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Von Rosa Luxemburg zu Walter Ulbricht Wandlungen des deutschen Kommunismus | APuZ 31/1959 | bpb.de

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APuZ 31/1959 Von Rosa Luxemburg zu Walter Ulbricht Wandlungen des deutschen Kommunismus

Von Rosa Luxemburg zu Walter Ulbricht Wandlungen des deutschen Kommunismus

HERMANN WEBER

Die SED-Geschichtsschreibung ist politisch ausgerichtet und die Geschichtsbetrachtung wird je nach der politischen Linie verändert. Das Bild, das die SED von der KPD der Weimarer Republik zeichnet, ist daher keineswegs objektiv. Bisher sind drei Phasen der Parteigeschichtsschreibung der SED zu unterscheiden: Von der Gründung der SED Anfang 1946 bis zur Stalinisierung der Partei (1. Parteikonferenz 1949) beschränkte man sich auf die Herausgabe bekannter Schriften, die meist die Zeit vor 1914 behandelten. Über die KPD gab es nur eine kurze Skizze von Wilhelm Pieck „Zur Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschlands“. 2. Bis zum XX. Parteitag der KPdSU (1956) blühte der Stalinismus und der Personenkult in der Parteigeschichte. In erster Linie wurden Schriften über die sowjetische Partei veröffentlicht. Wie im „Kurzen Lehrgang der Geschichte der KPdSU (B)“ die russische Parteigeschichte verfälscht wurde, so verfälschte man auch die Geschichte des deutschen Kommunismus. Im Jahre 1954 (2. Auflage noch 1955!) erschien eine „Auswahl von Materialien und Dokumenten“ 1) in der wesentliche Fakten der KPD-Geschichte einfach unterschlagen wurden. 3. Mit der „Entstalinisierung" in der Sowjetunion änderte sich auch die Geschichtsschreibung der SED. Im Nachtrab der KPdSU wurden Ende 1956 erstmals die primitivsten Behauptungen des Stalinismus angegriffen. Die Fälschungen sind heute nicht mehr so plump und leicht durchschaubar, verschiedene Historiker versuchen sogar, sich der Wahrheit anzunähern.

Doch die Prinzipien der stalinistischen Geschichtsschreibung gelten weiter. Die Historiker müssen die Parteigeschichte nach der gerade gültigen politischen Linie darstellen und damit die politische Linie „historisch" rechtfertigen. Darüber hinaus muß die Geschichte herhalten, um die an der Macht befindliche Parteiführung zu d e r Parteiführung, die immer recht hatte, zu deklarieren. Andererseits müssen in der Geschichtsschreibung gegenwärtige „Parteifeinde“ zu „Parteifeinden“ seit eh und je gemacht werden. Die Geschichte wird zur zurückprojezierten politischen Gegenwart, oder, genauer, zur politischen Gegenwart, wie sie nach den Anordnungen der Parteiführung zu sein hat.

Auch die neueren Darstellungen der SED zur Geschichte der KPD (z. B. zum 40. Jahrestag der Parteigründung im Januar d. J.) wurden von diesen Prinzipien bestimmt und sind daher alles andere als objektiv. Da sich aber seit 1956 verschiedene Historiker der SED beträchtlich von den primitiven Legenden der Stalin-Ära entfernt haben, ist die starre Einheitlichkeit der stalinistischen Geschichtsbetrachtung ins Wanken geraten. Zur Zeit wird bis in die Führungsspitzen hinein um eine neue obligatorische Auslegung der Parteigeschichte gerungen.

In der Sowjetunion ist das Lehrbuch der Parteigeschichte, das den stalinschen „Kurzen Lehrgang“ ablösen soll, fertiggestellt. Es ist daher fest damit zu rechnen, daß auch die SED in absehbarer Zeit eine neue Linie für die Betrachtung der Geschichte der KPD festlegt. Die vorliegende Darstellung einiger Seiten der Geschichte des deutschen Kommunismus soll die Möglichkeit geben, die stalinistischen Fälschungen, aber auch die Hintergründe dieser Fälschungen, besser durchschauen und einschätzen zu können.

I. Die Entstehung des deutschen Kommunismus

1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. 1. 3. 4. 1. 2. 3. 4. 1. 2. 3. Die Linken der Vorkriegssozialdemokratie Die Folgen des 4. August Drei radikale Gruppen Der Gründungsparteitag der KPD Spartakusbund und Bolschewiki Die Linken und die Weimarer Republik Die Massenpartei Die März-Aktion 1921 Der Stalinismus Stalins 12 Bedingungen Das „leninistische“ Zentralkomitee Der letzte Parteitag Fraktionen der KPD Die linken Gruppen Die Rechten Die Abhängigkeit vom Apparat Spaltung der Gewerkschaften In den Abg

1. Die Linken der Vorkriegssozialdemokratie

innerhalb 1922 1920 1919 1917 1915 Die politischen Richtungen der deutschen Arbeiterbewegung nach dem 1. Weltkrieg Internation. Sozialisten (Gruppe Borchardt) Internationale) (Vereinigte Komm. Partei Deutschlands) KPD Spartakus-

bund Internat. Kommunist. Deutschlds. (Linksradikale) KPD (Sektion der III. VSPD (Vereinigte Sozialdemokrat. Partei) USPD (Link-e--) --I--(-R-Aec-h--t-e--) -------(Unabhängige Sozialdemokr.) (Mehrheitssozialdemokratie) Sozialdemokratische Partei Deutschlands I = 25 Sos bund1 Us

Die deutsche Arbeiterbewegung war vor dein 1. Weltkrieg die mächtigste der Welt und galt allen Sozialisten als vorbildlich. Auf dem letzten Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands vor dem Kriege (Jena 1913) konnte die Partei 1 Million Mitglieder mustern, sie war mit 41/4 Millionen Wählern die stärkste deutsche Partei und verfügte über 90 Tageszeitungen. 110 Reichstagsabgeordnete, 220 Landtagsabgeordnete und 2886 Stadtverordnete und Magistratsmitglieder vertraten die Partei in den Parlamenten. Die mit der Sozialdemokratie verbündeten freien Gewerkschaften zählten 21/2 Millionen Mitglieder und hatten ein Vermögen von über 88 Millionen Mark Mit ihrem Wachstum hatte sich die Partei aber auch gewandelt, ohne daß dies sofort offensichtlich geworden wäre. Von außen schien es immer noch, als sei die Sozialdemokratie die radikale Revolutionspartei, wäh-rend sie sich in der Praxis bereits zu einer gemäßigten Reformpartei entwickelt hatte. Das Z i e 1, die Erreichung des Sozialismus, war längst in den Hintergrund getreten vor der Bewegung, der Verwirklichung von Gegenwartsforderungen. Die praktische Arbeit für den Alltag verdrängte den Zukunftskampf, die Form bestimmte den Inhalt der Partei

Natürlich gab es in der Partei immer noch Kräfte, die sich dieser Entwicklung entgegenstemmten. Ein radikaler linker Flügel hatte sich schon lange vor dem Weltkrieg herausgebildet und bekämpfte die Verbürgerlichung der Sozialdemokratie. Bei den Diskussionen der Vor-kriegs-Sozialdemokratie über Massenstreik und Abrüstung versuchte die Linke die ideelle Grundlage der Partei und ihre Taktik so in Überein-stimmung zu bringen, daß die praktischen Maßnahmen aus der Theorie abgeleitet würden und die Politik und Theorie eine Einheit bildeten

Drei Richtungen rangen in der damaligen Sozialdemokratie miteinander: Die „Revisionisten“ unter Führung Eduard Bernsteins verlangten eine Revision der Marxschen Theorie, auf deren Boden die SPD offiziell stand, sie trachteten danach, die Partei vom revolutionären Wege auf einen Weg der Reformen zu bringen. Das orthodoxe „marxistische Zentrum“ unter dem Theoretiker Karl Kautsky und den Parteiführern Bebel und Singer (später Haase) vertrat gegenüber den Revisionisten den Marxismus und versuchte die reformistische Tagespolitik mit der revolutionären Theorie zu versöhnen Das Zentrum wandte sich auch gegen die radikalen Linken, unter denen Rosa Luxemburg, Franz Mehring, Leo Jogiches, Julian Marchlewski, Clara Zetkin, Karl Liebknecht eine führende Rolle spielten.

Die Auseinandersetzungen wurden mit aller Schärfe ausgetragen, doch fanden sie innerhalb der gemeinsamen Partei statt, deren Massen zudem weder der Linken noch der revisionistischen Rechten, sondern dem Zentrum anhingen. Erst durch den Krieg und die gegensätzliche Stellung zur „Vaterlandsverteidigung“ spaltete sich die Partei und verselbständigte sich ihr radikaler Flügel. Schon hier fällt der Unterschied zum russischen Bolschewismus auf. Der Bolschewismus entstand nicht nur als politische Strömung bereits im Jahre 1903, die Bolschewiki schlossen sich praktisch auch sofort zu einer eigenen Organisation zusammen. Überdies waren unterschiedliche Organisationsauffassungen der direkte Anlaß der russischen Spaltung.

Der radikale Flügel des deutschen Sozialismus bildete erst nach dem Krieg eine eigene Partei und erst nach dem Sieg des Bolschewismus in Rußland kam es zu einer intensiveren Annäherung der beiden linken Strömungen. Der deutsche Kommunismus war weder ein „Produkt“ des russischen noch eine einfache Kopie, er wurde aus anderen Quellen gespeist.

Die Zielsetzung des Bolschewismus war eine radikale Fassung der sozialistischen Forderungen die vom Gedanken der Weltrevolution des Proletariats ausging. Nach der leninistischen Theorie spielt die Partei eine hervorragende Rolle bei der Durchführung und Organisierung der Revolution. Die straff organisierte und zentralisierte Kader-partei der Berufsrevolutionäre als „Avantgarde des Proletariats" sollte in konspirativer Arbeit die Revolution führen. In der Taktik maß der Bolschewismus der Bauernschaft und den nationalen Spannungen als Hilfskräften der Revolution größte Bedeutung bei.

Zweifellos waren die deutschen Linken und ihre wichtigste Theoretikerin, Rosa Luxemburg, Anhänger der Weltrevolution, aber ihre Revolutions-und Parteivorstellungen unterschieden sich stark von den bol-

schewistischen. Nach der Spaltung der russischen Sozialdemokratie standen die deutschen Linken und insbesondere Rosa Luxemburg, den lenin-Seite sehen Organisationsvorstellungen ablehnend gegenüber. Eine straff organisierte Elite von Berufsrevolutionären wurde von ihnen verworfen. Die von den Bolschewiki propagierte Zentralisierung schien ihnen undemokratisch und gefährlich, da sie der Führung zu viel Macht überließ. Die selbständige Aktion der Massen schien den deutschen Linken das Entscheidende der sozialistischen Revolution. Scharf wurde der „Ultrazentralismus" Lenins bekämpft, da „die sozialdemokratische Organisation nidtt auf blindem Gehorsam, nicht auf der medtanischen Unterordnung der Parteikämpfer unter ihre Zentralgewalt basieren kann... Rosa Luxemburg meinte: „Es hieße aber den aus ihrem Wesen notwendigerweise entspringenden Konservatismus jeder Parteileitung geradezu künstlich in gefährlidtem Maß potenzieren, wenn man sie mit so absoluten Machtbefugnissen negativen Charakters ausstatten würde, wie es Lenin tut... „Fehltritte, die eine wirklich revolutionäre Arbeiterbewegung begeht, sind geschichtlich unermeßlich frudttbarer und wertvoller als die Unfehlbarkeit des allerbesten Zentralkomitees

Die deutschen Radikalen gingen davon aus, daß die Massen ein richtiges Gefühl von der Lage haben, wenn es einmal geweckt sei. Der „Spontaneität“ der Massen wurde großes Gewicht beigemessen. Das „Selbstbestimmungsrecht der Nationen“, das die Bolschewiki — wenigstens theoretisch — anerkannten, lehnten die deutschen Linken als überholt ab und stellten einen radikalen Internationalismus entgegen. Der Bauernfrage schenkten sie im Industrieland Deutschland naturgemäß kaum Beachtung. Im Gegensatz zu den Bolschewiki waren die deutschen Linken vor dem Krieg auch nicht bereit, an eine Spaltung der sozialistischen Bewegung zu denken, sie versuchten vielmehr, die „bürgerlichen“ Teile aus der Gesamtbewegung zu verdrängen. Diese theoretischen und taktisch unterschiedlichen Wurzeln des deutschen Kommunismus wurden von der KPD später oft genug angekreidet. Arkadij Maslow schrieb schon im Dezember 1924, der Spartakusbund sei weit davon entfernt gewesen, eine bolschewistische Partei zu sein. „ ...der alte Spartakusbund verstand ebensowenig wie die USP die Rolle der revolutionären proletarischen Partei, denn diese Frage hat Lenin gestellt und gelöst, und die Führer des alten Spartakusbundes, mit Rosa Luxemburg an der Spitze, waren in diesem, im wesentlichsten Punkte, A n t i l e n i n i s t e n

Noch deutlicher wurde die Eigenständigkeit des Spartakusbundes in der stalinistischen Ära verdammt, als es hieß: „Die Bolsdiewiki waren jedoch die einzigen, die 1904 bis 1912 den Bruch mit den Opportunisten und den zentristischen Versöhnlern — den verkappten Opportunisten — vollzogen. Sie drängten die Linken in der deutschen Sozialdemokratie in jeder Weise zum Bruch, zur Spaltung mit ihren Opportunisten und Zentristen. Aber die linken Sozialdemokraten erwiesen sich nicht als reif, in die Fußstapfen der Bolschewiki zu treten. Stalin betont, daß die deutschen Linken , eine schwache und ohnmächtige, organisatorisch nicht herausgebildete, ideologisch nicht ausgeprägte Gruppe darstellten, die sich fürchtete, das Wort „Bruch", „Spaltung" auch nur auszusprechen'.

Die Bolschewiki konnten die Linken in Deutschland nur unter bestimmten ernsten Vorbehalten unterstützen, da die Linken immerfort zwischen Bolsdiewismus und Mensdtewismus, das heißt zwischen der revolutionären und der opportunistischen Haltung schwankten und halbmenschewistische Fehler begingen“ P

2. Die Folgen des 4. August

Am 4. August stimmte die Sozialdemokratische Reichstagsfraktion geschlossen den Kriegskrediten zu. Auch die 14 Abgeordneten, die in der Fraktionssitzung dagegen gesprochen hatten, unterwarfen sich der Parteidisziplin. Der 4. August 1914 schien ein völliges Umfallen der Partei zu bedeuten. Er war eine Abwehr von der bisherige Abgeordneten, die in der Fraktionssitzung dagegen gesprochen hatten, unterwarfen sich der Parteidisziplin. Der 4. August 1914 schien ein völliges Umfallen der Partei zu bedeuten. Er war eine Abwehr von der bisherigen scharfen Anti-Kriegshaltung. Noch wenige Tage vor dem Krieg schrieb die Parteipresse: „Aber auch bei uns ist es notwendig, daß das Proletariat mit aller Entschiedenheit seine Friedensliebe betont und denHerrsdtenden zuruft: Hütet euch, das Kriegsgespenst heraufzubeschwören! Ihr seid es letzten Endes, die die Zeche bezahlen!“

Am 28. Juli schrieb der „Vorwärts“, das Zentralorgan der Partei: „Nidtt der Zarismus ist in diesem Augenblick die schlimmste Kriegs-gefahr, sondern das übel beratene Österreich” 12).

