Einleitung
Die österreichische Ost-und Südosteuropa-Forschung kann sich einer langen Vorgeschichte und glänzender Namen rühmen. Auf eine alte und ehrwürdige Tradition können vor allem die beiden zentralen Disziplinen dieses Lehrund Forschungszweiges zurückblicken, die auch heute als Grundlagen jeder weitergehenden Ost-Forschung angesehen werden müssen: die slawische Philologie und die osteuropäische Geschichte. Ihre Bedeutung reicht weit über den österreichischen Raum hinaus.
Fundamentale Verdienste hat sich beispielsweise die im Jahre 1849 an der Universität Wien begründete Lehrkanzel für slawische Philologie um die Schaffung und den ersten wissenschaftlichen Aufbau der „Slawistik“ als Universitäts-Disziplin erworben. Die „Wiener Schule“ der Slawistik umfaßt seit jeher die wissenschaftliche Erforschung der slawischen Sprachen, die Literatur-und Geistesgeschichte sowie die Volks-und Altertumskunde
Die so begründete Gemeinsamkeit in Methode und Zielsetzung wissenschaftlicher und lehramtlicher Tätigkeit hat als ein die Slawisten Österreichs und ihre Fachgenossen in Bulgarien, Jugoslawien, Polen, Rumänien, der Tschechoslowakei und Ungarn verbindendes Band ihre Wirkung bis in die Gegenwart bewahrt.
Innerhalb der historischen Osteuropa-Wissenschaften haben österreichische Gelehrte in der Erforschung der südosteuropäischen Geschichte bahnbrechende Arbeit geleistet. Schüler und Enkelschüler von Constantin Jirecek, der von 1893 bis 1918 in Wien gewirkt hat, waren und sind an den Universitäten Bulgariens, Jugoslawiens und Rumäniens tätig. Archäologie, Prähistorie, Ethnographie, Geographie, Meteorologie, Geologie, Mineralogie, Botanik, Zoologie und Anthropologie der Südostländer sind immer wieder Arbeitsgebiete österreichischer Forscher gewesen, die vielfach zu Wegweisern für ihre südosteuropäischen Fachgenossen wurden
Im folgenden wird der Versuch unternommen, einen Gesamtüberblick über die österreichische Ost-und Südosteuropa-Forschung der Gegenwart zu vermitteln. Da die gegenwärtige Lage dieses Lehr-und Forschungszweiges nur aus seiner langen Tradition heraus zu verstehen ist, wird der Übersicht ein historischer Rückblick vorangestellt. Um die Darstellung möglichst anschaulich zu gestalten, werden Lehre und Forschung getrennt behandelt. Zum anderen wird zwischen den Osteuropa-Forschung treibenden Instituten an den österreichischen Universitäten und jenen, die unabhängig von den Hochschulen arbeiten, unterschieden.
In die Übersicht werden außerdem jene Institutionen einbezogen, in deren Arbeitsbereich die Ost-und Südosteuropa-Kunde nur ein Teil-gebiet bildet. Auch ist die Arbeit bemüht, einen möglichst vollständigen Überblick über die in Österreic seit 1945 erschienenen Publikationen aus diesem Forschungsbereich zu geben
Diese Arbeit erscheint aus sachlichen Gründen deshalb gerechtfertigt, weil die deutschsprachige Ost-und Südost-Forschung innerlich weitgehend personell und organisatorisch verzahnt ist. So ist zum Beispiel nicht nur eine Anzahl österreichischer Wissenschaftler Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde und der Südosteuropa-Gesellschaft
A: Die Entwicklung der österreichischen Ost-und Südosteuropa-Forschung von ihren Anfängen bis 1945
1. Slawische Philologie
Die slawischen Studien hatten in Österreich bereits eine feste und bedeutende Tradition, als Vatroslav von Jagic im Jahre 1885 nach seiner Berufung aus Petersburg an die Universität Wien dort das „Seminar für slawische Philologie" begründete
Miklosich und Jagic gebührt das große Verdienst, die slawische Philologie als eigenständige wissenschaftliche Disziplin mitbegründet und die fundamentale und zugleich universale Einstellung der „Wiener Schule" der Slawistik erarbeitet zu haben
Es sollte sich jedoch bald herausstellen, daß die gleichmäßige wissenschaftliche und lehramtliche Beschäftigung mit dem Gesamtgebiet der slawischen Philologie von einer einzigen Person infolge der raschen Entfaltung der slawischen Studien und der Vielfalt der zu erforschenden Fragenkomplexe (Sprachwissenschaft, Literaturgeschichte, slawische Altertumskunde und Ethnographie) nicht vertreten werden konnte. Freilich kam die Erkenntnis der Notwendigkeit einer Verdichtung des slawistischen Studienbetriebes zunächst der Geschichtswissen-schäft zugute: Denn Constantin J i r e c e k (1854— 1918), der 1893 auf Antrag von Jagic als Professeor der slawischen Philologie und Geschichte nach Wien berufen und zum Mitdirektor des Seminars für slawische Philologie beStellt wurde, war Historiker; seitdem er 1876 seine „Geschichte der Bulgaren“ veröffentlicht hatte, genoß er Weltruhm als bester Kenner und maßgeblicher Erforscher der Geschichte der südslawischen Völker. Sein Wirken in Wien, das 1907 in dem damals begründeten Seminar für osteuropäische Geschichte eine neue Heim-statt fand, hat wesentlich zur internationalen Geltung der österreichischen Südosteuropa-Forschung beigetragen
Der Zusammenbruch des Habsburger Reiches führte dazu, daß die slawischen Professoren und Studenten der Wiener Universität nach 1918 in ihre nun staatlich selbständig gewordenen Heimatländer abwanderten. Der berühmte Wiener Lehrstuhl war verwaist, die Zukunft der slawischen Studien im deutschen Restösterreich in Frage gestellt. Dieser Zustand änderte sich erst, als im Jahre 1922 N. S. Trubetzkoy (1890— 1938) für den Lehrstuhl gewonnen wurde. Er entfaltete sich in Wien zu einem Sprach-forscher ersten Ranges und wurde der Begründer einer neuen linguistischen Schule, der Phonologie. Unter ihm gewann der Wiener sla-wistische Lehrstuhl abermals hohes Ansehen in der Welt. Die Reduzierung der Wiener Slawistik auf einen Lehrstuhl und die wirtschaft-liche Not der Nachkriegszeit im deutschen Österreich wirkten sich auf die weitere Entwicklung dieser Disziplin jedoch nachteilig aus. Diese Mängel wurden besonders spürbar, da gerade zu derselben Zeit die Slawistik an den Universitäten in den 1918 neu entstandenen oder vergrößerten slawischen Nationalstaaten mit Lehrkanzeln und modernsten Einrichtungen reich ausgestattet wurde. Das hatte in diesen in der Slawistik nunmehr führenden Ländern einen rapiden Aufschwung zur Folge
Die Besetzung Österreichs im Jahre 1938 — in dasselbe Jahr fällt auch der frühzeitige Tod N. S. Trubetzkoys — brachte zwar der Wiener Slawistik wieder eine neue Professur, durch die die Arbeitsteilung in slawische Kultur-und Literaturkunde (Rudolf Jagoditsch, seit 1939) und slawische Sprachwissenschaft (F. L i e w e h r , seit 1940) ermöglicht wurde. Die politisch unsicheren Verhältnisse der nationalsozialistischen Okkupation und die Not des Krieges führten in dem Lehrund Forschungsbetrieb des Wiener Slawischen Seminars aber zu unheilvollen Konsequenzen. Die scheinbar offizielle Förderung der slawistischen Studien wurde mit der Absicht verbunden, „auch die Slawistik an den Universitäten in den Dienst einer abwegigen und verhängnisvollen Slawen-politik zu stellen“
2. Osteuropäische Geschichte
Als 1906 der ehemalige k. u. k. Botschafter in St. Petersburg, Fürst Franz von und zu Liechtenstein, die bedeutende Fachbibliothek des verstorbenen russischen Historikers V. A. Bil’basov erworben hatte, wurde, um deren Bestände zugänglich zu machen, das „Seminar für osteuropäische Geschichte der Universität Wien“ gegründet. Für diesen Schritt war in starkem Maße der Wunsch maßgebend, die wissenschaftliche Ausrüstung Wiens nicht hinter derjenigen Berlins zurückstehen zu lassen, wo seit 1892 Theodor Schiemann (1866— 1921) die Geschichte Rußlands, Polens und Livlands lehrte und bald darauf ein Seminar für ihn geschaffen worden war. Auch das Wiener Seminar sollte zunächst eine Pflegestätte der historischen Rußlandforschung sein; doch wäre es verfehlt anzunehmen, daß dieser Zweig der Osteuropa-Forschung damals in Österreich-Ungarn ein wissenschaftliches Novum dargestellt habe und die Gründung des Seminars gewissermaßen ohne Voraussetzungen und Vorbilder innerhalb der Monarchie erfolgt sei. In Lemberg hatte der berühmte ukrainische Gelehrte M. Hruev-kyj (1866— 1934) die Lehrkanzel für osteuropäische Geschichte inne: an der tschechischen Universität Prag lehrte J. Bidlo (1868— 1937) osteuropäische Geschichte; in Ungarn bemühte sich A. H o d i n k a um die Erschließung der russischen Quellen zur ungarischen Geschichte, und in Krakau arbeitete damals schon F.
