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Deutschland -Rußland 1941/45 | APuZ 19/1960 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 19/1960 Die amerikanische Außenpolitik von heute Deutschland -Rußland 1941/45

Deutschland -Rußland 1941/45

Percy ernst Schramm

Vor fünfzehn Jahren, am 8. Mai 1945, wurde die bedingungslose Kapitulation Deutschlands unterzeichnet. Hitlers Angriff auf die Sowjetunion war wesentliche Ursache dieser totalen Niederlage, denn über alle bestehenden Gegensätze hinweg schlossen sich nach dem 22. Juni 1941 die drei stärksten Großmächte außer Deutschland — das Vereinigte Britische Königreich, die USA und die UdSSR — zu einer nicht mehr aufspaltbaren Koalition zusammen. Beide Daten stehen in ursächlichem Zusammenhang, weshalb wir nachstehend Professor Percy Ernst Schramm zum Thema „Deutschland — Rußland 1941/45“ das Wort geben.

Am 21. Juni 1941 meldete der Wehrmachtsbericht die Versenkung von Handelsschiffen und Luftangriffe gegen England, Alexandrien und Tobruk. Dann waren noch kurz englische Luftangriffe gegen Deutschland registriert, die als unerheblich abgetan wurden. Mehr war nicht zu melden; denn es gab im Augenblick außer Nordafrika keine Kampffront. Norwegen, Holland, Belgien und Frankreich waren seit 1940 besetzt. Soeben war der Balkanfeldzug, der die Deutschen bis Kreta geführt hatte, mit verblüffend schnellem Erfolg abgeschlossen worden. Der Krieg schien erstarrt. Hellhörige hatten jedoch bereits seit längeren Monaten wahrnehmen können, daß mehr Züge als sonst nach Osten fuhren: die Feldpostbriefe ließen auf sich warten und bewegten sich in dunklen Andeutungen. Gerüchte aller Art liefen um.

Den vor das tatsächliche Geschehen gehängten Schleier zerriß mit wenigen Worten der Wehrmachtsbericht vom 22. Juni 1941: „Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt: An der sowjetrussischen Grenze ist es seit den frühen Morgenstunden zu Kampfhandlungen gekommen. Ein Versuch des Feindes, nach Ostpreußen einzufliegen, wurde mit schweren Verlusten abgewiesen. Deutsche Jäger schossen zahlreiche rote Kampfflugzeuge ab.“

Daneben verschwamm im Halbdunkel, was das Oberkommando der Wehrmacht sonst noch zu melden hatte; denn das war mit einem Schlage alles unwesentlich geworden. Nicht nur Deutschland, sondern die ganze Welt hielt den Atem an und starrte gebannt auf die erst vor zwei Jahren durch Polens Aufteilung entstandene Grenze, die über Nacht zur Front geworden war. Wie war das bloß möglich geworden? Was war vor sich gegangen? Wieso waren die Russen plötzlich nicht mehr Freunde, sondern Feinde?

Den unbegreiflichen Umbruch der Lage versuchten Hitler und Ribbentrop sofort, nachdem die Karten aufgedeckt waren, der Öffentlichkeit klarzumachen. Diese stand ja noch unter dem Eindruck des 1939 in Moskau abgeschlossenen Freundschaftspaktes, und von ernstlichen Zerwürfnissen hatte sie nichts erfahren. Jetzt verkündeten Hitler in seinem Aufruf an das deutsche Volk und Ribbentrop in seiner dem Sowjet-Botschafter übergebenen Note, hinter der aufrechterhaltenen Fassade habe es schon lange ganz anders ausgesehen. Der Moskauer Vertrag wurde als ein mit großen Opfern verbundenes Zugeständnis, die seitherige russische Politik als eine Kette von Erpressungen hingestellt. Der erst knapp sieben Monate zurückliegende Besuch Molotows in Berlin, der damals als befriedigend verlaufen bezeichnet worden war, stellte sich nun plötzlich als ein Manöver dar, bei dem Hitler sich mit Erfolg dagegen zur Wehr gesetzt hatte, daß ihm Daumenschrauben angelegt wurden. Den letzten Beweis für seine Auffassung, daß die Sowjetunion jetzt gegen sein Großdeutsches Reich eingestellt sei, sah Hitler als durch die Stellung erbracht an, die Stalin Anfang Aprjl nach dem Regierungsumschwung in Jugoslawien bezogen hatte. Der schnelle Sieg im Südosten hatte laut Hitler die Absicht der Sowjetunion vereitelt, den Aufmarsch der Roten Armee an ihrer Westgrenze ungestört zu vollenden, um dann gemeinsam mit England — unterstützt durch amerikanische Lieferungen — das Deutsche Reich und Italien zu erdrücken.

Aus dieser fadenscheinigen Begründung zog Hitler die Konsequenz:

„Damit hat Moskau die Abmachungen unseres Freundschaftspaktes nicht nur gebrochen, sondern in erbärmlicher Weise verraten. Und dies alles, während die Machthaber des Kreml bis zur letzten Minute nach außen hin genau wie im Falle Finnland und Rumänien Frieden und Freundschaft heuchelten und scheinbar harmlose Dementis verfaßten. . .

Wenn ich aber bisher durch die Umstände gezwungen war, immer wieder zu schweigen, so ist doch jetzt der Augenblick gekommen, wo ein weiteres Zusehen nicht nur eine Unterlassungssünde, sondern ein Verbrechen am deutsdten Volk, ja an ganz Europa wäre. . . . Seit Wochen finden andauernde Verletzungen der Grenze statt, nicht nur bei uns, sondern ebenso im hohen Norden wie in Rumänien. . . .

Damit ist aber nun die Stunde gekommen, in der es notwendig wird, diesem Komplott der jüdisclt-angelsächsischen Kriegsanstifter und der ebenso jüdischen Machthaber der bolschewistischen Moskauer Zentrale entgegenzutreten. Deutsches Volk! In diesem Augenblick vollzieht sich ein Aufmarsdt, der in Ausdehnung und Umfang der größte ist, den die Welt bisher gesehen hat.“

Frohlockend teilte Hitler mit, daß die Finnen und Rumänen sich am Kampf beteiligen würden — die Finnen, weil sie sich mit den Bedingungen des ihnen 1940 von den Sowjets aufgezwungenen Friedens nicht abfinden wollten, die Rumänen, weil die Sowjetunion ihnen Bessarabien und die Nordbukowina abgepreßt hatte.

Oft ist auf Hitler mit Recht die Bezeichnung „terrible simplificateur", schrecklicher Vereinfachet, angewandt worden. Gelegentlich war ihm — so zum Beispiel im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit — zu Hilfe gekommen, daß er komplizierte Probleme auf einfache, allgemein'eingängige Formeln zu bringen verstand. Im Falle „Rußland“ lief die angeführte „schreckliche Vereinfachung“ darauf hinaus, daß den Deutschen Sand in die Augen gestreut wurde, ja, daß sie für dumm verkauft wurden.

Doch wer hatte jetzt Muße, um sich zu überlegen, was tatsächlich geschehen war! Die Weltgeschichte hastete mit Riesenschritten weiter.

Neuer moralischer Auftrieb für England

Die erste Frage, die sich aufdrängt, lautet: Wie reagierte der Westen auf den Kriegszustand, der am 22. Juni 1941 im Osten einsetzte?

Hitler hatte sich seit 1940 gefragt: Warum setzten die Engländer den Krieg noch fort, obwohl sie vom Kontinent weggefegt worden waren, obwohl sie Frankreich als Bundesgenossen verloren hatten. Darauf hatte er sich die Antwort zurechtgelegt: sie warten auf das Eingreifen der Sowjetrussen. Diese Antwort war total falsch. Auf Grund der Teilung Polens, des russisch-finnischen Krieges und anderer Streitfragen stand sich England vielmehr schlecht mit der Sowjetunion, und dieser Zustand hatte sich bis zum deutschen Angriff auf Rußland nicht verändert. Erst durch diesen Angriff bahnte sich eine Änderung des bisherigen Verhältnisses an, und zwar kam es noch schlimmer, als es der Staatssekretär von Weizsäcker dem Reichsaußenminister von Ribbentrop Ende April 1941 vorausgesagt hatte: „Ein deutscher Angriff auf Rußland würde den Engländern nur neuen moralischen Auftrieb geben. Er würde dort bewertet als deutsdier Zweifel am Erfolg unseres Kampfes gegen England. Wir würden damit nicht nur zugeben, daß der Krieg nodt lange dauern wird, sondern könnten ihn auf diesem Wege geradezu verlängern, statt ihn abzukürzen.“

Diese auf die Mentalität des Empfängers abgestimmten Worte eines erfahrenen, klarsehenden Diplomaten waren verhallt, weil Ribbentrop, dieser sogenannte „Reichsaußenminister", von der Weltpolitik nichts verstand und — wenn er einmal zu einer richtigen Einsicht gebracht worden wäre — sich nicht getraut hätte, sie vor Hitler zu vertreten.

So ergab sich, daß Hitler herbeiführte, was weder englische noch russische Diplomaten fertiggebracht hätten: keine drei Wochen nach Angriffsbeginn schlossen Großbritannien und die Sowjetunion einen Vertrag, der sie zu wechselseitiger Unterstützung verpflichtete und einen Waffenstillstand nur im beiderseitigen Einverständnis zuließ — ein Vertrag, der bekanntlich bis zum Schlüsse des Krieges gehalten hat.

Hitler hatte dadurh eine Lawine gegen sih in Bewegung gesetzt, die ihn schließlich begrub. Denn Japan benutzte die Tatsache, daß die Sowjetunion durh Deutshland gebunden war, zum Angriff gegen die Vereinigten Staaten und England, jedoh niht gegen Rußland. Darauf erklärte Deutshland — jetzt in der Falle des von Hitler gestarteten Drei-Mähte-Paktes zwishen Deutshland, Italien und Japan steckend— Amerika den Krieg, das darauf den Kampf niht nur in Ostasien, sondern auh in Nordwestafrika, dann in Italien und Frankreih aufnahm.

So führte der Angriff vom 22. Juni 1941 letzthin dazu, daß das angelsächsisch-bolschewistische Schreckgespenst, an das Hitler bei der Vorbereitung des Rußland-Feldzuges geglaubt hatte, durh sein Zutun Wirklihkeit wurde: Die drei stärksten Großmähte, die es außer Deutshland gab, das Britishe Weltreih, die Vereinigten Staaten und die Union der Sowjetrepubliken shlossen sih nun — trotz der sie trennenden Gegensätze — zu einer niht mehr aufspaltbaren Einheit zusammen. Als erste Zwischenbilanz ergibt sih, daß der Angriff gegen Rußland sih weltpolitish katastrophal auswirkte. Wir behalten diesen großen Rahmen, in dem die Ereignisse im Osten gesehen werden müssen, im Auge und wenden uns nun der militärishen Frage zu.

War die militärische Kalkulation so verfehlt wie die weltpolitische?

Es kann hier nicht die Aufgabe sein, noch einmal die Siege und Niederlagen des Ostkrieges abrollen zu lassen. Sie sind in den einschlägigen Handbüchern und Lexika aufgezählt, und wer noch mehr wissen will, mag zu der Memoirenliteratur und zu militärischen Darstellungen greifen. Es liegen bereits verläßliche Werke vor; doch haben sie alle den Nahteil, daß bisher kaum russisches Material veröffentlicht wird. Denn was bisher von sowjetischer Seite gesagt worden ist, bleibt an der Oberfläche und sorgt dafür, daß die Gloriole des Siegers keine Risse bekommt. Diese Feststellung gilt auch für die Bücher und Aufsätze, die in der letzten Zeit herauskamen 1). Der gekennzeichnete Zustand wird zweifellos noch lange andauern, und so bleibt die Grundvoraussetzung jeder wirklichen Kriegsgeschichte, die Berücksichtigung der Befehle, der Meldungen, der sonstigen Zeugnisse beider Lager in bezug auf die Ostfront unerfüllt. Wir können also die Überlegungen, Hoffnungen und Befürchtungen der einen Seite nicht an denen der anderen messen, vermögen nicht nahzukontrollieren, ob die deutshen Kalkulationen in dieser oder jener Lage falsch oder rihtig waren, ob der Zufall half oder störte.

