anwenden läßt, zeigt die Gefahren auf, die in Meinungsverschiedenheiten bei den Vereinten Nationen liegen, wenn es um die Frage geht, ob die verschiedenen Vertragspunkte mit einem in Friedenszeiten üblichen Rechtsgefühl und mit den wirtschaftlichen Erfordernissen des Lebens im Frieden vereinbar sind. Je rigoroser und je weniger offenbar notwendig die Bestimmungen eines Vertrages sind, desto schneller werden sich Meinungsverschiedenheiten zwischen den Alliierten ergeben. Jegliche Konzession, die einer Veränderung des Rechtsempfindens entspringt, wird die Deutschen nur zu patriotischen Protesten und zum Widerstand ermutigen; jeder Meinungsstreit unter den mit den Durchführungsmaßnahmen befaßten Mächten über die Vorzüge eines bestimmten Rezeptes würde irgendeinem deutschen Fait accompli den Weg ebnen. Wenn dieser Prozeß einmal eingesetzt hätte, gäbe es kein logisches Halt auf dem Wege der Befreiung Deutschlands von fremder Kontrolle." Zum Abschluß ihrer sehr eingehenden Untersuchung der Vor-und Nachteile einer Zerstückelung Deutschlands gaben die Verfasser der Instruktion, die sich im Reisegepäck der amerikanischen Delegation für die Konferenz von Potsdam befand, zu bedenken: „Da sich im gegenwärtigen Zeitpunkt, in dem man in den meisten Ländern der Welt durch die Schandtaten der Nazis verbittert ist, kaum ein zuständiger Staatsmann und nur ein geringer Teil der öffentlichen Meinung in Europa für eine Aufteilung ausspricht, wäre es klug, sich schon in die Zeit zu versetzen, in der die Aufteilung, falls sie durchgeführt worden wäre, als Unrecht und wirtschaftlicher Nachteil erscheinen würde und eine oder mehrere der mit ihrer Durchführung befaßten Mächte jede weitere Verantwortung ablehnen würden." Diese Darlegungen widerlegen eindeutig und unmißverständlich die Behauptungen und Ansichten, die amerikanische Vertretung habe sich in der Absicht nach Potsdam begeben, eine Aufteilung Deutschlands zu fordern oder ihr zuzustimmen. Die Bemerkung des Generals Leahy, Präsident Truman sei in der Frage der Teilung Deutschlands unschlüssig gewesen, kann nur so gedeutet werden, daß dieser sich dazu noch nicht geäußert hatte. Seine Ausführungen auf der Konferenz von Potsdam beweisen jedoch, daß er die Argumentation sowohl des Außenministeriums als auch des Kriegsministeriums gegen eine Aufteilung Deutschlands nicht nur kannte, sondern sie auch billigte und sich zu eigen machte.

2. Finanz-und wirtschaftspolitische Auffassungen und Absichten Weil die amerikanische Politik die Erhaltung des Deutschen Reiches anstrebte, trat sie mit großer Entschiedenheit für die Praktizierung der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands ein. Die Potsdam-Formel der deutschen Einheit — „während der Besatzungszeit ist Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit zu betrachten" — entstammt den amerikanischen Vorbereitungen zur Konferenz von Potsdam. Im Instruktionsbuch für die amerikanische Delegation findet sich eine Weisung, die eine Vereinbarung über die Behandlung Deutschlands als wirtschaftliche Einheit vorschlägt, überzeugt von der Notwendigkeit, jeder Entfremdung unter den Besatzungsmächten entgegenwirken zu müssen, befaßten sich die amerikanischen Bundesbehörden eingehend mit der finanz-und währungspolitischen Lage Deutschlands im Frühsommer 1945. Aus der Vielzahl der dabei erörterten und schließlich in „Richtlinien" niedergelegten Probleme ragen heraus:

Die Frage der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands, die Erwägungen über die deutsche Wäh-rungsund Finanzpolitik, das umfangreiche und komplizierte Problem der Reparationen, Wiedergutmachung und Kriegsbeute, die Ansichten über die Behandlung des deutschen Auslandsbesitzes, die politisch überlagerte Diskussion über die Verteilung der Kriegs-und Handelsmarine und schließlich die außergewöhnlich intensive Erörterung der Kohlenfrage.

Auf Grund sehr eingehender Untersuchungen über die Wirtschaftsstruktur und die Versorgungssituation der einzelnen Besatzungszonen vertrat zunächst das amerikanische Außenministerium die Forderung auf eine „Behandlung Deutschlands als wirtschaftliche Einheit“. Mit Bedauern und Besorgnis wurde in Washington zur Kenntnis genommen, daß bei der ersten Zusammenkunft der vier Ober-befehlshaber in Berlin am 5. Juni die Konstituierung des Kontrollrats und die Besprechung dringender Probleme, vor allem wirtschaftlicher Natur, nicht möglich war. Diese Verzögerung bei der Ingangsetzung des Vier-Mächte-Kontrollsystems betrachtete das amerikanische Außenministerium als eine Gefährdung der deutschen Einheit und der einheitlichen Deutschlandpolitik, weshalb es der amerikanischen Delegation auftrug, die Funktionsfähigkeit des Kontrollrats sicherzustellen und auf realisierbaren Zusagen über die Behandlung Deutschlands als wirtschaftliche Einheit zu bestehen. Dem entsprechenden Passus der „Richtlinien für die amerikanische Delegation" ist beigefügt der Entwurf eines Memorandums an die britische und sowjetische Regierung, in dem der Begriff „Wirtschaftliche Einheit", „Economic Unit", eingehend erklärt wird: Die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen bedeute nicht die Schaffung eigener wirtschaftlicher Ordnungen der einzelnen Zonen. Eine einheitliche wirtschaftliche Ordnung in Deutschland biete für alle Besatzungsmächte nur Vorteile: Sie ermögliche die wirksame Mobilisierung des deutschen Wirtschaftspotentials, gestatte den Mächten, sich in gleichem Umfang an den Vorteilen und Verpflichtungen zu beteiligen, die eine Besetzung mit sich bringe, mache es möglich, Einfuhren nach Deutschland auf ein Minimum zu beschränken und angemessene Vorkehrungen zur Wahrung eines einheitlichen Lebensstandards auf der Höhe des Existenzminimums in Deutschland zu treffen, trage dazu bei, Unterschiede in der Behandlung der deutschen Bevölkerung zu vermeiden und vermindere weitgehend die Auswirkungen deutscher Versuche, eine Besatzungsmacht gegen die andere auszuspielen Nicht politische oder territoriale, sondern wirtschaftliche Überlegungen bestimmten die Vereinigten Staaten, die Forderung nach Behandlung Deutschlands als wirtschaftliche Einheit nachdrücklich zu vertreten. Ihre Bemühungen, noch vor dem Zusammentritt der Konferenz die verbündeten Regierungen zur Unterstützung dieser Ansicht zu bewegen, scheiterten.

Auch die „Wirtschaftlichen Grundsätze" des Potsdamer Abkommens vom 2. August 1945 gehen auf amerikanische Vorstellungen, Forderungen und Empfehlungen zurück. Die amerikanische Delegation erreichte zwar deren Aufnahme, blieb jedoch bei dem Versuch erfolglos, eindeutige Auslegungen und Sicherungen für deren Verwirklichung zu erwirken. Die Fragilität der im Sommer 1945 über Deutschland getroffenen Entscheidungen wird hinter dieser Situation sichtbar. Aus den amerikanischen Untersuchungen über die finanz-und währungspolitische Lage Deutschlands ragen zwei Erwägungen heraus: die Sorge um die Erhaltung der deutschen Währungseinheit und die Frage der Erstfinanzierung der deutschen Einfuhren.

