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Entwurf eines deutschen Geschichtsbildes in volkspädagogischer Absicht | APuZ 15/1960 | bpb.de

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APuZ 15/1960 Entwurf eines deutschen Geschichtsbildes in volkspädagogischer Absicht

Entwurf eines deutschen Geschichtsbildes in volkspädagogischer Absicht

Zweite Folge zu dem Aufsatz . Revision und Wiederherstellung des deutschen Geschichtsbildes* (Beilage . Aus Politik und Zeitgeschichte“ zum . Parlament“ vom 5. 11. 1958).

1. Kapitel: Volkspädagogische Bedeutung eines Geschichstbildes

Inhalt 1. Kapitel: Volkspädagogische Bedeutung eines Geschichtsbildes 1. Geschiehtslehrer und geschichtliche Bildung 2. Geschichtsbild aus volkspädagogischen und politischen Gründen 3. Neue Verlebendigung der Geschichte 4. Grundzüge und Gliederungsprinzip für ein Bild der Geschichte unseres Kulturkreises 2. Kapitel: Entwurf eines ganzheitlichen Geschichtsbildes 1. Vorbemerkungen zur Stoffauswahl und zur Epocheneinteilung 2. Stofflich-wissenschaftliche und didaktische Schwerpunkte I. Frühzeit II. Altertum II筴穊떠٨

1. Geschichtslehrer und geschichtliche Bildung

Nadi Erscheinen des obengenannten Teils haben einige Kritiker gemeint, es sei noch keine Lösung aufgewiesen, wie nun eigentlich das deutsche Geschichtsbild aussehen solle; oder man bemängelte, daß ich mich bei meiner Arbeit vorsichtig an Zitaten vieler Autoren und Autoritäten vorangetastet habe ohne eigenen Standpunkt. Es ist natürlich beides richtig, nur hätten diese Kritiker sehen können, daß vorerst in der Art, wie ich es damals bot, nichts anderes beabsichtigt war als ein Bericht und ein Überblick (wie es z. B. Prof. Stier, Münster auch verstanden hat) und ein betonter Hinweis auf die anhaltende Aktualität des Problems.

Es muß hier angeknüpft werden an den Schlußsatz meines Aufsatzes „Haben wir ein deutsches Geschichtsbild?“ 1) > wo es hieß: „So sieht auch heute noch, wenn es uw letzte Entscheidungen, uw die persönliche Freiheit und uw die Rettung aus der Verwassung geht, jeder Angehörige eines Volkes Sinn und Wert seiner Existenz in diesew Volk gespiegelt. Bedenken wir, wie stark noch iwwer die Diskussion uw ein deutsches Geschichtsbild geht, so wüssen wir sagen, daß wir noch kein geschlossenes, gültiges Bild unserer Geschichte haben.“ In der Anmerkung dazu hatte ich angefügt: „Die volkspädagogische Wirkung der neuen Werke über deutsche Geschichte . . . wuß erst abgewartet werden. "

Dieser „volkspädagogische“ Aspekt des gnzen Problems soll hier ausgenommen und durchdacht, womöglich auch eine Richtung aufgewiesen werden. Zu den in jener Anmerkung angeführten Büchern über deutsche Geschichte (Rassow, Orthbandt, Gebhardt, Meyer-Just) ist seitdem eine „Deutsche Geschichte“ von Hans Erich Stier hinzugekommen 3, ebenso eine „Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts" von G. Mann 3) und wird eine weitere von M. Freund demnächst hinzukommen, von der im Prospekt gesagt wird: „Während die ältere Generation auf die seit langew fällige gültige Revision des deutschen Geschichtsbildes wartet, befindet sich die Jugend iw Zustand nahezu vollkowwener Ahnungslosigkeit. Deutsche Geschichte ist besonders für die Pädagogik ein heißes Eisen, und die Geschichtswissen- schaft verharrt zuw großen Teil noch iwwer iw Zustand der Ratlosigkeit. ..." (Berteismann-Prospekt 1960).

Dazu ließe sich schon allerhand an Gegenargumenten beibringen, wenn wir uns hier auf solch eine Polemik gegen Verlagsanzeigen ein-: lassen wollten. Jedoch mag es genügen, darauf hinzuweisen, daß in dem Handbuch der deutschen Geschichte im Athenäon Verlag (Konstanz), das von Prof. Just, Mainz neu herausgegeben wird, jetzt in rascher Folge die Darstellungen der jüngsten Geschichte erschienen sind und daß auch das berühmte altbekannte Gebhardtsche Handbuch jetzt vor dem eigentlichen 3. Band, auf den man nach Band II wartete, einen neuen 4. Band von Erdmann herausbrachte über die Zeit der beiden Weltkriege/Genauere Literaturangaben erübrigen sich wegen der leichten Zugänglichkeit dieser allgemein mindestens in Fachkreisen bekannten Werke!) Da leider der Verlagstext in den allgemeinen Jargon von der Ahnungslosigkeit unserer Jugend in historicis miteinstimmt, muß auch an dieser Stelle — und zwar gerade an dieser Stelle, da es sich nunmehr um ein Politikum handelt — auf eine Erklärung des „Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands“ hingewiesen werden in der es unter Bezug auf die Angriffe in der Öffentlichkeit gegen den GU in den Schulen u. a. heißt: „Diese Kritik ist einseitig und oberfläMidi, sie verkennt die sachlichen und psychologischen Schwierigkeiten und übersieht die erzielten Erfolge.......... Oberflächlidt sind Urteile, wenn sie davon ausgehen, ein Mangel an historischen Kenntnissen falle allein der Sdtule zur Last. Eine solche Meinung verkennt die Voraussetzungen unserer geistigen und gesellschaftlichen Situation.......... Außerordentliche Erschwerungen für die geschichtliche Bildung in der Schule der Gegenwart kommen aus dem stetigen Schwinden des historischen Bewußtseins während der letzten 50 Jahre; aus dem Überdruß an der Geschichte (Hermann Heimpel) . . . , aus dem Fehlen eines verbindlichen Geschichtsbildes in der freien Welt der Gegenwart. ..."

Dieses von mir oben angeführte Fehlen eines Geschichtsbildes im Bewußtsein der Deutschen wird hier bezogen auf das geschichtliche Bewußtsein der freien Welt, offensichtlich in der Auffassung, es könne in einer freien Welt kein „verbindliches“ Geschichtsbild geben, da es einer westlichen freien Wissenschaft zuwiderliefe. Wenn auch diese Formulierung noch den negativen Ausdruck „Fehlen" gebraucht, so hat Th. Litt etwa im Hinblick auf ein „Menschenbild“ von einem „Verzicht" des Westens auf „das eine und einzige Menschenbild" gesprochen, weil wir nicht einer Ideologie vom Mustermenschen verfallen dürfen und wollen. Ähnlich hat R. W i 11 r a m in seinem so tiefen und reichen Buche aus dieser Sorge um die Freiheit und Wahrheit der Wissenschaft des Westens geschrieben: „Aus dieser Sicht ergibt sich die innere Unmöglichkeit, die Macht zu beschwören, um endlich etwas in der Art eines einheitlichen Geschichtsbildes, einer verbindlichen und verpflichtenden Gesamtansicht zu begründen . . . Jede VerpfliMung auf eine Unifikation der Geschichtsbilder muß eben jene Einheitlichkeit gefährden, auf die alles ankommt: die gemeinschaftliche Bindung an eine Wahrheitsfo r a m 7) in seinem so tiefen und reichen Buche aus dieser Sorge um die Freiheit und Wahrheit der Wissenschaft des Westens geschrieben: „Aus dieser Sicht ergibt sich die innere Unmöglichkeit, die Macht zu beschwören, um endlich etwas in der Art eines einheitlichen Geschichtsbildes, einer verbindlichen und verpflichtenden Gesamtansicht zu begründen . . . Jede VerpfliMung auf eine Unifikation der Geschichtsbilder muß eben jene Einheitlichkeit gefährden, auf die alles ankommt: die gemeinschaftliche Bindung an eine Wahrheitsforderung, der wir nur genügen, wenn wir unsere Entwürfe unablässig in Frage stellen . . . Es ist nicht zuletzt eine Frage der gestaltenden Kraft — die nicht künstlich erzeugt, wohl aber erstickt oder freigesetzt werden kann ob es ein gültiges, die Teile verbindendes, ein Ganzes beglaubigendes, für heute und morgen geltendes Bild geben wird. Überzeugen kann es nur durch sich selbst, ohne von der Macht etabliert und ohne gegen den Irrtum versichert zu sein.“

Hier steht die Mahnung des ernsten Universitätshistorikers gegen meine Forderung vom Pädagogischen und Politischen her. So sehr der Fachwissenschaftler im Recht ist. Fachmann eben durch tiefere Einsicht in die Komplexität und rationale Unfaßbarkeit des Geschehens in der Geschichte, so sehr muß doch auch der Pädagoge recht haben. Das soll näher erläutert werden.

2. Geschichtsbild aus volkspädagogischen und politischen Gründen

Die Forderung nach einem möglichst geschlossenen, lehr-und lernbaren Geschichtsbild habe ich an vier verschiedenen Stellen mit aller Klarheit aus volkspädagogischen Gründen erhoben und zwar nicht ohne ein Wissen um die Gefahr ideologischer Einheitlichkeit als „Unifikation" 8), wie deutlich genug aus meinen Kapiteln „Ideologische Festlegung des Geschichtsbildes in der Sowjetzone“ und „Wir können kein Geschichtsbild machen“ (Parlament) hervorgeht. Aber schon in meiner ersten Arbeit, die als Grundlegung dieser Konzeption gedacht war (in „Welt als Geschichte“ 1957) war deutlich ausgesprochen, daß ich „Bild“ nicht als statuarisch-mythisches auffassen wollte — und hier folge ich durchaus E. Wenigers „Geschichte ohne Mythos" 9), übrigens einer der ersten Vorträge in jener geschichtsmüden Nachkriegszeit, die klar und deutlich eine Besinnung auf deutsche Geschichte forderten, und in dessen Forderungen ich mich durchaus bestätigt finden darf. Er wendet sich sowohl gegen die Mythisierungsversuche aller Art bei den Nationalsozialisten wie auch gegen verbindliche Geschichtsmetaphysik, die es heute nicht mehr geben kann, somit auch gegen die Historisierung aller Kulturgehalte etwa vom mythischen Volksgeist her. Dem Geschichtsunterricht wird aber ein klar und eng umgrenzter Bereich zugewiesen, wie ihn Weniger schon 1947 in „Neue Wege im Geschichtsunterricht" dargestellt hatte 10), nämlich: „Es mag der Hinweis genügen, daß der Geschichtsunterricht wesentlich politische Aufgaben hat. Er ist das Organ des Lebensverständnisses unter der Kategorie der Verantwortung des handelnden Menschen vor der GesMchte“ 11).

Auch Weniger fordert hier ein „Bild der erinnerten und verstandenen Geschichte“ und zeigt sofort die Gefahren einer Mythenbildung auf, die sich an dieses Bild anhängen könne, die wir aber durch kritische Geschichtsbetrachtung bannen könnten, was ich eben unter Hinweis auf die notwendige „Revision“ ausdrücken wollte. Erfreulicher-und erstaunlicherweise hat damals schon E. Weniger von einem „Glauben an die Aufgabe unseres deutschen Volkes“ gesprochen und sofort jede Mythisierung oder Nationalisierung zurückgewiesen, aber an eine immer noch bestehende Aufgabe des deutschen Volkes in der Zukunft geglaubt, wenn auch dieser recht bescheidene Glaube nicht gesichert sei. Ein sich daran anschließender Unterricht muß nüchtern und einfach sein: „kein Versuch einer neuen Metaphysik im Geschichtsunterricht und einer neuen Mythologie, wohl aber das Wagnis eines konkreten Bildes unserer Zukunft im Spiegel unserer Vergangenheit,“ und am Schluß: „Dieses alles miteinander in die Einheit des Geschichtsbildes (vom Vers, gesp.!) zu bringen, wird zunächst die Aufgabe der Selbstbesinnung des Lehrers sein, die aller Lehrplan-gestaltung vorauszugehen hat.“ Ähnlich wie bei Weniger wurde in meinem ersten Aufsatz (WaG) diese Spannungen zwischen Bild und Forschung aufgewiesen und zwar am Beispiel des Historismus, wenn es dort hieß: „Die philosophischen, politischen, künstlerischen und pädagogischen Probleme, die in der Beziehung von Geschichtsbild und geschichtlicher Bildung liegen, sollten in einem ersten Abschreiten aufgewiesen werden . . . Wie wir aufzeigten, steht eine spezialisierte Geschichtswis-

Stoffplan Entwurf zum Geschichtsbild

Nun wird das ganze Geschichtsbild, wie es für eine umfassende geschichtliche Bildung als Grundwissen in allen Volks-, Mittel-, Berufs-und Volkshochschulen gedacht ist, zusammengestellt. Es sei noch einmal betont, daß wir der Meinung sind, dieses Geschichtsbild sollte nach Flitners Formulierung als das große Epos der Vergangenheit vorgetragen werden. „Deutsches Geschichtsbild“ bedeutet sowohl Bild unserer deutschen Vergangenheit als aber auch das Bild, das sich der gegenwärtig lebende Deutsche von der Vergangenheit seines Kultkreises machen sollte. Dieser Entwurf wurde erstmalig einer Kreislehrerversammlung in Kaiserslautern im Oktober 1959 vorgetragen, dann in einer Lehrer-Arbeitsgemeinschaft auf dem Hoherodskopf in Oberhessen von Lehrern des Kreises Büdingen in zweitägiger Konferenz durchgesprochen und als Grundlage für einen Stoffplan der 7. und 8. Klasse dieses Kreises angenommen. Unter Zustimmung der Zuhörer wurde der Plan später vorgetragen in Lehrerversammlungen von Frankenthal und Ludwigshafen.

Wenn wir politisch urteilsfähige junge Menschen auch aus der Volks-und Mittelschule entlassen wollen, müssen wir ihnen eben etwas zumuten, vor allem aber müssen wir dem Lehrer etwas zumuten, der dieses Bild als Ganzes sich aneignen muß, um es vor die Augen und Gedanken der Kinder hinzustellen als einen Zusammenhang vergangenen schicksalhaften aber auch menschlich verursachten und motivierten Geschehens. Wir sollten dabei wohl kindertümlich und jugendgemäß reden und darstellen, aber nicht, wie es manche Schulbücher tun, in kindertümelnder Weise vorgehen und die Geschehnisse verharmlosen oder verniedlichen. Überblicken wir unseren in 7 Zeitaltern dargestellten Entwurf, so können wir ihn auch in Form einer Zeitleiste graphisch und bildlich darstellen.

I. (Frühzeit): Die ersten Reiche werden in Flußtälern gegründet 1. Ein Blick, über die Welt: Hoangho — China, Indus — Indien, Euphrat-Tigris — Sumer und Babylon, Jordan — Israel, Nil — Ägypten.

2. Geschichte beginnt mit Sumer.

3. Ägypter und Juden.

II. (Altertum): Freie Völker am Mittelmeer 1. Die Griechen: Die freien Menschen in Kampf und Wettkampf.

2. Die Römer: Der römische Bürger im Rechtsstaat, Republik und, Imperium.

III. Die Zeit des Aufbruchs aus Norden und Süden 1. Germanen und Römer.

2. Germanische Wanderung.

3. Die Slawen breiten sich aus.

4. Die Araber brechen auf.

IV. (Mittelalter): Zeitalter des christlichen Europas A. Zeit der Mönche 1. Die Franken begründen das christliche Reich im Westen.

2. Die Sachsen schaffen das Deutsche Reich.

3. Leben und Leistungen der Mönche.

4. Die salischen Franken im Kampf mit dem Papst.

B. Zeit der Ritter nehmen das Kreuz.

1. Die christlichen Ritter 2. Die schwäbischen Staufer herrschen über ein Reich der Ritter.

3. Der Deutsche Ritterorden in Preußen.

4. Rudolf von Habsburg beendet die kaiserlose Zeit.

C. Zeit der Bürger und Bauern 1. Freie Bauern und freie Städte.

2. Die deutsche Hanse beherrscht die Ostsee.

3. Die Besiedlung des europäischen Ostens durch Fürsten, Ritter, Mönche, Bürger und Bauern aller deutschen Stämme.

V. Das Europa der Neuzeit entsteht (Zeit der Persönlichkeit)

1. Gelehrte und Künstler: Neues Weltbild.

2. Erfinder und Techniker: Beherrschung der Natur und der Dinge.

3. Staaten rund um das Reich. Beherrschung der Völker und Länder.

4. Glaubenskämpfe: Neuer Glaube.

a) Luthers Reformation und Calvins Gottesstaat.

b) Karl V., letzter Kaiser des Mittelalters.

c) Ignatius von Loyola: Erneuerung der katholischen Kirche. VI. (Neuzeit): Zeitalter der großen Mächte A. Zeit der Fürsten 1. Die große Zeit Spaniens und der Dreißigjährige Krieg.

2. Die Vorherrschaft Frankreichs.

3. Der Kampf Österreichs gegen die Türken.

Die Seemacht England und das europäische Gleichgewicht 5. Preußen wird Vormacht in Deutschland.

6. Schweden und Rußland im Kampf um die Vormacht in Osteuropa. B. Zeit der Freiheitskämpfer 1. Amerikanischer Freiheitskrieg.

2. Die Große Französische Revolution.

a) Zustände in Frankreich. Die wahren Gründe der Revolution.

b) Verfassung. Ende des Königtums.

c) Revolutionskriege und Terror.

3. Napoleon, Kaiser der Franzosen.

a) Konsul, Kaiser — Eingriff in deutsche Verhältnisse und Ende des Hl. Römischen Reiches.

b) Niederlage Preußens.

Erhebung der Völker.

a) Erneuerung Preußens. b) Europäische Völker gegen Napoleon, c) Wiener Kongreß — Hl. Allianz.

C. Zeit der Völker (Nationalstaaten)

1. Metternich hält Ruhe in Europa.

a) Das deutsche und das europäische Gleichgewicht b) Österreichs Aufgabe im Donauraum.

c) Nationale Erhebungen der Völker (Ungarn, Italien, Polen, Südamerika).

d) Die deutsche demokratische Bewegung (Wartburgfest, Hambacher Fest, Paulskirche 1848).

2. Die industrielle Revolution.

a) Industrialisierung Englands und die sozialen Folgen.

b) Deutsche Verhältnisse: Eisenbahnen, Industrie.

c) Auswirkungen: Binnenwanderung, Großstädte, Arbeiterfrage, Soziale Hilfsversuche — Kapitalismus — Gesellschaftliche Umschichtung.

3. Bismarck gründet das Deutsche Reich.

a) Bismarck am Bundestag.

b) Ministerpräsident, Verfassungskonflikt.

c) Die drei Kriege zur deutschen Einigung und die Abtrennung Österreichs.

d) Reichsgründung: Das neue Reich als Fürstenbund, Stellung des Kanzlers und des Reichstags, Elsaß-Lothringen und Frankreich. e) Innenpolitik: Kirchenkampf, Sozialistengesetz, Sozialgesetzgebung, Zollpolitik.

f) Außenpolitik: Bündnisse, Berliner Kongreß, Kolonien.

Kolonien.

g) Entlassung.

VII. Die Moderne: Das Zeitalter der Weltmächte und Weltkriege. A. Zeit der Unternehmer und Wirtschaftsführer.

1. Kolonialmächte als Ausfuhr-und Rohstoffmärkte.

2. Deutschland unter Wilhelm II. im Kreise der Weltmächte.

3. Der erste Weltkrieg.

a) Siege der Deutschen in Ost und West.

b) Eintritt der USA in den Krieg und Russ. Revolution.

c) Letzte Offensive und Versailler Frieden. Ende des deutschen Kaisertums.

B. Zeit der Arbeiter 1. Karl Marx und der Sozialismus.

2. Die bolschewistische Revolution und die Geschichte des bolschewistischen Rußlands.

3.

Die Weimarer Republik.

a) Verfassung.

b) Ruhrbesetzung und Inflation, Kapp-und Hitlerputsch.

c) Locarno, Völkerbund. Wiederanerkennung Deutschlands.

d) Weltwirtschaftskrise.

e) Regierung durch Notverordnung.

4.

Der Nationalsozialismus.

a) Die Entwicklung der Partei.

b) Machtergreifung.

c) Das Dritte Reich.

5. Der zweite Weltkrieg.

a) Deutsche Siege an allen Fronten.

b) Stalingrad als Wende.

c) Rückzüge und Invasion.

d) Besatzungszeit, Währungsreform und Luftbrücke.

Unsere Gegenwart: Das Atomzeitalter beginnt 1. Die neuen Weltmächte: USA — UdSSR — UNO.

