Bundesarchiv Koblenz Nachlaß Haeften, H 08 — 35/3 Hindenburg an den Chef des Militärkabinetts Generaloberst von Lyncker (Abschrift)
Vertraulich! H. Qu. Posen, 10. Januar 15 Euer Exzellenz als dem Vortragenden General-Adjutanten Seiner Majestät beehre ich mich ergebenst, Nachstehendes mitzuteilen:
Im Kreise der Armee macht sich seit einiger Zeit eine gewisse Mißstimmung über die Leitung der Operationen durch den Generalleutnant von Falkenhayn fühlbar. Man ist der Ansicht, daß die Vereinigung der beiden Ämter des Kriegsministers und des Chefs des Geneialstabes die Arbeitskraft eines Mannes, und sei er noch so bedeutend, übersteigen müssen. Die geringen Erfolge des Westens, besonders die vor Ypern ohne greifbares Ergebnis erlittenen großen Verluste, werden diesem Umstand zur Last gelegt.
Ich halte es in dieser ernsten Zeit für bedenklich, wenn in der Armee ein derartiger Mangel an Vertrauen in die Führung Platz greift und erblicke daher eine heilige Pflicht gegen Kaiser, König und Vaterland darin, Vorstehendes auszusprechen. Wollte ich als der durch die Gnade Seiner Majestät rangälteste Führer in der Armee Euerer Exzellenz sichtlicher Unkenntnis der Dinge gegenüber schweigen, so könnte später mit Recht gegen mich ein schwerer Vorwurf erhoben werden.
gez. von Hindenburg Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber der gesamten Streitkräfte im Osten