Der „Vorwärts“ rief am 27. Juli zu 27 Versammlungen in Berlin auf, mit der Losung: „Es gilt die Front zu madten gegen die unverantwortlichen und verantwortlichen Kriegshetzer, die nicht davor zurücksdreuen, einen Weltbrand zu entflammen“ 13).

Mit der Zustimmung zu den Kriegskrediten war offenbar geworden, daß es in Deutschland keine revolutionäre Massenpartei gab: „Aber während die Sozialdemokratie gewiß nicht die deutsche Arbeiterklasse durch ihre Politik des Vierten August „verriet", verriet sie dodi die revolutionären Prinzipien, zu denen sie sich in der Vergangenheit so oft bekannt hatte. Diese Anklage ist unwiderlegbar; unwiderlegbar auch dann, wenn die deutschen Sozialdemokraten ernsthafte Anstrengungen machten, ihre Haltung bei Ausbruch des Krieges als „einzig marxistisch mögliche“ zu erklären" 14).

Die Hochachtung vor der mächtigen deutschen Sozialdemokratie mußte dadurch gerade im Ausland „verständlicherweise in Verbitterung und Mißtrauen umschlagen"

Hinter der Einstimmigkeit der Fraktion am 4. August, erhob sich bereits der Schatten der Spaltung. Es ging bei den Kontroversen in der Sozialdemokratie nicht nur um die Bewilligung der Kriegskredite und das Prinzip der Vaterlandsverteidigung, sondern auch um die Kriegs-ziele. Bald zeigten sich neue Gruppenbildungen, die sich nicht immer mit den alten Richtungsunterschieden zwischen Revisionisten und Marxisten deckten. „Jene Nurgewerkschaftler und Ideologen, die sich mit dem wilhelminischen Staat innerlidt abgefunden hatten und sich im Grunde allein für die Hebung der wirtschaftlichen Lage der Arbeiter im Rahmen dieses Staates interessierten, verfielen jetzt dem reinen Nationalismus, sie verzichteten im Namen des „Burgfriedens“ zunächst auf jede Kritik an der kaiserlichen Regierung und ließen sich in vielen Fällen sogar zur Unterstützung der absurden Annexionsforderungen mitreißen, die Militärs, Professoren und Wirtschaftler im Siegesrausch der ersten Kriegsmonate aufstellen . ..“

Da schrieb die Reußische Tribüne': Wir stehen treu zu den Volksgenossen bis zum Tod. Das Wehen eines neuen Geistes geht durch Deutschland". Und die . Chemnitzer Volksstimme': „Uns alle beherrscht jetzt nur die eine Frage: Wollen wir siegen? Und unsere Antwort lautet: Ja!“ In der . Weimarischen Volkszeitung'las man'... nun ist das Volk selbst bedroht von den Horden des Blutzaren denen sich das irregeführte Frankreich, das kapitalistische England zugesellt. Ein Kampf auf Leben und Tod hat begonnen. Wir müssen, wir werden ihn in Ehren bestehen“. Die Magdeburger Volksstimme gelobte: „Das politische wie wirtschaftliche Interesse der Arbeiterschaft verlangt, dafl Deutschland in dem fürchterlichen Ringen Sieger bleibt. Deshalb erfüllen die mehr als zwei Millionen Sozialdemokraten, die ins Feld gezogen sind, ihre Pflicht bis zum letzten Atemzuge“. Die Rheinische Zeitung schrieb: „Auch die deutsdne Arbeiterklasse kann einen Frieden nidit wünschen, der nidits anderes sein würde als ein bloßer Waffenstillstand. .. solange das Moskowitertum nidit gefesselt am Boden liegt, darf ein Krieg nicht beendet werden, der Europa von Asien befreien, Rußland aus der europäisdten Politik aussdialten soll“ Dieser Chauvinismus in einer gestern noch internationalistischen Partei mußte den Graben zwischen den Parteigenossen noch tiefer aufreißen. Die Spaltung vollzog sich schrittweise. In Stuttgart hatte die „Schwäbische Tagwacht“ unter Leitung von Crispien von Anfang an die Kriegskreditbewilligung bekämpft. Schon am 4. November wurde der Zeitung ein neuer Chefredakteur vom Württembergischen Parteivorstand aufgezwungen, worauf die Redakteure Crispien, Hoernle und Walcher aus Protest zurücktraten und ein eigenes Mitteilungsblatt herausgaben. So bildete sich eine eigene Gruppe heraus und in Württemberg hatte sich die Spaltung der Sozialdemokratie in Deutschland zum ersten Mal vollzogen Auch in Berlin u. a. Orten kam es im November 1914 zu folgenschweren Auseinandersetzungen wegen der Haltung der Mehrheit des Parteivorstandes und der Reichstagsfraktion. Mit der längeren Dauer des Krieges verschärften sich nicht nur die Widersprüche, die Kriegsgegner formierten sich gegen die Parteimehrheit. Besonders nachdem Karl Liebknecht am 4. Dezember 1914 die Fraktionsdisziplin durchbrochen und als einziger gegen die Kriegskredite gestimmt hatte und im März 1915 neben Liebknecht auch Otto Rühle gegen die Kredite stimmte und etwa 30 Abgeordnete den Saal verließen, erstarkte die Opposition. Im Juni 1915 wurde ein Protestbrief von ca. 1000 oppositionellen Funktionären unterschrieben und am 19. Juni 1915 trafen Haase,

Kautsky und Bernstein mit einem, „Das Gebot der Stunde“ genannten Protest gegen die Politik der Mehrheit an die Öffentlichkeit. Im März 1916 spaltete sich die sozialdemokratische Reichstagsfraktion. 18 Abgeordnete unter Haase, Ledebour und Dittmann bildeten die sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft. Ostern 1917 wurde die Spaltung der Partei offen dokumentiert, als sich in Gotha die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands konstituierte. Als Ziel der neuen Partei hatte Ernst Däumig drei Gesichtspunkte aufgestellt: „ 1.der Arbeiterklasse müsse das Vertrauen auf Demokratie und Sozialismus wiedergegeben werden; 2. die Neuorganisation müsse die höchste politische Aktionsfähigkeit im alten sozialdemokratischen Geiste erzielen; 3. die Organisation der deutschen Sozialdemokratie müsse in der Internationale wieder zu Bedeutung und Ansehen gelangen und dadurch dem Frieden dienen“

Die neue Partei hatte alles andere als ein einheitliches Gesicht, sie wurde im wesentlichen durch ihre Ablehnung des Krieges zusammengehalten. In der USP fanden sich sowohl der Führer der Revisionisten, Bernstein, als auch der Theorethiker des marxistischen Zentrums, Kautsky und ein Großteil der ehemaligen Linksradikalen.

Die radikalen Gruppen hatten inzwischen mit der illegalen Arbeit gegen den Krieg begonnen und verstärkten ihre Bemühungen nach Liebknechts Verhaftung (1916). Die Auseinandersetzungen beschränkten sich nicht mehr auf die Kriegsfrage, sondern dehnten sich auf alle Gebiete aus. Der Mehrheit wurde Verrat am Sozialismus überhaupt vorgeworfen. Die Weltrevolution wurde als unvermeidliche und notwendige Folgeerscheinungen des Weltkrieges angesehen und damit fand eine Annäherung an den Bolschewismus statt. Daß jedoch die Haltung zum Krieg in Deutschland der entscheidende Keil für die Parteispaltung war, geht nicht nur aus der Zusammenarbeit der Linken mit Bernstein und Kautsky hervor, sondern auch aus dem Übertritt einer Reihe ehemaliger führender Linker wie Lensch, Haenisch, Cunow, ins Lager der Mehrheits-Sozialdemokratie. Auch sie waren „patriotisch oder gar imperialistisch geworden“

3. Drei radikale Gruppen

Innerhalb der radikalen deutschen Linken bildeten sich während des Krieges drei Gruppen heraus. Die bedeutendste (und eigentlicher Vorläufer der KPD) war die „Gruppe Internationale", die nach ihrem (illegalen) Organ „Spartakusbriefe" auch Spartakusbund genannt wurde. Geführt wurde die Gruppe von den bekanntesten Linken der Vorkriegssozialdemokratie. Sie traten als überzeugte Internationalisten besonders scharf gegen die Vaterlandsverteidigung auf (die immerhin den ganzen Vorkriegs-Resolutionen der II. Internationale widersprach). Die Gruppe begann sich nach den Augusttagen 1914 zu organisieren und gab in der Folge illegale Flugblätter heraus. Von der geplanten Zeitschrift „Die Internationale" konnte nur eine Nummer im April 1915 erscheinen (mit Beiträgen von Luxemburg, Mehring Thalheimer u. a.). Im Mai 1915 erschien das für die Gruppe „Internationale“ wegweisende illegale Flugblatt mit Karl Liebknechts berühmten Ausruf: „Der Hauptfeind steht im eigenen Lande Am 1. Januar 1916 hatte die Gruppe zum erstenmal eine Reichskonferenz abgehalten die als Plattform „Leitsätze" für die weitere Tätigkeit annahm. Darin wird faktisch die Umwandlung des Krieges in den Bürgerkrieg und die Gründung einer Arbeiterinternationale gefordert

Seit 1916 gelang es der Gruppe auch (besonders durch ihren Organisator Leo Jogiches) die „Spartakusbriefe“ fast regelmäßig herauszugeben und so den Zusammenhalt der Gruppe zu stärken. Trotz ihrer prinzipiell gleichen Zielsetzung mit den Bolschewik! unterschied sich die Gruppe „Internationale“ stark von den Russen. Das ging nicht nur aus der theoretischen Grundlage des Spartakusbundes, Rosa Luxemburgs „Junius-Broschüre“ (die von Lenin scharf kritisiert wurde) hervor, sondern auch aus der Haltung der Vertreter der Gruppe auf den Internationalen Konferenzen.

In der Schweiz fand im September 1915 die „Zimmerwalder Konferenz“ statt, auf der sich pazifistische und internationalistische Teile der ehemaligen II. Internationale trafen. Die Vertreter der Gruppe, Ernst Meyer und Berta Thalheimer, teilten zwar Lenins Kritik an der II. Internationale, sie waren aber nicht bereit, sich sofort von der Partei loszusagen, wie Lenin forderte. Sie befürchteten, damit ihre Gruppe zu isolieren und zu einer Sekte zu werden.

Je länger sich der Krieg hinzog, um so mehr wuchs der Einfluß der Spartakus-Gruppe, die nach der Gründung der USPD geschlossen der neuen Partei beitrat. Im Laufe des Jahres 1918 näherte sich ein Teil der Spartakisten der bolschewistischen Theorie. Sie waren von der russi-schen Revolution beeindruckt und sahen in der russischen Verfassung von 1918 und der leninistischen Rätetheorie nachahmenswerte Beispiele. Ernst Meyer, Franz Mehring und Clara Zetkin bekannten sich nach der Oktoberrevolution in Briefen und Artikeln zur leninschen Form des Kommunismus Trotzdem blieben die Luxemburgschen Ansichten auch 1918 für den Spartakusbund die theoretische Richtschnur.

Eine zweite radikale Gruppe, die Bremer Linksradikalen, stand Lenin weit näher als der Spartakusbund. Außer in ihrem Zentrum Bremen hatten sie im Norden, in Sachsen und im Rheinland Stützpunkte. Unter Johann Knief und Paul Frölich gaben sie die „Arbeiterpolitik“ ein legales Wochenblatt heraus und stimmten „mit dem Spartakusbund in den Grundfragen überein Mitarbeiter der „Arbeiterpolitik“, waren auch die bolschewistischen Führer Lenin, Radek, Sinowjew und Bronski

Der Vertreter der Gruppe, Paul Frölich, schloß sich in Kienthal der (leninschen) Zimmerwalder Linken an — im Gegensatz zu den Vertretern des Spartakusbundes. Ganz im leninschen Sinne traten die Bremer Linksradikalen auch nicht der USP bei, sondern kämpften „hartnäckig für die Gründung einer eigenen linksradikalen Partei“ Die Gruppe nannte sich seit 1918 „Internationale Kommunisten Deutschlands“.

Eine dritte linksradikale Gruppe unter Julian Borchardt, einem engen Freunde Radeks, stand den Bolschewiki ebenfalls sehr nahe. Diese „Internationalen Sozialisten Deutschland“ mit ihrem Organ „Lichtstrahlen" besaßen jedoch keinen nennenswerten Masseneinfluß.

Borchardt selbst hatte sich schon auf der ersten Zimmerwalder Konferenz allen leninschen Thesen angeschlossen und lehnte es ebenfalls ab, in die USPD einzutreten. Für die pro-leninsche Haltung der beiden letztgenannten Gruppen war der Einfluß Karl Radeks, der schon vor dem Krieg in Deutschland gewirkt hatte, ausschlaggebend. Trotz aller Vorbehalte Rosa Luxemburgs machte der Spartakusbund nach der russischen Revolution jederzeit Propaganda für die Bolschewiki, da er grundsätzlich auf dem Boden der Oktoberrevolution stand.

Vor der deutschen Novemberrevolution kam es zu einer Annäherung zwischen dem Spartakusbund und den „Internationalen Kommunisten Deutschlands“. Am 7. Oktober 1918 fand eine gemeinsame Konferenz statt, auf der sich beide Gruppen darüber einig waren, daß der Krieg in seine letzte Periode eingetreten sei. Die Konferenz forderte die unverzügliche Freilassung aller politischen Gefangenen und die Aufhebung des Belagerungszustandes. Unter den Losungen: „Es lebe die soziale Revolution! Es lebe der Friede der 'Völker! Nieder die Regierung! Tod dem Kapitalismus!“ wurde beschlossen die Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten in allen Orten sofort in Angriff zu nehmen

Durch die Novemberrevolution bekamen die linken Gruppen (deren Einfluß auf die Revolution trotz ihrer zahlenmäßigen Schwäche nicht unterschätzt werden sollte) volle Handlungsfreiheit. Rosa Luxemburg kam am 10. November aus dem Gefängnis. Sie hielt es für verfrüht, sofort eine Räterepublik zu proklamieren und sah die Hauptaufgabe des Spartakusbundes darin, sozialistisches Klassenbewußtsein in den Arbeitern zu erwecken. Da die USPD die Mehrheit der Arbeiter zu erfassen schien, sollte der Spartakusbund innerhalb der Partei bleiben

Da es aber nicht gelang einen Parteitag der LISP durchzusetzen, die USPD-Führung auch nicht geneigt schien, den Forderungen des Spartakusbundes Gehör zu schenken, war Rosa Luxemburg bald bereit, dem Drängen Liebknechts und anderer nach der Gründung einer eigenen Partei nadizugeben.