Koneczny an seiner während des Ersten Weltkrieges veröffentlichten Gesamtdarstellung der russischen Geschichte
In der Geschichtswissenschaft der nichtdeutschen Völker der Donaumonarchie war diese historische Rußlandforschung eng mit der Beschäftigung mit der eigenen nationalen Vergangenheit verknüpft, die im geistigen Leben die-ser Nation stark im Vordergrund stand. Neben den historischen Lehrkanzeln ihrer Universitäten standen ihre Akademien — in Agram, Budapest, Krakau und Prag — sowie ihre wissenschaftlichen Gesellschaften weithin im Dienst dieser Aufgabe, deren möglichst umfassende Erfüllung als die wichtige Grundlage für den Anspruch auf kulturelle Gleichberechtigung und Vollwertigkeit betrachtet wurde, den diese Völker erhoben
Zum Vorstand des neugegründeten Wiener Seminars wurde C. J i r e c e k bestellt; dadurch wurde dort auch die Beschäftigung mit der Geschichte Südosteuropas verwurzelt, für die später durch die Erwerbung von Jireceks Bibliothek eine einzigartige Arbeitsgrundlage geschaffen werden konnte
Die Bibliothek des Seminars besaß damals den größten geschlossenen Bestand einschlägiger Fachliteratur in Europa und war Anziehungspunkt für zahlreiche Forscher des In-und Auslandes. So war das Seminar beim Zusammenbruch der Donaumonarchie zu einer damals in Europa einzigartigen Forschungsstätte für slawische, speziell für russische und südslawische Geschichte, ausgebaut. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg so gut wie alle Zweige der historischen Osteuropa-Forschung im Habsburger Reich durch hochqualifizierte Fachleute vertreten, großenteils auch durch leistungsfähige Publikations-Institute gefördert waren
Mit dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie veränderten sich die Voraussetzungen auch der historischen Ostforschung in Österreich völlig, da „die Mehrzahl ihrer Träger im alten gemeinsamen Staat, die Vertreter der nationalen Geschichtswissenschaften seiner nichtdeutschen Völker, aus anderssprachigen Mitbürgern zu Ausländern geworden waren“
Hans Uebersberger entwickelte sich in Wien zum maßgebenden Fachmann für die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges. In Graz veröffentlichte Josef M a 11 im Zuge seiner umfassenden Beschäftigung mit allen Seiten des kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Lebens der Südslawen und ihrer Beziehungen zum deutschen Kulturraum auch historische Arbeiten. Heinrich Felix Schmid beschäftigte sich dort vorwiegend mit Fragen der weltlichen und kirchlichen Rechtsgebiete sowie der Sozial-und Wirtschaftsgeschichte der slawischen Völker im Mittelalter. Im Jahre 1921 wurde für Carl Patsch (1865— 1945) an der Universität Wien ein Institut für Balkankunde begründet, dessen Bibliothek bei seiner Auflösung (1938) das Seminar für osteuropäische Geschichte übernahm
Das Seminar für osteuropäische Geschichte und seine Bibliothek leitete Uebersberger bis zu seiner Berufung nach Breslau (1934). DieHauptlast der Seminar-Leitung während der Jahre nach Uebersbergers Abgang lag in den Händen des Seminar-Assistenten Alois H a j e k (tit. ao. Prof. 1935) und von Hans Halm (1939— 1945; seit 1946 Dozent und ao. Prof, an der Universität Insbruck). 1936 übernahm Martin Winkler den Lehrstuhl für osteuropäische Geschichte, 1940 Hans Koch, der sich jedoch wegen seiner Tätigkeit als Leiter des Deutschen Wis-senschaftlichen Instituts in Sofia, später wegen Frontdienstes in der deutschen Wehrmacht (1940— 1945) nur beschränkt dem Osteuropa-Seminar in Wien widmen konnte
Für die Zwischenkriegsphase der österreichischen Ostgeschichts-Forschung ist kennzeich-nend, daß in den Nachfolgestaaten des Habsburger Reiches das Bewußtsein der Gemeinsamkeit der österreichischen Tradition gerade in der Geschichtswissenschaft wirksam war. Dazu stellt H. F. Schmid fest: „Die Freude, mit der uns die Fachgenossen in den süd-und westslawischen Ländern, in Ungarn und Rumänien als Mit-schaffende am gemeinsamen Werk der Erforschung der Geschichte des östlichen Mittel-europas und Südosteuropas willkommen hießen, war uns eine gewisse Entschädigung dafür, daß in der österreichischen Heimat unsere Arbeit im allgemeinen wenig Beachtung fand."
B: Der heutige Stand der Ost-und Südosteuropa-Forschung in Österreich
Überblickt man die gesamte Arbeit dieses Lehrund Forschungszweiges nach 1945, so läßt sich feststellen, daß die wissenschaftlichen Schwerpunkte sich auch heute wieder an den Universitäten Wien und Graz befinden. Das gilt vor allem für die Disziplinen der Slawischen Philologie und der Osteuropäischen Geschichte. Andererseits gibt es aber auch eine ganze Reihe von Institutionen, die außerhalb des Hochschulbereiches arbeiten und sich entweder ausschließlich oder teilweise diesem Forschungsgebiet widmen. An den Anfang der folgenden Untersuchung wird am zweckmäßigsten eine Darstellung der „Arbeitsgemeinschaft Ost“ gestellt, die vor allem koordinierende Funktionen ausübt.
I. Koordinierendes Organ
Arbeitsgemeinschaft Ost in Wien Die Initiative zur Errichtung der Arbeitsgemeinschaft Ost in Wien ging vom Österreichischen Bundesministerium für Unterricht aus. Die Idee entsprang aus der notwendigen Einsicht, alle personellen und materiellen Kräfte der österreichischen Ost-und Südosteuropa-Forschung zu konzentrieren und zu koordinieren. Auch diente der Anstoß von staatlicher Seite dazu, um nach Abschluß des Österreichischen Staatsvertrages, der im Jahre 1955 dem Land seine Souveränität zurückgab, eine traditionsbewußte Ostforschung zu fördern.
Nach Überwindung der dringendsten organisatorischen, administrativen und vor allem finanziellen Hindernisse wurde zu Beginn des Jahres 1958 die Arbeitsgemeinschaft Ost in Wien ins Leben gerufen. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Zusammenfassung der in Österreich bereits vorhandenen Institute und Institutionen, Behörden und Organisationen, die sich mit wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Problemen Ost-und Südosteuropas befassen. Die im Beirat der Arbeitsgemeinschaft vertretenen Leiter der einschlägigen Universitäts-Institute, der Ostabteilungen mehrerer Behörden und privater Ostforschungs-Institute bemühen sich, die Arbeit voranzutreiben und nach Möglichkeit Doppelleistungen von vorneherein auszuschließen
Im einzelnen gehören der Arbeitsgemeinschaft Ost folgende Institutionen an
5. Gesellschaft für Ost-und Südostkunde in Linz.
6. Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung in Wien.
