Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Hitlers Erfolg. Rückblick nach 30 Jahren | APuZ 5/1963 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 5/1963 Machtergreifung und Kontinuität des Imperalismus Gedanken zum 30. Januar Zum Problem der historischen Wurzeln des Nationalsozialismus Hitlers Erfolg. Rückblick nach 30 Jahren Der Nationalsozialismus in amerikanischer und englischer Sicht

Hitlers Erfolg. Rückblick nach 30 Jahren

John L. Snell

Vor dreißig Jahren dröhnte der Marschsdiritt von hunderttausenden von SA-Männern durch Deutschland. Am 30. Januar 1933 wurde ihr Führer Adolf Hitler Reichskanzler. Noch immer fragt sich die Welt warum.

Könnte das — da etwas von Hitler in uns allen steckt — auch anderswo geschehen? Könnte es in Deutschland wieder geschehen? Trifft es zu, daß, wie Chruschtschow behauptet, der Neonazismus und der deutsche Militarismus erneut im Aufsteigen begriffen sind? Diese letztlich auf die Fragen führen alle größere Frage zurück: Warum haben die Deutschen es zugelassen, daß Hitler im Jahre 1933 an die Macht kam?

Nationalcharakter des Der deutschen Volkes ist oft als Hauptgrund für den Erfolg der Nationalsozialisten angeführt worden. Diese Erklärung behauptet, daß der Deutsche, von der Geschichte und der geographischen Lage seines Landes geprägt, heute — wie eh und je — autoritätsgläubig, kriegerisch und intolerant sei. Wenn diese Antwort Hitlers Erfolg voll und ganz erklärt, so enthält sie eine unüberhörbare Warnung für die Gegenwart.

Diese Erklärung für den nationalsozialistischen Aufstieg zur Macht im Jahre 1933 weist auf die rein deutschen Wurzeln von Hitlers Erfolg hin. Martin Luthers Rechtfertigung der Obrigkeit im 16. Jahrhundert, Hegels philosophische Verteidigung des preußischen Staates um 1800 und Nietzsches Wort von der „blonden Bestie" und vom als Beweise „Übermenschen" werden für autoritäre die Rassen die Tradition und -verherrlichung, denen der deutsche Geist angeblich huldigte, angeführt. Die Machtstellung des Militärs im modernen Deutschland, besonders in Preußen, wird als weiterer Beweis angesehen. Auch wird auf die „Blut-und-Eisen“ -Methoden Bismarcks bei der Einigung Deutschlands und auf die Bewunderung hingewiesen, die ihm das deutsche Volk gezollt habe. Die Entwicklung des politischen Antisemitismus in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts und seine Unterstützung durch den großen Komponisten Richard Wagner bekräftigen diese These, daß die Deutschen „reif für den Nationalsozialismus" waren, lange bevor Hitler auf der Bildfläche erschien — und daß sie für einen Hitler immer reif sein werden.

Durch diese Auffassung wird hervorgehoben, daß Demokratie und Republikanismus vor dem Ersten Weltkrieg in Deutschland niemals Ansehen genossen, daß sie 1918 und nach 1945 lediglich durch das Eingreifen der westlichen Demokratien künstlich eingeführt wurden und niemals die echte Zuneigung des deutschen Volkes erlangten. Damit wird der Standpunkt vertreten, daß der Erfolg der Nationalsozialisten im Jahre 1933 leicht und selbstverständlich errungen wurde und daß dies durchaus wieder geschehen könne.

Die Nationalsozialisten haben dieses Argument selbst angeführt in dem Versuch, den deutschen Wähler davon zu überzeugen, daß das, was Hitler anzubieten hatte, den Deutschen not tue und im Interesse ihres Landes liege. Während des Zweiten Weltkrieges lieferte diese Auslegung auch den westlichen Alliierten nützliches Propagandamaterial. Darüber hinaus veranlaßte sie Roosevelt und Churchill — und erleichterte es Stalin — schon während des Krieges sehr scharfe Maßnahmen gegen Deutschland nach Beendigung des Konfliktes ins Auge zu fassen. Außerdem wird diese Auffassung von kommunistischen Propagandisten mit großem Nachdruck vorgebracht, um die Aufrechterhaltung der Teilung Deutschlands zu rechtfertigen.