Das behindert uns hier niht; denn auh so läßt sih die zunähst zu erörternde Frage beantworten, ob ein Krieg gegen Rußland — wie es für Hitler selbstverständlih war — Aussiht auf Gelingen bot oder niht, ob also die militärische Kalkulation ebenso verfehlt war wie die weltpolitishe, oder ob sie unter den 1941 erkennbaren strategishen Voraussetzungen sih doh verantworten ließ.

Die Vorbereitung des Rußlandfeldzuges war unter dem Tarnnamen „Barbarossa“ gelaufen. Die grundlegende Weisung für den Fall „Barbarossa" stammt bereits vom 18. Dezember 1940; sie wurde also kurz nah dem Besuh Molotows in Berlin fertiggestellt. In ihr ist folgende allgemeine Absiht festgelegt: „Die im westlichen Rußland stehende Masse des russischen Heeres soll in kühnen Operationen unter weitem Vortreiben von Panzerkeilen verniditet, der Abzug kampfkräftiger Teile in die Weite des russischen Raumes verhindert werden. In rascher Verfolgung ist dann eine Linie zu erreidten, aus der die russische Luftwaffe nicht mehr angreifen kann. Das Endziel der Operation ist die Abschirmung gegen das asiatische Rußland aus der allgemeinen Linie Wolga-Archangelsk.“

Was mit diesem in Militärdeutsh gekleideten Auftrag gemeint war, hat Hitler am 30. März 1941 den Oberbefehlshabern der Wehrmacht erläutert. Im Tagebuch Halders, des damaligen Chefs des Generalstabs, ist der Inhalt dieser Ansprahe telegrammartig festgehalten: „England setzt seine Hoffnung auf Amerika und Rußland. Höchstleistung erst in vier Jahren. Diese Frist muß ausgenutzt werden, um die russische Frage zu bereinigen. Unsere Aufgabe gegenüber Rußland: Wehrmadtt zerschlagen, Staat auflösen . . .

Nur so werden wir in der Lage sein, in zwei Jahren materiell und personell unsere Aufgaben in der Luft und auf den Weltmeeren zu meistern, wehn wir die Landfragen endgültig und gründlich lösen . . .

Problem des russischen Raumes: Unendliche Weite des Raumes macht Konzentration auf entscheidende Punkte notwendig. Masseneinsatz von Luftwaffe und Panzern an entscheidender Stelle. Luftwaffe kann diesen Riesenraum nicht gleichzeitig beackern, sie kann bei Kriegsbeginn nur Teile der Riesenfront beherrschen. Ihr Einsatz muß daher in engster Beziehung zur Landoperation erfolgen. Der Russe wird versagen gegenüber dem Masseneinsatz von Tanks und Luftwaffe. . . .

Frage des russischen Ausweidiens: Nicht wahrscheinlich, da Bindung an Ostsee und Ukraine. Wenn der Russe sich absetzen sollte, müßte er es sehr frühzeitig tun, sonst kommt er nicht mehr in Ordnung weg. Nach Lösung der Aufgaben im Osten werden 50 bis 60 Panzerdivisionen genügen. Ein Teil der Landmacht wird entlassen werden können zu Rüstungsarbeiten für Luftwaffe und Marine, ein Teil wird für andere Aufgaben benötigt werden, z. B. Spanien.“

Die Irrtümer in der — gekürzt zitierten — Prognose sind handgreiflih: Die Russen versagten z. B. niht gegenüber Panzern und Flugzeugen, und die Zukunftsvision des mit 50 bis 60 Divisionen gebändigten Riesenraumes und der für andere Zwecke freiwerdenden Kräfte bildet angesichts des tatsählihen Ablaufes den Beleg für eine unbegreiflihe Verblendung. Aber diese beiden Dokumente bleiben gerade deshalb aufshlußreih; denn aus ihnen tritt heraus, wie beschaffen Hitlers Ausgangskonzeption war.

Warnend standen vor jedem Angriff gegen Rußland die Erfahrungen, die König Karl XII. von Shweden 1708/09 und Napoleon I. 1812 gemäht hatten. Sie waren — um Hitlers Worte zu gebrauhen — an der „unendlichen Weite“ des russishen Raumes gesheitert. Diese war jetzt dadurh eingeengt, daß mit Hilfe des Motors viel größere Entfernungen als früher zurüdkgelegt werden konnten, daß Panzer an die Stelle der Kavallerie getreten waren, daß die Luftwaffe hinter die feindlihe Front zu greifen vermochte. Aber die Weite des russishen Raumes bestand — wenn auh eingeengt — nah wie vor. Seine Bedrohlihkeit wurde durh folgende Faktoren noh vermehrt: Die von Hitler ins Auge gefaßte Endfront Wolga—Arhangelsk war mehr als doppelt so lang wie die Ausgangsfront. Hielt also die aus der Ausgangsfront zurückgeworfene russishe Armee irgendeine Front, so war sie allemal länger als die erste, je weiter zurück um so länger. Das heißt: es mußten dann entweder mehr deutshe Verbände eingesetzt werden, oder die vordere Linie wurde dünner, also risiko-beladener. Denn im spitzen Keil mit kaum abgeschirmten Flanken vorzustoßen — so wie einst Karl XII. und Napoleon — war nicht mehr möglich.

2. Wald-und Sumpfgebiete machten den Vormarschraum in der Mitte und im Norden schwer passierbar. Er bot den Russen, die bereits den Franzosen 1812 durch Partisanenkampf zugesetzt und sich in dieser Kampfführung während des Bürgerkrieges 1918— 1921 vervollkommnet hatten, große Chancen. Außerdem flossen die meisten Flüsse mehr oder minder parallel zu den denkbaren Fronten, gaben also der Verteidigung günstige Möglichkeiten.

3. Klimatisch schreckte der Vormarschraum dadurch ab, daß es in ihm nicht nur zu Wintertemperaturen kam, die viel tiefer lagen als in Kerneuropa, sondern daß auch vor und nach der Kälteperiode mit Schlammzeiten zu rechnen war, von deren hemmender Wirkung auf alle militärischen Bewegungen uns bereits der Erste Weltkrieg eine Vorstellung vermittelt hatte.

Illusionen über den Kampfwert der Roten Armee

Diese drei Faktoren: der Raum in seiner Weite, seine natürliche Beschaffenheit und die Gefahren des Klimas konnte man nur dann beiseite schieben, wenn begründete Aussicht bestand, die Rote Armee vor dem Ausweichen nach Osten zu zerschlagen und den Ostfeldzug noch vor dem Eintritt der Winterschlammperiode zu beenden. Hitler hielt beides für sicher. Der Generalstab des Heeres sah die Aufgabe für sehr viel schwerer, aber doch für bezwingbar an. Denn unter dem Eindruck des finnisch-russischen Krieges, der nach allgemeiner Auffassung gezeigt hatte, daß das Gefüge der Roten Armee noch unter der 1937 erfolgten Liquidierung Tuchatschewskis und anderer Generale litt, gab auch der deutsche Generalstab sich Illusionen über den Kampfwert der Roten Armee hin, obwohl der General Köstring, Militärattache in Moskau und alterprobt als Rußlandkenner, sachkundig berichtet hatte.

Die Anfangserfolge schienen zunächst Hitler militärisch recht zu geben. Auf der ganzen Breite der Angriffsfront wurden die Russen zurückgeworfen, und fortlaufend konnten Sondermeldungen der Welt berichten, daß Orte genommen waren, von denen die meisten noch nie gehört hatten, die aber — wie die Atlanten bewiesen — immer tiefer in Rußland zu suchen waren.

Dadurch wurde freilich Hitlers politische These entkräftet, Rußland habe auf dem Sprunge gestanden, seinerseits zum Angriff überzugehen. Daß nach Beginn des Angriffs an Hand erbeuteter Karten und Dokumente bestimmte Vorbereitungen nachgewiesen werden konnten, hat noch 1945/46 in den Nürnberger Prozessen eine Rolle gespielt. Aber entscheidend ist die Tatsache, daß die Rote Armee zunächst überrascht war. Was Stalin auf weitere Sicht plante, wissen wir nicht, werden wir auch so bald nicht erfahren — hier bleibt ein Loch in unserem Wissen. Aber mag er sich letztlich auf einen Krieg gegen Hitler eingestellt haben oder nicht, in jenem Sommer 1941 hatte er keinen im Sinn. Das eben demonstrierten die deutschen Anfangserfolge.

Für die Wissenden ergab sich außerdem sehr bald die Einsicht, daß die militärischen Voraussetzungen, auf denen die Grundkonzeption des Feldzuges beruht hatte, falsch gewesen waren. Freimütig in der Selbstkritik trug Halder am 11. August, also 51 Tage nach Kriegsbeginn, in sein Tagebuch ein, daß Rußland unterschätzt worden sei: „Die Feststellung bezieht sich ebenso auf die organisatorischen als auf die wirtschaftlichen Kräfte, auf das Verkehrswesen, vor allem auf rein militärische Leistungsfähigkeit. Wir haben bei Kriegsbeginn mit etwa 200 feindlichen Divisionen gerechnet. Jetzt zählen wir bereits 360. Diese Divisionen sind sicher nicht in unserem Sinne bewaffnet und ausgerüstet, sie sind taktisch ungenügend geführt. Aber sie sind da. Und wenn ein Dutzend davon zerschlagen ist, dann stellt der Russe ein neues Dutzend hin. Die Zeit dazu gewinnt er dadurch, daß er noch an seinen Kraftquellen sitzt, wir dagegen immer weiter von ihnen abrücken.“

Mit anderen Worten: Die Rote Armee ließ sich nicht zerschlagen, und die drei Faktoren: Raum, Natur und Temperatur wurden mit jedem Kilometer, den wir vorrückten, mit jedem Tag, der verstrich, bedrohlicher.

Nach der weltpolitischen Zwischenbilanz können wir nunmehr eine zweite, militärische aufstellen: Die feindlichen Kräfte waren falsch eingeschätzt. Deshalb mußte der Ostkrieg einen anderen Verlauf nehmen als erwartet.

Nach dem Auslaufen der Anfangsoffensive war die große Frage, wo neu angesetzt werden sollte.

Der Generalstab des Heeres war für den Stoß gegen Moskau. Dieser war mit dem Risiko verbunden, daß die rechte Flanke des Angriffs-keilsder Gefahr eines Angriffs von Süden ausgesetzt war; aber der Generalstab glaubte — bezeichnenderweise im Gegensatz zu Hitler — dieses Risiko laufen zu können, da die dort stehenden Teile der Roten Armee bereits angeschlagen waren. Nach Moskau drängte der Generalstab nicht wegen des Nimbus, den dieser Name besaß — er trieb keine Prestige-Strategie, sondern wegen der Bedeutung, die der Stadt als Mittelpunkt der Eisenbahn-und Straßenspinne zukam. Saßen wir in Moskau, wurde es für das russische Oberkommando sehr schwer, Kräfte gegen uns zu massieren, ließen sich auch die aus Sibirien zu erwartenden Elitedivisionen weit östlich auffangen.