7. Donaueuropäisches Institut in Wien
Die Arbeitsgemeinschaft Ost hat sich jedoch von Anfang an nicht auf die Zusammenfassung dieser Ostinstitute beschränkt. Darüber hinaus ist sie ein Institut mit eigenem Wirkungskreis, der sich nur geringfügig in manchen komplexen Problemen mit der Arbeit anderer Institute überschneidet. Was diesen Aufgabenbereich der Arbeitsgemeinschaft angeht, so wurde von sachlichen Einschränkungen abgesehen. Die territoriale Abgrenzung wurde auf die Staaten UdSSR, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien und Albanien festgelegt
In den ersten drei Jahren ihres Bestehens ist es der Arbeitsgemeinschaft gelungen, sämtliche Einrichtungen eines modernen Institutes zur Gegenwartskunde in Wien zu schaffen. Das umfangreiche Arbeitsprogramm der Arbeitsgemeinschaft Ost gliedert sich in folgende Sektionen: a) Bibliothek und Dokumentation Da zahlreiche Monographien über osteuropäische Probleme in den Wiener Großbibliotheken oder in den einschlägigen Instituts-Bibliotheken vorhanden sind, hat sich die unter Leitung von Karlheinz Mack stehende Bibliothek die Aufgabe gestellt, vor allem Nachschlagebehelfe jeder Art zu sammeln, auch solche, die für den täglichen Gebrauch nicht bestimmt sind. Darunter fallen allgemeine und Spezial-Enzy-klopädien verschiedenster Fachgebiete, Telephon-und Ortsverzeichnisse, die bei der Bestimmung von Ortsnamen von großer Bedeutung sind, Fahrpläne zur Bearbeitung verkehrs-geographischer Probleme, alle Arten bibliographischer Hilfsmittel wie Nationalbibliographien, Zeitschriftenkataloge, Referatenblätter und andere Unterlagen. Von den ständig bezogenen Periodika sind die führenden Tages-und Wochenzeitungen, Korrespondenzblätter, wissenschaftliche Zeitschriften mehrerer Fachrichtungen und Statistiken zu nennen. Daneben verfügt die Bibliothek über Hand-und Wörterbücher. Von den verschiedenen Dokumentationen kommt besondere Bedeutung zu der von Wilfried Krallert redigierten „Dokumentation der Gesetze und Verordnungen Osteuropas“ (DGVO). Sie hat die Form einer zweimonatlich erscheinenden vervielfältigten Publikation, in der die Titel der Gesetze und Verordnungen in deutscher Übersetzung angeführt werden. Als Grundlagenmaterial steht eine nahezu lückenlose Sammlung der Gesetzblätter der osteuropäischen Staaten seit 1945, für die Tschechoslowakei und Ungarn seit 1918, zur Verfügung.
Von praktischer Bedeutung ist vor allem die „Ortsnamenstelle" der Arbeitsgemeinschaft Ost für jene Behörden, die sich mit der Betreuung jener Personen befassen, die in Öster-reich eine neue Heimat gefunden haben oder ins Ausland auswandern wollen. Die Ortsnamenstelle ist bemüht, die im Lande vorhandenen Ortsnamenverzeichnisse zu erfassen und zu sammeln sowie auf Grund dieses Materials Konkordanzkarteien zu erstellen. Eine rumänisch-madjarisch-deutsche Ortsnamenkartei für Rumänien und eine deutsch-madjarische für Ungarn sind bereits fertiggestellt. Um die Ergebnisse dieser Forschungstätigkeit einem breiteren Publikum auch des Auslandes zur Verfügung stellen zu können, werden diese Karteien in Listenform in einer Kleinbuchreihe erscheinen. An der Ortsnamenstelle sind Dr. W. K r a 1 -1 e r t und Dr. Josef B r e u , fallweise auch Prof. Dr. Alfred Malaschofsky und Reinhold Krallert tätig
Als weitere, auch für die Osteuropa-Forschung außerhalb Österreichs wichtige Dokumentation wird ein „Zentralkatalog d e r ö s t e r r e i c h i s c h e n Ostlitera-t u r“ erstellt. In ihm finden sowohl das gegenwärtige Schrifttum als auch ältere Werke Berücksichtigung, soweit darin Probleme Ost-und Südosteuropas behandelt worden sind. Die Bestände der Großbibliotheken, wie der Österreichischen Nationalbibliothek, der Hochschulund Instituts-Bibliotheken sowie der Bibliothek der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wurden bereits bearbeitet, so daß nur noch die Erfassung einiger kleinerer öffentlicher und privater Bibliotheken übrigbleibt. Auch hier ist neben einer karteimäßigen Erfassung die Veröffentlichung einzelner Bestands-gruppen in Form einer Schriftenreihe vorgesehen. Die Bestandsaufnahme wird von Dr. W. Krallert geleitet
Im Aufbau befindet sich außerdem eine nach den modernsten Grundsätzen der Dokumentation geplante „Fachleutekarte i“, die auf dem personellen Sektor das Gegenstück zum Zentralkatalog darstellen soll. Darin werden Wissenschaftler und Forscher aller Fachgebiete des In-und Auslandes ausgenommen. Außer den persönlichen Angaben gibt die Kartei Auskunft über das spezielle Fach-und Interessengebiet, die Sprachkenntnisse, den Bildungsgang, die berufliche Laufbahn, die auf den Osten bezüglichen eigenen Arbeiten, über die aktiven Beziehungen zu wissenschaftlichen Instituten im Osten und einen Hinweis auf andere Bibliographien, in denen die Werke des betreffenden Autors verzeichnet sind. Diese Kartei soll grundsätzlich allen offenstehen und auf Anfragen aus den Kreisen der Wissenschaft und den verschiedensten Institutionen Antwort geben. (Bearbeiter: K. M a c k).
Gleichermaßen eine kartographische Ergänzung der Darstellung in den Publikationsreihen stellt der „Atlas der Donauländer" dar, der in einzelnen Lieferungen erscheinen wird und auf mindestens acht bis zehn Jahre projektiert ist. Der Atlas setzt sich das Ziel, „ein möglichst genaues Bild der gegenwärtigen Verhältnisse der in seinen Bereich fallenden Gebiete zu zeichnen“. In etwa 50 Einzelkarten im Maßstab 1 : 2 000 000 wird der mittlere und untere Donauraum in seinen geographischen Grundlagen, der gegenwärtigen Lage seiner Verwaltung, seine Bevölkerung und Wirtschaft zur Darstellung gelangen. Der Atlas umfaßt zur Gänze die Staatsgebiete der Tschechoslowakei, Lingams, Rumäniens, Bulgariens, Jugoslawiens und Albaniens sowie teilweise Österreich, Polen, die UdSSR, Griechenland und die Türkei. — Die Hauptredaktion liegt in den Händen von Dr. W. Krallert, der von Prof. A. Malaschofsky und R. Krallert unterstützt wird
Im Herbst 1959 hat die Arbeitsgemeinschaft Ost außerdem mit der Herausgabe eines zwei-monatlich erscheinenden wissenschaftlich-kulturpolitischen Mitteilungsorgans, der „Ö s t e r -reichischen Ost-Heft e“, begonnen, für das Dr. Otto Ließ und Dr. Thorvi Eckhardt verantwortlich zeichnen. Die „Österreichischen Ost-Hefte", die auch im Ausland großen Beifall gefunden haben, stellen die Lebens-und Schaffensgebiete des gesamten europäischen Ostraums dar. In ihnen kommen Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen aus dem In-und Ausland zu Worte
Table-Gespräche finden ihren Niederschlag in den „Österreichischen Ost-Heften“. Die Organisation dieser Veranstaltungen liegt in den Händen von K. Mack.