Der Gemeinsame Ausschuß der Vereinigten Stabschefs der amerikanischen Streitkräfte legte im Juni 1945 die Denkschrift „Wie soll das Bankwesen in Deutschland geregelt werden. Welche Währung soll benutzt, wie soll der Wechselkurs festgelegt werden?" vor, in der er darauf hinwies, daß nach dem Einmarsch der verbündeten Armeen die ohnehin erschütterte Währungssituation Deutschlands chaotisch geworden sei. Der Ausschuß der Stabschefs gab zu bedenken, ein einheitliches Währungssystem sei die Grundlage für vertragliche Beziehungen und für die Wahrung eines gesunden Niveaus in Handel und Wirtschaft; angesichts der vielen in Deutschland in Umlauf befindlichen Zahlungsmittel sei es erforderlich, alle vier Besatzungsmächte für die Wiederherstellung der bereits verlorengegangenen Währungseinheit zu interessieren. Deren Rehabilitierung sollte verbunden werden mit einer drastischen Geldschöpfung und mit der einheitlichen Festlegung des Wechselkurses und der Devisenkontrolle. Die bei den Besatzungstruppen befindlichen Wertsachen aller Art, Barrengold, ausländische Wertpapiere, Münzen, Zahlungsmittel aller europäischen Länder, sollten erfaßt werden. Die amerikanische Delegation wurde aufgefordert, die chaotische Währungssituation Deutschlands auf der Konferenz von Potsdam zur Sprache zu bringen

Kriegsminister Stimson griff in einem Brief an Außenminister Stettinius als erster das Problem der Zwischenfinanzierung der deutschen Einfuhren auf; er ging dabei von der Feststellung aus, daß über die Politik in Deutschland unter den verbündeten Mächten keine Übereinstimmung oder Vereinbarung bestehe. Einfuhren nach Deutschland hielt aus zwei Gründen für Stimson vor allem erforderlich: für die Sicherstellung der Versorgung und für die Initial der -zündung der deutschen Wirtschaft. Nur durch Einfuhren werde es möglich sein, die deutschen Ausfuhren trotz der grundsätzlichen Beschränkungen in dem Umfang zu erweitern, der für die Aufbringung der Reparationen und Wiedergutmachungen und für die Rückzahlung der Erstfinanzierung erforderlich ist In einer Vorlage für Präsident Truman befaßte sich der Nachfolger Stettinius’, Außenminister Byrnes, am 5. Juli ausführlich mit der Frage der Zwischenfinanzierung für Deutschland; er fügte seinem Schreiben ein „Programm einer Finanzhilfe für Deutschland" bei, das in Potsdam den übrigen Konferenzmächten zugestellt wurde. In ihm kündigten die Vereinigten Staaten an, das laufende Beschaffungs-und Versorgungsprogramm für Europa nicht über den 1. Oktober 1945 hinaus durchzuführen, und verlangten gleichzeitig, vom 1. August an über die Verteilung aller Versorgungsgüter in Deutschland Buch zu führen; auch wiederholten sie ihre Ansicht, daß Forderungen aus amerikanischen Lieferungen an Deutschland den Reparationsansprüchen vorgehen müßten

Weder das Problem der deutschen Währungseinheit noch die Frage der Erst-oder Zwischenfinanzierung Deutschlands konnte vor dem Zusammentritt der Konferenz von Potsdam gelöst werden. Auch über die Erstrangigkeit der Refinanzierung der Einfuhren nach Deutschland gingen die Meinungen der Regierungen auseinander. Das amerikanische Außenministerium empfahl die Errichtung einer Drei-Mächte-Behörde zur Erledigung aller mit dem Ein-und Ausfuhrproblem Deutschlands zusammenhängenden Fragen für den Fall, daß der Kontrollrat nicht rasch genug gebildet werde oder zu keiner Verständigung darüber gelange. In den „Richtlinien für die amerikanische Delegation" wurde eine Westlösung der Finanzsituation Deutschlands als ultima ratio angedeutet Die finanzpolitischen Gedankengänge der „Richtlinien für die amerikanische Delegation" beeinflußten die Formulierungen der entsprechenden Beschlüsse des Potsdamer Abkommens maßgebend; sie schlugen sich auch nieder in dem amerikanischen Plan für die deutsche Währungsreform vom 20. Mai 1946

Während der unmittelbaren Vorbereitungs -zeit der Konferenz von Potsdam tagte in Moskau bereits die Alliierte Reparationskommission. Der amerikanische Vertreter, Pauley, berichtete unendlich oft von der Forderung der sowjetischen Vertreter, im Sinne der Empfehlung der Konferenz von Jalta Deutschland Reparationen in Höhe von 20 Milliarden Dollar aufzuerlegen. Zwar war auch darüber kein förmlicher Beschluß gefaßt worden, doch hat-ten Roosevelt, Stalin und Churchill sich entschlossen, diesen Betrag als Diskussionsgrundlage anzusehen. Von ihm sollte die Sowjetunion 10 Milliarden, Großbritannien und die Vereinigten Staaten 8 Milliarden und die übrigen Staaten 2 Milliarden erhalten. Pauley brachte dagegen vor, eine Festlegung der Reparationsverpflichtung Deutschlands sei solange nicht möglich, als nicht wenigstens eine vorläufige Abschätzung der deutschen Zahlungsfähigkeit erfolgt sei; auch betonte er, über die Form der Reparationen bestünden unter den Mächten unterschiedliche Ansichten. Die Sowjetunion sei an Sachund Dienstleistungen in unbeschränktem Umfang interessiert, während die Vereinigten Staaten keine Verwendung für Werkanlagen, Maschinen und Arbeitskräfte, wohl aber für Goldwährungen, Auslandsguthaben, Patente, Fertigungsverfahren und technische Neuerungen hätten. Das amerikanische Außenministerium trat dieser Auffassung bei, war jedoch besorgt über die Stagnation der Verhandlungen der Alliierten Reparationskommission.

Grund dafür war der nicht beilegbare Streit über die Höhe der deutschen Reparationen.

Die bisher unbeachteten Auseinandersetzungen in der Alliierten Reparationskommission und die Klärungen im Schoße der amerikanischen Regierung führten zur Beauftragung der amerikanischen Delegation, nur unter folgenden Voraussetzungen einem Reparationsplan zuzustimmen: Die Ausschaltung der dem Kriegspotential dienenden Industriekapazität Deutschlands sollte sichergestellt sein. Die Reparationen sollten so beschaffen sein, daß sie den Wiederaufbau der von den Deutschen verwüsteten Länder beschleunigen würden.

Deutschland sollte als geschlossene wirtschaftliche Einheit behandelt werden. Die Reparationen sollten weitgehendst aus dem vorhandenen deutschen Volksvermögen bestritten werden. Zur Vermeidung einer Ausweitung des deutschen Industriepotentials infolge von Reparationslieferungen sollten die Reparationsleistungen in Form von Fertigprodukten auf ein Minimum beschränkt werden. Trotz vorübergehender Bereitschaft des amerikanischen Außenministeriums, der Sowjetunion einen Anteil von 56 Prozent einzuräumen, sollte zunächst am Verteilungsschlüssel von Jalta festgehalten werden. Nachdrücklich wurde der amerikanischen Delegation empfohlen, bei der Festlegung der deutschen Reparationen die unverändert gültigen Prinzipien der Wirtschaft nicht außer acht zu lassen. In einem Nebensatz wurde hinzugefügt, die Reparationserfahrungen nach dem Ersten Weltkrieg sollten an sich ausreichen, um nicht abermals durch wirtschaftliche Maßnahmen politische Gefahren zu provozieren Große Aufmerksamkeit brachten alle Mächte dem deutschen Auslandsbesitz entgegen. Sorge bereitete ihnen dabei vor allem die Frage der Verfügungsgewalt in den neutralen Staaten Europas, die nicht bereit waren, die deutschen Vermögenswerte den verbündeten Mächten zu übergeben. Es müßten, erklärte das amerikanische Außenministerium am 7. Juli, Mittel und Wege gefunden werden, um zu verhindern, daß die neutralen Länder ein Eigeninteresse an den deutschen Auslandsguthaben entwickeln. Die entsprechende Initiative der Schweiz mißfiel allenthalben.

Beunruhigung löste aber auch die Mitteilung des amerikanischen Geschäftsträgers in Bukarest vom 12. Juli aus, daß der stellvertretende Vorsitzende des Alliierten Kontrollrats in Rumänien, der sowjetische General Susaikow, die Übereignung der deutschen Anteile an rumänischen Erdölgesellschaften an die Sowjetunion verfügt habe Die amerikanische Delegation wurde angewiesen, darauf zu bestehen, daß die Außenposten des deutschen Einflusses und der wirtschaftlichen Aktivität ausgeschaltet würden. Wo die deutschen Betriebe nicht von wesentlicher Bedeutung für die betreffende Volkswirtschaft seien, sollte die Ausschaltung des deutschen Einflusses durch die vollständige Liquidierung der Betriebe erfolgen. Dort aber, wo die von Deutschen kontrollierten Gesellschaften für die Volkswirtschaft des betreffenden Landes von wesentlicher Bedeutung seien, wie z. B.