Aber nicht nur die kommunistischen Gegner Deutschlands führen dieses Argument ins Feld. Viele Nichtkommunisten und sogar Antikommunisten bekennnen sich ebenfalls dazu. In seinem amerikanischen Bestseller des Jahres 1960 The Rise and Fall ot the Third Reich (Aufstieg und Fall des Dritten Reiches) erklärt William L. Shirer damit Hitlers Erfolg.

Dieser Standpunkt ist nicht nur von den Deutschen, sondern auch von vielen Historikern außerhalb Deutschlands angegriffen worden. Professor Klaus Epstein von der Brown University und Professor Henry Cord Meyer vom Pomona College zählen zu den amerikanischen Wissenschaftlern, dieShirersTheseinFrage stellen. Es ist in der Tat so, daß die deutsche Tradition demokratische ebenso wie autoritäre Richtungen enthält. Luther setzte sich nicht nur für die Staatsgewalt, sondern auch für den religiösen Widerstand gegen eine allgewaltige Kirche und für den politischen Widerstand gegen den Kaiser ein. Nietzsche bewunderte die französische „Civilisation" mehr als die deutsche Kultur und verabscheute den Antisemitismus. Deutschland hat lange vor Adenauer mutige und kluge Demokraten hervorgebracht, denen es gelang, Anhänger zu gewinnen. Im Jahre 1848 versuchten sie, durch Revolution eine dem Volke verantwortliche Regierung zu schaffen. Sie kämpften gegen Antisemitismus und Militarismus und setzen sich für das gleiche Wahlrecht für alle ein; während der ersten zehn Jahre dieses Jahrhunderts nahm der Kreis ihrer Anhänger rasch ab. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg stimmte das deutsche Volk mit großer Mehrheit für die Errichtung einer demokratischen Republik, die dann auch im Jahre 1919 tatsächlich als die „Weimarer Republik" geschaffen wurde. — Diese Auslegung von Htlers Erfolg ist nicht völlig befriedigend.

Eine weitere häufig angeführte Erklärung sucht die Ursachen in den harten Bedingungen des Versailler Vertrages, der Deutschland am Ende des Ersten Weltkrieges von den Siegermächten aufgezwungen wurde.

Der Versailler Vertrag nahm Deutschland alle Kolonien und verteilte ein Zehntel seines Gebietes und einen hohen Prozentsatz seiner industriellen Hilfsquellen an seine europäischen Nachbarn. Er beließ ihm nur eine kleine Wehrmacht, während das siegreiche Frankreich ein großes Heer unterhielt. Der Vertrag forderte, daß Deutschland gewaltige Geldsummen oder den gleichen Wert in Waren als „Reparationen" an die europäischen Sieger zahle mit der Begründung, Deutschland und seine Verbündeten seien am Kriege allein schuld. Deutsche aller Parteien — und einige Nichtdeutsche — behaupteten, diese Forderungen seien ungerecht und unvernünftig. Deutsche demokratische Republikaner wiesen darauf hin, daß die neue deutsche Republik bestraft würde für die Fehler, die die kaiserliche Regierung begangen habe.

Viele nichtdeutsche Historiker sind der Meinung, daß die deutschen Klagen über den Versailler Vertrag zumindest teilweise berechtigt waren. Fast keiner von ihnen behauptet heute, wie es damals im Vertrag geschah, Deutschland und seine Verbündeten seien auschließlieh schuld am Ersten Weltkrieg. Die Historiker stimmen darin überein, daß der Versailler Vertrag dazu beitrug, die demokratische Republik in Deutschland während der zwanziger Jahre in Mißkredit zu bringen und den Nationalsozialisten eine ausgezeichnete Propagandawaffe gegen die Republik in die Hand zu geben. Die Nationalsozialisten behaupteten, die führenden republikanischen Politiker hätten Deutschland durch die Unterzeichnung des Vertrages verraten.