11. Ost-und Südosteuropa-Forschung im Bereich der Universitäten
1. Universitäts-Institute
a) Institut für osteuropäische Geschichte und Südostforschung der Universität Wien Das Seminar für osteuropäische Geschichte der Universität Wien, das 1957 auf sein fünfzigjähriges Bestehen zurückblicken konnte, nahm im Jahre 1948 seine Arbeit wieder auf. Dabei wurde der alten Tradition des Seminars, nicht nur die Geschichte der ost-und ostmitteleuropäischen Völker im engeren Wortsinn, sondern auch die Vergangenheit Südost-europas zum Gegenstand von Lehre und Forschung zu machen, auch äußerlich durch die— LImbenennung in „Seminar (ab 1956: Institut) für osteuropäische Geschichte und Südostforschung“ Rechnung getragen
Seit dem Jahre 1948 ist Prof. Dr. jur. et phil. Heinrich Felix Schmid mit der Leitung des Seminars betraut. Prof. Schmid, als Ordinarius für osteuropäische Geschichte aus Graz an die Wiener Universität berufen, ist bemüht, in seinem wissenschaftlichen Wirken die Geschichte der Völker des östlichen Mitteleuropas, Ost-und Südosteuropas in allen ihren Aspekten möglichst gleichmäßig zu berücksichtigen. Darüber hinaus gebührt ihm das große Verdienst, im Ausbildungsgang der Studenten der allgemeinen Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit erstmalig auch der ost-und südosteuropäischen Geschichte den ihr zukommenden Platz gesichert zu haben
In einem Bericht über das Wirken Prof. Schmids wird dazu festgestellt: „Während heute noch an vielen Universitäten junge Historiker ohne den Nachweis einer intensiven Beschäftigung mit der ost-und südosteuropäischen Geschichte die Lehramtsprüfungen ablegen dürfen, werden in Wien von Prof. Schmid bestimmte Vorlesungen gehalten, deren erfolgreicher Besuch eine Vorbedingung für die Zulassung zu den Lehramtsprüfungen in dem Fadi der Geschichte ist. Man darf vielleicht sagen, daß mit dieser Einbeziehung des ost-und südosteuropäischen Betrachtungsraumes in die Elementar-ausbildung der jungen Historiker das Lebenswerk Prof. Schmids gekrönt wird: Gerade Prof. Schmid hat der europäischen Ostforschung und Ostpolitik immer wieder und in eindrucksvoller Weise das Ziel der Gleichwertigmachung des Ostens unseres Kontinents gewiesen und die Erschließung der wissenschaftlichen Leistungen der ost-und südosteuropäischen Völker als unabdingbare Voraussetzung für ernsthafte geschichtswissenschaftliche Arbeit gefordert“
Der vielseitigen Arbeit des Instituts dient vor allem die umfangreiche Bibliothek, die heute einen Bestand von über 42 000 Bänden aufweist; darunter befindet sich auch eine große Anzahl seltener Werke und Zeitschriften. Bei den ständigen Neuanschaffungen wird besonderer Wert auf Darstellungen und Zeitschriften zur allgemeinen, Kirchen-, Rechts-, Wirtschaftsund auch zur Kunstgeschichte und der entsprechenden bibliographischen Hilfsmittel gelegt. Dank der Fürsorge des Assistenten Dr. W. L e i t s c h verzeichnet die Bibliothek neuerdings auch laufend Eingänge von Literatur in estnischer Sprache. Wertvolle Arbeit für Institut und Bibliothek leistete in den Jahren 1948 bis 1956
Die Mitarbeiter des Instituts beteiligen sich an den verschiedensten wissenschaftlichen Unternehmungen, wobei sie sich von dem Gesichtspunkt leiten lassen, gerade den nicht auf den ost-und südosteuropäischen Betrachtungsraum spezialisierten Historikern durch die Vermittlung der Ergebnisse der Osteuropa-Forschung hilfreich zur Seite zu stehen. So ist das Institut u. a. an folgenden Forschungsvorhaben beteiligt: 40) a) an der unter den Auspizien des Internationalen Historikerverbandes von der Unione degli Istituti di Archeologia, Storia e Sto-ria dell’ Arte in Rom unternommenen Neu-bearbeitung von A. Potthasts „Bibliotheca Historica Medii Aevi“ in Gestalt eines durch internationale Zusammenarbeit zu erstellenden „Repertoriums der Geschichtsquellen des Mittelalters“ (Prof. Schmid); b) an der vom Internationalen Historikerverband als Ergänzung zu der von ihm herausgegebenen Internationalen Bibliographie der Geschichtswissenschaft veröffentlichten „Internationalen Bibliographien der in Festschriften und Festgaben veröffentlichten Aufsätze geschichtlichen Inhalts“. Am ersten Band (1955) haben Prof. H. F. Schmid, der damalige Instituts-Assistent Dr. G. Stökl und Dr. Th. Eckardt mitgearbeitet. Die Redaktion des zweiten, die Publikationen der Jahre 1940— 1950 umfassenden Bandes, der 1961 druckfertig wird, liegt in den Händen von Prof. H. F. Schmid, dem Dr. Kurt M a r -
k o zur Seite steht; c) bei der „Zusammenstellung des in slawischen Sprachen und im Gewände der neu-griechischen und rumänischen Sprache erschienenen Schrifttums zur Geschichte der Habsburgermonarchie im Zeitalter von 1848 bis 1918“ als Vorarbeit für die unter den Auspizien der Österreichischen Akademie der Wissenschaften vorbereitete, in internationaler Zusammenarbeit zu erstellende „Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie von 1848 bis 1918“ (Bearbeiter der Bibliographie: B. Marko, geb. Issatschenko und G. Hering); d) bei der Bearbeitung der Ost-und Süd-osteuropa betreffenden Stichworte des im Entstehen begriffenen „Österreichischen Biographischen Lexikons 1815— 1950“ (hrsg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; Bearbeiter: Dr. W. Leitsch). b) Institut für slavische Philologie und Altertumskunde der Universität Wien Das Seminar für slavische Philologie setzt sich auch heute das Ziel, die große über anderthalb Jahrhunderte zurückreichende Tradition der Wiener Slawistik fortzuführen. Der weitverzweigte und mannigfaltige Arbeitsbereich des Seminars, das 1954 in ein „Institut für slavische Philologie und Altertumskunde“ um-gewandelt worden ist, umfaßt alle slawischen Sprachen und Mundarten, die Literatur-und Geistesentwicklung aller slawischen Völker, deren Volkskunde und das Studium des slawischen Altertums. Obwohl seit 1945 auch in Österreich das Verständnis für die Notwendigkeit eines intensiven und breiten Studiums des Slawentums sowie Ost-und Ostmitteleuropas wieder gewachsen war, wurde nach 1945 die an der Wiener Universität im Kriege geschaffene zweite slawische Professur aufgelassen und zunächst nicht wieder besetzt 41). Neue Aufgaben entstanden dem Institut auch dadurch, daß in Österreich ab 1945 der Unterricht slawischer Sprachen an den Mittelschulen eingeführt worden ist. Mit der Leitung des Instituts wurde Prof. Dr. Rudolf Jagoditsch betraut. Erst seit 1960 besteht am Institut wieder ein zweites Ordinariat, das sich vorwiegend mit slawischer Sprachwissenschaft befaßt und mit Prof. Dr. Josef Hamm besetzt ist. Neben dem Studium des Altkirchenslawischen wird derzeit ein erhöhtes Interesse Problemen der russischen Literatur-und Geistesgeschichte sowie der geschichtlichen und gegenwärtigen Entwicklung der russischen Sprache zugewandt. Zu den vordringlichsten Aufgaben gehörte nach dem Kriege die Herausgabe einiger bedeutender Arbeiten aus dem Nachlaß von N. S. Trubetz-koy 42). Ein neues Arbeitsfeld eröffnete sich dem Institut seit der Angliederung des Burgenlandes an Österreich (1920) in der Erforschung der Mundarten und des noch sehr lebendigen Brauchtums der burgenländischen Kroaten. Auch interessiert es sich — im Hinblick auf die führende Rolle, die der österreichischen Slawistik für die Grundlegung und den Ausbau dieser Disziplin im 19. Jahrhundert zukam — für die Geschichte dieses Faches. Anläßlich des Moskauer Slawistenkongresses von 1958 wurde eine „Internationale Kommission zum Studium der slawischen Philologie“ ins Leben gerufen, für deren Arbeit Moskau und Wien als abwechselnde Tagungsorte bestimmt worden sind. Zum zweiten Vorsitzenden der Internationalen Kommission wurde Prof. Jagoditsch gewählt. Zu der ersten Arbeits-tagung, die in Wien stattfand, wurden Fachvertreter aus allen Ländern eingeladen, in denen die slawischen Studien bereits eine längere Tradition besitzen
Seit 1945 wurde planmäßig der Ausbau der slawischen Sprachlektorate betrieben, mit dem Erfolg, daß zur Zeit am Institut Russisch, Ukrainisch, Polnisch, Tschechisch, Slowakisch, Slovenisch, Serbokratisch und Bulgarisch in drei aufsteigenden Jahrgängen unterrichtet werden. Damit sich auch der übrige akademische Nachwuchs Kenntnisse in slawischen Sprachen aneignen kann, werden kleinere Sprachkurse für Hörer aller Fakultäten abgehalten.