Industrieunternehmungen mit hoher Beschäftigtenzahl, müsse die deutsche Kontrolle in nichtdeutsche Hände übergehen. In beiden Fällen sollte der Reinerlös zur Zwischen-finanzierung Deutschlands herangezogen werden

Bereits im Mai 1945 kam es über die Frage der Verteilung der deutschen Handels-und Kriegsflotte zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien einerseits und der Sowjetunion andererseits. Marschall Stalin führte gegenüber dem amerikanischen Sonderbotschafter Hopkins Klage darüber, daß sich der Sowjetunion keine deutschen Schiffe ergeben und die Vereinigten Staaten und Großbritannien bisher keine deutschen Schiffe an die Sowjetunion ausgeliefert hätten. Da die Seemächte Großbritannien und die Vereinigten Staaten an dieser Angelegenheit besonders interessiert waren, erhielt die amerikanische Delegation ein umfangreiches Arbeitspapier, in dem die „Richtlinien zur Behandlung der Schiffsfrage" niedergelegt waren. Als unerläßlich wurde die Wegnahme aller deutschen Kriegs-und Handelsschiffe und das Verbot des Schiffs-baues bezeichnet. Die Verrechnung der deutschen Handelsflotte als Reparationsleistung wurde eingehend dargelegt

Nicht minder sorgfältig beobachtete die amerikanische Regierung die europäische Kohlensituation;

sie ging dabei von der Erkenntnis aus, die Kohlenförderung der Vereinigten Staaten und Großbritanniens würde nicht ausreichen, um den amerikanischen und den britischen Bedarf während der Heizperiode 1945/46 zu decken. Die einzigen verbleibenden Quellen zur Deckung des europäischen Bedarfs seien Deutschland und Polen. Die Steigerung der Kohlenförderung in Europa, besonders in Deutschland, sei eine Lebensnotwendigkeit;

Voraussetzung sei jedoch die Wiederherstellung des Transportwesens sowohl in Deutschland als auch in den übrigen europäischen Staaten. Der politische Be-rater im amerikanischen Hauptquartier in Frankfurt-Höchst, Botschafter Murphy, bezeichnete als die schwierigste Aufgabe die Entscheidung darüber, wieviel Kohle aus Deutschland ausgeführt werden solle. Die amerikanische Regierung, erfreut über Murphys Mitteilung, daß Transportund Förderungslage in den deutschen Revieren besser sei, als viele erwartet hätten, begünstigte in erster Linie die westeuropäischen Staaten, deren politische Entwicklung ihr Unbehagen bereitete. Sie lehnten sowjetische Anfragen nach Kohlenlieferungen von der Ruhr unter Hinweis auf Schlesien und Polen ab. Zur Kohlenknappheit in Deutschland bemerkte sie, diese sei nicht wirtschaftlich, sondern als Teil der Maßnahmen zur Umerziehung des deutschen Volkes zu betrachten Die amerikanische Delegation hatte Weisung, sich gegen eine Beschränkung der deutschen Kohlenförderung auszusprechen. Mit einer Beteiligung der Sowjetunion an einer internationalen Kohlenverteilungsbehörde in Deutschland sollte sie sich nur unter der Bedingung einverstanden erklären, daß Deutschland als wirtschaftliche Einheit behandelt wird

Die vorgeführten wirtschaftspolitischen „Richtlinien für die amerikanische Delegation" zur Konferenz von Potsdam beweisen, daß Versuche zu deren Harmonisierung unterblieben. Es bestanden gegensätzliche Ansichten und Forderungen — ein Umstand, der sowohl aus der Vielzahl der an der Erstellung der Richtlinien beteiligten Behörden und Personen als auch aus der nach dem Tode des Präsidenten Roosevelt eingetretenen Ubergangsphase der amerikanischen Politik erklärt werden muß.

In einer grundsätzlichen Weisung faßte das Autorenteam die Vorstellungen der amerikanischen Deutschlandpolitik zusammen; sie berührte auch die wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die auf der Konferenz von Potsdam empfohlen oder beschlossen werden sollten.

Darin heißt es, die Vereinigten Staaten hätten sich zu einer Politik der Entwaffnung Deutschlands, des Verbots der Herstellung von Waffen, Munition und Kriegsgerät einschließlich aller Arten von Luftfahrzeugen und der Zerstörung oder Demontage aller Anlagen und Einrichtungen zur Herstellung von Rüstungsgut verpflichtet. Sie befürworteten eine Politik der maximalen Ablieferung von Produktionseinrichtungen über das Reparationskonto als Sicherheitsmaßnahme. Außerdem wünschten sie, daß die alliierte Kontrolle der deutschen Wirtschaft so ausgeübt wird, daß dadurch andere Teile Europas entsprechend stärker industrialisiert und aus ihrer Abhängigkeit von der metallverarbeitenden und chemischen Industrie Deutschlands entlassen werden. Trotzdem würden die Vereinigten Staaten Beschlüsse ablehnen, die dauernde oder unbestimmt langfristige Beschränkungen für die deutsche Wirtschaft vorsehen. Entscheidungen darüber, ob es rat-sam sei, der deutschen Wirtschaft solche Beschränkungen aufzuerlegen, könnten erst nach Vorlage vollständiger Angaben über den Stand der deutschen Wirtschaft und nach Durchführung der als Reparationen vorzunehmenden Demontagen getroffen werden Zwischen dem Entschluß, das Wirtschaftspotential Deutschlands, soweit es Kriegspotential ist, zu zerstören, und der Absicht, die wirtschaftlichen Möglichkeiten Deutschlands für die Gesundung Europas auszuschöpfen, bewegten sich die Empfehlungen der wirtschaftspolitischen Richtlinien der Delegation der Vereinigten Staaten von Amerika für die Konferenz von Potsdam.

3. Amerikanische Stellungnahmen zu Gebietsforderungen an Deutschland Nicht nur in politischen und wirtschaftlichen Fragen zeigte die amerikanische Politik eine bemerkenswerte Zurückhaltung, sie verhielt sich auch reserviert gegenüber den phantastischen Plänen über die territoriale Neu-B Ordnung Europas, die während des Zweiten Weltkrieges von Exilpolitikern vor allem Polens entwickelt und publiziert worden waren.

In dem entsprechenden Abschnitt der „Richtlinien für die amerikanische Delegation", aus-gefertigt am 29. Juni, heißt es dazu: „Im allgemeinen werden alle Gebiete, die sich Deutschland entweder vor dem Kriege oder in dessen Verlauf angeeignet hat, automatisch wieder in den Besitz ihrer rechtmäßigen Eigentümer übergeben. Größere territoriale Ansprüche gegen Deutschland werden nachstehend behandelt: Bezüglich polnischer Ansprüche gegen Deutschland stimmt die amerikanische Regierung zu, daß Ostpreußen (ausgenommen der Bezirk Königsberg), die frühere Freie Stadt Danzig, Deutsch-Oberschlesien und ein Teil Ostpommerns an Polen abgetreten werden sollte. Die amerikanische Regierung würde es vorziehen, daß sonstiges deutsches Gebiet ostwärts der Oder deutsch bleibt. Die britische Seite hat sich jedoch mit der Abtretung des gesamten Gebietes ostwärts der Oder an Polen einverstanden erklärt, und die amerikanische Regierung würde wahrscheinlich nicht allein dazustehen wünschen, wenn die Russen auf diesem Punkt beharren."

Von diesen grundsätzlichen Überlegungen aus behandelten die amerikanischen Weisungen alle zur Diskussion gestellten Probleme der deutschen West-, Nord-und Ostgrenze. Sie setzten sich eingehend mit den französischen Vorstellungen und Erwartungen in bezug auf das Rheinland und das Ruhrgebiet auseinander, wozu sie bemerkten: „Kurz gesagt, die Franzosen wünschen die Abtrennung sowohl des Rheinlandes als auch des Ruhrgebietes von Deutschland, betrachten die Verwaltung dieser beiden Gebiete jedoch als getrennte Probleme. In bezug auf das Ruhrgebiet scheinen die Franzosen damit einverstanden zu sein, daß es unter internationaler Verwaltung mit britischer und möglicherweise amerikanischer Beteiligung stehen sollte. Obwohl sich die französischen Gedankengänge über die endgültige Regierungsform für das Rheinland noch nicht kristallisiert haben, werden die Franzosen auf dessen ständiger Besetzung und Kontrolle sowie auf Brückenköpfen am rechten Ufer von Düsseldorf bis nach Karlsruhe bestehen." Zur Begründung der territorialen Forderungen Frankreichs führten die Instruktionen aus: „Frankreich ist von der Idee vollständiger und endgültiger Sicherheit gegenüber Deutschland besessen und wird deshalb seine Wünsche in dieser Frage mit äußerster Hartnäckigkeit verfolgen. Die deutsche Regelung ist der Kernpunkt der französischen Außenpolitik; und es wird angenommen, daß Frankreich weitgehende Konzessionen an anderer Stelle machen wird, um hier seine Zwecke zu erreichen. Der wirtschaftliche Beweggrund, der allerdings nicht so häufig wie der der Sicherheit erwähnt wird, ist ebenfalls stark und kann durchaus noch stärker werden, wenn die Furcht vor einer deutschen Wiedererhebung abklingt und die Furcht vor einem neuen Feind Raum gibt, oder wenn dem französischen Volk schließlich die Uberholtheit des militärischen Standpunktes vom Rhein als einer Sicherheitsgrenze augenfällig wird. Obwohl jetzt noch nicht vorausgesehen werden kann, in welchem Umfang Frankreich seine Besetzung des Rhein-landes zu dessen wirtschaftlicher Ausbeutung zum Nachteil der deutschen Wirtschaft als Ganzes auszunutzen wünscht, ist es wahrscheinlich, daß es während der militärischen Besatzungszeit Schritte unternehmen wird, um sich die ausschließliche Ausbeutung des Saarbeckens zu sichern. Die Inanspruchnahme dieser ausschließlichen Wirtschaftsrechte über den Zeitraum der militärischen Besetzung hinweg kann für Deutschland durchaus den dauernden Verlust der Schätze des Saargebietes bedeuten."

