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Die Kirchenpolitik der Nationalsozialisten im Warthegau 1939 -19451) | APuZ 8/1959 | bpb.de

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APuZ 8/1959 Die Kirchenpolitik der Nationalsozialisten im Warthegau 1939 -19451)

Die Kirchenpolitik der Nationalsozialisten im Warthegau 1939 -19451)

BERNHARD STASIEWSKI

Die nachstehende Untersuchung ist mit freundlicher Genehmigung des Instituts für Zeitgeschichte dem Heft 1/1959 der „Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte" entnommen.

Das 1920 entstandene Programm der NSDAP besagt im Artikel 24: „Wir fordern die Freiheit aller religiösen Bekenntnisse im Staat, soweit sie nicht dessen Bestand gefährden oder gegen das Sittlichkeits-und Moralgefühl der germanischen Rasse verstoßen. Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden." Diese Grundsätze enthalten bereits in ihrer unklaren Formulierung und ihren Nebeneinanderstellungen keimhaft Thesen, deren Gefährlichkeit sich später enthüllte. Doch versicherte Adolf Hitler in seiner Reichstagsrede vom 23. März 1933: „Die nationale Regierung sieht in den beiden christlichen Konfessionen wichtigste Faktoren der Erhaltung unseres Volkstums, . . . Ihre Rechte sollen nidtt angetastet werden Am 20. Juli 1933 ließ er sogar ein Konkordat mit dem Vatikan abschließen

Millionen gläubiger Christen waren von der Ehrlichkeit des neuen Kanzlers überzeugt. Und doch hätten die nationalsozialistische Ideologie, besonders ihr Antisemitismus, die Erhebung der Rasse zum letzten Wertmaßstab und der Führungsanspruch der Partei in Weltanschauungsfragen schon damals zur Skepsis mahnen sollen. Hitler hatte in seinem programmatischen Buch „Mein Kampf“ seinen Bruch mit der katholischen Kirche, seinen Haß gegen Judentum und Christentum deutlich genug zum Ausdruck gebracht In der Öffentlichkeit schwieg er nach der „Machtergreifung" zunächst darüber. Im Kreise vertrauter Partei-genossen entwickelte er jedoch seine Gedanken weiter. So hätte er den Aufzeichnungen Hermann Rauschnings zufolge bereits 1933 die Vernichtung des Christentums ins Auge gefaßt. „Was werden soll, fragen Sie? Das will ich Ihnen sagen: verhindern, daß die Kirchen etwas anderes tun, als was sie jetzt tun. Nämlich Schritt für Schritt. Raum verlieren. Was glauben Sie, werden die Massen jemals wieder christlich werden? Dummes Zeug. Nie wieder. Der Film ist abgespielt. Da geht niemand mehr herein. Aber nachhelfen werden wir Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier während des zweiten Weltkriege« bekunden die letzten Absichten seiner Kirchenpolitik jedenfalls unmißverständlich. Am 13. November 1941 sagte er z. B.: „Der Krieg wird ein Ende nehmen. Die letzte große Aufgabe unserer Zeit ist darin zu sehen, das Kirchenproblem noch zu klären. Erst dann wird die deutsche Nation ganz gesichert sein

In der praktischen Politik nach der Machtübernahme wahrte Hitler persönlich gegenüber den christlichen Konfessionen eine gewisse taktische Zurückhaltung. Seinen Mitarbeitern, wie Josef Goebbels, Alfred Rosenberg, Robert Ley, Heinrich Himmler, Martin Bormann und anderen, ließ er jedoch weitgehend freie Hand in der Bekämpfung des Christentums. Der Nationalsozialismus konnte keine Religion neben sich dulden. Seine Apotheose des Führers und seine Lehre von der nordischen Rasse führten zur Ablehnung der Offenbarung, zur Entthronung von Sittlichkeit und Recht. An die Stelle des überlieferten christlichen Glaubens trat der politische Glaube einer Weltanschauungspartei, der alle Gebiete des öffentlichen und privaten Lebens durchdringen wollte. Auf dem Nürnberger Reichsparteitag 1934 erklärte Hitler: „Nicht der Staat befiehlt uns, sondern wir befehlen dem Staat/Nicht der Staat hat uns geschaffen, sondern wir schufen uns unseren Staat Es dauerte nicht lange, bis der glimmende Konflikt zwischen der Partei und den christlichen Konfessionen aufloderte. Die einzelnen Phasen dieses verhaltenen und offenen Kirchenkampfes können hier nicht behandelt werden. Zwischen 193 3 und 193 5 klärten sich jedenfalls die Fronten. Im Juli 1935 entstand das Reichsministerium für kirchliche Angelegenheiten das mit seinen Gesetzen und Verordnungen die kirchliche Wirksamkeit drosselte. Seit 193 5 mehrten sich die Maßnahmen zur sogenannten Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens. Sie versuchten, die evangelische Kirche unter direkte staatliche Kontrolle zu bringen. Sie wandten sich gegen die Verkündung des Wortes Gottes auf den Kanzeln und in den Schulen, schlossen die Caritas von der öffentlichen Wohlfahrt aus und gingen gegen die kirchliche Presse vor. 1936 setzten Devisenprozesse ein, 1937 erhielt die Bekennende Kirche Kollektenverbot. Mehrere theologische Hochschulen wurden geschlossen, führende kirchliche Persönlichkeiten verhaftet. In seiner Enzyklika „Mit brennender Sorge“ am 14. 3. 1 937 stellte Pius XI.den reinen Gottes, Christus-und Kirchenglauben der Umdeutung heiliger Worte und Begriffe durch den Nationalsozialismus gegenüber und protestierte gegen die Behinderung der katholischen Kirche auf allen Gebieten. Das Regime antwortete mit einem Verleumdungsfeldzug und verurteilte Hunderte von Ordens-brüdern und Geistlichen wegen angeblicher Sittlichkeitsund Devisenvergehen.

Von Jahr zu Jahr wurde die Verklammerung zwischen Staat und Kirche, die sich in Deutschland auf vielen Gebieten des öffentlichen Lebens herausgebildet hatte, weiter gelockert und abgebaut. Durch die Gesetzgebung wurde die Kirchenverwaltung systematisch aus der Staatsverwaltung herausgedrängt

Von Jahr zu Jahr wurde die Verklammerung zwischen Staat und Kirche, die sich in Deutschland auf vielen Gebieten des öffentlichen Lebens herausgebildet hatte, weiter gelockert und abgebaut. Durch die Gesetzgebung wurde die Kirchenverwaltung systematisch aus der Staatsverwaltung herausgedrängt 10). Die Eingliederung Österreichs und des Sudetenlandes bot den Machthabern neue Möglichkeiten, weil sich hier an das Konkordat und die Gesetze des Altreiches nicht gebunden fühlten. Am 30. Januar 1939 wandte Hitler sich zwar gegen den Vorwurf der Religionsfeindschaft des Dritten Reiches, knüpfte daran jedoch zum ersten Male eine öffentliche Drohung: „Wenn aber wirklich die deutschen Kirchen diese Lage für sie als unerträglich ansehen sollten, dann ist der nationalsozialistische Staat jederzeit bereit, eine klare Trennung von Kirdre und Staat vorzunehwen . . .

Nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges vermied die Regierung eine Verschärfung der unvermeidlichen Auseinandersetzung, um die Kampf-gemeinschaft des deutschen Volkes nicht zu beeinträchtigen. In einigen Fachministerien setzten sich Referenten sogar für die Kirche ein. Die Gliederungen der NSDAP, besonders die Leitung der Parteizentrale, gingen aber weiter zielstrebig gegen die Kirche vor. Durch zahlreiche Einzelaktionen, die man nunmehr mit Kriegsnotwendigkeiten begründete, wurde das kirchliche Leben enger eingeschnürt und eingekesselt. Sie wurden weithin von Martin Bormann gelenkt, dem Stabsleiter beim Stellvertreter des Führers. Seit 1938 war Bormann die treibende Kraft bei der Verfolgung und Beseitigung des Christentums. Im Mai 1941 rückte er zum Leiter der Parteikanzlei auf Anfang Juni 1941 sandte er ein streng vertrauliches Rundschreiben an alle Gauleiter, in dem er die Unvereinbarkeit von Nationalsozialismus und Christentum darlegte und daraus folgerte: „Ebenso wie die schädlidten Einflüsse der Astrologen, Wahrsager und sonstigen Sd^iwindler ausgeschaltet und durdt den

Staat unterdrüdit werden, muß audt die Einflufhnöglichkeit der Kirche restlos beseitigt -werden. Erst wenn dies gesdtehen ist, hat die Staats-führung den vollen Einfluß auf die einzelnen Volksgenossen. Erst dann sind Volk und Reich für alle Zukunft in ihretn Bestände gesichert. Wir würden die Fehler, die in den vergangenen Jahrhunderten dem Reidt zum Verhängnis wurden, wiederholen, wenn wir nadt dem Erkennen der weltanschaulidten Gegnersdraft der christlichen Konfessionen jetzt nodh irgendwie zur Stärkung einer der versdtiedenen Kirdten beitragen würden. Das Interesse des Reidtes liegt nicht in der Über-windung, sondern in der Erhaltung und Verstärkung des kirddidten Partikularismus . Martin Bormann war denn auch maßgebend an der nationalsozialistischen Kirchenpolitik im Warthegau beteiligt , die im folgenden behandelt werden soll.

Nach dem Polenfeldzug wurde durch einen Erlaß Hitlers über Gliederung und Verwaltung der Ostgebiete vom 8. Oktober 1939 der Reichs-gau Posen gebildet und dem Deutschen Reich einverleibt. Die Bezeichnung „Reichsgau Posen“ wurde drei Monate später in „Reichsgau Wartheland“ umgewandelt. Dieser umfaßte ein Gebiet von 46 OOO qkm mit 4, 6 Millionen Einwohnern. Davon waren zunächst nur etwa 340 OOO Deutsche, also weniger als 10 Prozent. Die meisten von ihnen wurden als „Volksdeutsche“ bezeichnet, da sie vor 1939 die polnische Staatsangehörigkeit besessen hatten. Durch Einweisungen aus dem Altreich, durch 24 5 000 Rücksiedler aus dem Baltikum und den Westgebieten Rußlands und durch Unterbringung Deutscher aus luftgefährdeten Gebieten soll ihre Zahl im März 1944 eine Million erreicht haben.

Durch Verhaftung weiter Kreise der polnischen Intelligenz und Austreibung einer beträchtlichen Zahl von Polen in das Generalgouvernement wurde zugleich der polnische Bevölkerungsanteil vermindert. Die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung des Warthegaus bestand jedoch bis zum Ende der deutschen Terrorherrschaft aus Polen, die von den Machthabern in jeder nur möglichen Weise deklassiert und dezimiert wurden Die Einzelheiten der grausamen Vertreibung der Polen in das Generalgouvernement, die Behandlung der Juden im Warthegau die Arbeitsvorschriften für die polnische Bevölkerung, die auch Kinder über 12 Jahren und werdende Mütter betrafen, die Zwangsmaßnahmen gegenüber polnischen Kindern auf dem Gebiet der Schule die drakonischen Bestrafungen der Polen u. a. m., bedürften auch von deutscher Seite einer eingehenden und rückhaltlosen Darstellung. Damit könnte die Wissenschaft zugleich ihren Beitrag zur Heilung der schwärenden Wunde leisten, die der Nationalsozialismus dem deutsch-polnischen Verhältnis beigebracht hat

Am 26. Oktober 1939 war der SS-Obergruppenführer Arthur Greiser zum Gauleiter und Reichsstatthalter des Warthegaues bestellt worden. Damit war ihm gleichzeitig die politische und die staatliche Leitung anvertraut. Sein Ziel war die Ausschaltung des polnischen Volkstums. Greiser erklärte das von den deutschen Truppen im September 19 39 eroberte Gebiet als einen völlig rechtsfreien Raum, den er nun zu „formen“ habe. Bereits im Frühjahr 1940 äußerte er sich höheren Offizieren gegenüber dahin, der Reichsgau Warthela Oktober 1939 war der SS-Obergruppenführer Arthur Greiser 21) zum Gauleiter und Reichsstatthalter des Warthegaues bestellt worden. Damit war ihm gleichzeitig die politische und die staatliche Leitung anvertraut. Sein Ziel war die Ausschaltung des polnischen Volkstums. Greiser erklärte das von den deutschen Truppen im September 19 39 eroberte Gebiet als einen völlig rechtsfreien Raum, den er nun zu „formen“ 22) habe. Bereits im Frühjahr 1940 äußerte er sich höheren Offizieren gegenüber dahin, der Reichsgau Wartheland solle „im Sinne der Gedanken der künftigen Reichsverfassung gestaltet" werden 23). Und in einer Rede vom 25. Oktober 1941, zum zweiten Jahrestage der Gründung des Warthegaues, pries er die Tatsache, daß „sich uns allen in diesem jungfräulichen Aufbaugebiet des deutschen Ostens zum ersten Male die Möglichkeit bietet zu einer staatlichen Neuordnung, die dem nationalsozialistischen Prinzip in allen Zügen des öffentlichen Lebens entspricht". So bezeichnete er es als selbstverständlich, daß die staatliche Gewalt „eine straffe Zentralisierung in der Führung aller Gebiete des öffentlichen Lebens" fordere. Er rühmte die kompromißlose Zielsetzung der Partei in der Volkstumspolitik. Der Deutsche sei Herr dieses Landes, der Pole nur dienender Mitarbeiter. Wer sich gegen diesen Standpunkt versündige, den treffe die Härte des Gesetzes oder der politischen Gewalt mit aller Schwere. „Diese klare 'Volkstumslinie in unserem Gaugebiet schließt damit Menschen mit weichen oder gefühlsduseligen Charakteren von vornherein vom Aufbau aus. wenn sie nidu in der Lage sind, sich die gewünschte eigene Härte und den damit zum Ausdruck kommenden Abstand anzuerziehen. Auch hier werden wir gegenüber unseren eigenen Volksgenossen weiterhin eindeutig und sdtarf die notwendigen Erziehungsmaßnahmen beibehalten" 24). Alfred Lattermann bezeichnete im Frühjahr 1942 als das Ziel „das dem selbst aus dem Gau stammenden Gauleiter und Reidis-statthalter Greiser als Beauftragten des Reichsführers-SS und Kommissar für die Festigung des deutsdien Volkstums gesteckt ist": mit der Ein-deutschung des Gaues die Lücke im deutschen Volksboden zwischen Altpreußen und Schlesien zu schließen und so den Gau für alle Zeiten fest ins Reich einzugliedern 25).

In dieser Grundhaltung wurde er von dem Regierungspräsidenten August Jäger unterstützt 26). Schon im September 1939 wurde er nach Posen gerufen, um dort Greisers Vertretung in der Zivilverwaltung zu übernehmen. In dieser Eigenschaft beriet er den Reichsstatthalter in allen kirchenpolitischen Fragen.