2. Die Spaltung der Welt geht durch unser Land. seHsdiaft mit ihrem rationalen, kritischen Methodenapparat einem ganzheitlidien Geschichtsbild entgegen, wie andererseits ein Geschidttsbild umso eher von großen Volksteilen übernommen wird, je einfacher es ist . . . Wir können ein deutsches Geschichtsbild nicht , machen. Da zeigt sich eine fruchtbare, aber auch gefährliche Dialektik in den Beziehungen von . Bild'und . Geschlossenheit'einerseits zu . Wissen und . Wissenschaftlichkeit'andererseits, die uns nicht in die falsche Geborgenheit falscher Ideologie führen darf.“ (S. 290)

Wenn Heimpel, Litt, Messerschmid, Rassow, Weniger, Stier u. a. trotz „Abschieds von der bisherigen Geschichte“ und trotz „deutscher Katastrophe" von einer notwendigen Wiedererweckung geschichtlichen Bewußtseins gesprochen haben, so vereinigen sich hier Historiker und Pädagogen in einer Forderung, die nicht in erster Linie aus rein wissenschaftlichen Zielsetzungen abgeleitet wird im Sinne eines sogenannten Desiderats, sondern aus politischen und pädagogischen Notwendigkeiten, d. h. also aus volkspädagogischen Gründen; sie gehen uns als Forderungen alle an. Über die Inhalte einer neuen deutschen Geschichte hat Heimpel keinen Zweifel gelassen. Er verlangt „eine Deutsche Geschichte, zugleich tiefgreifend und leicht faßlich, aus der Erschütterung neu gedacht und dodt plastisch, ein Buch, das dem Deutschen, der sich in der Geschichte verflochten weiß, ein unklares Bild klärt und somit dem deutschen Volke ein richtiges und ruhiges geschichtliches Bewußtsein bilden hilft. . . . Dies ist eine vaterländische Aufgabe, weil ein richtiges und ruhiges geschichtliches Bewußtsein ein notwendiger Bestandteil eines richtigen und ruhigen, von Ressentiments freien nationalen Selbstbewußtseins ist.“

Aber er führt weiter aus, daß die deutschen Historiker schlecht gerüstet seien für solch eine Aufgabe, da gemäß dem Stande der Forschung — ausgerichtet entweder auf Welt-oder Landesprobleme — ihre Forschungsrichtung gar nicht darauf zielt. Heimpel stellt eine Abkehr fest von dem Bild der deutschen Geschichte, wie es uns die Romantik gegeben hat. Aber der Deutsche sei verantwortlich, „daß deutsche Geschichte geschieht, indem er sich politisch verhält. . . . Darum muß er ebenso Geschichte schreiben und lesen wie Geschichte leisten.“ Hier haben wir den gleichen Zusammenhang von Geschichte und Politik, wie ihn Weniger aufwies, ja, wie er ihn neuerdings noch deutlicher ins Licht gerückt hat, wenn er schreibt: „Der Geschichtsunterricht (GU) will dem Einzelnen, der Generation, dem Volk die nächstliegende Aufgabe, den Punkt des Einsatzes und verantwortlichen Handelns zeigen. Individuum, Generation, Volk sollen sich selbst durch den GU als Faktoren des geschichtlichen Lebens begreifen und die in der Zeit gegebene Aufgabe in ihren Willen aufnehmen. . . . Im GU findet eine Begegnung zwischen Vergangenheit und Zukunft in der Auseinandersetzung zwischen Lehrer und Schüler als Vertreter von Generationen statt. Der Lehrer repräsentiert die Einheit der erlebten Geschidtte.“

Was tut damit nun der Pädagoge, der dem Sinne nach das gleiche fordert wie der Historiker? Es scheint, als setze er alles in einen Bezug zur persönlichen Existenz, sei es zu der des Lehrers oder zu der des Schülers. Er nimmt damit die Geschichte als Aufgabe des Unterrichts aus ihrer akademischen Stellung als Fach, von einer Wissenschaft abgeleitet heraus. So auch hatte ich seinerzeit den Anfangssatz meines „Sammlungs-Aufsatzes gemeint, wo es heißt: „ ... dieses Thema ... kann nicht akademisch behandelt werden, sondern greift ins Politische und ins Volkspädagogische entscheidend über.“

Diese Hinwendung zum „Volkspädagogischen“, die mir aus jahrelanger Tätigkeit in der Erwachsenenbildung im weiteren Sinne, nämlich Berufs-Grenzschutzschule und „Brüche“ eingeschlossen, erwachsen ist, habe ich von Anfang an gesehen und sehe sie erst recht heute innerhalb der akademischen Lehrerbildung, weil hier die — wie man heute so unschön sagt — eigentlichen „Multiplikatoren“ einer zukünftigen Volks-bildung ausgebildet werden, weil es von den künftigen Lehrern abhängen wird, in welcher Weise der weitaus größte Teil unseres Volkes „gebildet“ oder „erzogen“ wird, d. h., wie er politisch interessiert sein und wie erhandeln wird. Wie sehr aber bei Heimpel eine Rechtfertigung eines „deutschen“ Geschichtsbildes in einem inneren Zusammenhänge zu finden ist, zeigt die Stelle, wo er die übernationale Zukunft „eine leere, an der Angst orientierte" nennt, „wenn sie nicht, anders gewendet, mit der Kontinuität der nationalen Geschichte als mit einer Wirklichkeit rechnet. . . . Darum ist die nationale Geschichtsschreibung auch im Zeitalter des in Frage gestellten Nationalstaates ein berechtigtes und notwendiges Prinzip historischer Besinnung.“ 18a)

Ganz deutlich aber hat schon längere Zeit vor uns W. F 1 i t n e r ausgesprochen, was eigentlich die politische Forderung an den GU bedeutet wenn er betonte, daß in erster Linie „das Geschichtsbild der Schule von politischer Bedeutung“ sei. Da wir als Staat, Kulturkreis und Kirche in eine völlig neue Situation eingetreten sind, bedarf es einer „Aufhellung durch eine Gesdrichtserzählung“, was weder ein Kursus in Geschichtswissenschaft noch eine tendenziöse politische Darstellung sein solle, sondern: „Im Fluß einer epischen, lakonischen, aber einprägsamen Erzählung sollen Taten und Leiden unserer Vorfahren an uns vorüberziehen. . . . Daß gute Ansätze in der Vorarbeit für einen solchen Geschichtsbericht vorhanden sind, die Hauptarbeit aber sowohl von den Historikern selbst wie von den Pädagogen noch zu leisten ist, kann nicht verwundern. Die Aufgabe ist zu neu....“ Auch hier tritt, wie in meinen eigenen Arbeiten von 1957 und 1958 der Pädagoge neben den Historiker, nur von beiden kann das Ziel ins Auge gefaßt und vielleicht erreicht werden, aber auf dieses Zusammenwirken beider kommt es an.

Wenn daher neuerdings die Meinung vertreten wird, die Pädagogik sei für die Bildung eines neuen Geschichtsbewußtseins nicht zuständig so ist das insofern um so verwunderlicher als ja, wie eingangs erwähnt, z. Z. die Öffentlichkeit gerade von den Geschichtslehrern eine geschichtliche Orientierung und Unterrichtung der jungen Generation erwartet, von den Historikern redet da niemand. Wenn A. Heuß in seinen, von tiefer Verantwortung getragenen, überall ins Philosophisch-Anthropologische reichenden Überlegungen sich so scharf gegen die Pädagogik wendet, ist das angesichts der gewichtigen Stimmen der Pädagogen kaum verständlich. So heißt es am Schluß dieses Büchleins: „Es handelt sich, schlicht gesagt, darum, der Behandlung der Geschichte nicht nur eine fachliche, sondern „allgemein geistige Relevanz abzugewinnen, kurzerhand, sie verbindlich zu machen. Die Fakten allein leisten das nicht. Es kommt auf die Tiefe der sie vermittelnden Einsicht an. Der vielberufene Bildungswert der Geschichte ist in erster Linie von ihr abhängig, und alle noch so gut gemeinte Pädagogik kann ihn von sich aus nicht ans Licht heben. Bildung läßt sich auf Geschichte allein nicht gründen. Geschichtspädagogik ist gewiß legitimiert durch die Auf- gäbe, Träger geschichtlicher Erinnerung zu sein, und nimmt hierin gerade heute, wo die Bildungskräfte außerhalb der Schule so schwach geworden sind, eine geradezu zentrale Stelle ein. Aber Voraussetzung dafür ist, daß Erinnerung sich wieder zusammenfindet. Dies zu schaffen hat die Pädagogik weder das Vermögen noch die Zuständigkeit. Und noch weniger läßt sich Bildung an die Stelle der Erinnerung setzen . . . Erforderlich ist eine von überallher gesammelte geistige Kraft. In erster Linie sind natürlich die Historiker aufgerufen.“

Aber das hatte ich schon in meinem ersten Aufsatz (WaG) gefordert, daß ein solches Bild nur von der Universität entworfen werden kann, und ich hatte auf die Übernahme dieser Aufgabe durch die Hochschullehrer in den verschiedensten Büchern und Vorträgen hingewiesen, hatte aber betont, daß der Weg von der Universität zum Lehrer durch möglichst häufige Zusammenkünfte von Lehrern und Forschern verkürzt werden müsse. Dabei hatte ich an die erfolgreichen Universitätswochen gerade in Göttingen, der Wirkungsstätte von A. Heuß, gedacht. Umso erstaunlicher ist auch hier seine Kritik in den Worten: „Diesem Mangelzustand ist durch bloßen Rüdtgriff auf das gut ausgestattete Arsenal der historischen Wissenschaft offenbar nicht abzuhelfen, und alle optimistischen Erwartungen gut gesonnener Geschiduspädagogen, welche die heilende Wirkung von einer intimeren Berührung ihrer Bemühungen mit der Wissenschaft erwarten, sind deshalb im wesentlidten Illusion.“ (S. 62)

Liegt das nun an der Wissenschaft oder an der Pädagogik? Heuß beantwortet diese Frage derart, daß er auf Grund seiner Ausführungen über „Geschichte als Erinnerung“ und „Verlust der Geschichte" darlegt, daß trotz eines — gemessen an Büchern und Bemühungen der „gut gesonnenen Geschidttspädagogen“ — besseren Geschichtsunterrichts (für diese Feststellung werden ihm nun wieder die Geschichtslehrer dankbar sein!) keine Befestigung der Erinnerung möglich sei. Kenntnisse könnten nicht an die Stelle von Erinnerung treten, die Wirkung des historischen Wissens sei ohne Einfluß auf das kollektive Bewußtsein und habe keinen „sozialen Effekt“ herbeigeführt. Zwar versuche man das im konsequenten Marxismus durch Identifizierung von Erinnerung und Wissenschaft, sanktioniert durch das, was Wittram ganz allgemein „die Macht“ nennt, aber es sei eine Scheinlösung, die allerdings leider zu einem ziemlichen Erfolge führe. (Die konsequente Durchführung hat ja O r w e 11 in „ 1984“ durchgeführt, wo von einem jeweils befohlenen Umschreiben der Geschichte gesprochen wird!) Prof. Heuß sieht die Schwierigkeit heute einmal in der „Esoterik", in der Entfremdung der Geschichtswissenschaft, von der ja auch H e i m p e 1 seit seinem Ulmer Vortrag spricht, und damit zusammenhängend in dem Mangel eines «logisch unanfechtbaren Punktes“, an dem beide — Erinnerung und Wissenschaft — koinzidieren, ohne daß sie je für sich an ihrem Wesen Schaden nehmen. Um noch einmal auf den Marxismus als Regierungsform der Gegenwart zurückzukommen — dort nimmt zwar sowohl Erinnerung als auch Wissenschaft an ihrem Wesen Schaden, aber, so meint Heuß, die Methode führe durch Besetzung des Erinnerungsfeldes mit bestimmten Daten zu einer Überlegenheit gegenüber dem Vakuum bei uns, „in dem einige beliebige Kenntnisse beziehungslos herumliegen.“ (S. 63) Das wird noch näher begründet, wenn gesagt wird, der Historismus des 19. Jahrhunderts habe den Vorteil gehabt, an bestehende vitalbedingte Erinnerungen und Vorstellungen anknüpfen zu können, um sie entweder zu ergänzen oder von der Wissenschaft her zu berichtigen. Das läßt sich insofern behaupten als ja die durch Neu-humanismus und Romantik getragene Bildungswelt der bürgerlichen Bildungsschicht bestimmte Vorstellungen hatte von Antike bzw. Mittel-alter, die es durch die Wissenschaft zu korrigieren galt, d, h. diese bildungshungrigen Bürger waren durch ihr „Interesse“ an der Antike und an der Romantik mit ihrer gesamten Erinnerung darauf eingestellt, kamen sogar dadurch in Kontakt mit einer volkstümlichen Erinnerung vitaler Art, wie etwa die Brüder Grimm bei der Sammlung von Märchen, Sagen und Weistümern oder Clemens und Brentano beim Sammeln von Liedern. In der Tat floß hier noch Erinnerung und Geschichtswissen schäft — als Wissenschaft und auch als Liebhaberei — zusammen. Das ist genau jener Vorgang, den ich nun nicht wie Heuß als „Verlust der Geschichte" — kann „Geschichte“ verlorengehen? — sondern als Verlust des Geschichts b i 1 d e s bezeichnete, wenn ich schrieb: „Der Historismus wäre demnach jenes Zusammentreffen höchsten geschichtswissenschaftlichen Triumphes mit dem Verlöschen eines geschlossenen Geschichtsbildes und zwar des christlichen als auch des aufklärerisch-humanistischen. Somit konnte im selben Augenblick das materialistisch-marxistisdie ideologisch geschlossene Welt-und Gesdtichtsbild als Ersatz-oder Sozialreligion an deren Stelle treten. . .

und vorher war gesagt: „In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts spielt sicht der erregende Vorgang der Herausbildung des Historismus ab . . . daß diese Denkweise vom geschichtlichen Gewordensein her in dem Augenblidt vorherrschend wurde, als auch das letzte geschlossene Geschichtsblid, wie es die Aufklärung geboten hatte, durch die Einzel-wissenschaften zerstört worden war.“

Das meint auch Heuß, wenn er am Schluß sagt, daß die Wissenschaft im wesentlichen zu dieser Lage beigetragen hätte und nun verpflichtet sei, an der Überwindung dieses Auseinanderklaffens von Erinnerung und Wissen mitzuhelfen, und zwar, so schlägt er vor, könne das vielleicht — wenn nicht über eine ganz neue Art von Wissenschaft (welche?) — so doch über eine Untersuchung des Wissensbestandes der Geschichtswissenschaft möglich sein. Das würde wohl, so meint Heuß, „zur Entdedtung wesentlidter Lüdten unserer Kenntnisse führen“ und könnte eine belebende Anregung für die Forschung sein. Hier wird also von der Wissenschaft selbst auf das Füllen von Lücken, nicht auf den Mut zur Lücke verwiesen, sicher doch wohl aus der Notwendigkeit, nicht an einigen Stellen immer tiefer und detaillierter zu arbeiten, sondern erst einmal noch offene Lücken zu schließen. Vielleicht darf man auch eine andere Stelle bei Heuß dazu heranziehen, wo er davon spricht, daß die Geschichtswissenschaft heute nicht erinnerungsbezogen, also menschlich-bezogen, sondern in „idealtypischer Reinheit den Zustand bis zum letzten durchgeführter Sadtbezogenheit repräsentiert, daß sie ausschließlich ihren autonomen Erkenntnisimpulsen gehorcht und diese jeder Einheitlichkeit entbehrend sich in erster Linie an den individuellen Möglichkeiten und Erfordernissen der jeweiligen Forschungslage orientieren und infolgedessa. i nach außen schon längst den Eindruck einer gewissen Beliebigkeit erwecken.“ 23a)

Das sei verständlich, weil die Wissenschaft an keinen Erinnerungspunkt anknüpfen und weil der Historismus als Betrachtungsart selbst in alle Bereiche des Menschlichen, auch der Anthropologie selbstverständlich und unverdrängbar eingedrungen und daher nichts Neuartiges mehr sei; damit sei „Geschichte als Betrachtungsweise“ die „schlechthin legitime Denkform der Gegenwart.“ Nachdem sich die kritische Geschichtsschreibung durchgesetzt und durch den Verlust des unmittelbaren Verhältnisses zur Geschichte die monumentale Art aufgehoben sei, könne es nur noch die „antiquarische" geben. Wie ich vom Verlust eines Geschichtsbildes durch spezialisierte Wissenschaft, so spricht Heuß davon, daß die Geschichte als Wissenschaft die „kollektive Erinnerung (was ich Geschichtsbild nenne) zur Strecke brachte“ (S. 70) und daß die Wissenschaft in der Beliebigkeit ihrer unendlichen Gegenstände keinen Ort mehr habe. Wir werden später sehen, welche Folgerungen daraus für die Pädagogik zu ziehen sind.

3. Neue Verlebendigung der Geschichte

Um eine Antwort zu finden auf die Frage nach der Möglichkeit einer neuen Verlebendigung dieser esoterisch gewordenen Wissenschaft, kommt Heuß, nachdem er Abklopfen nach Aktualität und vereinfachende Zusammenschau abgelehnt hat, erstaunlicherweise zu der These, man könne als einheitliche Instanz nur „die Einheit des erkennenden Bewußtseins“ finden, „da für den niditdagntatisdten Historiker der geschichtliche Gegenstandsbereich der universalen Teleologie entbehrt: das historische Bewußtsein wird durch die Erstreckung seiner Gegenständlichkeit auf die Gegenwart zum Selbstbewußtsein“ und — umgekehrt — „Das Selbstbewußtsein ist, in dem Gegenwart von ihm erfaßt wird, historisches Bewußtsein.“ (7?) Damit ist das festgestellt, was er am Schluß die neu zu erringende „geistige Relevanz“ nennt: Man muß trotz der Abseitigkeit der Historie als Wissenschaft von der Geschichte heute allen Mitlebenden deutlich machen, wie der Siegeszug des Historismus die Geschichtsbilder metaphysischer Art und echter Erinnerung zerstörte, das gesamte Denken der Gegenwart einbezog, wie der gesamte Weltaspekt ein historischer und auch der Mensch selbst ein historisches Wesen geworden ist. Das sind aber Gedankengänge, die — auch wenn er hier nicht genannt wird — auf Dilthey zurückgehen. „Die Auflösung der metaphysischen Stellung des Menschen zur Welt“ ist als Feststellung eine Überschrift, die ich Diltheys Gesammelten Schriften wörtlich entnehme

Der Begriff „geschichtliches Bewußtsein“ wird hier gebraucht. »Es eröffnet sich deutlicher der Vorgang, in welchem das Bewußtsein aus seinen Auffassungsbedingungen die ganze menschlich-gesellschaftlich-geschichtliche Welt formt. . . . So entsteht die Aufgabe, sich zu einem geschichtlichen Bewußtsein zu erheben. . .“ Von da aus kommt er zu dem Begriff der „Bewußtseinsstellung“, der zur Grundlage seiner geistesgeschichtlichen Betrachtungsweise wurde und seinen Freund Paul Yorck von Wartenburg zu einer großangelegten Untersuchung anregte Näher können wir weder auf Heuß noch auf Dilthey eingehen, es sei nur noch hingewiesen auf eine demnächst erscheinende, im Sinne Dilthey‘schen Grundansatzes geschriebene Anthropologie von H. J. Schoeps. Was aber uns selbst ermutigt, in dem seit einigen Jahren eingeschlagenen Verfahren und auf dem Wege weiterzugehen, den wir inmitten von Geschichte als Wissenschaft und Geschichte als Unterricht gegangen sind, ist die Rede von den „Fixpunkten“ bei A. Heuß. An ihnen solle sich Erinnerung festsetzen (S. 81). Der Ausdehnung der Forschung in beliebiger, d. h. unverbindlicher Wahl ihrer Gegenstände läßt sich nur steuern durch „bewußte Beschränkung, weldte imstande ist, so etwas wie einen geschichtlichen Horizont wenigstens einmal in den äußersten Umrissen zu schaffen“ (S. 81). Dafür bedürfe es der „Herbei führung eines breiteren Bewußtseinseffekts der Ausrichtung auf bestimmte und feste Gegenstände", auf „Konvergenz" angewiesen, um die „Pluralität der geistigen Aktionen“ zu verhüten, denn „Aus Zerstreuung führt nur Sammlung, auch in solchem quantitativen Sinn zurück.“

Verstehe ich Heuß recht, wenn ich diese allerdings recht theoretisch gegebenen Hinweise als Bestätigung eigener Forderungen deute? So endete ich meinen ersten Sammlungsaufsatz mit dem Hinweis: „. . . wir sollten die strittigen Punkte in der Geschichtsbetrachtung nicht nur mit anderen Ländern bereinigen, sondern auch in unserer eigenen Geschichte zu Übereinkunft und Klärung kommen, ohne daß dabei der gesunde Forscherstreit erlahmen soll. Aber ein gültiger Kanon deutschen Werdens muß vor allem der Jugend gegeben werden.“

Stimmt das so etwa mit der Heuß’schen „Konvergenz“ überein und mit der „Herbeiführung eines breiteren Bewußtseinseffekts“? Im anderen Sammlungs-Aufsatz endete ich: „Die Sammlung auf das unmittelbar Gegebene im kleinen Kreise muß der Weitung des Blickes vorhergegangen sein, wenn das Auge im Raume etwas Wirkliches erkennen will.“

Woran gedacht ist, sei einfacher als es die Umschreibung vermuten lasse, fährt Heuß dann fort, und — wir sind jetzt genau an der Stelle angekommen, wo wir mit dem Zitieren aus seiner kleinen, aber gewichtigen Schrift begonnen haben — den bedeutenden Historikern sei das geläufig gewesen, nämlich: „Es handelt sich schlicht gesagt darum, der Behandlung der Geschichte nicht nur eine fachliche, sondern allgemein geistige Relevanz abzugewinnen, kurzerhand sie verbindlich zu machen. Die Fakten allein leisten das nicht. Es kommt auf die Tiefe . . . usw.“ Wir haben das schon oben zitiert. Jedoch fragen wir nun: was bedeutet „geistige Relevanz" und, auch wenn wir das über seine theoretische Aussage hinaus praktisch verstehen könnten, müßten wir weiter fragen: was heißt „sie verbindlich machen?“ Zunächst: wer verschafft der Geschichte (nicht also allein der Geschichts Wissenschaft) diese geistige Relevanz, wer schafft das heute? Die Wissenschaft in ihrer von Heuß selbst zugegebenen Esoterik?, die Schule oder die Pädagogik, die nach Heuß „weder das Vermögen noch die Zuständigkeit“ hat?, der Staat? Aber damit sind wir ja an dem Punkt, den W i 11 r a m so scharf warnend eingrenzen mußte, wenn er sagte: „Aus dieser Sicht ergibt sich die Unmöglichkeit, die Macht zu beschwören, um endlich etwas in der Art eines einheitlichen Geschichtsbildes, einer verbindlichen (vom Vers, gesp. l) und verpflichtenden Gesamtansicht zu begründen.“ Das zitierten wir auch bereits oben.