In der Vorbereitungszeit der Konferenz von Potsdam waren sich die Vereinigten Staaten im unklaren darüber, ob sie die weitgehenden französischen Forderungen unterstützen oder ablehnen sollten. Ihnen war bewußt, daß die Entwicklung der amerikanisch-französischen Beziehungen von dem Grad der Unterstützung abhinge, die die Vereinigten Staaten den französischen Deutschlandplänen zuteil werden lassen. Die Verfasser der „Richtlinien für die amerikanische Delegation" vertraten die Auffassung, die französischen Forderungen gegenüber Deutschland bedeuteten eine Gefährdung der europäischen und weltpolitischen Situation. Von Anfang an sprachen sie sich deshalb gegen die Abtrennung des Ruhrgebietes von Deutschland aus. In den „Richtlinien" bemerkten sie dazu: „Es wird empfohlen, daß sich die amerikanische Regierung einer Abtrennung des Ruhrgebietes von Deutschland entgegenstellt, ganz gleich, ob dies im Wege der Internationalisierung, Errichtung eines besonderen Staates oder Annektion durch einen oder mehrere Anliegerstaaten geschehen soll." Zur Begründung dieser Empfehlung gaben die Verfasser der „Richtlinien" eine knappe, aber inhaltsreiche Charakteristik der wirtschaftlichen Möglichkeiten des Ruhrgebietes: „Die industrielle Bedeutung des Ruhrgebietes beruht auf seinen Kohlevorkommen, die nahe der Oberfläche liegen und aus hochwertiger, ausgezeichnet zu verkokender Kohle bestehen. Seine Kohleförderung sowie Eisen-und Rohstahlerzeugung belaufen sich auf ungefähr 70 Prozent der Produktion Gesamtdeutschlands. Weitere hauptsächliche Industrieerzeugnisse sind Stahlfertigwaren, Maschinen, elektrochemische Erzeugnisse, Chemikalien, Erdölerzeugnisse, aus Gas gewonnene elektrische Energie, synthetischer Gummi und Textilien. Die dort erzeugten Güter sind für ganz Europa lebenswichtig. Das Ruhrgebiet stellt einen Großmarkt für industrielle Rohstoffe aus vielen Ländern dar."

Die amerikanische Regierung lehnte eine Berichtigung der deutsch-dänischen Grenze ab, räumte jedoch die Möglichkeit der Internationalisierung des Nordostseekanals ein.

Ausführlich beschäftigten sich die „Richtlinien für die amerikanische Delegation" mit der zukünftigen deutschen Ostgrenze. In Einzel-untersuchungen wurden die Verhältnisse in Ostpreußen, in Danzig, in Deutsch-Oberschlesien, in Ostpommern, in Deutschland ostwärts der Oder und Neiße und im Gebiet zwischen Oder und unterer Neiße dargelegt. In einleitenden Bemerkungen zu diesen Denkschriften, die die Diskussion über die deutschen Ostgebiete bisher unberücksichtigt ließ, wurde versichert: „Die Gemeinsamen Ausschüsse für Deutschland sowie für Rußland und Polen haben empfohlen, daß Deutschland Oberschlesien, Ostpreußen und den ostwärts der Linie Kreuz-Dramburg gelegenen Teil Pommerns abtreten müsse und daß das übrige deutsche Gebiet ostwärts der Oder und das Gebiet zwischen Oder und Neiße in deutschem Besitz verbleiben solle." Die am 4. Juli erstellte Empfehlung führte zur Begründung aus:

„Wenn die polnische und die sowjetische Regierung nachdrücklich darauf drängen und wenn sie von der britischen Regierung unterstützt werden, so werden wir nicht umhin können, uns mit der Abtretung des Gebietes ostwärts der Oder einverstanden zu erklären. Es besteht jedoch die Ansicht, daß die amerikanische Regierung sich weigern sollte, auf dieser Konferenz die Abtretung des Gebietes zwischen Oder und Neiße an Polen zu sanktionieren."

Für die weitere Erörterung wurde der deutsche Ostraum in den amerikanischen Untersuchungen in sechs Gebiete aufgeteilt, für die Einzelempfehlungen abgegeben wurden, über Ostpreußen wurde ausgeführt: „Ostpreußen (ausgenommen der Bezirk Königsberg, der vermutlich an die Sowjetunion fallen wird) sollte an Polen abgetreten werden." Diese Empfehlung besagt, daß sich die Vereinigten Staaten von Amerika bereits vor der Konferenz von Potsdam mit einer Abtretung Ostpreußens einverstanden erklärten.

über das Schicksal Danzigs erklärten die „Richtlinien für die amerikanische Delegation": „Die frühere Freie Stadt Danzig sollte an Polen abgetreten werden."

über Deutsch-Oberschlesien führten die amerikanischen „Richtlinien" aus: „Deutsch-Oberschlesien (Regierungsbezirk Oppeln) sollte an Polen abgetreten werden."

Uber die Zukunft Ostpommerns bemerkten die Verfasser der amerikanischen Instruktionen: „Der ostwärts der Linie Kreuz-Dram-burg gelegene Teil Pommerns sollte an Polen abgetreten werden."

Über die Gebiete ostwärts der Oder ausschließlich Ostpreußen, Oberschlesien und Ostpommern führten die „Richtlinien für die amerikanische Delegation" aus: „Die amerikanische Regierung würde eine Lösung vorziehen, nach der dieses Gebiet bei Deutschland verbleiben würde. Die Briten haben jedoch zugestimmt, daß alles Gebiet ostwärts der Oder an Polen abgetreten wird; die amerikanische Regierung ist nicht bereit, diese Angelegenheit zum Streitpunkt zu erheben, wenn die Russen, wie gewiß ist, mit Nachdruck auf ihr bestehen." Uber das Gebiet zwischen Oder und Neiße erklärte die amerikanische Instruktion: „Dieses Gebiet sollte bei Deutschland verbleiben. Es gibt keine historische oder ethnologische Rechtfertigung für die Abtretung dieses Gebietes an Polen (ebenso-wenig wie im Falle des unmittelbar vorstehend erörterten Gebietes ostwärts der Oder). Eine derartige Maßnahme würde zweifellos wirtschafts-und bevölkerungspoliti-sehe Schwierigkeiten größten Ausmaßes für Deutschland verursachen und starke irreden-

tistische Regungen hervorrufen. Die Aufrechterhaltung der Oder-Neiße-Grenze könnte durchaus das kritischste Sicherheitsproblem in Europa während der kommenden Jahre werden."

Das Zustandekommen der Oder-Neiße-Linie steht im Gegensatz zu den Empfehlungen, die die amerikanische Delegation nach Potsdam mitbrachte. Diese war bereit, einen Teil des Deutschen Reiches an Polen und die Sowjetunion abzutreten, jedoch nicht in dem Umfang, in dem im Abkommen von Potsdam die deutschen Ostgebiete vorläufig der Verwaltung der Sowjetunion und Polens unterstellt wurden.

Die von der amerikanischen Delegation vorgesehene Lösung der deutschen Ostgrenze hätte den Gebietsverlust des Deutschen Reiches im Osten wesentlich verringert.

4. Notenwechsel über die Vertreibung der deutschen Bevölkerung bezw.deutscher Minderheiten Im Zeitpunkt der bedingungslosen Kapitulation bestanden keine rechtlich bindenden Vereinbarungen über die Ausweisung der deutschen Bevölkerung bezw.deutscher Volksgruppen. Die Regierungen der Großmächte hatten jedoch ihr Einverständnis dazu wiederholt und eindeutig bekundet. Die in den ostund südosteuropäischen Staaten zur Macht gelangten Regierungen waren entschlossen, auftragsgemäß Rache an den Deutschen zu nehmen. Sie unterschieden dabei nicht unter den Deutschen und ließen die politische Zugehörigkeit der einzelnen Gebiete unberücksichtigt. Die Kraft des Faktischen, das heißt in diesem Falle: der Macht der Roten Armee, war im Frühjahr und Sommer 1945 das Schicksal der Deutschen und die Entwicklung der Gebiete, in denen sie seit vielen Jahrhunderten ansässig waren, ausgeliefert. Dieser Umstand veranlaßte die Regierungen in London und Washington, bei der Vorbereitung der Konferenz von Potsdam, die alle offenen Fragen der Weltpolitik klären und entscheiden sollte, sich auch mit dem Problem der Vertreibung der Deutschen zu befassen. Premierminister Churchill ließ am 30. Mai eine Aufstellung über Besprechungspunkte für die Konferenz der Regierungschefs in Washington überreichen. Diese sah als Diskussionspunkt das Problem der „Aussiedlung der deut-sehen Bevölkerung aus Polen und der Tschechoslowakei"

vor Der amtierende amerikanische Außenminister Grew unterbreitete dazu am 14. Juni amerikanische Gegenvorschläge.