Greiser und Jäger führten bewußt die Trennung zwischen Kirche und Staat im Warthegau durch. Der Reichsstatthalter ging davon aus, daß sein Gau unmittelbar dem Führer unterstellt sei und daß die Kompetenzen des Reichsministers für kirchliche Angelegenheiten auf das Alt-reich beschränkt seien. Die Parteikanzlei galt ihm als letzte Instanz für Kirchenfragen in den eingegliederten Gebieten. Mit alledem entfielen die Rücksichten, die die Partei in anderen Teilen des Reiches nehmen mußte. Als Vertreter des Gauleiters erklärte Parteigenosse Schmalz Anfang August 1941 „den Kampf gegen die Gebundenheit an irgendeine Religions-oder Sektenanhänglichkeit“ als eine der wichtigsten Aufgaben der Partei in der Betreuung der LImsiedler

Das Vorgehen Greisers und seiner Mitarbeiter läßt sich bis in die Einzelheiten rekonstruieren. Wohl sind wertvolle Aktenbestände verlorengegangen und Teile der erhaltengebliebenen leider noch heute der deutschen Forschung nicht zugänglich. Die Bände des Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg, die geborgenen Akten der evangelischen Kirchen im Warthegau, das einschlägige Material des Evangelischen Oberkirchenrats in Berlin sowie eigene Funde in weiteren kirchlichen und staatlichen Archiven ermöglichen, zusammen mit der bereits umfangreichen Spezial-literatur, dennoch tiefen Einblick in die nationalsozialistische Kirchen-politik im Warthegau von 1939 bis 1945 und ihre Auswirkungen.

Zunächst möchte ich die wichtigsten allgemeinen Verordnungen und Verfügungen des Reichsstatthalters und seiner Mitarbeiter gegen die Kirchen behandeln, um sodann ihre Auseinandersetzung mit den evangelischen Kirchen und schließlich ihr Vorgehen gegen die katholische Kirche zu schildern.

Verordnungen und Verfügungen im Kirchenkampf

Schon die Anwendung des Reichssammlungsgesetzes vom 5. November 1934 auf den Warthegau durch eine Verordnung des Reichsstatthalters vom 18. Dezember 19 39 brachte erhebliche Beschränkungen für die Kirchen mit sich Die Einengung des Religionsunterrichts begann im Herbst 1939. Sie führte im Bezirk Kalisch durch eine Verfügung des Regierungspräsidenten bereits am 7. März 1940 zur Beseitigung des Religionsunterrichts in den Volksschulen 28a). Eine Verordnung über die Erhebung von Beiträgen durch religiöse Vereinigungen (!) und Religionsgesellschaften vom 14. März 1940 knüpfte an Bestimmungen über die Kirchenbeiträge im Reichsgau Sudetenland und im Land Österreich vom Mai 1939 an. Während bei diesen die einzelnen beitrags-berechtigten Kirchen aufgezählt wurden, sprach § 1 der genannten Verordnung für den Warthegau, wie gesagt, nur summarisch von „religiösen Vereinigungen und Religionsgesellschaften“ und ihren Beitragsordnungen zur Deckung des Sach-und Personalbedarfs. § 2 beschränkte die Beitragsleistung auf volljährige Mitglieder. § 4 verlangte Vorlage des Haushaltsplans und Abrechnung nach Ablauf des Rechnungsjahres beim Regierungspräsidenten. § 5 beseitigte jeden Anspruch religiöser Vereini-gungen auf Zuschüsse seitens des Staates, der Gemeinden und öffentlicher Patrone Nach einer späteren Äußerung von Regierungsrat Dudzus, dem Kirchenreferenten Greisers, einem ehemaligen Landesjugendpfarrer lag die „wesentliche Bedeutung“ der Verordnung darin, daß „die Kirche im Gau Wartheland wie alle anderen religiösen Gemeinschaften auf das Niveau eines privaten Vereins herabgedrückt“ werde. Das entspreche den staatlichen Intentionen

In der Kirchenkampfliteratur wird häufig von einer weiteren „Verordnung“ vom 14. März 1940 über die Trennung von Kirche und Staat in 13 Punkten gesprochen. Ihre Veröffentlichung als solche ist jedoch bezeichnenderweise weder unter diesem noch einem späteren Datum nachweisbar Die 13 Punkte wurden vielmehr nur mündlich am 10. Juli 1940 von Regierungsrat Dudzus den Vertretern des Posener Konsistoriums vorgetragen und gedeutet Wahrscheinlich stammte ihre Formulierung von der Parteikanzlei. Die mitgeteilten Grundsätze sollten jedenfalls als Richtlinien zur „eindeutigen Klärung“ des Verhältnisses von Staat und Kirche im Warthegau schon während des Krieges dienen

Punkt 1 lautete nach stenografischen Notizen eines Teilnehmers an der Unterredung: „Es gibt keine Kirchen mehr im staatlichen Sinne, sondern es gibt nur noch religiöse Kirchengesellschaften im Sinne von Vereinen.“ Die Leitung lag nach Punkt 2 nicht in Händen von Behörden, es gab nur noch Vereinsvorstände. Punkt 4 verfügte: „Es bestehen keine Beziehungen mehr zu Gruppen außerhalb des Gaues, auch keine rechtliche, finanzielle oder dienstliche Bindung an die Reichskirche.“ Kirchenreferent Dudzus fügte ausdrücklich hinzu, das gelte auch für die katholische Kirche, deren Verbindung zum Vatikan gelöst werde Dies war übrigens schon früher von Vertretern der evangelischen Kirche erklärt worden Punkt 5: „Mitglieder können nur Volljährige durch eine sclrriftlidte Beitrittserklärung werden; sie werden also nicht hineingeboren, sondern müssen erst bei Volljährigkeit ihren Eintritt erklären. Es gibt keine Landes-, Volks-oder Territorialkirchen. Wer vom Altreich neu in den Warthegau zieht, muß sich auch erst schriftlich eintragen lassen.“ — Punkt 6: „Alle konfessionellen Untergruppen, Nebenorganisationen (jugendgruppen) sind aufgehoben und verboten.“ Das bedeutete das Ende aller kirchlichen Vereine. Als leitenden Gesichtspunkt für diese Maßnahme hob der Kirchenreferent hervor: „Der Erziehung zur Volksgemeinschaft darf nichts im Wege stehen" Punkt 7: „Deutsche und Polen dürfen nicht mehr zusammen in einer Kirche sein.“ Nach der Erklärung Dudzus’ sollte durch Anwendung des Nationalitätenprinzips eine völlige Scheidung zwischen deutsch und polnisch sowohl in der evangelischen als auch in der katholischen Kirche eintreten. — Punkt 8: „In den Sdtulen darf kein Konßrmandenunterricht abgehalten werden.“ Der Kirchenreferent dehnte dieses Verbot auf den Religionsunterricht in den Schulen überhaupt aus. „Er sei auf die Dauer nidit zu ertragen und bringe außerdem die Lehrer in Widersprüdre.“ — Punkt 9: „Es dürfen außer dem Vereinsbeitrag keine finanziellen Zuschüsse geleistet werden.“ Dudzus deutete an, auch Kollekten würden nicht mehr gestattet werden, es sei eine Kontrolle des gesamten kirchlichen Finanzwesens vorgesehen. — Punkt 10: „Die Vereine dürfen kein Eigentum, wie Gebäude, Häuser, Felder, Friedhöfe haben außer den Kulträumen.“ Dudzus ergänzte: Die Einziehung des kirchlichen Land-besitzes sei geplant. Es werde keine kircheneigenen Friedhöfe mehr geben, da eine Trennung durch Beerdigung nach Konfessionen die Volksgemeinschaft störe. — Punkt 11: „Die Vereine dürfen sich nidit in der Wohlsahrtspflege betätigen. Dies stehe einzig und allein der NS-Volkswohlfahrt zu.“ — Punkt 12: „Alle Stifte und Klöster werden aufgehoben, da diese der deutschen Sittlichkeitsund Bevölkerungspolitik nicht entsprechen.“ — Als Punkt 13 figuriert in den später verbreiteten Zusammenstellungen die Bestimmung: „In den Vereinen dürfen sich nur Geistliche aus dem Warthegau betätigen. Dieselben sind nidit hauptamtlich Geistliche, sondern müssen einen Beruf haben.“ Dieser Punkt war am 10. 7. 1940 jedoch nicht genannt worden wenn auch sein Inhalt mit in das Programm gehörte, das in den nächsten Jahren im Warthegau durchgeführt werden sollte. Statt dessen wurde noch erklärt, daß die neue Reichsuniversität Posen keine theologische Fakultät erhalten werde; die theologische Schule in Posen dürfe bestehen bleiben, aber nicht als „Hochschule“ bezeichnet werden — Diese in ihrem überlieferten Wortlaut angeführten 13 Forderungen enthalten die wesentlichen Elemente der nationalsozialistischen Kirchenpolitik im Warthegau. Die antikirchlichen Maßnahmen des Reichsstatthalters seit dem Sommer 1940 stellen die praktische Verwirklichung dieses Pro-gramms dar.