4. Der Gründungsparteitag der KPD

Am 30. Dezember 1918 trat im Festsaal des Berliner Abgeordnetenhauses der Gründungsparteitag der KPD zusammen. Auf einer nichtöffentlichen Sitzung hatte sich am Vortage der Spartakusbund gegen nur drei Stimmen für die Trennung von der USPD und für die Gründung einer eigenen Partei entschieden. Auf dem Parteitag waren 100 Teilnehmer, davon 83 Delegierte aus 46 Orten, anwesend. Die Tagesordnung lautete:

1. Die Krisis in der LISP (Referent Karl Liebknecht)

2. Die Nationalversammlung (Referent Paul Levi)

3. Unser Programm und die politische Situation (Referent Rosa Luxemburg) 4. Unsere Organisation (Referent Hugo Eberlein)

5. Wirtschaftliche Kämpfe (Referent Paul Lange)

6. Internationale Konferenz (Referent Hermann Duncker)

Zu Vorsitzenden des Parteitages wurden Pieck und Walcher, zu Schriftführern Heckert und Rosi Wolfstein gewählt

Liebknecht warf der USP vor, ein Gelegenheitsprodukt des Krieges zu sein und keine zielklare Klassenpolitik zu betreiben. Die Prinzipien-zuziehen und uns als neue selbständige Partei zu konstituieren ... mit klarem Programm, Ziele und Mittel zusammengestimmt nach den Interessen der sozialistischen Weltrevolution . Heckert beantragte für die Partei den Namen „Kommunistische Partei Deutschlands (Spartakusbund)“, der mit großer Mehrheit angenommen wurde. Rosa Luxemburg und Jogiches waren vor dem Parteitag für den Namen „Sozialistische Arbeiterpartei“ eingetreten Mit „lebhaftester Freude“ begrüßte der Parteitag Karl Radek als Abgesandten der russischen Regierung. Seine Rede „entfesselte einen Sturm der Begeisterung Zu schweren Auseinandersetzungen kam es auf dem Parteitag bei der Beratung über eine Wahlbeteiligung zur Nationalversammlung. Levi schlug als Vertreter der Zentrale vor, an den Wahlen teilzunehmen, was nach dem Protokoll zu „stürmischen Unterbrechungen“ führte. Die grundsätzliche Einstellung des Spartakusbundes für die Räte wurde von der Mehrzahl der ultralinken Delegierten als Anti-Parlamentarismus überhaupt ausgelegt. Unter lebhaftem Beifall erklärte Rühle, ein Beschluß für die Wahl wäre nicht nur blamabel, sondern selbstmörderisch, es gäbe nur eine Aufgabe: „Stärkung der Macht der Arbeiter-und versawvnlung nach Schilda verlege, so würden wir eben eine neue Re-gierung in Berlin zu bilden haben Rosa Luxemburg, die erklärte, „Genossen, ihr wacht eudt euren Radikalismus etwas sehr beciuem“ und die auf die Unreife der Massen hinwies, erhielt nur schwachen Beifall. Mit 62 gegen 23 Stimmen wurde eine Wahlbeteiligung abgelehnt

Auf dem Parteitag vereinigten sich die „Internationalen Kommunisten Deutschlands" nach einigen Verhandlungen mit dem Spartakus-bund. Damit wurde das leninfreundliche Element in der KPD gestärkt. Da die Linksradikalen jedoch anti-gewerkschaftlich und in der Organisationsfrage anti-zentralistisch eingestellt waren (ihre Reichskonferenz im Dezember 1918 hatte die „föderative Organisationsform“ für notwendig erklärt) kamen durch die neue Gruppe wiederum auch dem Leninismus fremde Vorstellungen in die neugegründete KPD. Ganz im Sinne der förderativen Organisationsform sagte der Referent Eberlein auf dem Parteitag, die einzelnen Orte müßten für die Gestaltung ihrer Organisation völlige Freiheit behalten. Es dürfe von oben her nicht uniformiert werden. Die einzelnen Organisationen sollten völlige Autonomie haben. „Die Zentrale hat in der Hauptsache die Aufgabe, zusammenzufassen, was draußen vor sich geht und die politische und geistige Fülirung zu übernehmen. Die Frage der Presse darf auch nicht zentral geregelt werden, ebensowenig die Flugblatt-und Schriftenausgabe

Der Versuch, die revolutionären Obleute, die in Berlin während und nach der Revolution unter der Arbeiterschaft eine große Rolle spielten, für die Partei zu gewinnen, schlug fehl. Die Obleute verlangten, daß der Beschluß über den Anti-Parlamentarismus zurückgenommen und jede Putschtaktik abgelehnt werde. Sie wollten Parität der Programm-kommission, Einfluß auf die Presse und Streichung von „Spartakusbund“ aus dem Parteinamen. Wegen dieser Forderungen kam eine Einigung mit den revolutionären Obleuten unter Däumig und Ledebour nicht zustande.

Zum Programm der neuen Partei hielt Rosa Luxemburg eine ausführliche Rede. Nach einer Abrechnung mit der SPD und LISP erklärte sie: „Der Sozialismus wird nicht gemacht und kann nicht gemacht werden durch Dekrete, auch nicht von einer noch so ausgezeichneten sozialistischen Regierung. Der Sozialismus muß durch die Massen, durch jeden Proletarier gemadit werden. Dort, wo sie an die Kette des Kapitalismus geschmiedet sind, dort muß die Kette zerbrochen werden. Nur das ist Sozialismus, nur so kann Sozialismus gemadit werden

Sie meinte, es gebe nur einen Weg den Frieden zu sichern, nämlich die Weltrevolution des Proletariats Notwendig sei in erster Linie, daß die Revolution den Arbeiterräten alle Macht im Staate bringe, daher müßten die Massen darin geschult werden, alle Gewalt zu übernehmen. Es genüge auch keineswegs, die offizielle Gewalt im Zentrum zu stürzen und durch ein paar oder ein paar Dutzend neuer Männer zu ersetzen

Der Parteitag wählte eine Zentrale mit 12 Mitgliedern: Hermann Duncker, Käthe Duncker, Eberlein, Frölich, Lange, Jogiches, Levi, Lieb-knecht, Luxemburg, Meyer, Pieck und Thalheimer Der erste Parteitag der KPD zeigte, daß die Partei den radikalen Flügel des deutschen Sozialismus vertrat. Über die Diktatur des Proletariats sollte die klassenlose Gesellschaft erreicht werden. Die Räte, die Vertreter der Arbeiter, sollten die Macht übernehmen und so eine Staatsform schaffen, die der sowjetischen Verfassung entsprach. Doch die Unterschiede zur Theorie und Praxis des Bolschewismus sind nicht zu übersehen. Der Terror wurde von der KPD prinzipiell abgelehnt: „Die proletarische Revolution bedarf für ihre Ziele keines Terrors, sie haßt und verabscheut den Menschenmord“, hieß es in ihrem Programm Auch der Putschismus wurde mit den Worten zurückgewiesen: „Der Spartakus-bund wird nie anders die Regierungsgewalt übernehmen als durch den klaren, unzweideutigen Willen der großen Mehrheit der proletarischen Massen in ganz Deutsddand

Liebknecht hatte kurz vor der Parteigründung erklärt, selbst eine sozialistische Nationalversammlung könne wegen des Widerstands der Kapitalisten den Sozialismus nicht bringen. Hier sei „einzig und allein der außerparlamentarische, revolutionäre Kampf des Proletariats entscheidend. Nur durdt ihn ist das Proletariat imstande, die Geselsdiaft nach seinem Willen zu formen

Allerdings betonte er auch:

nicht zur Gewalt und nidtt zum Blutvergießen rufen wir das Proletariat auf; aber wir rufen es auf zu revolutionärer Tatbereitschaft und zur Entfaltung all seiner Energie, auf daß es den Neubau der Welt in seine Hände nehme ... Das revolutionäre Proletariat darf keinen Augenblidi mehr zögern, die bürgerlichen Elemente aus allen ihren politischen und sozialen Maditstellungen zu entfernen; es muß die ganze Macht selbst in seine Hände nehmen. Gewiß, wir werden zur Durdtführung der Sozialisierung des Wirtschaftslebens die Mitwirkung auch der bürgerlichen Intelligenz, der Fadimänner, der Ingenieure braudien; aber sie werden unter Kontrolle des Proletariats ihre Arbeit verriduen

Der Gründungsparteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands machte offenbar, daß die neue Partei in sich noch sehr widersprüchlich war, die Mehrheit für den Wahlboykott schien Rosa Luxemburgs Skepsis recht zu geben; Jogiches überlegte während der Sitzung sogar, ob man den Parteitag auffliegen lassen solle Trotz der Begeisterung für die russische Revolution zeigte der Gründungsparteitag, besonders aber das Programm, daß bei gleicher Zielsetzung die Strategie und Methoden der deutschen KP unter dem Einfluß Rosa Luxemburgs noch sehr verschieden von der des russischen Bolschewismus waren.

II. Der Einfluß Moskaus wächst

1. Spartakusbund und Bolschewiki

Die Konferenzen von Zimmerwald und Kienthal während des Krieges hatten den Grundstein einer Zusammenarbeit zwischen den linken Gruppen gelegt, die auch nach dem Sieg der Bolschewiki nicht abbrach.

Die russische Revolution, der Sturz des Zarismus und auch der Sieg der Bolschewiki hatte unter der Arbeiterschaft vieler Länder große Sympathie gefunden

Innerhalb des Spartakusbundes, dessen Vertreter auf der Zimmer-wälder Konferenz noch gegen die Bolschewiki gestimmt hatten, war man für die Eindrücke aus dem revolutionären Rußland besonders empfänglich. Ein Teil der Führer näherte sich der bolschewistischen Theorie. Sie hatten zum Teil schon vor dem Kriege den Parlamentarismus abgelehnt und nach neuen Formen für den proletarischen Staat gesucht. Lenins Rätetheorie und die russische Verfassung von 1918 wurden nun als konkrete Übergangsform zum Sozialismus angesehen.

Doch ebenso, wie Rosa Luxemburg die Gründung der KPD für verfrüht hielt und möglichst lange mit den USP-Massen in Verbindung bleiben wollte, so war sie auch gegen voreilige Versuche, eine neue Internationale der kleinen radikalen und den Bolschewiki nahestehenden Gruppen zu bilden. Der deutsche Delegierte auf dem Gründungskongreß der Komintern „Max Albert“ (d. h. Hugo Eberlein) war von ihr verpflichtet worden, sich mit allen Mitteln einer sofortigen Gründung zu widersetzen.

Die III. Internationale wurde im März 1919 gegründet. An der Konferenz nahmen infolge der militärischen Intervention und Blockade gegen die Sowjetunion nur eine kleinere Anzahl von Vertretern revolutionärer Organisationen teil Lenin eröffnete die Sitzung und bat als erstes alle Anwesenden „das Andenken der besten Vertreter der III. Internationale, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, durch Erheben von den Sitzen zu ehren Der deutsche Vertreter Eberlein hielt sich an die Weisungen der inzwischen ermordeten Rosa Luxemburg und war der Einzige, der die Gründung der Komintern nicht unterstützte. „Die Delegierten Rußlands, des Balkans, der Sdtweiz, Österreichs und Schwedens beantragen, die Gründung der 111. Internationale sofort vorzunehwen. Der Vertreter Deutsddands wendet sich dagegen und verlangt, daß die hier angenournrenen Richtlinien erst den Arbeitern der einzelnen Länder zu unterbreiten seien; erst wenn diese sich zu den hier aufgestellten Ridttlinien bekennen, könne die offizielle Gründung der III. Internationale erfolgen .. .

Obwohl sich die KPD der III. Internationale 55a) trotzdem anschloß, blieben zunächst eine Reihe nicht unbedeutender Unterschiede zwischen den bolschewistischen und spartakistischen Ansichten bestehen. In den Grundfragen waren sich beide Richtungen einig: man erstrebte die Weltrevolution, die Räteherrschaft als Form der Diktatur des Proletariats und bekämpfte die rechten Sozialdemokraten als „Kriegssozialisten“ und die linken (USP) als „Zentristen“, aber noch immer war die Auffassung von der Rolle der Partei und von den konkreten Formen der Übergangsherrschaft recht verschieden. Das Prinzip der bolschewistischen Parteigestaltung, der Zentralismus, war nicht nur auf dem Gründungsparteitag abgelehnt worden, sondern fand selbst auf dem 5. Parteitag Ende 1920 noch Gegner. Der Delegierte Tittel aus Stuttgart wandte sich gegen den „bürokratischen Zentralismus

Radek verlangte dagegen im selben Jahr strafferen Zentralismus und das Recht der Zentrale „einzelnen Organisationen bis zur Parteikonferenz das Recht zu nehmen, im Namen der Partei zu sprechen, einzelne Genossen auszusdiließen, zu einzelnen Fragen selbständig Stellung zu nehmen .. .

Während das Programm des Spartakusbundes den Terror als Kampf-mittel scharf zurückgewiesen hatte, meinte Radek ein Jahr später zur deutschen KP „Diktatur ohne Bereitsdiaft zum Terrorismus ist ein Messer ohne Klinge. Diese Diktatur muß eine Arbeiterdiktatur sein...

Die unterschiedlichen Auffassungen zwischen Spartakusbund und Bolschewiki (die auch in der Bauern-und Nationalitätenfrage bestanden) rangen um die theoretische Vorrangstellung in der KPD. Daß die Bol-

schewiki siegreich blieben, während der Spartakusbund Niederlagen erlitt, schien die bolschewistische Theorie zu rechtfertigen und verlieh ihr auch innerhalb der KPD mehr Gewicht. Doch wirkten die Thesen Rosa Luxemburgs noch jahrelang weiter. Sie hatte durch ihre praktische Tätigkeit nach der deutschen Revolution ihre Kritik an den Bolschewiki selbst abgeschwächt und ja von Anfang an die Oktoberrevolution begrüßt, aber ihre kritische Stellungnahme blieb doch von grundsätzlicher Bedeutung. In ihrer im Gefängnis geschriebenen Broschüre hatte sie gesagt: „Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Preß-und Versammlungsfreiheit, freien Meinungskampf erstirbt das Leben in jeder öffentlichen Institution, wird zum Scheinleben, in der die Bureaukratie allein das tätige Element bleibt. Diesem Gesetz entzieht sich niemand. Das öffentliche Leben schläft allmählidt ein, einige Dutzend Parteiführer von unerschöpflicher Energie und grenzenlosem Idealismus dirigieren und regieren, unter ihnen leitet in Wirklidrkeit ein Dutzend hervorragender Köpfe und eine Elite der Arbeiterschaft wird von Zeit zu Zeit zu Versammlungen aufgeboten, um den Reden der Führer Beifall zu klatschen, vorgelegten Resolutionen einstimmig zuzustimmen, im Grunde also eine Cliquenwirtsdraft — eine Diktatur allerdings, aber nicht die Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur einer Handvoll Politiker, d. h. Diktatur im bürgerlichen Sinne, im Sinn der Jakobiner Herrschaft . . .

2. Die Linken und die Weimarer Republik

Im Januar 1919, kurze Zeit nach dem KPD-Gründungsparteitag fand der sogenannte Spartakusaufstand statt. Nachdem die USP aus der Regierung ausgeschieden war, sollte der Berliner Polizeipräsident Eichhorn (USP) abgesetzt werden. Er weigerte sich, seinen Posten zu verlassen und die Berliner USP, die revolutionären Betriebsobleute und die KPD riefen ihre Anhänger auf die Straße. Im Verlauf der Auseinandersetzungen erklärte ein Revolutionskomitee unter Liebknecht und Ledebour (USP) die Ebert-Regierung für abgesetzt. Liebknecht setzte sich damit in Widerspruch zur Spartakus-Zentrale, die sich ausdrücklich gegen den Regierungssturz stellte Am 8. Januar beschloß die Leitung der KPD daß Liebknecht und Pieck aus dem Aktionsausschuß der Obleute auszutreten hätten. Rosa Luxemburg und Jogiches übten schärfste Kritik an der Führung der Aktion.

Der Aufstand war aus der Erbitterung und Enttäuschung der radikalen Arbeiter entstanden, die erkannten, daß die Revolution keinen sozialistischen Staat bringen werde und daß die Macht der Räte zu Ende ginge. Die Arbeiter wehrten sich, ohne klare Vorstellungen vom Ziel ihrer Kämpfe zu haben.

