Der nadistehende Artikel von Hans Rothfels und die folgenden, erstmalig veröffentlichten Dokumente sind der von der Bundeszentrale für Heimatdienst herausgegebenen Publikation „ 20. Juli 1944" (3. Auflage, 360 Seiten, Berto-Verlag, Bonn) entnommen.
Bei den Dokumenten handelt es sich um Berichte der von Kaltenbrunner geleiteten „Sonderkommission 20. Juli 1944“, um Fernschreiben der militärischen Opposition aus der Bendlerstraße vom 20. Juli selber, um vorbereitete Erlasse und Aufrufe der Widerstandsbewegung sowie um erste Sprachregelungen der Partei-und Staatsdienststellen.
Der deutsche Widerstand — seine Motive und seine geschichtliche Bedeutung
Die Zeiten sind längst vorbei, da man in breiteren Kreisen des In-und Auslandes vom deutschen Widerstand gegen Hitler kaum etwas wußte außer der Tatsache des mißglückten Attentats vom 20. Juli. Und nur eine verzerrende Geschichtsauffassung, wie sie allerdings jenseits des Vorhangs gepflegt wird, kann auch heute noch wagen, mit Bezug auf dies Ereignis von einer „kleinen Clique ehrgeiziger Offiziere“ zu sprechen, wie es Hitler am Abend des Tages über den Rundfunk tat und die Alliierten von ihm übernahmen. Wir wissen heute, daß Widerstand nicht als Massenbewegung, wohl aber in breiterer Streuung als nach den Bedingungen eines Polizeistaates vermutet werden durfte, in allen Schichten und Klassen des deutschen Volkes lebendig war und sich betätigte, in der Arbeiterschaft und im Bürgertum, bei den Intellektuellen und den Kirchen, im Beamtentum und im Offizierskorps. Wir wissen auch von der Vielgestaltigkeit der Motive, die im Einzelfall zum Anschluß an die Bewegung führten, von der oft quälenden Langsamkeit des Weges, auf dem die Opposition gegen Teilerscheinungen oder gegen Eingriffe in den eigenen Lebensbereich sich zur grundsätzlichen Opposition gegen ein verbrecherisches Regime als solches entwickelte. Ebenso ist seit langem deutlich geworden, daß es zwar die Inflation des Widerstandsbegriffs zu vermeiden gilt aus jenen Jahren, da möglichst jeder zu ihm gehört haben wollte, daß aber unter den Begriff gewiß nicht nur aktive politische Opposition im unmittelbaren Sinne oder die Reihe der Attentatsversuche vom März 1943 bis zum 20. Juli 1944 hin zu rechnen, sind, sondern auch all das, was sich unter dem Terror des Dritten Reiches ergab an Leiden und Martyrium, an humanitärer Tätigkeit und Hilfe für die Verfolgten wie auch an bestimmten Formen des schweigenden Beiseitestehens. Für all dies liegen echte Zeugnisse in reicher Fülle vor, freilich nicht in gleichmäßiger Verteilung. Der Natur der Sache nach ist der Widerstand der Arbeiterschaft und auch sonst vieler Namenloser weniger gut bezeugt als der einzelner führender Männer und Grvvnen
Es ist daher schwierig, ein allseitiges Bild zu geben, und die Aufmerksamkeit hat sich somit vornehmlich bestimmten Richtungen zugewandt, etwa den Honoratioren mit der Mittelpunktfigur von Goerdeler oder den Jüngeren um Stauffenberg • 'y dem Kreisauer Kreis und den Grafen Moltke oder aber bestimmten Teilproblemen, wie dem Verhältnis der Wehrmacht zum Nationalsozialismus, also dem militärischen Sektor des Widerstandes, oder dem Kirchenkampf beider Konfessionen oder d Opposition der Wilhelmstraße. Aber es wird herauszuheben sein, da es einen Vereinigungspunkt der verschiedenen Gruppen bei allen Unte. Scheidungen letzten Endes gab: Er liegt im sittlichen und religiöser. Bereich einer Auflehnung gegen das Böse. So wie es Ernst Jünger, der mit vielen Kreisen des Widerstands in Fühlung war, in sein Tagebuch schrieb: „Man sieht dann auch, daß die moralische Substanz zum Zuge drängt, nicht die politische.“ Vielleicht kann man im besonderen Fall der deutschen Opposition sagen, daß beide zusammenfielen.
Was zunächst den politischen Ausgangspunkt betrifft, so war die Opposition in den ersten Jahren nach der Machtergreifung wesentlich von den Anhängern jener Parteien getragen, die vorher schon die eigentlichen Verteidiger der Weimarer Republik gewesen waren. Aber ihre tätigsten Führer verschwanden hinter Zuchthausmauern und Stacheldraht oder mußten über die Grenze weichen. Auf unterirdischem Wege wurde dann von den Exilgruppen der Kampf fortgesetzt, doch die Entdeckung ließ in aller Regel nicht lange auf sich warten, und die Opfer waren schwer. So kam der direkte politische Angriff zum Erliegen. An seine Stelle trat eine Zellenbildung besonders in der Arbeiterschaft, vor allem von alten Gewerkschaftlern beider Richtungen getragen, mit Wilhelm Leuschner und Jakob Kaiser an der Spitze. Das kam praktisch auf ein Bereitstehen hinaus, konnte aber nach allen Voraussetzungen nicht zu elementarem Ausbruch führen. Schon lange vor dem Kriege galt, was Leuschner 1939 an einen englischen Gewerkschaftler übermitteln ließ: „Wir sind Gefangene in einem großen Zudtthaus. Zu rebellieren wäre genau so Selbstmord, als wenn Gefangene sich gegen ihre schwer bewaffneten Aufseher erheben würden.“
Zu elementaren Ausbrüchen ist es gleichwohlgekommen, unter jungen Menschen zumal, die ihrer Empörung Worte verliehen. Die Witwe des Sozialisten Julius Leber, selbst eines elementar politischen Menschen unter den Führern der Opposition, hat in zwei schönen Gedenkbüchern Beispiele dieser Art festgehalten, in ergreifenden Zeugnissen wie im Bild menschlich reiner Antlitze. Auch die Münchner Studenten, die Geschwister Scholl und ihre Freunde, gehören hierher. Sie folgten einem inneren Gesetz, das ihnen nicht erlaubte, die Hände in den Schoß zu legen. „Der deutsche Name“ hieß es in einem ihrer Flugblätter, „bleibt für intmer geschändet, wenn nicht die deutsche Jugend endlich aufsteht, rächt und sühnt . . . und ein neues geistiges Europa aufrichtet.“ Diese jungen Menschen waren weder Fanatiker noch Sektierer. Mit einer freudigen Aufgeschlossenheit zu allem Guten und Schönen und doch in einer unerschütterlichen Gradlinigkeit sind sie ihren Weg gegangen — durch lauernde Gefahr und schwere Erprobung, bis in einen gefaßten, ja frohgemuten Tod hinein — „als schaue sie in die Sonne“, wie es von Sophie, „ohne Haß, mit allem, allem unter sich“, wie es von Hans Scholl bezeugt ist. Diese Haltung wiederholt sich im Prinzipiellen in vielen Männern des Widerstands auch der mittleren und der älteren Generation, sowohl im Gedanken der stellvertretenden Reinigung und Sühnung, den Persönlichkeiten so verschiedener Art, wie v. Hassell und v. Tresckow, Planck und Goerdeler in fast gleichlautenden Worten ausgesprochen haben, wie auch in Transzendenz der Todesstunde. Daß so gestorben wurde, wie es Graf Lehndorff etwa in dem Abschiedsbrief an seine Frau ausgedrückt hat, nachdem „alles Alte“ gewaltsam von uns gerissen sei, damit man eine „neue Kreatur“ werde, oder indem nach den Worten Halems der „Vordergrund des Ich so schattenhaft zu werden beginnt“, nach Überwindung „der letzten kleinen Unruhe“, die „den Baumwipfel erfaßt, ehe er stürzt“, weiterhin, daß gehandelt wurde in einem Moment, als noch einige Aussicht zu bestehen schien, das Äußerste für Deutschland und Europa zu vermeiden, und doch gehandelt wurde vor allem, um unter Beweis zu stellen, daß das deutsche Volk sich selbst zu befreien und sich von Verbrechen loszusagen wünsche, die täglich und stündlich in seinem Namen begangen wurden, das gehört nicht nur zu den menschlich ergreifenden Zügen des deutschen Widerstandes, sondern war auch ein echtes politisches Aktivum. Es ist damit in der Fernwirkung mindestens die angebliche Gleichsetzung von Deutschen und Nationalsozialisten zerrissen worden. Und es konnte damit dem Vansittartschen und Morgenthauischen Bild vom „Ewigen Deutschen" ein anderes entgegengestellt werden, wirklich im Ewigen verwurzelt und im Martyrium bezeugt.
Freilich solche letzten moralischen Positionen sind oft erst langsam und mühsam errungen worden, auf einem Weg, der durch Bedenken mancherlei Art und einen Konflikt der Pflichten hindurchgeführt hat. Nicht selten blieb es bei teilhaftem Widerstand auf dem eigenen Fachgebiet. Aber wenn der Generalstabschef Beck angesichts der von Hitler enthüllten Angriffspläne von der „Grenze des soldatischen Gehorsams“ sprach, so ist neben der unbestechlichen Einsicht in das Frivol-Abenteuerliche doch auch der elementare Durchbruch nicht zu verkennen.
Empörung gegen das Unmenschliche als Grundmotiv
Inf. Schule Döberitz (Oberst Müller)
Pz. Ersatzbrigade Döberitz (Oberst Bolbrinker) Krampnitz] Wannsee PLAN VON 1OOO BERLIN 1500 2000 Behörden VOn SS, Staat U. Partei • Der Reichsführer-SS SS-Sicherheitshauptamt Reichst SS-/Pers. Stab SS-Personalhauptamt SS-Führu ngshauptamt Der Höh. SS-u. Polizeiführer Berlin Chef des SS-Fernmeldewesens (6 Reichsmin. f. Volksaufkl. u. Propagandai @Reichsmin. d. Innern (8 Reichspostministerium (9) Preuß Staatsministerium (Ministerpräs. u. Staatsrat) @Der Stabschef der SA (OSAF) (2 SA Gruppe Berlin-Brandenburg • Anlage I a zu Wehrkr. Kdo. Jlila (VG) Nr. 1 ILFBHF, LAH (Leibstandarte) Feuerwerkerschule im Zeughaus V Waffenmeisterschuleim Schloß Z 4 Lichterfelde fMuancG Flugplatz 20. Juli 1944 1] Stadtkommandant v. Berlin — (Gen. Lt. vHase)
[2] Polizeipräsidium 3 OKH Bendlerstraße 14 Kdr. Gen. d. Wehrkreises III.
(Gen. v, Kortzfleisch) [6 Fehrbelliner Platz [7 Ministerwohnung (Goebbels) [8] Funkhaus [9 Lustgarten —— Regierungsviertel Wünsdorf Deutschlandsender (Kartographie von G. Wustmann) E 22. 442422
Inf. Schule Döberitz (Oberst Müller)
Pz. Ersatzbrigade Döberitz (Oberst Bolbrinker) Krampnitz] Wannsee PLAN VON 1OOO BERLIN 1500 2000 Behörden VOn SS, Staat U. Partei • Der Reichsführer-SS SS-Sicherheitshauptamt Reichst SS-/Pers. Stab SS-Personalhauptamt SS-Führu ngshauptamt Der Höh. SS-u. Polizeiführer Berlin Chef des SS-Fernmeldewesens (6 Reichsmin. f. Volksaufkl. u. Propagandai @Reichsmin. d. Innern (8 Reichspostministerium (9) Preuß Staatsministerium (Ministerpräs. u. Staatsrat) @Der Stabschef der SA (OSAF) (2 SA Gruppe Berlin-Brandenburg • Anlage I a zu Wehrkr. Kdo. Jlila (VG) Nr. 1 ILFBHF, LAH (Leibstandarte) Feuerwerkerschule im Zeughaus V Waffenmeisterschuleim Schloß Z 4 Lichterfelde fMuancG Flugplatz 20. Juli 1944 1] Stadtkommandant v. Berlin — (Gen. Lt. vHase)
[2] Polizeipräsidium 3 OKH Bendlerstraße 14 Kdr. Gen. d. Wehrkreises III.
(Gen. v, Kortzfleisch) [6 Fehrbelliner Platz [7 Ministerwohnung (Goebbels) [8] Funkhaus [9 Lustgarten —— Regierungsviertel Wünsdorf Deutschlandsender (Kartographie von G. Wustmann) E 22. 442422
In der Tat wird man bei jeder näheren Untersuchung der echten Widerstandsbewegung irgendwann und irgendwie, früher oder später, auf moralische Auflehnung gegen das Böse schlechthin, auf Empörung gegen das Unmenschliche als Grundmotiv stoßen und damit in allen wesentlichen Fällen eben doch auf mehr als ressorthaften, d. h. auf totalen Widerstand gegen ein totales System. Das gilt im gewissen Sinne schon von all denen, die sich persönlich integer hielten, deutlicher noch von den nicht wenigen einzelnen oder locker organisierten Gruppen, die sich unschuldig Verfolgter annahmen oder Verfemten Menschlichkeit bezeugten. Sie taten nichts Sensationelles, nichts, was das Regime unmittelbar angriff, sie hatten kein politisches Ziel außer dem, den ununterdrückbaren Forderungen der Humanität nachzuleben, aber eben damit richtete sich ihre oppositionelle Tätigkeit gegen den zynischen und menschenverachtenden Kernbestand der herrschenden Doktrin. Das gilt ebenso von den Mitgliedern wissenschaftlicher und künstlerischer Kreise, deren Widerstand nach der Natur alles Geistigen auf die tief demoralisierende Wirkung der Tyrannei gerichtet sein mußte. So beschwor Ernst Wiechert in einer Rede an die deutsche Jugend 1935 seine Zuhörer, nicht zu schweigen, wenn das Gewissen zu reden befiehlt, weil „nichts das Mark eines Mannes so zerfrißt wie die Feigheit“. — Das gilt erst recht von den Ergriffenen innerhalb beider Kirchen, bei deren Opposition die Verteidigung des Evangeliums voranstand, die dann aber fortschritt über den Angriff auf die rassendogmatische Umdeutung des Christentums zum Angriff auf die wesenhaften Züge des Systems im ganzen: auf die Vergöttlichung eines Sterblichen, auf die Mißachtung der Heiligkeit des Lebens und die Verspottung elementarer Rechtsbegriffe. So betonte ein Hirtenbrief der deutschen Bischöfe, daß sie nicht nur für religiöse und kirchliche Rechte eintraten, sondern für „menschliche Rechte schlechthin“.
Man hat alle Ursache, dies zentrale Motiv immer wieder zu betonen, und es spricht gerade für das Bleibende und Gültige des religiösen Widerstands, daß er nicht unmittelbar politisch war, sondern vom innerlichsten Anliegen her in das Ganze des staatlichen und sozialen Gefüges hineingriff. Gewiß gab es auch im Kirchenkampf Lauheiten. Und es gab den Widerstand des Fachmannes, sei es, daß er sich gegen eine unsinnige Finanzierungspolitik oder eine friedensgefährdende Diplomatie oder gegen eine dilettantische Kriegführung richtete. Von einer so teilhaften Opposition war es schwer, zum Entscheidenden und Ganzen vorzustoßen. Aber es wird ebenso festzustellen sein, daß es Fälle gab, in denen es — wenn auch spät — zu diesem Durchstoß kam, wie etwa beim Feldmarschall Rommel, ja Fälle, in denen die Opposition des Fachmanns erst geschichtliche Tragweite erlangte auf der Grundlage einer vorherigen tiefen Erschütterung gewohnter Vorstellungen. Ein Beispiel dafür bieten die Briefe des Generalmajors Stiess. Er schloß sich der Verschwörung erst im Sommer 1942 an, sein Entschluß erwuchs zum Teil aus der Empörung über unverantwortbares militärisches Handeln an der Moskauer Front. Aber dem ging eine andere Erfahrung voraus, gleich zu Beginn des Polen-Feldzuges und im Anblick der SS-Verbrechen, die dort begangen wurden. Sie preßten ihm den Satz in die Feder: „Ich schäme mich, ein Deutscher zu sein.“
Es sind das Worte, die mancher Zeitgenosse heute nicht gern mehr hören mag und die doch als ergreifendes Zeugnis der Gewissensbedrängnis vor der Vergessenheit bewahrt werden sollten. Zudem knüpfen sich hier Erwägungen allgemeiner Art an. Es ist eine weit verbreitete Meinung, daß die deutsche Generalität bereitwillig mit dem Regime gegangen sei, solange die Aufrüstung große berufliche Aussichten eröffnete, und weiter dann, solange Siege geerntet wurden oder der Endsieg zu winken schien. Das trifft für Einzelfälle ohne Zweifel zu; und es ist auch einzuräumen, daß es schwer sein mußte und in der kämpfenden Truppe kaum Widerhall finden konnte, wenn eine Offiziers-Opposition sich den zunächst ja atemberaubenden Erfolgen des Führers entgegenstellte, auf einem Wege noch dazu, der wenigstens zu Anfang als eine Revision gewisser Fehlentscheidungen von 1919 gelten konnte. Eine vielfältige Schicht von Motiven sehr verschiedener Art und Wertigkeit mochte sich hier querlegen. Man kennt die Kritik, die Männer des Widerstandes an den Karrieremachern und Ordenssternjägem geübt haben, oder auch an denen, die prinzipiell bereit waren, aber aus an sich pflichtmäßigen Erwägungen nicht zum Handeln entschlossen waren.