Eine Verfügung vom 24. September 1940 über die planwirtschaftliche Erfassung und Ausrichtung der Anstalten der freien Wohlfahrtspflege die durch Rundschreiben dem Gauhauptmann, den Regierungspräsidenten, Landräten und Oberbürgermeistern sowie den in Frage kommenden kirchlichen Stellen zuging löste praktisch die kirchlichen Vereine, Stiftungen und karitativen Anstalten auf. Sie ermöglichte der NSV, sich vieler kirchlicher Heime und Institutionen zu bemächtigen.

Um die Kirchen zur Annahme der Rechtsform eines privaten Vereins zu zwingen, wurde u. a. am 6. Februar 1941 ein ausdrückliches Verbot aller Kollekten und Sammlungen angekündigt, das nach der kirchlichen Weigerung am 1. April vom Reichsstatthalter in Kraft gesetzt wurde Am 12. Mai erklärte dieser jeden dienstlichen Verkehr mit den ehemaligen Konsistorien und ehemaligen bischöflichen Kurien und anderen Organen für unstatthaft Derartige Eingaben und Anträge seien nicht zu bearbeiten, sondern einem Sonderreferat zuzuleiten. Gleichzeitig verbot er Verhandlungen mit polnischen kirchlichen Stellen und polnischen Geistlichen. Am 26. Mai untersagte er den Verkehr und jegliche kirchliche Gemeinschaft zwischen Deutschen und Polen Er ordnete an, daß polnische Geistliche deutsche Staatsangehörige und Angehörige der deutschen Volksliste konfessionell nicht betreuen dürften. Ebensowenig dürften umgekehrt deutsche Geistliche in der Seelsorge für Polen tätig sein. Alle Kirchengebäude, die bei Kriegsausbruch polnisci gewesen seien oder in denen gegenwärtig polnisch-katholischer oder polnisch-evangelischer Kirchendienst stattfinde, seien als „polnische Kirchen" zu kennzeichnen. Er verfügte weiter: An jeder Kirche, die mit einem deutschen Geistlichen besetzt sei, der im Kirchenort wohnt, sei ein Schild mit der Aufschrift anzubringen: „Für Polen verboten!" Deutsche Geistliche dürften fortan in polnischen Kirchen nur mit Genehmigung der zuständigen Staatspolizeileitstelle Kirchendienst abhalten.

Ende Juni 1941 wurden die Kassenbestände und Kassenbücher beschlagnahmt Am 19. August erließ Jäger in Vertretung des Reichs-statthalters an die Regierungspräsidenten in Posen, Hohensalza und Litzmannstadt mit Überdrucken an die Landräte, Oberbürgermeister und Schulräte Bestimmungen über den Konfessionsunterricht außerhalb der Schule, der einschließlich des Beichtund Kommunionunterrichtes für deutsche Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren nur von staatlich anerkannten religiösen Vereinigungen oder Religionsgesellschaften erteilt werden konnte Er durfte nur in den Kirchen abgehalten werden, die während dieser Zeit (zur Kontrolle der Geistlichen und der Teilnehmer!) für jedermann zugänglich zu halten waren. Sein Umfang wurde wegen der Anforderungen der Schule und der für Jugendliche notwendigen Erholung auf eine Wochenstunde beschränkt, die zwischen 15 und 17 LIhr liegen sollte Am 13. September 1941 beseitigte eine Verwaltungsanordnung des Reichsstatthalters an die Regierungspräsidenten den Religionsunterricht an den Schulen des Gaues vollständig -Bezeichnenderweise erhielten die Kirchenleitungen davon keine Mitteilung.

Die Rechtsgestalt der Kirchen wird grundlegend verändert

Am gleichen Tage kam die einschneidendste Verordnung über religiöse Vereinigungen und Religionsgesellschaften im Reichsgau Wartheland mit 18 Paragraphen heraus § 1 erklärte: „Im Reidtsgau Wartheland bestehen die , Posener evangelische Kirdte deutscher Nationalität im Wartheland', die . Litzruannstädter evangelisdie Kirdte deut-sdter Nationalität im Wartheland', die , Evangelisdt-lutherische Kirdte deutscher Nationalität im Warthegau-West‘ und die , Römisdt-katho-lisdte Kirche deutsdter Nationalität im Reichsgau Wartheland'als juristische Personen des privaten Rechts" Sie sollten nach Maßgabe vom Reichsstatthalter zu erlassender Verwaltungsanordnungen an die Stelle der am 1. September 1939 im Gebiet des Reichsgaues Wartheland bestandenen Rechtspersonen der evangelischen und römisch-katholischen Kirchen treten. Nach § 2 hatten die religiösen Vereinigungen ihre Satzungen zur Genehmigung vorzulegen. § 3 umschrieb den Inhalt der Satzung. Nach § 4 behielt sich der Reichsstatthalter ein Einspruchsrecht bei der Bestellung der Vorstandsmitglieder vor. § 5 regelte den Verlust der Rechtsfähigkeit der religiösen Vereinigungen, die §§ 6— 15 enthielten Bestimmungen über die Mitgliedschaft. § 17 stellte Durchführungsvorschriften in Aussicht. § 18 setzte alle entgegenstehenden Bestimmungen außer Kraft.