Die umfangreiche Bibliothek bildet den wertvollsten Bestand des Instituts. Sie war seit ihrer Gründung durch V. von Jagic (1886) und bis zum Ersten Weltkrieg berühmt und einzigartig hinsichtlich ihrer Vollständigkeit, besonders in der altkirchenslawischen, südslawischen und russischen Fachliteratur. Während in den Notzeiten der Jahre nach 1918 Neuerwerbungen auf das allernotwendigste beschränkt waren, mußten nah 1945 neue Wege gesucht werden, um bei dem im Hinblick auf das heutige ständige Anwachsen der internationalen slawisti-sehen Fachliteratur immer noch knappe Budget des Instituts sowie bei den derzeit bestehenden Devisenschwierigkeiten mit den slawischen Ländern die für die Arbeit des Instituts erforderliche Fachliteratur beschaffen zu können. Daher wurde vom Institut in zehnjähriger Arbeit ein intensiver Tauschverkehr mit ausländischen slawischen Instituten, vor allem mit den Akademien der Wissenshaften, Universitäten, Instituten und großen Bibliotheken in den slawischen Ländern aufgebaut. — Der Gesamtbestand der Bibliothek betrug Ende 1950 21 720 Bände. Gegenwärtig verfügt sie über 28 000 Bände. Da das Institut mit der neueren Literatur nahezu auf dem laufenden ist, können Forschungsarbei-ten in allen Sparten des umfangreihen Fahes durchgeführt werden. So wurden seit dem letzten Kriege in planmäßiger Aufbauarbeit am Wiener Slawistishen Institut grundlegende Voraussetzungen für eine erfolgreihe Weiterentwicklung der Wiener Slawistik geshaffen
Außer den shon genannten zwei Ordinarien wirken am Institut drei Dozenten und 11 Lehrbeauftragte (oder Lektoren), die mit speziellen slawistishen Kursen und mit dem Unterricht slawischer Sprahen betraut sind, sowie ein Assistent und zwei wissenshaftlihe Hilfskräfte. c) Institut für Slavistik der Universität Graz Die Arbeit und die Tradition des Grazer slawistishen Instituts sind seit der Begründung durch den ersten Lehrkanzelinhaber für Sla-wistik, Gregor Krek, im Jahre 1871, durh die Namen K. Strekelj, V. Oblak, M. Murko, R. Nahtigal, B. von Arnim sowie durh H. F. Shmid und Josef Mati gegeben. In der Zeit nah dem Zweiten Weltkrieg wurde in dem Grazer slawistishen Zentrum sowohl sprachwissenschaft-lih als auh auf literaturwissenschaftlichem und volkskundlihem Gebiet gearbeitet.
Die wissenshaftlihe Arbeit wurde in den letzten Jahren vor allem auf Grundlage und im Rahmen der Bibliotheksbestände des Instituts ausgeführt
Direktor des Instituts für Slavistik ist Prof. Dr. Josef Mati, der auh dem Grazer Institut für Übersetzer-und Dolmetscher-Ausbildung vorsteht. Prof. Mati, der fahlih aus der österreihishen Jagic -Murko -Srbik -Uebersberger-Shule gekommen ist, setzt die Jagic-Murko-Rihtung unter Hereinnahme neuer soziolo-gisher und geisteswissenshaftliher Methoden bewußt fort
Am Auf-und Ausbau der österreichischen und der deutschen Osteuropa-Forschung hat sich Prof. Mati nach 1945 große Verdienste erworben. In Österreich war er neben den Professoren H. F. Schmid und R. Jagoditsch maßgebend am Aufbau der „Arbeitsgemeinschaft zur Kunde des Slaventums und Osteuropas“ mitbeteiligt
Nachdem 1959 Frau Univ. -Prof. Dr. Linda Sadnik-Aitzetmüller das Ordinariat für Slawistik an der Universität Saarbrücken übernommen hat, verfügt das Institut für Slavistik über eine einzige beamtete Assistentenstelle, die mit Dr. Herbert Schelesniker besetzt ist. Ferner wirken im Institut als Universitäts-Dozent Dr. Rudolf Aitzetmüller und Dr. Karl Treimer mit
2. Lehrstühle und Dozenturen für osteuropäische Geschichte und Slawistik an den Universitäten Wien, Graz und Innsbruck
a) Universität Wien:
Osteuropäische Geschichte:
Prof. Dr. Heinrich Felix Schmid Ord.
Südosteuropäische Geschichte:
Prof. Dr. Alois Hajek (ao. Prof.) Doz.
Prof. Hajek übt die venia krankheitshalber schon seit mehreren Jahren nicht mehr aus.
Slawistik:
Prof. Dr. Rudolf Jagoditsch Ord.
Prof. Dr. Josef Hamm Ord.
Dr. Günther Wytrzens (Slawische Philologie) Doz.
Dr. Friedrich Repp (Tschechische Sprache und Literatur) Doz.
Dr. Franz Zagiba (Slawische Musikgeschichte) Doz. b) Universität Graz:
Slawistik:
Prof. Dr. Josef Mati Ord.
Dr. Rudolf Aitzetmüller Doz. Dr. Karl Treimer Doz. c) Universität Innsbruck:
Osteuropäische Geschichte:
Prof. Dr. Hans Halm (Osteuropäische Geschichte und Geschichte der russischen Literatur und Sprache nebst altkirchenslawischer Grammatik)
(mit Titel einer ao. Univ. -Prof.) Doz.
Was das Studium der slawischen Sprachen angeht, so ergibt sich an den drei Universitäten folgendes Bild:
a) Universität Wien: Russisch, Ukrainisch, Polnisch, Tschechisch, Slowakisch, Slowenisch, Serbokroatisch, Bulgarisch.
b) Universität Graz: Russisch, Altkirchenslawisch; Institut für Übersetzerund Dolmetscherausbildung: Russisch, Ungarisch, Serbokroatisch. c) Universität Innsbruck: Russisch, Ukranisch, Altkirchenslawisch.
IIL Ost-und Südosteuropa-Kunde außerhalb der Hochschulen
1. Institutionen, die sich ausschließlich mit ost-und südostkundlichen Fragen beschäftigen
a) Gesellschaft für Ost-und Südostkunde in Linz/Donau Am 28. April 195 5 wurde in Linz im Zusammenwirken zwischen Dozenten und dem Magistrat der Stadt beschlossen, eine „Arbeitsgemeinschaft für Ostforschung“ zu gründen. Das Datum fällt mit der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrages — nicht zufällig — zusammen. Die Gründer hielten es für richtig, sich mit dem Studium der Ostproblematik erst nach dem Inkrafttreten des Staatsvertrages zu befassen. Die später in „Gesellschaft für Ost-und Südostkunde“ umbenannte Arbeitsgemeinschaft hat die Aufgabe übernommen, „die Öffentlichkeit objektiv über den Stand der wissenschaftlichen Forschung, der kulturellen Tätigkeit, der rechtlichen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklung des Ost-und Südostraumes zu informieren".
Eine der bedeutendsten Leistungen der Gesellschaft ist die Veranstaltung der russischen Sprachseminare im oberösterreichischen Vichten-stein a. d. Donau, die vor allem von Studenten der Universitäten Wien und Graz besucht worden sind. Die Aufgabe dieser Sprachseminare ist es, den Teilnehmern unter der Leitung erfahrener Sprachlehrer neben Unterricht in russischer Sprache, Phonetik, Literatur, Geschichte und Musik, die Möglichkeit zu geben, die russische Alltagssprache in angenehmer und zwangloser Form zu erlernen. Erfahrungen werden von Seminar zu Seminar ausgewertet. — Repräsentative Arbeit hat die Gesellschaft in den letzten Jahren vornehmlich mit der Durchführung wissenschaftlicher Tagungen geleistet, die in erster Linie informativen Pro-blemen, wie dem Studium der Ostsprachen und Ostprobleme gewidmet wurden. Die Hauptreferate wurden jeweils von namhaften östrreichi-sehen und deutschen Wissenschaftlern gehalten
Die Gesellschaft umfaßt gegenwärtig 161 ständige Mitglieder, darunter 25 Universitäts-Professoren und -Dozenten. Dem Kuratorium der Gesellschaft gehören bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Oberösterreichs, mit Landeshauptmann Dr. H. Gleißner und Bundesrat Dr. E. Koref an der Spitze, an. Ihr Geschäftsführer ist Dr. Georg Dox
Aus der ehemaligen „Südostdeutschen Abteilung“ der Arbeitsgemeinschaft Ost in Wien ist im Jahre 1959 eine selbständige Institution, die „Forschungsstelle der Österreicher aus dem Donau-, Sudeten-und Karpatenraum“ hervorgegangen, weil die Arbeiten und Arbeitsvorhaben der Forschungsstelle in Ausmaß und Richtung mit den Plänen der Arbeitsgemeinschaft Ost nicht mehr ganz übereinstimmten
2. Institute, in deren Arbeitsbereich die Ost-und Südost-Europa-Forschung ein Teilgebiet bildet
a) Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (Wien)
Das im Jahre 1926 gegründete „Österreichische Institut für Konjunkturforschung" beschäftigte sich zunächst mit Fragen der österreichischen Konjunkturpolitik und der allgemeinen Konjunkturtheorie. 1939 wurde es in eine Zweigstelle des Berliner Instituts für Konjunkturforschung verwandelt. Die Hauptaufgabe des „Wiener Instituts für Wissenschaftsforschung“ bestand nunmehr in wirtschafts-wissenschaft-lichen Forschungen über Südosteuropa, die gegen Kriegsende abgebrochen wurden. Ab 1945 „Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung“ genannt, widmet sich das Institut wieder vorwiegend der Beobachtung der österreichischen Wirtschaft. Mit Abschluß des Staatsvertrages (1955) gewann der österreichische Ost-handel steigende Bedeutung, so daß diese Forschungsstätte seitdem alle Fragen des Osthandels und der Ostwirtschaft bearbeitet.
Das Institut befaßt sich mit allen Fragen der Ostwirtschaft, soweit deren Kenntnis zur Beurteilung der Handels-und Wirtschaftsbeziehungen Österreichs mit den Oststaaten und für die weiteren Entwicklungstendenzen der Ost-wirtschaft erforderlich ist. Die vom Institut erarbeiteten Ergebnisse dienen nicht nur als Grundlage für die österreichische Wirtschaftspraxis und Handelspolitik, sondern eröffnen darüber hinaus für alle an der Ostwirtschaft Interessierten Ausblicke von einem neutralen Standorte aus. Der Schwerpunkt der Forschungsarbeit liegt bei den Südoststaaten (Donaustaaten), doch wird auch die sowjetische Wirtschaft — wegen des Reparations-und Handelsverkehrs mit der Sowjetunion — entsprechend beachtet. Die Beobachtung des Wirtschaftsge-
schehens schließt auch Polen und die sowjetisch besetzte Zone ein.
Die Buchbestände des Instituts — eine Hand-bibliothek mit rund 20 000 Bänden — gehen im allgemeinen, seiner Gründungszeit entsprechend, auf die Mitte der zwanziger Jahre zurück. Durch die besonderen Aufgaben während der Kriegs-zeit wurde in stärkerem Maße Wert auf die Beschaffung und Auswertung der südosteuropäischen Wirtschaftsliteratur gelenkt, die, soweit sie während des Krieges erhältlich war, ziemlich lückenlos vorhanden ist. In den Nach-kriegsjahren konnte mit den meisten statistischen Ämtern und volkswirtschaftlichen Gesellschaften der Oststaaten ein Tauschverkehr ausgenommen werden, der ab 1955 systematisch ausgebaut wurde. Es stehen daher die wichtigste Literatur und die allgemeinen Nachschlagehefte (Statistiken) der Oststaaten zur Verfügung. Die Ergänzung und Erweiterung der Ostwirtschafts-Literatur wird durch die ständige Fühlungnahme mit den diplomatischen und Handelsvertretungen der Ostblockstaaten in Wien erleichtert. Über die Südostliteratur der Kriegsjähre sind verschiedene bibliographische Beihefte vorhanden
Das Institut für Wirtschaftsforschung wirkt an den Ostarbeiten der Arbeitsgemeinschaft Ost (Wien) mit, in der es durch Dr. Kurt Wessely vertreten ist. Es bestehen persönliche Beziehungen und Schriftenaustausch mit den meisten für die Ostwirtschafts-Forschung in Betracht kommenden deutschen und mit einigen anderen westlichen Forschungsstätten. Das Institut veröffentlicht Monatsberichte mit Bei-lagen und tritt auch mit sonstigen Sonderveröffentlichungen hervor. Im Rahmen dieser Publikationen wurde bereits eine Reihe ostwirtschaftlicher Veröffentlichungen herausgegeben. — Geleitet wird das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung von Prof. Dr. Franz Nem-schak; sein Stellvertreter: Dr. Ernst John; Präsident des Instituts ist Dr. h. c. Ing. Manfred Mautner. Mit der Durchführung der Ostarbeiten betraut ist Dr. Kurt Wessely, dem dafür die statistischen Kräfte des Instituts zur Verfügung stehen. b) Forschungsinstitut für den Donauraum (Wien)
Am 5. Dezember 1953 wurde in Salzburg ein „Forschungsinstitut für Fragen des Donauraumes“ gegründet, das seinen Sitz 1957 nach Wien verlegte; sein Name wurde zu Beginn des Jahres 1959 in „Forschungsinstitut für den Donauraum" umgeändert. Zu den Gründern des Instituts zählen Theodor Hornbostel, seither sein Vorsitzender, Karl Karwinsky und Dr. Rudolf Lodgmann von Auen. Außer ihnen beteiligte sich an der Gründung eine Reihe von Gelehrten und Persönlichkeiten des öffentlichen und des wirtschaftlichen Lebens, die ihre Heimat im Donauraum verlassen mußten
Nach den im Jahre 1955 beschlossenen „Leitsätzen" hat das Institut „die politischen, ethnischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten im mittleren Donaubecken und allen mit ihm durch Natur und Geschichte verbundenen Gebiete zu erforschen" und „insbesondere alle Fragen zu behandeln, die die Schaffung einer nachbarlich-regionalen Organisation des Donauraumes auf Grundlage des Selbstbestimmungsrechtes dieser Völker betreffen". Das Arbeitsgebiet des Instituts ist in räumlicher Beziehung nicht streng durch das hydrographische System der Donau abgegrenzt. Den Mittelpunkt der Forschungsarbeit bilden die Staaten des mittleren Donau-beckens, Österreich, Ungarn, die Tschechoslowakei und die nördlichen, vorwiegend slowenischen und kroatischen Gebiete Jugoslawiens. Betreut das Institut wissenschaftlich in erster Linie den so umrissenen Raum der mittleren Donau, so nimmt es jedoch von seinen Arbeiten beispielsweise rumänische und bulgarische Probleme nicht aus
Sachlich stehen bei der Tätigkeit Geschichte, Recht und Wirtschaft der Donauvölker im Vordergrund, wenn mitunter auch andere Themen, so geographische, militärische und solche der Kunst behandelt werden. Seine Ziele strebt das Institut vor allem durch Veranstaltungen wissenschaftlicher Vorträge und Veröffentlichungen an. Alljährlich finden etwa 12 bis 15 Vorträge des Instituts in den Arbeitsgemeinschaften Wien, Salzburg, Innsbruck und Graz statt. Dem Vorstand und dem Sekretariat des Instituts stehen für die Arbeitsplanung ein wissenschaftlicher Beirat und drei Fachausschüsse, je einer für geschichtliche, geographische und kulturelle, für juristische und für volkswirtschaftliche Fragen zur Verfügung. Das Institut besitzt eine Nach-schlagebücherei, eine Zeitschriftensammlung, ein. n Katalog von Zeitschriftenaufsätzen und eine systematisch gegliederte Sammlung von Zeitungsausschnitten über aktuelle Probleme des Donauraumes. 1954 wurde ein Zentral-katalog eingerichtet, der die dem Donauraum gewidmeten Veröffentlichungen betrifft; er gibt Auskunft über die in den öffentlichen Bibliotheken Wiens vorhandenen Werke und soll bald auf andere öffentliche Bibliotheken Österreichs ausgedehnt werden. — Generalsekretär des Forschungsinstituts für den Donauraum ist Univ. -Prof. a. d. Peter Berger, während Prof. Dr. Hugo Hantsch als Vertreter des Vorsitzenden, Th. Hornbostel fungiert. c) Ost-Abteilung des Österreichischen Museums für Volkskunde in Wien Über eine reichhaltige volkskundliche Sammlung verfügt die Ost-Abteilung des Österreichischen Museums für Volkskunde, das im Jahre 1894 zum Zweck der „Erforschung aller Äußerungen des Volkslebens in den im Reichsrathe vertretenen Königreichen und Ländern" geschaffen worden war
C: Schrifttum der österreichischen Ost-und Südosteuropa-Forschung
zu BI: Arbeitsgemeinschaft Ost (Wien)
Zeitschriften
Landeskunde. Red.: Dr. W. Krallert; Kultur. Red.: Dr. Th. Eckhardt und Univ. -Doz. Dr. G. Wytrzens; Wirtschaft. Red.: Dr. Kurt Wessely; Recht. Red.: Dr. Helmut Slapnicka; Technik: Red.: Dipl. -Ing. J. Knoflach (Reihe „Technik“ erscheint seit 1960). „Veröffentlichungen der Arbeitsgemeinschaft Ost“: Bd 1: Otto Folberth: „Der Prozeß Stephan Ludwig Roths — Ein Kapitel Nationalitätengeschichte Südosteuropas im 19. Jahrhundert“. Köln/Graz, 1959. zu B II la: Institut für osteuropäische Geschichte und Südostforschung der Universität Wien Wiener Archiv für Geschichte des Slawentums und Osteuropas. Hrsg, von H. F. Schmid und G. Stökl. Köln/Graz.
Bd I: Richard G. Plaschka: „Von Palacky bis Pekar — Geschichtswissenschaft und Nationalbewußtsein bei den Tschechen". 1955; Bd II: Studien zur älteren Geschichte Osteuropas. 1. Teil: Festschrift für Heinrich Felix Schmid. Redigiert von G. Stökl. 1956; 2. Teil: Festgabe zur Fünfzig-Jahr-Feier des Instituts für osteuropäische Geschichte und Südostforschung der Universität Wien. Red. von H. F. Schmid (= Bd III des Wiener Archivs des Slawentum und Osteuropas). 1959; Bd IV: Walter Leitsch: „Moskau und die Politik des Kaiserhofes". Im Druck. zu B II lb: Institut für slavische Philologie und Altertumskunde der Universität Wien Wiener Slavistische Jahrbuch. Bd I bis VII, 1950— 1960. Bd VIII im Drude. Bd I und II, Wien. Ab Bd III, Köln/Graz. Red.: Rudolf Jagoditsch. — Bd 1/51 enthält Beiträge zum hundertjährigen Jubiläum der Lehrkanzel für Slawische Philologie der Universität Wien; Bd VI: Er enthält Beiträge anläßlich des IV. Internationalen Slawistenkongresses. — Nur ausnahmsweise sind bestimmte Themen für die einzelnen Bände des Wiener Slavistischen Jahrbuches maßgebend.
Ergänzungsbände zum Wiener Slavistischen Jahrbuch: Bd I: Linda Sadnik: „Südosteuropäische Rätselstudien". Köln/Graz. 1953; Bd II: Wolfram Walder: „Ivan Cankar als Künstlerpersönlichkeit“. Köln/Graz, 1954; Bd III: N. S. Trubetzkoy: „Die russischen Dichter des 18. und 19. Jahrhunderts — Abriß einer Entwicklungsgeschichte“. Nach einem nachgelassenen russischen Manuskript herausgegeben von Rudolf Jagoditsch. Köln/Graz, 1956. zu B II 1c: Institut für Slavistik der Universität Graz Reihe: Editiones Monumen-
torum Slavicorum Dialecti V e t e r i s . Hrsg, im Auftrage des Instituts für Slavistik von Rudolf Aitzetmüller. Sieben Bände, 1954— 1959, Graz. — Jagic: „Codex Glagoliticus", 1954; Severjanov: „Psalterium Sinaiticum", 1954; Severjanov: „Codex Suprasliensis", 1956; R. Aitzetmüller:
„Mihanovic-Homiliar“, 1958; R. Aitzetmüller: „Das Hexaemeron des Exarchen Johannes I“, 195 8; Scepkin: „Sawina kniga“, 1959. — In dem Grazer Institut sind zwei weitere Arbeiten entstanden, die internationale Beachtung gefunden haben: 1. L. Sadnik und R. Aitzetmüller: „Handwörterbuch zu den altkirchenslavischen Texten“, Heidelberg, 1955; 2. L. Sadnik: „Slavische Akzentuation 1“, Wiesbaden, 1959. zu B III la: Gesellschaft für Ost-und Südostkunde (Linz/Donau)
Berichte Nr. 1 bis 8, 1956-1959. Redakteur: Dr. Georg Dox. Linz. — Nr. 1.:
„Ziele der Gesellschaft", 1956; Nr. 2: H.
Toppe: „Die Osteuropaforschung in der Bundesrepublik“, 1956; Nr. 3: „Der Osten heute“ (Bericht über die gleichnamige Tagung), 1956; Nr. 4: G. Wytrzens: „Marxismus und Sprachwissenschaften“, 1957; Nr.
5: Kurt Marko: „Dichtung: Ideologie oder Geschäft?“, 1957; Nr. 6: H. Neubauer:
„Die Wandlung der Geschichtsforschung in der sowjetischen Epoche“, 1957; Nr. 7: H.
Sauer-Nordendorf: „Die Erwachsenenbildung im heutigen Jugoslawien“, 1958; Nr. 8: O.
Lackinger: „Die sowjetische Volkszählung des Jahres 1959“, 1959. zu B III lb: Forschungsstelle der Österreicher aus dem Donau-, Sudeten-und Karpaten-raum (Wien)
„Wiener Südost-Jahrbuch 1959". Red.: Nikolaus Britz. Wien, 1960.
„Wiener Südost-Jahrbuch 1960" im Druck. zu B III 2b: Forschungsinstitut für den Donau-raum (Wien) a) Zeitschrift:
„Der Donauraum" (Zeitschrift des Forschungsinstitutes für den Donauraum. Chefred.: Univ. -Prof. a. D. Peter Berger. Köln/Graz, Jg. 1/56, jährl. erscheinen vier Hefte. b) Sonderhefte der Zeitschrift „Der Donau-raum“: Nr. 1: „Die wirtschaftliche Integration Osteuropas" (Das Heft enthält alle wirtschafts-wissenschaftlichen Vorträge der Jahrestagung 1958 des Instituts), Köln/Graz, 1958; Nr. 2: „Vierzig Jahre nach St. Germain und Trianon“ (Das Heft bringt die ungekürzte Wiedergabe aller im Rahmen der vom Institut durchgeführten Jahrestagung 1959 gehaltenen Vorträge, Köln/Graz, 1960). c) Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für den Donauraum: Bd I: Rudolf Wierer: „Der Föderalismus im Donauraum“. Köln/Graz, 1960.
Bibliographien Gerhard Hanusch: Osteuropa-Dissertationen 1945— 1950. Deutschland, Österreich, Schweiz, Nordeuropa, Westeuropa, Nordamerika in: „Jahrbücher für Geschichte Osteuropas", 1 (1953), Anhang: S. 1— 41; 2 (1954/55), Anhang: S. 45— 72; ders.: Osteuropa-Dissertationen 1951— 1953. Deutsches Sprachgebiet, Nordeuropa, Westeuropa, USA in: „Jahrbücher für Geschichte Ost-europas", 3 (195 5), Anhang: S. 73— 114. Hrsg, vom Osteuropa-Institut (München), München.
Südosteuropa-Bibliographie Bd I: 1945— 1950. I. Teil: Slowakei, Rumänien, Bulgarien. München, 1956; Teil II: Albanien, Jugoslawien, Ungarn. München, 1959. Herausgegeben von Fritz Valjavec. — Bd II: 1951— 1955. Teil I: Südosteuropa und größere Teilräume, Jugoslawien, Ungarn, Herausgegeben vom Südost-Institut (München), Red.: Gertrud Krallert-Sattler. München, 1960. — Im Teil II werden die Zusammenstellungen über Albanien, Bulgarien, Rumänien und Slowakei folgen. Alle Bände enthalten auch die in Österreich erschienene Literatur über Südosteuropa (Zeitschriftentitel und selbständig veröffentlichte Werke).
Werner Philipp, Igor Smolitsch, Fritz Valjavec: „Verzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums 1939— 1952 zur Geschichte Ost-europas und Südosteuropas". X. Südosteuropa in: „Forschungen zur osteuropäischen Geschichte". Berlin, 1, 1954, S. 303—316
Zusammenfassung
Prof. Rudolf Jagoditsch hat kärzlich in einem Aufsatz die umfassende Aufgabe der modernen Ostwissenschaft, wie sie sich nicht nur der österreichischen Forschung stellt, klar umrissen. Er ging dabei von den folgenden drei Aufgabenbereichen aus
1. Das wissenschaftliche Studium der slawischen Völker und Länder hinsichtlich ihrer nationalen, kulturellen und geschichtlichen Entwicklung, wie dies im Rahmen der Universitätsdisziplinen betrieben wird.
2. Die möglichste Verbreitung slawischer Sprachkenntnisse als der unumgänglichsten Voraussetzung nicht für das fachwissenschaftliche Studium, sondern mehr noch für die vielen anderen Erfordernisse, die Österreich aus seinem Wirtschaftsverkehr und seinen politischen und kulturellen Beziehungen mit den slawischen Ländern erwachsen.
3.
Ein neues und höchst aktuelles Sachgebiet — das Studium der gegenwärtigen Verhältnisse in den kommunistischen Ostblockländern auf den Gebieten Staats-und Rechts-leben, Wirtschaft, Gesellschaftsordnung, kulturelles Leben usw. —, kurz, alles was in seiner Gesamtheit als „aktuelle Ostforschung“
bezeichnet wird
Was die an den österreichischen Universitäten nach 1945 wieder aufgenommene Ost-und Südosteuropa-Forschung betrifft, so hat ihr Schwergewicht — gemäß der langen Tradition — in den letzten Jahren auf den beiden klassischen Disziplinen der Slawistik und der osteuropäischen Geschichte gelegen. Audi wenn sich die Slawistik gegenüber der Zeit vor 1945 hinsichtlich des Personalstandes der Hochschulen noch im Rückstand befindet, so nimmt sie in Umfang und Vielfalt der gesamten Forschungsarbeit weiterhin die erste Position ein. Dabei ist sie sich — ungeachtet der in vielen Dingen grundlegend geänderten Verhältnisse — „ihrer großen, noch aus der Zeit Miklosichs und Jagics kommenden Tradition auch heute bewußt und bestrebt, an den großen völkerverbindenden Aufgaben dieses Faches fruchtbar mitzuwirken"
festgehalten.
Das Interesse für die Verbreitung slawischer Sprachkenntnisse ist in Österreich seit 1945 ständig gestiegen. Die Ursache für diese aufsteigende Entwicklung wird nicht nur an dem heute in allen westlichen Ländern wachsenden Interesse für die Fragen des Ostens gesehen, sondern viel mehr noch in der Einführung des Unterrichts slawischer Sprachen in den österreichischen Mittelschulen
Darin heißt es: „Die geographische Lage und die geschichtliche Erfahrung Österreichs fordern eine Pflege der Sprachen der slawischen Nachbarvölker, aber auch des Russischen. Für das Russische spricht seine unbestrittene Bedeutung als Verständigungssprache der slawischen Völker untereinander, seine Verwendbarkeit bei internationalen Organisationen und Tagungen sowie die ständig wadisende Bedeutung der russischen wissenschaftlichen Fachliteratur.“
Das dritte von Prof. Jagoditsch genannte Sachgebiet — „aktuelle Ostforschung im Sinne der Aufbringung gesicherter Kenntnisse und objektiver Informationen über das gegenwärtige Leben und die öffentlichen Einrichtungen in den Ostblockländern“ zu treiben
Ein Gesamtüberblick über die österreichische Ost-und Südost-Forschung dürfte am besten mit einem wegweisenden Zitat aus einem Aufsatz des über die Grenzen des deutschsprachigen Raumes hinaus geachteten Wiener Osthistorikers, Prof. Heinrich Felix Schmid, seinen Abschluß finden. Prof. Schmid hat in einem 1953 erschienenen Beitrag über das Thema „Grundrichtungen und Wendepunkte europäischer Ostpolitik" die zentrale Aufgabe der gesamten Ostwissenschaft unmißverständlich formuliert. Er schreibt darin u. a.: „Die Lücken im Verstehen von Vergangenheit und Gegenwart unseres Erdteils auszufüllen, die sich aus der Vernachlässigung seines Ostens in der herkömmlichen Geschichtsauffassung und -darstellung ergeben, haben die Vertreter der Wissenschaft der osteuropäischen Geschichte stets als ihre vornehmste Aufgabe betrachtet. Sie haben damit, wenn auch vielfach unbewußt, zu ihrem bescheidenen Teil beigetragen zu der Erfüllung der Aufgabe, deren Lösung wir als das eigentliche Ziel europäischer Ostpolitik bezeichnen möchten — die Gleichwertig-machung des Ostens unseres Kontinents seinen höchstentwickelten Gebieten gegenüber.“ An anderer Stelle heißt es in demselben Aufsatz: „Wir wissen noch nicht, wann es zu einem neuen Wendepunkt in der Entwicklung der europäischen Ostpolitik kommen wird. Das eine können wir aus deren Geschichte als Lehre für die Gegenwart entnehmen: Ihr Ziel, die Gleichwertigmachung der europäischen Ost-völker, hat sie immer nur erreicht, wenn sie deren eigene geistige und wirtschaftliche Kräfte zu entwickeln verstanden hat. Und dazu bedarf es der Kenntnis dieser Kräfte, des Verständnisses für die Völker, in denen sie wirksam sind. Diese Kenntnis zu pflegen, dieses Verständnis zu wecken und zu verbreiten, ist die schöne und dankbare Aufgabe europäischer Ost-forschung: und darum bedeutet jede in deren Dienst durchgeführte Untersuchung, jede von europäischem Geist getragene Darstellung aus ihrem Gebiet einen Beitrag zur Erreichung der Ziele echt europäischer Ostpolitik.“