Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Der Schutz der Menschenrechte in der internationalen Gemeinschaft | APuZ 35-36/1963 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 35-36/1963 Der Schutz der Menschenrechte in der internationalen Gemeinschaft Der Geist des Roten Kreuzes

Der Schutz der Menschenrechte in der internationalen Gemeinschaft

Ulrich Scheuner

Vor zehn Jahren, am 3. September 1953, trat die „Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten" in Kraft. Aus diesem Anlaß legt der Bonner Völkerrechtler Ulrich Scheuner eine Betrachtung über die internationale Sicherung der Menschenrechte vor.

Bei dem zweiten Beitrag dieser Ausgabe handelt es sich um den Wortlaut der Festansprache, die Carl J. Burckhardt, Altpräsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, bei der Hundertjahrfeier des Roten Kreuzes am 1. September 1963 in Genf gehalten hat.

1. Die Stellung des einzelnen in der Völkerrechtsordnung

Die tiefen Wandlungen, die sich in unserem Jahrhundert in der internationalen Welt vollzogen haben, treten am sichtbarsten in Erscheinung in den großen Machtverschiebungen, in dem historischen Vorgang der Verselbständigung der asiatischen und afrikanischen Völker oder in den technischen und wirtschaftlichen Vorgängen, die heute die ganze Erde umformen und vereinen. Dahinter treten jene Veränderungen nicht gleich deutlich in das allgemeine Bewußtsein, die im Zusammenhang mit jener Wandlung die innere Struktur der internationalen Ordnung umgestalten. Sie treten vor allem nach zwei Richtungen hin in Erscheinung. Zum erstenmal in der Geschichte ist die Erde wirklich von einem einheitlichen System internationalen Rechts umspannt. Das Völker-recht, in der europäischen Gemeinschaft entstanden, erfaßte während der kolonialen Periode zwar weitere Räume, aber doch nur in der indirekten Form der kolonialen Abhängigkeit. Heute nehmen — bis auf rasch schwindende Ausnahmen — alle Völker unmittelbar Anteil an der für die Staatenbeziehungen geltenden Völkerrechtsordnung, auch wenn diese große Ausdehnung ihres Bereiches manche Probleme hinsichtlich der Einheitlichkeit der Rechtsauffassungen mit sich gebracht hat. Im Rahmen dieser einheitlichen Ordnung vollzieht sich aber auch wirtschaftlich wie politisch das Zusammenwachsen der Welt zu einer Einheit, deren Glieder in sehr viel engerer Form miteinander verbunden sind als früher. Die Technik hat nicht nur die Entfernungen verringert, sie ermöglicht oder erzwingt auch auf vielen Gebieten eine internationale Zusammenarbeit. Auf vielen Gebieten ist internationale Kooperation — man denke an den Luftverkehr, das Funkwesen oder auch den internationalen Zahlungsverkehr — zu einer Voraussetzung der einzelmenschlichen Lebensführung geworden. Es gibt vielleicht keinen stärkeren Ausdruck der gewandelten Lage als die Einrichtung der Entwicklungshilfe. Wo wäre in der Staaten-welt des 19. Jahrhunderts, in der die Staaten in souveräner Unabhängigkeit von ihren inneren Nöten untereinander keine Notiz nahmen, ein Gedanke daran gewesen, daß Völker und Staaten einander ohne die Absicht politischer Machtausdehnung aus dem Gefühl einer allgemeinen menschlichen Solidarität heraus wirtschaftliche Hilfe gegeben hätten? Schon in diesem Vorgang klingt an, was von einer zweiten Seite her die Struktur der internationalen Gemeinschaft verändert. Die Staaten-welt des 19. Jahrhunderts ruhte auf dem Gedanken, daß die internationalen Beziehungen sich streng auf die Staaten beschränkten. Der einzelne trat in dieser diplomatischen Welt nur mittelbar, als Bürger und Schützling seines Staates, also gewissermaßen als Objekt der internationalen Vorgänge in Erscheinung. Die Souveränität der Staaten schirmte ihre innere Ordnung gegen Einwirkungen anderer Staaten, auch gegen ein Eingreifen internationaler Instanzen ab. Demgegenüber wird heute im Völkerleben wieder der Einzelmensch durch die Hülle des Staates hindurch sichtbar. Die Völkerrechtsordnung knüpft in steigendem Maße durch die Staaten hindurch auch zu den Individuen Beziehungen. Die Ausbildung einer internationalen Gewähr für die menschlichen Fundamentalrechte ist nur eine der Formen, in denen sich heute die unmittelbare Hereinbeziehung auch individueller Lebensvorgänge in die internationale Ordnung vollzieht. Der Mensch rückt auch sonst in den Bereich des internationalen Rechts. Nach 1945 ist erstmals der Versuch unternommen worden, Individuen für völkerrechtliches Handeln verantwortlich zu machen, indem man Staatsmänner und militärische Führer vor ein internationales Strafgericht stellte, um sie für Friedensbruch, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Rechenschaft zu ziehen. In einem gewissen Umfang werden Einzelpersonen heute auch bereits vor internationalen Gremien und Gerichten als Antragsteller und Parteien zugelassen. Die scharfe Scheidelinie, die früher die Individuen streng von der Welt der internationalen Gemeinschaft ausschloß, sie durch ihre Staaten mediatisierte, wird heute immer mehr durchbrochen

In dem Gedanken eines internationalen Schutzes menschlicher Grundfreiheiten prägt sich die neue Entwicklung an einer entscheidenden Stelle aus. Hier wird das Zusammenwachsen der Welt deutlich, das sich auf die Idee der Einheit und der fundamentalen Gleichheit aller Menschen gründet. Zugleich wird aber auch erkennbar, daß sich die Völker der Erde in gewissen gemeinsam anerkannten Grundwerten begegnen. Eine Gewähr persönlicher Rechte ist nur denkbar auf dem Grunde einer Anerkennung der Würde und der Selbständigkeit der menschlichen Persönlichkeit; sie bringt Anerkennung bestimmter Vorstellungen über Recht und Gerechtigkeit mit sich, die mithin als gemeinsames Gut der Völkergemeinschaft gelten müssen. In der Tat enthält der Menschenrechtsgedanke im internationalen Recht nichts anderes als die Forderung einer gemeinsamen ethischen Grundkonzeption des Menschen, über alle Gegensätze der politisch-sozialen

Ordnung und der kulturellen und religiösen Traditionen hinweg. Es ist die Idee eines internationalen Ethos, die hier aufscheint, ethischer Grundwerte, die durch die ganze Völkergemeinschaft hindurch Achtung und Befolgung finden sollen

Die hier auftauchenden Probleme sollen keineswegs verkleinert werden. Kann man wirklich noch von einer gemeinsamen Konzeption menschlicher Werte, ja, auch nur der internationalen Rechtsordnung zwischen der westlichen und der kommunistischen Welt sprechen? Oder wird hier nur ein fundamentaler Gegensatz durch die Formel der Koexistenz verhüllt? So tief der Riß ist, wird man diese Frage dennoch bejahen müssen.

Nach manchen früheren Schwankungen erkennt die sowjetische Völkerrechtswissenschaft gemeinsame Rechtsgrundlagen aller Staaten an. Und in einem freilich von der Wirklichkeit zu oft verdunkelten Sinne liegt auch dem Marxismus die Sorge um den Menschen, die Überwindung seiner Selbstentfremdung, seine Befreiung am Herzen. Auch nach einer anderen Seite gilt diese Gemeinsamkeit. In manchen neuen Nationen haben sich Zweifel erhoben, ob nicht das überlieferte Völker-recht allzusehr vom Denken Europas, zu wenig aber von den Auffassungen anderer Zivilisationen geprägt sei. Die nähere Betrachtung zeigt indes, daß sich diese Bedenken auf Einzelgebiete begrenzen lassen, daß im'ganzen die internationale Ordnung nicht einseitige Züge trägt, sondern das Ergebnis eines langen ausgeglichenen Prozesses der Fortbildung darstellt

Ein geschichtlicher Rückblick zeigt übrigens, daß die rechtliche Verbindung zwischen Individuum und internationaler Ordnung keine volle Neuerung darstellt, sondern daß das Recht hier anknüpfen kann an ältere Vorstellungen, die nur in einer Zeit stärkster Betonung der Staatssouveränität, wie es das 19. Jahrhundert darstellte, ganz zurückgedrängt worden waren. In der älteren Anschauung stellte das jus gentium, das Recht der Völker, dessen Grundlagen man dem Naturrecht zurechnete, eine alle Menschen verbindende Ord-'nung dar. Daher konnte auch aus dieser Rechtsordnung eine unmittelbare Berechtigung einzelner Menschen hervorgehen, wie es sich etwa im Kriegsrecht oder in der Stellung des Fremden zeigte Auch ging diese Zeit noch von der Auffassung aus, daß eine Gemeinsamkeit der Rechtsprinzipien zwischen der internationalen Ordnung und dem Rechtssystem der einzelnen Staaten bestehen müsse

Als sich die Macht der europäischen Staaten nach Ubersee auszudehnen begann, ist der spanische Theologe Francisco de Vitoria, einer der Begründer des neueren Völkerrechts, noch als selbstverständlich von einem gleichen Recht aller Menschen, auch der barbarischen Stämme, ausgegangen. Erst in der Folge schränkte man die volle Geltung der Regeln des Völkerrechts auf die christlichen Nationen, oder wie man sie im 19. Jahrhundert schon in leichter Erweiterung nannte, die zivilisierten Nationen ein Die entscheidende Zurückdrängung des Einzelmenschen aus der internationalen Sphäre vollzog sich mit dem Aufstieg des Souveränitätsgedankens. Der souveräne Staat sammelte bei sich alle Beziehungen nach außen. Das Völkerrecht wurde mit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts ausschließlich ein Recht zwischen Staaten, in dem für den einzelnen kein Platz mehr war. Zugleich wurde die Brücke zwischen den Rechtsgrundsätzen der inneren . Ordnung der Staaten und denen der Staatengemeinschaft abgebrochen. Der souveräne Staat forderte volle Unabhängigkeit in seiner internen Rechtsgestaltung und wies jede Bindung, die ihm hier aus der internationalen Sphäre auferlegt werden könnte, zurück. Das 19. Jahrhundert richtete mit dem Verbot der Intervention anderer Staaten, oder auch der Staatengemeinschaft, in die inneren Angelegenheiten eines Landes mit Nachdruck diese Trennungslinie zwischen nationalem Recht und Völkerrecht auf.