Diese enthielten zu der Frage der Aussiedlung der deutschen Bevölkerung aus Polen und der Tschechoslowakei die Bemerkung:

„Keine Stellungnahme zur Einbeziehung dieser Themen in die Tagesordnung."

In den Wochen vor dem Zusammentritt der Konferenz von Potsdam fand ein Gedankenaustausch über das Vertreibungsproblem vor allem zwischen Prag, London und Washington statt. Am 28. Juni brachte das britische Außenmininsterium über die britische Botschaft in Washington den Wunsch zum Ausdruck, vor Instruktionserteilung an den britischen Botschafter in Prag, Nicols, die Auffassungen des amerikanischen Außenministeriums über die tschechischen Forderungen nach Ausweisung der Deutschen kennenzulernen.

Er betonte dabei, die Angelegenheit betreffe die Amerikaner stärker als die Briten, da die Amerikaner einen großen Teil der Tschechoslowakei besetzt hielten und ihre Besatzungszone eine lange gemeinsame Grenze mit der Tschechoslowakei habe. Das britische Außenministerium führte weiter aus, es sei nach seiner Ansicht wichtig, den Tschechen eindeutig zu erklären, daß es Sache des Alliierten Kontrollrats in Deutschland sein werde, nach Regelung der wichtigsten grundsätzlichen Fragen unter den Regierungen eine Entscheidung darüber zu treffen, wann und in welchen Etappen außerhalb der Grenzen Deutschlands lebende deutsche Minderheiten in Deutschland ausgenommen werden können. Diese Frage werde die allgemeine Verwaltung Deutschlands viel stärker beeinflussen als das Problem der Rückführung der in der Tschechoslowakei befindlichen Reichsdeutschen. Im Anschluß daran erklärte das britische Außenministerium, es sei der Ansicht, daß zwischen ihm und dem amerikanischen Außenministerium ein umfassender Meinungstausch über die Frage der Umsiedlung völkischer Minderheiten in Europa wünschenswert sei; die gegenseitige Unterrichtung könne zu Dreierbesprechungen auf der bevorstehenden Konferenz führen Am gleichen Tage, den 28. Juni, wandte sich der amerikanische Geschäftsträger in Prag, Klie-forth, an das amerikanische Außenministe-rium. Er betonte in seinem Telegramm, das wichtigste Problem der Tschechoslowakei sei die Lösung der Minderheitenfrage, mit der die Umsiedlung von etwa 3 Millionen tschechischer Staatsbürger, die 20 °/o der Bevölkerung des Landes ausmachen, nach Deutschland und Ungarn verbunden sei. Der Ersatz dieses Bevölkerungsteiles durch eine ungefähr gleiche Zahl von Tschechoslowaken, von denen 90 v. H. ihrem bisherigen Lebensbereich entrissen und umgesiedelt werden müßten, stelle die zweite und artverwandte Phase dieses Problems dar. Von der Umsiedlung und dem Ersatz der Minderheiten würden 40 0/0 der tschechoslowakischen Bevölkerung betroffen. Klieforth betonte, die tschechoslowakische Regierung sei sich bewußt, daß Umsiedlungen im Einvernehmen mit den alliierten Regierungen durchgeführt werden müßten. Es sei jedoch wesentlich, daß sobald wie möglich Übereinstimmung in dieser Angelegenheit erzielt werde. Der Wiederaufbau des tschechoslowakischen Staates sei bis zur Lösung des Umsiedlungsproblems provisorisch. Der amerikanische Vertreter in Prag machte sich schließlich zum Sprecher der tschechoslowakischen Forderung, indem er erklärte: „Das tschechoslowakische Volk fordert eine schnelle Lösung, oder zumindest ein Übereinkommen, in dem die beabsichtigten Etappen der Umsiedlung und — als wichtigster Punkt — die zur vollständigen Durchführung dieses Vorganges ins Auge gefaßte Zeit festgelegt sind. Dieses ungelöste Problem stellt die größte Gefahr für das Prestige des Präsidenten Benesch dar."

Am 3. Juli übergab der stellvertretende Außenminister der Tschechei, Clementis, dem amerikanischen Geschäftsträger in Prag eine Note, in der die tschechischen Auffassungen zur Umsiedlung der Deutschen und Ungarn niedergelegt wurden. Die tschechoslowakische Regierung nahm Bezug auf ein ausführliches Memorandum, das Benesch noch vor dem Ende der Feindseligkeiten in Europa den Alliierten unterbreitet hatte. Darin hatte er die Forderung nach Umsiedlung der Deutschen und Ungarn ausführlich begründet. Aus der Mitte des tschechoslowakischen Volkes sollten nach der Ansicht Beneschs „alle Elemente ausgeschlossen werden, die sich durch ihr Verhalten als Verbreiter nationalen Hasses, als willige Instrumente feindlicher Propaganda und als Anstifter von Uneinigkeit unter den Staaten erwiesen hätten". Die tschechoslowakische Regierung vertrat in der Note vom 3. Juli die Ansicht, ohne die Entfernung der überwiegenden Mehrheit der Deutschen und Ungarn durch Umsiedlung könne keine gesunde und friedliche Entwicklung ihres Staates erreicht und in Mitteleuropa weder dauerhafter Frieden noch anhaltende Stabilität gesichert werden. Sie erinnerte daran, das Memorandum habe des Präsidenten Benesch Zustimmung gefunden, minderte diese Bemerkung aber in einem Nebensatz ab, es seien im Prinzip keine besonderen Einwände erhoben worden. Die Verbündeten hätten lediglich darauf hingewiesen, daß die Umsiedlung nach geregelten Richtlinien planmäßig und in Übereinstimmung mit zuständigen alliierten Organen erfolgen müsse. Die tschechoslowakische Regierung betonte, angesichts der Tatsache, daß von dieser Umsiedlung 2 bis 21/2 Millionen Deutsche und 400 000 Ungarn betroffen würden, sei es unerläßlich, dieses Vorhaben nach einem Plan und geregelten Richtlinien durchzuführen. Sie richtete an die Besatzungsmächte Deutschlands das Ersuchen, im Einvernehmen mit ihr die Anzahl der Menschen zu bestimmen, die in die einzelnen Besatzungszonen und innerhalb festgelegter Zeitabschnitte umzusiedeln seien, über die Umsiedlung von Ungarn könne der Delegierte der tschechoslowakischen Regierung mit der Kontrollkommission in Budapest alle zusammenhängenden Fragen regeln. Abschließend versicherte die tschechoslowakische Regierung: „Wie bereits erklärt, sehen die Tschechen und Slowaken die Umsiedlung von Deutschen und Ungarn einmütig als lebenswichtige Notwendigkeit für die Zukunft des tschechoslowakischen Staates und für die Erhaltung des Friedens in Mitteleuropa an. Es liegt daher auf der Hand, daß die Aufmerksamkeit der gesamten tschechoslowakischen öffentlichen Meinung auf diese Frage gerichtet ist, die zweifellos das brennendste aller Probleme darstellt, deren Lösung die tschechoslowakische Regierung zu erreichen sucht. Jeder Aufschub in der Bereinigung dieses Problems kann nur zu erheblicher Unruhe unter der gesamten tschechischen und slowakischen Bevölkerung führen. Solange dieses elementare Problem ungelöst bleibt, wird jede administrative, wirtschaftliche und soziale Wiedererrichtung und Konsolidierung des Staates gehemmt und verzögert." Die tschechoslowakische Regierung ersuchte abschließend den amerikanischen Vertreter, diese Auffassung dem Präsidenten der Vereinigten Staaten zur Kenntnis zu bringen, damit diese Frage zum Gegenstand einer Erörterung und Entscheidung in der bevorstehenden Konferenz der Großen Drei gemacht werde