Durch den Versailler Vertrag erhielt der Nationalismus in Deutschland in einem bisher nie gekannten Maße Auftrieb. Aus dem Groll, den er im deutschen Volk gegen die Westmächte hervorrief, schlugen die Nazis Kapital. Sie bezeichneten den Vertrag als Beweis dafür, daß Deutschland von feindlichen Mächten umgeben sei und nur durch die Wiederaufrüstung unter einem starken Führer wieder zur Macht und Ansehen gelangen könne. Im Jahre 1933 war jedoch der Vertrag bereits stark modifiziert worden. Die militärische Besetzung Deutschlands war fünf Jahre früher als vorgesehen beendet und die Reparationsschuld schon 1932 gestrichen worden. Der Groll gegen Versailles bietet also auch keine genügende Erklärung für den Erfolg des Nationalsozialismus im Jahre 1933. . . .

Hitlers Persönlichkeit, seine Führereigenschaften und seine geschickte Propaganda werden häufig als weitere wesentliche Faktoren zur Erklärung des Erfolges der NSDAP angeführt. Zweifellos hatte der Mann unvergleichliche propagandistische Gaben. In stundenlangen Schmähreden gegen den Versailler Vertrag, gegen die republikanischen Politiker, den internationalen Kommunismus, die internationale Finanzwelt und das internationale Judentum verstand Hitler es, die politischen Gefühle anzusprechen, die nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland am stärksten waren: ein allgemein verbreitetes Gefühl nationalen Verfolgt-seins und nationaler Unsicherheit. Neben einfachen Erklärungen für die mißliche Lage ihres Vaterlandes hielt Hitler den Deutschen eine übersteigerte Vision der Stellung vor Augen, die Deutschland eigentlich einnehmen müßte. Den deutschen Minderwertigkeitskomplex besänftigte er, indem er betonte, daß die Deutschen in Wirklichkeit eine besondere und höhere Rasse darstellten. Er drängte sie, der Gefahr des Kommunismus durch die Schaffung eines Polizeistaates und eines weitausgedehnten Reiches in Mitteleuropa zu begegnen. Die. wirtschaftlichen Probleme und die Überbevölkerung müßten durch die Gewinnung neuen Lebensraumes in Osteuropa gelöst werden.

Nicht nur durch das, was Hitler sagte, sondern auch durch die Art und Weise, wie er es sagte, erwies er sich als Meisterdemagoge. Seine Reden begannen in einer normalen Stimmlage, steigerten sich zu einem emotionalen Höhepunkt, wie nur Wahnsinnige ihn zu erreichen vermögen, kehrte zur Vernuft zurück, um sich erneut in hysterischen Crescendi zu ergehen. Er spielte auf den Gefühlen der Deutschen wie ein großer Geigenvirtuose, der es versteht, das letzte aus einem empfindsamen Instrument herauszuholen. Die sorgfältig inszenierten Massenkundgebungen mit leuchtend roten Fahnen, uniformierten SA-Leuten und Militärmusik verstärkten den Eindruck, den Hitlers Appelle an das deutsche Volk machten. Und doch waren 1928, acht Jahre nachdem Hitler an die Spitze der Bewegung getreten war, er und seine Bewegung gescheitert; das deutsche Volk lehnte sie mit großer Mehrheit ab. Bei den Wahlen von 1928, als sich die Weimarer Republik auf ihrem Höhepunkt befand, konnte die NSDAP nur weniger als 3v. H.der abgegebenen Stimmen erringen. Von 491 Sitzen im Reichstag erhielt die Partei nur 12. Bei einer verhältnismässig erfolgreichen republikanischen Außenpolitik und einer günstigen Wirtschaftslage unterstützte die Mehrzahl der deutschen Wähler die demokratisch-republikanischen Parteien.

Diese Tatsache deutet darauf hin, daß allen bisher erwähnten Erklärungen für den Erfolg der Nationalsozialisten noch etwas fehlt, denn die drei Faktoren, auf die sie hinweisen, waren 1928 bereits vorhanden: die geschichtliche Entwicklung Deutschlands und der angeblich unveränderliche Nationalcharakter, der Versailler Vertrag, und Hitlers Persönlichkeit und Führereigenschaften. Trotzdem brachten sie der NSDAP im Jahre 1928 keinen Erfolg und können deshalb keine genügende Erklärung für ihren Durchbruch im Jahre 1933 sein.