Hitler dagegen ging von dem Gedanken aus, daß der neue militärische Schlag so geführt werden müsse, daß gleichzeitig die russische Ernährungsbasis und das Industriepotential getroffen würden. Er entschied sich daher für den Stoß gegen die LI k r a i n e und das Donezbecken mit seinen Fabriken. Die am 10. September begonnene Kesselschlacht um Kiew führte militärisch zu einem vollen Erfolge — nicht zuletzt deshalb, weil Hitler die vorgesehenen Ziele noch höher gesteckt und für die Verwirklichung der Heeresgruppe Süd Kräfte der Heeresgruppe Mitte zugeteilt hatte. Die militärische Entwicklung schien ihm recht zu geben: Ende Oktober waren der Donez und das Asowsche Meer erreicht. Aber die erhofften Nebenwirkungen traten nur zum Teil ein; denn die Russen erwiesen sich als Meister der Improvisation bei der schnellen Verlagerung von Fabrikeinrichtungen. Außerdem war ihre Industrie außerhalb der deutschen Reichweite bereits viel leistungsfähiger, als Hitler dachte, und die Lücken in der Fertigung schlossen die westlichen Alliierten durch ihre Lieferungen. Ferner: Den Russen ging mit der Ukraine zwar das Kerngebiet ihrer Agrarproduktion verloren; aber das seit eh und je an Hungersnöte gewohnte Volk bewies eine erstaunenswerte Fähigkeit, den Gürtel enger zu schnallen. Auch waren Rußland und Sibirien so groß, daß ausgeglichen werden konnte. Außerdem halfen die Alliierten auch in diesem Sektor aus.

Um gleichzeitig einen Stoß gegen Moskau zu führen, reichten die Kräfte nicht aus. Doch wurde er vorbereitet, sobald im Süden die Entscheidung sich abzeichnete. Zum Angriff konnte allerdings erst am 3. Oktober angetreten werden. Die Russen ließen es bei Brjansk und Wjasma dazu kommen, daß erhebliche Kräfte eingekesselt und vernichtet wurden — da spielte wohl bei Stalin die Prestige-Frage unheilvoll mit. Immerhin war der deutsche Angriff dadurch soweit abgebremst, daß er in die Schlamm-und Frostzeit geriet. Goebbels machte dem deutschen Volk nachher vor, die Kälte sei früher als sonst eingebrochen und die Temperatur tiefer als normal gesunken. Das war Ablenkung; denn die Termine sowie die Durchschnitts-und Maximalzahlen standen in den einschlägigen militärischen Handbüchern. Aber Hitler war nun einmal der Gefangene seiner Kriegskonzeptionen geworden, nachdem sich die Grundannahmen als falsch erwiesen hatten. So mußte er den Angriff auf Moskau sozusagen noch viertel vor zwölf riskieren, wobei er sich auf das in solchen Lagen oft vorgebrachte, aber höchst gefährliche Argument berufen konnte, daß im Kriege dem Angreifer oft genug unvorhergesehene Chancen zu Hilfe gekommen seien.

Hier wüßten wir gern, welche Haltung Stalin in diesen kritischen Tagen und Wochen einnahm. Er verlegte die Regierung nach Kujbyschev, das ehemalige Samara an der Wolga, blieb aber selbst in Moskau. Stand er wie ein Fels in der Flut? Oder war seine Sicherheit erschüttert? Die vorliegenden Nachrichten sind für den Historiker bisher nicht von ausreichender Beweiskraft, um die Frage so oder so zu beantworten. Sie ist auch nicht entscheidend; denn das Wesentliche bleibt, daß die Verteidiger Moskaus standhielten und der deutsche Angriff steckenblieb. Zweifellos: den Russen kam die kürzere Verbindung zur Front, kam die Kälte zu Hilfe; aber es handelte sich doch um eine Verteidigungsimprovisation, auf welche die Russen mit Recht stolz zurückblicken werden, solange ihre Vergangenheit ihnen etwas bedeutet. Und da nun auch die sibirischen Divisionen herankamen, die nicht mehr als Schutzwall gegen Japan benötigt wurden, konnten die Russen sogar zum Angriff übergehen, wobei das Wald-und Sumpfgelände ihrer Taktik des Einsickerns in die feindliche Front zu Hilfe kam.

Der Wehrmachtsbericht, der eben noch die Welt durch Namen eroberter Orte in Erstaunen zu setzen vermocht hatte, war plötzlich nicht mehr imstande, neue Erfolge zu melden; er war vielmehr gezwungen, über den wahren Sachverhalt Nebel zu verbreiten. Die deutsche Wehrmacht war nämlich zum ersten Male im Zweiten Weltkrieg in eine schwere Krise geraten.

Was folgt daraus für Hitlers Strategie? Denn so müssen wir die deutsche Strategie fortan bezeichnen. Hitler hatte bereits bei der Anlage des Feldzuges ein entscheidendes Wort mitgesprochen; am 19. Dezember 1941 übernahm er an Stelle des nach Hause geschickten General-feldmarschalls von Brauchitsch den Oberbefehl über das Heer, und es war nur eine Frage der Zeit, wann er auch Halder, den Chef des Generalstabs, davonjagte, dessen nüchterne Sachlichkeit ihm auf die Nerven ging. Seit Ende 1941 war also Hitler sein eigener Feldherr. Die Frage ist demnach so zu stellen: Was folgt aus der vor Moskau ausgelösten Krise für Hitlers Strategie?

Angriff auf Leningrad wurde von Hitler gestoppt

Noch ein Faktum ist hier festzuhalten. Als die Heeresgruppe Nord sich den Weg bis vor Leningrad freigekämpft hatte und am 16. September die Panzergruppe Hoepner zu dem sicheren Erfolg verbürgenden Angriff antrat, wurde sie im letzten Augenblick von Hitler angehalten. Dabei spielte bei ihm u. a. die Erwägung eine Rolle, daß nach der Einnahme die Bevölkerung der Millionenstadt sich nicht würde ernähren können und daher Aufstände zu erwarten seien — so stand es bereits in einer damals wieder ausgegrabenen Denkschrift, die 1918 Ludendorff vorgelegt worden war, als schon einmal die Möglichkeit nahegerückt schien, das damalige Petrograd einzunehmen. Hitlers Gedanke war, die Bevölkerung der im Süden von den Deutschen, im Norden von den Finnen abgeriegelten Stadt solle durch Aushungerung dezimiert werden, also sich selbst das Grab schaufeln. Über die moralische Einordnung dieser super-machiavellistischen Absicht bedarf es keiner Worte — der gegen sie sich wendende Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord, Ritter von Leeb, wurde abgesetzt. Militärisch hat sich das Anhalten schwer gerächt. Denn über dem Ladoga-See blieb ein Lebensstrang bestehen, der nicht abgeklemmt werden konnte, und die improvisierte Verteidigung der ehemaligen Hauptstadt, die den frontalen Angriff nunmehr unmöglich machte, gibt den Russen nicht geringeren Anlaß zum Stolz auf die fanatische Verteidigung der Heimaterde als die Rettung Moskaus.

Dieses Faktum war deshalb anzuführen, weil es von einer neuen Seite auf die Fehler der Grundberechnung führt: daß die russische Bevölkerung auch ohne Druck von oben sich gegen den Einmarsch zur Wehr setzen würde, war ja gar nicht in Anschlag gebracht worden. Wie war es zu solcher psychologischen Verkennung des russischen Volkes gekommen? Bei Hitler ist der Hauptgrund darin zu sehen, daß er Kommunismus und Verderbtheit schlechthin gleichsetzte und die Bewohner des Ostens als Untermenschen ansah, also blind für die Realitäten wurde — er, der wähnte, so viel von Massenpsychologie zu verstehen. Der „Feldherr“ Hitler führte demnach einen weltanschaulich dirigierten Krieg und glaubte, in dieser Hinsicht dem Bolschewismus überlegen zu sein. Da die „Sowjetmenschen“ jedoch auch Russen waren, bereitete ihm der Gegner eine fatale Überraschung nach der-anderen. In der Lage, in die Hitler geraten war, konnte er nichts anderes tun, als den Angriff gegen Moskau befehlen. Aber dies war in so vorgerückter Jahreszeit ein Hasardspiel, und bei diesem war Hitler der Verlierer.

Die Winterkrise 1941/42 wurde dadurch aufgefangen, daß Hitler befahl, dort, wo die deutschen Truppen einmal standen, unbedingt zu halten, mochten die Russen die Stellung schon umgangen oder womöglich Kessel gebildet haben. Auch Sachkundige haben die Meinung vertreten, daß im Augenblick nichts anderes übriggeblieben sei, da sonst zuviel Kriegsmaterial verlorengegangen und der Zusammenhalt der Front gefährdet gewesen wäre. Aber diese Kampfführung stellte die ursprüngliche Konzeption auf den Kopf. Anfangs war ja der Gedanke gewesen: Kampf gegen die Rote Armee; jetzt wurde um Raum gekämpft — so wie 1916/18 im Westen. Das hatte damals in Frankreich noch einen Sinn gehabt; hier in Rußland war solche Kampfführung dagegen widersinnig, da weder Raumgewinn noch Raumverlust den Krieg entscheiden konnten und da bei einem wechselseitigen Zermahlen der Kampfkräfte Deutschland letzthin den Kürzeren ziehen mußte, weil es nun einmal mehr Russen gab als Deutsche.

Die deutschen Heeresgruppen haben sich noch einmal aus der Zwangslage zu befreien vermocht, in die sie der Rückschlag vor Moskau und der Winterfeldzug versetzt hatten. Im Frühjahr 1942 konnte zu neuem Angriff angetreten werden — nun aber nicht mehr auf der ganzen, durch den Vormarsch zu stark verbreiterten Front, sondern aus Kräftemangel nur noch im Südabschnitt.

Erst sogenannte „Bereinigungen“ eingedrückter Frontabschnitte, dann Ende Juni Beginn des Großangriffs, Überschreiten von Don und Donez, Wiedereinnahme des 1941 schon kurz in deutsche Hand gefallenen Rostow, Besetzung der Ölfelder von Maikop und Pjatigorsk, Vormarsch auf den Kaukasus, am 28. August Hissen einer deutschen Flagge auf dem über 5600 m hohen Elbrus. Also abermals enorme Geländegewinne, Einschränkung der sowjetischen Industrie-und Rohstoffkapazität, Zerschlagung zahlreicher feindlicher Verbände, Anlaß zu Sondermeldungen und Beweis für die Welt, daß die deutsche Wehrmacht trotz der Winter-krise noch ihre Schlagkraft besaß — aber keine Kriegsentscheidung, vielmehr noch längere Fronten, noch längere Verbindungen nach rückwärts und abermals die unvermeidlichen Verluste an Toten, Verwundeten und Kranken, im Militärdeutsch unter dem Wort „Abgänge" zusammengefaßt. Daß die erzielten Erfolge nicht kriegsentscheidend waren — und nur solche Erfolge zählen in der Weltgeschichte —, war offenkundig; denn die Faktoren, die im Jahre 1941 die Entscheidung verhindert hatten, waren ja noch alle wirksam: die zwar angeschlagene, aber nicht beseitigte Kampfkraft der Roten Armee, der Widerstandswille der Bevölkerung, die Ungunst der Natur, die gefährliche, einmal zu heiße, einmal zu kalte Temperatur und — jetzt noch mehr als im Vorjahr — die Weite des Raumes.

Waren die Nationalitäten gegeneinander auszuspielen?

Gab es nun nicht doch noch eine Möglichkeit, den Krieg gegen die Sowjetunion irgendwie glimpflich zu beenden, auch wenn die Pflöcke gegenüber der anfangs gehegten Erwartung zurückgesteckt werden mußten?