Zu beiden Vorgängen, zu der Anfrage des britischen Außenministeriums und zu der Note der tschechoslowakischen Regierung, nahm das Außenministerium der Vereinigten Staaten ausführlich Stellung. Es nahm dabei bezug auf seine Beantwortung der Denkschrift Be-neschs vom 31. Januar 1945. Es bemerkte zu dem britischen Ersuchen, es sehe keine Veranlassung, seinen bekannten Standpunkt aufzugeben. Den britischen Vorschlag zu einem Gedankenaustausch lehnte das amerikanische Außenministerium mit der Bemerkung ab, es bestehe angesichts der klaren grundsätzlichen Erklärungen der britischen und amerikanischen Regierungen dazu keine Notwendigkeit. Die Diskussion könne auf der bevorstehenden Konferenz erfolgen. Die gleichen Gedankengänge brachte das amerikanische Außenministerium in der Antwort auf die tschechoslowakischen Note vom 3. Juli zum Ausdruck. Es verwies auf seine grundsätzliche Erklärung vom 31. Januar und anerkannte die Bedeutung, die eine schnelle Lösung dieses Problems für die nationale Gesundung und den nationalen Wiederaufbau der Tschechoslowakei habe. Es zeigte sich erfreut über die Mitteilung, daß die tschechoslowakische Regierung einen Plan für eine geregelte Umsiedlung von Minderheiten ausarbeite, der die besonderen Probleme berücksichtige, denen die alliierten Mächte gegenüberstünden

Bereits vor dem Abgang dieser beiden Schreiben waren die die Ausweisung der Deutschen aus der Tschechoslowakei betreffenden Teile der „Richtlinien für die amerikanische Delegation" zur Konferenz von Potsdam erstellt worden. Diese bemerkten, daß die Vereinigten Staaten von der Absicht der tschechoslowakischen Regierung unterrichtet seien, die sudetendeutschen und ungarischen Minderheiten sofort auszuweisen. Die Regierung der Vereinigten Staaten hätte dafür Verständnis gezeigt, jede einseitige Maßnahme zur Umsiedlung dieser Minderheiten bis zur Erreichung eines befriedigenden Abkommens jedoch abgelehnt. Die Richtlinien führten weiter aus: „Die Umsiedlung der sudetendeutschen Minderheit ist ein Teil des großen Problems der Umsiedlung deutscher Minderheiten aus Polen und anderen Staaten. Die Chefs der alliierten Regierungen sollten diese Fragen vielleicht in ihrem großen Zusammenhang erörtern, um für eine ordentliche Lösung des Gesamtproblems der deutschen Minderheiten zu sorgen. Sollte kein Übereinkommen erzielt werden, so wird die tschechoslowakische Regierung vielleicht einseitige Maßnahmen versuchen, da die fortdauernde Anwesenheit der sudetendeutschen Minderheit die dringendste und wichtigste politische Frage in der Tschechoslowakei ist." Auch die Teile der „Richtlinien für die amerikanische Delegation", die die amerikanische Politik gegenüber Polen umschrieben, befaßten sich mit dem Problem der Bevölkerungsumsiedlung. In dem am 29. Juni erstellten Schriftstück heißt es: „Wir sollten, soweit unsere Hilfe erbeten wird, die Umsiedlung von Minderheiten erleichtern. Aber wir sollten nicht die erzwungene Repatriierung der jetzt im Westen befindlichen Polen oder die unkontrollierte Deportation der acht bis zehn Millionen Deutschen, die früher in jenem Gebiet wohnten, welche die von den Sowjets gestützte polnische Regierung beansprucht, durch einseitige polnische Maßnahmen gestatten

Am Tage vor dem Zusammentritt der Konferenz von Potsdam, dem 16. Juli, legte der amerikanische Kriegsminister Stimson Präsident Truman ein Memorandum vor, in dem er sich mit der Frage der deutsch-polnischen Grenze und dem Problem der Bevölkerungsumsiedlung befaßt. Stimson versicherte, er wäre geneigt, Polen einige Gebiete an seiner Westgrenze zuzugestehen, die geeignet wären, es für die an Rußland abzutretenden Gebiete zu entschädigen. Er fuhr anschließend fort: „Ich bin jedoch der Ansicht, es obliegt Rußland, nachzuweisen, daß entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, um für die Millionen Deutschen, die sich jetzt in diesen Gebieten befinden, zu sorgen. Wir müssen eindeutig herausstellen, daß sie nicht in amerikanische Verantwortung abgeschoben werden können."

5. Unterschiedliche Ansichten über die amerikanische Besatzungspolitik Aber nicht nur zu den angeführten Fragen, zu allen zur Diskussion stehenden und möglicherweise gestellten Problemen enthielt das amerikanische Instruktionsbuch Materialien, Untersuchungen und Empfehlungen; es verfolgte damit die Absicht, die Delegation zur Konferenz von Potsdam ausführlich zu unterrichten und die amerikanische Politik in Deutschland zu aktivieren. Die Notwendigkeit dazu war zwingend. Der politische Berater des amerikanischen Hauptquartiers in Deutschland, Botschafter Murphy, schrieb am 28. Juni an den Direktor für europäische Angelegenheiten im amerikanischen Außenministerium: „Die Politik, die wir zur Zeit betreiben, ist im Grunde genommen eine negative Politik der Unterdrückung, die zu einem politischen Vakuum führt, das verschiedene Gruppen zweifellos auszufüllen versuchen werden. Wenn wir das Verbot politischer Betätigung zu lange aufrechterhalten, schrecken wir dadurch eventuell die demokratisch eingestellten Kräfte wieder ab, die sich — wenn auch noch leise und schüchtern — nach den Jahren der Unterdrückung durch die Nazis jetzt wieder bemerkbar machen wollen. Eine Beibehaltung des Verbots könnte von totalitären Extremistengruppen der Rechten und Linken ausgenutzt werden, die sich in disziplinierter Untergrundtätigkeit nur zu gut auskennen. Die verhältnismäßig unorganisierten Sozialdemokraten und Zentrumsleute sind vielleicht bereit, unsere Anweisungen zu befolgen, während die Kommunisten und Nazis ihre eigenen Organisationen ins Feld schicken." Die entsprechenden, der Entwicklung vorgreifenden Maßnahmen der sowjetischen Besatzungsbehörden stimmten den amerikanischen Diplomaten besorgt: „Eine weitere und sehr wichtige Überlegung, die anzustellen wäre, ist die Tatsache, daß das Verbot politischer Betätigung nicht im ganzen Reichsgebiet gelten wird. Es besteht Grund zu der Annahme, daß das Nationalkomitee Freies Deutschland in den russisch besetzten Gebieten schon jetzt auf Grund besonderer Vereinbarungen administrative Vollmachten erhält, was in Zukunft offensichtlich zu politischen Verwicklungen führen wird. Vermutlich ist das Außenministerium bereits im Besitz des Berichtes der Rundfunküberwachungsstelle über den von Berlin gesendeten Schukow-Be-fehl Nr. 2 vom 10. Juni. Außer der Genehmigung zur Schaffung freier Gewerkschaften enthält der Befehl die Erlaubnis zur Bildung aller antifaschistischen Parteien und zu ihrer Tätigkeit in der Sowjetzone, wenn sie sich die Ausrottung der Überreste des Faschismus und die Festigung der Demokratie zum Ziel setzen. Ein Kommentar zu dieser Sendung gibt deutlich zu verstehen, daß dieser Befehl zur Entwicklung eines totalitären Einparteiensystems des gleichen Typus führen wird, den es bereits in Osteuropa und auf dem Balkan gibt. In ihm wird eine starke Demokratie, nicht eine Demokratie nach Weimarer Muster gefordert und betont, die demokratischen Kräfte müßten vereint und dürften nicht gespalten sein. Der Kommentar schließt mit der Warnung, daß alle, die die Einheitlichkeit der demokratischen Kräfte zu zerstören versuchten, als Feinde der Demokratie behandelt werden würden." Murphy gab nach Darlegung der in Deutschland bestehenden Situation zu bedenken: „Die Maßnahmen werden wohl schließlich dazu führen, daß die politische Führung in der russischen Zone vollständig in die Hände des . Nationalkomitees Freies Deutschland'gelangt. Dessen Tätigkeit wird darauf abzielen, auf unsere Zone überzugreifen. Wenn wir dann erst das augenblickliche Verbot politischer Betätigung aufheben, haben die Kommunisten eventuell den Vorteil eines erheblichen Vorsprungs, da sie, die einzige organisierte politische Gruppe in Deutschland, im ganzen Lande bereits aktiv sind. Ein weiterer sie begünstigender Faktor liegt in der Möglichkeit, daß sie durch eine der vier Besatzungsmächte eventuell stark unterstützt werden."

Diese Ausführungen beweisen, daß das amerikanische Hauptquartier bereits in den Tagen des Sieges erkannte, welche Gefahren die Lage Deutschlands heraufbeschwor. Botschafter Murphy vertrat mit großem Nachdruck die Ansicht, es sei Aufgabe der Vereinigten Staaten von Amerika, in Deutschland kein Vakuum entstehen zu lassen. Auch er nahm die Entnazifizierung ernst, verwarf jedoch deren Überbewertung.