Diese Verordnung vom 13. September 1941 wurde mit dem Tage ihrer Verkündigung rechtskräftig; sie sollte den nach Auffassung Greisers „rechtlosen Zustand“ der Kirchen beenden. Durch sie würden, so schrieb der Ostdeutsche Beobachter am gleichen Tage, die bisher ungeregelten rechtlichen Verhältnisse geklärt Sie wurde „auf Grund erteilter Ermächtigung“ erlassen. Da für die Regelung der Kirchensragen in allen Gebieten außerhalb des Altreiches Bormann zuständig war dürfte er dazu ermächtigt haben. Die Rechtsgestalt der Kirchen wurde damit vom Staat grundlegend verändert. In seiner Rede vom 2 5. Ok-tober 1941 erklärte Greiser dazu: „Die Volkstumspolitik habe naturgemäß auch ihren Niedersdtlag in der Kirdtenpolitik finden müssen. Daß bei der gewünschten und für richtig gehaltenen Trennung des deutschen und polnischen Volkstums frühere Vorredtte auf konfessionellem Gebiete beseitigt wurden, war eine Forderung unseres Neuaufbaues auf diesem jungfräulichen Staatsboden“ In den letzten Worten wird auch das alle kirchenpolitischen Maßnahmen beherrschende Ziel der Machthaber wieder ganz deutlich, den Gau zum „Erprobungsfeld“ und „Exerzierplatz der nationalsozialistisdten Weltanschauung“ zu machen

In zahlreichen Versammlungen suchte die Partei im Warthegau die Verordnung vom 13. September 1941 alsbald propagandistisch auszuwerten. Noch am gleichen Tage erklärte einem Schreiben Pater Breitingers zufolge der für kirchliche Fragen zuständige Referent der Gau-leitung vor den politischen Leitern: „Diese neue Verordnung ist kein Abgehen von unserem eigentlidten Ziel, sondern nur ein Meilenstein auf dem Weg zu diesem Ziel, das in der Beseitigung aller kirchlidter Bindungen besteht“ Bei ihren Angriffen gegen die Kirchen stützten sich die Redner auf die oben erörterten 13 Punkte Unter Berufung auf die Verordnung wurden vorgedruckte Erklärungen über die Nicht-zugehörigkeit zur Kirche verteilt. Sogar in Schulen wurde verbreitet, die Kinder gehörten jetzt nicht mehr der Kirche an. Dazu kam der Versuch einer gewissen Abriegelung des Warthegaues durch Passierscheinzwang und staatspolitische Maßnahmen gegen Geistliche aus dein Gau, die sich im Altreich über die kirchlichen Verhältnisse im Warthegau geäußert hatten. Das Verbot des Reichspropagandaministeriums, kirchliche Angelegenheiten in der Presse zu erörtern, sowie die erzwungene Einstellung kirchlicher Zeitschriften und Gemeindeblätter wurden im Warthegau von der Herausgabe eines merkwürdigen „Sonntagsblattes“ begleitet, für welches das Gaupropagandaamt selbst verantwortlich zeichnete. Über dieses Unternehmen schrieb der Ostdeutsche Beobachter vom 26. Oktober 1941: „Ein Novum in der gesamten Sdiulungsarbeit in der Partei, auch gegenüber der bisherigen Praxis im Altreich, ist das von uns herausgebrachte Sonntagsblatt, welches in einfachster und erzählender Form weltanschaulidt-politisd-ie Probleme verständnisvoll behandelt"

Die Reihe der staatlichen Eingriffe in das kirchliche Leben war damit nicht beendet. Ebenfalls am 13. September 1941 ergänzte Jäger seine Verfügung vom 19. August dahin, daß Konfessionsunterricht einschließlieh des Beicht-, Kommunion-und Konfinnandenunterrichts in den deutschen Schulen des Warthegaues nicht stattfinden dürfe. Eine Verordnung vom 3. Oktober 1941 wandte das Nationalitätenprinzip, den Grundsatz der Trennung nach Staatszugehörigkeit, sogar auf die Friedhöfe an die überhaupt dem Eigentum der Religionsgemeinschaften ohne Entschädigung entzogen wurden. § 1, Absatz 3, lautete: „Ist im Gebiet der Gemeinde oder des Landkreises, dem die Gemeinde angehört, ein besonderer Friedhof für Polen nicht vorhanden, so ist bis zur Errichtung eines besonderen Friedhofes für Polen auf dem deutschen Friedhof eine besondere, umzäunte Abteilung für Polen einzuriditen, die einen besonderen Eingang haben muß." — Am 3. Dezember 1941 beschränkte der Reichsstatthalter die wirtschaftlichen Grundlagen der Kirchen auf die Beiträge der Mitglieder Am 11. März 1942 wurde den Kirchen mitgeteilt, daß Geistliche zur Abhaltung gottesdienstlicher Handlungen in Privaträumen vorher die Genehmigung der zuständigen Staatspolizei-stellen einholen müßten Im April wurde den Laienhelfern, besonders den Kantoren, jede Tätigkeit außerhalb der Kirchenräume verboten

Neben den staatlichen Verordnungen lief eine eifrige Propaganda einzelner Dienststellen der Partei für den Austritt aus der Kirche. Ein Schreiben des NS-Lehrerbundes der Kreisverwaltung Kutno vom 28. Januar 1942 teilte z. B. allen Lehrern und Lehrerinnen mit, sie seien durch Verordnung vom 13. September 1941 automatisch aus der Kirche ausgetreten c Am 5. Mai 1942 ordnete der Gaupersonalamtsleiter an, alle politischen Leiter der Partei, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände hätten eine Erklärung abzugeben, daß sie „keinerlei kirchlichen Vereinigungen im Reidtsgau Wartheland beigetreten“ seien, und daß sie sich verpflichteten, „niemals einer sold-ten innerhalb des Großdeutschen Reidies wieder beizutreten'' Am 12. Februar 1942 war bereits eine Durchführungsverordnung des Reichsstatthalters über den erleichterten Kirchenaustritt ergangen Am 17. Mai 1942 beschwerte sich Kardinal Bertram beim Reichsminister für die kirch-

liehen Angelegenheiten über die Förderung der Kirchenaustrittsbewegung durch Stellen der Partei und des Staates „Aus zwei Kreisen des Warthelandes erhalte ich Abschrift eines Formulars, nadi welchem alle Angestellten der DAF die eidesstattlidie Erklärung abgeben müssen, daß sie keinerlei kirchlicher Vereinigung im Warthelande oder im Großdeutsdten Reiche angehören oder beitreten werden."

Die im § 2 der Verordnung vom 13. September 1941 angeforderten Satzungen stellte die Kirchen vor eine schwierige Aufgabe. Sie gaben ihre Vorschläge erst nach längeren und sorgfältigen Beratungen ab. Die Posener und Litzmannstädter Kirchenleitungen arbeiteten dabei eng zusammen, sie konferierten auch mit Vertretern des Evangelischen Ober-kirchenrates, mit der Leitung der evangelischen Kirche Deutschlands und mit Vertretern der lutherischen Kirche in Berlin und Stuttgart. Es kam darüber hinaus zur Fühlungnahme mit den Sachbearbeitern auf katholischer Seite: dem Domherrn Dr. Joseph Paech, Pater Hilarius Breitinger O. F. M. und dem Juristen Dr. Taube. Die deutsshe katholische Kirche im Wartheland reichte am 25. April 1942 ihre Satzungen ein die Posener evangelische Kirche ihren ersten Entwurf am 30. April 1942 ihren zweiten am 29. September 1942 die Kirchenleitung der Litzmannstädter Kirche legte ihren ersten Entwurf am 7. Mai 1942 vor. Nach längeren Verhandlungen zwischen den einzelnen religiösen Gemeinschaften und dem Reichsstatthalter bzw.dessen Referenten ließ Greiser ihnen am 23. April 1943 staatliche Satzungsvorschläge mit Begleitschreiben zugehen: und zwar an die Posener und Litzmannstädter Kirchen, an die katholische Kirche und an die separierten Lutheraner. Alle vier Dokumente stimmen in Aufbau und Inhalt überein, sie unterscheiden sich nur durch die verschiedenen Bezeichnungen für die einzelnen Kirchen und ihre Einrichtungen. Mit großer Wahrscheinlichkeit darf angenommen werden, daß diese Texte — wie auch die Verordnung vom 13. September 1941 selbst — auf Martin Bormann zurückgehen.