Unter den Gegnern Rußlands war es ein alter, auf englischer Seite bereits im Krimkrieg, auf deutscher im Ersten Weltkrieg ausgespielter Gedanke, die in das Zarenreich eingefügten Nationalitäten gegen das Kernvolk, die Großrussen, auszuspielen, und im Zweiten Weltkrieg drängte sich den Einmarschierenden diese Konzeption geradezu auf, da sie in der Ukraine auf eine starke Unzufriedenheit mit dem bolschewistischen System, bei den Krimtataren und anderen mohammedanischen Völkerschaften auf dessen schroffe Ablehnung stießen. Diese Stimmung machte es möglich, aus Kriegsgefangenen Freiwilligenverbände aufzustellen, die sich z. T. sogar in direktem Einsatz gegen die Rote Armee bewährten. Aber diesen Weg konsequent weiter zu verfolgen, war letzthin aussichtslos, da eine solche Lösung darauf hinausgelaufen wäre, die letzten zwei Jahrhunderte russischer Geschichte auszulöschen. Auch hatte die Sowjetunion durch die Verbreitung von Lesen und Schreiben die Angleichung der verschiedenen Völkerschaften stark vorangetrieben und durch die — wenn auch nicht der Sache, aber dem Prinzip nach — bundesstaatliche Verfassung dem Nationalitätenstreit den Wind aus den Segeln genommen. Ferner stieß man, wenn man irgendeine Völkerschaft förderte, mindestens eine ihrer Nachbarvölkerschaften vor den Kopf.

Nein, hier bestand keine echte Chance! Statt der chimärischen Möglichkeit, von der russischen Apfelsine die Schale abzustreifen und sie in einzelne Scheiben zu zerlegen, bot sich eine andere, entgegengesetzte an, als 1942 unter den im Wolchow-Kessel gemachten Gefangenen der Befehlshaber der zweiten sowjetischen Stoßarmee auftauchte: Andrej Andreewitsch Wlassow, durch lange Jahre Berater Tschiang Kaischeks und in der ganzen Roten Armee bekannt als erfolgreicher Verteidiger Kiews. Erfahrene Rußlandkenner, die als Offiziere der Wehrmacht zu ihm Verbindung aufnahmen und wußten, wer er war, stellten dem Oberkommando der Wehrmacht vor, man müsse diesen General ausspielen; sie konnten sich dabei darauf berufen, daß Wlassow bei dem Besuch eines russischen Gefangenenlagers eine überraschend große Resonanz gefunden habe. Der General war bereit, mit den Deutschen zusammenzugehen, da er im Laufe der letzten Monate ein Gegner des Regimes, vcr allem Stalins, geworden war. Aber er war und blieb ein national-eingestellter Russe, und deshalb war bei ihm eine tragfähige Grundlage für eine Zusammenarbeit nur auf Grund der Zusage zu erlangen, daß kein Quadratmeter russischen Bodens und keine — auch noch so verschleierte — Abhängigkeit von Deutschland, auch keinerlei Einmischung in innerrussische Verhältnisse verlangt wurden.

Da Wlassow den Wiederaufbau Rußlands nur mit auswärtiger Hilfe hätte durchführen können und Deutschland dafür der geeignetste Wirtschaftspartner gewesen wäre, brauchte man keine Sorge zu haben, daß Wlassow über kurz oder lang in das antideutsche Lager hinüber-schwenkte. Was später eintrat, konnte man der Zukunft überlassen; denn zuerst kam es darauf an, die Hände im Osten wieder frei zu bekommen, wo uns die „Generale Frost und Schlamm" im Bunde mit der Roten Armee Halt geboten hatten. Ihnen den General Wlassow entgegenzuwerfen und ihm aus dem Kriegsgefangenenlager alle diejenigen zur Verfügung zu stellen, die mitmachen wollten, war eine Chance, das Kräfteverhältnis, das sich herausgebildet hatte, zu unseren Gunsten zu verschieben. Denn dieser General Wlassow hatte ja der gesamten Wehrmacht eines voraus: er und nur er konnte, wenn er zum Zuge kam, den russischen Raum bezwingen, mit dem die deutsche Wehrmacht — das lag nunmehr zutage — nicht fertig wurde; er hätte hinter die russische Front fassen können — bis nach Sibirien hinein. Die Parolen »Widerherstellung des Privateigentums", „Weg mit NKWD“, d. h.der Staatspolizei, wären ein Dynamitpulver gewesen, das die Mundpropaganda in Windeseile über den ganzen russischen Raum verteilt hätte.

Es kann den zuständigen Stellen der Wehrmacht bescheinigt werden, daß sie alles getan haben, um Hitler diesen Plan mundgerecht zu machen. Aber ihre Argumentation war umsonst. Wlassow saß in Berlin, Kibitzweg 1, in einer Villa und wurde vertröstet. Als seine Stunde längst abgelaufen war, Ende 1944, kam man auf den Gedanken, Wlassow doch noch auszuspielen. Seltsamerweise gab der General sich noch dazu her, mitzumachen. Aber er wußte sein Schicksal voraus. In sein Tagebuch schrieb er: „Ich wählte den Galgen“. Aber er vertraute darauf, daß die Geschichte ihn rehabilitieren werde: „Ich habe mein Vaterland geliebt und wollte sein Bestes." Er verschmähte es, sich selbst den Tod zu geben, und so wurde er im Sommer 1946 zusammen mit drei anderen Exilgeneralen in einem Moskauer Gefängnishof erhängt — er gehört in die vom Marschall Petain und dem serbischen Generalobersten Nedic angeführte Reihe von Patrioten, die glaubten, in ein Vakuum treten zu müssen, um ihr Vaterland wieder zu Ansehen zu bringen, die aber — von Hitler mißbraucht — keinen Wirkungsraum konzediert bekamen und dadurch in das Zwielicht der Geschichte gerieten.

Unselige These vom östlichen „untermenschentum”

Was war der Grund, daß Hitler nicht zugriff? Er lag in der unseligen These vom deutschen „Volk ohne Raum“, das berechtigt sei, seinen Lebensraum zu erweitern, wo immer es möglich war. Diese These war verschwistert mit der erst recht unseligen Auffassung, daß im Osten Untermenschen wohnten, welche die Deutschen als höherwertige Rasse zu beherrschen und auszunutzen berechtigt seien. Historische Halbbildung bot dafür ein Scheinvorbild an: so wie die Engländer Hunderte von Millionen Inder mit Hilfe von 60 000 Mann in Zucht und Ordnung gehalten hatten, müsse es möglich werden, mit SS-Wehrbauern — hier geisterten Erinnerungen an die „Grenzer“ an der österreichisch-ungarischen Grenze auf —, eine bewegliche Kampffront gegen das auf Asien zurückgedrängte Restrußland aufzubauen.

An dieser Stelle ist auf die verhängnisvolle Einwirkung Rosenbergs hinzuweisen, eines in Reval geborenen ehemaligen Moskauer Studenten von zumindest nicht rein-deutscher Abstammung, der seit 1941 als Reichsminister für die besetzten Ostgebiete amtierte. Dieser verrannte Ideologe init schiefer Autodidaktenhalbbildung fand allerdings in der Verwaltungspraxis einen ihm überlegenen Gegenspieler in dem Gauleiter von Ostpreußen, Erich Koch, der seit 1941 außerdem noch Reichskommissar für die Ukraine war. Koch besaß nämlich direkten Zugang zu Hitler und kümmerte sich deshalb wenig um die ihm vom Ostministerium erteilten Weisungen, wenn sie nicht in seine Politik paßten: Niederhaltung und Ausnutzung der „weißen Sklaven" Sachkundige haben ihn schon damals als „Reichsfeind Nr. 1" bezeichnet, weil er den deutschen Namen schändete und eine Politik betrieb, die — das sah jeder Einsichtige, — sich rächen mußte, selbst wenn der Krieg nicht verloren-ging. Was Koch, was der in Deutschland wegen trüber Machinationen als Gauleiter abgesetzte, aber für den Osten noch für gut genug befundene Generalkommissar für Weißruthenien, Kube, was Himmlers Einsatzkommandos, was die sonstigen Trabanten des Systems in den besetzten Gebieten angerichtet haben, wird nicht annähernd ausgewogen durch das, was die vielen Einsichtigen und rechtlich Denkenden, die es Gott sei Dank auch gab, an Gutem taten oder an Bösem verhinderten.

Vielleicht meint der eine oder andere Leser, man solle diese Dinge endlich ruhen lassen. Das geht schon deshalb nicht, weil die internationale Öffentlichkeit immer wieder auf sie gestoßen wird. Denn all diese Dienststellen haben so viele belastende Schriftstücke hinterlassen, daß aus ihnen ihr uns alle beschämendes Schuldkonto ausgestellt werden kann Wir können uns also um diese Dinge nicht herumdrücken.

Das geht auch aus einem zweiten, noch viel wichtigeren Grund nicht: Was jene Kreaturen anrichteten, belastet heute und sicher auch noch morgen alle Bestrebungen, wieder menschliche Kontakte zu den Völkern Osteuropas zu gewinnen. Da bleibt nur dies: möglichst weit abzurücken von den Verantwortlichen und alles zu tun, um die Vorstellungen von Deutschland, die sie wachriefen, wieder auszulöschen.

Vor der Geschichte bleibt Hitler der Hauptverantwortliche für alles, was in den besetzten Gebieten angerichtet worden ist. Wie konnte er alles das geschehen lassen, meist sogar selbst befehlen? Für die alten Griechen war die Selbstüberhebung, die Hybris, eine Göttin, die alle von solchem Fehler Befallene ins Verderben führte. Bei Hitler, bei seinen von ihm angesteckten Handlangern und Beratern von Hybris zu sprechen, wäre zu hoch gegriffen. Bei ihm war es die Besessenheit durch die Grundanschauungen, die er sich zurechtgelegt hatte. Sie hielten ihn nun so gefangen, daß er auch zum politisch und militärisch Widersinnigen imstande war; bei Himmler, Rosenberg, Koch, Kube usw. kamen noch Borniertheit und der Wunderglaube hinzu, daß der Führer alles könne, alles richtig voraussehe.

Hatte sich in Wlassow Hitler eine echte Chance angeboten oder nicht? Diese Frage bleibt unbeantwortbar. Aber daß Hitler sie von vornherein ablehnte, beleuchtet grell das Ausmaß seiner Verbohrtheit.

Verfehlte Doppelaktion gegen Kaukasus und Wolga

Wie war es mit Hitlers militärischer Führung bestellt, nachdem er außer dem Oberbefehl über die Wehrmacht auch noch die Führung des Heeres übernommen hatte?

Jener schon erwähnten Offensive im Südabschnitt der Ostfront war während des Sommers 1942 ein doppeltes Ziel gesetzt worden: 1. Einnahme Stalingrads und damit Sperrung der unteren Wolga, 2. Einbruch in das nordkaukasische Ölgebiet, Überschreiten des Gebirges, Einnahme des Ölgebietes um Baku und Reinfegen des südkaukasischen Raumes bis zur persischen Grenze. Daß sich daran bereits Überlegungen knüpften, wie nach Erreichen dieses Zieles nach Persien hinein vorgestoßen werden könne, sei in diesem Zusammenhang übergangen, da sich das heute allzu grotesk ausnimmt.

Diese Doppelaktion hatte von vornherein den Nachteil, daß sie mehr oder minder von derselben Versorgungsbasis aus genährt werden mußte; sie hatte bei der Durchführung den weiteren Nachteil, daß sie die deutschen Kräfte fächerförmig auseinanderzerrte — dieser Nachteil hätte sich nur dann beheben lassen, wenn es gelungen wäre, die Wolga, das Kaspische Meer und die persische Grenze zu erreichen; denn dann hätte man ja nur noch die Wolga zu bewachen brauchen.

Erfolg konnte die Doppelaktion nur dann haben, wenn die beiden Stoßkeile so stark waren, daß sie den Gegner werfen konnten. Das war jedoch nicht der Fall. Die Heeresgruppe A unter Generalfeldmarschall List blieb am Kaukasus hängen, und die Heeresgruppe B unter dem Generalfeldmarschall Freiherm von Weichs rannte sich in den Vorstädten von Stalingrad fest. Beide Heeresgruppen waren überfordert worden, und damit ist das kriegsgeschichtliche Urteil über die Doppel-aktion gesprochen: sie war verfehlt berechnet und daher verfehlt angelegt.