Andere amerikanische Politiker hielten starr an der Forderung nach „reeducation", nach Umerziehung des deutschen Volkes fest. Elmer Davies, Direktor des Kriegsinformationsamtes, wandte sich am 4. Juli mit einem Brief an Präsident Truman, in dem er erklärte: „Das Hauptproblem bei der Deutschlandfrage ist die Umerziehung des deutschen Volkes, ohne deren Durchführung unsere übrigen Maßnahmen weiter nichts als vorübergehende Linderungsmittel sein dürften. Ich gehe von der Annahme aus, daß das, was wir alle wünschen, ein Deutschland ist, das für seine Nachbarn keine Gefahr mehr darstellt. Die Frage, wie dieses Ziel jedoch am besten zu erreichen ist, ist eine Aufgabe, zu deren Lösung das höchste Maß an geistigen Fähigkeiten und Scharfsinn erforderlich ist, das aufgebracht werden kann." Während der Direktor des Kriegsinformationsamtes die politische Heilung der Deutschen von einer Reeducation erwartete, Botschafter Murphy angesichts der sowjetischen Aktivität zum Handeln drängte, machten sich andere amerikanische Politiker und Diplomaten, die mit den Fragen der Behandlung Deutschlands und der Vorbereitung der Konferenz von Potsdam beauftragt waren, über die Tatsache Sorgen, daß die Ansichten über die amerikanische Politik in Deutschland und gegenüber Deutschland weit auseinandergingen. Das für die Konferenz von Potsdam aus den obersten Bundesbehörden gebildete Zentralsekretariat sandte am 12. Juli Außenminister Byrnes nach Potsdam ein Schriftstück nach, das sich mit den von der Regierung der Vereinigten Staaten bei der Besetzung Deutschlands anzustrebenden Zielen befaßte. Das Zentralsekretariat rechtfertigte zunächst die Erstellung des Memorandums: „Es liegen Anzeichen dafür vor, daß über das, was Amerika mit der Besetzung bezweckt, keine Übereinstimmung besteht. Aus den vorliegenden Dokumenten ist keine umfassende Darlegung der Absichten zu ersehen. Die für die verschiedenen Phasen des Besatzungstadiums geschaffenen Richtlinien basieren nicht auf genauen Angaben über das, was mit der Besetzung erreicht werden soll. Für die vorschriftsmäßige Planung und Anweisung des Besetzungsunternehmens ist es wesentlich, daß der endgültige Zweck der Besetzung genau festliegt. Es wird die Ansicht vertreten, daß sich der Zweck der Besetzung unter Hinweis auf die tatsächliche derzeitige Situation darlegen läßt." Das Zentralsekretariat erging sich anschließend in Erörterungen über die deutschen Imponderabilien; es befürwortete den Versuch, „die Eigenart der deutschen Nation zu ändern, indem man die Mentalität der Deutschen so umformt, daß man Deutschland als Nation vielleicht weiterbestehen lassen und es ihm eines Tages wieder gestatten könnte, ein Leben ohne Überwachung und Kontrolle von außen zu führen"

Wird fortgesetzt

Fussnoten

Fußnoten

  1. Für die Literatur zur Konferenz von Potsdam vgl. E. Deuerlein, Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg 1945— 1955, Konstanz 1964 (Brandt-Meyer-Just [Hrsg. ], Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. IV, Abschnitt 6), S. 281 f.

  2. P. E. Schramm (Hrsg.), Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtführungsstab), Bd. IV: 1. Januar 1944 — 22. Mai 1945, 2 Halbbde, Frankfurt 1961.

  3. Deuerlein, Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg 1945— 1955, S. 1 ff.

  4. E. Deuerlein, Das Problem der „Behandlung Deutschlands", in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Nr. 18/65 vom 5. Mai 1965.

  5. H. Feis, Zwischen Krieg und Frieden. Das Potsdamer Abkommen, Frankfurt am Main 1962.

  6. Foreign Relation of the United States. Diplomatie Papers: The Conferences at Malta and Yalta, Washington 1955 (Department of State Publication 5199); deutsche Ausgabe: Die Konferenzen von Malta und Jalta, Düsseldorf o. J.

  7. Für die Beurteilung des Präsidenten Roosevelt vgl. W. Besson, Von Roosevelt bis Kennedy. Grundzüge der amerikanischen Außenpolitik 1933— 1963, Frankfurt am Main 1964 (Fischer Bücherei 598).

  8. H. S. Truman, Memoiren, 2 Bde, Bd I: Das Jahr der Entscheidungen (1945), Stuttgart o. J., S. 29 ff.

  9. E. Deuerlein, Die Einheit Deutschlands, Bd. I: Die Erörterungen und Entscheidungen der Kriegsund Nachkriegskonferenzen 1941— 1949, Frankfurt am Main 1962 2, S. 29 ff.

  10. W. Baum, Der Zusammenbruch der obersten deutschen militärischen Führung 1945, in: Wehr-wissenschaftliche Rundschau, 10. Jahrg. (1960), S. 237 ff.

  11. Deuerlein, Das Problem der „Behandlung Deutschlands", in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Nr. 18/65 vom 5. Mai 1965.

  12. Neue Zürcher Zeitung, 166. Jahrg. (1945), Nr. 767 vom 11. Mai 1945.

  13. Deuerlein, Die Einheit Deutschlands, Bd. I, S. 102 ff.

  14. Wortlaut der „Berliner Erklärungen* vom 5. Juni 1965 bei Deuerlein, Die Einheit Deutschlands, Bd. I, S. 338 ff.

  15. Keesing's Archiv der Gegenwart, XV. Jahrg.

  16. Vgl. dazu: The Conference of Berlin 1945, I, S. XI.

  17. Foreign Relations of the United States, Diplomatie Papers: The Conference of Berlin (The Potsdam Conference) 1945. In two volumes, Washington 1960 (Department of State Publication 7015 und 7163). Es liegen bisher zwei Auszüge daraus in deutschen Übersetzungen vor: H. Sündermann (Hrsg.), Potsdam 1945. Ein kritischer Bericht, Leoni am Starnberger See 1962 (eine polemisch kommentierte Übersetzung von Konferenzprotokollen); E. Deuerlein, Potsdam 1945. Quellen zur Konferenz der „Großen Drei", München 1963, dtv-dokumente 152/53 (Auszug aus der in Vorbereitung befindlichen deutschen Ausgabe des Aktenwerkes des amerikanischen Außenministeriums, ergänzt durch Texte über die Entwicklung Deutschlands im Sommer 1945 und durch zeitgenössische Äußerungen zum Ergebnis der Konferenz).

  18. The Conference of Berlin 1945, I, S. 1— 82.

  19. The Conference of Berlin 1945, I, S. 83— 246.

  20. The Conference of Berlin 1945, I, S. 247— 280

  21. The Conference of Berlin 1945, I, S. 281— 1054.

  22. The Conference of Berlin 1945, I, S. 435— 650.

  23. The Conference of Berlin 1945, II, S. 1— 28.

  24. The Conference of Berlin 1945, II, S. 29— 606.

  25. The Conference of Berlin 1945, II, S. 607— 1514.

  26. The Conference of Berlin 1945, II, S. 1515— 1600.

  27. The Conference of Berlin 1945, I, S. 3 f. Für die Korrespondenz zwischen Truman, Churchill, Attlee und Stalin und zwischen Churchill und Stalin vgl.: Briefwechsel Stalins mit Churchill, Attlee, Roosevelt und Truman 1941— 1945, hrsg. von der Kommission für die Herausgabe diplomatischer Dokumente beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR, Berlin 1961; Die un-heilige Allianz. Stalins Briefwechsel mit Churchill 1941— 1945, mit einer Einleitung und Erläuterungen zum Text von M. Rexin, Reinbeck bei Hamburg 1964.

  28. The Conference of Berlin 1945, I, S. 4.

  29. The Conference of Berlin 1945, I, S. 5 f.

  30. The Conference of Berlin 1945, I, S. 6 f.

  31. The Conference of Berlin 1945, I, S. 8 ff.

  32. The Conference of Berlin 1945, I, S. 12 ff.

  33. The Conference of Berlin 1945, I, S. 85.

  34. Stalins Briefwechsel, S. 443.

  35. TheConference of Berlin 1945, I, S. 87.

  36. TheConference of Berlin 1945, I, S. 87.

  37. TheConference of Berlin 1945, I. S. 88.

  38. TheConference of Berlin 1945, I, S. 88 f.

  39. TheConference of Berlin 1945, I, S. 89, Anm. 4.

  40. The Conference of Berlin 1945, I, S. 90.

  41. The Conference of Berlin 1945, 1, S. 90.

  42. The Conference of Berlin 1945, I, S. 90 f.

  43. The Conference of Berlin 1945, I, S. 93.

  44. The Conference of Berlin 1945, I, S. 91.

  45. The Conference of Berlin 1945, I, S. 93.

  46. The Conference of Berlin 1945, I, S. 96.

  47. The Conference of Berlin 1945, I, S. 21 ff. Vgl. dazu: R. E. Sherwood, Roosevelt und Hopkins, Hamburg 1950, S. 725 ff.