Dennoch standen, wie wir heute wissen, Hitler und die Nazis damals dicht vor dem Siege. Auf Grund der Wahlen von 1930 entsandte die NSDAP nicht 12, sondern 107 Abgeordnete in den Reichstag. Im Jahre 1932 stieg diese Zahl auf 230; die Nazis hatten 37 v. H.der Stimmen errungen. Hitler war der Führer der größten Partei Deutschlands. Am 30. Januar 1933 überwand der greise Reichspräsident Generalfeldmarschall von Hindenburg seine Abneigung gegen Adolf Hitler und ernannte ihn zum Chef der deutschen Regierung.

Hindenburg begriff nicht, daß er damit den Weg für eine nationalsozialistische Diktatur freigab. Aber sechs Monate später hatte Hitler die Grundrechte abgeschafft, alle politischen Parteien außer seiner eigenen unterdrückt und begann nun, die Konzentrationslager nicht nur mit kommunistischen, sondern auch mit demokratischen politischen Gegnern zu füllen.

Etwas einschneidendes war seit 1928 geschehen, was diese Entwicklung möglich machte. Im Jahre 1930 hatte das Land die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zu spüren bekommen, die dazu führte, daß 1932 ein Zehntel der Bevölkerung — also sechs Millionen Menschen — arbeitslos war. Hier haben wir den vierten Faktor, der mehr als irgendein anderer Hitler und den Nationalsozialisten die Stimmen der deutschen Wähler einbrachte und es ihnen im Januar 1933 ermöglichte, die Regierung zu bilden.

Die Wirtschaftskrise hatte zu einer verzweifelten und nicht von der Vernuft gesteuerten Haltung des deutschen Volkes in seinem wirtschaftlichen und politischen Denken geführt. Millionen, die noch 1928 die demokratische Republik unterstützt hatten, hielten sie nunmehr für unfähig, der Wirtschaftskrise Herr zu werden. Deutsche, die 1928 noch über Hitler gelacht hatten, sahen jetzt in ihm einen Propheten und Retter in der Not. Die religiösen Grundüberzeugungen, die das Volk zum geduldigen Ausharren während einer Zeit des Leidens befähigt hätten, waren durch den wachsenden Materialismus zerstört worden. Adlige Großgrundbesitzer und kleine Bauern, denen der Verlust ihres Besitzes durch Bankrott drohte, klammerten sich an das Versprechen der Nazis, Hitler werde ihre Interessen schützen. Während der Wirtschaftskrise hatte der Kommunismus in Deutschland zugenommen; Industrielle, Bankiers und kleine Geschäftsleute, die ihn fürchteten und die am Rande des Zusammenbruchs standen, wandten sich Hitler zu in der Hoffnung, ihn in Schach halten zu können. Generäle des deutschen Heeres, die Bürgerkrieg und Invasion fürchteten oder glaubten, Hitler beherrschen und dazu benutzen zu können, wieder ein starkes Heer aufzubauen, hatten nichts gegen seine Ernennung zum Reichskanzler einzuwenden. Deutsche Sozialisten und Kommunisten, ja sogar manche Juden waren überzeugt, daß die Verantwortung ihn zur Mäßigung zwingen werde oder daß er vollständig scheitern werde. Die Kommunisten glaubten, daß sie von einem völligen Versagen Hitlers profitieren würden. Die demokratischen Gewerkschaften, die die Nazis in besseren Zeiten mit dem Mittel eines Generalstreiks bekämpft hätten, waren durch die Wirtschaftskrise gelähmt. Wer würde schon streiken, wenn sechs Millionen Arbeitslose bereit waren, die Werkzeuge in die Hand zu nehmen, die andere niederlegten?

Wenn auch eine solide Mehrheit des deutschen Volkes immer noch nicht für die NSDAP stimmte (37 v. H. war der höchste Erfolg in einer freien Wahl), so waren doch während der Wirtschaftskrise genügend Menschen bereit, sich Hitler zuzuwenden, um ihn ins Amt zu bringen. Er und seine rücksichtslosen Anhänger verstanden es, die einmal errungene Macht festzuhalten und sie in Tyrannei zu verwandeln. Es scheint also, daß komplizierte Erklärungen für Hitlers Aufstieg beiseitegeschoben werden können zugunsten einer einfachen: Die Wirtschaftskrise hat Hitler an die Macht gebracht.

Einfache Antworten liefern nur selten befriedigende Erklärungen für große historische Ereignisse. Das trifft auch in diesem Fall zu. In den Vereinigten Staaten und in Deutschland war im Jahre 1932 ein gleich hoher Teil der Bevölkerung arbeitslos. Auch England spürte den kalten Griff der Wirtschaftskrise in den Jahren 1932/33. Aber weder in England noch in den Vereinigten Staaten konnte ein Hitler oder eine der nationalsozialistischen entsprechende Bewegung im Volke an Boden gewinnen.

Darauf könnnte man antworten, daß in keinem der beiden Länder ein Hitler zur Hand gewesen sei, daß weder England noch Amerika im ersten Weltkrieg besiegt oder von einem Versailler Vertrag bedrückt gewesen seien und daß keines der beiden Länder auf eine lange Tradition des Militarismus und einer nicht-demokratischen Regierungsform zurückblickte. Es zeigt sich also, daß keine der vier Haupt-erklärungen für den nationalistischen Sieg in Deutschland im Jahre 1933 außer acht gelassen werden kann. Ohne die Wirtschaftskrise wäre eine radikale Veränderung nicht gefordert worden. Als sie aber gefordert wurde, verbanden sich die historische Entwicklung Deutschlands, der nationalistische Groll gegen den Versailler Vertrag und Hitlers einmalige Talente, um den Sieg der Nazis über die Demokratie in Deutschland zu ermöglichen.

Dieser Sieg ging zwar zum Teil auf Verhältnisse zurück, die tief in Charakter und Geschichte der Deutschen wurzelten; hauptsächlich aber beruhte er auf den besonderen Verhältnissen der Zeit von 1918 bis 1933. Die Schuld trägt zum Teil das deutsche Volk und zum Teil die allgemeine Weltlage. Kurzum, der Durchbruch des Nationalsozialismus war Deutschlands Schicksal und Schuld zugleich. Ohne die Weltwirtschaftskrise hätte es wahrscheinlich keine nationalsozialistische Revolution gegeben.

Es gibt keine Garantie dafür, daß so etwas in Deutschland oder in irgendeinem anderen Lande nicht wieder geschieht. Aber es muß nicht geschehen. Daß es in Deutschland geschah und das deutsche Volk in den Ruin stürzte ist die beste Garantie von der deutschen Seite her, daß sich etwas ähnliches dort nicht wieder ereignen wird. „Gebranntes Kind scheut das Feuer." Die beste Garantie vom Westen her, daß so etwas in Deutschland nicht wieder geschieht, ist die Aufrechterhaltung und Fortsetzung der engen freundschaftlichen Verbindungen, die seit dem zweiten Weltkriege zwischen der Bundesrepublik und den westlichen Demokratien geknüpft worden sind. Solange sich Westdeutschland — durch eigene Bemühungen und in Verbundenheit mit den westlichen Demokratien — militärisch sicher fühlt, wirtschaftlich gedeiht, die demokratischen Kräfte im Volke unterstützt und den unverbesserlichen Antidemokraten mit Kritik begegnet, kann die Demokratie in der Bundesrepublik wachsen. Autoritäre Persönlichkeiten gibt es natürlich in allen Ländern und in Deutschland wahrscheinlich mehr als in den Vereinigten Staaten. Solche Menschen gedeihen in allen Völkern am besten auf dem Boden der Verzweiflung. Ob also Westdeutschland demokratisch bleibt, ob sich die Ereignisse von 1933 wiederholen oder etwas ebenso schlimmes im Namen des Kommunismus geschieht, hängt nicht nur von den Deutschen ab. Daß es nicht nur von Chruschtschows Launen abhängt liegt auf der Hand. Es hängt auch ab von der Stärke des Westens auf wirtschaftlichem und militärischem Gebiet, von der Politik der westlichen Regierungen und von der Vernunft der Völker — ob deutsche oder nichtdeutsche — der westlichen Welt.

Fussnoten

Weitere Inhalte

John L. Snell, Professor of History, Tulane University, New Orleans, Louisiana.