Damit ist jedoch das Endurteil noch nicht gefällt. Denn wenn militärische Aktionen mißglückt sind, hat der Feldherr die verantwortliche Möglichkeit, sie rechtzeitig abzubrechen und dann seine Kräfte neu zu rangieren, so daß er Gegenangriffe auffangen kann; danach wird er nach Möglichkeiten ausspähen, die ihn wieder zum Zuge bringen. Hätte Hitler diese alte Regel befolgt, dann hätte er die — bisher dem Gegner zunutze gekommene — Weite des russischen Raumes und die sich für die Winterverteidigung anbietenden Flüsse ausgenutzt. Er hätte also die fächerförmig auseinandergezerrten Kräfte auf eine kürzere Grundlinie zurückgezogen und es den Russen überlassen, den Winter hindurch anzugreifen und sich abzunutzen; währenddessen hätte er für 1943 eine Frühjahrsoffensive dort vorbereiten können, wo sie Aussicht besaß. Aber Hitler tat, obwohl er die Erfahrungen des letzten Winters nicht vergessen haben konnte, genau das Gegenteil. Die Heeresgruppe List blieb am Kaukasus stehen, und der Angriff gegen Stalingrad wurde fortgesetzt: ein Kampf um Fabriken und Häuserblocks, so wie einmal um die Hügel vor Verdun gekämpft worden war.

1916 war das damit begründet worden, daß bei diesem zermürbenden Kampf mehr französische Divisionen als deutsche zermahlen würden und Frankreich sich dadurch verblutete. Noch einmal sei unterstrichen: dieses Argument ließ sich auf das an Menschenzahl weit überlegene Rußland nicht anwenden. Daher war dieser Häuserkampf in einer 2000 km von Deutschland entfernten Stadt eine Widersinnigkeit.

Er bedingte weitere Widersinnigkeit. Um den Stoßkeil scharf zu halten, mußte die an sich schon überdehnte Front entblößt werden. In die Lücken wurden italienische Truppen gestopft, die noch mehr froren als andere und die nicht einsehen konnten, wieso sie sich hier bei der Verteidigung ihres Vaterlandes nützlich machten. In andere Frontabschnitte wurden rumänische Divisionen hineingeschoben, die von ungleichem Wert waren — das abwertende Urteil, das Hitler generell vor Beginn des Ostkrieges über sie gefällt hatte, erwies sich in dessen Verlauf als ungerecht. Solche Lage hätte auf der Gegenseite auch ein mittelmäßiger Feldherr auszunutzen verstanden. Aber die russische Führung, die sich am Anfang ihrer Aufgabe noch nicht voll gewachsen gezeigt hatte, verstand jetzt ihr Handwerk. Sie hatte — wie einst Gneisenau von Napoleon — von den Deutschen gelernt, und der General Jodl, der es ja beurteilen konnte, erkannte gegen Ende des Krieges an, daß die Russen eine >, prima Führung“ besaßen.

So kam es zu einem modernen Cannae, folgenreicher als die Einkesselung der Franzosen bei Sedan, die zum Sturze Napoleons III. führte, aber von Frankreich überwunden werden konnte.

Die sowjetischen Heeresgruppen Rokossowski und Jeremenko durch-stießen links und rechts von der 6. Armee die Fronten dort, wo sie schwach waren, und schlossen am 21. November ihre Zangen hinter deren Rücken zusammen, so daß die 6. Armee eingekesselt war. Ein anderer Feldherr würde in solcher Lage der 6. Armee noch im letzten Augenblick den Befehl zum beschleunigten Rückmarsch gegeben haben; zumindest hätte er nach der Einschließung dieser Armee — wie es deren Oberbefehlshaber, der Generaloberst Paulus, Hitler vorschlug — den Auftrag erteilt, sich den Weg nach Westen wieder freizukämpfen. Das aber kam für Hitler nicht in Frage: Fragen des Prestige, Überschätzung der eigenen, Unterschätzung der feindlichen Kräfte, Vertrauen darauf, daß trotz der Vereisung der Flugplätze Luftversorgung, daß trotz der Kälte Ersatz von außen möglich sei, brachten ihn zu dem unsinnigen Befehl, Stalingrad zu halten. Bis zur Vereinigung von Kräften, die den Ring von außen aufsprengen sollten, verging kostbare Zeit, und dann kamen die zur Befreiung der Eingeschlossenen losgefahrenen Panzer nur bis auf 48 km heran. Da die Russen mittlerweile auch die Don-Front aufgerissen hatten, war kein weiterer Versuch, die Belagerten zu entsetzen, mehr möglich.

Hätte Paulus auf eigene Faust wagen sollen, auszubrechen und Hitler vor eine Tatsache zu stellen, die sich nicht mehr abändern ließ? Dazu hätte es einer ungewöhnlich starken Persönlichkeit bedurft, und die war Paulus nicht. Auch muß man ihm zugute halten, daß er solange mit der Hoffnung auf Befreiung genarrt wurde, bis es zu spät war, weil ihm nun Betriebsstoff, Munition usw. fehlten. In das Urteil über Paulus als Armeeführer darf sich nichts von der Kritik einmischen, die durch seine Beteiligung am „Nationalkomitee Freies Deutschland" und sein Verhalten in Nürnberg ausgelöst wird. Ausgewachsen in der Disziplin des Offizierskorps und erfüllt mit Respekt vor Hitler, gehörte er zu den vielen, die vom Schicksal überfordert worden sind.

Völlig unbegreifbar wird der jüngeren Generation der Funkspruch-wechsel sein, der zwischen Hitler und Paulus noch kurz vor der Kapitulation stattfand. Aber wir Älteren können ihr versichern, daß wir bereits damals die geschwollenen Phrasen, die angesichts des größten Massengrabes der deutschen Geschichte gewechselt wurden, widerlich fanden.

Zunächst Paulus, Stalingrad, den 29. Januar 1943, mittags:

„An den Führer! Zum Jahrestag Ihrer Machtübernahme grüßt die 6. Armee ihren Führer. Noch weht die Hakenkreuzfahne über Stalingrad. Unser Kampf möge den lebenden und den kommenden Generationen ein Beispiel dafür sein, auch in der hoffnungslosesten Lage nie zu kapitulieren. Dann wird Deutschland siegen. Heil, mein Führer! Paulus Generaloberst.“

Paulus erhielt darauf folgende Antwort:

„Mein Generaloberst Paulus! Schon heute blickt das ganze deutsche Volk in tiefer Ergriffenheit nach Stalingrad. Wie immer in der Weltgeschichte, wird auch dieses Opfer kein vergebliches sein. Das . Bekenntnis“ von Clausewitz wird seine Erfüllung find'i. Die deutsche Nation begreift erst jetzt die ganze Schwere dieses Kampfes und wird die größten Opfer bringen. In Gedanken immer bei Ihnen und Ihren Sodaten. Ihr Adolf Hitler.“

Clausewitz war wehrlos gegen eine solche Auslegung seines Bekenntnisses, und die Voraussage war grundfalsch. Das „Opfer" von Stalingrad war völlig vergeblich — es sei denn, man fasse es als eine unüberhörbare, unvergeßliche Mahnung nicht nur an die Deutschen, sondern an die ganze Welt auf, nie die Macht in die Hände eines nicht mehr durch legitime Instanzen kontrollierten Diktators zu legen. .

Man sollte denken, daß angesichts einer solchen Katastrophe sogar Goebbels die Stimme verschlagen worden wäre Dem war jedoch nicht so. Als ein hundertprozentiger Propagandist fand er selbst in diesem Augenblick noch hochtrabende Worte. Zum 10. Jahrestag der Machtübernahme proklamierte er:

„Der wunderbare Weg unserer Bewegung — von den wenigen Männern der ersten Zeit bis zum Tage der Madttübernahme und seitdem bis heute ist nur denkbar und begreiflich als ein Ausdruck des Willens der Vorsehung, dem deutschen Volk und darüber hinaus Europa die Möglichkeit zu geben, der größten Bedrohung aller Zeiten erfolgreich begegnen zu können.“

Das Wort „Vorsehung“ in solchem Munde war eine leere Phrase, wenn nicht eine Blasphemie. Im krassen Widerspruch stehen die Funksprüche, die am 1. Februar noch aus Stalingrad gesendet wurden: „ 5. 15 Uhr — Die 6. Armee hat getreu ihrem Fahneneid für Deutschland bis zum letzten Mann und zur letzten Patrone eingedenk ihres hohen und wichtigen Auftrages, die Positionen für Führer und Vaterland bis zuletzt gehalten. — 7. 35 Uhr: Der Russe steht vor dem Bunker, wir bereiten Zerstörung vor. — 7. 45 Uhr: Wir zerstören!“

Um 9. 00 Uhr fing die Station Winniza folgenden Klartext auf:

„Die 6. Armee hat kapituliert. Hoffentlich gibt dies Ende dem Führer Veranlassung, in Zukunft mehr auf die Ratschläge seiner Generale zu achten.“

Der Absender dieses Spruches wurde nicht ermittelt. Um 11. 15 Uhr funkte irgend jemand aus dem Nordkessel an die Heeresgruppe Don: „Die Truppe ist verwundert, daß ihr Kommandierender General noch nicht das Eichenlaub zum Ritterkreuz erhalten hat.“

Um 11. 35 Uhr funkte der Nordkessel zum letzten Male:

„XI. Korps hat mit seinen Divisionen bis zum letzten Mann gegen vielfache Übermacht gekämpft. Es lebe Deutschland!“

Um 15. 00 Uhr des gleichen Tages erhielt das Oberkommando der Luftwaffe folgende Wortmeldung eines Aufklärers: „Meldung 1711 — Fck 1913 — 14. 06 Uhr — In Stalingrad keine Kampftätigkeit mehr.“

Am 2. Februar — 12. 5 5 Uhr fing die Heeresgruppe Don einen Funkspruch auf:

„Wolkenhöhe 5000 Meter. Sicht 12 Kilometer, klarer Himmel. Temperatur 31 Grad minus. Über Stalingrad Riebel und roter Dunst. Wetter-stelle meldet sich ab. Gruß an die Heimat.“

An diesem Tage hatten die letzten Verbände kapituliert.

Eingeschlossen wurden rund 284 000 Mann, herausgeflogen wurden 29 000. Es verblieben also 255 000 Mann. Es ergaben sich nur noch rund 100 000, also 155 000 weniger. Wieviel fanden von diesen 100 000 noch in der Gefangenschaft den Tod? Sicherlich die überwiegende Mehrzahl; denn die Gefangenen waren völlig erschöpft und unterernährt.

In der Heimat der Schmerz, die Erregung übertönt durch dröhnende Worte, Nationaltrauertage ohne Kino und Theater, eine kurze Zeitlang keine Maßnahmen gegen mündliche Kritik; dann wieder Anziehen der Zügel, Appelle an die vaterländischen Instinkte. Goebbels war nicht aus dem Sattel zu heben, konnte aber nicht verhindern, daß der Verdacht um sich fraß, der Führer sei doch nicht der „größte Feldherr aller Zeiten“, und diejenigen, die im geheimen auf Hitlers Sturz hinarbeiteten, hatten jetzt die Gewißheit erhalten, etwas nicht nur moralisch, sondern auch sachlich Gerechtfertigtes zu unternehmen. Insofern hängt der 2. Februar 1943 mit dem 20. Juli 1944, hängt die Katastrophe von Stalingrad mit dem Attentat des Grafen Stauffenberg zusammen.

Was bedeutete Stalingrad weltpolitisch?