  48. J. Ciechanowski, Vergeblicher Sieg, Zürich 1948, S. 383.

  49. J. Stalin, über den Großen Vaterländischen Krieg der Sowjetunion, Moskau 1946 s, S. 217 ff.

  50. Sherwood, Roosevelt und Hopkins, S. 745 f.

  51. The Conference of Berlin 1945, I, S. 63 ff. Vgl. dazu: W. S. Churchill, Der Zweite Weltkrieg, VI/2: Der Eiserne Vorhang, Stuttgart 1954, S. 266 ff.

  52. Neue Zürcher Zeitung, 166. Jahrg. (1945), Nr. 805 vom 19. Mai 1945.

  53. Neue Zürcher Zeitung, 166. Jahrg. (1945), Nr. 805 vom 19. Mai 1945.

  54. Für die Äußerungen der Weltpresse zur deutschen Lage im Frühsommer 1945 vgl. vor allem die Neue Zürcher Zeitung, 166. Jahrg. (1945).

  55. K. Altmeyer, Die Dokumente vom 5. Juni 1945 und die politische Einheit Deutschlands, in: Europa-Archiv, 10. Jahrg. (1955), S. 7365 ff. Nach Mitteilung des amerikanischen Außenministeriums steht die Veröffentlichung der amerikanischen Akten über die Tätigkeit der Europäischen Beratenden Kommission 1944/45 unmittelbar bevor.

  56. D. D. Eisenhower, Crusade in Europe, New York 1948, S. 218 f.

  57. Die Konferenzen von Malta und Jalta, S. 111, Anm. 1.

  58. Die Konferenzen von Malta und Jalta, S. 111 ff.

  59. Truman, Memoiren, Bd. I, S. 287.

  60. (Preußisches) Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde von Berlin vom 27. April 1920. Preußische Gesetzessammlung, Jahrg. 1920, S. 123 ff.

  61. Die Konferenzenvon Malta und Jalta, S. 114 f.

  62. Die Konferenzenvon Malta und Jalta, S. 186 f.

  63. Die Konferenzenvon Malta und Jalta, S. 185 f.

  64. Altmeyer, Die Dokumente vom 5. Juni 1945 und die politische Einheit Deutschlands, S. 7368 f.

  65. Die Konferenzen von Malta und Jalta, S. 280 ff.

  66. Germany. Zones of Occupation and Administration of „Greater Berlin" Area, Washington o. J. (Department of State Publication 5729).

  67. Deuerlein, Die Einheit Deutschlands, I, S. 67 ff.

  68. The Conference of Berlin 1945, I, S. 94 f.

  69. The Conference of Berlin 1945, I, S. 95.

  70. The Conference of Berlin 1945, I, S. 95 Anm. 3.

  71. The Conference of Berlin 1945, I, S. 96 f; Stalins Briefwechsel, S. 448 f.

  72. The Conference of Berlin 1945, I, S. 100.

  73. The Conference of Berlin 1945, I, S. 100.

  74. Stalins Briefwechsel, S. 749 f.

  75. Stalins Briefwechsel, S. 450.

  76. The Conference of Berlin 1945, I, S. 108.

  77. The Conference of Berlin 1945, I, S. 109.

  78. The Conference of Berlin 1945, I, S. 110.

  79. The Conference of Berlin 1945, I, S. 111.

  80. The Conference of Berlin 1945, I, S. 111 f.

  81. The Conference of Berlin 1945, I, S. 112 f.

  82. The Conference of Berlin 1945, I, S. 113 ff.

  83. The Conference of Berlin 1945, I, S. 121 ff.

  84. The Conference of Berlin 1945, I, S. 126.

  85. The Conference of Berlin 1945, 125 f.

  86. The Conference of Berlin 1945, I, S. 126 f.

  87. The Conference of Berlin 1945, I, S. 127 f.

  88. The Conference of Berlin 1945, I, S. 135 f.

  89. Neue Zürcher Zeitung, 166. Jahrg. (1945), Nr. 1032 vom 4. Juli 1945.

  90. Leahy, William D., Personal story of the chief of staff to President Roosevelt and Truman, London 1950, S. 390 ff.

  91. The Conference of Berlin 1945, I, S. 452 ff.

  92. The Conference of Berlin 1945, I, S. 461.

  93. The Conference of Berlin 1945, T, S. 453 ff.

  94. The Conference of Berlin 1945, I, S. 456 ff.

  95. The Conference of Berlin 1945, I, S. 443 ff.

  96. The Conference of Berlin 1945, I, S. 464 f.

  97. The Conference of Berlin 1945, I, S. 479 ff.

  98. The Conference of Berlin 1945, I, S. 491 ff.

  99. The Conference of Berlin 1945, I, S. 507 ff.

  100. H. Sauermann, Der amerikanische Plan für die deutsche Währungsreform, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Bd. 111 (1955), S. 193 ff.

  101. The Conference of Berlin 1945, I, S. 507 ff.

  102. The Conference of Berlin 1945, I, S. 561 f.

  103. The Conference of Berlin 1945, I, S. 554 f.

  104. The Conference of Berlin 1945, I, S. 562 ff.

  105. The Conference of Berlin 1945, I, S. 614 ff.

  106. The Conference of Berlin 1945, I, S. 606 f.

  107. The Conference of Berlin 1945, I, S. 435 ff.

  108. The Conference of Berlin 1945, I, S. 742.

  109. The Conference of Berlin 1945, I, S. 586.

  110. The Conference of Berlin 1945, I, S. 590 f.

  111. The Conference of Berlin 1945, 1, S. 591 ff.

  112. The Conference of Berlin 1945, I, S. 742 f.

  113. The Conference of Berlin 1945, I, S. 585 und S. 751.

  114. The Conference of Berlin 1945, I, S. 752.

  115. The Conference of Berlin 1945, I, S. 752 f.

  116. The Conference of Berlin 1945, I, S. 753.

  117. The Conference of Berlin 1945, I, S. 753 f.

  118. The Conference of Berlin 1945, I, S. 158 ff.

  119. The Conference of Berlin 1945, I, S. 164 ff.

  120. The Conference of Berlin 1945, I, S. 644 f.

  121. The Conference of Berlin 1945, I, S. 645.

  122. The Conference of Berlin 1945, I, S. 646 f.

  123. The Conference of Berlin 1945, I, S. 647 ff.

  124. The Conference of Berlin 1945, I, S. 743 ff.

  125. The Conference of Berlin 1945, II, S. 754 ff.

  126. The Conference of Berlin 1945, I, S. 427 ff. Vgl. dazu: R. Murphy, Diplomat among warriors, Garden City New York 1964, S. 252 ff.

  127. The Conference of Berlin 1945, I, S. 487 f.

  128. The Conference of Berlin 1945, I, S. 500 f.

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Ernst Deuerlein, Dr. phil., o. Professor zusammen mit Hansjürgen Schierbaum, der für Geschichte an der Phil. -Theos. Hochschule bisher erschienenen Bände der vom Bundesministerium Dillingen/Donau. Geb. 9. September 1918 in für gesamtdeutsche Fragen herausgegebenen Rückersdorf bei Nürnberg. 1947 Eintritt in den „Dokumente zur Deutschlandpolitik": bayerischen Staatsdienst; vornehmlich in der Bd. III/l (5. Mai— 31. Dezember 1955), Bayerischen Staatskanzlei tätig. Habilitation Frankfurt/Main 1961; Bd. III/2 (1. Januar bis an der Universität Erlangen—Nürnberg. 1961 31. Dezember 1956), Frankfurt/Main 1963. kom. Vertreter, dann Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte zu Dillingen. Veröffentlichungen u. a.: Der Bundesratsausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten 1871— 1918, Regenburg 1955; Das Reichskonkordat, Düsseldorf 1956; Die Einheit Deutschlands, Bd. I: Die Erörterungen und Entscheidungen der Kriegs-und Nachkriegskonferenzen 1941— 1949, Frankfurt/Main 19612; Joseph Görres, Geistesgeschichtliche und politische Schriften der Münchner Zeit (1828— 1838), in: Joseph Görres, Gesammelte Schriften, Bd. 15, Köln 1958; Der Hitler-Putsch. Bayerische Dokumente zum 8. /9. November 1923, in: Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 9, Stuttgart 1962; Potsdam 1945. Quellen zur Konferenz der „Großen Drei", München 1963; Der deutsche Katholizismus 1933, Osnabrück 1963; Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg 1945— 1955, in: Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. IV Abschnitt 6, Konstanz 1964. Zahlreiche Aufsätze vornehmlich zur Verfassungs-, Sozial-und Zeitgeschichte. Bearbeiter,