Ich brauche auf sie nicht näher einzugehen da die bis 1943 ener-

gisch vorangetriebene „juristische" Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse im Warthegau in den letzten beiden Kriegsjahren ins Stocken geriet. Das hatte verschiedene Gründe: Neben dem seit 1943 zunehmenden Gegensatz zwischen Bormann und Greiser und der Einberufung von Sachbearbeitern zur Wehrmacht darf das Zaudern und Zurückweichen der Partei von ihrer jahrelang forcierten Kirchenpolitik im Warthegau auf die feste Opposition der Gläubigen und ihrer kirchlichen Leitungen und auf den seit 1944 immer stärker werden Zustrom von Evakuierten zurückgeführt werden. Viele von ihnen fanden in der Religion ihren letzten Halt. Man wagte nicht, ihnen mit neuen kirchen-politischen Verordnungen entgegenzutreten. Die sich zur Katastrophe zuspitzende Kriegslage trug zu ihrem Teil auch dazu bei, daß der Reichsstatthalter keine weiteren Maßnahmen gegen die Kirche verfügte.

Die von 1939 bis 1943 erlassenen Verordnungen und Bestimmungen spiegeln aber das Ziel der nationalsozialistischen Kirchenpolitik in ihrem „Mustergau“ deutlich wieder: Sie degradierten die vier zugelassenen Religionsgemeinschaften zu Vereinen, stellten sie unter Staatskontrolle und versuchten, das religiöse Leben an allen von den Staats-und Parteiorganen nur irgendwie erreichbaren Stellen zu ersticken. Ihre Durchführung wurde ohne Rücksicht auf Tradition und Zweckmäßigkeit erzwungen, sie richtete sich gleichmäßig gegen die katholische Majorität wie gegen die protestantische Minorität.

Die Auseinandersetzung mit den evangelischen Kirchen

Nun zunächst zur Auseinandersetzung zwischen den Machthabern und den evangelischen Kirchen im besonderen. 1939 gab es im Gebiet des Warthegaus zwei größere protestantische Gruppen: die „Unierte Evangelische Kirche in Polen“ und die „Evangelisch-Augsburgische Kirche in der Republik Polen“ Nach Verhandlungen mit dem Evangelischen Oberkirchenrat in Berlin und dem kirchlichen Außenamt wurde ein Konsistorium mit zwei Abteilungen gebildet: die eine wurde in Posen untergebracht, die andere in Lodz, seit Anfang 1940 in Litzmannstadt umbenannt. Generalsuperindent D. Blau leitete durch das Konsistorium in Posen 23 5 Pfarreien mit 147 000 Gläubigen der Unierten Evangelischen Kirche, Oberkirchenrat D. Kleindienst von Litzmannstadt aus die deutschen evangelisch-augsburgischen Gemeinden mit 188 000 Gläubigen. Daneben bestand als dritte, zahlenmäßig kleinere Gruppe die „Evangelisch-Lutherische Kirche“ unter dem Superintendenten Kabitz. Die zahlreichen Umsiedler aus dem Baltikum und den anderen Ostgebieten schlossen sich einer dieser Gruppen an.

Für die notwendig gewordene Neuordnung der protestantischen Kirchen erbat der evangelische Oberkirchenrat am 4. Januar 1940 die Zustimmung des Reichsministers für kirchliche Angelegenheiten zu einer Verordnung der vorläufigen Regelung vom 2. Januar. In seiner Antwort vom 5. Februar erklärte Minister Kerri zwar seine Zustimmung zu dieser „vorläufigen“ Maßnahme, wies jedoch darauf hin, der Reichs-Statthalter in Posen habe ihm mitgeteilt, er ans politischen Gründen sidr gegen alle Pläne und Bestrebungen, die iw Warthegau bestehenden religiösen Vereinigungen und Religionsgesellschaften in ein Rechts-oder Verwaltungsverhältnis zu den Kirchen iw Altreich zu bringen, aussprechen wüsse Als für Mitte Februar 1940 in Posen und Litzmannstadt anläßlich der Neugestaltung der kirchlichen Verhältnisse im Reichsgau Posen Feiern und Festgottesdienste geplant waren, erhob Greiser am 5. Februar entschieden Einspruch, so daß die Feierlich-keiten abgesagt werden mußten.

Schon im Frühjahr 1940 wurde es der protestantischen Kirchenleitung klar, daß die Staatsführung im Warthegau jede Verbindung des Posener Kirchengebiets zur Mutterkirche der altpreußischen Union und zum Evangelischen Oberkirchenrat lösen und die rechtliche Organisation der Kirche auf eine Zusammenfassung von Gemeinden zum Zwecke der Beitragserhebung beschränken wollte. In einer Besprechung am 4. September 1940 teilte Greiser in Gegenwart seines Stellvertreters Jäger, der Oberregierungsräte Siegmund und Mehlhorn sowie seines Kirchen-referenten Dudzus dem Präsidenten des Evangelischen Oberkirchenrates Dr. Werner, dem Generalsuperindenten Blau und dem Oberkirchenrat Nehring apodiktisch mit, die Idee des nationalsozialistischen Staates erfordere die Trennung von Staat und Kirche, die Kirche habe die Form des Vereins bzw. Verbandes anzunehmen

Seit Bekanntwerden der 13 Punkte im Sommer 1940 und dieser Unterredung ahnten die deutschen Protestanten im Warthegau, die von der deutschen Herrschaft eine freie Entfaltung ihres kirchlichen Lebens erhofft hatten, daß ihnen ein Kirchenkampf bevorstehe. Die Verordnung über religiöse Vereinigungen und Religionsgemeinschaften vom 13. September 1941 nahm ihnen den letzten Zweifel über den Willen Greisers, die kirchlichen Verhältnisse im Warthegau völlig einseitig zu regeln. Durch Eingaben und Beschwerden an den Reichsstatthalter, an staatliche Zentralinstanzen und Hitler selbst suchten sie in zähem Verteidigungskampf ihre Stellung zu behaupten. Sie wurden dabei von führenden Geistlichen der protestantischen Umsiedler unterstützt, unter denen Bischof D. Pölchau aus Lettland, Probst Thomson aus Estland und Superindentent D. Zöckler aus Galizien hervorragten Besondere Erwähnung verdient eine Eingabe des Propstes Thomson an Hitler vom 10. September 1941 in der er darauf hinwies, daß die im Warthegau gegen die Kirchen getroffenen Maßnahmen „sich wit den Ma^nahwen, die die bolschewistiscl'ie Regierung 1940 in Estland traf, fast Punkt für Punkt ded^en“. Durch die Ausführungen des Gauleiterstellvertreters Schmalz sei „an die Stelle der bisherigen Taktik eines nach außen hin getarnten Kampfes eine offene Kriegserklärung gegen jeglidie Religionsgebundenheit getreten“. Die Regierung im Wartheland sei „also entsdtlossen, den Christenglauben zu verfolgen“. Die deutschen Umsiedler seien ins Wartheland in der Erwartung gekommen, dort das Erbe der Väter bewahren und pflegen zu dürfen. „Mein Führer — ich spreche es offen aus — wir sind in dieser Hoffnung betrogen worden.“