Am 15. Januar 1919 wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verhaftet und ohne Verhör oder Gerichtsverfahren von Freikorpstruppen mißhandelt und ermordet. „Die feige brutale Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg ... gehört zu den scheußlichsten Auswüchsen jener bewegten Zeit. Die Mörder kamen vor ein Militärgericht und wurden zu geringfügigen Gefängnisstrafen verurteilt ‘‘ Eine direkte Folge des Doppelmordes war eine Schwächung der Kommunistischen Partei Deutschlands. „Paradox aber war die Schwächung, die der Tod, insbesondere Rosa Luxemburgs, für den demokratischen Sozialismus auf weite Sicht bedeuten sollte, ebenso wie die Stärkung der bolsclrewistischen Elemente in der deutschen Arbeiterbewegung (und letzten Endes auch der fasdüstischen in der deutsdien Gesellsdraft!), die so vorbereitet wurde. Nadi all den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte kann man wohl heute kaum daran zweifeln, daß Rosa Luxemburgs Tod von den Mörderhänden der deutschen Freikorps eine Tragödie war, nidtt nur für die deutsdte, sondern für die internationale Arbeiterbewegung, in der die von ihr gefürchtete Entwicklung nun ihren Lauf nahm

Rosa Luxemburg wurde durch ihre später veröffentlichten Briefe nicht nur als glühende Revolutionärin und Kämpferin, sondern auch als ein sehr warmherziger und empfindsamer Mensch bekannt. Ihr wahrer Charakter geht aus einem Brief hervor, den sie aus dem Gefängnis an einen engen Freund schrieb: „Sie wissen ich fühle und leide mit jeglidier Kreatur, eine Wespe, die mir ins Tintenfaß rutscht, spüle ich dreimal mit lauwarmen Wasser und trockne sie auf dem Balkon in der Sonne, um ihr das bißchen Leben zurückzugeben. . . . mein Mitleid wie meine Freundsdtaft haben eine ganz bestimmte Grenze: sie enden haarscharf dort, wo die Gemeinheit beginnt. ... Nun ich sage Ihnen, Hänschen, wenn mir der beste Freund einmal sagen würde: ich habe nur die Wahl, eine Gemeinheit zu begehen oder vor Leid zu sterben, dann würde ich ihm mit eisiger Ruhe antworten: dann stirb. . . . Aber das hat mit Temperament auch nichts zu tun, Sie wissen, daß ich davon genug besitze, um eine Prairie in Brand zu stecken, und dodr ist mir der Friede und der einfache Wunsch jedes anderen Menschen ein Heiligtum, vor dem ich lieber zusammenbreche, als es roh anzutasten. Schluß damit; zu keiner Seele außer Ihnen sage ich ein Wort über die traurige Sache

Für Rosa Luxemburg war der Sozialismus ein Problem der Menschlichkeit und sie sah den Klassenkampf und die Revolution als VorausSetzung und darum als notwendiges Übel, keineswegs als Selbstzweck an.

Die KPD nahm unter dem Nachfolger von Luxemburg und Lieb-knecht, Paul Levi, eineTrennung von den linksradikalen Elementen vor Der linksradikale Flügel, zunächst unter Führung von Laufenberg und Wolffheim aus Hamburg und Rühle aus Dresden, war anti-parlamentarisch und näherte sich dem Syndikalismus. Auf dem 2. Parteitag im Oktober 1919 kam es zum endgültigen Bruch, 25 Delegierte und Teilnehmer verließen den Parteitag und gründeten später die Kommunistische Arbeiterpartei. Wolffheim prophezeite bei der Spaltung: „wir werden von nun an eine KPD (Spartakusbund) und eine Kommunistische Partei Deutschlands haben. Letztere wird umfassen den ganzen Norden, das Rheinland, Berlin und Teile Sachsens Auch wenn sich im Jahre 1919/20 die Abhängigkeit der schwächer gewordenen KPD von der Zentrale in Moskau vergrößerte, war die KPD-Führung doch noch keineswegs stillschweigender Befehlsempfänger geworden. Auf dem 5. Parteitag (November 1920) kritisierte Levi die Komintern-Führung: „Uns ist die Kritik so erfahrener Genossen, wie es die Russen sind, außerordentlich wertvoll, und niemand wird ihnen das Ohr verschließen. Aber ebenso glaube ich, sind wir verpflichtet, gewisse Dinge, die uns nicht gefallen haben, zu äußern

Die Partei war nach der Revolution fast ständig gezwungen, illegal zu wirken (der 2., 3. und 4. Parteitag wurden geheim durchgeführt). Der Gegensatz zwischen der KPD und der Weimarer Republik wurde zusehends schärfer, weil einerseits die junge Partei mehr und mehr in die Abhängigkeit von der Sowjetunion geriet und sich andererseits eine Radikalisierung der Arbeiter gegen restaurative Tendenzen in der Weimarer Republik auch innerhalb der KPD widerspiegelte. „Täglich wurden Spartakistenputsche angekündigt. „Bolschewismus" und „Spartakismus" wurden zum Bürgerschreck. , Der Bolsdiewismus will die Sozialisierung der Frauen!'Jedes Verbrechen, das geschah, wurde Spartakus aufs Konto gesetzt. Die Anhänger Liebknechts und Luxemburgs und diese sebst wurden als eine Horde von Mordbrennern hingestellt Bei der Bekämpfung der Kommunisten stützte sich die sozialdemokratische Regierung in erster Linie auf die alten kaisertreuen Kräfte in der Armee. Durch die Angriffe von links bedroht, glaubte die Regierung, die Republik nur durch eine Zusammenarbeit mit der Rechten retten zu können. „Es gibt keinen Beweis, daß Ebert wirklidi einen gegen die revolutionäre Arbeiterklasse geriditete Versdtwörung mit den Offizieren einging. Ebert hat niemals seine Loyalitätspflicht gegenüber seinen USPD-Genossen, die mit ihm im Kabinett saßen, verletzt. Aber er wurde erdrückt von der Einsicht in die ungeheuren Sd-iwierigkeiten, denen die deutsdre Regierung gegenüberstand. Zu den wirtschaftlichen Bedrängnissen und außenpolitisdren Sorgen kam die Drohung der separatistischen Bewegungen nidit nur im Rheinland, sondern auch in versdäedenen andern Teilen des Reiches. Unter diesen Umständen wollte Ebert die Reibungsmöglidikeiten auf ein Minimum besderänken und als Vermittler zwischen allen Parteien handeln. Wenn das Oberkommando ihm Versidrerungen seiner Loyalität abgab, sah Ebert keinen Grund, es zurückzustoßen. Trotzdem war es ein taktischer Fehler Eberts, daß er das Oberkommando zu weitgehend ins Vertrauen zog Durch die Zusammenarbeit der neuen Regierung mit den alten gesellschaftlichen Kräften mußte sich auch die Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung vertiefen. Nicht ganz zu Unrecht konnte der Konservative von Oldenburg-Januschau 1919 schreiben: Wer ist es denn, der die jetzige Regierung und das Vaterland vor Spartakus schützt? Das sind doch dieselben Leute, die der „Vorwärts“ als Junker und Junkergenossen zu verunglimpfen pflegt!

Welchen restaurativen Charakter die Weimarer Demokratie durch diese Zusammenarbeit in den Augen der Linken bekommen mußte, zeigt die Tatsache, daß (bis nach dem Kapp-Putsch) Oberst Walter Reinhardt Stellvertreter des Wehrministers Noske war. Er hatte nicht nur im Mai 1919 eine Aufstandsbewegung von hohen Offizieren in Preußen gegen die Regierung unterstützt, sondern auch in aller Öffentlichkeit in einem Interview erklärt: „ Ich mache keinen Flehl daraus, daß ich Monarchist bin. Mein Gott, wenn man dreißig Jahre lang seinem König und Kaiser treu gedient hat, dann kann man nicht plötzlich sagen: Von morgen an bin ich Republikaner.. Wie sehen Sie die nachstehende Zukunft an? . . . , Dann muß zugepadu werden , Eine Militärdiktatur?“ . Nennen Sies, wie Sie wollen. Dann gehts gerade oder ungerade ... es muß dafür gesorgt werden, daß eine starke Regierung neben und zu uns steht. Ordnung schaffen wollen wir — und wenn es sein muß, mit Gewalt.“

Eine soldte zivil-militärische Diktatur würde sich nidu drei Tage halten können, wandte ich ein. , Die Arbeiter würden in den Generalstreik treten und ihre sdrönsten Berechnungen über den Haufen werfen.“ , Da bin ich dodt anderer Ansicht. Lassen Sie sichs erzählen, wie ichs in Obersddesien gemacht habe. Die paar Reichswehrtruppen waren, als es dort unten drüben und drunter ging, so verängstigt und eingesdrüdttert, daß sie sich nicht aus den Kasernen herauswagten. Die Einwohner, Frauen und Kinder, waren entschlossener als die Soldaten, auf die es die Aufrührer vor allem abgesehen hatten. Nachts braduen sie den Truppen heimlich was zu essen. So war die Lage, als ich nadt Oberschlesien mit meiner Truppe ankam. Idi fuhr wie ein Donnerwetter drein. Ein paar Rädelsführer, die schlimmsten wurden niedergeknallt. So was muß sein. Arbeitszwang wurde eingeführt. Und Sie hätten nur sehen sollen, wie die Arbeiter am nächsten Morgen auf die Arbeitsstätte erschienen! In ihren schwarzen Bratenröcken kamen sie angelaufen. Die Ordnung war wieder hergestellt.“ , Und dieses Rezept würden Sie dann ganz allgemein anwenden wollen? * . Gewiß“ . Also Gallifet?“ Jawohl, Gallifet“

Auch die Justiz war in erster Linie gegen die Linke gerichtet. In seinem Buch „Vier Jahre politischer Mord“, wies E. J. Gumbel nach, daß zwischen Januar 1919 und Juni 1922 354 politische Morde von der Rechten und 22 von der Linken begangen wurden, daß nur 24 Personen von der Rechten (darunter kein Todesurteil), aber 38 Personen von der Linken (darunter 10 Todesurteile) bestraft wurden. Die durchschnittliche Gefängnisdauer für einen Mord betrug bei der Rechten 4 Monate; bei der Linken 15 Jahre. „Es ist amtlich bestätigt, daß fast alle (400 politischen Morde, H. W.) von rechtsradikaler Seite begangen wurden, und es ist amtlich bestätigt, daß die überwältigende Zahl dieser Morde unbestraft geblieben ist

Der radikale Teil der deutschen Arbeiterschaft, welcher der KPD anhing, geriet in immer krasseren Gegensatz zur Weimarer Republik (während andererseits — hier kann nur darauf hingewiesen werden — sich eine Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und der Sowjetunion anbahnte). Aus ihrer zwiespältigen Lage heraus nahm die KPD-Führung auch anfänglich eine recht eigenartige Stellung zum Kapp-Putsch ein.

Die Zentrale der KPD hat am 13. März in einem Aufruf den Generalstreik gegen den Kapp-Putsch abgelehnt. Die KPD-Leitung analysierte die Auseinandersetzung als einen Kampf zwischen zwei gegen-revolutionären Flügeln, Kapp und Ebert.

In einem offiziellen Flugblatt der KPD hieß es:

„Sollen die Arbeiter in diesem Augenblick sich zum Generalstreik erheben? Die Arbeiterklasse . . . ist in diesem Augenblick nicht aktionsfähig. Wir halten es für unsere Pflicht, das klar auszusprechen. Die Arbeiterklasse wird den Kampf gegen die Militärdiktatur aufnehmen in dem Augenblidi und mit den Mitteln, die ihr günstig erscheinen. Dieser Augenblick ist noch nicht da

Die Macht des Generalstreiks zerfetzte allerdings die Aufrufe der KPD-Parteizentrale. Unter dem Druck der Ereignisse (und dem Einfluß des inzwischen aus dem Gefängnis entlassenen Levi) rief die KPD am 15. März auf: „Für den Generalstreik!“

3. Die Massenpartei

Die Radikalisierung der Arbeiter, die Spaltung der USP und der Übergang des linken Flügels zur KPD, führten dazu, daß aus der schwachen KPD (auf dem 5. Parteitag 1920 zählte man 78 000 Mitglieder) eine Massenpartei mit mehreren Hunderttausend Mitgliedern wurde. Innerhalb der USP hatten sich immer deutlicher zwei Richtungen heraus-geschält Der linke Flügel bekannte sich praktisch zum Kommunismus. Unter seinem Druck hatte die Partei die Diktatur des Proletariats und das Rätesystem anerkannt und den Anschluß an die III. Internationale angestrebt. „Die USP stellt sich auf den Boden des Rätesystems. Sie unterstützt die Räte in ihrem Ringen um die wirtschaftlidre und politische Macht. Sie erstrebt die Diktatur des Proletariats. hieß es im Revolutionsprogramm der USP, das schon auf dem 2. Parteitag im März 1919 angenommen wurde.

Da die Komintern bei den Verhandlungen mit den USP-Führern in Moskau nicht bereit waren, auch den „rechten Flügel“ der USP in die III. Internationale aufzunehmen und die „ 21 Bedingungen“ erfüllt wis-sen wollte, kam es 1920 zur Spaltung der USP. Auf dem außerordentlichen Parteitag in Halle (einem Bezirk der fast völlig auf dem Boden des linken Flügel stand) kam es zum Bruch. Auf dem stürmischen Kongreß stellte der Komintern-Vorsitzende Sinowjew den Delegierten die Alternative: „Ihr müßt Eudt klar entscheiden: für Mensdtewismus oder Bolschewismus

Zwar wiesen einige USP-Führer darauf hin, daß es sich nicht um eine Wahl zwischen Bolschewismus und Menschewismus handeln könne, da der deutsche Kommunismus andere Wurzeln habe als der Bolschewismus. Die Delegierten entschieden sich jedoch mit großer Mehrheit (237 gegen 156) für den Anschluß an die Komintern Die Linken der USP vereinigten sich auf einem Parteitag vom 4. bis 7. Dezember 1920 in Berlin mit der KPD (Spartakusbund) und unter dem paritätischen Vorsitz von Paul Levi und Ernst Däumig war in Deutschland eine kommunistische Massenpartei entstanden

Die neue KPD hatte sich schon erheblich von den alten Vorstellungen des Spartakusbundes entfernt. Mit der USP kamen eine Reihe von Führern in die Vereinigte KPD, die der Kominternführung uneingeschränkte Anhänglichkeit entgegenbrachten und dem Bolschewismus sehr viel näher standen als dem „Luxemburgismus".

Die neue Massenpartei wurde in wenigen Jahren zu einer „bolschewistischen" (eigentlich zu einer stalinistischen) Partei umgeformt und damit zu einem Machtinstrument der sowjetischen Außenpolitik degradiert.

4. Die März-Aktion 1921

Im März 1921 wurde in Mitteldeutschland von der Vereinigten Kommunistischen Partei (VKPD) eine Aktion durchgeführt, die von den Interessen Sowjetrußlands diktiert war. Paul Levi hatte bald nach dem Vereinigungsparteitag Differenzen mit der Komintern und schied (zusammen mit Zetkin, Däumig, Hoffmann und Braß) aus der Zentrale aus. Die neue Zentrale wollte beweisen, daß der Partei die revolutionäre Offensive möglich sei. Sie wollte zeigen, daß die Furcht vor dem Putschismus die sich in der Partei nach der Niederlage im Januar 1919 festgesetzt hatte, endgültig überwunden sei. Man begann alsbald mit der agitatorischen Vorbereitung der Aktion, die nach Ostern beginnen sollte Das mitteldeutsche Industrie-Revier, der Bezirk Halle, war für den Aufstand vorgesehen, weil hier die KPD überdimensional stark war. Sie zählte bei den Landtagswahlen am 20. Februar 1921 197 113 Stimmen, gegen 70 340 der SPD und 74 754 der USP. Von der 22 000 Beschäftigten des Leunawerkes waren 2500 Mitglieder der KPD Den direkten Anlaß zum Aufstands-Aufruf sah die KPD in der Besetzung Mitteldeutschlands durch Polizei-Einheiten des sozialdemokratischen Oberpräsidenten Hörsing. Die polizeiliche Besetzung des Industrie-Reviers mit dem Aufruf zum bewaffneten Widerstand, zum Kampf mit allen Mitteln zu beantworten, war „angesichts der ganzen Lage und des unzweifelhaften Kräfte-verhältnisses der helle Wahnsinn". Die KPD-Zentrale proklamierte den Generalstreik und rief die Arbeiter „unverblümt dazu auf, mit der Waffe in der Hand die Gegenrevolution zu bekämpfen Diese Aktion war auf Betreiben der Komintern-Führung, d. h. in erster Linie Sinowjews und der Exekutive, durchgeführt worden, um den russischen Arbeitern neue Erfolge der Weltrevolution zu demonstrieren und die mißliche Lage Rußlands zu überbrücken. Rußland wurde, obwohl die Bolschewiki den Bürgerkrieg gewonnen hatten, von einer schweren Krise heimgesucht. Es war die Zeit des Kronstadter Aufstandes; eine kommunistische Erhebung in Deutschland sollte mithelfen, Rußland wieder zu beruhigen. Obwohl die Aktion von vornherein zur Niederlage verurteilt war, machte die Mehrheit der KPD-Leitung dieses Spiel mit Die Partei geriet dadurch in eine große Krise. Levi wurde wegen seiner offenen Kritik aus der KPD ausgeschlossen und eine Reihe anderer Führer, darunter der Mitvorsitzende Däumig, Braß Kurt Geyer und Adolf Hoffmann erklärten sich mit Levi solidarisch und verließen ebenfalls die Partei. Bei den folgenden Auseinandersetzungen brach auch der auf dem linken Parteiflügel stehende Generalsekretär der KPD, Ernst Friesland (Reuter) mit der KPD und erklärte: „Das Proletariat wünscht keine . Entlarvungen und kein , Verräter‘-Geschrei. Es wünscht den Ausweg aus einem Elend zu sehen . . . Nach der Niederschlagung der März-Aktion versuchten einige KPD-Führer durch eine „Offensiv-Theorie" den ganzen Aufstand zu verteidigen. Dabei zeigte sich, daß Lenin selbst im Wesentlichen Levis kritische Ablehnung teilte. Er meinte, „daß Levi mit seiner Kritik an der März-Aktion 1921 in Deutschland in vielem im Wesen der Sache recht hat. .. Clara Zetkin ging noch weiter und erklärte: „Der Putschismus, den wir angeklagt haben, der hat nicht bestanden in der Aktion der kämpfenden Massen, nein, Genossen, der Putschismus bestand. . . in den Köpfen der Zentrale, die die Massen in dieser Weise in den Kampf führten Die März-Aktion war ein Einschnitt in der Entwicklung der KPD. Die Abhänigkeit von der Komintern-Zentrale in Moskau (und der Einfluß der russischen KP auf die Komintern) hatten zu einer Politik geführt, die nicht mit den Interessen der linksradikalen deutschen Arbeiter übereinstimmte. Trotz Lenins Kritik blieben die Lehren, welche die Partei aus der Aktion zog, dürftig und berührten nicht den Kem der Dinge. Die Führung der KPD ging in neue Hände über: „Nach Levis Rücktritt aus der Parteiführung . .. stand Brandler an erster Stelle

5. Schlageterkurs

Die neue Führung versuchte aus der Kritik an der Offensiv-Theorie zu lernen und stellte die Einheitsfront-Politik in den Mittelpunkt. Brandler erklärte, daß „die Taktik der Einheitsfront und die Losung: Heran an die Massen ..." eine Folge der Umstellung der Politik war

Doch auch im Jahre 1923 zeigte sich, daß die KPD eine Politik betrieb, die von den Erfordernissen der sowjetischen Außenpolitik bestimmt wurde. Karl Radek, schon 1919 eine zentrale Figur bei der Verbindung zwischen der deutschen und der russischen KP, stand dabei im Mittelpunkt.

Im Interesse der „bedrohten Sowjetunion“ — mit der die KP-Führer immer eine für ihre Anhänger ungenießbare Politik schmackhaft machen — versuchte Radek in der Zeit von Genua und Rapallo auch zu einer Zusammenarbeit zwischen der deutschen KP und den deutschen Rechtskreisen zu kommen.

Diese Idee war nicht ganz neu. Wolffheim und Laufenberg, die nach dem 2. Parteitag aus der KPD ausgetreten waren, trennten sich auch von der KAP und propagierten direkt einen „National-Bolschewismus". Sie hatten schon Ende 1919 Radek im Berliner Gefängnis ausgesucht und ihm erklärt, das deutsche Volk gehe durch den Versailler Vertrag unter, wenn nicht alle Kräfte der Nation gegen den Westen zusammengefaßt würden. Da die Westmächte außenpolitisch Sowjet-Rußlands Hauptfeinde waren, erwog Radek schon damals ein Bündnis mit dem besiegten Deutschland gegen den Westen. Als er im Januar 1920 nach Moskau zurückkehrte und Bericht erstattete, lehnte Lenin den National-

Bolschewismus „glattweg als einen himmelscltreienden Unsinn ab

Im Jahre 1923 aber griff Radek auf diese Politik zurück. Er leitete sie am 20. Juni 1923 mit seiner berühmten „Schlageter-Rede" ein. Schlageter der mutige Soldat der Konterrevolution verdiente es, meinte Radek, von den Soldaten der Revolution gewürdigt zu werden. „Wir fragen die ehrlich-patriotischen Massen, die begierig sind, gegen den französisch-imperialistischen Einfall zu kämpfen: Wie wollt ihr kämpfen, auf wessen Unterstützung könnt ihr rechnen

Natürlich sah Radek nur einen Ausweg für die „Patrioten“ — mit der Sowjetunion und mit der KPD zusammenzuarbeiten. Es war die Zeit der französischen Ruhrbesetzung und ein „Volkskrieg“ gegen Frankreich wurde zur Parole von Nationalisten und ... Kommunisten. Die KPD rief Diskussionszirkel ins Leben, in denen Kommunisten mit Nationalisten zusammentrafen, um den Kampf gegen Frankreich vorzubereiten. Die Jugendgruppen der KPD nahmen Verbindung zu nationalistischen Studentenorganisationen auf, es war wie ein Taumel. „Konzentriert die Propaganda auf die Schlageter-Linie!" lautete der Parteibefehl. Der kommunistische Abgeordnete Remmele wurde in Stuttgart mit „begeistertem Beifall von Faschisten und Arbeitern“ begrüßt. Kommunistische Redner erklärten: „Die Zeit ist nicht weit, in der Kommunisten und Völkische vereint sein werden".

Radek selbst gab im Juli 1923 eine Sonderausgabe der „Roten Fahne“ (dem Zentralorgan der KPD) unter dem Titel „Deutschlands Weg“ heraus, in der er, Reventlow, und Arthur Moeller van den Bruck die Zukunft des Nationalbolschewismus erörterten

Gegen Radeks Einspruch wurde von der Komintern noch im Jahre 1923 ein antifaschistischer Kampftag angesetzt — der Schlageterkurs in Deutschland verlief im Aufstand von 1923.

Die KPD unter Brandler versuchte trotz des Zwischenspiels der Schlageterpolitik ihr altes Ziel, die Einheitsfront mit der SPD, zu verwirklichen. In Sachsen und Thüringen traten Kommunisten in linke sozialdemokratische Regierungen ein. Als im Oktober 1923 die Krise in Deutschland wiederum auf dem Höhepunkt angelangt war, konnte sich die Brandler-Thalheimer-Führung nicht entschließen, zu einem kommunistischen Aufstand, wie ihn der linke Flügel der Partei forderte, aufzurufen.

Die KPD-Führung wollte es auf einer Betriebsräteversammlung in Chemnitz nicht zu Bruch mit der linken SPD kommen lassen und stieß deshalb vorher gefaßte Aufstandspläne einstimmig um. Nur in Hamburg kam es zum Aufstand. Während der'Chemnitzer Konferenz, beschreibtFlecht« heim, warteten die Kuriere mit dem Aufstandsbefehl auf das Startzeichen. Thälmann kam aus dem Beratungssaal und rief auf eigene Faust den Kurieren zu: „Haut ab! Fahrt los! Geht in Ordnung!" Als er dann Brandler seine Heldentat erzählte, gelang es diesem, alle Kuriere noch auf dem Bahnhof abzufangen. Nur der Instrukteur für Hamburg war bereits abgefahren und konnte nicht mehr erreicht werden. So kämpften in Hamburg ein paar hundert Kommunisten vom 24. bis 26. Oktober gegen die Polizei

Der Hamburger Aufstand war ein „tragisch-groteskes Finale zur revolutionären Nachkriegskrise die im Herbst 1923 zu Ende ging. Mit der Stabilisierung in Deutschland wurde auch deutlich, daß die Weltrevolution, die als Voraussetzung des Sieges der russischen Oktoberrevolution angesehen wurde, nicht eintraf.

III. Die Stalinisierung der KPD

L Der Stalinismus

Da die Komintern eine straff zentralisierte „Weltpartei“ war, mußte sich die russische Entwicklung in den einzelnen Parteien widerspiegeln. Je stärker sich die revolutionäre Sowjetmacht zur Apparatherrschaft veränderte, desto mehr wurden auch die verschiedenen Kommunistischen Parteien den Apparaten ausgeliefert.

Der Stalinismus als gesellschaftliches und politisches System, entstand nach der Oktoberrevolution in Rußland. Die Zielsetzung dieser Revolution, eine neue, gerechte soziale Ordnung ohne Klassen und Privilegien aufzubauen, scheiterte an der Isolierung der Revolution und an der Rückständigkeit Rußlands auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet.

Die Bürokratie (besonders die Führerschicht und der Apparat in der Partei, der Wirtschaft, der Verwaltung, der Armee und der Geheimpolizei) errichtete eine diktatorische Herrschaft, unter der sich in den folgenden Jahrzehnten die Entwicklung in der Sowjetunion vollzog.

Der Stalinismus ist gekennzeichnet durch die Herrschaft des Apparats, durch die wirtschaftliche und politische Privilegierung der bürokratischen Oberschicht, durch große soziale Differenzierung, das Fehlen jeder ernsthaften Mitbestimmung der Arbeiter in Politik, Wirtschaft und im Betrieb, die völlige Unterordnung der Gewerkschaften unter den Staat, die Festsetzung von Löhnen und Normen durch den Staat und die Einmannherrschaft im Betrieb wie in der gesamten Wirtschaft. Die politische Seite des Stalinismus ist das Einparteiensystem, in dem die gesamte politische Macht in den Händen einer kleinen Parteispitze liegt, die vermittels des Apparats herrscht, bloße Scheinfunktionen der Volksvertretungen, Fehlen jeder politischen Freiheit und Diskussion im Staat und Partei, straffer Zentralismus, Beherrschung des Lebens durch die Geheimpolizei, chauvinistische Nationalitätenpolitik und eine neue Ideologie, welche die Herrschaft der Bürokratie verschleiern soll.

Unter Lenin war die innerparteiliche Auseinandersetzung eine ständige Begleiterscheinung des politischen Lebens. Doch bereits 1921 wurden Fraktionen innerhalb der Partei verboten. Das war eine schwerwiegende Entscheidung. Damit wurde auf dem X. Parteitag 1921 die innerparteiliche Demokratie, der letzte Hort politischer Demokratie nach dem Verbot aller anderen Parteien, radikal eingeschränkt. Hier zeigt sich, wie schon zu Lebzeiten Lenins die Bürokratie und die Führung ihre Macht gegen jede Opposition mit allen Mitteln verteidigten. Die politischeTendenzen, die sich wenigstens im Rahmen der Kommunistischen Partei herauskristallisierten und sich gegenüberstanden, fanden keine legale Möglicheit mehr zur Fraktionsbildung.

Doch bis zur endgültigen Festigung der Macht des Stalinismus (und damit der des Apparats) mußten noch eine ganze Reihe von Gruppierungen innerhalb der Partei überwunden werden. Genauer gesagt, erst mußte die Partei völlig umgestülpt, mußten die Revolutionäre durch Apparatleute ersetzt werden. Die Jahre von 1923 bis 1929, bis zur Stabilisierung der Stalin-Herrschaft, sind daher auch die Zeit, in welcher der innerparteiliche Kampf am heftigsten wütete. Dabei wurde die Politik des Apparats im wesentlichen von zwei Seiten, sowohl von links wie von rechts angegriffen. Die Stalin-Fraktion stützte sich zur Erhaltung ihrer Macht auf die verschiedenen Gruppen, spielte die eine gegen die andere aus, um sie am Ende alle auszuschalten. 1923 kam es unter der immer erschreckender werdenden Zusammenballung der Macht in der Zentrale und im Apparat zur ersten breiteren Opposition von links.

Unter Führung Trotzkis forderte die linke Opposition: Entmachtung des Apparats, Ablösung der „entarteten" Führer, Stützung auf die Jugend in der Politik, verstärkte Industriealisierung, größere Rechte für die Arbeiter.

Mit wütenden Angriffen zog die Parteimehrheit unter Führung von Sinowjew, Kamenew, Stalin und Bucharin gegen den „Trotzkismus" zu Felde. Gewinner der Auseinandersetzung war allein der Apparat unter Stalin, der seine Position festigte. 1925 bildete sich die „Neue Opposition" unter Sinowjew und Kamenew gegen Stalin heraus. Wiederum blieb der Apparat Sieger. Im Frühjahr 1926 schloß sich die geschlagene Sinowjew-Kamenew-Gruppe mit den Trotzkisten zum „Oppositionsblock“ zusammen, um eine letzte Kraftanstrengung gegen die Herrschaft des Apparats zu unternehmen. 1927 kapitulierte die Sinowjew-Opposition vor Stalin, gab der Parteiführung recht und ihre Anhänger wurden wieder in die Partei ausgenommen, ohne bedeutende Funktionen zu erhalten. Die Trotz-kisten wurden verbannt — die linke Opposition war geschlagen. Doch bereits ein Jahr später zeigten sich die ersten Anzeichen einer erneuten Opposition! Die Parteiführung unter Stalin begann mit einer „linken" Politik und führte die Forderungen der ehemaligen linken Opposition überstürzt und verzerrt durch: rasche Industriealisierung und Kurs gegen die „Kulaken“. 1929 traten Bucharin, Rykow und Tomski offen gegen den Apparat auf. Doch viel schneller als die linke Opposition wurden die Rechten von dem inzwischen allmächtig gewordenen Apparat geschlagen.

Stalin hatte kaum seine Gegner von links und rechts unterdrückt, da mußte die Geheimpolizei bereits die erste „geheime Opposition" entdecken. Eine Gruppe junger Funktionäre, die vorher nichts mit einer Opposition zu tun hatte, schloß sich illegal zusammen, um Stalin zu stürzen. Der sogenannte Rechts-Links-Block stand 1930 unter Führung von Syrzow (damals Regierungschef der RSFSR) und Lominadse (Parteisekretär im Transkaukasus). Diese Gruppierung hatte aus dem Schicksal der alten Opposition gelernt und sich gehütet, offen gegen Stalin anzukämpfen; sie hatten im geheimen gegen ihn und den Apparat gewirkt. Ähnliche Gruppen wirkten bis 1932 unter Rjutin und Slepkow, eine Parallelorganisation unter Eismont, A. P. Smirnow u. a.

Der „Ausweg“ den Stalin fand, war die große Säuberung. Da die Widersprüchlichkeit der Sowjetgesellschaft, (letztlich die Ursache der Auseinandersetzung) nicht behoben, sondern noch größer geworden war, mußte sie weiterhin in verschiedenen Richtungen ihren Ausdruck finden, bis schließlich die Methoden der Liquidierung nicht nur die Partei um-stülpte, sondern auch die neue Form der „Austragung von Richtungskämpfen“ wurde.

In Deutschland mußte nach der „Oktober-Niederlage“ die Brandler-Thalheimer Führung einer sogenannten Mittelgruppe weichen, die bis zum illegalen Parteitag in Frankfurt (April 1924) die KPD leitete. Innerhalb der Partei hatten sich drei Fraktionen herausgebildet. Die rechte Brandler-Gruppe hatte so gut wie keinen Einfluß mehr. Die Linken, die schon unter der Brandler-Führung starke Bezirke (wie Berlin und Wasserkante) hinter sich hatten, wurden zur stärksten Fraktion. Die Führer der Mittelgruppe, die sich nach dem Oktober von Brandler getrennt hatten, waren die einzigen bedingungslosen Anhänger der Moskauer Komintern-Führung. Die Mittelgruppe machte besonders den Linken Vorwürfe und bezichtigte einige linke Führer des „AntiBolschewismus“. Kleine-Guralskij, der damalige Führer der Mittel-gruppe, erklärte auf dem 9. Parteitag; die Bolschewisierung der Partei bedeute vor allem ideologischer Kampf gegen alle sozialdemokratischen ilberreste, reformistischen Abweichungen, KAP-Abweichungen. »Rosa Luxemburg war eine grosse Kämpferin . , . Aber ideologisch war sie eine Linksmenschewistin. Die Leninsche Theorie war viel weiter vorwärts. Wenn jetzt ein leitender Genosse (gemeint war der Linke Rosenberg, H. W.) in dieser Frage zu Rosa Luxemburg steht, so ist das Menschewismus, ganz gleich in weldter Fraktionsfarbe ...

Noch ein Beispiel: der „Rote Kurier“ in Leipzig, ein Linksblatt, wendet sich gegen die Finheitsfronttaktik, weil sie nur den engeren Interessen Sowjetrußlands diene. Das ist die Nachfolge von Levi... Was der „Kurier“ klar sagt, spricht Genossin Fischer versddeiert aus: Wir werden gegen die Exekutive kämpfen 92J."

Doch die Mittelgruppe wurde auf dem 9. Parteitag völlig geschlagen. Delegierte stimmten für die Linke, 34 für die Mittelgruppe Die Linken unter Ruth Fischer, Maslow, Thälmann, Scholem usw. übernahm die Führung. Die KPD zählte fast 300 000 Mitglieder und die Partei sollte nun einen völlig neuen Kurs einschlagen und die bisherigen Traditionen überwinden. Zunächst wurde der gesamte Apparat von oben bis unten ausgewechselt.

Unter der Losung der „Bolschewisierung“ der Partei versuchte die linke Führung, die Theorie des Leninismus fest zu verankern und sie begann, die Partei organisatorisch auf Betriebszellen umzustellen. Der Spartakusbund war sowohl in Wohnbezirks-als auch in Betriebsorganisationen aufgebaut. Diese Verbindung von Wohnbezirks-und Betriebszellenorganisation hat sich nicht lange gehalten. Geblieben war nur die Wohnbezirksorganisation Der neuerliche Umbau auf Betriebszellen ermöglichte eine straffere Anleitung der kleinen Zellen durch die Leitung. Auch waren Oppositionsstimmungen in kleinen Zellen leichter zu überwinden, da sie sich nicht so ausdehnen konnten, wie in großen Ortsvereinen.

Die Linke war überzeugt mit der „Bolschewisierung“, die Rechten der Partei, den „Opportunismus" zu treffen. Ruth Fischer sagte im März 1925: „Die Losung der Bolschewisierung ist also entstanden int Kampf gegen den Opportunismus innerhalb der Komintern

Unter der Losung der „Bolschewisierung" wurde auch der Kampf gegen den „Trotzkismus“ geführt, der nicht nur in Rußland, sondern in der ganzen Komintern ausgetragen wurde. Dabei wandte man sich in der KPD scharf gegen den „Luxemburgismus“ der als eine Spielart des Trotzkismus denunziert und befehdet wurde.

Trotz dieser „Bolschewisierungs-Kampagne" befürchtete die Komintern-Führung eine zu große Selbständigkeit der deutschen KP unter der linken Leitung. Zweifellos versuchten einige Führer von der Apparat-herrschaft der Sowjetunion loszukommen. Die Linken wurden aber sehr rasch unter sich selbst uneinig; an zweitrangigen tagespolitischen Problemen zerbrach die Möglichkeit einer Unabhängigkeit des deutschen Kommunismus.

Die Auseinandersetzungen um das Gewerkschaftsproblem (einige Ultralinke waren gegen jede Gewerkschaftsarbeit), die Reichspräsidentenwahl (beim zweiten Wahlgang ermöglichte die Kandidatur Thälmanns den Sieg Hindenburgs), zersplitterte die linke Führung. Scholem, Katz und Rosenberg von der Zentrale gerieten in Opposition zur Fischer-Maslow-Führung und wurden auf dem 10. Parteitag (Juli 1925) geschlagen. Schon damals wurde das als Erfolg der „Bolschewisierung" ausgegeben: „Auf dem 10. Parteitag hat sich die KPD zum erstenmal bewußt und einheitlich, ohne jeden Vorbehalt, auf den Boden des Bolsdtewismus gestellt

Der Zerfall der Linken brachte es mit sich, daß die Führer der Mittel-gruppe, die unbedingte Anhänger Moskaus waren, wieder Einfluß auf die Geschicke der Parteileitung bekamen. Die Linken hatten sich mit der „Bolschewisierung“ und dem Ruf nach „Einheitlichkeit“ selbst eine Grube geschaufelt. Sie hatten schon auf dem 9. Parteitag gefordert: „Die Partei muß einheitlich gemacht werden. Ihre Führung muß einheitlich sein, ihre Ideologie einheitlidt ihre Struktur einheitlich

Mit den selben Losungen wurden sie nun geschlagen. Als Ende 1925 Ruth Fischer und Maslow (die sich zur deutschen „Sinowjew-Fraktion" entwickelt hatten) von der Führung ausgeschlossen wurden, waren auch in Deutschland die Kräfte des Stalinismus siegreich geworden. Wie kurze Zeit später die russische linke Opposition, so war die deutsche Linke vom Apparat geschlagen worden. Der „offene Brief“ der Komintern, der die Absetzung der Fischer-Maslow-Führung brachte, zeigte überdies die endgültige Abhängigkeit der deutschen KP von Moskau" ). Der stalinistische Flügel der KPD frohlockte: „Unser jetziger Kampf gilt der Zerstörung der langjährigen Traditionen. Es handelt sich um nichts weniger als um die endgültige Eingliederung der KPD in die Kommunistische Weltpartei. Die KPD, die sich bei der Gründung der Komintern der Stimme enthielt, vollzieht erst in dieser Auseinandersetzung die letzte endgültige, tatsächlidte Abstimmung für die Komintern. Eine Abstimmung, nicht im buchstäblichen, sondern im tiefsten historischen Sinne

2. Stalins 12 Bedingungen

In den Anfangsjahren der KPD stand die Unterordnung der deutschen Kommunisten unter die russischen Interessen in keinem Verhältnis zu der Periode, in der Stalin die Macht hatte. Die Parteiführung unter Lenin behauptete niemals, daß Rußland die Führung der internationalen Arbeiterbewegung übernehmen, oder die Bolschewistische Partei eine bevorrechtete Partei sein solle. „Es wäre lächerlich erklärte Lenin auf dem 8. Parteitag der KP Rußlands im März 1919, „unsere Revolution als irgend ein Ideal für alle anderen Länder hinzustellen und sich einzubilden, sie hätte eine Reihe genialer Entdeckungen gemacht und eine Unmenge sozialistischer Neuerungen eingeführt. Ich habe das von niemand gehört und behauptet, daß wir es von niemand hören werden

Im Juni 1921 hatte Lenin den italienischen Sozialisten zugesichert, daß die Kommunistische Internationale von ihren Sektionen „niemals verlangen wird", daß sie „die Russen sklavisch nad^ahmen

Audi wenn unter der Leitung Sinowjews die ersten Anzeichen einer von Moskau diktierten Politik der KPD festzustellen sind, so war der Unterschied der Kominternpolitik unter Lenin und unter Stalin doch beträchtlich. Lenin hatte einige Male in das Leben der deutschen KP eingegriffen, um die verschiedenen Elemente der deutschen Partei zusammenzuhalten. 1919 versuchte er die deutsche KP und die Anarcho-Sydikalisten zur Zusammenarbeit anzuregen. 1921 wollte er Paul Levi, den Rechten, in der Partei halten. 1922 auf dem IV. Weltkongreß der Komintern widersetzte er sich dem geplanten Ausschluß der Linken, obwohl er ihre Haltung nicht billigte. „An all diesen Wendepunkten zeigte Lenins Intervention in deutsche kommunistische Angelegenheiten eine Haltung, die der seines Nachfolgers Stalin diametral entgegengesetzt ist. Lenin behandelte die Kader des deutschen Kommunismus so sorgsam, weil er die Drohung der deutsdren Konterrevolution in ihrem tödlichen Ernst erfaßte. Wie so oft in der Vergangenheit setzte sich der Hüter eiserner Parteidisziplin wieder einmal für eine solche Anwendung der Disziplin ein, die jede andere möglidie revolutionäre Politik sorgfältig mitberücksichtigte

Nach seinem Sieg in Rußland versuchte Stalin, der sich vorher nicht um Komintern-Angelegenheiten gekümmert hatte, auch in der Internationale Anhänger zu finden und diese an die Macht zu bringen.

Die Veränderungen der Parteiführung und die Gruppenkämpfe wurden vor Stalins Machtantritt noch von politischen Auseinandersetzungen bestimmt, unter Stalin spiegelten sie zunächst die russischen Fraktionskämpfe wider, bis sie in stalinistische Säuberungen ausarteten.

Wie in der Sowjetunion, so stützte sich auch Stalin in der Komintern auf den Apparat. Auch in Deutschland wurde die Stalinisierung der KP vorgenommen. Das bedeutet die völlige Beherrschung der Partei durch den Apparat und die Abhängigkeit der Parteiführung von der sowjetischen Leitung. Die KPD wurde zu einer außenpolitischen Hilfstruppe der Sowjetbürokratie.

Schon im Februar 1925 hatte Stalin „ 12 Bedingungen“ der Bolschewisierung der KPD aufgestellt. Stalin verlangte, daß sich die Partei der Theorie „voll bemächtige“, daß sie die Theorie mit der Praxis verbinde, die Selbstkritik nicht fürchte und was solche Allgemeinplätze mehr sind. Bedeutsamer war schon, wenn er meinte: „ 10. Es ist notwendig, daß die Partei die soziale Zusammensetzung ihrer Organisation systematisch verbessert und sich von zersetzenden opportunistischen Elementen reinigt, wobei sie die Erreichung einer maximalen Einheitlichkeit als Ziel vor Augen haben muß. 11 . Es ist notwendig, daß die Partei eine eiserne proletarische Disziplin entwickelt, die auf der Grundlage der ideologischen Einheit, der Klarheit der Ziele der Bewegung, der Einheit des praktischen Handelns und des bewußten Verhaltens der breiten Parteimassen zu den Aufgaben der Partei erwächst

Unter Stalins Einfluß wurde in den folgenden Jahren die Bolschewisie-rung, d. h. Stalinisierung, fortgesetzt. Dabei wurden nicht nur die nach Selbständigkeit strebenden Führer abgesetzt, sondern auch die Organisationsform so umgewandelt, daß der Apparat die Partei beherrschte. Schon auf dem 10. Parteitag war als Aufgabe des Organisationsbüros festgehalten worden: ,, a) Schaffung von Ordnung im zentralen Apparat, b) Sd^affung politisch zuverlässiger und organisatorisch starker Bezirksleitungen und Stärkung deren Autorität, c) andauernde engste Verbindung mit den Bezirken, d) Schaffung eines bolschewistisdten Funktionärskorps, e) organisatorische Vorbereitung und Überwachung der Durchführung der Parteikawpagnen, f) Umbau auf Zellen

Auf diesem Parteitag wurde auch erstmals ein neues Mittel der Stalinisierung dargelegt: die Schulung der Funktionäre und Mitglieder. Als die Massenkämpfe in Deutschland beendet waren und die KPD unter den Einfluß der russischen Apparatherrschaft geriet, wurden die mitreißenden Revolutions-Ideen, die vorher viele Parteianhänger beseelten, durch trockene Schulung ersetzt. Dabei war bedeutsam, daß die Ideologie sofort in der stalinistischen Form in die Mitgliedschaft getragen wurde. Auf einer Reichs-Agitpropkonferenz verkündete Ernst Schneller, daß es der Partei an Einheitlichkeit fehle und daß die Fraktionen nur zerschlagen werden könnten, wenn die „leninistische Schulung“ verstärkt werde. „Wir haben in der Parteileitung eine eigene Abteilung Agitprop, die aber nicht durch genügend Kräfte hauptamtlich besetzt ist. Wir müssen dazu kommen, daft sie eine wirkliche Abteilung wird, ein Apparat, sowohl zentral, wie audt in den Bezirken. . .

Diesen breiten Funktionärsstamm können wir nur schaffen, wenn wir Funktionärsschulen durchzuführen imstande sind. Sowohl zentral als auch in den Bezirken und Unterbezirken müssen solche Funktionärs-schulen eingeführt werden. . . Wir brauchen tausende von Lehrern, die imstande sind, die Mitgliedschaft wirklich in den Grundlagen des Leninismus zu schulen

3. Das „leninistische” Zentralkomitee

Die linke Führung, welche die Leitung der Partei 1924 übernahm, hatte sich ausgespalten und war geschlagen worden. Da sie die „Bolsche-wisierung“ der Partei betrieb, die sowjetischen Verhältnisse nicht nur verteidigte, sondern auch verherrlichte, und kritische Argumente gegen den heraufkommenden Stalinismus meist nur hinter verschlossenen Türen vorbrachte, verstärkte die linke Führung die Rußlandgläubigkeit innerhalb der Partei. Die Komintern-Führung konnte so die Linken von der Leitung verdrängen, ohne in der KPD-Mitgliedschaft auf großen Widerstand zu stoßen. Die ständigen innerparteilichen Kämpfe hatten überdies die Mitglieder ermüdet, der Ruf nach „innerparteilichem Frieden“ erleichterte es der Komintern, die Linke auszubooten und eine genehmere Führung zu schaffen. Stalin erklärte im März 1926, daß die KPD nunmehr ein „leninistisches ZK“ habe Diese Zentrale setzte sich aus Linken zusammen, die mit Ruth Fischer gebrochen hatten (Thälmann, Dengel, Dahlem) und aus ehemaligen „Mittelgruppen" -

Vertretern (Remmele, Heinz Neumann, Ewert u. a.). Sie alle dachten an keinen prinzipiellen Widerstand gegen die Moskauer Vorherrschaft und führten die Stalinisierung der KPD durch.

Sieben Jahre nach Liebknechts und Luxemburgs Tod saßen in der Führung der Partei Menschen anderen Schlages, als es die Gründer der KPD gewesen waren. Emst Thälmann wurde als der „unfehlbare Führer" Stalins deutsche Kopie, während der wendige Heinz Neumann und Hermann Remmele bis 1932 die Politik machten.

Thälmann war Vorsitzender der starken Hamburger USP gewesen, die er 1920 fast geschlossen zur VKPD mitbrachte. Er gehörte seither zum linken Flügel der Partei und wurde nach der Funktionserhebung von Fischer und Maslow auf der 1. Parteikonferenz 1925 Parteivorsitzender. Die theatralische Herausstellung seiner Person durch die KPD widerspiegelte nicht nur den parallel laufenden Führer-Kult um Stalin, sondern bildete auch eine Konkurrenz des Hitler-Kults

Der letzte Versuch, die Herrschaft des von Moskau gelenkten Apparats zu brechen, wurde im Jahre 1928 unternommen. Gestützt auf die noch in der Partei verbliebenen Rechten versuchten die sogenannten Versöhnler, Eberlein, Ewert, Meyer, Eisler u. a. Thälmann zu stürzen. Zum Anlaß wurde die Affäre Wittorf genommen. Wittorf, ein Schwager Thälmanns, hatte in Hamburg Parteigelder unterschlagen, und Thälmann deckte ihn, ohne selbst etwas mit der Korruption zu tun zu haben. Am 25. /26. September faßte das ZK den Beschluß: „Das ZK mißbilligt auf das schärfste die Geheimhaltung der Hamburger Vorgänge gegenüber den leitenden Instanzen der Partei durch den Genossen Thälmann als einen die Partei schwer schädigenden politischen Fehler. Auf seinen eigenen Antrag wird diese Angelegenheit der Exekutive überwiesen; bis zu ihrer Erledigung ruhen die Funktionen des Genossen Thälmann.

Stalin griff persönlich in die Auseinandersetzung ein. Thälmann wurde wieder eingesetzt, die Gelegenheit wurde ausgenutzt, um die Macht des Apparats zu stabilisieren. Die Rechten, die eine breite Anhängerschaft in Sachsen, Schlesien, in Offenbach und anderen Orten hatten, wurden ausgeschlossen. Die Versöhnler mußten kapitulieren. Der von Stalin abhängige Parteiapparat hatte sich durchgesetzt, und die Führung Thälmann, Remmele, Neumann betrieb weiterhin Stalins Politik in Deutschland. Alle Oppositionsgrupppen wurden von der Partei als Agentengruppen gebrandmarkt.

Nach der offiziellen Lesart sah die Entwicklung (in den „Thesen zum 3 5. Jahrestag der Gründung der KPD“) so aus: „Das geschidttliche Verdienst des Genossen Ernst Thälmann besteht darin, daß er die unter der Führung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gegründete KPD zu einer revolutionären Massenpartei entwickelte, daß er als erster systematisch die Lehren von Lenin und Stalin in die deutsche Arbeiterbewegung und in das deutsche Volk hineintrug

4. Der letzte Parteitag

Vom 9. bis 16. Juni 1929 fand in Berlin-Wedding der letzte (12.) KP-Parteitag vor dem Machtantritt des Nationalsozialismus statt. Dieser Parteitag leitete auch die letzte Phase der KPD-Politik in der Weimarer Republik ein. Nur wenige Wochen nach dem „Blutmai", (am 1. Mai kam es in Berlin zu blutigen Zusammenstößen, nachdem der sozialdemokratische Polizeipräsident Zörgiebel die KPD-Demonstration verboten hatte) war die Atmosphäre gegen die Sozialdemokratie geladen. Die „Versöhnler“, (die letzte Oppositionsgruppe, die noch nicht ausgeschlossen war) bildeten das Hauptangriffsziel der Parteiführung. Die „Verteidigung der Sowjetunion“ war ein weiterer Schwerpunkt der Beratungen.

Thälmann, der unbestrittene Führer der Partei, wurde bei seinem Auftreten mit langanhaltendem Beifall begrüßt. Das Protokoll vermerkt: „Der Parteitag bereitet dem Genossen Thälmann eine stürmische Ovation. Die Delegierten erheben sich und singen die „Internationale“. Die Jugenddelegation begrüßt den 1. Vorsitzenden der Partei mit einem dreifachen , Heil Moskau' (Übrigens wurde auch Rem-mele bei seinem Erscheinen diese „Ehrung“ zuteil

Nicht nur der Führerkult läßt sichtbar werden, wie die KPD sich in 10 Jahren gewandelt hatte. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand die Verteidigung des „sowjetischen Vaterlands“ vor einem vermeintlichen direkt bevorstehenden Angriff. „Es gilt zu werben für die Verteidigungsfront der Sowjetunion“, rief Wilhelm Pieck aus In einem Telegramm an die Komintern wurde gelobt: den „kommenden imperialistisd' ien Krieg in den siegreichen Bürgerkrieg des Proletariats umzuwandeln In einem besonderen Referat „Der Kampf gegen den Krieg und die Verteidigung der Sowjetunion“ ging Remmele soweit zu behaupten:

. olle Anzeichen weisen mit zwingender Kraft daraufhin, daß auf der Tagesordnung der Geschichte vor allem ein Krieg steht; der Krieg der imperialistisd'ien Großmächte gegen die Sowjetunion. . .

Und hier dokumentiert sich insbesondere die grundlegende Tatsache, jene Veränderung, die wir seit dem VI. Weltkongreß gehabt haben, daß nämlich die Sozialdemokratie, die II. Internationale es ist, die heute an der Spitze der Organisierung, an der Spitze der ideologischen Vorbereitung des Krieges gegen die Sowjetunion steht

Kippenberger bemerkte, daß vor der KPD sehr ernste und komplizierte Aufgaben militärpolitischer Art ständen, nämlich der „direkten Unterstützung der Roten Armee

Die Vorstellung, ein Krieg gegen die Sowjetunion werde unmittelbar vorbereitet und es gelte das „revolutionäre Rußland“ zu verteidigen, drängte alle sachlichen Auseinandersetzungen in den Hintergrund. Die Versöhnler mußten sich sogar gegen den Vorwurf wehren, „im Interesse des Imperialismus von der wirklichen Kriegsvorbereitung“ abzulenken, weil sie leise Kritik an der Kriegshysterie übten

Die radikale Kampfansage an den „Sozialfaschismus“ war ein weiteres Merkmal des Parteitages. Da die radikalen KP-Mitglieder in der geringsten Abschwächung des Kampfes gegen die SPD „ein Abrücken von der revolutionären Linie der Partei“ sahen waren die beschwichtigenden Worte der wenigen Versöhnler, die auf Unterschiede zwischen Faschismus und Demokratie hinwiesen, ohne Widerhall. Die Atmosphäre des Parteitages wurde von den Berliner Maiereignissen überschattet. Die Führung der Partei verstand es geschickt, die ablehnenden Gefühle der Mitgliedschaft gegenüber der „Partei der Severing und Zörgiebel“, zum Haß gegen die Sozialdemokratie gegen den „Sozialfaschismus" weiterzutreiben.

So wurde nicht nur gegen „Zörgiebel, den Arbeiterschlächter von Berlin

und seine Partei gewettert — die linken Sozialdemokraten wurden als noch „tausendmal gefährlicher“ als die rechten bezeichnet und der Hauptangriff auf sie gerichtet, da sie „stärkste Wegbereiter des Faschismus“ seien

Praktisch wurde auf diesem Parteitag auch die Gewerkschaftsspaltung propagiert, die ausgeschlossenen Gruppen als „Renegaten“ mit den übelsten Schimpfworten belegt und die Versöhnler (Ewert und Emst Meyer) aus der Führung verdrängt. Wie in der KPdSU war auch in der KPD die letzte legale politische Opposition 1929 unterdrückt worden.

Der 12. Parteitag hatte nicht nur in seiner äußeren Form den Parteikongressen der stalinistischen KPdSU geähnelt, er hatte auch offenbar werden lassen, daß die KPD nur noch eine Kopie, wenn nicht gar ein Anhängsel der stalinistischen Kommunistischen Partei der Sowjetunion war. (Fortsetzung folgt)

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zur Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschlands. Eine Auswahl von Materialien und Dokumenten aus den Jahren 1914 bis 1946, 2. durchgesehene Auflage, Dietz-Verlag, Berlin 1955.

  2. Ossip K. Flechtheim: Die KPD in der Weimarer Republik. Bollwerk-Verlag, Offenbach 1948, S. 5 f.

  3. Illustrierte Geschichte der deutschen Revolution. Internationaler Arbei-

  4. Eugen Prager: Geschichte der U. S. P. D. Entstehung und Entwicklung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Verlagsgenossenschaft Freiheit, Berlin 1921, S. 18.

  5. Prager, a. a. O. (Anm. 4), S. 16/17.

  6. Curt Geyer: Der Radikalismus in der deutschen Arbeiterbewegung. Ein soziologischer Versuch. Thüringer Verlagsanstalt. Jena 1923, S. 11.

  7. Flechtheim, a. a. O. (Anm. 2), S. 6.

  8. Vgl. Hermann Weber: Von Lenin zu Chruschtschow. Beilage der Zeitschrift „Parlament" vom 6. November 1957, S. 708 f.

  9. Zit. bei Paul Frölich: Rosa Luxemburg. Gedanke und Tat. Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 1948, S. 109— 111.

  10. A: Maslow: „Die Erkenntnis von der Rolle der KPD, das ist, worum die Berliner Organisation gekämpft hat", Die Internationale, Zeitschrift für Praxis und Theorie des Marxismus. Berlin, Jahrg. 7, 1. Dezember 1924 (Heft 23/24), S. 698.

  11. Lehrbuch für politische Grundschulen der SED: Die Entwicklung Deutschlands und der deutschen Arbeiterbewegung bis zum Sturz des Faschismus. Dietz-Verlag, Berlin 1952, S. 157.

  12. Evelyn Anderson: Hammer oder Amboß. Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Nest-Verlag, Nürnberg (1948), S. 31.

  13. Helmut Breuer: Kleine Geschichte der Arbeiterschaft. Herausgegeben von der Niedersächsischen Landeszentrale für Heimatdienst. 1957. S. 59.

  14. Willy Brandt und Richard Löwenthal: Ernst Reuter. Ein Leben für die Freiheit. Eine politische Biographie. 1957 verlegt bei Kindler. S. 62.

  15. Der Haß von Marx und Engels gegen den Zarismus hat bei der Begründung der Zustimmung zum Krieg keine geringe Rolle gespielt. Schließlich'schrieb Engels noch 1891: „Wird die Kriegsgefahr größer, dann können wir der Regierung sagen, wir wären bereit, wenn man es uns möglich macht, durch anständige Behandlung sie zu unterstützen gegen den auswärtigen Feind, vorausgesetzt, daß sie den Krieg mit allen, auch revolutionären Mitteln und rücksichtslos führe“. Engels Briefe an Bebel, Dietz-Verlag, Berlin 1958, S. 190.

  16. Heinrich Ströbel: Die deutsche Revolution Ihr Unglück und ihre Rettung. Verlag „Der Firn“. 4. Auflage Berlin 1922. S. 15.

  17. Prager, a. a. O. (Anm. 4), S. 40.

  18. a. a. O., S. 143.

  19. Geyer, a. a. O. (Anm. 6), S. 32.

  20. Flechtheim, a. a. O. (Anm. 2), S. 13.

  21. Anderson, a. a, O. (Anm. 14), S. 42.

  22. Auf der Konferenz waren anwesend: Karl Liebknecht, Franz Mehring, Ernst Meyer, Hugo Eberlein, Käte Duncker, Berta Thalheimer, Johann Knief (Bremen), Georg Schumann (Leipzig), August Thalheimer (Braunschweig), Rudolf Lindau (Hamburg), Otto Rühle (Dresden), Karl Minster (Duisburg) und einige andere. Rosa Luxemburg, die damals im Gefängnis saß, hatte die Konferenz vorgeschlagen. („Illustrierte Geschichte der deutschen Revolution , Internationaler Arbeiter-Verlag, Berlin 1929. S. 135.)

  23. Vom Spartakusbund zur KPD. Materialien zur Geschichte der KPD. Herausgegeben zur Wiederkehr des Gründungsparteitags. Vereinigung Internationaler Verlagsanstalten. Berlin (1926). S. 4.

  24. Walter Tormin: Zwischen Rätediktatur und sozialer Demokratie in der deutschen Revolution 1918/19. Die Geschichte der Rätebewegung. Droste-Verlag, Düsseldorf 1954. S. 38/39.

  25. Frölich, a. a. O. (Anm. 9), S. 327.

  26. Illustrierte Geschichte ... a. a. O. (Anm. 3), S. 143.

  27. Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Reihe II, Band 2: November 1917 bis Dezember 1918. Dietz-Verlag, Berlin 1957, S. 45.

  28. a. a. O., S. 232/233.

  29. Ruth Fischer: Stalin und der deutsche Kommunismus. Der Übergang zur Konterrevolution. Verlag der Frankfurter Hefte. Frankfurt/M. o. J. S. 89.

  30. Wilhelm Pieck: Reden und Aufsätze. Auswahl aus den Jahren 1908 bis 1950. 2. Auflage. Dietz-Verlag, Berlin 1951, S. 99.

  31. Bericht über den Gründungsparteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund), vom 30. Dezember 1918 bis 1. Januar 1919. Herausgegeben von der KPD (Spartakusbund) o. O. o. J. S. 3.

  32. a. a. O., S. 6.

  33. Pieck, a. a. O. (Anm. 32), S. 110.

  34. Bericht Gründungsparteitag (Anm. 33), S. 8.

  35. a. a. O., S. 10.

  36. a. a. O., S. 13.

  37. Paul Frölich führte auf dem Parteitag aus: „Wir stellten uns auf den Standpunkt, daß die früher gebotene Zweiteilung der Arbeiter in politische und gewerkschaftliche Organisationen aufhören muß. Für uns kann es nur die Parole geben: Heraus aus den Gewerkschaften. Was aber dann? Wir haben unsere einheitliche Organisation und die Grundlage dafür bilden die Gruppen unserer Genossen in den Betrieben". (Bericht über den Gründungsparteitag der KPD (Spartakusbund] S. 16.)

  38. Dokumente, a. a. O. (Anm. 29), S. 610.

  39. Bericht Gründungsparteitag (Anm. 33), S. 43/44.

  40. a. a. O., S. 33.

  41. a. a. O., S. 38.

  42. a. a. O.. S. 41,

  43. a. a. O., S. 45

  44. .... Es ist ... unwahr zu behaupten, der Konflikt um die Frage Räte’ oder . Parlament’, welcher die Arbeiterklasse in zwei sich immer feindlicher gegenüberstehende Lager spaltete, sei identisch mit dem Kampf zwischen Demokraten und Befürwortern der Diktatur. Sogar diejenigen, die nach der . Diktatur des Proletariats’ riefen, meinten damit nicht mehr und nicht weniger als . Diktatur des arbeitenden Volkes über die Müßiggänger und Ausbeuter’ —, das heißt: Ersetzung der Diktatur der wenigen Privilegierten durch die Diktatur der überwältigenden Mehrheit. Aber diese Deutung macht das Wort . Diktatur'zu einem Unsinn, da es nur ein anderer — und vielleicht sehr unglücklicher — Ausdruck ist für eine Demokratie, die nicht durch Privilegien behindert wird." (Evelyn Anderson: „Hammer oder Amboß“, Nest-Verlag 1948, S. 67.) Im übrigen vertrat auch die USPD den Rätegedanken. Schon am 12. November 1918 hatte der Vorstand erklärt: „Die Träger dieser Gewalt sind heute die Arbeiter-Soldatenräte". (Dokumente und Materialien zur Gesch. d. Deutsch. Arbeiterbewegung. Bd. 2. Dietz-Verlag, Berlin 1957, S. 362.)

  45. Bericht Gründungsparteitag a. a. O., S. 52.

  46. a. a. O., S. 56.

  47. Karl Liebknecht: Ausgewählte Reden, Briefe und Aufsätze. Dietz-Verlag, Berlin 1952. S. 508.

  48. a. a. O., S. 511.

  49. Ruth Fischer, a. a. O. (Anm. 31), S. 96 u. Pieck, a. a. O. (Anm. 32), S. lii.

  50. Kurt Rosenfeld vom rechten Flügel der USP erklärte, daß die USP im polnisch-russischen Krieg den russischen Arbeitern half, weil sie Waffen-transporte aus Frankreich nach Polen verhinderte. Er ging auf einen offiziellen Aufruf der USP ein: „Weiter heißt es in dem Aufruf: es gilt zu zeigen, daß die deutsche Arbeiterklasse nichts unversucht lassen wird, um die Neutralität Deutschlands aufrechtzuerhalten und dadurch ihre Solidarität mit den kämpfenden und leidenden Arbeitern und Bauern Sowjet-Rußlands zum Ausdruck zu bringen. Wir haben ... es zustande gebracht, daß die Rechtssozialisten, die Kommunisten und die USP am 8. August einen gemeinsamen Aufruf gegen die Waffen-und Munitionstransporte erlassen haben“. (Protokoll über die Verhandlungen des außerordentlichen Parteitages der USP in Halle vom 12. — 17. Oktober 1920, Verlagsgenossenschaft „Freiheit", Berlin, S. 53.)

  51. O. Pjatnizki: Die einundzwanzig Aufnahmebedingungen der Kommunistischen Internationale. Verlagsgenossenschaft ausl. Arbeiter in der UdSSR, Moskau-Leningrad 1934, S. 11.

  52. W. I. Lenin: Rede bei der Eröffnung des I. Kongresses der Kommunistischen Internationale. Ausgewählte Werke, Band 10. Verlagsgenossenschaft ausl. Arbeiter in der UdSSR, Moskau 1937, S. 27.

  53. Manifest, Richtlinien und Beschlüsse des 1. Kongresses, Aufrufe und öffentliche Schreiben des Exekutivkomitees bis zum 2. Kongreß der Kommunistischen Internationale. Hamburg 1919. S. 70.

  54. Bericht über den 5. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) vom 1. bis 3. November 1920 in Berlin. Frankes Verlag. Berlin 1921. S. 40.

  55. Karl Radek: Die Entwicklung der deutschen Revolution und die Aufgaben der Kommunistischen Partei. Verlag Carl Hoym Nacht Hamburg. 2. Auflage 1920. S. 114/115.

  56. a. a. O., S. 105.

  57. Rosa Luxemburg: Die russische Revolution. Eine kritische Würdigung. Herausgegeben und eingeleitet von Paul Levi. Verlag Gesellschaft und Erziehung. Berlin 1922. S. 113.

  58. Ruth Fischer, a. a. O. (Anm. 31), S. 101.

  59. Pieck, a. a. O. (Anm. 32), S. 116.

  60. Otto Braun (ehemal. Preußischer Ministerpräsident): Von Weimar zu Hitler. 2. Ausl. Europa Verlag New York 1940, S. 84.

  61. Flechtheim, a. a. O. (Anm. 2), S. 49.

  62. Rosa Luxemburg: Briefe an Freunde. Nach dem von Luise Kautsky fertiggestellten Manuskript herausgegeben von Benedikt Kautsky. Europäische Verlagsanstalt Hamburg 1950, S. 77/78.

  63. Levi hatte nach der Verhaftung Jogiches im Krieg auch schon den illegalen Spartakusbund geführt. (Vgl. Illustrierte Geschichte der deutschen Revolution, S. 161). Daß er die KPD nach Liebknechts und Luxemburgs Tod leitete, kann man den offiziellen Kominternberichten entnehmen: „Genosse Levi hat die ganze illegale Arbeit der KPD nach dem Tod der Genossen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht geleitet..." erklärte Radek auf dem 2. Weltkongreß. (Der 2. Kongreß der Kommunistischen Internationale, 19. 7. in Petrograd und 23. 7. bis 7. 8. 1920 in Moskau. Verlag C. Hoym, Hamburg 1921, S. 673).

  64. Bericht über den 2. Parteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund) vom 20. — 24. Oktober 1919. Herausgegeben von der KPD. O. O. u. o. J., S. 43.

  65. Bericht über den 5. Parteitag (Anm. 56), S. 36.

  66. Frölich, a. a. O. (Anm. 9), S. 319/20.

  67. Arthur Rosenberg: Geschichte der deutschen Republik, zit. bei: R. Fischer, a. a. O. (Anm. 31), S. 79/80.

  68. Zit. in: Die ersten Fünfzig Jahre des XX. Jahrhunderts. Eine Schau in Bild und Wort, herausgegeben von Kurt Zentner. Verlag Burda, Offenburg/Baden, Bd. II, S. 11.

  69. Dr. Otto-Ernst Schüddekopf: Heer und Republik. Quellen zur Politik der Reichswehrführung 1918 bis 1933. Norddeutsche Verlagsanstalt Goedel, Hannover und Frankfurt 1955, S. 51/52.

  70. Denkschrift des Reichsjustizministers zu „Vier Jahre politischer Mord". Herausgegeben von E. J. Gumbel. Malik-Verlag, Berlin 1924, S. 182.

  71. Illustrierte Geschichte (Anm. 3), S. 467/68.

  72. Das Revolutionsprogramm der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. In: Revolutionsbibliothek Nr. 3, Das Kommunistische Manifest u. a. Verlag Gesellschaft und Erziehung, Berlin 1919, S. 42.

  73. G. Sinowjew: Die Weltrevolution und die III. Kommunistische Internationale. Rede auf dem Parteitag der USPD in Halle. Verlag der Kommunistischen Internationale o. O. 1920, S. 4.

  74. Unabhängige Sozialdemokratische Partei. Protokoll über die Verhandlungen des außerordentlichen Parteitags in Halle. Vom 12. bis 17. Oktober 1920, Verlagsgenossenschaft „Freiheit", Berlin o. J., S. 261.

  75. Bericht über die Verhandlungen des Vereinigungsparteitages der USPD (Linke) und der KPD (Spartakusbund). Abgehalten in Berlin vom 4. bis 7. Dezember 1920. Herausgegeben von der Zentrale der Vereinigten Kommunistischen Partei Deutschlands. Frankes Verlag, Berlin 1921, S. 216.

  76. Flechtheim, a. a. O. (Anm. 2), S. 73/74.

  77. Die Märzkämpfe 1921. Mit Dokumentenanhanq, Dietz-Verlag, Berlin 1956, S. 20.

  78. Ströbel, a. a. O. (Anm. 18), S. 211.

  79. Paul Levi war strikter Gegner der Aktion und er veröffentlichte eine Broschüre, in der er diesen Putsch charakterisierte: „Aus dieser bakunistischen, allem marxistischem Hohn sprechenden Grundeinstellung der Aktion, diesem völligen Verkennen, der völligen Verleugnung aller marxistischen Stellung der Kommunisten zu den Massen, ergeben sich dann alle folgenden ... anarchistischen Wesenszüge dieses März-Aufstandes ganz von selbst: der Kampf der Arbeitslosen gegen die Arbeitenden, der Kampf der Kommunisten gegen die Proletarier, das Hervortreten des Lumpenproletariats, die Dynamitattentate - das alles waren die logischen Folgen. Durch das alles wird die März-Bewegung als das charakterisiert, was sie ist: der größte Bakunisten-Putsch der bisherigen Geschichte". (Paul Levi, Unser Weg. Wider den Putschismus. Berlin 1921, S. 31).

  80. Ernst Friesland: „Parteitaktische Bemerkungen“ Die Internationale, Heft 18/19, 1921, S. 643.

  81. W. I. Lenin „Brief an die deutschen Kommunisten", Ausgewählte Werke, Bd. 10 (Anm. 54), S. 287.

  82. Protokoll des III. Kongresses der Kommunistischen Internationale.

  83. Die Märzkämpfe (Anm. 79), S. 117.

  84. Heinrich Brandler: „An einem Wendepunkt“. Die Internationale, Heft 15, 1. August 1923, S. 417.

  85. Fischer, a. a. O. (Anm. 31), S. 113.

  86. a. a. O., S. 331.

  87. a. a. O., S. 343/344.

  88. Flechtheim, a. a. O. (Anm. 2), S. 96.

  89. Anderson, a. a. O. (Anm. 14), S, 136.

  90. Bericht über die Verhandlungen des 9. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale). Abgehalten in Frankfurt a. M. vom 7. bis 10. April 1924. Hrsg. Zentrale der KPD. Verein. Int. Verlagsanstalten, Berlin 1924, S. 235/36.

  91. a. a. O., S. 341.

  92. a. a. O„ S. 58.

  93. Vgl. Ernst Meyer: „Betriebszellen-Organisation im Spartakusbund". Die Internationale, Heft 12, Dezember 1925, S. 765.

  94. Ruth Fischer: „Unsere wichtigste Aufgabe“. Die Internationale, Heft 5, März 1925, S. 105.

  95. Lenz: „Der 10. Parteitag der KPD", Die Internationale, Heft 8, August 1925, S. 461.

  96. Bericht 9. Parteitag (Anm. 92), S. 124.

  97. Offiziell wurde der Fischer-Maslow-Führung vorgeworfen: „Das was an revolutionärer Theorie fehlte, wurde durch Reserve gegenüber der Politik der Komintern ersetzt. Bei genügendem Verständnis für diesen Grund-mangel der Parteileitung hätte die abwartende Haltung gegenüber der Komintern durch zähes Vertiefen in den Leninismus und durch ständiges überprüfen der Vorschläge der Komintern am Leninismus und an den Beschlüssen der Komintern behoben werden können. Statt dessen: in der immer klarer hervortretenden Übereinstimmung in der Theorie und auch in der Praxis der angenommenen Beschlüsse durch Versuche, eigene Politik zu machen, der Versuch, weiter auch außerhalb der deutschen Sektion die Politik der Komintern zu durchkreuzen (Entsendung von Emissären). So wurden Beschlüsse der Komintern akzeptiert mit der Gewißheit: die Durchführung oder Nichtdurchführung liegt bei uns ...'. (Bericht über die Verhandlungen des 10. Parteitages der KPD [Sektion der Komm. Int.) Berlin vom 12. bis 17. Juli 1925. Vereinigung Internationaler Verlagsanstalten, Berlin 1926, S. V).

  98. Heinz Neumann: „Der neue Kurs der KPD*. Die Internationale, Heft 9, September 1925, S. 531.

  99. W. I. Lenin, Ausgewählte Werke, Band 8. Verlagsgenossenschaft ausländischer Arbeit in der UdSSR, Moskau 1935, S. 381.

  100. W. I. Lenin: Rede am 28. Juni 1921, Ausgewählte Werke, Bd. 10 (Anm. 54), S. 272.

  101. Sinowjew erklärte allerdings noch 1921: „Wir werden die Glücklichsten sein, wenn die proletarische Revolution in Deutschland oder anderwärts gesiegt haben wird und wir den Mittelpunkt der kommunistischen Bewegung nach Berlin oder an einen anderen Ort verlegen können werden. Wir sind aber selbstverständlich voll Stolzes, daß die Arbeiter der verschiedensten Länder uns gegenwärtig diese Ehre teilhaftig werden lassen. Wir haben uns bemüht, und wir werden es weiter tun, die konkreten Probleme der internationalen Revolution für jedes Land zu verfolgen, die Verhältnisse aller Länder zu studieren und von ihnen zu lernen, was sie besser wissen als wir*. (G. Sinowjew, „Die Kämpfe der Kommunistischen Internationale“, Hamburg 1921, S. 57).

  102. Fischer, a. a. O. (Anm. 31), S. 226/27.

  103. J. W. Stalin, Werke, Band 7 (1925), Dietz-Verlag, Berlin 1952, S. 34.

  104. Bericht über die Verhandlungen des 10. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale) Berlin vom 12. bis 17. Juli 1925. Herausgegeben vom ZK der KPD Ver. Int. Verlagsanstalt, Berlin 1926, S. 114.

  105. a. a. O., S. 667/68.

  106. J. W. Stalin: Werke, Band 8 (Januar bis November 1926). Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 98.

  107. „Thälmann war von schwerer, eher stämmiger Gestalt. Er war ungebildet und hatte mit der marxistischen Terminologie und mit Fremdworten immer zu kämpfen; aber vom Beginn seiner Karriere an halfen ihm seine große Erfahrung und sein vorzüglicher politischer Instinkt. Seine Reden waren gefühlsmäßig, laut, manchmal fast unzusammenhängend, und wenn er sich den Kragen abnahm, wurde diese Geste immer wieder mit Beifall begrüßt. Er gewann seine Hörerschaft jedoch durch die Ehrlichkeit seiner Über-zeugung und die Leidenschaftlichkeit der Argumentation. Sein Haß auf die . Generäle', auf Hindenburg und Ludendorff und seine unversöhnliche Feindschaft gegen die wiederaufstehenden Kräfte des deutschen Imperialismus standen außer Frage. Das russische Polit-Büro erkannte schnell sowohl die starken, wie die schwachen Seiten seines Charakters. Die russischen Führer, Meister der politischen Psychologie, wußten genau, wie sie diese Persönlichkeit verwenden konnten, erkannten seine Eitelkeit bezüglich seiner proletarischen Herkunft, sein Mißtrauen gegen Intellektuelle, seinen Ehrgeiz,“

  108. Mit dem Aufkommen der Nazis nahm der Führerkult immer unsinnigere Formen an und die Verherrlichung des „Führers" konnte ebensogut im „Völkischen Beobachter", wie in der „Roten Fahne" stehen. „Heute spricht unser Führer!" prangt z. B. in großen Lettern auf der ersten Seite der „Roten Fahne" vom 12. 9. 1930. „Der Personenkult, der von nun an mit Thälmann getrieben wurde, suchte es dem der Nazis gleichzutun. Thälmann — der . Führer des deutschen Proletariats', Thälmann auf jedem Plakat, auf Ansichtskarten, im Ehrenpräsidium, als großer Politiker, Theoretiker usw. ... Da auch jeder Bezirksleiter zum . Führer des Ruhrproletariats', des . Berliner Proletariats'usw. ernannt wurde, hatte im Bereich des Führerkultus die KPD bald die NSDAP . eingeholt I" (Flechtheim: KPD in der Weimarer Republik, S. 157.)

  109. Flechtheim, a. a. O. (Anm. 2), S. 158.

  110. „Thesen zum 35. Jahrestag der Gründung der KPD". (Vom ZK der SED) Einheit. Zeitschrift für Theorie und Praxis des wissenschaftlichen Sozialismus. 1954. Heft 1, S. 9.

  111. Protokoll der Verhandlungen des 12. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands (Sektion der Kommunistischen Internationale), Berlin-Wedding, 9. — 16. Juni 1929. Herausgegeben vom Zentralkomitee der KPD. Internat. Arbeiterverlag Berlin. S. 49.

  112. a. a. O., S. 300.

  113. a. a. O., S. 9.

  114. a. a. O., S. 28.

  115. a. a. O., S. 301/303.

  116. a. a. O., S. 406.

  117. a. a. O„ S. 398.

  118. a. a. O., S. 43.

  119. a. a. O., S. 9.

  120. a. a. O., S. 157.

  121. a. a. O., S. 196.

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