Es hängt mit diesem Auseinandertreten der Rechtssphären des inneren Staatsrechts und des Völkerrechts zusammen, daß der Gedanke der Menschenrechte sich zunächst nur als Bestandteil des nationalen Rechts entfaltete und nur gewisse Ausstrahlungen von ihm in die internationale Sphäre hinausreichten. Der Gedanke, daß jedem Menschen bestimmte unverlierbare Rechte gegeben seien, die er auch gegenüber den staatlichen Gewalten zu behaupten vermag, entstammte dem naturrechtlichen Denken. Seinen Ursprung fand er in den Verfassungskämpfen des 17. Jahrhunderts in England, wo sich erstmals die alten, mehr ständisch gedachten Freiheiten mit dieser natur-rechtlichen Vorstellung ursprünglicher Rechte verbanden Von der Aufklärung weitergetragen, fanden fundamentale Rechte der Menschen zum ersten Male ausdrücklich Anerkennung in den Verfassungen, die sich eine Reihe der amerikanischen Einzelstaaten 1776 gaben, und später in der Verfassung der Vereinigten Staaten selbst und ihrer Ergänzung vom Jahr 1799. Von dort griff der Gedanke nach Frankreich hinüber, dessen Erklärung der Menschenrechte von 1789 den Ausganspunkt für die europäische Folgezeit bildete. Auf diesem Wege erfuhren die Menschenrechte freilich eine gewisse Wandlung. Während sie im angelsächsischen Raume noch die Verbindung mit einer religiös bestimmten weiten Sicht der menschlichen Natur bewahrten, trug die französische Erklärung viel stärker einen rationalen und individualistischen Zug. In Deutschland faßte die Idee der Freiheits-und Bürger-rechte in den süddeutschen Ländern nach 1815, im übrigen erst nach 1848 Fuß.

Während sich so in den einzelnen Staaten der Gedanke der Grundrechte ausbreitete, konnte er sich im internationalen Bereich nur an einigen Punkten indirekt auswirken. Denn hier ging ®s nach der herrschenden Auffassung nur um Rechte und Pflichten der Staaten. Die Stellung des einzelnen Menschen zu regeln, war den Staaten nach ihrem Belieben überlassen.

2. Humanitäre Bestrebungen im Zeitalter der nationalen Souveränität

Die Französische Revolution hatte in ihren Anfängen noch an eine Ausbreitung der Menschenrechte über alle Länder gedacht. Die Verfassungen des 19. Jahrhunderts hatten nicht mehr den Menschen, sondern den Staatsbürger des Einzelstaates vor Augen. Nach außen hin aber stand das Interventionsverbot — wenn auch mehr aus einer Ablehnung der restaurativen Eingriffe der Mächte der Hl. Allianz nach 1815 entstanden — einer Einwirkung der Staatengemeinschaft auf die innere Ordnung eines Landes entgegen. Trotzdem verlor die internationale Entwicklung den einzelnen nicht ganz aus den Augen. In den Verträgen finden wir nicht selten Bestimmungen, die den Staaten die Pflicht auferlegen, die Religionsfreiheit ihrer Untertanen in neuerworbenen Gebieten zu achten. Die Bekämpfung der Sklaverei, die sich unter der Führung Englands seit den 20er Jahren in der Staatengemeinschaft durchsetzte, legte die Axt an die Wurzel einer der dunkelsten Konsequenzen der Kolonialzeit. Vor allem aber ist hier die Einrichtung der humanitären Intervention zu nennen, mit der die Groß-mächte im 19. Jahrhundert — wenn auch nicht ohne politische Nebenzwecke — den Schutz der Christen in den türkischen Gebieten wahr-nahmen. Auf dem Berliner Kongreß traten die Mächte nachdrücklich für Religionsfreiheit und Gleichstellung der Juden in den neuen balkanischen Staaten ein In der Staatenpraxis des 19. Jahrhunderts bildete diese humanitäre Intervention der Mächte eine anerkannte, wenn auch rechtlich nicht unbestrittene Erscheinung. Aber sie diente jedenfalls — mochten politische Tendenzen mitwirken und mochte sie im wesentlichen auf die Gebiete des türkischen Reiches und Südosteuropas sich räumlich begrenzen — einem Vorgehen zum Schutz bestimmter Grund-forderungen der Menschlichkeit, vor allem der persönlichen und religiösen Freiheit. Auch nach einer anderen Seite wirkte sich im 19. Jahrhundert die führende Stellung der Großmächte im Sinne eines Schutzes grundlegender mensch-lieberRechte aus. Wiederum nicht ohne politischen Hintergrund, traten die europäischen Mächte während des ganzen 19. Jahrhunderts nachdrücklich für einen ausreichenden Rechtsschutz des Fremden in der Völkerwelt ein.

Das mußte gewiß in erster Linie den Europäern zugute kommen, die sich über die Welt verbreiteten, aber diese Sicherung von Leben, Freiheit und Eigentum bewirkte doch eine nachhaltige Förderung und Sicherung des internationalen Handels und Verkehrs. Es wurde damit ein Mindeststandard an Schutz aufrechterhalten, dessen Bedeutung wir vielleicht erst heute ganz zu erkennen vermögen, wo unter dem Zeichen neuerworbener Souveränität diese Rechtsstellung abbröckelt Kann also für die Zeit vor 1914 noch nicht von einem internationalen Bestreben zur Gewährleistung menschlicher Fundamentalrechte in ihrer Gesamtheit gesprochen werden, weil die Lehre der einzelstaatlichen Souveränität dem entgegenstand, so sind doch wenigstens gewisse Ansätze in dieser Richtung festzustellen.

3. Die Zeit des Völkerbundes

Für die Auffassungen des modernen Völker-rechts bildet im allgemeinen der Ausgang des ersten Weltkrieges eine entscheidende Wende.

Mit ihm folgt die grundlegende Wandlung in der Beurteilung des Krieges, die zum Verbot des Angriffskrieges und zur Ausarbeitung internationaler Sicherheitssysteme geführt hat. Damals setzt auch die wachsende Kritik am Souveränitätsbegriff ein, die stattdessen die Solidarität der Staatenwelt und die Bindung aller Staaten durch die gemeinsame Rechtsordnung betonte. Es ist daher auffallend, daß in der Frage der Menschenrechte dieser Wandel erst nach dem zweiten Weltkriege einsetzt. Der Grund hierfür liegt wohl in verschiedenen Motiven. Einmal wirkte der Souveränitätsgedanke noch stark genug, um die Siegermächte zögern zu lassen, als Großmächte, die so oft in der Vergangenheit anderen gegenüber auf humanitären Grundsätzen bestanden hatten, nun für ihre eigene innere Ordnung inter-nationale Bindungen zu übernehmen. Darum wurde auch Deutschland, das, wenn auch besiegt, Großmacht blieb, keine solche Verpflichtung auferlegt, sondern man wandte sich mit einer solchen Forderung nur an kleinere Staaten. Sodann konnte man bei der Ausdehnung der kolonialen Herrschaft erwarten, daß bestimmte Grundsätze des Völkerrechts weithin Beachtung finden würden. Endlich aber wollte man auch nicht die entstehende Organisation des Völkerbundes mit einer so schwierigen Aufgabe wie der Gewähr einer solchen Verbürgung belasten. Es wurden 1919 daher nur begrenztere Vorkehrungen getroffen. Denjenigen Staaten Osteuropas, die neu gegründet oder wesentlich erweitert waren, legten die Hauptmächte in den Minderheitenverträgen — deren Muster der polnische Vertrag vom 28. 6. 1919 war — die Pflicht auf, allen Staatsbürgern (auch den hinzukommenden) die volle staatsbürgerliche Gleichheit und Schutz von Leben und Freiheit zu gewähren. In dem Briefe, den der französische Ministerpräsident Clemenceau als Vorsitzender der Friedenskonferenz am 24. Juni 1919 an den polnischen Staatspräsidenten Paderewski richtete, der sich gegen diese Verpflichtung gewandt hatte, nahm der französische Staatsmann, ganz im Sinne der europäischen Tradition, auf die Praxis der humanitären Intervention des vergangenen Jahrhunderts Bezug — er zitierte sogar Bismarck — und bezeichnete die Sorge für den Schutz dieser Bevölkerungen als eine Verantwortlichkeit der Mächte. Die Minderheitenverträge haben gewiß diesen Schutz nicht voll gewährleisten können. Aber vergleicht man sie mit dem, was nach ihrer Zerstörung über die Völker kam, bis hin zum Völkermord und zur Zwangsaustreibung, so wird man ihre hohe Bedeutung anerkennen müssen

Die Einführung der Verträge zugunsten der Minderheiten wurde aber in den 20er Jahren auch zum Anstoß für die Entwicklung der Idee eines allgemeinen Schutzes der Menschenrechte. Das Institut de Droit International nahm hierfür schon 1921 Vorarbeiten auf und gelangte 1929 zur Annahme einer „Erklärung der internationalen Rechte des Menschen" Zwar beschränkte sich dieser Entwurf noch darauf, den Schutz nicht durch Ausstattung der Individuen mit Rechten, sondern vielmehr durch Auferlegung entsprechender Pflichten an die Staaten zu gewähren, aber die Richtung war damit für die weitere Entwicklung gewiesen. Das Aufleben des Nationalismus und die wachsenden Spannungen der 30er Jahre, verbunden mit der Mißachtung, die die Idee menschlicher Rechte in den totalitären Staaten erfuhr, haben freilich in diesem folgenden Jahrzehnt die Entwicklung nicht fortschreiten lassen, sondern vielmehr schwere Rückschläge herbeigeführt.