4. Grundzüge und Gliederungsprinzip für ein Bild der Geschichte unseres Kulturkreises

Wir wollen das als Frage offenlassen, aber dem Leser zeigen, wie schwierig die Situation ist und zwar gerade für den Westen, wenn er seine freiheitlichen Errungenschaften aus jahrtausendealter Kulturüberlieferung bewahren will. Dennoch aber knüpfen wir hieran jetzt unser eigentliches Vorhaben in konsequenter Weiterarbeit früherer Versuche und Überlegungen. Es ist nicht ohne weiteres wahr, daß die Pädagogik nicht zuständig und unvermögend sei, an der Schaffung einer geschichtlichen Erinnerung in breitem sozialem Bewußtseinseffekt mitzuschaffen! Das sei als These aufgestellt.

Der Beweis braucht und soll hier nicht theoretisch geführt werden.

Untersuchungen darüber, daß in der Tat dem Lehrer ein erheblicher Wirkungseffekt auf die geschichtliche und politische Ausrichtung des Volkes zugeschrieben wurde, sind leider in dem erforderlichen Maße noch nicht vorhanden Im folgenden zweiten Kapitel soll hier versucht werden, sowohl solch einen Horizont als auch gewisse Fixpunkte aufzureißen, die eine Grundlage bilden könnten für eine breite Volks-bildung geschichtlicher Art. Es handelt sich dabei um einen unter einem ganzheitlichen (nicht einheitlichen) Gesichtspunkt durchgeführten Plan, besser um ein „Bild“ der Geschichte, wie ihn die Deutschen in ihrer Teilhabe am gegenwärtigen Stand des Kulturniveaus haben sollten: herkommend aus weltweiter Sicht, übergehend in christlich-abendlän-dische und dann nationalistisch-deutsche Haltung und wieder einmündend in eine Teilhabe an globalem Geschehen. Das Gliederungsprinzip ist allein der M e n s c h in seiner aktiven Haltung in der Auseinandersetzung mit der naturhaften und gesellschaftlichen Welt. Es wird sich zeigen, daß es dabei ein einheitliches, nicht aufgezwungenes Prinzip geben kann, das in seiner Begrifflichkeit allerdings der Soziologie verpflichtet ist (welche Geschichtsschreibung könnte heute ohne diese soziologische Klärung auskommen?), daß aber kein soziologisches System dabei herauskommen wird.

Der Mensch nämlich wird betrachtet als der politisch und kulturell Schaffende, der unter bestimmten Bewußtseinseinstellungen sich je nach ganz bestimmten geistigen oder gesellschaftlich-ständischen Motiven und Dominanten in der Geschichte als Wirkender zeigt. „Geschichte als Tat und Gedanke" ist ein Titel B. Croces und kann durchaus als erhellendes Prinzip der Geschichte benutzt werden, ohne daß man befürchten müsse, man falle, wie P 1 e ß n e r glaubt, einem „Decisionismus“ anheim So ergibt sich in unserem „Entwurf“ die Gliederung nach dem jeweiligen Hervortreten bestimmter gesellschaftlich-ständisch ausgeprägter Bevölkerungsgruppen, die ihre Zeit bestimmen. Es zeigt sich — was natürlich bereits längst bekannt war, man hat es nur nie so klar in den Geschichtsbüchern der Schule gegliedert —, daß im Mittelalter die Stände der Geistlichkeit, des Adels und des Bürgertums nacheinander ihre Zeit bestimmten; es zeigt sich ebenso, daß in der Neuzeit die einzelnen europäischen Nationen nacheinander die politische Welt beherrschten (daher hat z. B. H. Stier seine Deutsche Geschichte „in Jahrhunderte einzelner europäischer Nationen“, das 19. Jahr, als das deutsche, eingeteilt). Was soll nun mit solch einer Gliederung erreicht werden?

Der Entwurf ist gedacht für die Schulen der breiten Bevölkerungsschichten: Volks-, Berufs-und Mittelschulen. Er soll dem Mangel an einem Geschichtsbuch insbesondere in der Volksschule abhelfen und soll dadurch, daß ein Ganzes in leicht merkbarer Gliederung gegeben wird, dem Mangel an Lern-und Merkbarkeit geschichtlicher Einzelbilder und Fakten abzuhelfen versuchen. Wichtig ist zu betonen, daß innerhalb der einzelnen Epochen der Forschung Raum bleibt, und zwar derart, daß der Lehrer im Sinne der den einzelnen Abschnitten gegebenen Überschrift als dem Besonderen dieser Zeit dieses Besondere an von ihm zu wählenden Beispielen behandeln kann, auch wenn das begonnene Geschichtsbuch einmal vorliegen sollte, und weiterhin derart, daß versucht wird, das Gesicherte der Wissenschaft zu bieten, das Umstrittene, soweit es sich gar nicht für eine Volksbildung umgehen läßt, als Tatsache verschiedener Auffassung (der Konfession oder der Wissenschaft) nebeneinanderstehen läßt. Das Ganze ist ein sogenanntes „gesdtruinpftes Geschichtsbild“, denn es soll nach rückwärts in der Zeit zusammenschrumpfen, um zur Gegenwart hin mehr Raum zu lassen.

Aber man soll nicht der täuschenden Ansicht verfallen, wie es z. T. vertreten wird, daß man eigentlich nur die letzten 200 Jahre in der Volksschule zu behandeln brauche Wir sind der Meinung, daß der Jugendliche das Ganze einer geschichtlichen Entwicklung als einen gewissen Zusammenhang in Kontinuität (den wir allerdings als These behaupten) kennenlernen soll. Eine solche Kontinuität besteht doch sicherlich von den ersten uns bekannten Erfindern und Benutzern einer Schrift, den Sumerern, über Ägypter, Griechen, Römer, Germanen zu uns. Sicher ist dieser kontinuierliche Zusammenhang niemals als ein monokausal erklärender und deterministisch zwingender aufzufassen, sondern als eine Kette von Überlieferungen in Tradition und Bildung, in Kultur und Religion, eben in einer „gewußten Geschichte“.

Wir setzen daher den Beginn der eigentlichen Geschichte an mit dem Beginn einer schriftlichen Fixierung der Taten und Werke von Menschen, die sich zu einem eigenen Daseinsverständnis derart durchgerungen haben, daß sie davon Zeugnis ablegen möchten. Alles was vor dieser Schwelle liegt, können wir als Vor-Geschichte im eigentlichen Sinne bezeichnen Der politischen Geschichte gebührt in diesem Bilde der Vorrang, sie wird allerdings im weitesten Sinne gefaßt und auch als Wirkung geistiger Arbeit und Haltung gesehen, nicht als menschliche Handlung vor oder neben der Geistesgeschichte. Daher kann es in diesem Sinne kein Entweder-Oder von politischer und Geistes-oder Kulturgeschichte geben. Politik ist eben auch eine geistige Ausdrucks-und Handlungsweise des Menschen, das sollte man seit Plato oder — wem er lieber ist — seit Aristoteles wissen.

WieW eniger gerade jetzt betont hat 33a), sich darin mit W. F 1 i t -n e r treffend, ist die Urform der Geschichte das Erzählen. Darauf ist auch dieser Entwurf gestellt. Geschichte soll im ganzen anschaulich lebendig und zusammenhängend vom Lehrer erzählt werden, soll weder durch eine vortäuschende Arbeitsmethodik in Basteln und Malen noch durch abschnittsweises ständiges Wiederholen zerhackt oder ernüchtert werden. Eindruck machen muß die jeweilige Erzählung eines Geschehnisses als Ganzes, die sich wiederum in den Rahmen des Ganzen einfügt. Behalten soll der Schüler, und das soll allerdings geübt und nach-geprüft werden, das Ganze des Einzelbildes in seiner Besonderheit, seinem Charakteristischen, in dem, was sich gegen vorher geändert hat und in dem, was und wie hier in dieser einmaligen Situation durch den geschichtlich Handelnden entschieden wurde. „Die fundamentale Aufgabe für den Lehrer ist es, daß er der Jugend die Gesdtidite erzählen soll . .. Es handelt sich um den Hergang des gesdiidttlidten Geschehens, die Gesdtidite als erzählten Bericht von Taten und Leiden der Vorfahren und der Vorzeit selbst, dieses Epos, durch welches wir Gegenwärtigen erfahren, was zu unserer Väter Zeiten geschehen und wie das alles entstanden ist. . . Wer dieses Epos als Ganzes nicht kennt, der kann nicht erfahren, wie es im mensddichen Leben als gesdtidttlichem zugeht und wie sich Idee und Verwirklichung verhalten.“


2. Kapitel: Entwurf eines ganzheitlichen Geschichtsbildes

1. Vorbemerkungen zur Stoffauswahl und zur Epocheneinteilung

Das Geschichtsbild 34a) in seiner Auswahl und seinem Einteilungsprinzip, vor allem in seinem Versuch, der Forderung von A. Heuß nachzukommen und der Geschichte zu neuer geistiger Relevanz zu verhelfen, diese aber im breiten Volksbewußtsein zu verankern, wie es anders in der modernen Massen-und parlamentarischen Repräsentativ-demokratie nicht mehr möglich ist, wird hier zur Diskussion gestellt. Der Vers, bleibt bei seinem Standpunkt, den er in Teil 1 vom 5. 11. 5 8 dargelegt hat, insofern stehen als er noch immer der Meinung ist, daß die Vergangenheit doch von unserem nationalen und daher deutschen Standort aus zu sehen ist und daß wir im Sinne einer wirklichen Volksbildung gar nicht anders können als von diesem naheliegenden Kreise aus die Geschichte zu sehen. Es soll allerdings stets die Beziehung zum europäischen Zusammenhang aufgewiesen werden, aber gewaltsam Europäismus zu zeichnen, worin eigentlich doch nur die einzelnen Nationen erkennbar sind, wäre unhistorisch. Die Aufgliederung der europäischen Geschichte als Geschichte des Christentums (nicht Europas!) und der einzelnen Völker und Staaten in der Neuzeit verhilft allein zu einer richtigen Sicht der Vergangenheit. Daß für die Zukunft ein politisches Erfordernis im Zusammenschluß Europas und in einer europäischen Sicht liegen muß, ist selbstverständlich. S o bedeutet „deutsches Geschichtsbild“ nicht nur Bild der deutschen Geschichte, sondern auch das Bild von der Vergangenheit, das sich der Deutsche als politisch Mitdenkender und Mithandelnder machen muß, um sich im Stromedes geschichtlichen Werdens über seinen politischen Standort in der Gegenwart orientieren zu können. Das bedeutet, daß er sich vorbereiten muß auf eine weltweiteSicht desGeschichtliehen und sich dennoch seines festen Standorts im deutschen Bereich Europas bewußt ist, denn orientieren kann man sich nur von einem festen Standort aus, um überhaupt Bezugspunkte zu haben. Daher beginnen wir mit einem Überblick über erste weltweite Geschichtsbereiche, die für die Entstehung unseres Kulturkreises von Bedeutung waren und die heute in weite Schichten unseres Bewußtseins eingegangen sind. „Denn so oder so: die künftige Entwicklung wird übernational sein, und ich füge hinzu: wir wollen, daß sie übernational sei. Diese übernationale Zukunft wird nun aber eine leere, bloß an der Angst orientierte Zukunft sein, wenn sie nicht in ein positives Verhältnis zur Vergangenheit und somit zur nationalen Wirklichkeit gebracht wird, wenn sie nidit anders gewendet, mit der Kontinuität der nationalen Geschidtte als mit einer Wirklidikeit rechnet."

2. Stofflich-wissenschaftliche und didaktische Schwerpunkte

Es ergibt sich folgende große Einteilung menschlicher Geschichte:

I. Frühzeit: Zeitalter der ersten Reiche und Hochkulturen in Flußtälern. (Die römischen und arabischen Ziffern im Text entsprechen den Ziffern des Plans, wie er am Schluß folgt!)

II. Altertum : Zeitalter der freien Völker am Mittelmeer.

III. Zeit des Aufbruchs aus Norden und Süden.

IV. Mittelalter: Zeitalter des christlichen Europa als Epoche der Stände und der Kirche.

V. Das Europa der Neuzeit entsteht: Zeit der Persönlichkeit.

VI. Neuzeit: Zeitalter der großen Mächte.

VII. Die moderne Zeit: Zeitalter der Weltmächte und Weltkriege.

Ausblick: Das Atomzeitalter beginnt.

Die bisher üblichen Bezeichnungen wie Frühzeit, Mittelalter, Neuzeit werden nur noch angegeben, um an das bisher Bekannte anzuknüpfen, sie sollten mit der Zeit ganz aufgegeben werden zugunsten dieser anderen Einteilung, welche jeweils — anders als die leeren Zeit-System-Begriffe — etwas Inhaltliches und Besonderes über den Epochencharakter aussagen, das sich einprägen läßt. Unser Vorschlag geht ja immer wieder davon aus, die Geschichte in ihrer Ganzheit als bisher Vergangenes — wohlgemerkt nicht als in die Zukunft zu projizierendes — besser merkbar, lernbar und lehrbar zu machen. So ist leicht ersichtlich, daß, wenn wir uns an die Definition der Geschichte ohne Vergleiche halten sich große Epochen einer gewissen kontinuierlichen Entwicklung und dazwischen Zeiten äußerster Unruhe und Umwälzung ergeben. Jaspers und Weber haben etwa um 500 v. Chr. eine „Achsenzeit“ gefunden. Hier aber in unserer Einteilung soll in großen Zügen durch die Umbrüche während der sogenannten „Völkerwanderung“ und in der Renaissance der epochale Einschnitt deutlich werden. Wir selbst stehen heute als Mitlebende und Miterlebende in einem weiteren, allerdings weit stärkeren Umbruch menschlicher Geschichte, über dessen Fortgang sich noch nichts im Rahmen der Historie aussagen läßt 36a).

Diese Einteilung ist keine gewaltsame Systematisierung, denn sie folgt unter Benutzung der soziologischen Grundbegriffe, die heute auch in der Historie unumstritten sind, dem Hervortreten der einzelnen Stände innerhalb der europäischen Geschichte und orientiert sich auch da, wo es um Grundkategorien und Zielsetzungen politisch-historischen Willens geht, am Wollen der Menschen, die dahinter stehen. Daher werden die eben aufgewiesenen Hauptepochen, die „Zeitalter" aufgeteilt in „Zeiten“ besonderer Stände oder besonderer Menschen oder auch Völker, die das Gesicht dieser Epoche wesentlich bestimmen. Daher wird das Mittelalter als Zeitalter der Stände aufgeteilt in:

A. Zeit der Mönche — B. Zeit der Ritter — C. Zeit der Bürger und Bauern. Die Neuzeit läßt sich gliedern in:

A. Zeit der Fürsten — B. Zeit der Freiheitskämpfer — C. Zeit der Völker. Die Moderne findet ihre Untergliederung in:

A. Zeit der Unternehmer und Wirtschaftsführer — B. Zeit der Arbeiter.

Wie man sieht, sollen möglichst die systematisierenden Begriffe wie Absolutismus, Renaissance vermieden werden.

Für das Mittelalter ergibt sich die interessante Möglichkeit, daß die deutsche Politik jeweils von einem anderen Stamm maßgeblich gelenkt wird; daher kann die Betrachtung wie mit einem Scheinwerfer über die Stämme hinweggehen: Franken — Sachsen — salische Franken — (stau-fische) Schwaben, und die Friesen als der einzige Stamm, der nie führend in der Politik auftrat, wird bei dem Kapitel Bürger und Bauern in den Blick genommen, die Bayern dagegen — eigentlich als Opponent oder Mitgestalter immer gegenwärtig — sollen insbesondere beim Beginn der deutschen Ostsiedlung betrachtet werden. Eine ähnliche Form des Betrachtens ergibt sich bei der Zeit der Fürsten (Absolutismus), wenn wir im Ringen um Hegemonie in Europa nacheinander behandeln können: Spanien — Frankreich — England — Österreich — Preußen — Schweden — Rußland. * Die Zeit der Freiheitskämpfer hat wieder einen weiten Aspekt, da sie vom Amerikanischen Freiheitskrieg über die Französische Revolution zu Napoleon und den Befreiungskriegen führt und hier überall das gleiche, noch recht stark individualistische, aber doch in den Auswirkungen nationales Freiheitsstreben aufzuweisen bestrebt ist.

Das 19. Jahrhundert, als die eigentliche Zeit der Nationalsozialismen staatlich-völkischer Prägung, läßt sich aufgliedem in die Zeit Metternichs und die Zeit Bismarcks. Dazwischen liegt in Deutschland das Einsetzen der „Industriellen Revolution“, die dann nach rückwärts und vorwärts verfolgt werden kann. Daß die neueste Zeit es mit Weltmächten statt mit den „Groflen Mäditen“ (Ranke) zu tun hat, ist allgemeiner Sprachgebrauch in der Geschichtswissenschaft geworden. Daß aber die bestimmenden Kräfte damals Wirtschaftsführer waren, dürfte unbestritten sein, genau so wie es heute niemanden mehr geben könnte, der ernsthaft bestreiten wollte, daß im 20. Jahrhundert die Arbeiter als ehemaliger 4. Stand sich durchgesetzt haben und in der geballten Macht ihrer gewerkschaftlichen Organisationen einerseits aber auch in der Einsicht aller Kreise in die humane Notwendigkeit ihrer sozialen Forderungen das Gesicht der Zeit wesentlich bestimmen. (Es soll ja mit der Einteilung nach ständisch-gesellschaftlichen Gruppen nicht einer rein gesellschafts-wissenschaftlidi-soziologischen Betrachtungsweise gefolgt werden, sondern ihre Grundbegriffe sollen nur den Charakter einer Zeit deutlicher machen. Es ist auch nicht damit gesagt, daß der jeweils herausgehobene Stand oder die Gruppe allein vorhanden ist, sondern daß sie dominierend wirken und daß selbstverständlich alle anderen auch da sind.)

Die einzelnen Epochen sollen nach ihrem Charakter und ihrer geschichtlichen Bedeutsamkeit jetzt durchgegangen werden, etwa in dem Sinne, daß aufgezeigt wird, in welcher Auffassung sie behandelt und dargestellt werden müssen — alles gesehen in Hinblick auf ein nach diesem Entwurf zu schreibendes Geschichtsbuch in volks-pädagogischer Absicht, das insofern politisch wirksam sein kann, weil wir überzeugt sind, daß in einer Demokratie, die alle Menschen an der politischen Mitbestimmung beteiligen will, auch alle diese Menschen sich politisch orientieren müssen. Das aber können sie allein aus der Geschichte gewinnen, die damit der politischen Orientierung dient, ohne daß wir glauben, geschichtliche Bildung sei mit politischer Bildung gleichzusetzen; wohl aber sind wir überzeugt, daß geschichtliche Bildung die Voraussetzung politischen Denkens und Handelns in Verantwortung ist. Das rührt daher, daß Geschichte die Verantwortlichkeit geschichtlicher Entscheidung aufweist und daß sie durch Kenntnis dessen, „wie es gewesen ist“, jeder Legendenbildung und Demagogie entgegenwirken kann durch Klarheit der Begriffe und der geschichtlichen Anschauung. Nur so ist „Geschichte ohne Mythos“ (Weniger) möglich.

I. Frühzeit Wir beginnen unser Geschichtsbild mit einer weltgeographischen Ausweitung über die in frühen Zeiten bekannte Welt des fernen und nahen Ostens. Wir stellen fest, daß die Hochkulturen in den Tälern der großen Flüsse erwachsen und daß dort die ersten Reiche als Staatsbildungen früher Form entstehen. Durch Ausgrabungen und durch neuere reich illustrierte Bücher sind diese frühen Zeiten jetzt in den Blick weiterer Kreise gekommen, so daß sie mit in unser Bild hereingehören. Nun muß aber der bei weitem noch nicht überall üblich gewordene Beginn der Geschichte mit Sumer einsetzen! Die großartigen Ausgrabungsergebnisse ermöglichen eine lebendige, bis ins Detail täglichen Lebens führende Darstellung jener Zeit. Überall sind bei den Sumerern in überraschender Eindringlichkeit „ erstmalige Phänomene in der schrift-liehüberlieferten Geschichte der Mensdiheit . . . und für das Studium der Uranfänge der Kultur“ festzustellen (Kramer). Die Sumerer haben nach dem Stande unseres heutigen Wissens als erstes Volk eine brauchbare Schrift erfunden. Daher beginnen wir hier mit Recht die eigentliche Geschichte. Das ist die Bedeutung der Sumerer für unser Geschichtsbild, da liegt für uns die Kontinuität, insbesondere, wenn wir hinnehmen, daß bei ihnen viele geschichtliche Erst-Anfänge zu finden sind und wir davon durch die Tontafelaufzeichnungen ein so gutes Bild haben:

erste Historien, Mythen, Epen, Hymnen, Schulen, Gesetze usw. Wir können den Blick über die anderen fernen Kulturen ganz knapp gestalten: Im Gebiet des Hoangho entsteht die chinesische, um den Indus die indische, im Gebiet des Jordan die jüdische und im Tale des Nils die ägyptische Kultur-und Staatsbildung.