Was bedeutete nun die Niederlage von Stalingrad, welche Perspektive ergab sich daraus für Europa?.

Schon am 12. Oktober 1942, als der Kampf noch in der Schwebe war, hatte Mao Tse-tung geschrieben, diese Schlacht werde nicht nur den Wendepunkt im gegenwärtigen Weltkriege, sondern auch in der gesamten Menschheitsgeschichte bilden. Weiter heißt es, wie in seinen 1956 auf Deutsch in Ost-Berlin herausgegebenen Schriften nachzulesen ist:

„Hitler ist daher, nadtdem er sich eine seine Kräfte übersteigend^ Last aufgebürdet hat, jetzt in eine ausweglose Lage geraten. Die Sowjetunion aber wird umgekehrt im Verlaufe des Krieges immer stärker und stärker. Die vierte Etappe des Krieges, die in diesem Winter beginnt, wird Hitler ins Grab bringen.“

Dieser Beurteilung der Lage sowie der Prognose, zu der sie führte, ist kein Wort hinzuzufügen, da sie wortwörtlich richtig war. Mao war nicht der einzige, der dies damals so aussprach. Ich führe noch einen Vertreter des Westens an. Am 21. Februar 1943, also 19 Tage nach der Kapitulation der letzten Reste von Stalingrad wurde dem britischen Botschafter in Madrid, Sir Samuel Hoare, ein von General Franco verfaßtes Memorandum zugestellt, in dem es hieß: „Unsere Beunruhigung über den russischen Vormarsch wird nicht nur von anderen neutralen Völkern geteilt, sondern von allen Menschen in Europa, die nicht die Fähigkeit klarer Übersicht verloren haben. Der. Kommunismus ist eine ungeheure Gefahr für die Welt, und jetzt, wo er durch die siegreichen Armeen einer Weltmacht gestützt wird, müssen alle, die nicht blind sind, davor erschrecken . . . Wenn der Krieg weiter so verläuft, dann ist es klar, daß die russischen Armeen bis tief in das deutsche Gebiet eindringen werden ... Wenn das geschieht, dann wird die Gefahr für England darin bestehen, daß ein Sowjet-Deutschland entsteht, das an Rußland seine Kriegsgeheimnisse, seine Techniker, seine Spezialisten abgibt und dadurch Rußland in die Lage versetzt, ein ungeheures Weltreich vom Atlantik bis zum Pazifik zu schaffen. — Gibt es dann irgendeine Macht in Mitteleuropa, diesem Mosaik von Nationen ohne Zusammenhalt, ruiniert und verelendet durch Krieg und Besatzung, die in der Lage wäre, die ehrgeizigen Pläne Stalins abzuwehren? . .. Wir wenden uns an den gesunden Instinkt des englischen Volkes: Wenn Rußland erst Deutschland übernommen hat, dann kann nichts und'niemand mehr dieses Rußland aufhalten!“

Für die Antwort, die der Botschafter dem Generalissimo erteilte, brauchte er nur vier Tage. In ihr hieß es: „Ich hoffe, Ihnen beweisen zu können, daß Ihre Befürchtungen ohne Grundlage sind. Sie sagen, daß die eigentliche Gefahr für Europa im Kommunismus besteht, daß ein russischer Sieg den Vormarsch in andere Länder Europas zur Folge haben und daß dies die Zerstörung der europäischen Zivilisation und der christlichen Kultur bedeuten würde. — Unsere Auffassung ist gerade die entgegengesetzte! . . . Glauben Sie wirklich, daß eine einzige Nation stark genug sein könnte, um Europa nach diesem Kriege zu beherrschen? Gerade Rußland ist mehr als alle anderen Nationen gezwungen, sich dem Wiederaufbau in größtem Maßstabe zu widmen, und bedarf dazu der Hilfe Englands und der USA ... Ich wage die Voraussage, daß die stärkste Militärmacht in Europa nach dem Kriege England sein wird. Daher bin ich sicher, daß der Einfluß Englands in Europa stärker sein wird als je seit dem Falle Napoleons.“

Sir Samuel Hoare, nach 1944 Lord Templewood, hat noch lange genug gelebt, um zu erfahren, daß seine damalige Beurteilung der Lage mit der aus ihr gefolgerten Prognose völlig falsch gewesen war.

Nach diesem Ausblick auf die durch die Katastrophe der 6. Armee veränderte Weltlage zurück zur militärischen Lage.

Was in Stalingrad geschah, muß man zusammensehen mit dem, was in Afrika vor sich ging: die Einklammerung Stalingrads geschah gleichzeitig mit der Landung amerikanischer und britischer Truppen in Nord-westafrika, und auf das Ende des deutschen Widerstandes an der Wolga folgte die am 13. Mai abgeschlossene Kapitulation aller deutschen und italienischen Kräfte in Nordafrika; abermals war rund eine Viertelmillion Soldaten der Mittelmächte in Gefangenschaft geraten. Nur bei solcher Betrachtung ergibt sich die rechte Perspektive für das, was seit 1943 an der Ostfront vor sich ging. Sie war fortan nur eine Front unter mehreren, wenn auch die längste und die am stärksten bedrohte.

Im Juli 1943 landeten die Alliierten auf Sizilien, Anfang September auf dem italienischen Festland. Da das zum Sturze Mussolinis führte, fiel die Verteidigung der Apennin-und der Balkanhalbinsel nun allein den Deutschen zu. Damit nicht genug: es wurde immer klarer, daß die Alliierten eine Landung im Westen vorbereiteten. Es mußten also längs der atlantischen Küste ausreichende Kampfkräfte bereitgestellt werden, um überall einer Invasionsarmee entgegentreten zu können. Außerdem wurde dadurch ein großer Teil von Munition, Treibstoff, Kriegsgerät und Baumaterial festgelegt.

Das heißt: alle Anforderungen, die von den im Osten kämpfenden Heeresgruppen gestellt wurden, mochte es sich um Ersatz für die Toten und Verwundeten, um Panzer, Maschinengewehre und Beton handeln, stießen fortan in ständig steigendem Maße auf ebenso dringende Anforderungen der übrigen Kriegsschauplätze. Mit anderen Worten: der Krieg im Osten konnte von der Wehrmacht nur noch mit einem Arm geführt werden, wobei sich noch auswirkte, daß auf allen Gebieten sich die Mangellage verschlimmerte, daß die Zahl der kampfkräftigen Männer durch nicht abreißende Verluste absank und durch Neueinziehungen, die auf kleinere Körperdefekte keine Rücksicht mehr nahmen, nicht mehr vollwertig ergänzt werden konnte.

Insofern ist es rückschauend schlechterdings unbegreiflich, daß die Ostfront noch so lange gehalten hat, daß es gelang, die immer wieder eingebeulten oder aufgerissenen Fronten zurückzuverlegen und wieder zu einem zusammenhängenden Band zusammenzukleben. Wie war das möglich? Darauf ist eine doppelte Antwort zu geben.

Das lag einmal an der Führung — von den Oberbefehlshabern der Heeresgruppen bis hinunter zum Zugführer — die es fertig brachte, auch die unsinnigsten Befehle, die von oben kamen, so zurechtzubiegen, daß sie durchführbar wurden. Es lag an einer Führung, die auch in schwersten Krisen den Kopf nicht verlor und mit wechselnden Aushilfen doch noch neue Abwehrlinien aufzubauen verstand. Daß die Ostfront fast bis zuletzt hielt, lag zum anderen an den Soldaten aller Waffengattungen, die trotz ständiger Überforderung, trotz Hitze, Kälte, Hunger, dezimiert durch Kampfverluste, Erfrierungen, Gelbsucht, Fleckfieber und andere Krankheiten, bis zuletzt ihre Pflicht taten. Vorwürfe, wie sie nach dem ersten Weltkrieg laut werden konnten, die und die hätten nicht mehr „richtig mitgemacht", können für den Zweiten Weltkrieg nicht erhoben werden.

Das muß aus doppeltem Grunde hervorgehoben werden. Denn im. August 1944 versuchte Himmler in einer Ansprache, die er in Posen hielt, die Rückschläge an der Ostfront dadurch zu begründen, daß die Offiziere ihre Pflicht nicht getan hätten, daß vornehmlich in den Stäben die Pflichtauffassung in vielen Fällen katastrophal sei. Er, der nie vorn gewesen war, behauptete, daß laut Luftbildern die russischen Stellungen im Gegensatz zu den deutschen tief gestaffelt seien:

„Die deutschen Stellungen sind da, wo nur eine einzelne ist, eine Schützenmulde, weil die Herren Offiziere während der Zeit im Dorf in einem russischen Haus mit russischen Weibern leben mussten, weil sie nicht vorn bei ihren Männern waren, und weil selbstverständlich, wenn der Offizier nicht vorn ist, der Mann auch nicht vorn ist.“

Hitler ging schließlich über diese infame Verfälschung der Wahrheit noch hinaus. Der Reichsminister Speer hat in einem Brief vom 29. März 1945 wiederholt, was Hitler ihm im Zusammenhang mit den soeben angeordneten Zerstörungen auf deutschem Boden mündlich gesagt hatte: „Wenn der Krieg verlorengeht, wird auch das Volk verloren sein. Dieses Schicksal ist unabwendbar. Es ist nicht notwendig, auf die Grundlagen, die das Volk zu seinem primitiven Weiterleben braucht, Rücksicht zu nehmen. Im Gegenteil, es ist besser, selbst diese Dinge zu zerstören. Denn das deutsche Volk hat sich dann als das schwächere erwiesen, und dem stärkeren Ostvolk gehört dann ausschließlich die Zukunft. Was nach dem Kampf übrigbleibt, sind ohnehin nur die Minderwertigen; denn die Guten sind gefallen.“

So Speers Wiedergabe dessen, was er aus Hitlers Mund vernommen hatte. Die angeführten Sätze laufen auf eine geradezu ungeheuerliche Verdrehung der Geschichte hinaus, vorgenommen von einem Manne, der aus seiner totalen Verkennung Rußlands und aus weltanschaulicher Verbohrtheit heraus den Krieg im Osten begonnen und dann so geführt hatte, daß Hasard gespielt werden mußte, daß der Truppe ständig zu hoch gesteckte Aufgaben gestellt wurden, die trotz aller Anstrengungen unlösbar blieben, bleiben mußten. Das ist die Verdrehung der Geschichte durch einen Mann, der seine Schuld auf das von ihm in die Katastrophe geführte deutsche Volk abzuladen trachtete, um sich vor der Geschichte ein Alibi zu verschaffen.

Eine Verdrehung der Tatsachen; denn was sich von 1943 bis 1945 vollzog, war nicht der zwangsläufige, Darwinschen Gesetzen gehorchende Sieg eines biologisch stärkeren Volkes über ein ausgelaugtes, dessen hochwertige Männer in Massengräbern lagen, sondern ein historischer Vorgang, der abrollte, weil Deutschland durch Hitler in eine ausweglose Lage gebracht worden war.

Ist damit zuviel Schuld auf Hitler abgeladen? Die sowjetischen Kriegs-historiker werfen uns vor, wir versuchten auf diese Weise uns dem Urteil der Weltgeschichte zu entziehen Solche Flucht aus der Verantwortung ist sicherlich nicht Absicht des Verfassers. Seine Auffassung hat er sich vielmehr gebildet, als er das Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) schrieb und beobachten konnte, wie sehr Hitler tatsächlich zur Schlüsselfigur der Kriegführung geworden war. Jener Vorwurf ist falsch gezielt. Wer ihn aufrecht erhalten will, muß fragen: wieso die Deutschen Hitler von 1933 an solche Macht eingeräumt hatten, daß er sie im Kriege ohne Einspruch von irgendeiner Seite führen konnte.

Das wäre ein eigenes Thema, das nicht mit ein paar Sätzen abgehandelt werden kann. Hier handelt es sich nur noch darum, dem Leser die Ergebnisse des Krieges im Osten vor Augen zu rücken — eines Krieges, der auch unter einer besseren Führung nicht zu gewinnen gewesen wäre.

Russische Abwehr im Zeichen des „Großen vaterländischen Krieges"

Die abschließenden Etappen des Endkampfes sollen im einzelnen nicht aufgezählt werden. Unsere Endfrage lautet vielmehr: wie läßt sich das, was der Zweite Weltkrieg bewirkte in den historischen Zusammenhang einfügen?

Im Juli 1943 griffen die deutschen Truppen noch einmal an, und zwar, um einen Frontbogen bei Kursk zu begradigen, da zu befürchten war, daß die Russen ihn als Sprungbrett für eine Offensive benutzen würden. Das unter dem Tarnnamen „Zitadelle“ laufende Unternehmen blieb stecken, und fortan lag das Gesetz des Handelns so gut wie ganz beim Gegner. Am 3. Januar 1944 erreichte er die damalige polnische Ostgrenze, und damit zeichnete sich der Tag ab, an dem der letzte deutsche Soldat vom russischen Boden verjagt war.

Aus den Veränderungen, welche die Sowjetunion während des Krieges durchmachte, sei hier nur diese hervorgehoben: Stalin war im Laufe der Jahre mehr und mehr dazu übergegangen, die Abwehr im Zeichen des — wie er sagte — „großen vaterländischen Krieges" zu führen, im Zeichen des Patriotismus also, und der Gegenspieler des Generals Bonaparte, der Fürst Alexander Suworow, dessen Titel Generalissimus sich Stalin 1945 zulegen ließ, der Feldmarschall Michail Kutusow, der Besieger Napoleons bei Smolensk — nach denen Stalin Orden benannte — sie waren beide zu neuem Leben erweckt worden. Durch Rücksicht auf die Alliierten war die neue Kirchenpolitik mitbedingt: im September 1943 wurde die Wahl eines neuen Patriarchen zugelassen. Staat und Kirchenführung sind seither miteinander ausgekommen, so daß diese Politik nicht revidiert worden ist, und das nationale Bewußtsein wird heute in Rußland mehr als gepflegt.

Welche Kräfte dem russischen Selbstgefühl durch die Vertreibung der „Okkupanten“ — so heißt der üblich gewordene Ausdruck — zuwuchsen, dies ist gar nicht abzuschätzen. Zugleich wurde die Voraussetzung dafür geschaffen, daß Rußland sich trotz der Zerstörungen wirtschaftlich wieder auf eigene Füße zu stellen vermochte. Im Jahre 1942 waren der Union der Sowjetrepubliken 20 Millionen Hektar Saatfläche entrissen worden. Die Roheisenerzeugung war gegenüber dem Vorkriegsstand auf 32 Prozent, die Stahlgewinnung auf 44 Prozent abgesunken. Auf Grund größter Anstrengungen war bis 1944 die Produktion von Roh-eisen wieder auf das anderthalbfache der des Jahres 1942, die von Stahl um ein Drittel vermehrt worden. Seither sind alle statistischen Kurven, welche die schwerindustrielle Produktion der Sowjetunion betreffen, weiter im Ansteigen.

Über die territorialen Ziele des Zarismus hinaus

Doch zurück zum Jahre 1944! Im Mai hatten sich die letzten deutschen Verteidiger der Krim über das Schwarze Meer nach Rumänien gerettet, das bedeutet: die Russen nahmen am Schwarzen Meer wieder die Stellung ein, die sie dort seit den Tagen Katharinas der Großen innegehabt hatten. Dadurch wurden sie wieder bedrohlich für die T ü r k e i, die trotz aller alliierter Werbungen ihre Neutralität bislang aufrechterhalten und den Rückzug der Russen mit Aufatmen begleitet hatte. Jetzt suchten die Türken, um den Russen nicht isoliert gegenüber zu stehen, schleunigst Anschluß bei den Alliierten und brachen die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland ab.

Im Juli besetzte die Rote Armee Wilna, am 1. August Kaunas (Kowno), also die ehemalige und die neue Hauptstadt Litauens. Die Eroberung der beiden anderen baltischen Staaten Lettland und Estland folgte — wenn sie sich zeitlich auch noch hinauszögerte. Damit hatte Rußland an der Ostsee wieder die Position besetzt, die Peter der Große vorbereitet und Katharina II. abgerundet hatte.

In jenem Juli 1944 war auch schon die Offensive gegen Finnland angelaufen, die am 4. September dazu führte, daß die Finnen notgedrungen das Feuer einstellten. In dem anschließend abgeschlossenen Waffenstillstand mußte die finnische Regierung mit nur geringen Abänderungen abermals die Grenzziehung anerkennen, die ihr die Sowjetunion 1940 aufgenötigt hatte. Doch blieb die Selbständigkeit des Landes erhalten, obwohl Finnland von 1809 bis 1918 zu Rußland gehört hatte, und diese Selbständigkeit hat die Sowjetunion bekanntlich bis heute respektiert. An dieser Stelle ist sie also nicht auf den Kurs der zaristischen Politik zurückgeschwenkt — es ist die einzige.

Der August 1944 brachte der Sowjetunion den Staatsstreich in Bukarest ein, der zum Sonderwaffenstillstand Rumäniens führte. Die Russen nahmen ihrem, nunmehrigen rumänischen Bundesgenossen Bessarabien weg, das sie 1812 bis 1918 besessen und 1940 auf Grund eines Ultimatums zurückgeholt hatten.

In Bukarest, wo bisher die europäischen Mächte um den Einfluß gerungen hatten, kam nach einer Zwischenpause eine kommunistische, pro-russische Regierung ans Ruder, die noch heute auf Gedeih und Verderb an die Sowjetunion gebunden ist. D. h.: in Rumänien erlangte Rußland auf Kosten der anderen Mächte eine Geltung, wie sie die Zaren selbst in der Zeit ihrer größten Machtentfaltung nicht besessen hatten.

Diesen Erfolg konnte die Rote Armee sofort weiter ausbauen. Im September kam es zu einem entsprechenden Umschwung in Bulgarien.

Dieses Volk hat nie vergessen, wie Zar Alexander II. ihm bei der Wiederaufrichtung der Selbständigkeit gegen die Osmanen geholfen hatte. Aber Bulgarien hatte doch seine eigene Politik geführt und war dabei mehr als einmal in Spannung zu Rußland geraten. Jetzt war zwar — so lautete die offizielle Version — Bulgarien von den Deutschen „befreit"; dafür geriet es aber in eine totale Abhängigkeit von Moskau. Denn auch Frankreich und England kamen als Gegenspieler nicht mehr in Betracht, und ein Österreich-Ungarn, das man sowohl in Bukarest als auch in Sofia respektiert hatte, gab es schon seit Jahrzehnten nicht mehr.

Das durch den Rückzug der Deutschen entstandene Kräftevakuum erlaubte es der Sowjetunion, gleich noch Albanien in den sich bildenden Satellitengürtel einzubeziehen.

Längere Zeit war fraglich, ob die russische Expansion auch noch Griechenland ergreifen werde, das einst mit Hilfe der europäischen Mächte, darunter auch Rußland, den Türken seine Selbständigkeit abgetrotzt hatte. Auf dem Peloponnes und im Epirus waren beim Zusammenbruch durch eine kommunistisch geführte, gegen die deutsche Besatzung kämpfende Partisanenarmee bereits günstige Voraussetzungen geschaffen, und nach dem Abmarsch der Deutschen sah sich das durch Hungersnot und Inflation bedrohte Land in einen jahrelang anhaltenden Bürgerkrieg verstrickt. Den antikommunistischen Parteien halfen die Engländer, dann die Amerikaner, und daher konnten die Kommunisten schließlich über die Nordgrenze zurückgedrängt werden. Heute gehört Griechenland der NATO an. Es weiß, weshalb.

Gleiches gilt für die Türkei, die der Sowjetunion die an den Dardanellen gewünschte Stützpunkte nicht einräumte und auch in Ost-anatolienzu keinen Gebietsabtretungen bereit war. Und weil sie dem russischen Druck Widerstand leistete, ist die Türkei auf den Rückhalt an den Westmächten angewiesen wie einst die Osmanischen Sultane.

Der Umschwung von 1944/45, der die Lage auf dem Balkan in ihr Gegenteil verkehrte, führte also dazu, daß die Sowjetunion das durch den deutschen Zusammenbruch entstandene mit Ausnahme von Griechenland völlig auszufüllen vermochte — so vollständig, daß sie den übrigen Großmächten überall die Tür vor der Nase Zuschlägen konnte. Geschichtlich ist der dadurch herbeigeführte Zustand zu verstehen als eine Verwirklichung selbst der allerkühnsten Hoffnungen, die von russischen Imperialisten seit den Tagen Alexanders I. gehegt worden waren. Ja noch mehr: da die Sowjetunion — die Westmächte trotz aller Zusagen überspielend — auch noch Ungarn in den Satellitengürtel hineinpreßte, besetzte sie an der mittleren Donau eine bis heute nicht wieder preisgegebene Position, auf die selbst die expansivsten Panslawisten noch nicht ihr Augenmerk gerichtet hatten.

Nur an einer Stelle hat die sowjetische Südost-Politik bisher einen Rückschlag erlitten: in Jugoslawien. Dieser seit 1919 aus Serbien, Kroatien und Slowenen zusammengezimmerte, von Gegensätzen erfüllte, durch gemeinsame Geschichtserinnerungen noch nicht zusammengehaltene Staat war 1941 beim ersten Angriff der Deutschen in seine beiden Hälften auseinandergebrochen. Kroatien erhielt als großdeutscher Satellit eine Pseudo-Selbständigkeit, Serbien wurde einer Militärverwaltung unterstellt. Aber der Boden, auf dem die deutschen Truppen standen, blieb unterhöhlt durch die Partisanenbewegung, die sich von Jahr zu Jahr kräftiger regte. Diese zerfiel jedoch in zwei Lager, ein königstreues, auf die Westmächte hoffendes unter Mihajlovic, und ein kommunistisch ausgerichtetes unter dem in Rußland geschulten Tito. Wie dieser seinen Rivalen beiseite drängte und die Westmächte zwang, mit ihm allein zu rechnen, ist eines der erregendsten Kapitel des letzten Krieges. Als daher am 6. September 1944 die Rote Armee nach schnellem Durchmarsch durch Rumänien die serbische Grenze erreichte, durfte die sowjetische Diplomatie glauben, nun auch noch den zentralen Raum des Südostens ihrer Einflußsphäre eingegliedert zu haben. Denn die kroatische Regierung verschwand lautlos, und die Wiedervereinigung Jugoslawiens in den Grenzen von 1941 war eine Selbstverständlichkeit. Aber auch die Erwartungen Moskaus erfüllten sich nur für wenige Jahre. Es braucht hier nicht ausgeführt zu werden, wie Tito 1948 eine eigene Stellung bezog und diese bis heute festgehalten hat; eine Stellung weder für Rußland noch für den Westen.

Das bisher festgestellte führt also zu folgendem Ergebnis: was der Zweite Weltkrieg der Sowjetunion im Südosten Europas einbrachte, war viel mehr, als die Zaren je erreicht, ja erhofft hatten. Sie erreichte das nicht nur auf Kosten Deutschlands, sondern auch Frankreichs und Englands, die vorher ein entscheidendes Wort in diesem Raume mitgesprochen hatten. Wenn die Russen sich fragen, wem sie das verdanken, dann müssen sie sich die Antwort geben: Hitler. Hätte es ihn nicht gegeben, wären sie im Südosten Europas nie dahin gelangt, wo sie heute stehen.

Das gilt erst recht für die Mittelzone zwischen Ost und West, von der bisher noch nicht die Rede war.

Hier handelt es sich zunächst um P o 1 e n, dem 1919 nach 124 Jahren der Dreiteilung die Selbständigkeit in den Schoß gefallen war. Polen hatte sich damals nicht mit der von den Westmächten auf Grund der ethnographischen Gegebenheiten vorgeschlagenen Ostgrenze zufrieden gegeben, sondern der Sowjetunion 1921 im Frieden von Riga eine weiter östlich gelegene Grenze abgetrotzt. Jetzt, als Moskau nicht mehr mit Deutschland zu rechnen brauchte und die Westmächte auf Rußland angewiesen waren, setzte Stalin ohne weiteres seinen Anspruch auf eine Grenze durch, die ungefähr der 1919 von den Westmächten ins Auge gefaßten Curzon-Linie entsprach. Er konnte diese selbst bei den Polen zur Anerkennung bringen, da er rechtzeitig in Lublin ein Moskau gefügiges Komitee hatte konstituieren lassen, das sich die sowjetischen Forderungen zu eigen machte. Die Westmächte verlangten, daß das Lublin-Komitee sich mit der Exilregierung in London zusammenschloß; aber deren Mitglieder wurden eines nach dem anderen mattgesetzt, so daß der Endzustand genau so wie in Rumänien, Ungarn, Bulgarien und Albanien auf eine rein kommunistisch ausgerichtete Regierung hinauslief.

Die Zugeständnisse, die Moskau der polnischen Regierung zumutete, wurden ihr schmackhaft gemacht durch Entschädigungen zu Lasten Deutschlands. Die Sowjetunion erreichte dadurch dreierlei:

sie revidierte den 1921 abgeschlossenen Frieden von Riga und schob ihre Westgrenze weiter vor — so wie Katharina II. in der Zeit der polnischen Teilungen es vorgemacht hatte;

sie schwächte Deutschland und schuf zwischen Polen und Deutschland einen Zustand, durch den Polen auf russischen Rückhalt angewiesen wurde.

An diese Erfolge reihten sich noch zwei weitere:

Dem Satellitengürtel wurde auch die Tschechoslowakei eingegliedert, die von Hitler zerschlagen worden war und jetzt wiedererstand, nicht mehr wie in den Tagen von Benesch nach Westen ausgerichtet, sondern nach Osten. So hatten es bereits im 19. Jahrhundert die Panslawisten in Rußland und in Böhmen ins Auge gefaßt, aber an solche Abhängigkeit von Moskau hatten sie natürlich nicht gedacht.

Selbst der deutschsprachige Raum zwischen Böhmen und der Pannonischen Tiefebene fiel den Russen zu. Die Eroberung Ungarns hatte der Roten Armee die Ausgangsbasis zum Angriff gegen Österreich verschafft. Sie besetzte am 13. April 1945 Wien, das in seiner langen Geschichte bisher nur von den Osmanen bedroht worden war. Denn die Armeen der Zaren waren im Ersten Weltkrieg nur bis nach Galizien vorgedrungen. Daß einmal Russen in der ehemaligen Hauptstadt der Habsburgischen Monarchie etwas zu sagen haben würden, hatte bisher außerhalb der politischen Vorstellungswelt gelegen. Aber auch hier konnten die Russen — schnell zupackend — das Vakuum ausnutzen, das in Europa durch die Vernichtung von Hitlers Großdeutschem Reich entstand. Allerdings fiel ihnen nicht ganz Österreich zu: im Südwesten rückten die Engländer, von Westen die Amerikaner ein, und so kam es hier — da auch die Franzosen beteiligt wurden — zu einer Viererherrschaft, die verhinderte, daß die Sowjetdiplomaten das eingespielte Rezept, die nicht-kommunistischen Politiker an die Wand zu drücken, wiederholten. Moskau nahm nicht nur das hin, sondern fand sich 1955 sogar bereit, Österreich die volle Selbständigkeit einzuräumen. Welche Motive dabei maßgebend waren, läßt sich nur mutmaßen — wir begnügen uns mit der Tatsache, daß die Sowjetunion in Österreich, ähnlich wie in Finnland, davon absah, den Satellitengürtel noch weiter auszudehnen.

Die europäische Politik wurde ein Teil der Weltpolitik

Es bleibt nur noch ein Wort über Deutschland selbst zu sagen. Die Russen, die im Siebenjährigen Krieg einmal kurz bis Berlin vorgedrungen waren und 1813 Seite an Seite mit den Preußen Napoleon bis Paris verfolgt hatten, rückten in die Reichshauptstadt ein und waren deshalb in der dort geschaffenen Viermächteverwaltung von vornherein der stärkste Faktor.

Wir analysieren historisch, was vom 17. Juni bis 2. August 1945 in Potsdam — genauer gesagt in dem für den Kronprinzen gebauten Schloß Cäcilienhof — Stalin, Truman und der Winston Churchill ablösende Attlee festlegten. Es ergaben sich folgende Feststellungen:

1. Um ihre Stellung an der Ostsee in den eisfreien Bereich hinein zu verbreitern, nahmen sich die Russen das nördliche Ostpreußen, dessen Eindeutschung im 13. Jahrhundert begonnen hatte, also einen Landstrich, für dessen Erwerb die Sowjets weder historische noch ethnographische, sondern nur machtpolitische Ansprüche anmelden konnten. Die Stadt, in der Immanuel Kant begraben liegt, heißt heute „Kaliningrad".

2. Polnischer Verwaltung wurden unterstellte der Südteil von Ostpreußen, die 1919 an Polen zurückgegebenen Provinzen Westpreußen und Posen, die Preußen auf Grund der polnischen Teilungen erworben und hier mehr, dort weniger eingedeutscht hatte, die Osthälfte von Pommern nebst Stettin, wo die Christianisierung und Eindeutschung im 12. Jahrhundert eingesetzt hatte, Teile der Provinz Brandenburg, für die dasselbe gilt, ganz Oberschlesien, wo es nicht zu völliger Eindeutschung gekommen war, und Niederschlesien bis zur Neiße, das gleichfalls seit dem 12. Jahrhundert zum deutschen Kulturbereich gehörte und bis auf die östlichen Randgebiete völlig eingedeutscht war. Das heißt: hier wurde die deutsche Geschichte politisch auf einen Zustand zurückgedreht, wie er im hohen Mittelalter bestanden hatte, und durch die Zwangsaussiedlungen ist mittlerweile dieses Gebiet von Deutschen fast völlig entvölkert worden.

3. Zur Sowjetischen Besatzungszone wurden geschlagen: Restpommern, Mecklenburg, die Provinz Sachsen-Anhalt, Teile von Braunschweig, der Freistaat Sachsen, ein Rest von Niederschlesien, Thüringen und das verkleinerte Brandenburg, das heißt: ein von Deutschen besiedelter Raum, der vom 10. Jahrhundert an im Zuge der deutschen Ostkolonisation gewonnen war, aber auch Teile des Altreichsgebiets einschloß. Hier haben die Russen also eine Entwicklung zurück-geschraubt, die bereits vor einem Jahrtausend eingesetzt hatte. So darf man sagen; denn die Russen sind es ja, die in diesem Bereich die de-facto-Herrschaft innehaben. Darüber täuscht die Tarnung nicht hinweg, die sie dieser Herrschaft durch die Errichtung einer pseudo-selbständigen Satellitenregierung gegeben haben — das hatte Hitler in Norwegen mit Hilfe von Quisling, in Holland mit Hilfe von Mussert, in Kroatien mit Hilfe des vorher von Italien ausgehaltenen Ante Pavelic genau so gemacht.

Wenn wir vorher als Ergebnis unseres Überblicks über den Wandel der Machtverhältnisse im Südosten Europas festzustellen hatten, daß dort Hitler der Sowjetunion zu einer Machtposition verhelfen hat, wie sie die Zaren noch nie eingenommen hatten, so zeigt sich jetzt, daß es für den osteuropäischenRaumbis tief nach Deutschland hinein noch viel mehr gilt. Die Wogen der Weltgeschichte haben die Sowjetunion auf einen Wellenberg hinaufgeführt wie noch nie, haben Deutschland in ein Wellental hinabgleiten lassen wie nicht mehr seit den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges.

Dadurch alarmierte die Sowjetunion allerdings die Vereinigten Staaten, die sich eingestehen mußten, daß sie den Teufel durch Beelzebub vertrieben hatten. Schon am 29. März 1945 hatte der Präsident Roosevelt an Stalin geschrieben:

„Ich kann Ihnen nicht verhehlen mit welcher Besorgnis ich die Entwicklung der uns gemeinsam interessierenden Angelegenheiten seit unserer ergebnisreichen Zusammenkunft in Jalta betrachte.“

Die dort vereinbarten Entschlüsse seien gut und zum größten Teil in der Welt freudig begrüßt worden; aber der erhoffte Fortschritt sei in entmutigender Weise ausgeblieben. Der Präsident legte dann den Finger auf die Fragen, in denen er die russische Obstruktion zu spüren bekommen hatte. Neben der rumänischen war es vor allem die polnische, die zu fairer Lösung gebracht werden müsse:

„Gelingt sie nicht“, schrieb Roosevelt, „werden uns alle Schwierigkeiten und Gefahren für die Einigkeit der Alliierten, die wir so sehr im Auge hatten, als wir uns auf der Krim verständigten, in einer noch akuteren Form entgegentreten.“

14 Tage später wurde der Präsident, erregt durch eine neue Meldung über die abweichende Politik der Sowjetunion, von einem Gehirnschlag ereilt. Noch hielt das durch Hitlers Politik bewirkte Bündnis der so grundverschiedenen Weltmächte. Aber nachdem die gemeinsame Frontstellung gegen Deutschland überholt war, weil es kein Deutschland mehr gab, trat zu Tage, daß die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten nicht nur weltanschauliche Antipoden waren, sondern daß sie sich an allen Ecken der Welt aneinander rieben.

Der Krieg gegen Rußland, der am 22. Juni 1941 begann, hat also nicht nur für Deutschland, nicht nur für Europa, sondern für die ganze Welt zu einer völlig neuen Konstellation geführt: die europäische Politik wird nicht mehr durch die europäischen Mächte bestimmt sondern ist ein Teil der Weltpolitik geworden, die durch diese zwei peripheren Mächte dirigiert wird

Fussnoten

Fußnoten

  1. Als symptomatisch ist der Sammelband anzuführen: „Der Zweite Weltkrieg 1939— 1945 — Wirklichkeit und Fälschung', der 1959 in 3. Auflage im Ost-Berliner Akademie-Verlag herausgebracht wurde und aus zehn Beiträgen sowjetischer und sowjetzonaler Verfasser besteht.

  2. Das ist jener Erich Koch, der 1958/59 in dem ihm in Warschau gemachten, mit erstaunlicher Geduld und juristischer Akribie durchgeführten Prozeß sich als Mann des guten Willens darzustellen trachtete, der vom Bösen nichts gewußt habe.

  3. Idi nenne hier nur das in seinen Ergebnissen nicht bestreitbare, sachlich abgefaßte Buch des Amerikaners Alexander Dallin, „German Rule in Russia*, das 1958 auch in deutscher Übersetzung herauskam unter dem Titel: „Deutsche Herrschaft in Rußland 1941— 1945“.

  4. Ich verweise hier auf das im September 1959 herausgekommene Heft der Zeitschrift: . Sowjetwissenschaft. Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge. *

  5. Für die angeführten Zitate sei verwiesen auf die im Kriege erschienenen Jahrgänge von „Keesing’s Archiv der Gegenwart“ sowie auf Hans-Adolf Jacobsen: , 1939/1945. Der Zweite Weltkrieg in Chronik und Dokumenten“, Darmstadt (Wehr-und-Wissen-Verlagsgesellschaft), 1959, 3. Ausl. 1960 (538 S.).

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