4. Die Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen (1948)

So blieb es der Zeit nach dem zweiten Weltkriege vorbehalten, den Gedanken eines internationalen Schutzes menschlicher Grundrechte erstmals in der praktischen Durchführung aufzugreifen. Die Lage hatte sich nun nach allen Richtungen hin gewandelt. Die Leiden der Völker und Einzelmenschen unter Krieg und Gewaltherrschaft sprachen eine zu deutliche Sprache und standen so sehr vor aller Augen, als daß man sich der Dringlichkeit des Verlangens nach wirksamen internationalen Maßnahmen zur Sicherung fundamentaler Prinzipien der Menschlichkeit hätte entziehen können. Das Souveränitätsdogma war ernstlich erschüttert, und noch konnte man nicht ahnen, daß es sowohl von der Sowjetunion wie von den neu entstandenen Staaten eine so ausgedehnte Neubelebung erfahren würde. Endlich aber war nun der Gedanke der internationalen Zusammenarbeit stark genug, um die Verantwortung für diese Aufgabe auf sich zu nehmen. So sahen schon die ersten Vorentwürfe für die Satzung der Vereinten Nationen die Erwäh-nung der Achtung vor den Menschenrechten als eines der Prinzipien der universalen Staatenorganisation vor. In der Satzung der Vereinten Nationen hat diese Hervorhebung der Menschenrechte noch erheblich an Gewicht gewonnen. Die Präambel nennt die Bekräftigung des Glaubens an fundamentale menschliche Rechte als Aufgabe der Vereinigung und weist den Schutz dieser Rechte den Vereinten Nationen ausdrücklich als Aufgabe zu. Im Unterschied zum Völkerbund, in dessen Satzung sich eine solche Bestimmung nicht vorfand, ist also nunmehr den Vereinten Nationen eine unmittelbare Verpflichtung auferlegt, auf diesem Felde tätig zu werden.

In der Tat ist man in den Vereinten Nationen alsbald ans Werk gegangen, um dieser Zielsetzung nachzukommen. Die erste Vollversammlung nahm bereits eine Entschließung an, die die Einsetzung einer Menschenrechtskommission forderte. Im Rahmen der Organisationsstruktur der Vereinten Nationen fiel die Aufgabe der formellen Einsetzung dem Wirtschafts-und Sozialrat zu, dem in Vorbereitung von Beschlüssen der Vollversammlung die Behandlung von Fragen des wirtschaftlichen und sozialen Bereichs aufgetragen ist und dem Art. 62 der Satzung ausdrücklich auch die Menschenrechte als Tätigkeitsfeld zuweist. Den Vorsitz in dieser Kommission übernahm die Witwe des Präsidenten Franklin D. Roosevelt, Frau Eleanor Roosevelt. Als erste Aufgabe stellte sich die Kommission die Ausarbeitung einer allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die im Herbst 1948 den Wirtschaftsrat passierte und nach eingehender Beratung in der Vollversammlung von dieser am 10. Dezember 1948 verabschiedet wurde. Es ist bemerkenswert, daß sich die kommunistischen Staaten, deren Anträge nicht durchdrangen, sowohl in den Kommissionen wie bei der Endabstimmung der Stimme enthielten, als diese grundlegende Erklärung angenommen wurde. Selbstverständlich fußt die Erklärung auf der langen Entwicklung, die die Freiheitsrechte in den Verfassungen der einzelnen Staaten durchlaufen haben. Aber sie geht in manchen Teilen darüber hinaus, wenn sie bewußt neben den Freiheiten der Menschen, die dem liberalen Erbe entstammen, auch soziale Grundrechte, Verheißungen bestimmter sozialer Errungenschaften enthält, damit also einen betont sozialen Charakter anstrebt. So finden sich in der Erklärung zunächst die überlieferten Freiheiten des Lebens, der persönlichen Sicherheit und Freiheit der Freizügigkeit, der Freiheit der Meinung, des Gewissens und der Religion sowie des Versammlungsrechts. Daneben aber beginnt das Recht auf Arbeit, verbunden mit der freien Wahl des Arbeitsplatzes, sich zu verwirklichen, aber nicht durch freies Wirken des einzelnen, sondern nur durch eine entsprechende staatliche Beschäftigungspolitik. Ferner finden wir — ein sozialpolitischer Gedanke — ein Recht auf Muße und Ruhe, einschließlich vernünftiger Begrenzung der Arbeitszeit. Auch hier haben wir wieder mehr ein Prinzip vor uns, das sich an den staatlichen Gesetzgeber richtet, als ein individuelles Freiheitsrecht. Im Rahmen der ganzen Erklärung haben diese sozialen Rechte aber ihren guten Sinn. Wie die Freiheitsrechte überhaupt, wenden sie sich an alle Staaten als ein beispielhaftes Dokument, das anzunehmen und in ihrer Gesetzgebung zu befolgen die Mitglieder der Vereinten Nationen auf sich nehmen sollen.

Das führt zu der wichtigen Frage, welche rechtliche Tragweite der Menschenrechtserklärung zukommt. Sie ist als Entschließung der Vollversammlung angenommen, nicht als Abkommen den einzelnen Mitgliedstaaten zur Unterzeichnung vorgelegt worden. Sie ist also keine bindende Vertragsverpflichtung, sondern weniger. Man hat über das Maß rechtlicher Bindung, das die Erklärung enthält, viel diskutiert. Manche versuchten, die Deklaration als Ausdeutung der in der Satzung der Vereinten Nationen stehenden Grundsätze des Schutzes fundamentaler menschlicher Rechte zu deuten, andere wiesen darauf hin, daß eine Entschließung der Vollversammlung, wenn auch nicht bindend, doch gewisse Wirkungen mit sich bringen könne. Man wird wohl die richtige Mitte halten, wenn man feststellt, daß die Menschenrechtserklärung keine strenge Verpflichtung im rechtlichen Sinne begründet (und begründen wollte), daß sie aber für die Mitglieder die allgemeine Verpflichtung der Satzung konkretisiert und daher eine Richtlinie ihres Verhaltens darstellt. Zudem kommt der Erklärung eine Bedeutung als Grundsatzfeststellung zu, an die die Organe der Vereinten Nationen sich halten sollen. Darüber hinaus wird man gewisse grundlegende Rechtsver-bürgungen auch als Bestandteile der das Völkerrecht durchziehenden allgemeinen Rechts-prinzipien, d. h. gemeinsamer alle Nationen verbindender Sätze des Völkerrechts ansehen können Tatsächlich haben die in der Menschenrechtserklärung enthaltenen Sätze eine bedeutende Ausstrahlung entfaltet. Nicht wenige der neu entstandenen Staaten haben von dorther in ihren Verfassungen Grundrechtserklärungen übernommen. Vor allem hat sich aber, wie noch zu zeigen sein wird, die Praxis der Vereinten Nationen immer wieder an diesen Grundlagen orientiert.

5. Entwürfe zu einer Konvention der Menschenrechte

Es war von vornherein die Absicht der Bearbeiter der Erklärung der Menschenrechte, daß man nicht bei dieser lockeren Form der Festlegung bleiben wollte. Der Erklärung sollte vielmehr die Ausarbeitung einer Konvention der Menschenrechte folgen, deren Annahme die Staaten dann mit echter rechtlicher Verbindlichkeit belasten würde. Die Menschenrechtskommission machte sich, wieder unter dem Vorsitz von Mrs. Eleanor Roosevelt, erneut an die Arbeit. Sie stand nun freilich vor einer sehr viel schwierigeren Aufgabe. Die allgemeine Deklaration konnten die Mitgliederstaaten annehmen, in dem Bewußtsein, damit nur Prinzipien, aber keine präzisen rechtlichen Verbindlichkeiten auf sich zu nehmen. Das Ziel der auszuarbeitenden Konvention sollte aber von vornherein die Ausarbeitung von Maßstäben sein, die die Staaten später als verbindlich anerkennen sollten. So zog sich die Ausarbeitung länger hin und gab zu genauerer Erörterung über jede Textfassung Anlaß. Zugleich zeigte sich auch eine gewisse Wandlung in der inhaltlichen Gestaltung. Hatten in der Erklärung noch die Freiheitsrechte, wenn auch durch soziale Verheißungen ergänzt, im Mittelpunkt gestanden, so wurde in diese Entwürfe das Moment der sozialen Rechte noch in verstärktem Maße ausgenommen. Die Fassungen der Freiheitsrechte lehnen sich eng an die Erklärung an. Daneben aber sehen wir nun ein Recht auf Erziehung, auf freie Teilnahme am Kulturleben oder ein Recht auf einen angemessenen Lebensstandard auftauchen. Solche Verbürgungen lassen sich praktisch nur als Verpflichtung der Staaten rechtlich überhaupt erfassen.

1954, als die Entwurfsfassung vor die Vollversammlung gelangte, erteilte diese den neuen Auftrag, statt einer Konvention de-‘ren zwei: eine für die politischen und bürgerlichen Rechte, die andere für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu entwerfen. Was den Inhalt der dieser Weisung entsprechend aufgestellten beiden Entwürfe anlangt, so gehen sie von der Erklärung der Menschenrechte aus, aber die von ihnen entworfenen Kataloge von Rechten greifen erheblich weiter aus. Unter den politischen und bürgerlichen Rechten erscheint das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person, auf menschliche Behandlung in Haft und rechtliches Gehör vor Gericht, ferner Freiheit der Meinung und der Religion, Vereins-und Versammlungsfreiheit, Schutz der Familie und Zugang zu öffentlichen Ämtern. In Fällen eines öffentlichen Notstandes können, abgesehen von gewissen fundamentalen Verbürgungen, Abweichungen von den Grundrechten vor sich gehen. Ein Menschenrechtsausschuß von 9 Personen ist im Entwurf vorgesehen, der Fälle untersuchen und vermitteln kann, aber nur auf Anruf eines Staates, nicht von Individuen. Die zweite Konvention, die die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte betrifft, kennt als soziale Grundrechte das Recht auf Arbeit und günstige Arbeitsbedingungen, das Recht auf Erziehung und soziale Sicherheit, endlich den Schutz der Familie. Im ganzen sind die Bestimmungen dieser Konvention vager, und für sie ist auch keine Kommission vorgesehen. Mit der Ausarbeitung der beiden Entwürfe war ein erstes wichtiges Stadium auf dem Wege zu einer Realisierung dieser Vereinbarungen erreicht. Auf dieser Linie hat sich weitere Arbeit vollzogen. In langsamer Folge sind einzelne Artikel der Vollversammlung vorgelegt und von ihr beraten worden. Dennoch erscheint es als wenig wahrscheinlich, daß es in naher Zukunft zu einer Fertigstellung dieser Konventionen kommen könnte. Im Laufe der Beratungen haben sie den Zug einer weitausgreifenden idealen Rechtsverbürgung angenommen, die nicht so leicht ein Staat als Norm für sich anzunehmen vermag. Zudem haben Resolutionen der Vollversammlung an den Beginn jeder der beiden parallelen Konventionsentwürfe die Anerkennung des Rechts jedes Volkes auf Selbstbestimmung, auf das Recht, seinen politischen Status frei zu bestimmen, gestellt. Auch dieses politische Prinzip hat nicht bei allen Mitgliedstaaten das Interesse an der Konvention verstärkt, wenn auch die meisten Nationen gerade der zur Selbständigkeit gelangten Kontinente diesen Grundsatz ganz besonders in den Vordergrund rücken.

Man darf annehmen, daß die weitere Beratung der Entwürfe noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird. Wenn man schon daran gedacht hatte, im Rahmen der Vereinten Nationen auch Einrichtungen zur Durchsetzung dieser Rechte, einen Hohen Kommissar für Menschenrechte oder eine Kommission mit wirklichen Befugnissen der Entgegennahme von Beschwerden und von Untersuchungen zu schaffen, so erscheinen diese Pläne heute noch stark in die Ferne gerückt Man wird auch bei nüchterner Überlegung zugeben müssen, daß ihrer Verwirklichung große Hindernisse entgegenstünden. Kann man heute wirklich schon davon ausgehen, daß überall auf der Welt der Boden für die Anwendung menschlicher Grundfreiheiten vorbereitet ist? Man darf gewiß feststellen, daß das Bekenntnis aller Staaten, auch der neuen Nationen Asiens und Afrikas, zu Fundamentalrechten des Menschen ein erfreulich positives ist. Aber die Durchsetzung und Sicherung der Menschenrechte ist keine isolierte rechtliche Maßnahme. Soll sie im Sinne echter Gewähr erfolgen, so fordert sie auch eine entsprechende Struktur des Staates, fordert rechtsstaatliche Einrichtungen und eine freiheitliche Verfassung. Diese Erfordernisse werden besonders deutlich, wenn man den Blick auf die Staaten der kommunistischen Welt richtet. In ihren Verfassungen finden sich Rechte der Einzelmenschen, vorwiegend freilich in einem sozialen Sinne verstanden, der sie in das Ganze der sozialistischen Ord-nung eingefügt. Aber die ganze politische und soziale Ordnung dieser Staaten läßt es weitgehend gar nicht zu, daß Grundfreiheiten im überlieferten Sinne zur Auswirkung kommen. Mögen heute die Achtung der persönlichen Freiheit und die Beachtung der Grundsätze eines geordneten Gerichtsverfahrens in der kommunistischen Welt stärker geworden sein als in der Epoche Stalins, wenn man an Freizügigkeit, Freiheit der Meinung, der Kunst und der Religion denkt, so wird der Abstand zwischen einem Lippenbekenntnis zu Grundrechten und ihrer realen Erfüllung in der kommunistischen Welt klar erkennbar. Faßt man diese strukturellen Schwierigkeiten einer effektiven Sicherung der Fundamentalrechte ins Auge, so wird die bestehende Zurückhaltung in den Vereinten Nationen gegenüber dem Gedanken einer rechtlichen Überwachung der Beobachtung der Grundrechte durch die einzelnen Staaten eher verständlich. An deren Stelle tritt aber, wie nun darzulegen sein wird, eine politische Bemühung der Vereinten Nationen, dem Prinzip menschlicher Rechte in der Staatenwelt durch die Aktion ihrer politischen Organe zu dienen.

6. Die Vereinten Nationen als Schützer der Menschenrechte

Das Werk der Vereinten Nationen für die Menschenrechte läßt sich nicht allein aus der Erklärung der Menschenrechte und den Bemühungen um die Ausarbeitung der beiden Konventionen zum Schutz der bürgerlich-politischen und der wirtschaftlich-sozialen Rechte würdigen. Der Gedanke eines Eintretens für die Menschenrechte ist heute bereits in einem sehr viel weiteren Umfang ein Prinzip, das die ganze Tätigkeit der Organisation durchdringt. In der Zeit des Völkerbundes stellte der Minderheitenschutz eine Nebenlinie dar. Heute dagegen steht der Gedanke an den Schutz der Menschenrechte bei vielen Aktionen der Vereinten Nationen im Vordergrund. Da diese Aktionen von den politischen Organen der universalen Vereinigung ausgehen, so tragen sie mehr den Charakter der humanitären Intervention als den eines förmlichen rechtlichen Verfahrens. Die Organe der Vereinten Nationen nehmen sich bestimmter Probleme an, die in dieses Gebiet gehören, und suchen den beteiligten Staaten gegenüber die Grundsätze des Schutzes fundamentaler Rechte des Menschen zur Geltung zu bringen. Die Menschenrechtskommission spielt dabei eine geringe Rolle. Sie ist ein Organ der Vorbereitung und des Studiums, nicht der Aktion. Sie nimmt daher Beschwerden entgegen, aber sie behandelt sie im allgemeinen nicht. Es ist vor allem die Vollversammlung, die am stärksten als Element des grundrechtlichen Schutzes in Erscheinung tritt. In die kommunistische Welt vermag freilich die Bemühung der Vereinten Nationen nicht hineinzuwirken. In den Friedensverträgen mit Ungarn, Bulgarien und Rumänien von 1947 waren zwar Bestimmungen enthalten, die diese Staaten hinter dem Eisernen Vorhang auf eine Beachtung gewisser Menschenrechte verpflichteten. Das Mittel, diese Pflicht geltend zu machen, im Friedensvertrag vorgesehene Schiedskommissionen, erwies sich aber als unanwendbar, als diese Staaten ablehnten, ihre Mitglieder hierfür zu bestellen, und der Internationale Gerichtshof feststellen mußte, daß aus dieser Obstruktion kein Ausweg herausführte Wohl aber haben die Vereinten Nationen nach anderer Richtung den Gedanken der Menschenrechte zur Geltung gebracht. Schon 1948 nahmen sie die Frage der Zurücksetzung der Personen indischen Ursprungs in der Union von Südafrika auf, und sie erweiterten diese Befassung mit der Stellungnahme der Südafrikanischen Union zur Rassengleichheit später auf die Apartheidpolitik. Ungeachtet der Weigerung der Union, entgegenzukommen oder auch nur mitzuarbeiten, hat die Vollversammlung seither diese Frage wieder und wieder aufgegriffen. Andere Fälle des Eingreifens bildeten die Auseinandersetzungen und Kämpfe in Nordafrika, die der Verselbständigung vorangingen. Hier haben Resolutionen der Vollversammlung auf Befriedung und die Achtung menschlicher Rechte gedrängt. Bei allen solchen Aktionen begegnet die Vollversammlung gewöhnlich dem aus der Satzung geschöpften Einwand der betroffenen Länder, daß die Satzung ein Eingreifen der Organisation in die zur inneren Zuständigkeit der Staaten gehörenden Fragen nicht gestattete (Art. 2 Ziffer 7). Aber die Handhabung dieser Bestimmung hat sich sehr seit der Zeit des Völkerbundes geändert. Damals stand die

Achtung vor der Souveränität der Staaten zu hoch, um ein Eingreifen der Liga zu gestatten. Heute tritt dieser Gesichtspunkt zurück, und die Vollversammlung ist auch nicht bereit, sich von Erörterungen über eine Frage durch den Einwand der internen Zuständigkeit abbringen zu lassen. Das entspricht sowohl dem stärkeren universalen Bewußtsein der Gegenwart, wie dem sehr viel stärker politisch orientierten Verfahrensstil der Vereinten Nationen. In allen diesen Fällen hat tatsächlich die Vollversammlung sich über die erhobenen Rechts-bedenken hinwegesetzt; niemals ist daran gedacht worden, etwa eine Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs darüber einzuholen, ob eine solche Aktion der Vereinten Nationen im konkreten Falle zulässig ist.

Außerhalb dieser mehr politischen Unternehmungen der Vereinten Nationen liegt aber ein weites Feld der Verfolgung der Menschenrechte auch in der Aktivität der Organisation für die Gleichberechtigung der Frauen — namentlich in den außereuropäischen Ländern — und für die Anerkennung gewisser sozialpolitischer Errungenschaften; für letzteres tritt namentlich die Internationale Arbeitsorganisation ein. In den Kreis der menschen-rechtlichen Bemühungen gehört auch das Abkommen über das Genocid, den Völkermord, vom 9. 12. 1948. Dieses Abkommen, von der Vollversammlung einstimmig angenommen und von fast 50 Staaten — freilich nicht der Sowjetunion, den Vereinigten Staaten und England — unterzeichnet, erklärt bestimmte Handlungen gegen ganze nationale, religiöse oder rassische Gruppen zum völkerrechtlichen Verbrechen und gebietet allen Staaten, solche Vorgänge zu bestrafen. Tötung, schwere körperliche oder seelische Schädigung einer solchen geschützten Gruppe, alle Gestaltung von Lebensbedingungen für sie mit dem Ziel der Ausrottung fallen unter dies Verbot

Ein weiteres wichtiges Feld der Auswirkung des Gedankens der Menschenrechte bietet sich dadurch, daß die Erklärung der Menschenrechte vielfach für die Verfassungen der neu entstandenen Staaten das Vorbild für die in sie aufgenommenen Erklärungen von Menschenrechten gewesen ist. überhaupt ist die Wirkung der Texte dieser Erklärungen und Entwürfe als Muster und Beispiel nicht zu unterschätzen Sie werden immer wieder auch in internen Diskussionen innerhalb von Staaten angerufen und als Beispiel angeführt.

So stellen die Bestrebungen der Vereinten Nationen auf dem Gebiet der Menschenrechte ein wichtiges Glied in der Kette von Vorgängen dar, die in der Gegenwart immer mehr das Einzelindividuum unmittelbar im Völker-recht mit Rechten ausstattet. Es steht außer Zweifel, daß heute die alte Lehre von der Ausschließlichkeit der Staaten als Träger völkerrechtlicher Rechtsbeziehungen praktisch weithin durchbrochen und theoretisch immer mehr aufgegeben wird. In diesem Zusammenhang mag man auch die Frage erheben, ob nicht gewisse fundamentale Bestandteile der Menschenrechte, wie sie uns in den Erklärungen der Vereinten Nationen entgegentreten, bereits als völkerrechtliches Gewohnheitsrecht anzusehen sind. Die Frage verdient ernste Prüfung und kann für gewisse grundlegende Freiheiten (Schutz von Leben und Sicherheit, Religionsfreiheit) wohl bejahend beantwortet werden, muß aber für andere Punkte zurückhaltend beurteilt werden

7. Der Gedanke des Schutzes der Menschenrechte in der Organisation der amerikanischen Staaten

Die Idee eines internationalen Schutzes der Menschenrechte ist indes nicht auf die Vereinten Nationen begrenzt geblieben, sondern auch die regionalen Organisationen haben sich seiner angenommen. In dem Kreis der zur Pan-amerikanischen Verbindung zusammengeschlossenen Staaten des amerikanischen Kontinents wurde schon 1945 ein Beschluß zur Aufstellung einer Deklaration der Menschenrechte und -pflichten gefaßt. Im Blick auf die Beschränkungen der Arbeiten der Vereinten Nationen auf die Aufstellung einer nicht verbindlichen Deklaration stellte man die Gedanken auch in Lateinamerika zurück. Erst im Jahre 1959 stellte der Interamerikanische Juristenrat einen Entwurf einer amerikanischen Menschenrechtskonvention auf. Er enthält einen Katalog der liberalen Freiheitsrechte, der sich an die Europäische Konvention der Menschenrechte anlehnt, nimmt im Anschluß daran aber eine breite Fülle sozialer Grundrechte (Recht auf Bildung, angemessene Entlohnung für Arbeiter, Rechte auf kulturelle Fortbildung) auf und sieht nach dem Beispiel der Europäischen Menschenrechtskonvention die Errichtung einer Kommission vor, an die sich jedes Individuum wenden kann. Sogar ein interamerikanischer Gerichtshof für Menschenrechte ist vorgesehen Die Vereinigten Staaten werden vermutlich infolge der innerstaatlichen Bedenken, die gegen eine solche Bindung der USA fortbestehen, sich an dieser Arbeit nicht weiter beteiligen. Auch im übrigen wird der Entwurf wohl nicht so rasch fertiggestellt werden.

8. Der Abschluß der Europäischen Konvention für Menschenrechte

Wenn in der Organisation der amerikanischen Staaten die Idee einer Menschenrechtskonvention erst zu Entwürfen gediehen ist, so hat in einem anderen regionalen Bereich der Gedanke bereits Früchte getragen und zu einer Entwicklung geführt, die weit über die im Rahmen der Vereinten Nationen erzielten Ergebnisse des Schutzes der Menschenrechte hinaus eine wirksame Garantie aufgerichtet hat. Es sind am 3. September 1963 zehn Jahre, daß die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und der Grundfreiheiten, die am 20. März 1952 in Rom von den Mitgliedstaaten des Europarates unterzeichnet wurde, in Kraft getreten ist. Wenn man heute auf dieses erste Jahrzehnt der Geltung und Anwendung dieser Konvention zurückblickt, so ist festzustellen, daß es sich bei ihr um den bedeutendsten Schritt zu einer internationalen Sicherung der menschlichen Grundfreiheiten handelt, der seit dem zweiten Weltkriege geschehen ist. Die grundlegende Bedeutung dieser Vereinbarung liegt darin, daß sie sich nicht damit begnügt hat, eine allgemeine Erklärung der fundamentalen Rechte aufzustellen, sondern daß in ihr die Staaten echte Verpflichtungen zur Durch-Setzung der gesicherten Rechte übernommen haben. Darüber hinaus aber hat dies Abkommen als erstes wirkliche Sicherungen für die Erfüllung dieser Verpflichtungen geschaffen. Mit der Errichtung der Europäischen Kommission und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat sie Institutionen eingesetzt, die über die Einhaltung der Vereinbarung wachen, und sie hat zugleich, indem sie den Weg zur Kommission für alle Individuen öffnete, auch dem einzelnen Angehörigen der Europarat-Staaten, soweit sein Heimatland dem Abkommen beigetreten ist, unmittelbare Möglichkeiten gegeben, internationale Instanzen zu seinem Schutz anzurufen. Die Europäische Konvention für Menschenrechte, auf deren erstes Jahrzehnt wir heute mit Dankbarkeit zurückblicken dürfen, hat damit einen entscheidenden Schritt nach vorwärts für die Gewährleistung menschlicher Freiheiten in der Welt getan.

Man wird gewiß nicht übersehen können, daß dieser Fortschritt sich auf einem Boden vollzog, der hierfür besser vorbereitet war als die universale Staatengemeinschaft. Während die Vereinten Nationen vor den Problemen stehen, die eine tiefgehende Verschiedenheit der politischen und sozialen Ordnungen unter ihren Mitgliedern und eine nicht weniger weitreichende Unterschiedlichkeit der historisch-religiösen Traditionen unter den Völkern der Welt aufwerfen, konnte der Europarat auf der engen geistigen und kulturellen, ja selbst rechtlichen Einheit fußen, die Europa dank seiner gemeinsamen Geschichte darstellt. Die Idee der menschlichen Freiheiten hat von hier ihren Ursprung genommen und ist in den Verfassungen der europäischen Staaten fest verwurzelt. Es war also sehr viel leichter, in diesem begrenzten Rahmen eine echte Übereinstimmung nicht nur in den Grundgedanken, sondern auch in der realen Ausführung dieser Gedanken zu erzielen. Was heute auf dem weiten Felde der ganzen Welt noch mehr als ein Programm, als ein Ansatz und eine Hoffnung erscheinen muß, konnte hier als eine Bekräftigung gemeinsamer Überzeugungen und rechtlich bereits bestehender Einrichtungen erscheinen. Doch liegt auf der anderen Seite die Bedeutung des Vorgangs darin, daß von hier aus auch der übrigen Welt ein Beispiel praktischer Durchsetzung des Menschenrechtsschutzes gegeben wird, der — so darf man hoffen — auf die Dauer seine Wirkung nicht verfehlen wird.

Die Konvention des Europarates nimmt in ihrer Präambel auf die Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen Bezug. Die Anfänge einer eigenen europäischen Rechtsverbürgung gehen aber auf Wurzeln zurück, die gegenüber dieser Allgemeinen Erklärung von 1948 selbständig sind. Der Gedanke einer Sicherung der Menschenrechte begleitet bereits die Anfänge der europäischen Bewegung, die bereits gegen Ausgang des zweiten Weltkrieges sich zu sammeln begann. Was lag auch näher, daß nach den bitteren Erfahrungen der Kriegsjahre, nach der Verletzung menschlicher Rechte durch die über viele europäische Länder ausgedehnten Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus, der Wunsch nach einer wirksamen Betätigung und Sicherung dieser fundamentalen menschlichen Rechte mit Leidenschaft erwachte. Der Gedanke der verletzten Menschlichkeit klang bereits in den Gerichtsverfahren in Nürnberg an, wenn man einige der Angeklagten wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit anklagte. Aber unabhängig davon gewann die Idee einer Sicherung der menschlichen Grundfreiheiten in den zunächst auf privater Ebene sich sammelnden Bestrebungen Gestalt, die für eine europäische Einigung eintraten. Als Sir Winston Churchill am September 1946 seine berühmte Rede vor den Studenten der Universität Zürich hielt, in der er zur europäischen Verbindung aufrief, erwähnte er die in der Atlantik-charta verkündeten vier Grundfreiheiten, nach denen die Völker leben wollten. Das kurz darauf entworfene Hertensteiner Programm der europäischen Widerstandsgruppen stellte der von ihr gewünschten europäischen Gemeinschaft unter anderem als Aufgabe, die Rechte und Pflichten ihrer Bürger in der Erklärung der Europäischen Bürger-rechte festzusetzen 19). Von besonderer Bedeutung für die Entwicklung der europäischen Bewegung war der im Mai 1948 unter dem Vorsitz Sir Winston Churchills im Haag tagende Kongreß der Europäischen Bewegungen, an dem die meisten der damals oder später in Europa hervortretenden Staatsmänner als Mitglieder der europäischen Bewegungen teilnahmen. Der politische Ausschuß dieses Kongresses ging nun bereits einen Schritt weiter und regte an, daß zur'Wahrung der menschlichen Grundrechte und Freiheiten Gerichtshöfe mit angemessenen Strafbefugnissen eingesetzt werden sollten, um die Erfüllung der Charta der Menschenrechte zu erzwingen. Der Weg zu diesem richterlichen Schutz sollte jedem Bürger der beteiligten Länder offenstehen

Die Initiative der freien Vereinigungen für eine europäische Gemeinschaft wurde im Sommer 1948 von der französischen Regierung amtlich ausgenommen, als sie die Gründung einer europäischen Vereinigung anregte. Nach langen Verhandlungen kam das Statut dieser ersten europäischen Schöpfung am 5. Mai 1949 zustande. Noch knüpften sich an diese Gründung große Hoffnungen für einen raschen Fortschritt der europäischen Entwicklung im föderalen Sinne. Der Widerstand, den die Engländer und Skandinavier einer solchen Fort-entwicklung leisteten, auch das Zögern der Regierungen in dem Ministerrat des Europa-rates, der dem Europäischen Parlament gegenüberstand, ließen aber diese Aussichten bald schwinden. Der Europarat ist schon seit den frühen fünfziger Jahren nur mehr eine Stätte der politischen Begegnung und Aussprache der europäischen Länder geworden, von der man aber keine Entscheidungen erwarten kann, auch schon deshalb, weil die Organisation gar keine Kompetenzen zu verbindlichen Beschlüssen besitzt. Dennoch hat der Europarat über die Jahre hinweg mit seinem Parlament in Straßburg die Idee der europäischen Einigung in einem weiteren Felde, als dies in der dann später einsetzenden Gemeinschaft der Sechs der Fall war, aufrechterhalten. Ihm gehörten anfangs zehn Staaten an, Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Schweden und das Vereinigte Königreich. Er erweiterte sich bald um Griechenland, die Türkei (1949), Island und die Bundesrepublik (1950), später um Österreich (1956) und endlich die Schweiz (1962) Da die militärischen Aufgaben des Schutzes Europas bei der NATO lagen und die wirtschaftlichen Fragen ebenfalls anderen Organisationen aufgetragen waren, so blieb dem Europarat nur eine Zuständigkeit für politische und soziale Fragen. Auf diesem Felde hat er auch über die Debatten der Beratenden Versammlung hinaus eine eigene Aktivität entfaltet. Er hat seine Aufgabe darin gesehen, unter den Mitgliedern Abkommen über gemeinsame Fragen — soziale Sicherheit, Anerkennung von Schulzeugnissen und akademischen Qualifikationen, Auslieferung, Patente — zustandezubringen, die vor allem den gegenseitigen Austausch und die Zusammenarbeit der europäischen Staaten erleichtern.

Am Anfang einer langen Reihe solcher Abkommen steht die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Sie war dem Europarat, im Einklang mit jenen früheren Stellungnahmen der freien europäischen Bewegungen, vorgezeichnet durch Art. 2 seiner Satzung, der ihm als eine seiner Aufgaben die „Erhaltung und Förderung der Menschenrechte und Grundfreiheiten" zuwies. In ihrer ersten Zusammenkunft schritt die Versammlung des Europarates an die Ausführung dieser Bestimmung und nahm den Vorschlag ihres Ausschusses an, neben einer Konvention der menschlichen Rechte auch eine wirksame Sicherung in Gestalt einer Kommission und eines Gerichtshofes zu schaffen. Nach weiteren Arbeiten von Sachverständigen konnte die Konvention am 4. November 1950 in Rom unterzeichnet werden. Im Jahre 1951 passierte der Entwurf die Versammlung und den Ministerrat. Dabei wurden Wünsche auf eine gewisse Ergänzung laut, denen das ergänzende Protokoll vom 20. März 1952 entsprach, das noch in freilich sehr allgemeiner Fassung zusätzlich drei Punkte hinzufügte: einen Eigentumsschutz, die Hervorhebung des Elternrechts bei der Kindererziehung und die Verpflichtung der Mitgliedstaaten der Konvention, in regelmäßigen Abständen freie und geheime Wahlen für ihre gesetzgebende Versammlung abzuhalten. Die letzte Bestimmung sollte die Aufgabe haben, die natürliche Verbindung von Freiheitsrechten mit einer freien Verfassung deutlich zu machen, ohne die auch eine Garantie von Grundrechten bald ihre Bedeutung einbüßt. Die Konvention stellt gewisse Teile ihrer Bestimmung zur Entscheidung der Mitgliedstaaten. Nur bei deren ausdrücklicher Erklärung können Individuen und Gruppen aus dem betreffenden Land sich direkt an die Menschenrechts-kommission wenden, gilt die Zuständigkeit des Gerichtshofes auch für dieses Land und erstreckt sich die Konvention auf abhängige Besitzungen (Art. 25, 46, 63). Alle Staaten des Europarates — außer Frankreich, das der algerische Krieg zögern ließ — haben die Konvention und das Ergänzungsprotokoll ratifiziert. Die Konvention trat demgemäß am 3. September 1953 in Kraft. Nicht alle Staaten haben auch die Zuständigkeit des Gerichtshofs angenommen; Großbritannien hat im berechtigten Vertrauen auf seine eigene Gerichtsbarkeit diesen Schritt ebenso wie die skandinavischen Staaten, Griechenland und die Türkeit nicht getan.

9. Inhalt der Europäischen Menschenrechtskonvention In ihrer Anlage unterscheidet sich die europäische Vereinbarung nicht unerheblich von den im Rahmen der Vereinten Nationen entworfenen Dokumenten. Während dort die Tendenz schon in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 spürbar war, einen umfassenden Katalog von Rechten einschließlich sozialer Rechte und Verheißungen aufzustellen, eine Neigung, die sich noch kräftiger in den Entwürfen der beiden Menschenrechtskonventionen durchsetzte, hat der Europarat sich bewußt darauf beschränkt, die wirklich grundlegenden menschlichen Rechte zu sichern, hat diese Garantie aber dann rechtlich präzis und genau ausgestaltet Nicht nur der Kenner des Rechts wird verstehen, daß dieser Weg zwar der bescheidenere, aber der ungleich wirkungsvollere ist. So finden wir im Rahmen der Europäischen Konvention keine sozialen Grundrechte, sondern nur die grundlegenden liberalen Freiheitsrechte. Die einzige Ausnahme macht Art. 3 des Zusatzprotokolls, der den Staaten die Pflicht zur regelmäßigen Ab-haltung freier Wahlen auferlegt. Dieser Artikel begründet indes, wie die Kommission entschieden hat kein individuelles Beschwerderecht. In der Grundanlage ist die Konvention so aufgebaut, daß nicht nur die gewährleisteten Rechte, sondern alle zulässigen Beschränkungen dieser Grundrechte in den Text ausgenommen sind, so daß die Artikel eine Übersicht auch über die Ausnahmen von den Rechten geben sollen. Doch läßt Art. 15 der Konvention es zu, daß ein Vertragsstaat im Falle eines Krieges oder eines anderen öffentlichen Notstandes, der das Leben der Nation bedroht, die Verpflichtungen der Grundrechte einschränkt. Er darf dies aber nur in dem notwendigen Umfang und nur in der Form tun, daß er die geschehene Beschränkung alsbald dem Generalsekretär des Europarates mitteilt. Gewisse Sicherungen für den Schutz des Lebens und eines geregelten Strafverfahrens dürfen überhaupt nicht beschränkt werden.

Am Beginn der Konvention steht der Schutz von Leben und Gesundheit. Art. 2 garantiert den Schutz des Lebens, Art. 3 untersagt die Anwendung von Foltern und entwürdigender Behandlung, Art. 4 verbietet Sklaverei oder Dienstbarkeit. Dem schließt sich Art. 5 an, der Freiheit und Sicherheit der Person verbürgt. Er führt genau die Fälle auf, in denen eine Freiheitsbeschränkung (Strafhaft, Untersuchungshaft, Jugenderziehung usw.) zulässig ist. Diese Vorschrift hat zu mehreren der wichtigsten individuellen Beschwerden gegen unerlaubte Festhaltung Anlaß gegeben. Es folgen dann die Garantien eines ordnungsgemäßen Strafverfahrens, das Recht auf ein gehöriges öffentliches Verfahren (Art. 6) und die Anerkennung des Grundsatzes, daß niemand ohne vorgängige Aufstellung einer Strafnorm bestraft werden darf (nulla poena sine lege). Die letztere Vorschrift ist freilich in Art. 7 Abs. 2 dahin eingeschränkt für die Fälle, wo eine Person wegen Vergehen gegen die allgemeinen Grundsätze des Rechts bestraft werden soll. Hier wird auf die Nürnberger Verfahren angespielt. Im Hinblick auf die ausnahmslose Garantie des „Nulla poena" im Grundgesetz hat die Bundesrepublik zu diesem Art. 7 Abs. 2 einen Vorbehalt gemacht. Art. 6 hat in mehreren Verfahren eine Rolle gespielt, in denen verfahrensrechtliche Eigentümlichkeiten meist des deutschen und österreichischen Rechts (Vorabentscheid bei Verfassungsbeschwerden durch das Bundesverfassungsgericht, Sonderrevision ohne mündliche Anhörung der Parteien in Österreich) angegriffen wurden. Art. 8 schützt das private und familiäre Leben wie die Korrespondenz, Art. 9 Denk-und Gewissensfreiheit sowie die Freiheit der Religion. Art. 10 sichert die Meinungsfreiheit. Er spielte eine Rolle in dem in Belgien spielenden Fall de Becker, eines wegen Kollaboration im Kriege verurteilten Journalisten, dem lebenslanges Veröffentlichungsverbot auferlegt war. Nach Spruch der Kommission änderte Belgien das Gesetz dahin ab, daß nur mehr politische Veröffentlichungen untersagt blieben. Art. 11 schützt Versammlungs-und Vereinsfreiheit, Art. 12 das Recht, eine Ehe einzugehen. Im Zusatzprotokoll findet sich dann noch eine Zusicherung für das Eigentum, freilich nur im Rahmen der Gesetze, also ein recht formaler Schutz (Art. 1), sowie das Recht auf Erziehung und im Verband damit die Anerkennung des Rechts der Eltern, Erziehung und Unterricht ihrer Kinder entsprechend den Geboten ihrer Religion zu fordern. Mehrere Staaten haben bei Annahme der Konvention hiergegen einen Vorbehalt gemacht. Überblickt man die Gesamtheit dieser Freiheitsrechte, so umschließen sie den eigentlich fundamentalen Bereich des menschlichen Lebens. Daß der Eigentumsschutz verhältnismäßig blaß ausgefallen ist, entspricht der heutigen Tendenz der sozialistischen Anschauung in einer Reihe von Staaten. Im ganzen aber ist mit diesen Rechten der Umkreis der elementaren Sicherungen des menschlichen Lebens richtig umschrieben. Die Konvention ist durch deutsches Gesetz auch für die Bundesrepublik eingeführt und gilt hier mit dem Range eines Gesetzes. Eine Reihe von Entscheidungen deutscher Gerichte erkennen diese Geltung auch im innerstaatlichen Recht an Man hat die Ansicht geäußert, der Konvention müsse Verfassungsrang zukommen. Indes läßt sich diese These nicht ausreichend begründen Die Konvention stellt kein allgemeines Völkerrecht nach Art. 25 GG dar, mögen auch einzelne ihrer Sätze anerkannten Prinzipien aller Nationen entsprechen. Der Inhalt der Konvention ist aber kein allgemeines Völkerrecht. Die Bedeutung der Rechte der Konvention für die deutschen Verhältnisse ist übrigens auch, deshalb bescheiden, weil die Grundrechte des Grundgesetzes der Bundesrepublik in vielen Fällen über die Zusagen der Europäischen Abrede hinausgehen. Nur in seltenen Fällen kann man daher für deutsche Verhältnisse direkt auf die Konvention zurückgreifen.

10. Die Europäische Kommission für Menschenrechte und der Gerichtshof

Die große Bedeutung der Europäischen Menschenrechte liegt vor allem auch in der Tatsache, daß sie allein von allen internationalen Rechtsverbürgungen wirklich auf einen effektiven Schutz rechnen können. Für ihn ist in einem weitgezogenen Umfang die Kommission für Menschenrechte und in einem engeren Rahmen als dahinter geschaltete Instanz der Gerichtshof zuständig. Beide Einrichtungen sind in Straßburg ansässig. Die Kommission besteht aus ebensoviel Mitgliedern wie die Konvention Unterzeichner hat. Dasselbe gilt auch für den Gerichtshof, in dem auch diejenigen Staaten vertreten sind, die nicht seine Zuständigkeit angenommen haben. Für Deutschland sind derzeit in die Menschenrechts-kommission Staatsminister a. D. Süsterhenn, M. d. B., in den Gerichtshof Prof. Dr. Mosler, Heidelberg, berufen worden. Sie amtieren dort nicht als Vertreter des Staates, sondern als unabhängige Individuen.

Wer kann sich an die Kommission wenden? Zunächst steht sie jedem der Vertragsstaaten offen, der sich über Verletzungen durch einen anderen Staat beschweren kann. Sodann aber öffnet sie sich der Beschwerde von Individuen und Gruppen (sofern ein Staat diese Kompetenz nicht ausgeschlossen hat) 26). Auch ist die Beschwerde an gewisse Voraussetzungen gebunden. Niemand darf sich an die Kommission wenden, ehe er nicht alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe erschöpft hat (Grundsatz der Erschöpfung des Rechtszuges). Außerdem kann die Kommission anonyme und offensichtlich dem Mißbrauch dienende Beschwerden zurückweisen. Die Inanspruchnahme der Kommission mit diesen Individualbeschwerden ist eine sehr große gewesen. In den ersten sieben Jahren (1955— 61) der Tätigkeit der Kommission wurden ihr insgesamt 1 307 Individualbeschwerden vorgelegt. Davon kam der weitaus größte Teil aus Deutschland, nicht weil hier besondere Beeinträchtigungen zu beobachten sind, sondern weil hier offenbar das Verfahren bekannter und beliebter ist als anderwärts. Die Kommission hat indes mit Recht einen strengen Maßstab an die Beschwerden angelegt. Die allermeisten hat sie als unzulässig oder unbegründet verworfen. Nur in wenigen Fällen hat sie die Beschwerde für begründet erachtet. Ist dies der Fall, so legt die Kommission dem Ministerrat des Europarates, also einem politischen Organ, das hier aber in einer Art Rechtsprechungsfunktion wirkt, einen Bericht mit ihren recht-liehen Folgerungen vor. Dieser, nicht die Kommission, kann dann, wenn die Sache nicht dem Gerichtshof vorgelegt wird, die Feststellung treffen, daß die Konvention durch einen Staat verletzt worden ist. Im allgemeinen wirkt die Konvention schon durch ihre bloße Existenz. Die Staaten bemühen sich, es nicht auf eine für sie ungünstige Entscheidung ankommen zu lassen. So haben wohl zwei Beschwerden aus Zypern, die von Griechenland gegen England eingelegt waren, vielleicht den Abschluß des Cypernvertrages und die Gewährung der Selbständigkeit eher beschleunigt. In dieser Möglichkeit, auch Fälle mit politischem Einschlag vorzulegen, liegt andererseits auch eine gewisse Gefahr für die Einrichtung, vor allem dann, wenn ein Staat sich zum Träger des Beschwerderechts macht. Sie läßt sich aber nicht vermeiden, und die Unabhängigkeit und hohe Gewissenhaftigkeit der bisherigen Spruch-praxis der Kommission, des Ministerrates wie des Gerichts haben diese Gefahr bisher bannen können. Der Ministerrat hat, wenn er eine Verletzung der Konvention feststellt, keine Sanktion zur Verfügung. Er kann nur eine Frist zur Beseitigung des Anstands setzen. Nur ein recht wirksames Mittel steht ihm zur Seite. Läßt der betroffene Staat die Frist verstreichen, ohne Abhilfe zu schaffen, so veröffentlicht der Ministerrat seinen Bericht. Eine solche Bloßstellung werden die Staaten scheuen.

Der Weg zum Gerichtshof ist enger begrenzt. Ihn können Individuen nicht mehr beschreiten. Nur Staaten oder die Kommission dürfen das Gericht anrufen, unter der Voraussetzung, daß sämtliche beteiligte Staaten die Zuständigkeit des Gerichts angenommen haben oder für den betreffenden Fall annehmen. Die Individualpartei ist an dem Gerichtsverfahren nicht beteiligt. Doch hat das Gericht Mittel gefunden, um indirekt die von Einzelpersonen eingereichten Ausführungen doch in den Prozeß einzuführen. Ebensowenig wie die Kommission, kann das Gericht von sich aus dem Vertrag widersprechende Maßnahmen der Mitgliedstaaten beseitigen. Es kann diesen nur aufgeben, ihr Recht den Verpflichtungen der Konvention anzupassen.

Die wenigen Streitsachen, die bisher bis zum Gericht gelangt sind, haben alle berechtigte Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der erste Fall, die Internierung eines irischen Nationalisten in einem Lager, um ihn von seinen Absichten, in Nordirland Bomben zu legen, abzuhalten, betraf die Frage, ob Irland zu Recht sich während einer Periode der Spannung, die aus solchen Attentaten erwachsen war, auf einen Notstand berufen konnte. Das Gericht bejahte die Frage und damit die Zulässigkeit einer zeitweiligen Internierung des Beschwerdeführers. In einem anderen Fall geht es um die Wahrung der Forderung auf ein ordnungsgemäßes Strafverfahren in einem in Südtirol wegen Totschlags an einem italienischen Beamten geführten Prozeß.

Auch unter den Beschwerden, die schon von der Kommission abgewiesen wurden, befanden sich eine Anzahl bedeutsamer und interessanter Fälle. So mag die Beschwerde zweier Mitglieder der Kommunistischen Partei aus der Bundesrepublik erwähnt sein, die sich an die Europäische Kommission für Menschenrechte nach dem Verbot der Partei wegen Verletzung der Gewissensfreiheit, der Meinungsfreiheit sowie des Vereins-und Versammlungsrechts wandten. Die Beschwerde wurde zurückgewiesen, weil sich die Kommission auf Art. 17 der Konvention stützte, der ausdrücklich sowohl den Staaten wie auch den Individuen und Gruppen eine Anwendung der Vereinbarung, die die Rechte und Freiheiten zerstören würde, untersagt. Hier wandte sich diese Mißbrauchsklausel gegen die Beschwerdeführer. Die Kommission nahm den Standpunkt ein, daß das deutsche Grundgesetz, das das Verbot verfassungsfeindlicher Parteien zuläßt (Art. 21 GG), mit Art. 17 übereinstimmt; die Absicht, totalitären Bewegungen die Zerstörung der Freiheiten zu versagen, dient dem Schutz freiheitlicher Einrichtungen

Ausblick

Ebenso wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die Entwürfe zu universalen Abmachungen über Menschenrechte im Schoße der Vereinten Nationen, so kommt auch der Europäischen Menschenrechtskonvention eine nicht unbedeutende Ausstrahlungskraft zu. Sie wird nicht nur in vielen der Mitgliedstaaten bereits unmittelbar von der Rechtsprechung ihrer Gerichte angewendet. Eine Reihe von neu entstandenen Staaten haben die Konvention zum Vorbild der eigenen Verfassungsgebung verwendet. So hat sich die Verfassung von Cypern sehr eng an die europäischen Formulierungen der Grundrechte angeschlossen. Im gleichen Jahr 1960 hat auch die Verfassung von Nigeria Teile der Regelungen übernommen. Vor allem aber wirkt das europäische Beispiel als Anregung, auch in anderen Regionen zu einer Verstärkung des Schutzes der Menschenrechte durch Einrichtung von Organen der Überwachung und Rechtsprechung zu gelangen. Besonders im Kreise der amerikanischen Staaten und ihrer Organisation werden solche Gedanken heute erwogen. Aber damit ist die Bedeutung dieses Werkes nicht erschöpft. In der heutigen Welt, in der die großen politischen und sozialen Veränderungen viel eher die Gefahr mit sich bringen, daß die aus ihnen entspringenden politischen Ziele den Rechten des einzelnen vorangesetzt werden, ja, daß aus einer stürmischen Entwicklung sich zwischen Gruppen der Bevölkerung Spannungen ergeben können, die nicht selten zu Beeinträchtigungen von Individuen und Gruppen führen, ist es von größter Bedeutung, daß in Europa, dem Ursprungsfeld der Menschenrechte, ihre Sicherung eindrucksvoll gewährleistet wird. Von da aus strahlt auch diese Tatsache wieder auf andere Teile der Welt aus, nicht zuletzt auf die Länder des kommunistischen Blocks, in denen die menschlichen Grundfreiheiten noch in weitem Umfang keine tatsächliche Beachtung finden. Nicht wenige der und Afrikas Staaten neu entstandenen Asiens haben es schwierig gefunden, in ihrer im raschen sozialen Umbruch befindlichen Gesellschaft die vom Westen kommenden Formen der demokratischen Staatsführung voll anzunehmen und sind zu einer Form strafferer

Regierungsführung, nicht selten in der Form einer Einparteienherrschaft, übergegangen. Gerade dann aber ist es von größter Bedeutung, daß in diesen Ländern die menschlichen Grundfreiheiten bestehen bleiben und respektiert werden. Wenn sich heute allmählich eine langsame Annäherung des Rechtsdenkens über die ganze Welt hin geltend macht, wenn man nach gemeinsamen Vorstellungen und Werten sucht, die von allen Völkern anerkannt werden können, so sind es die menschlichen Grundfreiheiten, die hier an erster Stelle stehen. In ihnen verkörpert sich nicht nur eine lange Rechtstradition und eine Menschlichkeit, die im Umkreis der europäischen Welt ausgewachsen ist, sie bekennen sich zu Wertgrundlagen, die jeder Rechtsordnung immanent sind, die nach Menschlichkeit und Gerechtigkeit strebt. Der Schutz der Menschenrechte ist daher eine Aufgabe, die sich allen Völkern in der Welt stellt und die sie wiederum auch miteinander vereinigen und verbinden kann. Sie ist aber auch in den Ländern der europäischen Überlieferung stets eine wichtige und aktuelle Aufgabe. Zu allen Zeiten können politische Strömungen auftreten, die diesen Bereich individueller Freiheit und Rechtssicherheit beeinträchtigen. Darum ist es von hoher Bedeutung, wenn im Rahmen des internationalen Schutzes der Freiheiten Garantien für ihren Bestand auch über den Grenzbereich des einzelnen Staates hinaus geschaffen werden.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Eine lebendige Darlegung des Wandels in der Stellung des Einzelmenschen im Völkerrecht bei Georg Dahm. Die Stellung des Menschen im Völker-recht unserer Zeit. 1961.

  2. Zur Idee eines internationalen Ethos Max Huber, Die Friedens-Warte 53 (1956), S 305 ff.; D. Schindler jr., Völkerrecht und Zivilisation, Schweiz. Jb. f. intern. Recht 13 (1957), S. 79 ff.; Georg Schwarzenberger, The Fiontiers of International Law, 1962, S. 65 ff.

  3. Vgl. zu diesem Problem B. V. A. Röling, International Law in an Expanded World, Amsterdam 1960.

  4. Zu dieser unmittelbaren Verbindung zwischen Individuum und dem Recht der Nationen bei Grotius und in Resten bei Vattel siehe Peter P. Remec, The Position of the Individual in International Law according to Grotius and Vattel, 1960, S. 27 f., 103, 175 f.

  5. So noch Vattel. Le droit des gens 1758, Prliminaires § 9 3— 10.

  6. Siehe Röling a. a. O., S. 17 ff., 26 ff.

  7. Zum Ursprung der Menschenrechte jetzt J. Bohatec, England und die Geschichte der Menschen-und Bürgerrechte, 1956.

  8. Zur humanitären Intervention siehe Dahm, Völkerrecht, Bd. 1 (1958), S. 420 f.

  9. über den völkerrechtlichen „Mindeststandard" des Fremden siehe D. Schindler jr., Gleichberechtigung von Individuen als Problem des Völkerrechts, Zürich 1957, S. 28 ff.; K. Doehring, Die allgemeinen Regeln des völkerrechtlichen Fremdenrechts und das deutsche Verfassungsrecht, 1963, S. 68 ff.

  10. Der Brief Clemenceaus bei H. Kraus, Das Recht der Minderheiten, 1927, S. 43 ff. Die Minderheitenverträge hat Carl Georg Brun (Gesammelte Schriften zur Minderheitsfrage, 1933, S. 30) treffend gekennzeichnet: „Wir dürfen somit den völkerrechtlichen Zweck der Minderheitenvertrage folgendermaßen bestimmen: Sicherstellung gewisser allgemeiner Grundsätze der europäisch-abendländischen Rechtsordnung gegen die destruktiven Tendenzen des Nationalitätenkampfes.“

  11. Text im Annuaire de l'Institut de Droit International, 1929, II, S. 298 ff. Zur ganzen Entwicklung nach 1918 siehe Mandelstam, Recueil des Cours de l’Academie de la Haye 38 (1931 IV), S. 142 f.: E. Hamburger, Recueil, Bd. 97 (1959 II), S. 378 ff.

  12. Zur Verbindlichkeitsform dieser Erklärung siehe N Robinson, The Universal Declaration of Human Rights, 1958, S 33 ff.; H. Guradze, Der Stand der Menschenrechte im Völkerrecht, 1955, S. 157 ff.

  13. Zur Arbeit an den beiden Konventionen siehe M Moskowitz, Human Rights and World Order, London 1959; E. Friesenhahn, Art. Menschenrechte in Strupp-Schlochauer, Wörterbuch d Völkerrechts, Bd 2 (1961). S 514 f

  14. Urteile des Internationalen Gerichtshofs vom 30. 3. und 18. 7. 1950 (ICJ Reports 1950, S. 65, 221).

  15. Die Bundesrepublik ist dem Genocidabkommen durch Gesetz vom 9. 8. 1954 beigetreten.

  16. Das von den Vereinten Nationen herausgegebene Yearbook on Human Rights gibt neben Hinweis auf die Tätigkeit der UN einen Überblick auch über solche Ausstrahlungen, wie Berichte der Regierungen über die heimische Entwicklung des Grundrechtsschutzes.

  17. Es ist ein Verdienst von Meyer-Lindenberg, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 4 (1962), S. 84 ff., 106 ff., die Frage einer gewohnheitsrechtlichen Geltung — dort für die Menschenrechte des Europarates — erneut grundsätzlich gestellt zu haben In dem oben bezeichneten eingeschränkten Umfang wird man eine solche Entwicklung annehmen können

  18. Zur amerikanischen Entwicklung siehe H. Meyer-Lindenberg, Der internationale Schutz der Menschenrechte in Amerika, Europa-Archiv, 1960, S. 253 ff.

  19. Vgl.den Wortlaut der Rede Churchills in: Europa. Dokumente zur Frage der Europäischen Einigung, herausg. vom Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik, Dokumente und Berichte Bd. 17. Drei Bände 1962, Bd. 1, S. 113 ff. Das Hertensteiner Programm dort S. 115 f. Ähnliche Beschlüsse faßte der Kongreß der Union Europäischer Föderalisten in Rom, November 1948 (vgl. dort Bd. 1, S. 129).

  20. Europa. Dokumente a. a. O., Bd. 1, S. 152.

  21. Vgl. über die Abkommen des Europarates A. H. Robertson, The Council of Europe, 2. Ausl. 1961, S. 25 ff. (Liste der Abkommen dort S. 32). Zum Recht des Europarates allgemein K. Carstens, Das Recht des Europarates, Berlin 1956.

  22. über die Menschenrechtskonvention siehe Wiebringhaus, Die Rom-Konvention für Menschenrechte in der Praxis der Straßburger Menschenrechtskommission, Saarbrücken 1959; E. Friesenhahn, Der internationale Schutz der Menschenrechte, Uelzen 1960; H. Golsong, Das Rechtsschutzsystem der Europäischen Menschenrechtskonvention, Karlsruhe 1958; Gordon Lee Weil, The European Convention on Human Rights (College de Bruges), Leyden 1963. Die Entscheidungen der Kommission und des Gerichtshofs werden amtlich veröffentlicht im Yearbook of the European Convention on Human Rights, Bd 1— 4 (1955— 61), Haag.

  23. Siehe Entscheidung der Kommission No. 530/59 und 1065/61 (Yearbook 1961 S. 268).

  24. Einen Überblick über die deutsche Rechtsprechung gibt Golsong a. a. O., S. 9 ff. Vgl. ferner Echterhölter, Juristenzeitung 1955 S. 689 ff.

  25. Anders steht es dagegen in Österreich, wo die Konvention den Rang eines Verfassungsgesetzes hat. Vgl. Ermacora, Die Menschenrechtskonvention als Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung, Juristische Blätter 1959, S. 396 ff.; Pfeifer, Die rechtliche Bedeutung der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Österreich, Juristische Blätter 1958, S. 599 ff.

  26. Beschwerde 270/57, Yearbook Bd. 1 S. 222.

Weitere Inhalte

Ulrich Scheuner, Dr. jur., o. Universitätsprofessor für Staats-und Völkerrecht, Direktor des Instituts für Völkerrecht an der Universität Bonn, geb. 24. Dezember 1903 in Düsseldorf.