Nunmehr folgen — im Gegensatz zu bisherigen Schulgeschichtsbüchern (abgesehen etwa von dem Grundriß der Geschichte bei Klett) — also erst nach den Sumerern die Ägypter und die Juden. Beide sollte man zusammen behandeln, anknüpfend an den Religionsunterricht. Dabei ist zu fordern, daß der Geschichte der Juden bis zur Gegenwart ein besonderes Augenmerk zugewendet wird

Mit diesem Blick über die frühe Welt der Hochkulturen überschauen wir einen Zeitraum von 3500 vor bis 1960 nach Christi Geburt, also etwa fünfeinhalb Jahrtausende. Wir beginnen mit dem Entstehen des herrscherlichen Menschen, der sich das Tier und die Erde untertan macht. Der viehzüchtende und tierbeherrschende Mensch löst sich aus der Stufe des magisch-knechtischen Daseins. Er zählt und rechnet, plant und organisiert, verteilt und verwaltet und wird damit zum staatsbildenden Menschen. Er ist ein „Herr über Herden“ (Weber) und wird sich das Pferd als edelstes Tier untertan machen, um dann bald mit dem Streitwagen ganz und gar zum herrscherlichen und erobernden Menschen zu werden (H. Freyer). Dieser Herrenmensch ist nach A. Weber der Träger jener großen „Epopöe, vielleicht, auf das Resultat gesehen, Tragödie der scheinbar endlosen Machtkämpfe der menschlichen Stämme und Rassen, in deren Schlußakt wir heute stehen.“ (Kulturgeschichte, S. 44).

II. Altertum: Freie Völker am Mittelmeer 1. Die Griechen: Der freie Mensch im Kampf und Wettkampf Die gesamte Epoche wird nach dem überlieferten Worte Platos, daß seine Landsleute um das Mittelmeer herumsäßen wie die Frösche um den Teich, behandelt. Wenn überhaupt, so soll hier Entstehung von Begriff, Wort und Raum „Europa“ behandelt werden und zwar aus der griechischen Sicht, wo Asien als das nichtgriechisch-barbarische Land galt. Aus der griechischen Geschichte muß deutlich werden, wie jetzt der Mensch zum „Maß aller Dinge“ wird, wie sich das menschliche Maß in allen Werken der Kunst zeigt, wie von daher sowohl die Polis als auch der Tempel und die Plastik in ihrer anthropomorphen Auffassung und Harmonie zu verstehen sind, wie aber auch der Kampf als das „agonale Prinzip“ (Nietzsche) eine ausschlaggebende Rolle spielt. Auch der Volksschüler muß daher etwas von den Griechen wissen. Es geht nicht mehr an, daß man ihn von der „Klassischen Bildung“ ausschließt, weil er keinen Zugang zu den alten Sprachen hat (das hat heute längst nicht mehr jeder Gymnasiast). Hier erhält der Grundsatz seine Bedeutung, daß alle politischen Grundbegriffe, die heute gebraucht werden, in der Zeit ihrer ersten Entstehung dargestellt werden sollen, um zu der für jede politische Orientierung notwendigen Klarheit und Sachlichkeit der Begriffe zu kommen. Das Politische als Grundlage des Bewohners einer Polis muß hier herausgearbeitet werden, auch unter Hinweis darauf, daß Athen in der Blütezeit über 100 000 Sklaven hatte, also noch keine allgemeine Demokratie im heutigen Sinne kannte. Aber deutlich wird, wie aus dem Verteilen und dem Angewiesensein auf den Nebenmann aus der Wanderzeit das Recht als Gerechtigkeit unter Einbeziehung dieses Nebenmannes als Partner entstanden ist und wie diese Eroberer so frei und stark waren, daß sie, wieder seßhaft geworden, keinen König duldeten. Der Begriff des Kampfes für die vaterländische und persönliche Freiheit kann an den verschiedensten Geschehnissen deutlich gemacht werden, ganz gleich ob an der Schlacht von Marathon, Thermopylae oder Salamis. Aber auch die unbegrenzte Kon-trolle der Führenden durch die Volksversammlung mit dem oft undankbar und hart erscheinenden Mittel des Scherbengerichts wird hier als Kriterium der Demokratie klar. Daß die Olympischen Spiele behandelt und dargestellt werden müssen, ist nicht nur wegen ihrer modernen Aktualität wichtig, um etwa zu zeigen, wie damals noch keine Uhren bekannt waren und der Läufer immer nur geehrt wurde, weil er der schnellste seiner Gruppe war oder um zu zeigen, wie man die Zwischenzeit zwischen den Spielen eine „Olympiade“ nannte, was heute vergessen wird. Vielmehr muß andererseits daran aufgewiesen werden, wie hier gewissermaßen ein Ventil für die jugendliche Kraft dieser tatenfrohen und kampfwilligen, aber auch gesund naiv ruhmsüchtigen Männer freigemacht wurde, um dieses „Kämpferische“ im Wettbewerb sich austoben zu lassen. Wie sich Grundhaltung der Freiheit und Bedürfnis nach Kampf und Wettkampf in der literarischen und bildnerischen Kultur äußern, muß selbstverständlich geschichtlich nachgewiesen werden, sollte aber durchaus hinter diesem politischen Aspekt in einer Geschichtsdarstellung zurücktreten. Eine Neubesinnung auf Staats-philosophie und Ethik des Aristoteles in unserer Zeit scheint auch von daher neue Wirkungen auf unser politisches und soziales Denken und Handeln anzubahnen. Ebenso scheint sich durchzusetzen, daß in der Darstellung des Perserkampfes dieses Volk aus Asien nicht in Schwarz-Weißmalerei als das Volk von Bösewichten und reinen Barbaren dargestellt wird. Man denke etwa an die durchaus ehrenvollen Behandlungen der Perser in der griechischen Dichtung, Geschichtsschreibung und Malerei, an die Emigration bedeutender Griechen nach Persien. In das übliche Schema „Bedrohung aus Asien“ scheint doch nicht alles bei den Persern zu passen 2. Die Römer: Der römische Bürger im Rechtsstaat; das Imperium Was heute auch jeder Volksschüler aus der Schule mitnehmen müßte, ist die Errungenschaft rechtlich-staatlichen und politischen Lebens bei den Römern. Wenn wir auch wohl längst über das Schwarz-Weiß-Schema der „bösen“ Römer in der Varusschlacht und der hinterlistigen römischen Gegenspieler in Felix Dahns „Kampf um Rom“ hinaus sind, so kann man doch auch hier und da noch derart einseitige Darstellungen finden. Jeder Bürger unseres gegenwärtigen Staates muß in seiner Schulzeit eindringlich belehrt werden über die großartige Tat der Gesetzesaufschreibung bei den Römern, über ihre Begründung einer echten „Res publica“, und ihm klar gemacht werden, was Recht, Gesetz und Republik bedeutet. Er soll dabei auch immer auf die Tugenden dieses aus einem Bauernvolk entstandenen Staatsvolkes hingewiesen werden: Ausdauer, Zähigkeit, Unterordnung, Bescheidenheit, Treue, Gehorsam, Autorität u. ä. Ebenso wichtig aber ist es, den Begriff des Imperiums von seiner ursprünglichen Bedeutung zu klären als Mäht der Konsuln über Leben und Tod, symbolisiert in den vorangetragenen Liktorenbündeln. Man sollte auch, ehe man gedankenlos das ewige, von Spengler noch genährte Gerede von der Verfallzeit unter den Kaisern nah-redet, bedenken, daß die Grundlagen dieses Rechtsstaates so haltbar waren, daß trotz manherlei Entartung, gegen die shon Augustus ankämpfte, das Reih noh fast 500 Jahre im Westen und noh fast eineinhalb Jahrtausend im Osten über Cäsar hinaus gedauert hat. Der Shulunterriht der höheren Shule geht bei aller Bemühung um Genauigkeit und Vollständigkeit niht nur erst seit dem „Mut zur Lücke“, sondern auh früher shon, fast immer über diese kaiserlihe Zeit Roms hinweg, genau wie man über die Zeit des Hellenismus hinwegging, die ja erst Droysen durh sein großes Werk eigentlih entdeckt und benannt hat. Man vergißt dabei, daß diese langen Inkubationszeiten für eine nahfolgende neue Kultur doh wihtig sind für den kontinuierlihen Weitergang der Geshihte Europas. Wahrsheinlih liegen auh hier solhe Lücken, auf die A. Heuß hingewiesen hat, die auszufüllen erst einmal Aufgabe der gegenwärtigen Forshung sei. Auh Barraclough hat von der Bedeutung dieser Spätzeiten gesprohen. Er wirft auh die Frage auf, ob wirklih die Vershmelzung der griehishen Kultur mit der orientalishen im Hellenismus oder die mittel-ländishe der Römer shon eine „europäische“ gewesen sei und ob die Kontinuität eine so gradlinige sein könne, wie man gemeinhin annimmt. Über die Frage nah der Berehtigung, von einer „europäischen Kultur“ im Mittelalter und eine Kontinuität Antike—Mittelalter sprehen zu können, hat sih B. Gedanken gemäht und reht Interessantes, oft Ketzerishes darüber gesagt: „Die Auffassung von der europäischen Einheit ist gewiß ein hohes Ideal, der Anstrengung und des Opfers wert; aber sie zieht ihre Stärke aus unseren Hoffnungen auf die Zukunft und nicht aus unserer Interpretation der Vergangenheit.“ (S. 54). Für diese Auffassung einer orientalishen Welt der späten Griehen und einer mittelmeerishen der Römer ist die Arbeit Kornemanns grundlegend und überzeugend, und sollte auh unserer heutigen Auffassung zugrundegelegt werden

III. Zeit des Aufbruchs aus Norden und Süden

Mit diesem Kapitel soll die dynamishe Unruhe jener Epohe behandelt werden, die das Gesiht der Welt so verändert, daß alle nahfolgenden Zeiten daraus zu erklären sind. Dabei ist die sogenannte „Völkerwanderung“ nur ein Teil dieser Bewegung. Es kommt darauf an, die Gesamtbewegung asiatisher, ost-und nordeuropäisher sowie arabisher Völkershaften als Ganzes zu sehen. Erst alles zusammen formt das Bild der Zeit, erst dann lösen wir uns aus dem überkommenen ger-manish-romanishen Geshihtsbild westliher Prägung und kommen zu einem umfassenden Bilde, aus dem sih dann die Entstehung einer deutshen Geshihte herauslösen läßt. 1. Germanen und Römer Hier soll der Begegnung der germanishen und der römishen Welt an wenigen Beispielen — möglihst nur am Kimbern-Teutoneneinfall und der Varusshlaht — dargestellt werden. Dabei ist Gelegenheit, auf die frühgeshihtlihen Entwicklungsformen germanishen Lebens und germanisher Kultur einzugehen. Ihre bronzezeitlihen und eisenzeitlihen Frühformen, ihr Verhältnis zu den Kelten, vor allem aber ihr Charakter als Bauern, die in einem freien Sippenverbande leben, wäre deutlih zu mähen. Jede Heroisierung romantisher oder rassisher Art muß unterbleiben. Die Frage der unmittelbaren völkischrassishen Kontinuität von Germanen und Deutshen dürfte sih nah ihrer Übersteigerung soweit geklärt haben, daß man heute weiß, wie stark die Deutshen aus einer Wanderungsvermishung der verschiedensten europäishen Völker hervorgegangen sind. Dagegen kann die Frage nah dem Vorrang der staatlih-herrsherlihen Kontinuität aus römisher oder germanisher Überlieferung heute doh nur so gedeutet werden, daß es hier eigentlih keinen ehten Vorrang gibt, sondern daß germanische und römish-mittelmeerishe Tradition zusammen geflossen sind. Natürlih spielte diese Frage in der nationalsozialistischen Geschichtsschreibung eine bedeutende Rolle, die in dem berühmten wissenshaftlihen Streit um die historishe Glaubwürdigkeit Luitprands von Cremona über Herkunft und Bedeutung der Heiligen Lanze ausgefohten wurde. Ih selbst habe noh kurz vor dem Kriege an einer Universität bei einem Seminar über diese Frage teilgenommen. Höfler hat in einem Vortrage von 1937 über das Symbol der Heiligen Lanze die gesamte deutshe Staatsentwicklung statt wie bisher an den Süden nun an den germanishen Norden anknüpfen wollen und beging natürlih im Zuge damaliger Germanophilie eine noh stärkere Einseitigkeit der Auslegung als er sie der gesamten Historiographie, „die aus dem Süden kam“, vorwirft. Eine in echtem Sinne exemplarische Darstellung kann die Auseinandersetzung zwischen Germanen und Römern auch noch nicht bei der „Sdilacht im Teutoburger Wald“ erfahren, da selbst hierüber sich die Historiker selbst nicht einig sind und zwar weder über den genauen Ort der Schlacht, der allerdings für die Bedeutung nicht ausschlaggebend ist, noch über die weltgeschichtliche Bedeutung In einer volkstümlichen Darstellung sollen zwar keine Probleme wissenschaftlichen Streits aufgezeigt werden, aber wo es grundverschiedene Standpunkte in wichtigen Fragen gibt, sollte man diese Möglichkeiten der Auffassung und Auslegung knapp und klar aufweisen. Nur so können wir eine dogmatische Festlegung des Geschichtsbildes vermeiden. 2. Germanische Wanderung Wenn wir statt des bisher üblichen Ausdrucks „Völkerwanderung“ den Begriff „Germanische Wanderung“ gebrauchen, so nicht etwa aus Gründen einer Germanenbegeisterung, sondern, weil es sich hier im Unterschied zu der früheren, in ihren Ausmaßen weit größeren und sicher bedeutenderen indo-germanischen Wanderung tatsächlich um Verschiebungen im wesentlichen innerhalb der germanischen Völker oder Stämme handelt. Sagt man nämlich, wie bisher, „die“ Völkerwanderung, so mag es so aussehen, als habe es nur diese eine gegeben.

Auch der Einwurf, es handle sich doch auch um asiatische und slawische Völker kann dahingehend abgetan werden, daß man darauf hinweist, wie doch die Awaren oder Hunnen eigentlich nicht in einer „Wanderung“, sondern in einem erobernden Vorstoß begriffen waren, und wie andererseits die Slawen aus ihren alten Wohnsitzen vordringend, ohne mit ihnen die Verbindung aufzugeben, sich nur nach Westen Osten und Süden ausgebreitet haben und die von den Germanen im Süden und Westen verlassenen Gebiete ausfüllten. Auch erfüllen wir damit unsere Absicht, bei den Überschriften der Kapitel sogleich den Inhalt erkennbar zu machen.

Hatten wir zu Anfang auf die östliche Ausdehnung unseres geographischen Geschichtsraumes hingewiesen, so ist jetzt hier der Platz auf die Ausdehnung der europäischen Geschichte in Ostmitteleuropa hinzuweisen. Hier muß zum erstenmal — auch im Kartenbild — der große osteuropäische Raum aufgezeigt werden, in dem sich nicht nur das frühe germanische, sondern auch das spätere deutsche Volksschicksal abspielt. Es kommt darauf an, die großen Nord-Süd-und Ost-West-Wanderungen germanischer Völker nachzuzeichnen und dabei aber nicht auf das sicherlich falsche Bild zu verfallen, das wir in unserer Schulzeit bekamen, als hätten die Germanen nichts anderes zu tun gehabt als zu wandern, als seien sie so eine Art Nomaden gewesen. Nichts ist doch falscher als das. Es hieße ja völlig den Charakter dieser bäuerlichen Menschen verkennen, denen es in erster Linie darauf ankam, fruchtbare Plätze für ihre Bauernhäuser und Felder zu haben, seßhaft zu sein und in einer gewissen Ruhe leben zu können. Die auch im Nationalsozialismus so strapazierte hohe Kultur der Germanen hat doch nicht allein in ihrem kriegerischen und sicher tapferen, ja, wohl auch heldischen Wesen gelegen als vielmehr in der Seßhaftwerdung und Ausbildung schöner und tiefer religiöser und gemeinschaftlicher Formen des Zusammenlebens und der Gesittung. Diese Seite herauszuheben. sollte in Zukunft erstes Anliegen eines Geschichtsunterrichts sein, nachdem wir doch wissen, welche hohe kulturelle Bedeutung in solch seßhaftem Bauerntum liegen kann. Zugleich aber gehören sie schon zu den Pferdehaltern, zu den eigentlichen staatsbildenden Herrenvölkern, die A. Weber „ackerbaukundige Reitervölker“ nennt. Wenn die meisten Zeugnisse aus germanischer Zeit nur von Kampf und Heldentum erzählen, von tragischem Schicksal und ausweglosen Situationen, so liegt das daran, daß aus diesen aufwühlenden Erlebnissen der ihnen aufgezwungenen Wanderzeit natürlich die stärksten Erlebnisse und Erinnerungen vorlagen, die man in Berichten festhielt und die sich in Sagen verdichteten.

Aus dieser Auffassung muß folgen, daß wir stärker als bisher dem Geschichtelernenden einprägen müssen, wie lange schon die Nord-und Westgermanen in ihren Heimatsitzen um die Ost-und Nordsee gesessen haben, wie sie dann — wahrscheinlich durch klimatische Veränderungen und Seestürme gezwungen — ihre Heimat verließen und weit über den ostmitteleuropäischen Raum wanderten.

Vor allem aber muß beachtet werden, daß die Goten am Schwarzen Meer etwa 200 Jahre gesessen haben, also eine Seßhaftigkeit über 2 Jahrhunderte bewahrten und sie, wenn nicht die Hunnen gekommen wären, wohl auch noch weiter bewahrt hätten. Wenden wir auf diese Tatsache unser Augenmerk stärker als bisher, so werden wir von dem allzu vereinfachten bzw. aber auch allzu komplizierten Bild der vielen verschlungenen Wanderungen abkommen müssen und ein langsames Einsickern in den ostmitteleuropäischen Raum, ein ziemlich langes Wohnen dort und ein plötzliches Abrücken feststellen müssen. Auch daß die Goten erst dann zu den Waffen griffen, als sie nach ihrer Aufnahme in das Römische Reich als Föderalen Verpflegungsschwierigkeiten hatten, ist bedeutsam oder auch vorher schon die Tatsache, daß sie um Aufnahme, also gleichsam als Vertriebene um Asyl gebeten hatten, bringt ein ganz anderes Bild als das bisher übliche hervor. Das hat man natürlich alles auch schon gewußt, aber doch immer nur von den dramatischen Endkämpfen etwa der Ostgoten in Italien gesprochen, gefördert durch dichterische Ausmalung. Daß der ostgotische König Ermanarich vor der entscheidenden Schlacht gegen die Hunnen Selbstmord beging, — was übrigens den jungen Nietzsche schon zur Gestaltung gereizt hat — ist ein Zeichen für die tragische Verzweiflung seiner Lage, die er völlig übersah.

Die Persönlichkeit des Theoderich bedarf besonderer Würdigung, hat er doch in Italien versucht, eine echte Koexistenz von zwei so ganz verschiedenen Völkern zu ermöglichen. Nicht der völkische Gegensatz machte dieses Zusammenleben unmöglich, sondern der verschiedene Glaube. Auch hier gilt es umzulernen. 3. Die Slawen breiten sich aus Jetzt treten zum erstenmal die slawischen Völkerschaften in die geschichtliche Welt ein. Sie rücken in die von den Germanen frei gemachten Gebiete ein und füllen den Raum nach Westen bis an die Elbe und nach Süden bis an die Karpathen und das Schwarze Meer aus.

Es ist an der Zeit, daß wir nicht nur von Ostkunde reden, sondern sie in unser Geschichtsbild mit einbeziehen. Dabei ist wohl zu beachten, daß die Polen nur e i n Volk unter anderen slawischen Völkern sind, ja, daß die Gruppierung in Einzelstämme bei den Slawen wohl in ähnlichen Formen vor sich ging wie bei den Germanen und daß es keine gemeinslawische Nationalität gab ebensowenig wie eine gemeingermanische. Auch sollte hingewiesen werden auf den Unterschied zwischen baltischen Stämmen (Pruzzen) und slawischen. Dabei wird deutlich, daß im jetzigen Ostpreußen niemals Polen gewohnt haben. 4. Die Araber brechen auf Die Behandlung der arabischen Erweckung und Eroberung hat den Vorteil, daß sie im dramatischen Gang ihres Verlaufs außerordentlich spannend ist und auch Jugendlichen und sonst interessierten Lesern Interesse abgewinnt. Eigene Erfahrungen bei Vorträgen in Volkshochschulen über Mohammed und den Islam können das bestätigen. Auch hier wieder müssen wir vom Mittelmeerraum ausgehen und das Ganze in den Blick nehmen, um die große Zangenbewegung zu verstehen, in die nach Mohammeds Tod (632) die arabisch-islamische Eroberung ausLäuft und zwar nach West und Ost zugleich, um das Christentum zu umfassen und außerdem die noch nicht christlichen Länder zu missionieren, um sie dem allein rechten Glauben des Propheten zuzuführen. Im Jahre 711 stehen die Araber zugleich am Indus in der Ausgangsposition der späteren berühmten Mogulkultur und bei Gibraltar zur späteren spanisch-maurischen Kultur des Kalifen von Cordoba, das bis 1492 bestanden hat. Wer daran denkt, wie bedeutsam heute die politischen Verhältnisse in der Vereinigten Arabischen Republik oder in Pakistan sind, der wird die gegenwartsbezogene Bedeutung noch zu der geschichtlichen hinzunehmen und gerade der Behandlung der islamisch-arabischen Teilhabe an den Einflüssen auf Europa im Mittelalter ein großes Gewicht beimessen. (Man sollte sich daran gewöhnen, statt „luoltawwedamsdi“ „ishwisck" zu sagen, statt „Mohammedaner“

„Moslem“!) Auch hier gehört es zur Vornehmheit geschichtlichen Taktes, die Araber nicht in Schwarz-Weiß-Manier nur als schlimme und böse Eroberer hinzustellen. Vielmehr ist ihre Toleranz und auch eine gewisse Ritterlichkeit in der ersten Erobererwelle zu betonen — ein Zug, der ja durch die Erlebnisse der Kreuzritter nachher bestätigt wird.

IV. Mittelalter: Zeitalter des Christi ichen Europa

A. Zeit der Mönche Diese Zeit soll endlich aus der zwielichtigen Betrachtungsweise heraus, in der sie bisher noch irgendwie stand: sie ist weder das „dunkle“ Mittelalter, daher muß der Zeitbegriff endlich wegfallen, noch ist sie die herrliche deutsche Kaiserzeit der Romantik. Aber sie ist auch nicht „Europa", wie man heute z. T. zu glauben scheint. Wie Stadtmüller richtig betont, ist die „Gesdtidite Europas“ ein Problem Besonders bedeutsam erscheint mir die Stelle bei Stadtmüller, wo er (a. a. O. S. 3) über das bisher übliche Schema (Antikes Erbe — Christentum — romanisch-germanische Völker) hinausgeht und fordert, daß die altorientalischen Hochkulturen und Israel mit in das europäische Geschichtsbild einbezogen werden müssen, genau wie wir es hier in unserem Entwurf getan haben. „Die altorientalisdien Hodtkulturen in den Strowoasen des Tigris, des Euphrats und des Nils haben nahezu alle materiell-zivilisatorischen Grundlagen der europäischen Kultur gelegt, jene Grundlagen, die bis zum Anbruch der technisdi-industriellen Revolution nidit wesentlich erweitert worden sind . . . Die Leistung des kleinen und politisdi stets bedeutungslosen Israel lag auf einem völlig anderen Gebiet: . . . aber dafür ist seine religiöse Geschichte umso bedeutsamer . . . Dadurch ist es eine geistige Weltmacht geworden . . .“ Vor allem aber müssen wir auf Stadtmüller hören, wenn er nachweist, wie Europa durch die Trennung in zwei verschiedene Formen des Christentums in Ost und West durch eine kirchlich-religiöse Demarkationslinie getrennt wird, die nun aber keinesfalls mit der Trennung von Germanen-Romanen und Slawen zusammenfällt, weil die eine Hälfte der slawischen Völker (Polen, Tschechen, Slowaken, Kroaten, Slowenen) das katholische Christentum annahm. Wollen wir aber den gesamten ostmitteleuropäischen Raum in seinen Beziehungen zur deutschen Geschichte mit hereinnehmen, so können wir nach Stadt-müller auch die finnisch-ugrischen Völker — Finnen, Ungarn und Türken — nicht außer acht lassen. Besonders dankbar aber sind wir der Feststellung Stadtmüllers, daß zu den wesentlichen Kriterien der Einmaligkeit des Abendlandes die „individuelle Prägung der Völker“ gehört. Auch verdanken wir ihm eine klare Unterscheidung der Begriffe „Europa“ und „Abendland“, wobei es für unsere volkspädagogische Arbeit wichtig ist, diesen z. Z. etwas verschwommenen Begriff „Abendland“ in seiner lateinisch-westlichen Enge durch den weiteren „Europa“ zu ersetzen, der auch das östliche Gebiet mit einbegreift. Das kommt etwa bei Spörl in seinem Königswinter-Vortrag nicht so deutlich heraus, wohl aber können wir seine Formel „Freiheit in der Gebundenheit“ als einen Schlüssel für das Mittelalter nehmen. Es ist aber notwendig zu unterscheiden, zwischen den Bestrebungen der Europa-Union, die auch die Geschichte und das Geschichtsbild in Hinblick auf einen politisch notwendigen Zusammenschluß europäisieren möchte, und den „Äußerungen eines erschreckend engstirnigen Nationalismus“, von denen Messerschmidt auf derselben Tagung gesprochen hat. Wenn wir eingangs vom deutschen Geschichtsbild gesprochen haben, dem wir trotz mancherlei Mißverständnissen immer noch für die Volks-bildung und Volksschule anhängen, so muß nun hinzugefügt werden, was wir auch an anderer Stelle schon betonten, daß dieses deutsche Geschichtsbild im europäischen Zusammenhang gesehen werden soll. Wir folgen dabei, ganz klar sei das ausgesprochen, den Ausführungen Heimpels in seinen verschiedenen neueren Aufsätzen 51a). Für ihn ist das MA keine primäre Epoche, sondern eine nur sekundäre, weil man von einer Einheit aus MA und Neuzeit sprechen kann gegenüber der Einheit des Altertums. Aber es ist dennoch ein echtes Zeitalter mit eigenem Charakter: „Germanentum als Adelsherrsdtaft, Antike als Nachwirkung, Christentum als Kirdie“. Dazu fügt Heimpel als Kriterium die „Handgreiflichkeit“ im Symbol als Reichsgut, Recht (Urkunde) und ständische Ordnung, kurz „Einigkeit von Geist und Macht in der Handgreiflichkeit“. Der Beginn des MA's liegt nach Heimpel um 486, als Chlodwig den letzten römischen Statthalter Syagrius in Gallien besiegte, also am Ende der germanischen Wanderung, auch wenn Henri Pirenne den Beginn erst um 800 ansetzen will. Auch wir müssen uns Heimpel anschließen.

Genau so schließen wir uns ihm an, wenn wir mit Luthers Reformation de facto den Beginn einer neuen Zeit ansetzen, auch wenn eigentlich Luther die Kirche reformieren aber nicht teilen wollte, auch wenn neuerdings festgestellt wurde, wie weit ins MA zurück die neueren Tendenzen in Kirche und Politik reichen

Wir halten uns in der Auffassung des MA's weiter an den wichtigen Aufsatz Heimpels, mit dem sich auch Spörl auseinandersetzt und ihn doch in seinen wesentlichen Ergebnissen nicht ablehnt: „Europa und seine mittelalterliche Grundlegung“. Darin heißt es: „Europa ist keine mittelalterliche Idee, und das MA spricht wenig von Europa. Als Idee gibt es Europa im MA so wenig wie im Altertum“ 52a). Dem mittelalterlichen Menschen ging es um christliche Weltgeschichte als Heilsgeschichte, nicht um europäische, immer aber auch gibt es örtliche Geschichte als Erinnerung und Chronik von Städten und Völkern. Aber nach Heimpel ist „Europa eine mittelalterliche Tatsache", wenn es auch keine Idee ist. Und nun zählt er die auch von Spörl zitierten neun mittelalterlichen Tatsachen auf: 1. Völkerwanderung, 2. geistlicher und ritterlicher Feudalismus, 3. die Kirche, 4. die ständische Gliederung, 5. Freiheit der Kirche mit ihren Reformbewegungen und den Kreuzzügen, 6. die europäische Stadt, 7. die Literatur vom Lateinischen her, 8. das Recht in seiner Verschmelzung von germanischem und römischem Recht und 9. das deutsche Imperium neben dem Sacerdotium. „Dies ist die Geburt Europas: Die Schauplatzverschiebuug der Universalgeschickte von Row, Alexandria, Athen, Antiochia nach Paris, Aachen, Köln ..." (S. 79) Unser Entwurf geht dem auch an dieser Stelle bei Heimpel wieder aufgegriffenen Epochenstreit mit Pirenne insofern aus dem Wege, als er die Völkerwanderung umfassend als germanische, slawische und arabische Wanderung in einer Zeit der Unruhe behandelt und dann erst das Mittelalter mit den Franken beginnen läßt, dabei zwar epochal bei Karl d. Gr. die stärkste Zäsur legt, aber doch bei Chlodwig beginnt.

Ganz und gar stimmt unser Entwurf in seinem ständischen Gliederungsprinzip für das MA mit Heimpels 2. und 4. Tatsache überein. Die 3. Tatsache ist die Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche, die als solche auch erscheinen wird. Die 6. Tatsache, die Stadt, findet ein eigenes Kapitel in unserem Plan. Da aber als 9. Tatsache gegenüber den vielgenannten Gesta Dei per Francos das Imperium als deutsches Kaiserreich genannt wird, haben wir diese europäische Tatsache als für eine Volksbildung in unserer Gegenwart noch immer notwendige und allein mögliche durchgehende Leitlinie für ein zu lernendes Geschichtsbild angesehen und darauf unser Mittelalter-Kapitel aufgebaut. Es mag sein, daß in Jahrzehnten einmal diese Fassung nicht mehr möglich ist und wir in europäischer Geschichte denken statt in deutscher, aber erst muß wieder einmal ein deutsches geschichtliches Erinnern und Anknüpfen möglich sein, ehe es ein weiteres geben kann Dabei halten wir uns allerdings an Heimpels Statz als Bestätigung einer seit Jahren vertretenen Auffassung: „Dieses deutsche Reich ist etwas anderes als die Staaten Europas, denn es ist das kaiserliche Iwperiuw neben dem päpstlichen Sacerdotium: es ist eine europäische, für das übrige Europa verbindliche, ja, es ist eine übereuropäische, eine Weltmacht.“ Dabei verkennt Heimpel nicht den Widerspruch, den das Reich nicht erst in neuerer ausländischer Geschichtsschreibung, sondern sogar schon in Stimmen des MA's gefunden hat, aber er weist auch darauf hin, wie sich die entstehenden Nationalstaaten der Attribute und Wesenzüge des Reichs in ihren eigenen Ansprüchen als Bauelemente bedient haben.

Damit ist die Grundauffassung der Epoche herausgestellt. Einige Hinweise sind noch zu den Untergliederungen zu geben. Die Franken sollen als die Gründer des christlichen Reiches angesehen werden. Bonifatius dagegen als der Kirchenorganisator neben oder auch gegen Pippin. Karl der Große in seiner europäisch-christlichen Mächtigkeit und in seinem Bezug zu Byzanz auf der sicheren Grundlage fränkischen Königstums, das spätere Deutschland wird jetzt Missionsland der fränkischen statt vorher der irischen Kirche.

Mit den Sachsen beginnt erst eigentlich die deutsche Geschichte. Sie verläuft in konzentrischen Kreisen aus einer stammhaften Nähe unter Heinrich I. zur kaiserlichen Reichspolitik unter den Ottonen bis zur uns fantastisch erscheinenden Idee Roms bei Otto III. Der König übernimmt die Herzogs-oder Stammesaufgabe, wenn er gegen äußere Feinde kämpft, aber er wird auch als ehemaliger Herzog gezwungen, gegen die anderen Herzöge zu kämpfen. So wird er, um immer handgreiflich gegenwärtig zu sein, zum „reisenden König“, zum deutschen König und Kaiser ohne deutsche Hauptstadt 5B). In dieser Zeit verlagert sich der Schwerpunkt in jene Gegend, in der die Varusschlacht ausge-kämpft wurde, d. h.der zuletzt christianisierte Stamm, zugleich der Stamm, der in der Wanderungszeit seine Sitze nicht verlassen hat, übernimmt nun die ehemals karolingischen Reichsaufgaben: Abwehr gegen die asiatischen Eindringlinge, Vorstoß und Grenzsicherungen gegen die Slawen und Übernahme und Fortführung des Römischen Reichs. Bei Otto I. muß unbedingt die deutsche Kaiserkrore behandelt werden, endlich müssen auch die neuesten Forschungen P. E. Schramms in die Geschichtslehrbücher eindringen, um zu zeigen, wie aufgrund seiner Ergebnisse jetzt bekannt ist, daß die Krone, die noch heute in Wien aufbewahrt wird, z. Zt. Ottos von einem Kölner Goldschmied angefertigt wurde, und später unter Konrad II. durch den Bügel vervollständigt ist. Die Symbolik und damit die Traditionsbindung des deutschen Kaisertums an das biblische Königtum, und nicht allein an das römische Cäsarentum, muß deutlich werden. Erstens Anschauungsmaterial unter Benutzung der endgültigen Ergebnisse aus Schramm finden wir in Martins „Kunst des Abendlandes“, Bd. II (abgesehen von einem Druckfehler: Otto III. statt Otto I.).

Zu 3.: Leben und Leistungen der Mönche

Es gibt ab und zu Abschnitte, die sich nicht rein chronologisch einordnen lassen, weil die Träger, wie hier die Mönche, über längere Zeiträume hinweg bedeutsam gewirkt haben. Da diese „Zeit der Mönche“ so benannt ist, weil der Klerus in der Tat überall die kulturelle und die politische Wirksamkeit und Arbeit übernimmt, müssen wir ihn als Stand besonders betrachten. Die Wirkung der Mönche ist so stark, daß nicht nur das Kaisertum sakral aufgefaßt wird, sondern auch die politische Leitung in den Händen klösterlich gebildeter Männer liegt. Auch ist für diese Zeit die enge Verbindung von Kirche und Reich, die Herausbildung einer „Reichskirche“ bedeutsam, die, so soll es nicht mißverstanden werden, allerdings nicht nur mönchisch war, aber doch von der mönchischen Frömmigkeit her geprägt war. Das zeigt sich besonders unter den Saliern, als die Reform von Cluny Heinrich III. ganz in ihren Bann zieht und die Cluniazenser das gesamte Leben der Christenheit maßgeblich beeinflussen. Allerdings muß in diesem Kapitel dann schon etwas vorgreifend auf die Leistung der Zisterzienser eingegangen werden — genau so haben wir rückgreifend vorher die Benediktiner betrachtet. Für die Zisterzienser bietet sich im heute noch erhaltenen Kloster Maulbronn ein schönes Anschauungsbeispiel an. Vor allem aber darf nicht versäumt werden, ihre Tätigkeit im Osten herauszustellen.

Die großen Geschichtsatlanten bringen dazu genügend Spezialkarten, der „Atlas zur deutschen Ostsiedlung" hat leider die Zisterzienser überhaupt nicht erwähnt! Die Vorschrift des Ordens, daß nach Erreichen einer bestimmten Anzahl von Mönchen jeweils ein Tochterkloster in einem unkultivierten Lande gegründet werden mußte, führte zu dem kontinuierlichen Vorrücken nach Osten.

Zu 4.: Die salischen Franken im Kampf mit dem Papst Daß wir nicht mehr mit Bismarck sagen „Nach Canossa gehen wir nicht“, ist wohl auch bis in die Schulbücher gedrungen, aber warum wir es nicht mehr sagen und warum es Bismarck sagte, müßte deutlich werden Die Gleichsetzung des Kampfes mit den modernen Begriffen Staat — Kirche muß endlich aus dem verwissenschaftlichen Geschichtsbild heraus. Vielmehr wird im Kampf der Kaiser, die ihre Herrschaft über Papst und Kirche als germanische Herrschaft auslegten, ein Beispiel sein können für die Problematik dieses Imperiums, das „nicht die einzige, wenn auch eine wichtige Kraft des mittelalterlichen Europa“ (Heimpel) gewesen ist, daß hier also zwei grundverschiedene Auffassungen von Herrschaft, von Kirche aufeinanderstießen, die römisch-christliche beim Papst und die germanisch-christliche beim Kaiser. In diesem Punkte sollte, wenn keine Einigung möglich wäre, auch der katholische und protestantische Standpunkt nebeneinander stehen. Sicher aber findet sich in den Darstellungen Heimpels eine starke Annäherung beider Auffassungen. Er zeigte noch einmal in seinen Rundfunkvorträgen, daß es sich nicht allein um den Investiturstreit handelt, sondern um kirchliche Reformen, die schon lange Zeit vorher im Gange waren, in die sich dann der deutsche Kaiser Heinrich III. als fanatischer und asketischer Gläubiger einreihte. In ihm sieht Heimpel den Höhepunkt des sakralen Kaisertums. Das kann man nicht, wie früher gern in unserer Geschichtsschreibung, als kaiserliche Schwäche auslegen und den Kaisern eine gute oder schlechte Zensur geben, je nachdem wie stark sie gegen die Kirche und für das Reich waren! Die gesamte Zeit wird vielmehr bestimmt durch diese Reformideen von den Mönchen her, diese treten neben die noch immer waffentragend und rittermäßig auftretenden Bischöfe Diese Epoche wird bestimmt durch das Überspringen der Mönchsreform auf das allgemeine Leben von Kirche und Laientum. Nur darum konnte etwa die Simonie eine solche Bedeutung gewinnen, es ging nicht mehr nur um das Nehmen von Geld, sondern um das Nehmen kirchlicher Ämter aus Laienhand. Gerade aber dieser Laizismus sollte ausgerottet werden. Daß der diplomatische Sieg Heinrichs IV. vergessen wurde, sich aber der Bann und damit der Angriff gegen das sakrale Königtum ins Gedächtnis des Volkes eingrub, zeigt eben jene Äußerung Bismarcks, wie wenig sie heute noch verstanden wird, zeigt allerdings auch einen Verlust der geschichtlichen Erinnerung bzw.der Erinnerungsfähigkeit.

Für die deutsche Geschichte muß an dieser Stelle deutlich werden, wie seit Konrad II. und insbesondere Heinrich III. das Reich auf der sächsischen und der salisch-fränkischen Säule ruht, d. h. zwischen Goslar und Speyer ausgespannt ist. Durch den Abbruch des großartigen Doms in Goslar, Anfang des 19. Jahrhunderts, ist leider dieses sakrale Gegengewicht zum Speyrer Dom in unserem heutigen Bewußtsein nicht mehr wach. Aber die wiederaufgebaute Kaiserpfalz in Goslar, der größte erhaltene Profanbau des Mittelalters zeigt noch heute, welch gewaltiger Reichs-und Herrschaftsgedanke sich im damaligen Ostgrenzgebiet des Reichs seit Konrad II. ausprägte. Heinrichs III. Herz ist in Goslar, sein Körper in Speyer beigesetzt, die Achse des Reichs -pns-pION lp ui [M yIes os neus [uT-S 0-SM ls 1p ui 8[[Linie nach Italien. Sie wird in herrlicher Weise fortgesetzt bis zu Friedrich I., war aber schon angefangen worden unter Heinrich II. mit seinem heute für Goslar mitkündenden Dom in Bamberg, ein großartiges Symbol der Kirche in den slawischen Osten hinein!

B. Zeit der Ritter 1. Die christlichen Ritter nehmen das Kreuz Nicht besser kann das Wesen des christlichen Rittertums im MA herausgestellt werden als in dieser nun allerdings nicht mehr deutschen, sondern europäisch-christlichen Bewegung unter franzöischer Führung. Auch hier läßt sich wieder zeigen, daß es nicht um europäische, sondern um christliche Fragen ging. Das Christentum, nicht Europa sollte in den Kreuzzügen verteidigt werden. Zugleich aber ergibt sich eine Ausweitung des Blides, auch für den Unterricht in den Volksschulen, über das christliche Abendland hinaus zu den Arabern und zu den Byzantinern. Es wird jetzt den Lernenden wie auch den damaligen Menschen, vor allem den Rittern deutlich, wie noch andere Reiche und Menschen da sind. Der Begriff des „edlen Helden“ kommt auf, an den Lessing in seinem „Nathan“ anknüpft. Für den europäischen Ritter weitet sich der Horizont auf eine ganz überraschende Weise, und das trägt nicht zuletzt zu seiner Kulturhöhe bei, die sich in der ritterlichen Dichtung zeigt. So kann man mit Recht den zweiten Abschnitt nennen: 2. Die schwäbischen Staufer herrschen über ein Reich der Ritter Der Zusammenhang stellt sich her, wenn man von Konrad III. und Bernhard von Clairveaux in ihrer berühmten Begegnung im Speyrer Dom ausgeht und dann zu Barbarossa über das Zwischenspiel Lothars von Supplinburg überleitet. Diesen sollten wir allerdings nicht ganz auslassen, weil er der Ostpolitik, die er ganz im sächsischen Sinne weitertreibt, bedeutende Erfolge sichert. Über die Ritterzeit hat uns K. Bosl gründliche Unterlagen verschafft, sie müssen schnell auch in den gesicherten Bestand des Volksschulunterrichts eingearbeitet werden, da in der Heimatgeschichte überall in den Schulen Ritterburgen behandelt werden. Da Friedrich selbst bei den Saliern unter Heinrich III. anknüpft, ist hier die Kontinuität der Geschichte einerseits, der Wandel der Verhältnisse andererseits besonders sinnfällig. Diese neuen Kräfte zeigten sich in den neu entstehenden Eigenstaaten des Westens, die den Papst gegen den Herrschaftsanspruch Friedrichs über ganz Italien stützten. Hier soll gegen die noch nicht ganz aus dem Unterricht geschwundene Barbarossaromantik angegangen werden und die nüchterne, harte und diplomatische Arbeit des Kaisers im Reich und in Italien deutlich werden. Erst durch die geschickte diplomatische Politik mit dem Papst gegen die lombardischen Städte konnte Friedrich seine Stellung sichern: im Innern gegen das Aufbegehren des Sachsenherzogs, im Äußeren gegen die Bedrohung von Frankreich her. So allein blieb er im Kreuzzug von 1190 der Führer der Christenheit und so war er 1184 aüf dem Mainzer Ritterfest der Herr der Ritter gewesen. Deutlich werden muß aber, daß die Macht allein nicht mehr ausreichte, sondern daß Diplomatie und Kompromiß wie auch schon unter Heinrich V.

den Erfolg eines Reichsfriedens ermöglichten. Zu dem früher so viel-besprochenen Konflikt mit Heinrich dem Löwen muß heute ganz klar Stellung genommen werden, damit der Lernende hieran die Verschiedenheit zur heutigen Staatsform und die ganze Problematik in der Machtfrage des mittelalterlichen Kaiserreichs sieht. Der Herzog war nicht zur Heeresfolge verpflichtet, die Absage vor der Schlacht von Legnano war also nicht das eigentliche Motiv zur Zerschlagung der Herzogsgewalt, sondern vielmehr die völlig autonome Art des Verfahrens, die Heinrich in seinen Herrschaftsgebieten durchführte, wenn er selbständig geistliche und weltliche Würdenträger einsetzte, wenn er, angereizt durch den Silberreichtum, das kaiserliche Goslar in seine Hand bekommen wollte und also auch nicht vor altem Banneigentum zurückschreckte. In dieser Konkurrenz und Eigenmächtigkeit einer Teilgewalt gegenüber der kaiserlichen lag das rechtliche Motiv zur oft beklagten Zerschlagung der Herzogtümer. 3. Der Deutsche Ritterorden in Preußen Daß dafür im Anschluß an das königlich-ritterliche Leben der Deutschen unter Barbarossa ein eigenes Kapital gewählt wird, ist nicht nur bedeutsam wegen der Einbeziehung des Ostens in unser Geschichtsbild, sondern auch, um gegenüber dem Abschnitt von den Mönchen jetzt zu zeigen, wie in der Tat die Ritter als mönchisch-ritterlicher Orden eine eigene Welt im eigenen Staat gestalten. Wenn neuerdings in ganz falscher Unsachlichkeit und Verharmlosung etwa gegenüber polnischer Geschichtsschreibung versucht wird, die Ordensritter so darzustellen, als hätten sie nur Land gerodet, ist das natürlich ein völlig unhistorischer und politisch falscher Weg Schrifttum gibt es darüber heute genug, bereitgestellt von den verschiedenen wissenschaftlichen Ost-Instituten (Herder-Institut Marburg, Göttinger Arbeitskreis). Wir haben aber auch dank der Neuausgabe bei Vandenhoeck und Ruprecht wieder die früher bei Reclam erschienene Darstellung Treitschkes über „Das deutsche Ordensland Preußen“. Herauszuheben ist heute vor allem die Rechtlichkeit der Landnahme in ihrer Beurkundung durch Kaiser und Reich. (Diese berühmte Urkunde, die Goldene Bulle von Rimini, wird heute in Göttingen aufbewahrt.) Wichtig ist ebenfalls die neue Staatlichkeit und die bis ins Bürokratische gehende gründliche Verwaltungstechnik, aber nicht zuletzt auch die Entfremdung von den Einwohnern durch die Abkapselung des Ritterordens.

C. Die Zeit der Bürger und Bauern schließt sich als 3. Teil des MA’s an Rudolf von Habsburg an, bei dem sich endgültig gegenüber dem Königsheil der fürstliche Wahlgedanke und ebenso auch der Territorialgedanke durchgesetzt hatte. Nach diesem „Herbst des deutschen Mittelalters“ setzt sich überall die städtische Kultur und die Verwaltungspraxis durch. Die freien Städte mit ihrer bürgerlichen Lebensform in Zünften und Gilden, mit ihrer freien aber auch engen Wehrhaftigkeit beherrschen das Bild jener Zeit. Es sind jene Städte, die später noch Macchiavelli auf seinen Reisen bewundert hat wegen ihrer Urwüchsigkeit, sie stellen geschichtliche Kräfte dar

Endlich muß aber auch das Schema der Stadtentstehung verschwinden. Es gibt sogar noch Geschichtsbücher, in denen die Rede ist von Heinrich I. als dem Städtegründer. Hier müssen endlich auch die modernen Erkenntnisse der Stadtforschung eindringen die nachgewiesen hat, wie das Wesentliche der mittelalterlichen Stadt der Markt als Mittelpunkt von Handel und Gewerbe ist und, damit zusammenhängend, die Stadt immer als Siedlung an einer Straße entsteht, einer Straße, die sich meist teilt, um Rathaus und Kirche in einer platzartigen Erweiterung aufzunehmen, und die dann weiterläuft zur anderen Seite der Stadt hinaus. Diese Marktgründungen sind aber auch meistens — selbst z. T.

die alten Römerstädte — nach einer Seite zum Wasser hin offen: zur See oder zum Fluß 1. Freie Bauern und freie Städte Mit den Städten zusammen sollten wir die freien Bauern behandeln und damit gerade das spannungsreiche Wechselspiel zwischen beiden Teilen deutscher Bevölkerung des MA‘s betrachten. Dabei kommen dann auch die Friesen endlich in den Blick der Geschichte, die als Stamm bisher noch nicht beachtet wurden. Darüber hinaus sollte das Bauerntum in seiner Freiheitsbewahrung und -Behauptung auch in anderen Gebieten Deutschlands und Europas kurz beleuchtet werden: vor allem die schweizer bäuerliche Freiheitsbewegung. Es müßte hier auch gezeigt werden, um einer gegenwärtigen letzten Romantisierung in Volkskunde und Brauchtum Klarheit zu geben, wie damals das Bauerntum Moden und Sitten der höfisch ritterlichen Gesellschaft annahm und wie diese Reste oft bis auf den heutigen Tag bestehen und als rein bäuerliche Eigenkultur ausgegeben werden. Je klarer die Dinge gesehen werden, umso sachlicher ist eine Beurteilung gegenwärtiger Fragen möglich. Das sollte auch für die hier überall einsetzende Heimatforschung gelten, die gerade etwa auf dem von den Gebrüdern Grimm begonnenen Gebiet der Weistumssammlung noch ein weites Feld der Arbeit hat. 2. Die deutsche Hanse beherrscht die Ostsee Hier bietet sich eine schöne Gelegenheit, die Umfassung deutschen und ostmitteleuropäischen Raumes um die Ostsee herum darzustellen. Der ganze Ostraum muß in den Blick gerückt werden, so erst wird die allmähliche, aber stetige Verschiebung städtischen Bürgertums von den altdeutschen in die neu-ostdeutschen Städte unter Mitführung ihres Rechts deutlich. Wenn neuerdings polnische Historiker festgestellt haben wollen, daß auch vor der deutschen Besiedlung schon Städte in Polen bestanden haben sollen, so kann das, wenn es sich in Einzel-61 fällen bewahrheiten sollte, doch nicht die geschichtliche Bedeutung erstmaliger Stadtgründungen in Polen durch deutsche Bürger verwischen. Es sollte bei Hanse und Stadtgründung heute besonderer Wert gelegt werden auf die Rechtsform dieser Vorgänge Wir können aber auch, ohne uns etwas zu vergeben, annehmen, daß wohl die Slawen, wenn sie mehr Zeit gehabt hätten, später auch zu Stadtgründungen gekommen wären, wie die Deutschen nach dem Vorbilde der Römer es getan hatten

So sind wir zwangsläufig zum letzten Abschnitt dieses Kapitels und zugleich zum letzten des gesamten MA's gekommen, zur Besiedlung des europäischen Ostens durch Fürsten, Ritter, Mönche, Bürger und Bauern aller deutschen Stämme (wenn auch Gause auf Teile von Reichs-romanen und Zisterziensern hinweist, halten wir es doch für eine wesentlich deutsche Leistung). Durch dieses letzte Kapitel kann die gesamte deutsche ständisch gegliederte Bevölkerung noch einmal vor Augen gestellt werden. Verfolgen wir nun rückschauend die deutsche Ostsiedlung in einer Art Längsschnitt, so ist hier der Ort, vor allem auf die Leistung der ersten Ostsiedler, nämlich der Bayern einzugehen Aus den Thesen Gauses sollten wir uns nach dem Stande der heutigen Forschung zu eigen machen, daß es nicht um „ Wiedergewinnung" germanischen Bodens handelt, daß keine Ausrottung der Bevölkerung in den slawischen Gebieten durch die Deutschen stattfand, daß keine planlose Landnahme, sondern rechtliche Übergabe vor sich ging, daß keine staatlich-politische Besiedlung, keine sogenannte Volkstumspolitik getrieben wurde und daß wir nicht von „Gerwanisation“, „Drang nach dem Osten“ oder von „Kolonisation“ sprechen sollten. Dem Versuchen der „Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Ortskunde im Unterricht" sollte viel mehr Beachtung geschenkt werden, denn in diesem Kreise wird in nüchterner und ehrlicher, leidenschafts-und ressentimentfreier Weise um die Klärung der deutschen Ostsiedlung gerungen.

V. Das Europa der Neuzeit entsteht Das Zeitalter der Persönlichkeit wird als treffende Bezeichnung für die Epoche von Renaissance und Reformation gewählt, um einer volkstümlichen Geschichtsbildung die Möglichkeiten inhaltlicher Merkarbeit in die Hand zu geben. Wenn auch unser Bild der Renaissance seit Burckhardt sich noch so sehr verändert haben mag, soweit ist es doch das gleiche geblieben, daß ein stärkeres und z. T. erstmaliges Hervortreten der Persönlichkeit als Bewußtsein persönlicher Geltung und Individualität das Wesen jener Zeit ausmacht. Den Forschungen Hassingers sind wir dabei sehr verpflichtet und erkennen, wie stark bereits Umwandlungen des Lebensgefühls im Spätmittelalter stattfinden, erkennen aber auch, wie stark sich besonders im kirchlichen Gebiete landeseigene und nationale Strebungen heraus-schälen. Überall aber läßt sich eins als Grundzug feststellen: es ist immer der einzelne, der handelnd, entdeckend und forschend auftritt. Der Wagemut, ins Unbekannte, Neue vorzudringen, das Wagnis des Geistes, auf den man sich verläßt, treibt alle Menschen in neue Bahnen und läßt sie ein neues Weltbild, eine neue Technik der Naturbeherrschung, neue Welt und neuen Glauben finden. Inmitten dieser Umwandlungen steht Kaiser Karl V. als letzter Kaiser des Mittelalters und treibt eine universale Politik. Die Reformation ist ganz Luthers persönliches Werk, wie auch der Genfer Gottesstaat ganz Calvins persönliche Leistung ist.

Die Bedeutung des Calvinismus müßte auch in der Volksbildung sönlichkeit geht es um die Begegnung großer gläubiger Menschen mit dem Kirchen-Christentum in seiner Entartung einerseits und mit dem neuen Unglauben andererseits 67a). Sowohl bei Luther als auch bei Calvin ist im Grunde jene Haltung, die wir in der neueren Geschichtswissenschaft als das Mittelalterliche insbesondere an Luther herausgestellt finden, jener echte und tiefe Glaube, der wieder unmittelbar zum Wort des Evangeliums geht und darauf hören will. Dieses 16. Jahrhundert, das zum erstenmal durch Dilthey gründlich untersucht wurde,

zeigt zugleich auch die neue Front modernen Unglaubens, gegen den beide Reformatoren aus der persönlichen Glaubensüberzeugung ankämpfen. In unseren Überschriften lassen wir auch den Ausdrude „GegenreforMation“ endlich wegfallen, um den seit Jahrzehnten ein wissenschaftlicher Streit geht. Wir sprechen von der „Erneuerung der katholischen Kirche“ und gehen dabei von Ignatius von Loyola aus, der ähnlich wie Luther und Calvin von einer tiefen Glaubensüberzeugung nun allerdings zu ganz anderen Handlungen kommt. Zu diesen großen Glaubenden gehören aber auch in einem besonderen Abschnitt Gestalten wie Thomas Morus im England Heinrichs VIII., der seine klare Haltung mit dem Leben bezahlte, uns aber seine unsterbliche „Utopia“ hinterließ, gehört die Jungfrau von Orleans, die noch heute den Franzosen die Verkörperung ihres Nationalgefühls ist, und es gehört dazu die Gestalt Johan Hus, religiöser, aber auch nationaler Märtyrer der Tschechen.

VI. Zeitalter der großen Mächte Hier lassen wir die eigentliche Neuzeit beginnen, möchten aber, wie schon betont, allmählich ganz von diesen Begriffen eines rein chronologisch-neutralen Schemas abkommen.

A. Zeit der Fürsten soll den Begriff „Absolutismus“ für die Volksschule ersetzen, auch solche Titel wie „unumschränkte Fürstenmacht“ sind zu umständlich. Wir leuchten nun Europa und die „großen Mächte" (Ranke) ab und behandeln zuerst „Die große Zeit Spaniens und der Dreißigjährige Krieg“. Das läßt sich unmittelbar an die katholische Erneuerung anschließen und gibt die Möglichkeit, im Anschluß an das Universalstreben Karls V. die spanische Weltmacht unter Philipp II. in ihrer ersten absolutistischen Form aufzuzeigen. Als die großen Gegenspieler Philipps und Spaniens treten Elisabeth von England, Gustav Adolf von Schweden und im eigentlichen Sinne auch Wallenstein auf. Man sollte versuchen, den 30jährigen Krieg zu vereinfachen und die konzentrische Ausweitung von Böhmen über die Pfalz zu Deutschland über Schweden, Spanien und Frankreich auf Europa zu veranschaulichen. Wie am Schluß die Fronten nicht mehr konfessionell, sondern staatlich-politisch stehen, kann immer wieder zu einer eindrucksvollen Einsicht in die neue staatlich-weltliche Denkweise führen. Wer siegte nach dem 30jährigen Kriege? Diese Frage sollte eindringlich gestellt werden und die Antwort finden, daß die Fürsten Sieger waren und sie die „Zeit der Fürsten“ heraufführten. Was das bedeutet, wird gezeigt im 2. Abschnitt; „Die Vorherrschaft Frankreichs unter Ludwig XIV.

Regierung“. Dabei sollte man besonders im Volksschulunterricht von deutschen Verhältnissen herkommen, um zugleich die Auswirkung französischer Lebens-und Regierungsform auf die deutsche Welt zu zeigen. In der Pfalz kann unmittelbar über die Gestalt der „Liselotte“

der Einstieg gefunden werden. Auch hier gilt wieder, daß Ludwig nicht als ein nur schlechter Mensch hingestellt werden kann, auch wenn er den Deutschen viel Leid zugefügt hat, auch wenn die Pariser seinen Leichenzug mit Steinen beworfen haben. Immerhin führte er die Franzosen zu »gloire" und brachte er die französische Kultur zu einem zweiten (nach dem Mittelalter) großartigen Glanz in Europa, von dem man heute noch zehrt.

Als 3. Abschnitt ergibt sich kontinuierlich der Kampf Österreichs gegen die Türken, weil sie ja im Bunde mit Ludwig aufgetreten sind. Falls die Türkenkriege schon mit Ludwig zusammen behandelt wurden, kann jetzt im besonderen noch einmal auf die Bedeutung des Prinzen Eugen und die Rolle Österreichs im Balkan und am Rhein eingegangen werden. Man hüte sich dabei, einseitig von einer „Schuld“ Frankreichs zu sprechen, hat doch etwa Bismarck 1866 mit dem Gedanken gespielt, im Kriege mit Österreich eine ungarische oder böhmische Legion aufzustellen, hat doch die deutsche Regierung Lenin aus dem schweizer Exil nach Rußland bringen lassen, um dort die Revolution noch stärker zu entfachen. Auch für diese Kämpfe gilt das Gesetz, das im Grunde in dem Ausspruch Heinrichs IV. „Paris ist eine Messe wert“ enthalten ist und das sich in der nichtkonfessionellen Frontstellung des 30jährigen Krieges zeigte: die Hinwendung der staatlichen Kabinettspolitik zur Staatsräson. (Ob das allein der Wirkung Macchiavellis zuzuschreiben ist, bleibe dahingestellt. Bei der Darstellung der Kämpfe Österreichs gegen die Türken sollte die neuzeitliche Besiedlung des Donauraums eingehend gewürdigt werden, insbesondere neben Ungarn auch das Banat und die Bathschka GB). Dabei soll die Verlagerung des habsburgisch-österreichischen Schwergewichts vom Rhein zur Donau nicht immer nur wie bisher als Nachteil für die deutsche Geschichte, sondern für das Deutschtum in Europa als Vorteil gesehen werden. Unter diesem Blickpunkt hat inzwischen schon in eigentlich allen Geschichtsbüchern die Darstellung unseres 5. Abschnitts „Preußen wird Vormacht in Deutschland“ eine neue Wendung bekommen. Von der rein hohenzollernschen Geschichtsbetrachtung haben eigentlich die meisten Darstellungen schon die Wendung zu einer gemeindeutschen genommen. Es muß jetzt immer heißen Friedrich der Große und Maria Theresia, und manche Beurteilung Friedrichs ist da zu revidieren. So sollte sein erster Schlesieneinfall ganz nüchtern mit seiner von ihm selbst später gegebenen Motivation aus Ruhm-und Eroberungssucht begründet werden, aber andererseits auch seine Gestalt als Gegenbild zu anderen Fürsten der Zeit aufgerichtet werden: als Kämpfer und zäher Vollender im einmal eingeschlagenen und nun schicksalhaft verordneten Wege, aber auch als Menschenverächter und harter Arbeiter im Dienste des Staates. 6. Schweden und Rußland im Kampf um die Vorherrschaft im Osten lassen uns den weiten Nord-und Ostraum aufreißen und die neue Großmacht Rußland in ihrer ganzen Dramatik sehen. Die Gestalten Karl XII. und Peter der Große geben Gelegenheit zu starker persönlicher Profilierung und lebendiger Darstellung.

Auf diese Weise ist ganz Europa umschritten. Man kann das natürlich etwa im Unterricht nur leisten, wenn man sich radikal konzentriert avf den jeweils in der Überschrift angedeuteten Schwerpunkt der Epoche. Man muß immer fragen: Was ereignet sich hier? Was geht hier politisch Neues vor, und wie verändert sich danach die Lage? Wer sind die treibenden Kräfte und aus welcher Situation heraus handeln und mit welchen bestehenden Kräften und Gegebenheiten haben sie zu rechnen? Daß eine Betrachtung nur aus psychologischer und subjektiver Motivation heraus nicht möglich ist, wird bald deutlich, wenn der Lehrer die „großen Mächte“ nicht nur als von ihren persönlichen Trägern geleitete Komponenten der Geschichte ansieht, sondern sie auch erkennt als objektiv gewordene Mächte, die durch Tradition und Verpflichtung sich dem Subjekt in seiner Handlungsfreiheit und seinem Tatendrang entgegenstellen. Aber das sind schon fast geschichtsphilosophische Fragen, die einer eigenen Behandlung bedürfen. B. Zeit der Freiheitskämpfer per neue Abschnitt über die „Zeit der Freiheitskämpfer“ beginnt bewußt mit dem Amerikanischen Freiheitskrieg und ordnet ihn absichtlich in diese große Sicht mit ein, da er den Auftakt gibt zu einer völlig neuen Epoche und damit den Beginn der Französischen Revolution ermöglicht. In diesem Freiheitskrieg soll dem jungen Menschen besonders nahegebracht werden, was es denn eigentlich ist, worauf heute alle Amerikaner so stolz sind. Denn in der Tat liegt doch hier in dem noch so wenig weit zurückliegenden und geschichtlich so klar erfaßbaren Beginn ihrer Geschichte die Wurzel ihres amerikanischen Bürger-und National-stolzes: Jene äußerste Empfindlichkeit einer Gruppe von Menschen, die sich in der Neuen Welt eine neue Heimat gesucht hatten, um hier frei von allen Bedrückungen leben zu können, wie sie es nach Glauben und Sitten möchten; diese Empfindlichkeit in der persönlichen Freiheit, die sich schon an Steuergesetzen Englands stößt und es zu einem Kriege kommen läßt, vergleichbar nur mit jener Empfindlichkeit der Cherusker unter Varus gegenüber der Besteuerung.

Was dann erarbeitet werden muß, ist die Erkenntnis, wie bedeutsam die Erklärung der Menschenrechte und die schriftliche Ausarbeitung einer Verfassung wurde. Diese Verfassung als Sicherung der freien Bürger gegen menschlich-persönliche Willkür ist wiederum nur vergleichbar mit den Gesetzestafeln der Römer oder den Gesetzen des Solon. Wie nun aus der Neuen Welt der neue Atem der Freiheit nach Europa ins Land der fürstlichen Willkür zurückschlägt, muß an der Französischen Revolution deutlich werden. Nach unserem Grundsatz, daß alle politischen Begriffe in der Geschichte dort erarbeitet werden sollen, wo sie erstmalig auftreten, um also Verfassung und Menschenrechte an der amerikanischen und nicht an der französischen Verfassung erklärt und eingeprägt werden. (Man sollte es nicht scheuen, etwa die Anfangssätze der Amerikanischen Verfassung auswendig lernen zu lassen, wie es eine Kollegin am Gymnasium in Goslar im Englisch-Unterricht tat.) Die pädagogische Aufgabe ist hier zugleich eine politische, denn wer von unserer heutigen Generation kann sich noch erklären, warum die Menschen jener Zeit wegen einer Verfassung auf die Barrikaden gingen? Hier allein kann deutlich werden, was für die Männer dieser Kämpfe auf dem Spiele stand. 2. Die große Französische Revolution muß in ihren Ursachen nicht wie bisher bloß auf die schlimmen wirtschaftlichen Zustände zurüdcgeführt werden, wie es ähnlich auch immer bei den Bauernkriegen von 1525 geschieht, sondern es ist aufzuweisen, daß der radikalste Antrieb zu einer Revolution in der Verletzung der Menschenwürde liegt. Nicht der Hunger allein treibt zu solchem Aufruhr, sondern die seelische Not, sich als Mensch nicht in Würde anerkannt zu sehen, macht die Menschen fähig, für die völlige Umkehrung der Zustände zu kämpfen. Als die Bauern von der „Freiheit eines Christenwenschen“ hörten, sammelten sie sich unter dem Bundschuh, und als die mühsam errungene neue Freiheit der Siedler angerührt wurde, erhoben sie sich. Genau so hat der dritte Stand Frankreichs zur Revolution aufgerufen, weil er, der geistig führende Teil der Bevölkerung, sich nicht anerkannt sah. Diese Linie läßt sich weiterverfolgen zur russischen Revolution, die in ihren Wurzeln auf geistige Führer in der russischen Intelligenz zurückgeht und nicht auf die völlig unpolitisch, wenn auch in schlechter Lage lebenden Bauern Weiterhin wird oft vergessen, auf einen bedeutsamen Tatbestand hinzuweisen: Der Graf Mirabeau, der viel zu früh starb, hatte den Plan, den König zu einer Annäherung an das Volk zu führen, um so gegen hohen Adel und Klerus eine Front durch ein Volkskönigtum zu bilden. Eine gewisse Analogie läßt sich in vorsichtiger Form in der Begegnung Bismarck-Lassalle sehen.

Die Gestalt Napoleons muß aus der Revolution herauswachsen. Seine Pläne eines französisch-napoleonisch beherrschten Europas müssen ater auch europäisch-deutsch und nicht nur preußisch-französisch gesehen werden. In der Tat richtete sich Napoleons ganzer Kampf gegen die großen Mächte, die jene schon unter Ludwig errungene Vorherrschaft Frankreichs abgelöst hatten: also gegen Deutschland als Preußen-Braunschweig-Hannover-Österreich, gegen England und gegen Ruß-land 70a). Daraus ergibt sich für den 4. Abschnitt „Erhebung der Völker" die Notwendigkeit, auch von einer gesamtdeutschen bis nach Österreich über Preußen-Braunschweig-Hannover reichenden Linie des Widerstands auszugehen und nicht wie früher nur von den Preußen zu sprechen. Die Tatsache, daß fast alle großen Geister der preußischen Erhebung Nichtpreußen waren, bedeutet nun allerdings wiederum nicht, daß Preußen hintan, sondern vielmehr daß es als natürlicher Gegner voransteht, daß es aber diesen Kampf wie Frhr. vom Stein und Yorck zeigen, nicht ohne Rußland aber auch nicht ohne Österreich führen kann.

Der Wiener Kongreß ist nur der Abschluß dieses Ringens. Es soll möglichst alles beim Alten bleiben. Das es aber nicht dabei bleiben kann, zeigt Abschnitt

C. Zeit der Völker Schon im vorigen Absatz muß ausführlich auf die Erneuerung Preußens eingegangen sein, um jetzt dort wieder anknüpfen zu können. Heimpel sagte in seinem Vortrag, „von der kurzen Zeit des Steinschen Ministeriums (1807— 1808) habe die preußisch-deutsche Geschichte des 19. Jahrhunderts gezehrt“. Seine Haupterrungenschaften Ministerialstatt Kabinettsregierung, Zentralverwaltung und kommunale Selbstverwaltung müssen zum Wissensgut aller heute Lebender werden, um deutlich zu machen, wie damals die Gemeinde als Schule des Staatsbürger die Freiheit vom Staate bringt und wie der Bevölkerung in den Steinschen Reformen gleichsam von Staats wegen zur Freiheit verhelfen wurde (Heimpel).

Das 19. Jahrhundert läßt sich in zwei Hälften gliedern: Metternich-zeit und Bismarckzeit. Beide sind dadurch gekennzeichnet, daß die verantwortlichen Männer erreichen wollen, Frieden und Ruhe zu halten, wenn man die „Freiheits-“ und die deutschen „Einigungs“ -kriege dahingehend unter diese Formel derart einordnen will, daß man ihre kurze Dauer und ihre lokal begrenzte Ausdehnung berücksichtigt. 1. Metternich sollte nicht mehr so einseitig von den „Dewagogenverfolgungen“ her gesehen werden, nachdem wir durch die große Biographie Heinrich Ritter v. S r b i k s eine Würdigung dieses Staatsmannes erhalten haben. Seine Grenzen lagen allerdings in der österreichischen Sicht der Verhältnisse. Also wollte er keine Vernichtung Napoleons, sondern nur ein europäisches Gleichgewicht; erst die Rückkehr des Korsen hat eine radikalere Wendung des Wiener Kongresses gebracht. Auch die Beachtung des Volkswillens spielt natürlich bei Metternich keine Rolle, aber das kann auch nicht sein, weil er für seinen österreichischen Vielvölkerstaat keine nationale Selbstbestimmung gebrauchen konnte, wenn er seinen Bestand nicht damals schon hätte gefährden wollen. So ist es sicher sein Verdienst, daß es eine lange Friedenszeit von 1815— 1848 gab, die allerdings innenpolitisch erkauft wird durch die Verzichtleistung des Bürgertums, am politischen Leben so teilzunehmen, wie es ihm eigentlich durch Stein zugedacht gewesen war. 2. Die industrielle Revolution muß als Zwischenspiel hier eingeschaltet werden, und zwar schließt sie sich dem letzten Abschnitt der Metternichzeit, der deutschen Revolution von 1848 unmittelbar an, um deutlich zu machen, wie sich die wirtschaftlich-gesellschaftlichen Verhältnisse grundlegend geändert haben. Dabei kann nun wieder, wie etwa früher bei den Mönchen, in einer Art Längsschnitt verfahren werden, wenn die Industrialisierung von England her verfoglt wird in ihrer Auswirkung auf deutsche Verhältnisse: Das Anwachsen der Städte, die Landflucht im Zuge von Osten nach Westen die Arbeiterfrage mit ihren sozialen Folgen, die verschiedenen Hilfsversuche von privater oder kirchlicher Seite, aber auch das Versagen des Bürgertums und auch der Kirche, da ja die Versuche zur Abhilfe immer nur Einzelaktionen waren und noch in der Ebene des Almosens blieben, ohne daß man dem Arbeiter, dem Armen, wie man sagte, einen Rechtsanspruch auf menschenwürdiges Leben zuerkannte. Diese Tatsachen müssen aber heute deutlicher als je herausgestellt werden. Anders kann sonst nicht die radikale Entfremdung zwischen Arbeitertum und Kirche, besonders auf protestantischer Seite geklärt werden 3. Bismarck gründet das Deutsche Reich.

Dieser Abschnitt steht stärker als andere Partien der deutschen Vergangenheit unter der Forderung nach Revision. Nachdem die Historiker den Kampf pro et contra Bismarck zunächst beigelegt haben und W. Bußmann uns zu erklären versuchte, warum es bis heute unmöglich war, in der deutschen Forschung zu einer endgültigen großen Bismarck-Biographie zu kommen, sollte es aber doch dem Volksschullehrer ermöglicht werden, sich auf den neuesten Stand der Bismarck-forschung zu bringen. Das ist ihm nicht möglich, wenn er den gewaltigen Band aus dem Nachlaß von O. Becker das letzte bedeutende Werk in der Bismarck-Forschung bewältigen müßte. Am ehesten mögen sich dazu noch der Bußmann-Band oder auch die kleinen Quellenhefte eignen

Das Neuartige, aber auch das Anachronistische und Unzeitgemäße in Haltung und Politik Bismarcks lernt man am deutlichsten aus seinen ersten politischen Handlungen kennen: sein Verhalten gegenüber dem König im Babelsberger Schloß, sein Konflikt mit dem Landtag und sein vielbesprochenes Wort von Blut und Eisen, das der deutschen Politik sicherlich viel geschadet hat, das aber wohl auch propagandistisch aufgebauscht wurde über das hinaus, was Bismarck eigentlich hatte sagen wollen. Daß er als Königsdiener die Monarchie wieder zu voller Macht aufrichten will, obwohl die Zeit des Königstums vorbei ist, daß es ihm bei der politischen Verspätung der deutschen Politik tatsächlich gelingt, einen Staat auf diesen Grundlagen aufzubauen, gehört ebenso zu seiner Besonderheit wie seine Entlassung, die als Königsdiener erfolgte und nicht wie es sonst bei modernen Ministern üblfch ist, durch den Vertrauensentzug im Parlament. Seine Politik läßt sich sicher nicht auf eine Formel bringen, auch nicht auf die von „Realpolitik“. Es gibt zu viel unerklärbare Widersprüche bei ihm, für deren Berechtigung er uns selbst durch sein Wort von den „IwpoHderabilien“ einen Fingerzeig gegeben hat. Sicher können wir neben der Kritik aus liberalistischer Sicht in dem großen dreibändigen Werke E. Eycks doch auch die Heraushebung der religiösen Verantwortung durch L. v. M u r a 11 in unser Bismarckbild einfügenTB). Wir brauchen für unsere eigene Geschichte bei allen Vorwürfen gegen preußischen oder Bismarckschen Militarismus und Imperialismus solche festen Rückhalte an Bismarcks Ethos, das sich in dieser, allerdings angreifbaren persönlich-protestantischen Frömmigkeit pietistischer Prägung zeigt, das sich in seiner Selbstbeschränkung und seinem Maßhalten zeigt bei Kriegen und Friedenschlüssen, aber auch bei der Kolonialfrage. Wir müssen aber mit W. Schüßler die tragische Abtrennung Österreichs 1866 bedauern.

So lassen sich fünf Schwerpunkte herausstellen, die den vielgliedrigen Stoff klären helfen und ihn auch an den Volksschüler heranbringen lassen: Bismarck am Bundestag — Ministerpräsident und Verfassungskonflikt — Die drei Kriege und die Abtrennung Österreichs — Die Reichsgründung: Das neue Reich als Fürstenbund — Innenpolitik — Außenpolitik — Entlassung.

Daß Bismarck auch in der Innenpolitik außenpolitisch verfuhr und den Oppositionspartner wie einen feindlichen Gegner auffaßte, erklärt manche Härte seiner Maßnahmen; daß er eine unglückliche Hand bei den innenpolitischen Konflikten hatte, ist aber auch auf den Mangel an Verständnis für die Fragen des Sozialen und des Kirchlichen zurückzuführen. Er konnte die Kraft der Ideologie und des Glaubens als Gegenkräfte in ihrer Unbezwingbarkeit durch Gewalt nicht richtig einschätzen. Es scheint, als sei auch hier in der offiziellen deutschen Geschichtsschreibung noch zu wenig kritische Arbeit geleistet. Das Bild des Kanzlers als eines aufrechten deutschen Mannes wird darum noch nicht zerstört, insbesondere, wenn auch der junge Mensch im Geschichtsunterricht als letzten Eindruck jenes berühmt gewordene Bild des „Punch“ „Der Lotse verläßt das Schiff“ im Gedächtnis behält und sich dazu einprägt, wie ausländische Diplomaten den Abgang bedauerten, weil sie — und da sahen sie ja für die Zukunft richtig — befürchteten, eine verläßliche klare Linie jetzt in der deutschen Politik vermissen zu müssen. Damit leiten wir über zum Abschnitt

VIL Die Moderne Zeitalter der Moderne oder kurz „Die Moderne“, verlassen aber möglichst auch diesen Ausdruck als temporär bedingt und bedienen uns der Redeweise vom „Zeitalter der Welftttädtte und Weltkriege“ welche nun die Rankeschen „großen Mächte“ und Kabinettskriege ablösen. Die Hinweise hierzu in unserer jetzt doch sehr weitläufig gewordenen Über-sicht können kurz sein: Grundsätzlich soll hier schon das beginnen, was wir heute gern als zu bewältigende Vergangenheit bezeichnen. Durch die Herausgabe der geheimen Aufzeichnungen des Geheimrats von Holstein ist neues Licht in die Zeit Wilhelm II. gebracht, aber auch hier gilt für den belastenden Lehrer: wie soll er das aufarbeiten? Hier fehlt eine schnellere Unterrichtung des Lehrers in der Schulstube über die neuesten Ergebnisse der Wissenschaft. Wir nennen die erste Periode der Modernen die „Zeis der Unternehmer und Wirtsdtaftsführer“, weil wir glauben, daß dieser Typus Mensch damals der Zeit das Gepräge gab. Wir brauchen nur an solche Männer wie C. Rhodes oder C. Peters, aber auch an Forscher wie Nachtigall oder Sven Hedin zu denken, ja, sogar der König von Belgien geht unter die Unternehmer und erwirbt gewissermaßen auf eigene Faust eine Kolonie. Dazu gehören weiterhin die großen Wirtschaftsführer und Industriellen wie Borsig, Krupp und Siemens oder Rathenau und Ballin, mit denen Kaiser Wilhelm, eigentümlich von diesen Männern angezogen, befreundet war. Also auch hier verläßt uns unser Gliederprinzip keineswegs, vielmehr macht es gerade jetzt die Zeit weit eher deutlich als der für einen Volks-oder Mittelschüler schwer verständliche Begriff „Imperialismus“. Th. Heuss hat in seiner Geschichtsschreibung gerade diesen Gestalten des 19. Jahrhunderts (Bosch u. a.) seine Aufmerksamkeit zugewandt und die Arbeiten W. T r e u e s durch die Begründung einer Zeitschrift für Firmen-geschickte haben eine Fülle von Beiträgen für diese Blütezeit deutschen und englischen Wirtschaftsaufschwungs zur Verfügung gestellt. Jedoch fehlt es noch an einer geschlossenen Darstellung zum Imperialismus aus deutscher Sicht, ebenso zur deutschen Innenpolitik.

Wilhelm II. kann hier als Persönlichkeit stark zurücktreten. Die Zeit vor dem 1. Weltkrieg muß unter dem Gedanken „Deutschland im Kreise der Weltmächte“ behandelt werden, als das im letzten vergebliche Streben des Reiches, sich noch in die Reihe der Mächte einzuordnen, aber wieder unter der tragischen Verspätung und Überanstrengung leidet (Heimpel) Die Überschätzung der eigenen und der deutschen Möglichkeiten bei Kaiser Wilhelm führen zu den falschen Einschätzungen der Weltlage überhaupt. Das muß deutlich werden, aber ebenso muß klar werden, daß weder das deutsche Volk als Ganzes noch Kaiser Wilhelm persönlich einem zum Kriege bereiten militärischen Imperialismus angehangen hätten, wenn es auch in manchen Bestrebungen wie dem „Alldeutsdten Verband“ oder dem „Flotten-oder dem Kolonial-verein“ so aussehen konnte. Wie sehr aber der eigentliche Grund in der politischen Unwissenheit der Deutschen lag, ist bisher immer noch zu wenig deutlich geworden, da wir im Augenblick schon wieder nahe daran sind, durch Saturiertheit in politische Lethargie zu versinken und uns selbst aus politischem Mithandeln und Mitdenken auszuschalten.

Die beste Darstellung dieser Zeit hat uns H. H e r z f e 1 d gegeben, nach der Absicht des Herausgebers dieser Reihe, G e r h. Ritter, ein wahres Studienbuch für Lernende und Lehrende 3. Den Ersten Weltkrieg sollte man für den Lernenden übersichtlicher machen durch klare Einteilung in drei Teile: Siege der Deutschen in Ost und West — Eintritt der USA und Russische Revolution — Letzte Offensive im Westen und Versailler Frieden.

Damit sind wir in der nach R o t h f e 1 s so benannten „Zeitgeschichte', deren Klärung die Beilage zum „Parlament“ sich zur eigentlichen Aufgabe gesetzt hat. Für unseren Geschichtsbild-Entwurf teilen wir die Moderne in einen 2. Teil ein.

B. Zeit der Arbeiter mit den Unterabschnitten: Marx und der Sozialismus — Bolschewistische Revolution und Geschichte des bolschewistischen Rußland — Weimarer Republik — Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg.

Kritiker, die meine Überschrift „Zeit der Arbeiter“ nicht annehmen möchten, können darauf verwiesen werden, daß, wenn man durchgehend die soziale oder soziologische Gliederung der geschichtlichen Bewegungen durchführt, wir es im 20. Jahrhundert wirklich mit der Zeit zu tun haben, in der sich der vorher deklassierte „vierte Stand“ nicht nur zur Anerkennung heraufgearbeitet hat, sondern auch eine die Zeit bestimmende und prägende Rolle einnimmt. Wir brauchen gar nicht zu verweisen auf die Rolle der Gewerkschaften in der Wirtschaft oder in der Politik, sondern schon allein die Tatsache, daß in den industrialisierten Staaten der zivilisierten Welt die Arbeiter aller Art den weitaus größten Bevölkerungsteil stellen und daß sie sich ihrer Macht und Einflußmöglichkeit in Korporationen und Verbänden bewußt sind, beweist die Berechtigung einer solchen Epocheneinteilung. Daß erst jetzt und nicht schon im 19. Jahrhundert „Marx und der Sozialismus“ durchgenommen wird, bedeutet einerseits eine Durchbrechung des chronologischen Prinzips, andererseits eine Konzession an die Einprägsamkeit, die gefördert wird, wenn man alles an der Stelle zusammenfaßt, wo es am meisten wirksam ist — wie wir es früher auch bei den Mönchen oder im 19. Jahrhundert mit der Industrialisierung getan hatten. Jetzt können wir alle theoretischen Bestrebungen seit dem Kommunistischen Manifest bis Lenin zusammenfassen. Das hat außerdem den Vorteil, daß für den Unterricht jetzt reifere Schüler vor uns sitzen, denen die gewiß schwierigen theoretischen Fragen in vereinfachter Form schon eher zugemutet werden können. An die Russische Revolution sollte man vorgreifend die weitere Entwicklung der russischen Geschichte anschließen

Die Weimarer Republik bedarf einer sachlichen Würdigung, etwa in den Abschnitten: Verfassung — Ruhrbesetzung und Inflation — Locarno — Weltwirtschaftskrise — Regierung durch Notverordnung. Hüten wir uns davor, den Nationalsozialismus allzusehr nur aus den Zuständen der Weimarer Republik herzuleiten und womöglich in naiven Gemütern die Vorstellung aufkommen zu lassen, daß ja eigentlich am Nationalsozialismus die Republik schuld sei. Daß aber die damalige Regierung in ihren verschiedensten Koalitionen immer mit der schweren Hypothek des verlorenen Krieges, der Versailler Belastungen und der „Dolchstoßlegende“ ihre Arbeit tun mußte, sollte auch dem Volksschüler klar gemacht werden. 4. Für den Nationalsozialismus unter Hitler haben wir neben dem Kapitel bei Rassow von Mau und Krausnick jetzt die ausgezeichnete Zusammenfassung von Hans Buchheim. Die Beilage des Parlaments, die den vollständigen Nachdruck des Büchleins brachte, ist erfreulicherweise schnell vergriffen gewesen und wird — auch erfreulicherweise — gerade von Lehrstudenten immer wieder verlangt und auch wirklich gelesen.

Ausblick: Das Atomzeitalter Entgegen der Meinung mancher Geschichtsbuch-Verfasser und Richtlinien-Erlasser bin ich der Auffassung, daß der Geschichts -Unterricht bei 1948 mit der Währungsreform aufhören sollte. Es ist sinnlos, im Unterricht immer mit der Geschichte von Jahr zu Jahr mitzulaufen. Wir müssen das ab und zu in größeren Sprüngen tun. Alles, was nach 1948 geschehen ist, gehört in eine politische Gegenwartskunde und läßt sich einfach noch nicht bewältigen, weil es noch keine Vergangenheit ist. Wir sollten die Unterweisungen bis dahin führen, wo 1945 alle Kontinuität abzubrechen scheint. Wir sollten dann aber zeigen, wie hier eine Situation des Neubeginns vorgefunden wird, die allen Menschen guten Willens die Möglichkeit gibt, in wahrem Sinne politisch zu handeln und zwar so, wenn auch ganz anders als damals vorstellbar, es sich der Freiherr vom Stein dachte, daß die Gemeinde die Schule des Staatsbürgers sein soll. In den engen Bezirken nachbarlichen und kommunalen Lebens wird nun überall unter den schwierigsten Bedingungen einfaches, aber entschiedenes politisches Handeln von Menschen gefordert, die oft weder von Amts noch von Staats wegen dazu aufgefordert wurden, sondern einfach handeln, weil sie es aus der Notwendigkeit heraus tun müssen.

Wir fügen dann unserem Geschichtsbild, das wir mit einem Weltüberblick in den frühesten Zeiten vor 5500 Jahren begonnen hatten, wiederum einen Weltüberblick als Ausblick an und stellen fest, daß nun eigentlich nur noch eine globale Politik Sinn haben kann. Wie weit sie erreicht werden wird, ja, ob überhaupt erst einmal eine europäische Einigung und gemeinsame Politik erreicht wird, gehört nicht mehr in das Gebiet der Geschichte; sie hat keine Prognosen zu stellen, aber geschichtliches Orientierungswissen und klare politische Begriffe bereitzuhalten, damit der Mit-und Nachlebende möglichst immun werden kann gegen alle Verführbarkeit im Politischen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. In: . Die Sammlung", 13 (1958), S. 264.

  2. Hans Erich Stier: „Deutsche Geschichte im Rahmen der Weltgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart“. Deutsche Buchgemeinde 1958. Vgl jetzt auch H. Wenke: „Bewältigte Vergangenheit“ und „Aufgearbeitete Geschichte“ — zwei Schlagworte, kritisch beleuchtet. In: Gesch. in Wiss, und Unt. (GWU) 11 (1960) S. 65 ff.

  3. Michael Freund: „Deutsche Geschichte“, C. Bertelsmann Verlag 1960.

  4. Veröffentlicht in: „Geschichte in Wissenschaft und Unterricht* 11 (1960) S. 1— 2.

  5. Th. Litt: . Wissenschaft und Menschenbildung im Lichte des West-Ost-Gegensatzes', Heidelberg (1958), S. 62 f.

  6. R. Wittram: „Das Interesse an der Geschichte“, Göttg. 1958, S. 162 (Vgl. dazu meine Rezension in „Das histor. -polit. Buch" 7 (1959), S. 103).

  7. In diesem Sinne auch: W. Schlegel: „Geschichte als Tat', Lebendige Schule 14 (1959), S. 618— 641 und weitere Aufsätze dort März und April 1960!

  8. Seine NWDR-Vorträge, deren Veröffentlichung ich in meinem Parlaments-Aufsatz von 1958 erhoffte, sind nicht in Buchform erschienen, wir müssen uns noch immer mit Heimpels „Entwurf einer deutschen Geschichte“ (In: Der Mensch in seiner Gegenwart, Gttg. 1954) und mit „Kapitulation vor der Geschichte?“ (Kl. Vandenhoeck-Reihe 27) begnügen.

  9. Heimpel: „Der Mensch in seiner Gegenwart”, S. 165

  10. Vgl. dazu: W. Schlegel: „Heimatgeschichte und Weltgeschichte“, in: Die Sammlung, 14 (1959), S. 515— 528.

  11. Heimpel, „Der Mensch" ... S. 170.

  12. E. Weniger: „Didaktische Voraussetzungen der Methode in der Schule“, Beltz-Weinheim 1960, S. 39.

  13. Sammlung 13 (1958) S. 255.

  14. Heimpel, „Der Mensch in seiner Gegenwart", S. 182.

  15. W. Flitner: „Die zwei Systeme politischer Erziehung in Deutschland", in: Beilage zum Parlament BXXXII/55, S. 485.

  16. Alfred Heuß: „Verlust der Geschichte", Kl. Vandenhoeck-Reihe Nr. 82 (1959) S. 81 f. Vgl. meine Rez.demnächst in „Das historisch-politische Buch“, Musterschmidt-Verl. Göttingen.

  17. Vgl. dazu etwa den von E. Weniger gewählten Titel „Die Forderungen der Pädagogik an die politische Bildung“, Beilage zum Parlament, B XXXVII/55 v. 14. 9. 1955.

  18. Wenn ich hier und im folgenden Heuß richtig verstehe, so würde ich mich in der Ablehnung des allzulaut propagierten, doch nur methodisch begründbaren „Muts zur Lücke" bestätigt fühlen. Vgl. meinen Aufsatz . Geschichte als Tat“, 2. Teil, Lebendige Schule 14 (1959) S. 618— 642 und eben das hier im folgenden Vorzulegende als ganzheitliches Geschichtsbild anstelle beziehungsloser Kenntnisse.

  19. In: . Die Welt als Geschichte" 17 (1957) S. 281.

  20. W. Dilthey: „Einleitung in die Geisteswissenschaften*, Lpzq. Bin. 1922, 1. 351.

  21. Ebda, S. 412 £26) Aus dem Nachlaß herausgegeben: Graf Paul Yorck von Wartenburg:

  22. Tübingen 1956. Vgl. dazu: W. Schlegel: „Der Standort W. Diltheys und P. Yorcks ▼. Wartenburg*, In -Zeitschr. für Religions-und Geistesgeschichte* 12 (1960), S. 45— 59 und W. Schlegel: „Epoche* und „Bewußtseinsstellung“ als Kategorien der sittlichen und geschichtl. Welt. Demnächst in „Welt als Geschichte".

  23. Sammlung 13 (1968), S. 264.

  24. „Heimatgeschichte und Weltgeschichte" Sammlung 14 (1959), S. 528.

  25. Einen ersten Versuch in dieser Richtung hat Prof. Fr. K r e p p e 1, Kaiserslautern, kürzlich im Rahmen eines Vortrags in geradezu erregender Weise durchgeführt, als er über „Pädagogik und Zeitgeschichte* Untersuchungen anstellte, um die Stellungnahme und Stellung des Lehrers in besonders historisch-relevanten Zeitpunkten des 19. Jahrhunderts zu beschreiben. Demnächst in „Zeitschr. für Religions-und Geistesgeschichte*.

  26. Vgl, H. Pleßner: „Die verspätete Nation", Stgt. 1959.

  27. Mit der Herausgabe eines solchen Geschichtsbuches hat der Vers, begonnen.

  28. So etwa bei K. Stöcker : „Volksschuleigene Bildungsarbeit“, München (1957), wo es S. 262 heißt: . Dann liegt der eigentliche Schwerpunkt allen GU's in der Volksschule mehr als bisher in der neueren Geschichte, also vor allem in der Zeit nach 1789“. Wenn auch nachher betont wird, man soll auf die Zeit vorher nicht verzichten, so ist doch zu fragen, ob dabei nicht allmählich die Geschichte an innerer Auszehrung zugrundegehen müsse und eine erweiterte Gegenwartskunde würde!

  29. Wir schließen uns der Auffassung Alfred Webers an, wenn er sagt: . Wir dürfen uns nicht in eine Vorgeschichtsromantik hineintreiben lassen. Sonst verschieben sich die Perspektiven für das, was als hochkulturelle Leistung von universalgeschichtlicher Bedeutung geworden ist.“ »Kulturgeschichte als Kultursoziologie“, 1950, München, S. 469.

  30. W. Flitner: „Der Kampf gegen die Stoffhülle: Exemplarisches Lernen, Verdichtung und Auswahl", in: Sammlung 11 (1955) S. 556 und ähnlich in: Beilage zum . Parlament“ v. 10. 8. 1955.

  31. Heimpel: „Der Mensch in seiner Gegenwart", S. 182.

  32. Vgl. A. Weber über Hochkulturen: „Ihr Besonderes ist, daß sie in »christlichen Dokumenten das Sich-selbst-Sehen der Menschheit und ihres Schicksals niederlegen*. Kulturgeschichte, S. 21.

  33. Vgl. S. N. Kramer: „Geschichte beginnt mit Sumer". Berichte von den Ursprüngen der Kultur. P. List, München (1959) — (jetzt auch in der „Buchergilde Gutenberg").

  34. Vgl. H. J. Schoeps: „Jüdische Geisteswelt", Quellenzeugnisse aus zwei Jahrtausenden, 1953.

  35. Vgl. E. Kornemann: „Weltgeschichte des Mittelmeerraums", Mchn 1948, hier wegen der Betrachtungsweise erwähnt, zeitlich beginnt er erst mit Philipp II. von Makedonien.

  36. Vgl. Kitto: . Die Griechen", Stuttgart 1957, gibt neuartige Aspekte zur Sitten-und Kulturgeschichte der Griechen.

  37. Vgl. dazu K. Martin (Hsg.): . Kunst des Abendlandes“, I. Teil, Karlsruhe (Braun) 1956, wo in der gleichen Reihenfolge wie bei uns hier verfahren wird: mit Sumer als der ältesten Hochkultur wird begonnen und im Rahmen einer . Kunst des Abendlandes'auch die Kunst der Perser behandelt.

  38. G. Barraclough: „Geschichte in einer sich wandelnden Welt", Göttg., 1957. Hier wird an verschiedenen Stellen ausführlich über „das Problem der Spätantike" als eines Wendepunktes gesprochen. So auf S. 188 f, insbes. betont er, daß «die Völker Europas hier glücklicher waren als unter der imperialistischen Herrschaft der Antonine" S. 280

  39. E. Kornemann: . Weltgeschichte des Mittelmeerraums", II. Bd., Mchn, 1949.

  40. O. Höfler: . Das germanische Kontinuitätsproblem', Hamburg (1937).

  41. Man vgl. dazu die ganz unterschiedliche Behandlung bei G Walser in Rassows „Deutsche Geschichte“ (1953) und H. E. Stiers in „Deutsche Geschichte" (1958). Während W. es ablehnt, in Arminius den Verkörperer einer germanischen Einheit zu sehen und nach der Schlacht ein Ende des Romanisierungsbestrebens in Germanien zu erkennen, betont Stier die weltgeschichtliche Bedeutung der Schlacht (In: HZ, 1932) Auch in der Lokalisierung der Schlacht müßten wir nach Stier umlernen: Sie hat anscheinend nicht im eigentlichen Teutoburger Wald heutigen Namens, sondern weiter ostwärts an der Weser um den Köterberg herum stattgefunden. Vgl. Nebenkarte S. 37 in Westermanns Atlas zur Weltgeschichte Teil I (1956) hsgg. von H. E. Stier u. a. Da der Name Hermann unhistorisch ist, der Teutoburger Wald als Ort ungenau, wird nunmehr von der „Varusschlacht" gesprochen, was sich allerdings schon in anderen Werken findet, so z. B. bei O. v. Taube: „Geschichte unseres Volkes", Berlin, 1938.

  42. Dieser Begriff hat sich anstelle von „Deutscher Osten neuerdings in der deutschen Ostforschung insbes. auch durch Vereinbarung innerhalb der . Bundesarbeitsgemeinschaft für Ostkunde im Unterricht durchgesetzt.

  43. Leider sind diese Völkerbewegungen im einzelnen ungenau verzeichnet in dem eigens für Ostkunde herausgegebenen: „Atlas zur Geschichte der deutschen Ostsiedlung”, Velhagen und Klasinq, 1959, der bedauerlicherweise eine Anzahl von Fehlern und schiefen oder ungenauen Angaben und Darstellung enthält. Weit genauer orientiert uns da der Westermann’sche Geschichtsatlas, Teil II, oder der Geschichts-Atlas des Bayerischen Schulbuchverlags.

  44. Vgl. dazu die Zeitschrift der „Bundes-Arb. Gem für Ostkunde'„Deutsche Ostkunde", die eingehend über die intensiven Bemühungen eines Kreises von Schulmännern aller Schularten, insbesondere auch der Päd Hochschulen berichtet. Darin demnächst „Richtlinien zur Ostkunde im Geschichtsunterricht“, die im Anschluß an eine Tagung in Königswinter (Nov. 1959) zusammengestellt wurden.

  45. Vgl. G. Stadtmüller: „Geschichte Europas als Problem', in: Beilage zum . Parlament'B I/II 58 v. 15. 1. 58. Die soeben erschienene . Geschichte Europas'von A. Mirgeler, Europa et Schola Editio-Verlag, Freiburg, 1960, konnte noch nicht berücksichtigt werden. Dasselbe gilt für das im gleichen Verlag erschienene Buch von Fr. Schneider: . Europäische Erziehung'.

  46. Vgl. J. Spörl: . Beiträge des Mittelalters zu einem europäischen Geschichtsbild", in: . Das europäische Geschichtsbild und die Schule', EuropaUnion Deutschland, 1957.

  47. Heimpel: »Uber die Epochen der mittelalterlichen Geschichte'— . Europa und seine mittelalterliche Grundlegung'— . Das Wesen des deutschen Spätmittelalters'— »Entwurf einer deutschen Geschichte', in: . Der Mensch in seiner Gegenwart', Göttingen, 1954. Dazu noch E. Weniger: »Geschichte ohne Mythos'in: Die Sammlung 3 (1948) S. 31— 47 und »Die historischen Grundlagen des abendländischen Geschichtsbildes', in: »Historischer Materialismus und europäisches Geschichtsdenken'. Düsseldorf 1954.

  48. Vgl. dazu E. Hassinger: »Das Werden des neuzeitlichen Europa', Braunschweig, 1958.

  49. Es mag sein, daß ich daraufhin zu den Skeptikern gezählt werden könnte, die O. E. Schüddekopf am Schlüsse seines Berichts „Legierung der Geschichtsbilder“ (Die politische Meinung, 44 [1960]) S. 69 erwähnt, weil sie dem Gedanken eines einigen Europas die Berechtigung absprechen und die Auffassung vertreten, es sei unehrlich, ein gemeinsames europäisches Geschichtsbild vorauszusetzen. Allerdings möchte ich, wenn ich auch kein Skeptiker bin, sagen, daß ja doch aus der Berechtigung eines politisch geeinten zukünftigen Europas nicht ein entsprechendes Bild der Vergangenheit folgen muß. Ist es wirklich möglich, ja, erstrebenswert, wenn dort gesagt wird: „Es entsteht ein allen Nationen gemeinsames europäisches Geschichtsbild"? (a. a. O. S. 68) Wo bliebe da das sogar von Spörl bei der Europa-Tagung erwähnte „Sonderungsoder Filiationsprinzip” Europas?

  50. Vgl. zu der Bedeutung des Kaisertitels als eines christlichen nicht als eines über mehrere Völker gebietenden Herrschers jetzt: Siegurd Graf von Pfeil: „Der Augustus-Titel der Karolinger", in: Die Welt als Geschichte 19 (1959) S. 194— 210. War Karls Kaisertitel noch mit sakraler Autorität begabt, konnte der Augustus-Titel bei ihm noch an erster Stelle stehen, so rückte er bei Ludwig dem Frommen, der nicht diese kirchliche Weihe von Anfang an erhielt, an die zweite Stelle.

  51. Vgl. dazu: 1. Die Karte „Der reisende König" in Westermanns Atlas zur Weltgeschichte, Bd. II, S. 62 unten. (Otto I. und Friedrich I.) 2. „Das Hauptstadtproblem in der Geschichte". Festgabe Meinecke Tübg. 1952.

  52. P. E. Schramm: „Herrschaftszeichen und Staatssymbolik", Bd. II, Stgt. 1955, geschickt benutzt bei C. Hagener: „Mittelalterl. Kaiserherrschaft", in: Westermanns Päd. Beiträge 9, S. 549 ff.

  53. Aus eigenem häufigen Erleben weiß ich, daß die sogenannte „Canossa-Säule“, die Bismarck-Verehrer auf dem Burgberg bei Bad Harzburg im Harz, dem Ort der Burg Heinrichs IV. aufstellten, von den vielen tausend Besuchern im Sommer (es führt eine Schwebebahn hinauf!) entweder ignoriert oder nach kopfschüttelndem Lesen der Inschrift nicht mehr beachtet wird. Man weiß damit nichts anzufangen, was vielleicht sogar gut sein kann. Sollte man die Inschrift entfernen?

  54. Das hat der heute nur noch wenig gelesene Viktor von Scheffel in seinem Buche „Ekkehard“ durchaus richtig gesehen.

  55. K. Bosl: „Die Reichsministerialität der Salier und Staufer“, 1950/51.

  56. Im schon öfter genannten „Atlas zur deutschen Ostsiedlung", Bielefeld 1959, steht auf S. 8: „Die Rodung der ostpreußischen Wälder war die Leistung des Deutschritterordens, den der Herzog von Masovien 1226 ins Kulmer Land berief.“ Das ist natürlich eine geradezu komisch wirkende Verharmlosung der Ritter, wenn man sie sich Wald rodend vorstellt! Daß die Kämpfe im Sinne damals üblicher Kreuzzugsstimmung recht hart geführt wurden, kann nicht bestritten werden. Auch ist fraglich, ob der polnische Grenzherzog mit einer Territorialbildung nach deutschem Recht gerechnet hat.

  57. Vgl. dazu: „Städtewesen und Bürgertum als geschichtliche Kräfte", Gedächtnisschrift für Fritz Rörig, hsgg. von A. v. Brandt und W. Koppe Lübeck 1953; O. Brunner: „Stadt und Bürgertum“, in: GWU 4 (1953) S. 525 ff.

  58. Die klassische Darstellung von F. Rörig: „Die europäische Stadt im Mittelalter“, liegt wieder vor in der Kl. Vandenhoeck-Reihe 12/13. Dazu neuerdings: Edith Ennen: „Frühgeschichte der europ. Stadt“. Bonn 1953. Ausführliche Literaturangaben bei Rörig.

  59. Hierzu besonders F. Timme: „Die wirtschafts-und verfassungsgeschichtlichen Anfänge der Stadt Braunschweig“, Lpzg 1931 und weitere, neuere Arbeiten Timmes.

  60. Vgl. F. Gause: „Die Beurteilung der Ostsiedlung in Vergangenheit und Gegenwart“, in: „Deutsche Ostkunde“, 5 (1959) S. 7 ff (Mit. Lit.).

  61. Diese Anschauung vertritt nach Gause (s o.) W. Kuhn; auch H. Ludat und W. Schlesinger schätzen heute die Leistungen der Slawen höher ein als es früher üblich war. Die Aufstellung von 27 Thesen in den deutsch-polnischen Beziehungen, die auch für Polen annehmbar sein könnten, haben allerdings dort keine Erwiderung gefunden, stellt Gause fest. Er stellt selbst in seinem Beitrag sehr beachtenswerte Thesen auf.

  62. Allerdings sieht G. Stadtmüller die Vorgänge doch wohl zu einseitig nur-bayrisch in seinem neuen Buche „Geschichtliche Ostkunde" Bogen-Verlag 1960.

  63. P. Rassow: „Karl V. Der letzte Kaiser des Mittelalters", Göttg., 1957, in: „Persönlichkeit und Geschichte", Bd. 1.

  64. W. Dilthey: .'Weltanschauung und Analyse des Menschen seit Renaissance und Reformation*. Ges. Sehr. II. Göttg. 1957 (Neuauflage).

  65. Hier sei verwiesen auf die gründliche Tätigkeit einiger Institute, die sich mit der deutschen Auswanderung befassen, so etwa die . ForschungsStelle Niedersachsen im Ausland", Hannover, und die . Heimatstelle Pfalz" in Kaiserslautern, die sich neben der Amerika-Auswanderung ganz besonders der Auswanderung von Pfälzern in den Donauraum widmet und hier auf Grund eingehender Einzelforschungen unter ihrem Leiter Dr. Braun zu schönen Ergebnissen gekommen ist.

  66. Darauf hat F. S t e p u n als kompetenter Rußlandkenner hingewiesen m seinem Buch: „Der Bolschewismus und die christliche Existenz", München 1959 (Vgl. auch meine Besprechung in Ztschr. für Religions-und Geistesgeschichte 12 [1960] 1. Heft).

  67. Vgl. dazu die Arbeiten von K. Kupisch: . Zwischen Idealismus und Massendemokratie*. Eine Geschichte der deutschen evangelischen Kirche von 1815— 1945, Lettner Vig. Berlin — und im Verlage Voigt Berlin: . Das Jahrhundert des Sozialismus und die Kirche — Der Staatsmann und die Kirche*.

  68. W. Bußmann: . Das Zeitalter Bismarcks*, Bd. 3, II im Handbuch der Deutschen Geschichte, neu hsgg. von L. Just. Konstanz 1956.

  69. O. Becker: . Bismarcks Ringen um Deutschlands Gestaltung*, Hsg. A. Scharff. Heidelberg 1958, S. 930.

  70. W. Bußmann (Hsg.): . Die auswärtige Politik des Deutschen Reiches unter Bismarck — Bismarck im Urteil der Zeitgenossen'in: Quellen-und Arbeitshefte für den Geschichtsunterricht, Klett, Stgt.

  71. L. v. Muralt: . Bismarcks Verantwortlichkeit*, Göttg. 1955.

  72. W. Schüßler: Königgrätz 1866. Bismarcks tragische Trennung von . Österreich*, Janus-Bücher, München 1958.

  73. VgL H. Heimkel: . Kapitulation vor der Geschichte*, KL Vandenhoed-Reihe 27, S. 9 f.

  74. H. Herzfeld: „Die moderne Weit', II. Teil, . Weltmächte und Weltkriege", Braunschweig, 2. Ausl. 1957. Dazu jetzt auch der 4. Band in Gebhardts Handbuch der Deutschen Geschichte, bearb. von K. D. Erdmann, aber erst vom 1. Weltkrieg ab.

  75. Wer nicht das große Werk G. v. Rauchs, „Geschichte des bolschewistischen Rußland“, Wiesbaden 1955 benutzen will, kann jetzt die „Kleine Geschichte der Sowjetunion“, Frankfurt 1959 nehmen.

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