Der Evangelische Oberkirchenrat und der Geistliche Vertrauensrat der evangelischen Kirche Deutschlands unterstützten von Berlin aus diese Proteste durch Schriftsätze an mehrer«’ Reichsminister. Der Evangelische Oberkirchenrat wandte sich z. B. am 26. September 1941 mit einer Eingabe über die kirchliche Lage im Warthegau an Hitler und bat um Aufhebung der Verordnung vom 13. September Er wurde unterstützt von einem Telegramm des stellvertretenden Leiters der Deutschen Evangelischen Kirche und des Geistlichen Vertrauensrates vom 8. Oktober 1941 Am 11. November 1941 erhielt der Evangelische Oberkirchenrat von Dr. Lammers, dem Chef der Reichskanzlei, auf eine umfangreiche Beschwerde lediglich die lakonische Antwort: „Der Führer billigt die von dew Reidrsstatthalter iw Reichsgau Wartheland aw 13. Septewber 1941 erlassene Verordnung über religiöse Vereinigungen und Religionsgemeinschaften

Das Verlangen, die Rechtsform eines Vereins anzunehmen, hatten die evangelischen Kirchen im Warthegau als „ein einseitiges Diktat" empfunden Am 17. April 1941 legten D. Blau und D. Kleindienst dem Reichsstatthalter schriftlich dar, sie könnten aus innerkirchlichen und rechtlichen Gründen diese Forderung nicht erfüllen Als Sieg-mund, der Chef des Führungsstabes und der persönliche Referent des Reichsstatthalters, die Weitergabe ihres Schreibens verweigerte, weil es den unberechtigten Briefkopf „Evangelisches Konsistorium in Posen und Litzmannstadt“ führte, legten beide am 23. Mai 1941 Beschwerde gegen die behauptete Nichtexistenz der Konsistorien ein eine kirchliche Behörde könne nicht durch staatliche Anordnung beseitigt werden. Hier handelt es sich um die „Unterstellung des kirchlichen Lebens und der kirchlichen Arbeit unter einer bisher nicht geübte Einzelbeaufsichtigung“ und staatliche Überwachung Oberkirchenrat Nehring charakterisierte die von Greiser geplante Neuordnung als „gezügelte Kirchen iw freien Staat“ und „unfreie Kirchen iw freien Staat“

Während des ganzen Zeitraums bis zum Herbst 1944 wurden die Kirchenleitungen nicht müde, durch schriftliche Proteste für die unaufgebbaren Anliegen des Christentums einzutreten Inzwischen wurden sie unaufhörlich durch administrative Maßnahmen Greisers bedrückt. Schon am 9. Mai 1941 wurde durch eine Verfügung der Geheimen Staatspolizei die Abteilung für kirchliche Frauenarbeit im Konsistorium geschlossen. Verfügungen des Reichsstatthalters vom 9. Mai, 16. Juni und 6. August 1941 verboten die Laienarbeit außerhalb der Kirchengebäude und engten die Erteilung des Religionsunterrichts sowie des Konfirmandenunterrichts ab August 1941 ein Folgen des Kampfes schließlich, der auf Grund der „ 13 Punkte" gegen die kirchliche Arbeit geführt wurde, waren die Ausschaltung der kirchlichen Wohlfahrtspflege, die Auflösung der evangelischen Frauenhilfe, Erschwerungen des Konfessionsunterrichtes in-und außerhalb der Schule, das Verbot der Tätigkeit von „Laienund Bibelhelfern“, die Beschränkung der Gemeindearbeit auf „kircheneigene Räume“ die Enteignung der Friedhöfe, die Anwendung des Nationalitätenprinzips in der Kirche, Angriffe auf die Feier des Karfreitages Werbung für den Kirchenaustritt, sowie mannigfache Übergriffe unterer staatlicher Verwaltungsorgane

Trotz aller dieser Maßnahmen zur Behinderung der kirchlichen Arbeit in den Einzelgemeinden und der grundsätzlichen Ablehnung des Christentums durch die Repräsentanten der Partei aber konnten die protestantischen Kirchen deutscher Nationalität ihre Lebenskraft im Warthegau erhalten

Der Angriff auf den Katholizismus

War die Zahl der evangelischen Polen im Warthegau relativ klein, so traf die rigorose Anwendung des Nationalitätenprinzips, in Verbindung mit der nationalsozialistischen Volkstumspolitik überhaupt, in der Polen und Deutsche umschließenden römisch-katholischen Kirche die große Mehrheit der Gläubigen. Etwa 10 Prozent der Katholiken bildeten jetzt die römisch-katholische Kirche deutscher Nationalität im Reichsgau Wartheland, die um ihre Rechte wenigstens noch kämpfen konnte. Die Millionen polnischer Katholiken blieben vollkommen rechtlos dem Willkürregiment des Nationalsoziaismus ausgeliefert.

Der größte Teil der Diözesen Gnesen und Posen sowie Teile der Diözesen Czenstochau, Lodz, Plock, Warschau und Wloclawek lagen im Herrschaftsbereich des Reichsstatthalters, der mit seinen drakonischen, antipolnischen und antichristlichen Direktiven jede geordnete Seelsorge zerschlug. Ein kirchlicher Bericht vom 1. Oktober 1941 über 681 Welt-priester und 147 Ordenspriester der Erzdiözese Posen stellte fest: 451 von ihnen befanden sich in Gefängnissen oder Konzentrationslagern, 120 waren in das Generalgouvernement evakuiert, 74 waren erschossen oder in Konzentrationslagern gestorben Nur 34 waren in der Seelsorge für Polen und 17 für Deutsche tätig. Von den 441 Kirchen dieser Erzdiözese waren nach dem gleichen Bericht damals nur 30 für die polnische und 15 für die deutsche Seelsorge geöffnet. Die übrigen 396 öffentlichen Kirchen waren versiegelt oder wurden für andere Zwecke benutzt. In Posen waren z. B. von 30 Kirchen nur zwei für polnische und nur eine für deutsche Katholiken geöffnet während 13

Kirchen versiegelt waren, sechs als Lagerräume dienten, vier — darunter der Dom — als Möbellager und von den anderen je eine als Musikschule, Reitschule, Buchsammelstelle und Werkstatt für Kulissenmalerei gebraucht wurde.

Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Cesare Orse-nigo, setzte sich wiederholt für die bedrückten Katholiken im Warthegau ein. Seine Interventionen wurden abgewiesen. Wie aus einem Vermerk des Staatssekretärs von Weizsäcker vom 5. Dezember 1941 hervorgeht, beschwerte sich der Nuntius beim Auswärtigen Amt darüber, daß man seine Zuständigkeit für den Warthegau anzweifle, und daß er mit den polnisch-stämmigen Katholiken im Warthegau nicht in Verbindung treten und daher nicht für eine geordnete Kirchenverwaltung in diesem Gebiet sorgen könne Am 2. Juni 1942 teilte Reichsminister Dr. Lammers dem Reichsaußenminister von Ribbentrop mit, er habe mit Hitler über die Ansprüche des Apostolischen Nuntius auf die seit 1939 neu zum Reich gekommenen Gebiete gesprochen. Der Führer habe daraufhin geäußert, „diesen Anspruch könne der Nuntius natürlich erheben, aber ebenso selbstverständlicl-i wüsse dieser Anspruch abgelehnt werden; der Nuntius sei nur für das Altreich zuständig, zuwal der Vatikan die seitherigen Veränderungen überhaupt noch nicht anerkannt habe“

Neben dem Nuntius nahm sich auch Kardinal Bertram als Vorsitzender der Fuldaer Bischhofskonferenzen der Katholiken im Warthegau an. Am 4. Juli 1941 wandte er sich an die Oberhirten Deutschlands, um 15 reichsdeutsche Geistliche für die Betreuung der deutschen Katholiken im Warthegau zu erbitten nachdem er schon auf den Konferenzen 1940 und 1941 auf den dortigen seelsorgerischen Notstand aufmerksam gemacht hatte. Kurze Zeit nach Veröffentlichung der Verordnung Greisers vom 13. September 1941 beschwerte er sich bei Minister Kerri über die in ihr zum Ausdruck kommende vollständige Verkennung der unveränderlichen Organisation der katholischen Kirche. „Eine in den Rahmen dieser Verordnung eingezwängte Organisation wird nie das Vertrauen des katltolisclten Volkes finden und nickt für die Seelsorge lebenskräftig werden.“ Er beklagte sich im einzelnen über die Schließung einer außerordentlich großen Zahl von Kirchen, über die Ausweisung, den Abtransport und die Internierung hunderter Geistlicher, „wodurch im weitesten Umfang Gottesdienst und Seelsorge unmöglich“ gemacht würden. Er ging ein auf die Beschränkung des Gottesdienstes und der religiösen Jugendbelehrung sowie auf die strengen Verbote für die deutschen Katholiken, an gottesdienstlichen Handlungen eines polnischen Priesters teilzunehmen. „Die Folge aller dieser hier nur in kurzen Zügen angegebenen Maßnahmen ist eine gewaltsame Unterdrückung alles katholisdten religiösen Lebens im Warthegau.“

Inzwischen hatte der HI. Stuhl den Posener Domkapitular Dr. Joseph Paech am 10. August 1941 zum Apostolischen Administrator für die deutschen Katholiken im Warthegau bestellt. Am 24. Februar 1942 teilte er Kardinal Bertram mit, daß in seinem weitausgedehnten Jurisdiktionsbezirk nur 29 Priester wirkten, von denen einige wegen ihres Alters nicht mehr für die Seelsorge geeignet seien. Er bat um Überlassung deutscher Priester Am 25. April unterbreitete er dem Reichs-statthalter einen Satzungsentwurf In seinem Anschreiben hob er hervor, daß er mit der „Ausarbeitung der Satzung von keiner kirchlichen Stelle beauftragt“ worden sei. Sie sei auch „nicht von einer kirdt-lid'ien Stelle genehmigt worden", vielmehr trage er allein die Verantwortung für ihren Inhalt. Er glaubt mit der Vorlage des Entwurfs „sowohl den in der Verordnung [vom 13. September 1941] enthaltenen Bestimmungen wie audr dem Wesen der katholischen Kirdie zu entspre-dren“. Am 30. April ließ Dr. Paech einen längeren Brief an den Reichs-statthalter folgen in dem er die Klagen der deutschen Katholiken im Warthegau darlegte und um ihre Abstellung bat. Wegen schwerer Erkrankung mußte er am 2. Mai 1942 sein Amt niederlegen Der Papst ernannte im gleichen Monat den Franziskanerpater Hilarius Brei-tinger zu seinem Nachfolger, der schon vor 1939 in Posen als Seelsorger der deutschen Katholiken gewirkt hatte.

Sinnloser, gegen alles Christliche gerichteter Hass

Auf der Fuldaer Bischofskonferenz im August 1942 beschäftigten sich die deutschen Oberhirten mit den Versuchen der nationalen Aufspaltung der Kirche, der Beeinträchtigung ihrer Rechtsstellung als Körperschaft des öffentlichen Rechtes und der Aufhebung der Patronate wobei sie auf die Verhältnisse im Warthegau eingingen. Das Ergebnis ihrer Beratungen liegt in einer Denkschrift vom 18. Dezember 1942 vor die u. a. von der Behandlung der dortigen Bevölkerung durch die Verwaltungsund Polizeistellen berichtet und ein Bild von der daraus folgenden Lage für die katholische Kirche entwirft In ihr wird zusammenfassend von dem „sinnlosen, gegen alles Christliche geridi-teten Haß“ gesprochen. Unter diesen Umständen sei im ganzen Warthegau keine geordnete Seelsorge mehr möglich. Fast die gesamte polnische Geistlichkeit der Diözesen Posen und Litzmannstadt sei festgenommen, in Konzentrationslager oder in das Generalgouvernement geschafft worden. Die katholische Kirche im Warthegau sei völlig rechtlos Praktisch habe dort die Staatspolizei auch den inneren Bereich der Verwaltung der Kirche übernommen

Am 5. März 1943 übersandte Kardinal Bertram den deutschen Oberhirten eine Darlegung der Rechtslage der katholischen Kirche ’m Warthegau Die Zahl der deutschen Katholiken war danach durch Umsiedler, Neusiedler und Evakuierte auf 300 000 angewachsen, die Zahl der polnischen Katholiken wurde auf 3 200 000 geschätzt Das Schriftstück unterrichtete zunächst über die Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Kirche Dabei wurde der Inhalt der Verordnung vom 13. September 1941 analysiert, anschließend über die staatliche Neuregelung einzelner kirchlicher Angelegenheiten berichtet Zuletzt war die Rede von Inhalt und Ziel des von dem Apostolischen Administrator eingereichten Satzungsentwurfs Für etwa 300 000 deutsche Katholiken standen damals nur 30 Geistliche und 5 3 Kirchen zur Verfügung

Im Frühjahr 1943 wandte sich der Kardinal an den Reichsminister des Innern, den Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten und die Reichskanzlei Er zählte die antichristlichen Eingriffe im Warthegau auf, die auf eine „Abdrosselung des religiös-kirchlidien Lebens“ hinausliefen, und erklärte, daß die elementarsten Menschenrechte der Glaubens- und Gewissensfreiheit und die Betätigungsfreiheit der katholischen Kirche auf schwerste beeinträchtigt würden. Am 25. August 1943 ergänzte er in einem Schreiben an Reichsminister Dr. Lammers seine Eingaben über den Warthegau Er verteidigte sich gegen den Vorwurf, sein „gesamtes Vorbringen beruhe auf nicht geprüften Informationen niditverantwortlidier Dritter“ Die kirchliche Notlage der Katholiken im Warthegau sei „notorisch“. Er verwies auf die Ausführungen des Apostolischen Administrators Kanonikus Dr. Paech vom 30. April 1942 und begründete die Eintragbarkeit der Verordnungen vom 19. August und 13. September 1941.

Wegen des ersten Schreibens des Kardinals vom 12. April 1943 wurde der Nachfolger Dr. Paechs, Pater Hilarius Breitinger, im Auftrage des Reichsstatthalters von dessen damaligen Kirchenreferenten Dr. Meyer zur Rede gestellt. Dieser eröffnete ihm u. a., derartige Eingaben Außenstehender seien unzweckmäßig. Am 1. Oktober 1943 antwortete der Apostolische Administrator Breitinger auf die Vorhaltungen in einem längeren Schriftstück, das ihn als mutiger Bekenner des Katholizismus in einer bedrängten Situation ausweist Er nahm zunächst zu den Beschwerdepunkten des Kardinals Stellung Dabei bestätigte und vertiefte er die Anliegen des Kirchenfürsten, der sich seit Jahren der Gewissensnöte der im Warthegau wohnenden Katholiken angenommen hatte. