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Die Bayerische Volkspartei | APuZ 24/1960 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 24/1960 Das Ende der Parteien 1933 Die Bayerische Volkspartei Die Deutsche Zentrumspartei Die Deutschnationale Volkspartei

Die Bayerische Volkspartei

KARL SCHWEND

Die 1918 aus dem bayerischen Zentrum erwachsene BVP versuchte die Rolle einer eigenständigen Landespartei als Hauptträgerin des bayerischen Staatsgedankens auszufüllen. Sie fühlte sich als föderalistisches Gewissen in der Reichspolitik. Das Ende der BVP im Juli 1933 ist bis in die bayerische politische Gegenwart hinein spürbar. Der Ausklang vollzog sich unter den gleichen Vorzeichen und Umständen, die den Zusammenbruch der Weimarer Republik und aller ihrer demokratischen Parteien kennzeichnen. Karl Schwend schreibt in der Einleitung seines Beitrags: »Das unaufhaltsame Erlahmen und Erliegen der führenden bayerischen Regierungspartei seit der Machtergreifung Hitlers zerstörte inmitten der sich vollziehenden Katastrophe der deutschen Demokratie die Hoffnung gar vieler Deutscher, die erwartet hatten, daß die mit der bayerischen Staatskraft und Staatstradition gepaarte Bayerische Volkspartei vielleicht doch, wie ein Fels in der Brandung, die nationalsozialistische Sturzflut zum Brechen bringen könne."

Der letzte Wahlkampf 1933

Wozu Papen die Hand gereicht hatte, Reichstag und Demokratie durch Reichstagsauflösungen am laufenden Band tot wählen zu lassen, das trachtete nunmehr Hitler rasch zu vollenden. So verfiel auch der Reichstag vom 6. November 1932, ohne eigentlich in Aktion getreten zu sein, dem Schicksal seiner Vorgänger. Nach kurzen Scheinverhandlungen mit dem Zentrum — die Bayerische Volkspartei wurde gar nicht gefragt — erklärte Hitler dem Reichspräsidenten, daß sich die Bildung einer arbeitsfähigen Regierung als unmöglich herausgestellt habe und deshalb die Auflösung des Reichstages notwendig sei. Hindenburg, nunmehr aller inneren Widerstandskraft beraubt, willfahrte diesem Wunsche und ließ zum 5. März 1933 Neuwahlen ausschreiben.

Mit einem Protest gegen diese neuerdings vom Zaun gebrochenen Neuwahlen leitete der Landesausschuß der Bayerischen Volkspartei, der zum 4. Februar nach München einberufen worden war, den Wahlkampf ein. In der von ihm gefaßten Entschließung wurde die von Hitler gegebene Begründung der Reichstagsauflösung, daß sich die Bildung einer arbeitsfähigen Mehrheit im Reichstag als unmöglich herausgestellt habe, als unwahr bezeichnet und festgestellt, „daß die Bayerische Nolhs-partei wie die Deutsche Zentruinspartei bereit gewesen wären, auch einer von Hitler geführten Regierung zeigen zu lassen, ob sie eine für das Vaterland und alle Stände ersprießliche Arbeit leisten könne und wolle. Man habe aber die Bayerische Volkspartei bei den ganzen Regierungsverhandlungen überhaupt nicht gehört und befragt“. Die im Stile eines Wahlaufrufes gehaltene Entschließung suchte nach den Gründen dieser Ausschaltung des Zentrums und der Bayerischen Volkspartei und glaubte sie darin zu finden:

Man habe das Zentrum und die Bayerische Volkspartei absichtlich ausgeschaltet, weil man in ihnen, obwohl sie immer für den konfessionellen Frieden und die Zusammenarbeit der christlichen Konfessionen in Deutschland wirkten, nur die katholischen politischen Parteien sähe und weil man die politische Gleichberechtigung der deutschen Katholiken und ihren politischen Einfluß im Staatsleben nicht wolle. Darum würde man eine Verengung und Verfälschung des Begriffes „national“ erleben, die eine schwere Versündigung an unserem deutschen Volke sei. Darum werde jede gesunde nationale Weiterentwicklung verbaut und die innere Zerrissenheit des deutschen Volkes zur Freude des antinationalen Bolschewismus gesteigert.

In ahnender Voraussicht, daß der Ausgang dieser Reichstagswahlen nicht ohne Rückwirkung auf die Regierungsverhältnisse in den Ländern, auch in Bayern bleiben werde, beschränkte sich der Landesausschuß nicht nur auf ideologische Wahlparolen, sondern kündigte zugleich eine erhöhte Aktivität der Partei zur Vorbereitung einer Neuordnung der Regierungsverhältnj-se in Bayern an mit dem Ziele, den herrschenden Zustand einer bloß geschäftsführenden Regierung zu überwinden und eine Mehrheitsregierung zu bilden. Ungeachtet des Reichstags-wahlkampfes zeigte die Bayerishe Volkspartei ihre Entschlossenheit, Mängel der bayerischen Verfassung zu beseitigen und darüber mit allen in Frage kommenden Parteien in Verhandlungen zu treten nah Vorlage von Rihtlinien für eine „Verbesserung unserer Verfassung und einer Siherung der Freiheit unseres bayerishen Heimatstaates".

Dieser zum letzten Mal in der Freiheit der Auseinandersetzung der verschiedenen politishen Richtungen geführte Wahlkampf, inmitten der Agonie der Weimarer Demokratie, zeihnete sih auch in Bayern durh eine unerhörte Shärfe und Leidenschaftlichkeit aus. Mit ungebrochenem Elan nahm die Bayerishe Volkspartei trotz der zunehmenden Verdüsterung der Aussihten, daß sih die mit dem 30. Januar eingeleitete Entwicklung doh noh abwenden ließe, den Kampf auf. Sie tat es bis zuletzt, bewegt von der Besinnung auf ihre bayerishe Aufgabe, die, wenn kein Einhalt geboten werden konnte, mit ihr zu zerrinnen drohte. Aber noh stand dieses Bayern und noh hatte sie die Regierung des Landes in der Hand. Diese Position verstärkte ihre Kraft erheblih über das Maß ihrer Existenz als Partei hinaus. Es war ihre Shwähe, die mit in dem ganzen politishen Klima des Landes und in der geistigen Verfassung seiner Wählershihten lag, daß sie in ihrem Wähler-bestand wohl unershütterlih, aber was notwendig gewesen wäre, nicht wesentlich wachstumsfähig war und so aus der Labilität ihrer politishen Umwelt keinen Nutzen ziehen konnte. So vershmolzen Bayerishe Volkspartei und bayerishe Staatsgewalt in diesem letzten Wahlkampf zu einer Front, die Bayern hieß, wie sih Reihsgewalt, preußishe Staatsgewalt und Nationalsozialistishe Bewegung vereint hatten, um mit allen damit in die Hand gegebenen Mitteln den Wahl-ausgang im Sinne der Fortführung und Ausweitung der Hitlershen Machtergreifung zu beeinflussen. Ein Vergleih dieser ungleichen Macht-großen läßt die ganze Bedrängnis in die Augen springen, in der sih das von der bayerishen Staatsregierung und der Bayerishen Volkspartei getragene Bayern befand. Dem totalitären Parteienstaat, dem Hitler zustrebte, widersprah die Existenz eigenständiger Länderstaatsgebilde ebenso wie die einem demokratischen System eigenen politishen Par-

Fussnoten

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