Umso mehr ist hervorzuheben, daß es gerade in der höheren militärischen Führung der Männer genug gab, die auf einem Standpunkt standen oder früh zu ihm sich durchgerungen hatten, auf dem nur noch die Stimme des eigenen Gewissens Richter war. Sie haben zum Teil schon den Weg zum Kriege bekämpft oder durch eine innere Erhebung abzufangen gesucht, und zwar nicht nur, weil er zur Niederlage Deutschlands führen werde; auch setzte ihrer aller Widerstand nicht erst ein, als die Phase des Erfolges abgelaufen war. Sie haben sich dem Verbrecherischen, daß dieser Politik wie dieser Kriegführung im ganzen eigen war, entgegengestellt. Entsprechendes wäre von der diplomatischen Opposition zu sagen. Gewiß, der Staatssekretär von Weizsäcker und die Männer der Wilhelm-straße, die ihm nahestanden, sind aus einer Politik, die sie mißbilligten, nicht frontal ausgebrochen. Sie suchten, in ihrem Rahmen den Frieden zu wahren oder mindestens den Ausbruch des Krieges hinauszuschieben, wozu das Hereinbringen von Einzelerfolgen und die Auflösung festgefahrener Situationen mit den konventionellen Mitteln der Diplomatie durchaus gehörte. Aber daneben läuft eine andere, sehr unkonventionelle Linie. Sie beginnt während der Tschechen-Krise im August/Sep-tember 1938, als nach einem Vorfühlen durch den pommerschen Gutsbesitzer von Kleist eine Aktion Weizsäckers in London folgte, die durch die Erwirkung einer entschiedenen englischen Stellungnahme und damit durch die Klarstellung der Kriegsgefahr die Voraussetzung für den inneren Staatsstreich schaffen sollte. Diese Art indirekten Handelns setzte sich fort bis zum Kriegsausbruch. Entscheidend dabei war, daß ein Durchbruch traditioneller Bindungen geschah, daß eine Diplomatie gegen ihre eigene Regierung und für die Erhaltung des Friedens kämpfte, weiterhin, daß sie es tat, nicht nur, weil sie vom Angriff eine Katastrophe Deutschlands erwartete, sondern auch um einer menschenwürdigen Ordnung zwischen den Völkern willen.
Man kann gewiß fragen, ob bei den Führern des militärischen wie des diplomatischen Widerstandes die Klarheit der Einsicht und der moralischen Unantastbarkeit die Kraft und Massivität des Willens entsprach. Es waren das ja Männer, denen keine andere Rolle von Haus aus so wenig lag wie die des Revolutionärs oder Verschwörers. An Brutalität war ihnen der innere Gegner gewiß überlegen. Man braucht nur die Rede Himmlers an die Gauleiter zum 20. Juli zu lesen, um dessen gewahr zu werden, auf wie verschiedenen Ebenen, nicht nur des Menschentums, sondern auch fanatischer Entschlossenheit sich dieser Kampf abgespielt hat. Aber für die Männer der mittleren Generation, für Sozialisten, Konservative und Christen, wenn nicht fanatischer so doch radikaler Art, dürfte der Abstand schon etwas anders zu formulieren sein. Nicht an Bedenksamkeit jedenfalls und Mangel an Einsatz oder an technischen Fehlern dilettantischer Verschwörer, wie man wohl lesen kann, und nicht am Widerstand gegen den Widerstand ist die Reihe der Anschläge bis zum 20. Juli und der dieses Tages selbst gescheitert.
Auch wird nicht zu übersehen sein, daß es den Männern des Widerstandes nicht nur um die unmittelbare Reinigungstat ging, so sehr sie zentral blieb, es ging auch um die Frage, wie der Bürgerkrieg zu vermeiden und doch dem Weißbluten ein Ende zu machen sei. Und es ging nicht zum wenigsten darum, was an Stelle des gestürzten Regimes treten solle, für welches Zukunftsbild Deutschlands und Europas die Tat geschähe.
Dazu sind von Goerdeler, von Popitz und Jessen sowie vor allem im Kreisauer Kreise Überlegungen angestellt und Entwürfe ausgearbeitet worden, die auch heute noch starke Beachtung verdienen und bei denen es letzten Endes um Wiederherstellung und Bewahrung der Würde des Menschen, aber auch um durchgreifende gesellschaftliche Reformen ging. So hat einer aus diesem Kreise und zugleich ein Mann des Auswärtigen Amtes, Adam von Trott, formuliert: „Die Opposition glaubt, daß die entscheidende Entwidtlung in Europa auf sozialem, nicht auf niilitärischem Gebiet stattfinden wird.“
Wie aber fanden Männer, die so stark religiös und sozial gebunden waren, den Entschluß zum Tyrannenmord? Und konnte eine solche Tat überhaupt das Unheil wenden? Moltke neigte zu der Auffassung, daß eine innere Revolte die Probleme nur verwirren werde. Aber weder verhärtet sich diese Ansicht bei ihm zu einem Dogma des nur passiven Widerstands noch wurde sie von anderen Mitgliedern des Kreises geteilt, einige nahmen vielmehr an der Vorbereitung wie an der Tat selbst aktiven, ja führenden Anteil. Und doch ist keinem von ihnen die quälende Frage erspart geblieben, ob Gewalt ein Heilmittel sein konnte. Erst recht in der älteren Generation war, wie schon beont, der Weg zu solchem Entschluß ein mühsamer. Um so weniger sollte man die Achtung vergessen gegenüber dem Gewissenskampf, mit dem hier um das Problem des politischen Mordes und auch des Treueids gerungen worden ist. Gerade, daß man diese Fragen nicht leicht nahm, macht zu einem Teil das sittliche Gewicht einer Entscheidung aus, die alle Hemmnisse überwand und die auch vor dem vollen Austrag des Dilemmas zwischen Beamten-oder Offizierspflicht, zwischen den üblichen Geboten nationaler Disziplin und einer höheren Vaterlandsliebe nicht zurückgescheut ist.
Deutschland und Europa sollten vor dem drohenden Chaos bewahrt werden
Dieses Dilemma mußte sich im Kriege ungemein verschärfen. Wenn es darum ging, Deutschland und Europa vor dem drohenden Chaos zu bewahren, wenn es zu diesem Zweck galt, Kontakte mit dem Ausland aufzunehmen, so war eine selbstverständliche Voraussetzung dafür die entschiedenste Absetzung vom innerdeutschen Regime und seinen Verbrechen. Man durfte nicht im leisesten dem Verdacht Vorschub leisten, daß es nur darum gehe, mit einem blauen Auge aus dem sowieso verlorenen Krieg herauszukommen und nicht um eine radikale Wendung gegen Hitler und sein innen-wie außenpolitisches System als gleichermaßen sündhaft.
Aber bedeutete der Kampf gegen die eigene Regierung mitten im Krieg nicht zugleich ein Sichabsetzen von der Frontgemeinschaft, um so belastender, je schärfer sie unter Druck gestellt, je hoffnungsloser sie insbesondere in der Abwehr der bolschewistischen Drohung verstricht war? — Die Männer des deutschen militärischen Widerstandes in Heimatstäben wie in leitenden Kommandostellen in Ost und West wären gewiß die letzten gewesen, der opferreichen Kameradschaftsgesinnung, in der ihre Söhne, Verwandten und Freunde lebten, und der Härte der Pflichterfüllung, wie sie an der Front tagaus tagein geübt wurde, die hohe Achtung zu versagen, die ihnen für immer gebührt. Aber sie mußten für sich selbst eine schwere Pflicht und eine höhere Verantwortung auf sich nehmen, indem sie einer Führung sich widersetzten, die jene Opfer zu unmenschlichen Zielen eines barbarischen Großreichs verbrauchte und zuletzt in einem Götterdämmerungswahn Versank, der in den eigenen Untergang ein ganzes Volk mit herabzureißen gedachte. Diejenigen, die am tiefsten loteten, waren von Anfang an überzeugt, daß man unter dem NS-Regime einen Sieg nicht einmal wünschen dürfe, den Sieg des Antichrist, wie es der Abwehrchef Canaris formulierte, des „Tiers aus dew Abgrund“. Daß ein solcher Sieg an sich unwahrscheinlich war, auch im äußeren Triumph der ersten Jahre, und immer unwahrscheinlicher wurde, mochte deutlich sein, mindert aber nicht die Schwere des Konflikts.
Das Dilemma, vor dem viele standen, hat der Theologe Dietrich Bonhoeffer am schärfsten mit den Worten herausgestellt: „ .. . Nur durch Niederlage können wir Sühne leisten für die furchtbaren Verbrechen, die wir gegen Europa und die Welt begangen haben.“ Und als der Angriff auf die Neutralen, auf Dänemark und Norwegen, auf Holland und Belgien bevorstand, da hat der Abteilungsleiter der Abwehr, der Generalmajor Oster, aus freier Gewissensentscheidung dem neuen Unrecht durch eine Warnung an die Bedrohten Einhalt zu bieten gesucht.
An solches Denken und Handeln setzt das Geraune um den Dolchstoß an, mit dem der deutsche Widerstand die Kriegführung sabotiert habe oder mit dem die von Opposition zersetzten Heimatstäbe der Front in den Rücken gefallen seien, so daß dem Führer der sichere Sieg entglitt. Ja, man kann heute lesen, daß nicht nur der Zusammenbruch von 1945, sondern auch der Kriegsausbruch selbst durch die deutsche Opposition verschuldet sei, weil nur das Wissen um ihre Existenz England zum Eingriff ermutigt habe. Das sind krasse Fälschungen und verzerrte Abwehrreaktionen, mit denen eine Entlastungsoffensive vorgetragen wird.
Aber auch eine zu niedrig gegriffene Verteidigung, die das Widerstandsproblem im Kriege bagatellisiert, weicht der geschichtlichen Wirklichkeit aus. Gewiß ist es richtig, daß keinerlei Sabotage irgendwie erheblicher Art geübt worden ist, nicht einmal von Fremdarbeitern, daß Osters Mitteilungen keinen Schaden taten, weil man sie für eine Finte hielt und daß der Sieg aus vielen Gründen unerreichbar war. Das ist von Sachverständigen für die verschiedensten Teilfragen in einwandfreier Untersuchung bestätigt worden.
Man kann weiterhin auch begründetermaßen vom Unrechtscharakter des Regimes sprechen, dem gegenüber man nicht habe Unrecht tun können oder vom erschlichenen Eid, der im Sinne eines zweiseitigen Treueverhältnisses schon längst von dem aufgelöst war, dem man ihn geleistet hatte. Aber solche Beweisführung verhüllt den Kern des Problems, seine geschichtliche sowohl wie seine bleibende Bedeutung. Der Widerstand bedarf nicht dieser Art von Verteidigung, die Besten in seinen Reihen wußten ohnehin, daß sie der letzten Gerechtigkeit entbehrten und der Gnade Gottes unterworfen blieben. Aber dies Bewußtsein entband sie nicht davon, sondern bestärkte sie in der Pflicht des Angriffs gegen ein System, das des Menschen Gewissen zu vergewaltigen und ein ganzes Volk in Verbrechen zu verstricken und in den Untergang zu führen unternahm.
Damit ist eine Grenzsituation bezeichnet, in der die Rangordnung traditioneller Werte in Frage gestellt wird und der Anspruch eines Unbedingten hindurchbricht. Das hatten im deutschen Widerstand gerade Kreise zu erfahren, die besonders stark an überkommenen Maßstäben hingen. Was für sie der Grenzfall und die Herausforderung zum Durchbruch war, das hat einer der Kreisauer, der Graf Yorck, vor dem Volks-gerichtshof in aller Klarheit und Schlichtheit ausgesprochen: „Das Wesentliche ist der Totalitätsanspruch des Staates gegenüber dem Bürger unter Ausschaltung seiner religiösen und sittlichen Verpflichtungen“.
Solche Erfahrungen und Situationen müssen ins Gedächtnis gerufen werden, nicht nur um der Wahrheit und Gerechtigkeit willen, sondern auch mit dem Blick auf Möglichkeiten der Gegenwart und der Zukunft. Es sind vom deutschen Widerstand Umwertungen vorgelebt und vorgestorben worden, die zum Wesen der Zeit gehören, in der wir existieren, jedenfalls überall da, wo das Totalitäre herrscht oder droht, — Umwertungen im Sinn einer international gültigen Front des Menschlichen gegen das Unmenschliche. In einem oft zitierten Wort hat ein anderer Kreisauer, der Graf Moltke selbst, geschrieben, daß die Zukunft Europas weniger ein Problem von Grenzen und Soldaten, von wasserkopf-artigen Organisationen und großartigen Planungen sei als vielmehr davon abhänge, „wie das Bild des Menschen“ wiederhergestellt werden könne. Der bekannte amerikanische Sowjetexperte G. E. Kennan hat dies Wort mit ungewöhnlichem Nachdruck ausgenommen und davon gesprochen, wie bitter nötig Männer von der Art des Grafen Moltke seien, wenn „die Zukunft der Region von der Elbe bis zur Beringstraße wieder eine glücklichere sein soll.“
Es liegt darin die Anerkenntnis einer Realität, die als Überzeugung und Opferwille an der Grenze des menschlich Zumutbaren zur Wirkung kommt, wie der 17. Juni und die Ereignisse in Posen und Budapest seitdem unter Beweis gestellt haben. Der deutsche Widerstand sah sich einer in Vieler Hinsicht einmaligen Grenzsituation gegenüber. Aber die Art, wie seine führenden Männer für die Pflichten und die Würde des Humanen Zeugnis abgelegt haben, macht sie zum Vortrupp einer Bewegung über den Einzelfall wie über nationale Ziele und nationale Grenzen hinaus.
Dokumente
Das Attentat im Spiegel des SS-Berichts vom 26. 7. 1944
Reichssicherheitshauptamt — IV — Sonderkommission 20. 7. 1944.
Berlin, den 26. Juli 1944. Bericht zum Attentat auf den Führer am 20. Juli 1944.
Am 20. 7. 1944 gegen 12. 50 Uhr erfolgte in der „Wolfschanze", Sperrkreis A, Gästebaracke, während der Lagebesprechung Detonation. Der Führer erlitt, obwohl in unmittelbarer Nähe des Detonationsherdes, nur leichte Verletzungen.
Schwer verletzt wurden:
General Korten, Oberst Brand und Stenograph Berger, die ihren Verletzungen inzwischen erlagen, und General Bodensdiatz Generalleutnant Schmundt Generalmajor Scherff und Oberstleutnant Borgmann.
Leichter verletzt wurden:
General Buhle Generalleutnant Heusinger Konteradmiral v. Puttkammer und Kapitän zur See Assmann.
Weitere Teilnehmer erlitten leichte Verletzungen.
II.
Reichsführer-SS hat unmittelbar nach Bekanntwerden Sonderkommission Reichssicherheitshauptamt zur Aufklärung des Attentats eingesetzt, die noch am gleichen Tage nach persönlicher Einweisung Ermittlungstätigkeit aufnahm.
Reichsführer-SS gab bei Sachverhaltsschilderung bekannt, daß Täter vermutlich Oberst Graf von Stauffenberg, Chef des Stabes beim Befehlshaber des Ersatzheeres, ist. Dieser hatte an Lagebesprechung teilgenommen und sich noch vor Detonation ohne Abmeldung entfernt. Unmittelbar ist er mit Flugzeug nach Berlin geflogen.
III.
Engerer Tatort ist Lagezimmer, in dem die täglichen Lagebesprechungen . stattfanden, 12, 5 m langes und 5 m breites Zimmer, in dessen Mitte großer Kartentisch, an rechter Seite kleinerer runder Tisch, links Schreibtisch und Musikschrank. Raum und gesamtes Mobiliar stark zerstört. Rechts vom Eingang Loch im Fußboden von 55 cm Durchmesser. Weiter im Umkreis Boden eingedrückt und Verkohlungen. Metallische Einschüsse nicht feststellbar, dagegen Einsprengungen von Holz-und Leder-teilchen in Preßpappwänden.
Sprengloch zeigt, daß Sprengkörper oberhalb des Fußbodens detonierte. Zusammengesetzte Teile des rechten der drei Tischstücke zeigen deutlich Richtung der Detonationswelle. Auf Lichtbilder und Skizzen wird hingewiesen.
Untere Druckwelle der Detonation hat sich in Hohlräumen unter Fußboden durch gesamte von Backsteinmauer und Betondecke umgebene Baracke fortgesetzt und Zerstörungen leichterer Art in ihr, insbesondere durch Aufwölben des Fußbodens, verursacht. Obere Druckwelle zerstörte weitgehend Lagezimmer und fand Ausgang durch Fenster und Tür sowie Zwischenwand. Genaueste Durchsiebung der Schuttmassen führte u. a. zur Auffindung kleiner und kleinster Leder-und Metallteile, offenbar von Aktentasche herrührend, von Blechstücken und 2 Druckfedern, die von englischen chemisch-mechanischen Zeitzündestiften stammen, sowie eiserner Flachzangenbacke.
Alle anderen Funde offenbar in keinem Zusammenhang mit Sprengkörper.
An Straße vom Ausgang „Süd“ zum Flughafen bei Suchaktion unter Einspannung Pioniereinheit wurden gefunden: 975 g schwerer Sprengstoffklumpen mit 2 Initialzündkörpern je 20 g und 1 englischer chemisch-mechanischer Zeitzündstift für 30 Minuten Verzögerung mit aufgesetzter englischer Sprengkapsel.
Sprengstoff war in Packpapier gewickelt.
Ärztlicher Befund: Ausschließlich auf Detonationsdruck zurückzuführende Verletzungen und Zerreißungen. Außerdem erhebliche Verbrennungen. In verschiedenen Wunden Holzteile, Stroh und vermutlich zerfetztes Leder. In Röntgenbildern insgesamt nur 2 vermutlich von Aktentaschenverschluß herrührende kleine Metallsplitter.
IV. • Aufgefundene Lederteile als zu Aktentasche Stauffenberg's gehörig durch Zeugen anerkannt. Am Tatort gefundene Zünderteilchen stammen von 2 dem an der Straße aufgefundenen englischen chemisch-mechanischen Zeitzündstift gleichartigen Zündern. Da am Tatort 2 Druckfedern derartiger Zeitzünder sichergestellt, muß Sprengladung 2 solche Zünder enthalten haben. An Straße nach Flugplatz gefundene Sprengladung war gleichfalls für 2 Zünder hergerichtet. Deshalb vermut-lich zur Tat benutzter Sprengkörper dem aufgefundenen völlig gleichartig. Nach Gutachten des Sprengstoffsachverständigen entsprechen Verwüstungen am Tatort der Wirkung des aufgefundenen Sprengkörpers.
Fahrer des Pkw., der Stauffenberg zum Flughafen gefahren, hatte Herauswerfen eines Gegenstandes in Fundgegend beobachtet und ausgesagt. Somit Täterschaft Stauffenberg's objektiv festgestellt.
V.
Stauffenberg hat als Chef des Stabes von Generaloberst Fromm wiederholt an Besprechungen im Führerhauptquartier teilgenommen. Örtliche Verhältnisse ihm daher bekannt. Er landete 20. 7. 44, 10. 15 Uhr Rastenburg. Generalmajor Stiess, Chef Organisationsabteilung OKH, und Oberleutnant von Haeften, Ordonanzoffizier Stauffenberg kamen gleichzeitig. Stauffenberg sofort nach „Wolfschanze", Stiess zur Unterkunft OKH, von Haeften zunähst mit Stiess, sollte später Stauffenberg in „Wolfschanze" treffen.
Stauffenberg frühstückte im Kasino „Wolfschanze" zusammen mit dem Kommandanten, bis er zu vorgesehener Besprechung bei General Buhle abberufen wurde. An dieser Besprechung nahm auch Generalleutnant von Thadden, Chef des Stabes beim Befehlshaber Wehrkreis I Königsberg, teil.
Anschließend Buhle, von Thadden und Stauffenberg zur Besprechung bei Generalfeldmarshall Keitel.
Stauffenberg führte während der ganzen Zeit Aktentashe mit sih. Als 12. 30 Uhr alle Genannten aus Bunker KeiteTs zur Lagebesprehung wollten, ging Stauffenberg kurz mit Aktentashe in ein Nebenzimmer, so daß die übrigen Herren auf ihn warten mußten. Vermutlich hat er dort die Zeitzünder durh Eindrücken ausgelöst, möglicherweise unter Zuhilfenahme Flahzange, da ihm rehte Hand und 2 Finger an linker Hand fehlten, so daß Eindrücken Zeitzünder ohne Hilfsmittel ihm shwierig. In Lagezimmer wurde Stauffenberg von Keitel dem Führer zum Vortrag befohlen gemeldet und vom Führer begrüßt. Anschließend ging Stauffenberg an Kartentish, stellte Aktentashe unter den Tish, rehts neben Oberst Brandt. Nah kurzer Zeit verließ er Lagezimmer und Sperrkreis A.
Stauffenberg wurde bereits vor Detonation, da er irgend eine Auskunft geben sollte, vermißt. General Buhle hat ihn noh gesuht. Nah Detonation meldete Telefonist, Wahtmeister Adam, daß er Stauffenberg kurz nah Beginn der Lagebesprehung habe fortgehen sehen. Ver-mutlih sei er der Täter.
Weitere Vernehmungen und Erhebungen ergaben:
Etwa gegen 12. 00 Uhr war General Fellgiebel, Generalbevollmähtig-ter für das Nachrichtenwesen, beim Wehrmachtsnachrichtenoffizier im Führerhauptquartier, Oberstleutnant Sander, ershienen, um mit ihm verschiedene dienstlihe Angelegenheiten zu besprehen. Zunähst gingen Fellgiebel und Sander gemeinsam zu Oberstleutnant Weizenegger vom Stab des Generalobersten Jodl wegen vershiedener Funkunterlagen. Später kehrten Fellgiebel und Sander ins Arbeitszimmer des Letzteren im Bunker 8 8 zurück. Gegen 12. 30 Uhr bemerkten sie, daß Generalfeldmarschall Keitel in Begleitung von Stauffenberg u. a. m. zur Lagebesprechung ging.
Um sicherzustellen, daß Stauffenberg nach Lagebesprechung zu General Fellgiebel käme, rief Sander Wachtmeister Adam an, daß er Stauffenberg nach Beendigung der „Lage“ nach Bunker 88 bitten möge.
Kurz darauf erschien Oberleutnant von Haeften im Arbeitszimmer Sander’s und bat Fellgiebel um Unterstützung bei der Beschaffung eines Pkw., da Oberst Stauffenberg gleich weg müsse. Sanders rief deshalb die Kommandantur an, um einen Wagen anzufordern. Dabei wurde er von der Kommandantur gebeten, Stauffenberg daran zu erinnern, daß er vom Kommandanten, Oberstleutnant Streve, zum Mittagessen, an dem auch General von Thadden teilnehme, erwartet würde.
Noch während dieses Telefongesprächs hatte Stauffenberg ins Zimmer gesehen und sich General Fellgiebel als zur Besprechung bereit gemeldet. Fellgiebel und Stauffenberg gingen dann vor den Bunker, wo sie über Ostbefestigungen sprachen. Sander kam zu ihnen und meldete, daß ein Wagen käme und daß Stauffenberg vom Kommandanten zum Essen erwartet werde.
Daraufhin erklärte Stauffenberg dem Oberstleutnant Sander, daß er zunächst noch einmal zur „Lage“ müsse und dann zum Essen kommen wolle. Im übrigen wies er darauf hin, daß er selbst über einen Wagen verfüge. Als Sander dies der Kommandantur telefonisch mitgeteilt hatte und er vor den Bunker zurückkehrte, erfolgte plötzlich die Detonation, wobei ihm das besonders schreckhafte Zusammenfahren Stauffenberg’s auffiel. Auf die bestürzte Frage Fellgiebel’s, was los wäre, erklärte Sander, ohne sich etwas Ernstes dabei zu denken, daß es öfter passiere, daß jemand schieße oder eine Mine hochgehe.
Stauffenberg erklärte dann, daß er nicht mehr zu „Lage“, sondern zu Oberstleutnant Streve zum Essen fahren werde und fuhr zusammen mit von Haeften los, um sich tatsächlich zum Flugplatz zu begeben.
Der Vorgang in der Gästebaracke war von der Wache 1 teilweise beobachtet worden, so daß der wachhabende Leutnant Sperre anordnete. Daraufhin wurde Stauffenberg zunächst an der Wache angehalten. Er erklärte dem Wachhabenden, daß er dringend zum Flugplatz müsse. Da er im Besitze eines ordnungsgemäßen Ausweises und dem Wachhabenden außerdem bekannt war, ließ dieser ihn passieren, zumal die Auslösung des Alarms noch nicht vorlag, sondern erst etwa 11/2 Minuten später erfolgte.
An Außenwache „Süd“ Stauffenberg erneut angehalten. Er begab sich daraufhin zum Wachhabenden, Feldwebel Kolbe, dem er erklärte, unbedingt sofort zum Flughafen zu müssen. Kolbe ließ sich nicht überrumpeln, sondern verwies auf Sperre. Daraufhin rief Kolbe auf Wunsch von Stauffenberg die Kommandantur an und erhielt in Abwesenheit des am Tatort befindlichen Kommandanten Verbindung zum Adjudanten, Rittmeister von Möllendorf. Diesem teilte Stauffenberg mit, daß er vom Kommandanten die Erlaubnis zum Verlassen des Sicherungsbereichs habe und unbedingt um 13. 15 Uhr fliegen müsse. Der Adjudant, der den Grund des ausgelösten Alarms nicht kannte, während ihm die Berechtigung des Oberst Stauffenberg zum Aufenthalt in der „Wolfschanze" bekannt war, erklärte sich auf Grund der Angaben des Stauffenberg mit dessen Abfahrt einverstanden und bestätigte das auch fenmündlich dem Feldwebel Kolbe.
Dabei muß berücksichtigt werden:
1 .) Alarm wird ziemlich häufig ausgelöst, 2 .) Stauffenberg besaß ordnungsgemäße Papiere, 3 .) Stauffenberg war als Schwerkriegsbeschädigter und ausgezeichneter Offizier bekannt, so daß von Möllendorf zunächst keinen Grund hatte, Verdacht zu schöpfen.
Stauffenberg passierte daraufhin auch die Wache „Süd“ und flog um 13. 15 Uhr vom Flughafen Rastenburg nach Berlin-Ringsdorf. Nachforschungen nach Herkunft des Flugzeuges ergaben, daß es auf Befehl des Generalquartiermeisters des Heeres, General Wagner, durch Vermittlung des I/Fliegerverbindungsgeschwaders 2 Berlin vom Flugplatz Lötzen für Stauffenberg abgestellt worden war. Das Flugzeug hätte ohnehin nach Berlin überführt werden sollen.
VI.
Der Hergang des Attentats und die Ankunft und Abfahrt des Attentäters können an Hand obiger Ausführungen als objektiv einwandfrei geklärt betrachtet werden.
Ein Versagen der vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen gegen ein Attentat kann nicht festgestellt werden, da die Möglichkeit, daß ein zur Lagebesprechung befohlener Generalstabsoffizier sich selbst für ein derartiges Verbrechen hergeben würde, überhaupt nicht in Rechnung gestellt worden war.
Der Vorfall zwingt jedoch dazu, zukünftig bei den Schutzmaßnahmen für den Führer auch die letzte Möglichkeit zu berücksichtigen. Bezüglich der Sicherungsmaßnahmen werden daher im Einvernehmen mit dem Reichssicherheitshauptamt gesondert Vorschläge unterbreitet werden.
(Anlage zum Kaltenbrunnerbericht vom 26. 7. 1944)
Die Fernschreiben der Bendlerstraße Fernschreiben 1 — FRR — HOKW 02150 20. 7. 44 16. 45 FRR an W. Kdo. XII -gKdos -
Innere Unruhen.
I.
Eine gewissenlose Clique frontfremderParteiführer hat es unter Ausnutzung dieser Lage versucht, der schwerringenden Front in den Rücken zu fallen und die Macht zu eigennützigen Zwecken an sich zu reißen.
II.
In dieser Stunde höchster Gefahr hat die Reichsregierung zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung den militärischen Ausnahmezustand verhängt und mir zugleich mit dem Oberbefehl über die Wehrmacht die Vollziehende Gewalt übertragen.
III.
Hierzu befehle ich:
1 .) Ich übertrage die Vollziehende Gewalt — mit dem Recht der Delegation auf die territorialen Befehlshaber — in dem Heimatkriegsgebiet auf den Befehlshaber des Ersatzheeres unter gleichzeitiger Ernennung zum Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet.
In den besetzten Westgebieten auf den Oberbefehlshaber West (Ober-befehlshaber der H. Gr. D), in Italien auf den Oberbefehlshaber Südwest (Oberbefehlshaber der H. Gr. C), in dem Südostraum auf den Oberbefehlshaber Südost (Oberbefehlshaber der H. Gr. F), in den besetzten Ostgebieten auf die Oberbefehlshaber der H. Gr. Südukraine, Nordukraine, Mitte, Nord und den Wehrmachtsbefehlshaber Ostland, für ihren jeweiligen Befehlsbereich in Dänemark und in Norwegen auf die Wehrmachtsbefehlshaber.
2 .) Den Inhabern der Vollziehenden Gewalt sind unterstellt:
a) Sämtliche in ihrem Befehlsbereich befindlichen Dienststellen und Einheiten der Wehrmacht einschl.der Waffen-SS, des RAD und der OT.
b) Alle öffentlichen Behörden (des Reichs, der Länder und der Gemeinden), insbes. die gesamte Ordnungs-, Sicherungs-und Verwaltungspolizei.
c) Alle Amtsträger und Gliederungen der NSDAP und der ihr angeschlossenen Verbände.
d) Die Verkehrs-und Versorgungsbetriebe.
3 .) Die gesamte Waffen-SS ist mit sofortiger Wirkung in das Heer eingegliedert.
4 .) Die Inhaber der Vollziehenden Gewalt sind für Aufrechterhaltung der Ordnung und öffentlichen Sicherheit verantwortlich. Sie haben insbesondere zu sorgen für:
a) Die Sicherung der Nachrichtenanlagen.
b) Die Ausschaltung des SD.
Jeder Widerstand gegen die militärische Vollzugsgewalt ist rücksichtslos zu brechen.
5.) In dieser Stunde höchster Gefahr für das Vaterland ist Geschlossenheit der Wehrmacht und Aufrechterhaltung voller Disziplin oberstes Gebot.
Ich mache es deshalb allen Befehlshabern des Heeres, der Kriegsmarine und der Luftwaffe zur Pflicht, die Inhaber der Vollziehenden Gewalt bei Durchführung ihrer schwierigen Aufgabe mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu unterstützen und die Befolgung ihrer Weisungen durch die untergeordneten Dienststellen sicherzustellen.
Der deutsche Soldat steht vor einer geschichtlichen Aufgabe. Von seiner Tatkraft und Haltung wird es abhängen, ob Deutschland gerettet wird. B 29/60 Politik und Zeitgeschichte Seite 471 Gleiches haben alle territorialen Befehlshaber, die Oberkdos.der Wehrmachtteile und die den Oberkdos. unmittelbar unterstehenden Kommandobehörden des Heeres, der Kriegsmarine und der Luftwaffe.
Der Oberbefehlshaber der Wehrmacht gez. v. Witzleben Generalfeldmarschall Fernschreiben 2 -KR -HOKW 02155 20. Juli 1944 18. 00 An W. Kdo. 1 -XIII, XVII, XVIII, XX, XXI, W. Kdo. Gen. Gouv. Böhmen-Mähren.
Geheim!
I.
Auf Grund der mir vom O. Befehlshaber der Wehrmacht erteilten Ermächtigung übertrage ich die Vollziehende Gewalt in den Wehrkrs.den Stellv. Kd. Generalen und Wehrkrs. Befehlshabern. Mit der Vollziehenden Gewalt gehen auf die Wehrkrs. Befehlshaber die Befugnisse der Reichsverteidigungskommissare über.
II.
Folgende Sofortmaßnahmen sind zu treffen:
a) Nachrichtenanlagen: die wichtigen Gebäude und Anlagen des Post-Wehrmachtnachrichtennetzes (einschl. Funkanlagen) sind planmäßig militärisch zu sichern. Die hierzu eingesetzten Kräfte sind so stark zu bemessen, daß unbefugte Eingriffe und gewaltsame Zerstörungen verhindert werden. Wichtige nachrichtentechnische Anlagen sind mit Offizieren zu besetzen.
Insbesondere sind zu sichern:
Verstärkerämter, Durchgangsvermittlungen des Heeresführungsnetzes sowie Großfunkstellen (Rundfunksender), Fernsprechund Telegrafenämter, soweit wichtige Fernsprechleitungen durchlaufen, Verstärker-und Batterieräume, Antennen-, Sende-und Notstromanlagen sowie Betriebsräume. Das Fernmeldenetz der Reichsbahn ist im Einvernehmen mit den Transportdienststellen zu schützen.
Funknetz ist aus eigenen Mitteln zu schaffen.
b) Verhaftungen: Ohne Verzug ihres Amtes zu entheben und in besonders gesicherte Einzelhaft zu nehmen sind: Sämtliche Gauleiter, Reichsstatthalter, Minister, Oberpräsidenten, Polizeipräsidenten, Höheren SSund Polizeiführer, Gestapoleiter und Leiter der SS-Dienststellen, Leiter der Propagandaämter und Kreisleiter.
Ausnahmen befehle ich.
c) Konzentrationslager: Die Konzentrationslager sind beschleunigt zu besetzen, die Lagerkommandanten zu verhaften, die Wachmannschaften zu entwaffnen und zu kasernieren. Den Politischen Häftlingen ist zu eröffnen, daß sie sich bis zu ihrer Entlassung aller Kundgebungen und Einzelaktionen zu enthalten haben. d) Waffen-SS: Bestehen Zweifel am Gehorsam von Führern der Verbände der Waffen-SS oder der Standortältesten der Waffen-SS oder erscheinen sie ungeeignet, sind sie in Schutzhaft zu nehmen und durch Offiziere des Heeres zu ersetzen.
Verbände der Waffen-SS, deren uneingeschränkte Unterordnung zweifelhaft ist, sind rücksichtslos zu entwaffen. Dabei energisches Zugreifen mit überlegenen Kräften, damit stärkeres Blutvergießen vermieden wird.
e) Polizei: Die Dienststellen der Gestapo und des SD sind zu besetzen.
Im übrigen ist die Ordnungspolizei zur Entlastung der Wehrmacht weitgehend einzusetzen.
Befehl ergeht durch den Chef der Deutschen Polizei auf dem polizeilichen Kommandowege.
f) Kriegsmarine und Luftwaffe: Mit den Befehlshabern der Kriegsmarine und Luftwaffe ist Verbindung aufzunehmen. Gemeinsames Handeln ist sicherzustellen.
III.
Für die Bearbeitung aller politischen Fragen, die sich aus dem militärischen Ausnahmezustand ergeben, bestelle ich bei jedem Wehrkr. Befehlh. einen Politischen Beauftragten. Dieser übernimmt bis auf weiteres die Aufgaben des Verwaltungschefs. Er berät den Wehrkr. Befehlshaber in allen politischen Fragen.
IV.
Bearbeitende Stelle des Oberbefehlshabers im Heimatkriegsgebiet in allen Angelegenheiten der Vollziehenden Gewalt ist der Heimatführungsstab. Er entsendet zu den Wehrkrs. Befehlshabern zur wechselseitigen Unterrichtung über Lage und Absichten einen Verbindungsoffizier (VO OKH).
V.
Bei Ausübung der Vollziehenden Gewalt dürfen keine Willkür-und Racheakte geduldet werden. Die Bevölkerung muß sich des Abstandes zu den willkürlichen Methoden der bisherigen Machthaber bewußt werden.
Der Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet Nr. 32 160/44 geh.
gez. Fromm Generaloberst Oberst Graf Stauffenberg Fernschreiben 3 — KR — HOKW 02160 20. 7. 1944 18. 15 An Stellv. Gen. Kdo. I -XIII, (III durch Kurier), XVII, XVIII, XX, XXL A. K. W. Kdo. Gen. Gouv. Böhmen-Mähren. Geheim! 1 .) Walküre 2. Stufe für W. Kdo. I -XIII, XVII, XVIII, XX, XXL LInter Rückgriff auf sämtliche Bestände des Feld-und Ersatzheeres.
Notfalls einschl.der Bestände der Zeugämter und Parke.
2 .) Entnommene Waffen, Großgeräte und Kfz.der OKH-Bestände aus Zeugämtern und Parken sind sofort an AHA Stab I b durch Fs zu melden.
3 .) Gliederung, Stärken und Aufkommensorte der aufgerufenen Einheiten sind bis 21. 7. 12. 00 Uhr durch Kr-Fs an AHA Stab I zu melden.
4 .) Die im W. Kdo. Böhmen-Mähren und W. Kdo. Gen. Gouv. getroffenen Maßnahmen sind entsprechend durchzuführen. Die aufgerufenen Einheiten sind gemäß Ziffer 3.) an AHA/Stab I zum 21. 7. 12. 00 Uhr zu melden.
OKH Chef H Rüst u BdE AHA Stab I Nr. 4996/44 g Kdos v. 20. 7. 44
Fernschreiben 4 — FRR — HOKW 451902 20. 7. 20. 23 An W. Kdo. I -XIII, XVII, XVIII, XX, XXI, W. Kdo. Gen. Gouv. Böhmen-Mähren. Standrechtverordnung Nr. 1 Für das gesamte Reichsgebiet ordne ich an:
I.
Aufmärsche, Kundgebungen und Gruppenbildungen auf Straßen und Plätzen sowie Versammlungen in geschlossenen Räumen sind verboten.
II.
Zum Tragen von Waffen sind nur die Wehrmacht und die ihr unterstellte Polizei sowie die dienstlich mit militärischen und sonstigen Bewachungsaufgaben betrauten Formationen berechtigt. Alle hiernach zum Tragen von Waffen nicht berechtigten Personen müssen den Besitz von Waffen jeglicher Art innerhalb von 24 Stunden nach Veröffentlichung dieser Anordnung bei den zuständigen Polizeiämtern und soweit solche nicht vorhanden sind, bei den Ortspolizeibehörden melden.
III.
Es ist untersagt, Flugblätter herzustellen und zu verteilen.
IV.
Wer den vorstehenden Anordnungen zuwiderhandelt, verfällt dem Standrecht.
Der Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet gez. Hoepner *)
Generaloberst (*) Irrtümlich: Höppner) Fernschreiben 5 — FRR — HOKW 451897 20. 7. 20. 20 An W. Kdo. 1 -13, 17, 18, 20, 21, W. Kdo. Gen. Gouv. Böhmen-Mähren Standrechtverordnung Nr. 2 1 .) Alle Betriebe der gesamten Wirtschaft und des Verkehrs sind weiterzuführen. 2 .) Die Dienststellen des Reichsnährstandes und der Organisationen der gewerblichen Wirtschaft arbeiten unter meiner und der Aufsicht der Wehrkreisbefehlshaber weiter. 3 .) Die Dienststellen der NSV arbeiten weiter. Ihre Leitung wird von den Gemeinden, Kreisen, Provinzen und Ländern übernommen, auf die gleichzeitig die Aufgaben der NSV zurückübertragen werden. 4 .) Die Org. Todt, der Arbeitsdienst und das NSKK arbeiten weiter und sind mir und den Wehrkreisbefehlshabern unterstellt. 5 .) Die deutsche Arbeitsfront arbeitet weiter. Ich werde eine neue Kommissarische Leitung beste’’ n. 6 .) Beamte, Angestellte und Arbeiter haben ihren Dienst weiter zu versehen. Soweit sie nicht andere Weisungen von mir erhalten. 7 .) Alle Urlaube für Beamte und Angestellte des Reiches, der Länder und Gemeinden werden mit Ausnahme der Krankheitsurlaube widerrufen. Die Beamten haben auch außerhalb der Dienstzeit für ihre Vorgesetzten stets erreichbar zu sein.
8 .) Wer entgegen den vorstehenden Anordnungen die Arbeit niederlegt, oder die auf Grund des militärischen Ausnahmezustandes erlassenen Weisungen nicht durchführt, verfällt dem Standrecht.
Der Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet gez. Hoepner Generaloberst.
Fernschreiben 6 — FRR — HOKW 451907 20. 7. 21. 02 An W. Kdo. I — 13, 17, 18, 20, 21, W. Kdo. Gen. Gouv. Böhmen-Mähren. Standrechtverordnung Nr. 3
I Den Amtsträgern der Partei, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbänden wird jede ihnen durch die Partei befohlene Tätigkeit verboten.
Soweit sie nach den von mir erlassenen Anordnungen weiterarbeiten, haben sie die auf Grund des militärischen Ausnahmezustandes erteilten Befehle durchzuführen.
II 1 .) Zum Zwecke seiner Sicherstellung wird das gesamte unbewegliche und bewegliche Vermögen der NSDAP, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbänden (RAD, OT fallen nicht hierunter) nebst allem Zubehör einschließlich aller Forderungen, Beteiligungen, Rechte und Interessen jeder Art und insbesondere alle Akten vorläufig beschlagnahmt.
2 .) Durch die Beschlagnahme verlieren die bisherigen Verfügungsberechtigten jedes Verfügungsrecht über die beschlagnahmten Vermögen. -
3 .) Auf die Beschlagnahme finden die Bestimmungen der 7. Zivilprozeßordnung über die Vollziehung und Wirkung des dringlichen Arrestes entsprechende Anwendung.
III Dem Standrecht verfällt:
a) wer den vorstehenden Anordnungen zuwiderhandelt, b) wer eine Urkunde, ein Register, Akten oder einen sonstigen Gegenstand, der zum Vermögen der NSDAP und ihrer Gliederungen und ihrer angeschlossenen Verbände gehört oder sich dort befindet, vorsätzlich vernichtet, beiseite schafft, unterschlägt, beschädigt oder verfälscht. Der Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet gez. Hoepner Generaloberst.
Fernschreiben 7 -FRR — HOKW 453173 20. 7. 21. 02 An W. Kdo. I — 13, 17, 18, 20, 21, W. Kdo. Gen. Gouv. Böhmen-Mähren. Standrechtverordnung Nr. 4
I 1.) Mit Zuchthaus bis zu 15 Jahren oder in besonders schweren Fällen mit lebenslänglichem Zuchthaus oder mit dem Tode wird bestraft:
a) wer den vom Oberbefehlshaber der Wehrmacht, dem Oberbefehlshaber des Heimatkriegsgebietes oder den Wehrmachtsbefehlshabern für ihren Bereich erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt oder die von ihnen getroffenen Maßnahmen gefährdet oder zu solcher Zuwiderhandlung oder Gefährdung auffordert oder anreizt.
b) Wer öffentlich zu einer Gewalttat gegen eine bestimmte Person oder allgemein zu Gewalttätigkeiten gegen Person oder Sache auffor-der oder anreizt. — c) Wer plündert. 2 .) In minder schweren Fällen kann auf Gefängnis nicht unter 3 Jahren erkannt werden. 3 .) Neben der Todes-und der Zuchthausstrafe ist die Einziehung des Vermögens zulässig.
II Zur Aburteilung der Straftat unter Ziffer 1) werden Standgerichte gebildet.
III 1 .) Die Standgerichte sind auch zur Aburteilung von Angehörigen der Wehrmacht zuständig. 2 .) Die Standgerichte sind auch zuständig, wenn ein zu ihrer Zuständigkeit gehörendes Verbrechen oder Vergehen zugleich den Tatbestand einer anderen Handlung erfüllt oder wenn eine andere Straftat mit einem zur Zuständigkeit der Standgerichte gehörenden Verbrechen oder Vergehen im Zusammenhang steht.
IV 1 .) Sitze und Bezirke der Standgerichte werden von dem Befehlshaber im Heimatkriegsgebietbestimmt. Solange dies noch nicht geschehen ist, werden sie durch die Wehrmachtsbefehlshaber bestimmt. 2 .) Die Befehlshaber mobiler Verbände der Wehrmacht bis herab zum Bataillon (Abteilung) sind befugt, für den Bezirk ihres Einsatzes Standgerichte zu errichten.
V 1 .) Die Standgerichte entscheiden in der Besetzung von drei Mitgliedern, von denen eines nach Möglichkeit die Befähigung zum Richteramt besitzen soll. 2 .) Die Anklage wird von einem hierzu bestellten Offizier oder einer Person, die die Befähigung zum Richteramt besitzt, erhoben und vertreten. Der Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet und für ihren Bereich die Wehrmachtbefehlshaber können einen Leiter der Anklagevertreter bestellen. Die Anklagevertreter haben den dienstlichen Weisungen des Leiters Folge zu leisten.
VI 1 .) Die Standgerichte bestimmen das Verfahren nach eigenem Ermessen in Anlehnung an die Grundsätze der Reichsstrafprozeßordnung. Sie laden den Beschuldigten vor oder lassen ihn vorführen, geben ihm rechtliches Gehör, vernehmen gegebenenfalls Zeugen und fällen sofort das Urteil. 2 .) Die Wehrmachtbefehlshaber sind berechtigt, Verfahren an das beim Wehrkreiskommando errichtete Standgericht zu ziehen.
VII Die Urteile der Standgerichte sind endgültig und ohne Aufschub zu vollstrecken.
Der Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet gez. Hoepner Generaloberst. Fernschreiben 8 — Kr — an W. Kdo. I — 13, 17, 18, 20, 21, W. Kdo. Gen. Gouv. Böhmen-Mähren.
Standrechtverordnung Nr. 5
I 1.) Zum Zwecke seiner Sicherstellung wird vorläufig beschlagnahmt: Das gesamte unbewegliche und bewegliche Vermögen nebst allem Zubehör, einschließlich aller Forderungen, Beteiligungen, Rechte und Interessen jeder Art und besonders aller Akten, a) Der Reichsleiter, Gauleiter und aller anderen Personen, die in der NSDAP, ihren Gliederungen und angeschlossenen Verbänden (RAD und OT fallen nicht hierunter), eine Stellung als Amtswalter bis herab zum Kreisleiter und der dem Kreisleiter gleichstehenden Person bekleiden oder bekleidet haben.
b) Aller Einrichtungen und Personengesamtheiten, die mit Mitteln der unter a) genannten Vermögensträgern oder Personen errichtet sind oder in deren Organen (Vorstand oder Aufsichtsrat oder ähnliches Gremium) ein Halb-oder mehr Vertreter der unter a) genannten Vermögensträger oder Person sitzt und Stimme haben. — 2 .) Durch die Beschlagnahme verlieren die bisherigen Verfügungsberechtigten jedes Verfügungsrecht über die beschlagnahmten Vermögen.
3 .) Auf die Beschlagnahme finden die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Vollziehung und Wirkungen des dinglichen Arrestes entsprechende Anwendung.
II Die Zuständigkeit der Standgerichte wird auf die Verbrechen und Vergehen des Mordes und der Freiheitsberaubung, der Erpressung, der Bestechung erstreckt, die unter Macht und Amtsmißbrauch gegen Wehrlose oder aus Bereicherungssucht begangen wurden und die eine rasche Sühne erfordern, weil sie in besonderem Maße die berechtigte Volks-empörung hervorgerufen haben.
III Die Standgerichte sind ferner zuständig für folgende Straftaten, wenn sie vorsätzlich während des militärischen Ausnahmezustandes begangen werden:
a) Hochverrat (§ 80— 85 Reichsstrafgesetzbuch)
b) Landesverrat (§ 89— 92 Reichsstrafgesetzbuch)
c) Widerstand gegen die Staatsgewalt (§ 110— 122 B RStGB)
d) Verbrechen und Vergehen gegen die öffentliche Ordnung (§§ 123 bis 143 — mit Ausnahme des § 134 B — Reichsstrafgesetzbuch).
e) Religionsvergehen (§§ 166— 168 RStGB) — f) Verbrechen und Vergehen gegen das Leben (§§ 211— 215 RStGB).
g) Verbrechen und Vergehen gegen § 239 RStGB h) Raub und Erpressung (§§ 249— 256 RStGB)
i) Sachbeschädigung (§§ 303— 305 RStGB).
k) Gemeingefährliche Verbrechen (§§ 306— 330 C RStGB).
1) Verbrechen und Vergehen gegen das Gesetz den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen betr. vom 9. 6. 1884.
m) Verbrechen nach §§ 1 und 2 der Verordnung gegen Gewaltverbrechen vom 5. 12. 1939. — 2 .) Die vorstehenden Straftaten können, soweit dadurch der bisherige gesetzliche Strafraum überschritten wird, mit Zuchthaus bis zu 15 Jahren, mit lebenslangem Zuchthaus oder mit dem Tode bestraft werden.
3 .) Neben der Todes-oder Zuchthausstrafe ist die Einhebung des Vermögens zulässig.
Der Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet gez. Hoepner Generaloberst.
Fernschreiben 9 — Kr — an W. Kdo. I — 13, 17, 18, 20, 21, W. Kdo. Gen. Gouv. Böhmen-Mähren.
Befehl über Maßnahmen gegen die Partei, ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände.
I. Die Dienstellen und Räume der Partei, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände sind sofort zu schließen und so zu sichern, daß auf keinen Fall Akten verschwinden können.
II. Die Weiterarbeit derjenigen Organisationen und Gliederungen, die durch die Standrechtverordnung Nr. 2 angeordnet ist, ist sicherzu•teilen. III. Soweit nach der Standrechtverordnung Nr. 2 Organisation und Parteigliederung weiterarbeiten, sind, wenn erforderlich, kommissarische Leiter zu bestellen, falls die jetzigen Leiter nicht hinreichend Gewähr für zuverlässige Arbeit und Haltung bieten. Bei der deutschen Arbeitsfront stehen hierfür die Landesarbeits-und Arbeitsämter zur Verfügung.
IV. Soweit die in der Partei, ihren Gliederungen, angeschlossenen Verbänden und Organisationen tätigen Personen zur Aufrechterhaltung der Arbeit gemäß Standrechtsverordnung Nr. 2 nicht unbedingt benötigt werden, sind sie in kürzester Frist unter Aufhebung von UK-Stellungen einzuziehen oder dienstzuverpflichten.
Der Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet gez. Hoepner Generaloberst.
Fernschreiben 10 — Kr. — An W. Kdo. I — 13, 17, 18, 20, 21 W. Kdo. Gen. Gouv. Böhmen-Mähren.
Anordnung über Reiseverkehr, Fernsprechund Telegrammverkehr und über die Polizeistunden.
I. Der private Fernreiseverkehr ist ab sofort für 3 Tage verboten. Die zuständigen Vorgesetzten können für unaufschiebbare Dienstreisen schriftliche Ausnahmegenehmigungen erteilen. Reisen, die bei Erlaß dieser Verordnung angetreten sind, dürfen bis zu dem auf dem Fahrt-ausweis angegebenen Ziel fortgesetzt werden.
II. Der gesamte Fernsprechverkehr, ausgenommen Ortsgespräche und Gespräche von und zu Staats-und Wehrmachtsdienststellen, die ohne Nummerangabe namentlich anzufordern sind, wird einstweilen gesperrt. Ebenso wird der gesamte außerdienstliche Telegrammverkehr bis auf Widerruf gesperrt.
III. Die Polizeistunde ist einheitlich auf 21 Uhr festgesetzt. Der Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet gez. Hoepner Generaloberst.
Fernschreiben 11 KR — FS — Fernsp. Nummer des Auslieferers: 1934 Text: Befehl über die Durchführung von Verhaftungen.
I .) Die Verordnung über die Verhängung des militärischen Ausnahmezustandes über das Heimatkriegsgebiet ermächtigt die Wehrkreisbefehlshaber und die ihnen unterstellten Polizeiorgane alle Verhaftungsmaßnahmen zu treffen, die ihnen notwendig erscheinen. Von dieser Vollmacht ist eher zu viel als zu wenig Gebrauch zu machen.
II .) Ohne Verzug ihres Amtes zu entheben und in besonders gesicherte Einzelhaft — möglichst geschlossen in einer Kaserne — zu bringen sind: a) grundsätzlich:
sämtliche Gauleiter, Reichsstatthalter, Oberpräsidenten, Polizeipräsidenten, höhere SSund Polizeiführer, Gestapo-Leiter und Leiter der SD-Dienststellen, Leiter der Propagandaämter und Kreisleiter, b) nach eigenem Entscheid der Wehrkreisbefehlshaber: weitere bisherige politische Machthaber (z. B. SS-Führer, Gauamtsleiter, Kreis-amtsleiter, Ortsgruppenleiter, Regierungspräsidenten, Landräte, Ober-bürgermeister, Bürgermeister), die als Rechtsbeuger oder Lumpen hervorgetreten sind. c) Ich behalte mir persönlich vor, Ausnahmen von den grundsätzlichen Verhaftungen (Ila) durch Sonderbefehl zu erlassen. Nur für die Kreisleiter und die ihnen gleichstehenden Personen übertrage ich dieses Recht nach Bericht im Einzelfall auf die Wehrkreisbefehlshaber.
III .) Wer gegen Recht und Anstand verstoßen hat, muß für die Folgen einstehen. Ich erwarte, daß diese Elemente festgestellt werden, damit dem Gerechtigkeitsgefühl Genüge getan wird und sie im ordnungsmäßigen Verfahren abgeurteilt werden können. Dafür sorgfältige Auswahl politisch klarer, erfahrener und scharf durchgreifender Offiziere, die mit der Durchführung betraut werden, genaue Vorbereitung, Zusammenfassung aller hierfür erforderlichen Kräfte, rasches entschlossenes Zugreifen. IV .) Zunächst stehen die der Wiederherstellung von Rechtsbewußt-sein und Anstand dienenden Verhaftungen allen anderen Verhaltungsmaßnahmen voran.
— ohne Unterschrift — (Fernschreiben 1— 11: Anlage zu den Kaltenbrunner-Berichten Juli-August 1944)
Vorbereiteter Erlaß der Bendlergruppe über die vorläufige Kriegsspitzengliederung Der Reichsverweser u. Oberster Befehlshaber der Wehrmacht.
Berlin, den Erlaß des Reichsverwesers Beck über die vorläufige Kriegsspitzengliederung A Zur Zusammenfassung der Kräfte und Vereinfachung der Führung ordne ich vorbehaltlich späterer gesetzlicher Regelung die Bildung des Großen Generalstabes, des Reichskriegsministeriums und des Offiziersamtes sowie die Aufstellung des Oberkommandos Ost an.
B I .) Zum Chef des Großen Generalstabes ernenne ich den General-feldmarschall ...........
Er untersteht dem Oberbefehlshaber der Wehrmacht.
Dem Chef des Großen Generalstabes sind unterstellt der Wehrmachtführungsstab der Generalstab des Heeres, soweit er nicht zum Oberkommando Ost tritt, der Generalstab der Luftwaffe, das Amt Ausland/Abwehr.
Sie bilden in ihrer Gesamtheit den „Großen Generalstab“ (Gr. Genst).
II .) Zum Stellv. Reichskriegsminister ernenne ich den Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet...........
Er untersteht dem Oberbefehlshaber der Wehrmacht.
Dem Stellv. Reichskriegsminister und Oberbefehlshaber im Heimatkriegsgebiet sind unterstellt der 1. Staatssekretär im Reichskriegsministerium der Staatssekretär für die Rüstung der Staatssekretär für die Luftfahrt. 111 .) Zum 1. Staatssekretär im Reichskriegsministerium ernenne den ...........
Unter dem 1. Staatssekretär im Reichskriegsministerium sind alle die allgemeinen Wehrmachtfragen, die Organisation und die Ausbildung bearbeitender Ämter und Abteilungen des Oberkommandos des Heeres zusammenzufassen, soweit sie nicht zum Großen Generalstab gehören.
Der 1. Staatssekretär im Reichskriegsministerium ist der ständige Vertreter des Stellv. Reichskriegsministers.
IV .) Zum Staatssekretär für die Rüstung ernenne ich den.......
Unter dem Staatssekretär für die Rüstung sind der Wirtschaftsstab des Oberkom.der Wehrmacht und die die Rüstung planenden und bearbeitenden Ämter und Abteilungen des Oberkommandos des Heeres (ohne Generalstab des Heeres), des Reichsluftfahrtministeriums (ohne Generalstab der Luftwaffe) sowie des Reichsministers für Rüstung und Kriegsproduktion (soweit sie nicht die Gesamtplanung der Wirtschaft einschließen und zum Reichswirtschaftsministerium treten) zusammenzufassen.
V .) Zum Staatssekretär für die Luftfahrt sind alle Ämter und Abteilungen des Reichsluftfahrtministeriums zusammenzufassen, soweit sie nicht zum Generalstab der Luftwaffe gehören oder dem Staatssekretär für die Rüstung gemäß Ziffer IV. unterstellt sind.
VI .) Die unter Ziffer II. —V. aufgeführten Ämter und Dienststellen bilden in ihrer Gesamtheit das „Reichskriegsministerium" (RKM).
VII .) Zum Chef des Offiziersamtes ernenne ich den ........
Er untersteht dem Oberbefehlshaber der Wehrmacht. Unter dem Chef des Offiziersamtes sind die Personalämter des Heeres und der Luftwaffe zum „Offiziersamt" zusammenzufassen.
VIII .) Der Große Generalstab, das Reichskriegsministerium und das Offiziersamt bilden in ihrer Gesamtheit das „Oberkommando der Wehrmacht“ (OKW).
Das Oberkommando der Wehrmacht ist so umzugliedern, daß die Einheit des Kommandos wiederhergestellt, die Führung vereinfacht und Doppelbearbeitungen ausgeschaltet werden.
Durch Übergangsmaßnahmen sind Reibungen in der Führung tunlichst auszuschalten.
C Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine ist dem Oberbefehlshaber der Wehrmacht unterstellt. Er erhält seine Weisungen auf dem Führungsgebiet über den Chef des Gr. Genst., in ministeriellen Angelegenheiten über den Stellv. Reichskriegsminister,
in Offiziersangelegenheiten, die die Gesamtwehrmacht betreffen, über den Chef des Offiziersamtes.
D Zum Oberbefehlshaber Ost ernenne ich den...........
Das Oberkommando Ost ist aus dem Generalstab des Heeres heraus aufzustellen.
Dem Oberbefehlshaber Ost werden nach näherer Weisung des Ober-befehlshabers der Wehrmacht alle Teile des Feldheeres und der Luftwaffe sowie die Streitkräfte der Verbündeten in den Bereichen der Heeresgruppe A, Süd, Mitte und Nord sowie die Wehrmachtbefehlshaber Ukraine und Ostland unterstellt.
E Der vorliegende Erlaß tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. Durchführungsbestimmungen erlassen der Oberbefehlshaber der Wehrmacht bzw. in seinem Auftrag der Chef des Großen Generalstabes und der Stellv. Reichskriegsminister, soweit der Bereich des bisherigen Reichs-ministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion berührt wird im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister.
Der Reichsverweser und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht Der Reichskanzler Der Oberbefehlshaber der Wehrmacht (Anlage 7 zum Kaltenbrunner-Bericht vom 24. 7. 44)
Aufrufe an das deutsche Volk Deutsche!
Ungeheuerliches hat sich in den letzten Jahren vor unseren Augen abgespielt. Hitler hat ganze Armeen gewissenlos wider den Rat der Sachverständigen seiner Ruhmsucht, seinem Machtdünkel, seiner gotteslästerlichen Wahnidee geopfert, berufenes und begnadetes Werkzeug der „Vorsehung" zu sein!
Nicht vom deutschen Volk gerufen, sondern durch Intrigen schlimmster Art an die Spitze der Regierung gekommen, hat er durch dämonische Künste und Lügen, durch ungeheuerliche Verschwendung, die allen Vorteile zu bringen schien, in Wahrheit aber das deutsche Volk in gewaltige Schulden gestürzt haben, Verwirrung angerichtet. Um sich an der Macht zu halten, hat er damit eine zügellose Schreckensherrschaft verbunden, das Recht zerstört, den Anstand in Acht erklärt, die göttlichen Gebote reinen Menschentums verhöhnt und das Glück von Millionen von Menschen vernichtet.
Mit tödlicher Sicherheit mußte seine wahnwitzige Verachtung aller Menschen unser Volk ins Unglück stürzen, mußte sein angemaßtes Feldherrentum unsere tapferen Söhne, Väter, Männer und Brüder ins Verderben führen, sein blutiger Terror gegen Wehrlose den deutschen Namen der Schande überantworten. Rechtlosigkeit, Vergewaltigung der Gewissen, Verbrechen und Korruption hat er in unserem Vater-lande, das von jeher stolz auf seine Rechtlichkeit und Redlichkeit war, auf den Thron gesetzt. Wahrheit und Wahrhaftigkeit, zu denen selbst das kleinste Volk seine Kinder zu erziehen für seine größte Aufgabe halt, werden bestraft und verfolgt. So droht dem öffentlichen Wirken und dem Leben des einzelnen tödliche Vergiftung.
Das aber darf nicht sein, so geht es nicht weiter! Dafür dürfen Leben und Sterben unserer Männer, Frauen und Kinder nicht fernerhin mißbraucht werden. Unserer Väter wären wir nicht würdig, von unseren Kindern müßten wir verachtet werden, wenn wir nicht den Mut hätten, alles, aber auch alles zu tun, um diese furchtbare Gefahr von uns abzuwenden und wieder Achtung vor uns selbst zu erringen.
Zu diesem Zweck haben wir, nachdem wir unser Gewissen vor Gott geprüft haben, die Staatsgewalt übernommen. Unsere tapfere Wehrmacht ist Bürge für Sicherheit und Ordnung. Die Polizei wird ihre Pflicht erfüllen.
Jeder Beamte soll nur dem Gesetz und seinem Gewissen gehorchen und seiner Sachkunde folgend sein Amt ausüben. Helfe jeder durch Disziplin und Vertrauen mit. Erfüllt euer Tagewerk mit neuer Hoffnung. Helft einander! Eure gepeinigten Seelen sollen wieder ruhig und getrost werden.
Fern jeden Hasses werden wir der inneren, in Würde der äußeren Versöhnung zustreben. Unsere erste Aufgabe wird es sein, den Krieg von seinen Entartungen zu reinigen und die verheerenden Vernichtungen von Menschenleben, Kultur-und Wirtschaftswerten hinter den Fronten zu beenden. Wir wissen alle, daß wir nicht Herren über Krieg und Frieden sind. Im festen Vertrauen auf unsere unvergleichliche Wehrmacht und im zuversichtlichen Glauben an die von Gott der Menschheit gestellten Aufgaben wollen wir alles zur Verteidigung des Vaterlandes und zur Wiederherstellung einer gerechten feierlichen Ordnung opfern, wieder in Achtung vor den göttlichen Geboten, in Sauberkeit und Wahrheit, für Ehre und Freiheit leben!
Deutsche!
Hitlers Gewaltherrschaft ist gebrochen.
Ungeheuerliches hat sich in den letzten Jahren vor unseren Augen abgespielt. Nicht vom deutschen Volke gerufen, sondern durch Intrigen schlimmster Art an die Spitze der Regierung gekommen, hat Hilter durch dämonische Künste und Lügen, durch ungeheuerliche Verschwendung, die allen Vorteile zu bringen schien, in Wahrheit uns aber in Schulden und Mangel stürzte, in unserem Volke Geister und Seelen verwirrt, ja selbst außerhalb Deutschlands verhängnisvolle Täuschungen erzeugt. Um sich an der Macht zu halten, hat er eine Schreckensherrschaft errichtete. Unser Volk durfte einst stolz auf seine Redlichkeit und Rechtlichkeit sein. Hitler aber hat die göttlichen Gebote verhöhnt, das Recht zerstört, den Anstand verfemt, das Glück von Millionen vernichtet. Er hat Ehre und Würde, Freiheit und Leben anderer für nichts erachtet. Zahllose Deutsche, aber auch Angehörige anderer Völker, schmachten seit Jahren in Konzentrationslagern, den größten Qualen ausgesetzt und häufig schrecklichen Foltern unterworfen. Viele von ihnen sind zugrunde gegangen. Durch grausame Massenmorde ist unser guter Name besudelt. Mit blutbefleckten Händen ist Hitler seinen Irrweg gewandelt, Tränen, Leid und Elend hinter sich lassend.
Mit tödlicher Sicherheit hat seine wahnwitzige Verachtung aller menschlichen Regungen unser Volk ins Unglück gestürzt, hat sein angemaßtes Feldherrngenie unsere tapferen Soldaten ins Verderben geführt.
In diesem Kriege haben Machtrausch, Selbstüberheblichkeit und Eroberungswahn ihren letzten Ausdruck gefunden. Tapferkeit und Hingabe unserer Solda. en sind schmählich mißbraucht, ungeheure Opfer des ganzen Volkes sinnlos vergeudet. Wider den Rat der Sachverständigen hat Hitler ganze Armeen seiner Ruhmsucht, seinem Machtdünkel, seiner gotteslästerlichen Wahnidee geopfert, berufenes und begnadetes Werkzeug der Vorsehung zu sein.
Wir werden die Beweise für den ungeheuerlichen Verrat am deutschen Volk und an seiner Seele, für die totale Beugung des Rechts, für die Verhöhnung der edlen Forderung, daß Gemeinnutz vor Eigennutz zu gehen habe, für schamlose Korruption offen darlegen. Wer an diesen furchtbaren Wahrheiten noch zweifeln sollte, weil er als anständiger Mensch es für unmöglich hält, daß hinter hochtönenden Worten sich eine solche Ruchlosigkeit verbergen könnte, wird durch Tatsachen belehrt werden.
So durfte es nicht weitergehen!
Unserer Väter wären wir nicht würdig, von unseren Kindern müßten wir verachtet werden, wenn wir nicht den Mut hätten, alles, aber auch alles zu tun, um die furchtbare Gefahr von uns abzuwenden und wieder Achtung vor uns selbst zu erringen. Hitler hat seinen vor zehn Jahren dem Volke geleisteten Eid durch Verletzung göttlichen und menschlichen Rechts unzählige Male gebrochen. Daher ist kein Soldat, kein Beamter, überhaupt kein Bürger ihm mehr durch den Eid verpflichtet. In höchster Not habe ich zusammen mit Männern aus allen Ständen des Volkes, aus allen Teilen des Vaterlandes gehandelt. Ich habe die einstweilige Führung des deutschen Reiches übernommen und die Bildung einer Regierung unter Führung des Reichskanzlers . .. angeordnet. Sie hat die Arbeit ausgenommen. Den Oberbefehl über die Wehrmacht führt ..., dem sich die Oberbefehlshaber an allen Fronten unterstellt haben. Diese Männer haben sich mit mir zusammengefunden, um den Zusammenbruch zu verhüten.
In ernster Stunde treten wir vor Euch. Die Verantwortung vor Gott, vor unserem Volke und vor seiner Geschichte, die kostbaren Blutopfer zweier Weltkriege, die ständig wachsende Not der Heimat, das Elend auch der anderen Völker, die Sorge um die Zukunft der Jugend verpflichten uns.
Die Grundsätze und Ziele der Regierung werden bekanntgegeben werden. Sie sind bindend, bis die Möglichkeit gegeben ist, das deutsche Volk darüber entscheiden zu lassen. Unser Ziel ist die wahre, auf Achtung, Hilfsbereitschaft und soziale Gerechtigkeit gegründete Gemeinschaft des Volkes. Wir wollen Gottesfurcht an Stelle von Selbstvergottung, Recht und Freiheit an Stelle von Gewalt und Terror, Wahrheit und Sauberkeit an Stelle von Lüge und Eigennutz. Wir wollen unsere Ehre und damit unser Ansehen in der Gemeinschaft der Völker wieder herstellen. Wir wollen mit besten Kräften dazu beitragen, die Wunden zu heilen, die dieser Krieg allen Völkern geschlagen hat, und das Vertrauen zwischen ihnen wieder neu zu beleben.
Die Schuldigen, die den guten Ruf unseres Volkes geschändet und so viel Unglück über uns und andere Völker gebracht haben, werden bestraft werden.
Wir wollen der Hoffnungslosigkeit, daß dieser Krieg noch unendlich weitergehen müsse, ein Ende machen. Wir erstreben einen gerechten Frieden, der an die Stelle der Selbstzerfleischung und Vernichtung der Völker friedliche Zusammenarbeit setzt. Ein solcher Friede kann sich nur auf Achtung vor der Freiheit und der Gleichberechtigung aller Völker gründen.
Ich rufe alle anständigen Deutschen, Männer und Frauen aller Stämme und Stände, ich rufe auch die deutsche Jugend. Ich baue auf die freudige Mitarbeit der christlichen Kirchen. Habt Mut und Vertrauen! Die Aufgabe ist ungeheuer schwer. Ich kann und will Euch keine leeren Versprechungen machen. Wir werden in harter Arbeit ringen müssen, um langsam wieder vorwärts und aufwärts zu kommen. Aber wir werden diesen Weg als freie Menschen in Anstand gehen und wieder die Ruhe des Gewissens finden.
Erfülle jeder seine Pflicht! Helfe jeder mit, das Vaterland zu retten! (Anlage 3 zum Kaltenbrunner-Bericht vom 11. 8. 44) (Vorbereitete) Rundfunkansprache (Entwurf von Goerdeler)
Deutsche!
Ihr wißt seit heute, worum es geht, was unsere Beweggründe und unsere Absichten sind. Das Recht äußerster Notwehr und die Pflicht der Selbsterhaltung zeichnen uns und euch den Weg vor. Nicht der versprochene Staat fester und weiser Führung, sondern eine schreckensvolle Zwangsherrschaft ist uns zuteil geworden. Tapferkeit, Todesmut und Können unserer Soldaten sind schändlich mißbraucht, unsere Heimat ist skrupellos der Not und Zerstörung ausgesetzt worden.
Als Endglied einer vermeidlichen Kette von Rechtsbeugungen und Rechtsbrüchen hat Hitler in seinem Reichstagsgesetz vom 25. 4. 1942 alle Deutschen für vogelfrei erklärt, indem er sich das Recht anmaßte, jedes Urteil nach seinem eigenen Ermessen umzustoßen. Er hat damit einen Tiefstand der Rechtlosigkeit heraufbeschworen, der im Leben gesitteter Völker bisher unbekannt war und nicht mehr zu überbieten ist. Aus dem stolzen Deutschland des gleichen Rechts für alle hat er eine ohnmächtige Zwangsgemeinschaft von Sklaven gemacht, in der der Bürger nicht mehr die Möglichkeit hat, sich gegen Unrecht zur Wehr zu setzen. Höchste Würdenträger, auch Adolf Hitler selbst, haben zahllose Verbrechen gegen Leib und Leben, gegen Eigentum und Ehre begangen, angeordnet und geduldet. Männer in hohen Stellungen haben schamlos aus öffentlichen Mitteln oder aus solchen, die sie anderen abgepreßt haben, sich bereichert, an ihrer Spitze des Reiches Hermann Görings Wir wollen nicht die deutsche Ehre von solchem Schmarotzertum besudelt sehen. Wir wollen nicht geführt werden von Lumpen, die Mein und Dein nicht unterscheiden, die ihre Stellung mißbrauchen, um selbst im prunkvollen Kriege ein üppiges Leben in Räumen zu führen, während das Volk Not leidet, während draußen Söhne, Männer und Verlobte kämpfen und fallen, und drinnen der Vernichtungswahnsinn des totalen Krieges sich austobt.
Eine abenteuerliche, machthungrige Außenpolitik hat unser Volk in eine Lage gebracht, deren Ernst nicht mehr übersehen werden kann. Die Rücksicht auf den Krieg verbietet uns, alles beim Namen zu nennen. Aber ihr wißt oder fühlt, wohin Gewissenlosigkeit und Wahnwitz uns alle gebracht haben. Lautere Männer aller Stände und aus allen Gauen werden von uns berufen, und ihre Namen euch bekanntgegeben werden, die alles, was geschehen ist, gewissenhaft prüfen und euch auch über den Stand der Dinge, den wir vorfanden, eingehend unterrichten sollen, sobald die Lage es gestattet.
Eins aber können wir euch jetzt schon sagen: das Gebäude des Staates, das auf Unrecht, Willkür, Verbrechen aller Art, Eigennutz, Lüge aufgebaut wurde, wird niedergerissen werden. Das Fundament des neuen Staatsbaues werden die sicheren Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens bilden, werden Recht und Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit, Anstand, Sauberkeit, Vernunft, Rücksicht aufeinander und Rücksicht auch auf die von Gott geschaffenen Völker und ihre Lebensinteressen sein. Wenn wir keinen zweiten November 1918 erleben wollen, so ist der letzte Augenblick gekommen, diesen Vorsatz in die Tat umzusetzen. Wir werden schon in den nächsten Tagen vor aller . Öffentlichkeit diejenigen ohne Rücksicht auf ihre Stellung zur Rechenschaft ziehen, die für die Verbrechen an Staat und Volk verantwortlich sind.
Harte Arbeit auf allen Gebieten des Lebens steht uns bevor. Ein Zaubermittel, die so frevelhaft herbeigeführte Vernichtung aller Lebensgrundlagen aufzufangen und allmählich wieder gutzumachen, gibt es nicht. Wir wollen gemeinsam das Vaterland retten und reinem Pflicht-und Gemeinschaftsgefüge wieder zu seinem Recht verhelfen. Keine Erleichterungen des bürgerlichen Lebens können wir auch im Kriege und für die Zeit des Wiederaufbaus in Aussicht stellen. Besinnt euch, warum das geht! Wofür wollt ihr leben und sterben? Wofür sollen unsere Soldaten kämpfen und fallen? Für Recht, Freiheit, Ehre und Anstand oder für Verbrechen, Terror, Schmach und Untergang? Nur wenn ihr diese Fragen recht beantwortet, besteht Hoffnung, diesen Krieg, der zu einem unseligen zweiten Weltkrieg geworden ist, in Ehren und so zu beenden, daß die deutschen Lebensinteressen gewahrt bleiben.
Aber dieses Ziel ist nicht das allein ausschlaggebende. Entscheidend ist für uns, daß wir die Entehrung unseres Volkes und die Beschmutzung unseres guten Namens durch freche Verbrecher und Lügner nicht weiter dulden. Denn wenn sie ihr schmutziges Handwerk weiter betreiben dürfen, dann würden nicht einmal Kinder und Kindeskinder in die Lage kommen, auf einer sauberen Grundlage das Vaterland wieder aufzubauen. Ihr sollt so schnell wie möglich Verbrecher und Verbrechen erfahren. Ihr werdet selbst in die Lage versetzt werden, festzustellen, daß Ungeheuerliches geschehen ist. Aber wir werden auch dafür sorgen, daß nur gerechte Bestrafung nach den Gesetzen stattfindet. Niemand von euch lasse sich zu einer voreiligen Handlung hinreißen; denn über allen Rachegefühlen steht die Notwendigkeit, den Staat gleichen Rechts für alle unter einer gerechten Führung wiederherzustellen.
Wer eine Anklage wegen erlittenen Unrechts auf dem Herzen hat, erhebe sie selbst oder durch einen Mann seines Vertrauens an der Stelle, zu der es ihn treibt. Alle diesen Stellen werden hiermit verpflichtet, die bei ihnen erhobenen Anklagen an den neuen Reichsminister der Justiz weiterzuleiten, der für ihre ordnungsmäßige unverzügliche Bearbeitung Sorge zu tragen hat. Jeder wird seinen Bescheid erhalten. Nur solche Anklagen werden bearbeitet, die der Anzeigende mit seinem Namen deckt. Alle anderen wandern ohne Prüfung dahin, wohin sie gehören: in den Papierkorb. Ist die Klage berechtigt, so wird das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren eingeleitet; aber ebenso wird auch jeder zur Verantwortung gezogen, der wider besseres Wissen anklagt; denn wir wollen es mit der Ehre unserer Mitmenschen und unseren eigenen Anstandspflichten wieder ernst nehmen.
Niemand, der ein gutes Gewissen hat, braucht sich zu fürchten und zu sorgen. Es geht nicht um die Frage: Parteigenosse oder Volksgenosse. Fort mit diesen Unterschieden, die artfremd dem deutschen Wesen aufgepfropft sind! Es geht nicht um die Frage: SS, SA oder welche Organisation auch immer. Es geht um die Frage: anständig oder unanständig!
Jeder hat seine Pflicht da weiter zu erfüllen, wo er steht, nur den Gesetzen und den Verordnungen der neuen Amtsgewalt gehorchend. Das Schicksal unserer schwer kämpfenden Soldaten hängt davon ab, daß jeder in der Heimat sein äußerstes hergibt. Ihnen und unseren geliebten Toten sind wir alles schuldig. Sie und unsere Verwundeten müssen allen anderen Sorgen vorangehen.
Es ist verständlich, daß euch tiefe Erregung ob dieses endlichen Geschehens packen wird. Ihr habt, soweit nicht Rücksicht auf den Krieg es verbietet, von Stund an wieder die Freiheit, euren Gedanken und euren Gefühlen unbehindert Ausdruck zu geben und eurem Gewissen folgen zu können. Sorgt selbst dafür, daß darunter unser geliebtes Vaterland nicht leidet, denn noch legt der Kriegszustand uns allen Beschränkungen auf. Es wird dafür gesorgt werden, daß alles in Recht und Ordnung vor sich geht, wie das Wohl des Vaterlandes es verlangt.
Die innere Reinigung Deutschlands von Korruption und Verbrechen, die Wiederherstellung von Recht und Anstand ohne Rücksicht auf die Person, aber auch ohne jede Voreingenommenheit gegen Andersdenkende können nach den stolzen Überlieferungen unseres Volkes sehr schnell und sehr einfach vollzogen werden, wenn jeder das seine dazu beiträgt. Das darf von allen Gutgesinnten erwartet werden, denn ihr persönliches Glück hängt von der Wiederherstellung jener Güter ab. Das wissen auch die, welche bisher leugnen zu können oder zu sollen glaubten. Die Fesseln der Zwangswirtschaft kann im Kriege niemand mehr lösen. Wir können und werden einstweilen nur Vereinfachungen durchsetzen und Schiebungen zu Leibe gehen, denen die Zwangswirtschaft den Boden bereitet hat. Aber wir werden so bald wie möglich Freiheit und Selbstverwaltung in Wirtschaft und Familie, in Gemeinde und Staat wiederherstellen. Am ernstesten sieht es auf dem Gebiete der Außenpolitik aus. Hier haben wir mit den Interessen und dem Willen anderer Völker zu rechnen. Wir wissen noch nicht, wie sich das Ausland zu uns stellt. Wir haben handeln müssen aus der Verpflichtung des Gewissens heraus. Aber wir wollen euch sagen, was wir an außen-politischen Zielen sehen. Wir Deutschen leben ebenso wenig wie ein anderes Volk allein auf dieser Welt. Wir haben uns daher zu unserem eigenen Besten mit dem Vorhandensein, den Eigenschaften und Interessen anderer Völker auseinanderzusetzen. Es ist unsere Überzeugung, daß diese Auseinandersetzung nicht mit Waffengewalt erfolgen soll. Je weiter Gott uns gestattet hat, durch die Gaben des Geistes, die wir ihm verdanken, die Technik zu entwickeln, desto zerstörender ist der Krieg geworden. Er zerstört das, auf dessen Errichtung die Gaben des Geistes angesetzt sind. Er frißt sich schließlich selbst auf. Wir wollen daher einen friedlichen, gerechten Ausgleich der nun einmal in dieser Welt vorhandenen Interessengegensätze, die viel weniger durch die Menschen als durch ihre Umwelt bedingt sind. Wir sind der Über-zeugung, daß ein solcher Ausgleich möglich ist, weil er bei ruhiger Betrachtung im Interesse aller Völker liegt. Er hat zur Voraussetzung, daß die Völker sich gegenseitig achten und jedem Volke das Recht zubilligen, selbständig einen Staat zu bilden und zu verwalten. Die Völker fördern ihre Wohlfahrt und ihr Seelenheil am besten, wenn sie zusammenarbeiten und so ihre verschiedenartigen Kräfte zu einem großen harmonischen, alle erfreuenden Zusammenklang bringen. Eine solche Zusammenarbeit wird zu einem möglichst ungehinderten Güteraustausch führen. Unter ihm sind die großen und kleinen Staaten seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts zu Wohlstand und Blüte gelangt. Ihn gilt es sobald wie möglich wieder herzustellen. Dabei wird jeder Verständige berücksichtigen, daß diese Wiederherstellung ohne schwere Erschütterung nicht von heute auf morgen möglich ist. Man wird im Kreise verständiger Männer aller Völker ergründen müssen, wie man den sichersten und kürzesten Weg findet, der jeden zur bestmöglichen Erreichung seiner Lebensinteressen führt, sofern er den guten Willen zu fleißiger Leistung und zu verständnisvoller Rücksicht auf die Interessen anderer hat.
Daher halten wir es für unerläßlich, so schnell wie möglich weiteren Zerstörungen und weiterer Vergeudung nationaler Kräfte jedes Volkes für Werke der Zerstörung ein Ende zu bereiten. Jeder am Kriege beteiligte und nicht beteiligte Staat wird ein Unmaß von Schwierigkeiten zu überwinden haben, um die materiellen Verluste dieses Krieges auszugleichen.
Eine solche Zusammenarbeit ist nur möglich, wenn sie auf ein festes System anerkannter Rechtsgrundsätze gestellt ist. Nicht einmal ein einfaches Spiel kann ohne Zank zu Ende geführt werden, wenn nicht jeder Teilnehmer bestimmte Spielregeln beachtet. Wieviel weniger ist das möglich, wenn Völker, die unter den verschiedensten Bedingungen leben, sich an der größten Aufgabe, nämlich dem harmonischen Ausgleich aller Kräfte, beteiligen wollen. Wir sind des Glaubens, daß Gott ihn will, daher erachten wir als bestes Bollwerk für die Sicherung solcher Spielregeln im Leben der Völker den Anstand der Gesinnung, jene Gewissensverpflichtung, die aus dem religiösen Bewußtsein allein entspringt. Aber wir verkennen nicht, daß diese Regeln einer Formulierung bedürfen und daß die Unvollkommenheit der Menschen es notwendig macht, sie überdies noch einem Machtschutz anzuvertrauen. Zu einer solchen Zusammenordnung im kleinen wie im großen sind wir, die Selbständigkeit aller Staaten, sowie sie sich im Laufe der Geschichte entwickelt haben, anerkennend, bereit. Die möglichst schleunige Wiederherstellung geordneter öffentlicher Haushalte in allen Ländern ist notwendig; denn ohne diesen Ausgleich können stabile Währungen nicht bestehen, ohne sie ist ein geordneter reger Austausch von Gütern und Leistungen nicht möglich. Wir werden nicht zögern, diese Notwendigkeiten in die Tat umzusetzen. Dabei müssen wir den Gegebenheiten dieses unseligen Krieges Rechnung tragen. Aber wir werden dafür Sorgen, daß, soweit zur Zeit noch fremde Gebiete besetzt gehalten werden müssen, den Betroffenen volle Selbstregierung wieder ermöglicht und die Anwesenheit deutscher Truppen so wenig lastend wie möglich gemacht wird. Wissen wir doch aus eigener schmerzvoller Erfahrung, wie tief die Seele jedes Volkes von der Tatsache berührt wird, die Soldaten eines anderen Volkes auf der geheiligten Heimaterde zu sehen.
Wir müssen aleo, nicht wissend, wie sich die Welt uns gegenüber stellen wird, den Kampf weiter führen. Wir alle haben viele bittere Erfahrungen hinter uns. Wir sind Männer, die es gewohnt waren, unsere Pflicht auch unter den widerwärtigsten Umständen zu tun. Wir sind Männer, die ein böses Erbe übernehmen, ohne über die bisherigen ungetreuen Verwalter unserer Schicksale zu schimpfen. Wir wünschen nicht, unsere eigene Verantwortung dadurch zu mindern, oder uns selbst in ein besseres Licht zu setzen, daß wir die Schuld auf andere abladen und andere verunglimpfen. Wir wollen wieder zur Sprache des gesitteten An-standes zurückkehren, wie er in jeder deutschen Familie, die etwas auf sich hält, als selbstverständlich gepflegt wird.
So rufen wir auch auf zu tätiger Selbstbesinnung und zu opferbereiter Zuversicht. Hasset nicht, helft vielmehr! Vollbringt das größte: findet die Seele unseres Volkes wieder. Gewinnt so die Kraft, noch mehr zu leisten und unseren tapferen Soldaten zu Lande, auf dem Meer und in der Luft noch wirksamer zu helfen. Vereinen wir uns mit ihnen in der Ruhe des Gewissens, daß kein deutsches Mannesblut mehr der Ruhmsucht unfähiger Führung, sondern nur noch der Verteidigung unserer Lebensinteressen geopfert werden wird.
Mit Gott für Recht, Freiheit und Sicherung friedlicher Arbeit. (Anlage 1 zum Kaltenbrunner-Bericht vom 14. 8. 44)
Aufruf an die Wehrmacht Soldaten!
Tapfer und todesmutig habt Ihr vier Jahre hindurch gekämpft, ohne je zu verzagen, allen Gefahren trotzend, unbekümmert um alle Mühen und Leiden, nur durchdrungen von eisernem Pflichtgefühl und glühender Liebe zu Volk und Vaterland. Keine Aufgabe war Euch zu schwer, kein Opfer zu groß. Erfüllt von dem Glauben, der Krieg sei gerecht und notwendig, um das nach dem ersten Weltkrieg geschehene Unrecht wieder gutzumachen und unsere Freiheit zu sichern, seid Ihr in den Kampf gezogen. Zu Lande, in der Luft und auf der See habt Ihr Gewaltiges geleistet und den Lorbeer der Unüberwindlichkeit an Eure Fahnen geheftet. Und trotzdem ist ein Ende des Krieges nicht abzusehen. Eure Heimkehr zu Frau und Kindern, nach Haus und Hof zu friedlicher Arbeit scheint in weite Ferne gerückt zu sein. Ihr werdet Euch selbst schon oft genug gefragt haben, wie das zu erklären ist. Antwort habt Ihr nicht gefunden. Denn eine Propaganda die vor keiner Lüge zurückschreckt, mit Eurem Heldenmut und Eurem Leben gewissenlos spielt, hat Euch den Blick getrübt. In Wirklichkeit ist die Antwort klar und einfach, eine Staatsführung, die die Politik nicht mehr als die Kunst des Möglichen ansieht und die Erreichung ihrer Ziele nicht mit sparsamstem Kräfteeinsatz anstrebt, sondern in phantastischen Plänen grenzenloser Eroberungen schwelgt, die überhaupt keine sittlichen Bindungen weder dem eigenen noch einem anderen Volke gegenüber anerkennt, kann niemals zu einem Frieden mit den übrigen Völkern gelangen. Hieran können Eure Führer nichts ändern, sie erwirken bei solcher Staatsführung nur immer maßlosere Wünsche. Statt einer weisen Beschränkung auf die wahren Lebensnotwendigkeiten unseres Volkes wurde unter dem Deckmantel einer Neuordnung Europas die Unterwerfung fast des ganzen Erdteiles betrieben. Die besiegten Völker wurden unterjocht und ausgebeutet, statt sie durch weise Rücksicht auf ihren nationalen Stolz, auf ihren Freiheitswillen und auf ihre Lebensinteressen zu gewinnen und Brücken zu einer dauerhaften Verständigung zu schlagen. So hat die Staatsführung die klaren Lehren der Geschichte, die solches Vorgehen zur Erfolglosigkeit verurteilen, mißachtet und überall statt Vertrauen Haß gesät. Sie hat damit den Weg zu einem baldigen dauerhaften Frieden sich hemmungslos verbaut.
Wir wünschen keine Versklavung anderer Völker. Die Freiheit, die unsere Väter im vorigen Jahrhundert für Deutschland als köstlichstes Gut völkischen Lebens errungen und die wir in gleicher Begeisterung zu hüten haben, muß auch allen anderen Völkern zugestanden werden. Denn nur auf dieser Grundlage kann die Kluft überbrückt werden, die eine hemmungslose, machtberauschende Politik aufgerissen hat. Ein weiteres noch droht Euch um den Erfolg Eurer Siege zu bringen, die Ihr unter Führung geschulter und erfahrener Männer erfochten habt: Das „Feldherrngenie" Hitlers, das er in wahnwitziger Verblendung sic selbst angemaßt hat und das ihm von Speichelleckern aufs Widerlichste angehimmelt worden ist. Wer einen Stiefel besohlen will, muß es gelernt haben. Wer ein Millionenheer führen will, muß die Fähigkeit dazu auf den verschiedenen Stufenleitern harten militärischen Dienstes erlernt und bewiesen haben. Seitdem sich Hitler im Winter 1941/42 selbst den Oberbefehl zuerkannt hat, wurde durch Eigensinn, Unfähigkeit und Maßlosigkeit die Wehrmacht in Lagen gebracht, vor denen Sachverständige gewarnt hatten und die vermeidbare schwerste Opfer gekostet haben. Der Untergang der 6. Armee bei Stalingrad, der Zu-sammenbruch des unüberlegten Unternehmens in Nordafrika, sowie die vergeblichen Opfer auf Sizilien, sind einzig und allein unfähiger, gewissenloser Führung zuzuschreiben. Hunderttausende brave Soldaten büßten für Vermessenheit und Eitelkeit eines Einzelnen mit Leben, Gesundheit oder Verlust der Freiheit. Mit unbarmherziger Kälte hat diese Führung unsägliches Leid, das vermieden werden konnte, in zahllose Familien gebracht. Viele höhere Führer sind bereits zurückgetreten, manche aus dem Leben geschieden, weil sie die Verantwortung für solche gewissenlose, unfähige Führung nicht tragen wollten. Andere wurden beseitigt, weil sie den Mut hatten, ihre warnende Stimme zu erheben, damit kostbares Blut geschont und nicht vergeudet würde. Niemals in der deutschen Geschichte hat eine militärische Führung mit größerer Skrupellosigkeit die edle Einrichtung der allgemeinen Wehrpflicht und das Vertrauen mißachtet, das Soldaten ihr entgegengebracht haben.
Während Ihr fern der Heimat kämpft, um sie zu verteidigen, sind zahlreiche deutsche Städte, die sicher zu schützen, Göring sich vermessen gerühmt hatte, in Schutt und Asche gesunken, sind unersetzliche Kulturwerke, zahllose Arbeitsstätten und hunderttausende von Wohnungen zerstört, zahlreiche Familien tapferer Soldaten getötet und ausgelöscht für immer. Niemals vorher hat sich so furchtbares im deutschen Vaterland zugetragen.
Soldaten! So darf es nicht weitergehen! Eure Heimkehr darf dermaleinst nicht auf ein Trümmerfeld führen, auf dem die Jugend, Eurer Erziehung beraubt, mit Heimat und Elternhaus auch der Seele verlustig geht, wo materielle Begierden alle edlen Gefühle für Ehre und Freiheit, für Menschenwürde und Nächstenliebe zu verdrängen und zu ersticken drohen. Wollt Ihr, daß die geheiligten Ordnungen von Zucht und Sitte durch Sünde und Laster zerstört werden? Wollt Ihr, daß die Jugend uns einst dafür verdammt, weil wir den Mut zur Verantwortung, zur Rettung des Vaterlandes nicht rechtzeitig aufgebracht hätten? Vielleicht haben wir schon zu lange gezögert, aber wir dürfen nicht mehr weiter warten. Denn nun bereitet man den gewissenlosesten Schlag vor, die Führer der Wehrmacht für das ganze Unglück verantwortlich zu machen. Wir müssen handeln, weil — und das wirkt am schwersten — in Eurem Rücken Verbrechen begangen wurden, die den Ehrenschild des deutschen Volkes beflecken und seinen in der Welt erworbenen guten Ruf besudeln. Selbstmächtige Kreaturen in hohen und höchsten Stellen haben sie zugelassen oder gar selbst begangen. Sie haben den Krieg dazu benutzt, sich schamlos auf Kosten des eigenen und fremder Völker zu bereichern und aus der Not der Armen und dem Elend der Unglücklichen Nutzen zu ziehen. Diese Männer haben sich nicht gescheut, sich mit dem Ruhm Eurer Heldentat zu brüsten, ohne daß sie selbst den Krieg je im Leben gespürt haben. Ihr werdet die Einzelheiten erfahren. Wir werden mit unerbittlicher Strenge in öffentlichen Verfahren durchgreifen. Das schlimmste ist, daß dies schamlose Treiben von Adolf Hitler befohlen oder gebilligt wurde. Ein solche Führung, ob wahnwitzig oder voll verantwortlich, hat den Anspruch auf Gehorsam vor Gott und den Menschen verwirkt, denn sie hat den Eid gebrochen, den sie selbst einst dem Vaterlande geschworen hat, dem sie wie jeder Bürger unterworfen ist, und damit die Treue, die sie dem Eidleistenden schuldig ist, mit Füßen getreten. Sie könnte Volk und Vaterland nur noch einer schimpflichen furchtbaren Katastrophe entgegenführen. Dies zu verhindern, sind wir fest entschlossen. Hierfür stehen wir vor Gott ein. Hierfür nehmen wir Euch in Eid und Pflicht. Im Einverständnis mit Euren ältesten soldatischen Führern und meinen Mitarbeitern habe ich daher die politische und militärische Leitung übernommen. Eures Vertrauens bin ich gewiß. Hervorragende Männer aus allen Schichten des Volkes haben zugestimmt und geloben selbstlose Hingabe und Treue. Ich werde diejenigen Maßnahmen treffen, die überall Führung und Verwaltung durch sachkundige Männer untadeligen Charakters sicherstellen.
Soldaten! Noch ist die Stunde nicht gekommen, sich dem Gedanken des Friedens hinzugeben. Noch müssen wir kämpfen, um zu verteidigen und zu retten, was uns teuer ist, bis ein ehrenvoller Ausgang des Krieges gesichert ist. Viererlei verspreche ich Euch aber schon jetzt:
Erstens: Nur solche Opfer werden von Euch verlangt werden, die nach gewissenhafter Prüfung unbedingt notwendig sind, um uns zu verteidigen und den Krieg zu gutem Ende zu führen.
Zweitens: Vertrauenswürdige, sachkundige deutsche Männer werden alles daran setzen, um zu einem dauerhaften, unsere Zukunft sichernden Ausgleich mit allen Völkern zu kommen.
Drittens: Hinter Eurem Rücken und unter Eurem Schutz werden wieder Recht und Gerechtigkeit, Anstand und Sauberkeit, Sachkunde und selbstlose Pflichterfüllung herrschen.
Viertens: Nach dem Kriege wird alle Kraft des Volkes eingesetzt werden, um Wohnungen, Hausrat und Nahrung und wahrhaftes soziales Zusammenleben zu schaffen. Ein klares Lebensziel ruhiger feierlicher Arbeit soll vor uns stehen. Wir alle werden hart arbeiten und einfach leben müssen, aber wir werden dafür wieder Kraft und Reichtum der Seele finden. Ich vertraue, daß Front und Heimat, alle vereint in gesammelter Kraft, weiter ihre Pflicht bis zum äußersten tun in Demut vor Gott, für Ehre und Freiheit, für Volk und Vaterland.
Deutsche Soldaten!
Über vier Jahre tapfersten Ringens liegen hinter Euch! Millionen unserer Kameraden sind auf den Schlachtfeldern Europas und Afrikas, in der Luft und auf den Meeren gefallen. Hitlers gewissenlose Führung hat ganze Armeen mit der Blüte unserer Jugend in Rußland und am Mittelmeer für phantastische Pläne grenzenloser Eroberungen geopfert. Der leichtfertige Einsatz der 6. Armee bei Stalingrad und ihre sinnlose Preisgabe beleuchten grell die grausame Wahrheit. Befähigte Offiziere, die sich diesem wahnwitzigen Treiben widersetzten, wurden entfernt, der Generalstab beiseite geschoben. Das angemaßte Feldhermgenie Hitlers treibt uns trotz Euern Heldentums einem verhängnisvollen Ausgang zu. In der Heimat werden immer mehr Stätten des Familienlebens und der Arbeit zerstört; schon sind 6 Millionen Deutsche heimatlos. In Euerm Rücken nehmen Korruption und Verbrechen, von Anfang an von Hitler geduldet oder gar befohlen, unerhörte Ausmaße an.
In dieser Stunde höchster Not und Gefahr haben deutsche Männer ihre Pflicht vor Gott und dem Volke getan, sie haben gehandelt und Deutschland eine erfahrene, verantwortungsbewußte Führung gegeben.
Der Mann, der rechtzeitig gewarnt hat, der als Chef des Generalstabes entschlossen gegen diesen Krieg eingetreten ist und deshalb von Hitler entlassen wurde, ist —........... Er hat die einstweilige Führung des Deutschen Reiches und den obersten Befehl über die deutsche Wehrmacht übernommen. Die Regierung ist aus erprobten Männern aller Schichten unseres Volkes, aller Teile unseres Vaterlandes gebildet. Sie hat ihre Arbeit ausgenommen. Ich bin mit dem Oberbefehl über die gesamte Wehrmacht betraut. Die Oberbefehlshaber an allen Fronten haben sich mir unterstellt. Die deutsche Wehrmacht hört jetzt auf meinen Befehl. Soldaten! Es geht um die Sicherung eines gerechten Friedens, der dem deutschen Volk ein Leben in Freiheit und Ehre, den Völkern freiwillige und fruchtbare Zusammenarbeit ermöglicht. Ich stehe Euch dafür, daß fortan von Euch nur Opfer verlangt werden, die notwendig sind, um dieses Ziel zu erreichen. Alle Kräfte des Volkes werden nunmehr einheitlich für diese Aufgabe eingesetzt. Mit der sinnlosen Verzettelung der Kräfte, mit den halben, verspäteten Entschlüssen, die soviel Blut gekostet haben, hat es ein Ende.
Wo immer Ihr steht, an der Front oder in den besetzten Gebieten, verpflichte ich Euch auf die Gesetze unbedingten Gehorsams, soldatischer Manneszucht und ehrenhafter, ritterlicher Haltung. Wer es daran hat fehlen lassen oder sich künftighin gegen dieses Gesetz vergeht, wird unnachsichtig zur Rechenschaft gezogen werden. Auch in der Heimat kämpfen wir für Recht und Freiheit, für Anstand und Sauberkeit. Ich erwarte von Euch, daß jeder seine Pflicht treu und tapfer weiter erfüllt. Davon hängt das Geschick unseres Vaterlandes, hängt unsere und unser Kinder Zukunft ab.
Soldaten! Es geht um Bestand und Ehre unseres Vaterlandes, um eine wahre Gemeinschaft im eigenen Volke und mit den Völkern der Welt.
(von Witzleben) (Anlage 3 zum Kaltenbrunner-Beridit vom 11. 8. 44)
Rede Hitlers vom 21. Juli 1944
Führerhauptquartier, 20. Juli 1944.
Der Führer hielt heute Nacht im Deutschen Rundfunk folgende Ansprache an das deutsche Volk!
Deutsche Volksgenossen und Volksgenossinnen!
Ich weiß nicht, zum wievielten Male nunmehr ein Attentat auf mich geplant und zur Ausführung gekommen ist. Wenn ich heute zu Ihnen spreche, dann geschieht es aber besonders aus zwei GrünJen: 1. damit Sie meine Stimme hören und wissen, daß ich selbst unverletzt bin, 2. damit Sie aber auch das Nähere erfahren über ein Verbrechen, das in der deutschen Geschichte seinesgleichen sucht.
Eine ganz kleine Clique ehrgeiziger, gewissenloser und zugleich verbrecherischer dummer Offiziere hat ein Komplott geschmiedet, um mich zu beseitigen und zugleich mit mir den Stab der deutschen Wehrmacht-führung auszurotten.
Die Bombe, die von Oberst Graf von Stauffenberg gelegt wurde, krepierte zwei Meter an meiner rechten Seite. Sie hat eine Reihe mir treuer Mitarbeiter sehr schwer verletzt, einer ist gestorben. Ich selbst bin völlig unversehrt bis auf ganz kleine Hautabschürfungen, Prellungen oder Verbrennungen. Ich fasse das als eine Bestätigung des Auftrags der Vorsehung auf, mein Lebensziel weiter zu verfolgen so, wie ich es bisher getan habe. Denn ich darf es vor der ganzen Nation feierlich gestehen, daß ich seit dem Tage, an dem ich in die Wilhelmstraße einzog, nur einen einzigen Gedanken hatte, nach bestem Wissen und Gewissen meine Pflicht zu erfüllen, und daß ich, seit mir klar wurde, daß der Krieg ein unausbleiblicher war und nicht mehr aufgeschoben werden konnte, eigentlich nur Sorge und Arbeit kannte und in zahllosen Tagen und durchwachten Nächten nur für mein Volk lebte.
Es hat sich in einer Stunde, in der die deutschen Armeen in schwerstem Ringen stehen, ähnlich wie in Italien nun auch in Deutschland eine ganz kleine Gruppe gefunden, die nun glaubte, wie im Jahre 1918 den Dolchstoß in den Rüchen führen zu können. Sie hat sich diesmal aber schwer getäuscht. Die Behauptung dieser Usurpatoren, daß ich nicht mehr lebe, wird jetzt in diesem Augenblick widerlegt, da ich zu Euch, meine lieben Volksgenossen, spreche. Der Kreis, den diese Usurpatoren darstellten, ist ein denkbar kleiner. Er hat mit der deutschen Wehrmacht und vor allem auch mit dem deutschen Heer nichts zu tun. Es ist ein ganz kleiner Klüngel verbrecherischer Elemente, die jetzt unbarmherzig ausgerottet werden.
Ich befehle daher in diesem Augenblick, 1. Daß keine Zivilstelle irgendeinen Befehl entgegenzunehmen hat von einer Dienststelle, die sich diese Usurpatoren anmaßen, 1. daß keine Zivilstelle irgendeinen Befehl entgegenzunehmen hat irgendeinem Befehl dieser Usurpatoren zu gehorchen hat, daß im Gegenteil jeder verpflichtet ist, den Übermittler oder den Geber eines solchen Befehls entweder sofort zu verhaften oder bei Widerstand augenblicklich niederzumachen. Ich habe, um endgültig Ordnung zu schaffen, zum Befehlshaber des Heimatheeres den Reichsminister Himmler ernannt. Ich habe in den Generalstab Generaloberst Guderian berufen, um den durch Krankheit zurzeit ausgefallenen Generalstabschef zu ersetzen, und einen zweiten bewährten Führer der Ostfront zu seinem Gehilfen bestimmt.
In allen anderen Dienststellen des Reiches ändert sich nichts. Ich bin der Überzeugung, daß wir mit dem Austreten dieser ganz kleinen Verräter-und Verschwörerclique nun endlich aber auch im Rücken der Heimat die Atmosphäre schaffen, die die Kämpfer der Front brauchen. Denn es ist unmöglich, daß vorn Hunderttausende und Millionen braver Männer ihr Letztes hergeben, während zu Hause ein ganz kleiner Klüngel ehrgeiziger erbärmlicher Kreaturen diese Haltung dauernd zu hintertreiben versucht.
Diesmal wird nun so abgerechnet, wie wir das als Nationalsozialisten gewohnt sind.
Ich bin überzeugt, daß jeder anständige Offizier, jeder tapfere Soldat in dieser Stunde das begreifen wird.
Welches Schicksal Deutschland getroffen hätte, wenn der Anschlag heute gelungen sein würde, das vermögen die wenigsten sich vielleicht auszudenken. Ich selber danke der Vorsehung und meinem Schöpfer nicht deshalb, daß er mich erhalten hat. Mein Leben ist nur Sorge und ist nur Arbeit für mein Volk, sondern ich danke ihm nur deshalb, daß er mir die Möglichkeit gab, diese Sorgen weiter tragen zu dürfen und in meiner Arbeit weiter fortzufahren, so gut wie ich das vor meinem Gewissen verantworten kann.
Es hat jeder Deutsche, ganz gleich, wer es sein mag, die Pflicht, diesen Elementen rücksichtslos entgegenzutreten, sie entweder sofort zu verhaften, oder wenn sie irgendwie Widerstand leisten sollten, ohne weiteres niederzumachen. Die Befehle an sämtliche Truppen sind ergangen. Sie werden blind ausgeführt entsprechend dem Gehorsam, den das deutsche Heer kennt.
Ich darf besonders Sie, meine alten Kampfgefährten, noch einmal freudig begrüßen, daß es mir wieder vergönnt war, einem Schicksal zu entgehen, das nicht für mich schreckliches in sich barg, sondern das den Schrecken für das deutsche Volk gebracht hätte.
Ich ersehe daraus auch einen Fingerzeig der Vorsehung, daß ich mein Werk weiter fortführen muß und daher weiter fortführen werde. (Mikrofilm: 20. 7. 44 — Institut für Zeitgeschichte)
Die ersten „Sprachregelungen" der Partei-und Staatsdienststellen Führerhauptquartier, den 20. 7. 1944, 20. 3 5 Uhr Reichsleiter M. Bormann an alle Gauleiter Rundschreiben Nr. 2 Eilt sehr! Sofort auf den Tisch!
Der Führer hat angeordnet, daß alle Gauleiter in Verbindung mit ihren zuständigen Polizeiführern alle Personen, die mit dem reaktionären Verbrechergesindel Fromm — Höpner — Witzleben — Freiherr von Stauffenberg — im Komplott stehen, sofort festnehmen lassen sollen.
Alle zuständigen Partei-Dienststellen sind von Ihnen entsprechend zu unterrichten, damit keinesfalls verbrecherischen Elementen der Versuch. die Volksführung an sich zu reißen, gelingen kann.
Heil Hitler!
gez. M. Bormann fuehrerhauptquartier, 20. juli 1944, 21. 20 uhr reichsleiter m. bormann an alle gauleiter rundschreiben nr. 4 eilt sehr, sofort auf den tisch, 1 .) zu den Verbrechern, die an dem mordanschlag gegen den fuehrer beteiligt sind, gehoert auch der general olbricht.
2 .) die glueckliche rettung des fuehrers bedeutet zugleich die rettung des deutschen Volkes.
das reaktionaere verbrechergesindel hat offenbar nach Verabredung mit dem nationalkomitee freies deutschland in moskau (general von seydlitz und graf einsiedel) den anschlag gegen den fuehrer und die dem fuehrer treu ergebenen Offiziere inszeniert.
nach gelingen des anschlags sollte die vollziehende gewalt von der generalsclique fromm, olbricht, hoepner uebernommen und danach frieden mit moskau geschlossen werden, daß dieser sogenannte frieden das leben des deutschen Volkes kosten werde, liegt klar auf der hand.
das mißgluecken des anschlages bedeutet damit die rettung deutschlands, denn nun sind die auf die verraeterischen generale gesetzten hoffnungen endgueltig zerstoert.
heil hitler gez. m. bormann Führerhauptquartier, den 20. Juli 1944 Reichsleiter M. Bormann An alle Gauleiter Fernschreiben Nr. 5
Ein General Beck will sich die Führung der Staatsgeschäfte anmaßen.
Der ehemalige Feldmarschall von Witzleben spielt sich als Nachfolger des Führers auf.
Es versteht sich von selbst, daß nationalsozialistische Gauleiter von diesen Verbrechern, die ihrem Format nach ausgesprochene Miniatur-Würstchen sind, sich nicht düpieren, lassen und keine Befehle entgegennehmen. Heil Hitler!
gez. M. Bormann Führerhauptquartier, den 21. Juli 1944 03. 40 Uhr Reichsleiter M. Bormann An alle Gauleiter Rundschreiben Nr. 6 Eilt sehr! Sofort auf den Tisch! zu Ihrer ich mit: Zu Beginn Zunächst nur Unterrichtung eigenen teile der militärischen Lagebesprechung, die in der Mittagsstunde des vergangenen Tages stattfand, legte einer der nächsten Mitarbeiter des Generaloberst Fromm, ein Oberst Graf Stauffenberg, eine seiner Aktentasche verborgene Bombe unmittelbar in der Nähe des Führers nieder und entfernte sich dann unauffällig.
Als er die Explosion hörte, nahm Graf Stauffenberg an, sein Attentat sei geglückt. Er flog mit bereitgestellter Maschine nach Berlin, wo daraufhin General Olbricht seinen Offizieren bekanntgab, der Führer sei tot und Generale des Heeres hätten die Vollziehende Gewalt übernommen.
Nach dem mißglückten Attentat führte der Führer seine Besprechungen mit dem Duce.
Der Reichsführer-SS, Reichsminister Himmler, wurde mit der Führung des Ersatzheeres beauftragt.
In Berlin hatte inzwischen, während RFSS Himmler nach Berlin flog, Parteigenosse Dr. Goebbels mit nationalsozialistischen Offizieren der Garnison die notwendige Verbindung ausgenommen.
Im Ablauf der von dieser Truppe eingeleiteten Aktion erschoß General Beck sich selbst, andere Offiziere wie der Attentäter Graf Stauffenberg und General Olbricht wurden erschossen.
Reichsführer-SS Himmler hat das Ersatzheer, dessen maßgebliche Offiziere von Anfang an gegen die Meuterer standen, fest in der Hand.
Auch von den anderen Truppenteilen und aus der Heimat laufen fortgesetzt die Gelöbnisse der Treue beim Führer ein. Die Aktion der Landesverräter kann als abgeschlossen betrachtet werden. Über alle etwaigen weiteren Konsequenzen des mißglückten Putsches werde ich Sie unterrichten.
Heil Hitler! gez. M. Bormann Rundschreiben Nr. 7 Führerhauptquartier, den 21. 7. 1944, 11. 35 Uhr. Reichsleiter M. Bormann An alle Gauleiter Eilt sehr! Sofort auf den Tisch!
Der Befehlshaber des Ersatzheeres, Reichsminister H. Himmler, bittet Sie dringend, jedes weitere selbständige Vorgehen gegen Offiziere, die unklare Haltung zeigten oder sogar als offene Gegner gewertet werden müssen, abzustoppen.
Der Befehlshaber des Ersatzheeres bittet Sie, ihm Ihre Unterlagen in allen Fällen, die Ihrer Meinung nach bereinigt werden müssen, zu-zusenden.
Heil Hitler!
gez. M. Bormann Führerhauptquartier, den 24. 7. 1944 04. 00 Uhr Der Leiter der Parteikanzlei Reichsleiter M. Bormann An alle Reichsleiter, Gauleiter, Verbändeführer.
Betrifft: Behandlung der Ereignisse des 20. 7. 1944 in der Öffentlichkeit Der Führer wünscht, daß bei der Behandlung der Ereignisse des 207. 1944 sich niemand dazu hinreißen läßt, das Offizierskorps, die Generalität, den Adel oder Wehrmachtsteile in corpore anzugreifen oder zu beleidigen. Es muß vielmehr immer betont werden, daß es sich bei den Teilnehmern des Putsches um einen ganz bestimmten verhältnis-mäßig kleinen Offiziersklüngel handelte. Die vom Reichsführer-SS durchgeführte Untersuchung geht ihren ordnungsmäßigen Gang; über ihre Ergebnisse wird zu gegebener Zeit berichtet werden.
Für die einwandfreie Haltung des deutschen Heeres war es bezeichnend, daß in sämtlichen Gauen die Wehrmachtsbefehlshaber die auf die Verhaftung der Gauleiter oder Kreisleiter lautenden Befehle des Verräterhaufens nicht ausführten. Sie nahmen im Gegenteil mit den Gau-leitern etc. Fühlung auf und betonten die Notwendigkeit engsten Zusammenhaltens zwischen NSDAP und Wehrmacht.
Wird über die Haltung des Verräterklüngels gesprochen, muß also gleichzeitig die einwandfreie Haltung des Heeres wie überhaupt die einwandfreie Haltung der Gesamtwehrmacht betont werden.
Der Führer hat inzwischen betont und klargestellt, daß gerade in besonderer Notzeit innerhalb der Gaue die vollziehende Gewalt nicht an die Wehrmacht oder an irgendwelche einzelne Generale übergehen kann, sondern sie muß gerade in besonderen Krisen, in Notzeiten unseres Volkes, fester denn je in der Hand der Gauleiter gehalten werden.
Heil Hitler!
gez. M. Bormann (Aus den Akten des 20. Juli 1944, Bundesarchiv Koblenz)
Ansprache Jodls F. H. Qu., den 25. 7. 1944 Ansprache des Chefs WFSt, Gen. Oberst Jodl, an die Offiziere und Beamte des WFSt im Offz. -Heim des Sperrkreises II am 24. 7. 44 19. 30 Uhr Der 20. Juli war der schwärzeste Tag, den die deutsche Geschichte bisher gesehen hat, und wird es vielleicht für alle Zukunft bleiben. Bisher war es der 9. November 1918, aber verglichen mit dem soeben Geschehenen war das geradezu noch ein Ehrentag, denn als Entschuldigung für den 9. November kann man anführen, daß damals ein Teil des deutschen Volkes, der gegen den Staat gezogen war und nicht mit ihm in Verbindung stand, zur Revolution schritt. Selbst bei dem ital. Verrat des Vorjahres kann man noch darauf hinweisen, daß die führenden Persönlichkeiten einen Befehl des Staatsoberhauptes ausführten. Diese Fälle sind also nicht vergleichbar mit der noch ruchloseren Tat des 20. 7., die von Offizieren ausgeführt wurde, welche durch ihren Treueeid gebunden waren, die im FHQu ständig ein-und ausgingen, dem Führer die Hand geben durften und von ihm befördert worden sind. Außer in Rußland und in Mexiko ist wohl niemals in der Welt etwas ähnliches geschehen. Es bleibt einmalig in seiner Ungeheuerlichkeit.
Konnten die Verschwörer, die den Jesuiten nahe standen, den Satz „Der Zweck heiligt die Mittel" für sich anführen? Wollten sie das, dann beweisen sie damit nur eine ungeheuerliche Dummheit und den kleinsten Gesichtskreis. Denn wie wollten sie ihrem Volk nützen? 1918 hat sich bereits gezeigt, was es heißt, einen billigen Frieden zu erhoffen, wenn man das Regime beseitigt. Die feindliche Presse hat bereits ausgeführt, der Militarismus sei mit dem Nazismus gleich zu setzen, er trage diese Verantwortung und könne ihr nicht entschlüpfen. Wie stand es vor der Machtübernahme? Es ist eine uralte Erfahrung, daß, wenn eine große Macht besteht und sie dann noch Organe in den Nachbar-staaten zu ihrer Verfügung hat, sie diese eines Tages zerbricht. Das hat sich in der katholischen Kirche gezeigt, so war es mit den Sowjets und den ihr botmäßigen kommunistischen Parteien in den anderen Ländern. Die Erwartung, daß durch den Putsch eine Anlehnung an die Angelsachsen möglich sein werde, ist unbegreiflich kurzsichtig, wo diese selbst sich gegenüber den Sowjets nicht durchsetzen können. Wäre der Anschlag gelungen, dann hätte vielleicht unter Kämpfen die Ordnung im Innern wiederhergestellt werden können, aber es drohte die Gefahr, daß in der Zwischenzeit die Front zerbrochen wäre. So also ist die politische und die disziplinäre Seite des Vorgefallenen anzusehen, die menschliche ist noch trauriger. Man möchte vor Scham in den Boden versinken. Es gibt eben seit 1918 nicht mehr das in sich konforme fest zusammengeschlossene Offizierskorps, das bis dahin bestand und wohl nie von der Reichsgründung an einen einzigen Fall von Landes-oder Hochverrat erlebt hat. Mich betrifft dies besonders schwer, da ich drei Jahre Mitarbeiter des Gen. Oberst Beck war und mich persönliche Beziehungen mit dem General Wagner verbanden. Diese Männer wollten nicht nur den Führer beseitigen, sondern auch bedenkenlos ihre Kameraden mit in die Luft sprengen. Jetzt ist es notwendig, die Offiziere, die zum Führer gehen, zu untersuchen und ihre Mappen vorher zu prüfen. Insofern sind die Attentäter noch verruchter als die niederträchtigsten Berufsverbrecher, da bei denen ja irgendwelche Beziehungen zu den Opfern fehlen. Trösten kann allein, daß damit nun die letzten Eiterbeulen aufgebrochen sind. Wo solche zu vermuten waren, ließ sich schon gelegentlich ahnen, aber der Führer ist darüber immer mit Gutmütigkeit hinweggegangen und hat seine schützende Hand über die Aufdeckung gehalten; so z. B. im Fall des Generals Fellgiebel, der schon früher durch Äußerungen aufgefallen war. Der Führer hat dies und anderes ignoriert, und nun wollten die Attentäter ihn als einen Despoten beseitigen. Dabei haben sie selbst erlebt, daß der Führer nicht mit Gewalt zur Macht kam, sondern getragen durch die Liebe des deutschen Volkes. Auch wußten sie aus ihrer Kenntnis, mußten es wissen, daß der höchste und wertvollste Mensch, der nur der Idee diente, an die Spitze getreten sei. Also auch diese Begründung können sie nicht für sich anführen. Ja, selbst wenn es sich um einen Kranken oder einen Verbrecher gehandelt hätte, dann wären, wie der Fall des Königs Ludwig II. von Bayern es zeigt, die Schäden auf andere Weise zu heilen gewesen. Wer an der Lage verzweifelt, der mag sich selbst erschießen, aber er soll seinen Eid respektieren.
Es hat sich ergeben, daß die Aktion weiter um sich gegriffen hat, als dies vom Führer in seiner Rede angedeutet wurde. Auch solche, die der Wehrmacht nicht angehören, sind beteiligt gewesen. Jetzt aber wird eine Generalabrechnung lOOprozentig durchgeführt. Mitleid ist nicht angebracht, und die Zeit für Laune ist vorbei. Rücksichtsloser Haß allen deron, die entgegenwirken! Dies empfinde auch ich.
Die Attentäter mögen ferner gedacht haben, daß es sich bei der Umgebung des Führers um Streber und knechtische Naturen handle. Wie war das wirklich? Ich z. B. bin herangezogen worden, obwohl ich die Bewegung vor 1933 wenig gekannt habe und nichts für sie tun konnte, da ich eben Soldat war. Ich bin vielmehr gegen jede Auflockerung der Disziplin gewesen, gebunden durch den Eid, den ich dem Reichspräsidenten geleistet hatte *)Allerdings sind meine Ziele im großen die Ziele der Bewegung gewesen, da ich immer national, sozial und antikatholisch gedacht habe und Treue und Gehorsam für mich die Grundlagen des Lebens waren. Somit erledigt sich auch dieser Gedankengang.
Nach der Ausmerzung alles Faulen kommt es darauf an, den verbleibenden Rest zusammenzuschließen. Wir müssen uns eingestehen, daß das Volk sich besser als jene Offiziere gehalten hat, obwohl es mehr zu erdulden hatte als die Täter. Jetzt flammt der Widerstand hell auf: unter dem Eindruck dessen, was an der Ostgrenze Ostpreußens geschieht, kann man wirklich von einem Aufbruch des Volkes sprechen. Der Reichskommissar hat die Bevölkerung mitgerissen, die nun vom Universitätsprofessor bis zum 15jährigen Jungen großartige Leistungen vollbringt. Daher werden wir gestärkt in der Hoffnung, daß wir auch durch diese Krise, die nicht schlimmer vorstellbar ist, hindurchkommen werden. Ich hege die Erwartung, daß unter all den Offizieren, denen ich in die Augen zu schauen habe, sich nicht ein Lauer befindet. Ich bin überzeugt, daß wir diese Lage durchstehen werden, aber selbst, wenn uns das Glück nicht hold sein sollte, dann müßten wir entschlossen sein, uns als die Letzten mit der Waffe um den Führer zu scharen, damit wir vor der Nachwelt gerechtfertigt sind. Für uns ältere ist das leichter als für die jüngeren von uns, aber das ändert nichts daran, daß wir vor der Geschichte und vor der Ewigkeit zu bestehen haben.
Ein Telegramm Ribbentrops Telegramm (G-Schreiber)
Sonderzug, den 24. Juli 1944 23. 15 Uhr Ankunft, 25. Juli 1944 4. 15 Uhr Nr. 1605 vom 24. 7.
An alle diplomatischen Missionen Tel. i. Ziff. (Geh. Ch. V.)
Zu Ihrer Information 1 .) Der auf den Führer verübte Mordanschlag, der von einem dazu ausersehenen geistig minderwertigen Subjekt in Oberstenuniform ausgeführt wurde, ist das Resultat einer infantilen Verschwörung einiger weniger wegen Unfähigkeit verabschiedeter und sich dadurch zurückgesetzt fühlender Generäle. Der Attentäter sowie die hinter ihm stehende kleine Clique von Verschwörern sind bereits wenige Stunden nach dem Attentat in Berlin verhaftet worden. Sie haben sich z. T. sofort selbst das Leben genommen, z. T. sind sie von den über diesen Hoch-und Landesverrat aufs äußerste erregten Soldaten des Wach-und Lehrregiments des Heeres sofort niedergemacht oder füsiliert worden. Zur Austilgung der gesamten lächerlichen Verschwörergilde hat also ein Häuflein braver Soldaten genügt. Der ganze Spuk ist damit beseitigt. Zu irgendwelchen Widerständen, Schwierigkeiten oder Unruhen ist es weder im Reich, noch in den vom Reich kontrollierten Gebieten in Europa gekommen. 2 .) Es steht fest, daß die verbrecherischen Generäle versucht haben, sich sowohl im Staatsapparat als auch im Heere eine Organisation zu schaffen. Dieser von vornherein völlig hoffnungslose Versuch ist aber mit so primitiven Methoden unternommen worden, daß daher auch die von den Verbrechern unter Mißbrauch einiger Amtspersonen in Berlin an bestimmte Stellen im In-und Ausland gegebenen Weisungen damit beantwortet wurden, daß diese Stellen sofort von dem Komplott pflichtgemäß Meldung machten und damit wesentlich zur schnellen Beseitigung jeder mit demselben in Zusammenhang stehenden Person beitrugen. — Trotzdem ist zu sagen, daß diese verräterischen und verbrecherischen Generäle ihre Verbindungen, die sie zu bestimmten Wehrmachtskreisen und insbesondere zum Generalstab hatten, dazu ausgenutzt haben, um ihre feige und defaitistische Einstellung zu verbreiten, schwache Charaktere damit anzustecken und in ihre Intrige-und Sabotageabsichten hin-einzuziehen. Durch die seltsame Dummheit und Ungeschicklichkeit dieser Verbrecher sind der deutschen Führung die genauen Listen der mit dieser Affaire auch nur im entferntesten zusammenhängenden Persönlichkeiten restlos in die Hand gefallen. Dies wird der Führer nunmehr zum Anlaß nehmen, um diese Elemente auszurotten und auch sonstige Personen, die nicht hart und kompromißlos entschlossen sind, diesen Krieg bis zum Endsieg durchzukämpfen und alles hierfür einzusetzen, ein für allemal aus allen irgendwie führenden Stellen der Wehrmacht zu entfernen. —
Dieser Prozeß ist bereits in der Durchführung und wird binnen kurzem abgeschlossen sein. 3 .) Nachdem die Vorsehung uns den Führer wie durch ein Wunder — denn die Bombe platzte dicht neben ihm und verletzte leider eine größere Anzahl der ihn umgebenden Offiziere schwer, während der Führer fast völlig unverletzt blieb — erhalten hat, werden sich die Folgen dieses Attentats für Deutschland und seinen Existenzkampf im Endergebnis als besonders segensreich auswirken, denn 1.) es wird durch die jetzt durchgeführte Säuberung der Wehrmacht von allen nicht absolut starken, harten und zuverlässigen Männern in führenden Positionen nunmehr die Geschlossenheit von Führung und Soldaten eine noch ganz andere werden als sie bisher war und es kann nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, daß gewisse Erscheinungen in der Höheren Führung, die sich dann und wann in der Vergangenheit in harten Situationen bemerkbar gemacht und zu den Rückschlägen geführt hatten, nunmehr endgültig und restlos verschwinden werden. Damit wird die deutsche Wehrmacht ihre geschichtliche Widerstandsfähigkeit und Schlagkraft, die die Truppe in den vergangenen Jahren und bis zum heutigen Tage zu gewaltigen Leistungen befähigte und die nur vorübergehend durch'das Versagen einiger militärischer Führungsstäbe in kritischen Situationen beeinträchtigt wurde, erst in vollem Umfang wiedergewinnen und sie damit in die Lage versetzen, die Leistungen zu vollbringen, die uns den Endsieg sichern werden.
2 .) Das deutsche Volk sieht in der wunderbaren Errettung des Führers aus höchster Gefahr ein Zeichen der Vorsehung, die wünscht, daß der Führer sein Werk der Erschaffung und Sicherung des Großdeutschen Reiches siegreich zu Ende führe, und schart sich daher — wenn dies überhaupt noch möglich ist — nur noch um so enger und treuer um ihn. Spontane und begeisterte Kundgebungen aus allen Teilen des Reiches und unzählige sonstige Beweise der Treue und der Freude über den Ablauf des Ereignisses gehen täglich und stündlich im Hauptquartier ein. Der Attentäter und die hinter ihm stehende verräterische Generals-clique und auch die mit diesen Verbrechern zusammenhängenden feindlichen Elemente haben also mit dem Anschlag auf den Führer genau das Gegenteil von dem erreicht, was sie erreichen wollten, d. h.: nicht eine Schwächung des Widerstands-und Kampfwillens des deutschen Volkes und der deutschen Wehrmacht, sondern eine zusätzliche besondere Stärkung der deutschen Kraft in dem jetzigen harten Existenzkampf. — 3 .) Es ist kein Zweifel, daß die Feindpropaganda versuchen wird, wie dies aus Veröffentlichungen hervorgeht, dieses Attentat für ihre propagandistischen Machenschaften nach jeder Richtung hin auszunutzen. Dieses Geschwätz wird am besten durch die kommenden Tatsachen der nunmehr erst wirklich erfolgenden Totalisierung des Krieges in Deutschland und in allen von ihm kontrollierten Teilen Europas widerlegt werden. Damit Sie aber in der Lage sind, schon jetzt dieser Feindpropaganda entgegenzutreten, habe ich Sie über die wahren Ursachen und Umstände informiert. Ich bitte daher, das Ihnen Obengesagte entsprechend zu verwenden und sämtliche Missionsangehörige von diesem Telegramm in Kenntnis zu setzen.
4 .) Zu Ihrer weiteren Orientierung über die allgemeine politische und militärische Lage sowie zu Ihrer Sprachregelung führe ich noch folgendes an: Das gesamte deutsche Volk ist sich mit seiner Führung darin voll und ganz einig, daß dieser Krieg bis zu einer klaren und siegreichen Entscheidung gegenüber unseren Feinden — und zwar koste es was es wolle — durchgeführt werden wird. Ein Kompromiß kommt für uns überhaupt nicht in Frage. — .. .
Ribbentrop (Aus den Akten des Deutschen Auswärtigen Amtes in Bonn)
Das Urteil des Reichsministers Thierack Fernschreiben Der Reichsminister der Justiz Berlin, den 8. September 1944 An den Sekretär des Führers Herrn Reichsleiter Bormann Führerhauptquartier Sehr verehrter Herr Reichsleiter!
Ich übersende Ihnen ...
Die Verhandlungsführung des Vorsitzers war bei den Angeklagten Wirmer und Goerdeler unbedenklich und sachlich, bei Lejeune-Jung etwas nervös. Leuschner und von Hassel ließ er nicht ausreden. Er über-schrie sie wiederholt. Das machte einen recht schlechten Eindrude, zumal der Präsident etwa 300 Personen das Zuhören gestattet hatte. Es wird noch zu prüfen sein, welche Personen Eintrittskarten erhalten haben. Ein solches Verfahren in einer solchen Sitzung ist sehr bedenklich. Die politische Führung der Verhandlung war sonst nicht zu beanstanden. Leider redete er aber Leuschner als Viertelportion und Goerdeler als halbe Portion an und sprach von den Angeklagten als Würstchen. Darunter litt der Ernst dieser gewichtigen Versammlung erheblich. Wiederholte längere, nur auf Propagandawirkung abzielende Reden des Vorsitzers wirkten in diesem Kreise abstoßend. Auch hierunter litt der Ernst und die Würde des Gerichts. Es fehlt dem Präsidenten völlig an eiskalter, überlegener Zurückhaltung, die in solchem Prozeß allein geboten ist . . .
Heil Hilter!
Ihr Dr. Thierack (Aus den Akten des 20. Juli 1944, Bundesarchiv Koblenz)
Politik und Zeitgeschichte
AUS DEM INHALT DER NÄCHSTEN BEILAGEN:
Kurt Borries: „Die französische Revolution und Deutschland im Vorfeld der europäischen Integration"
Ernst Deuerlein: „Deutschland in Vorstellung und Aussage des Marxismus* Leninismus"
W. Jaide: „Die Einstellung heutiger Jugendlicher zur Politik"
Karl C. Thalheim: „Die Wachstumsproblematik der Sowjetwirtschaft"
Walter Wehe: „Die wirtschaftspolitische Entwicklung Europas seit dem Marshallplan"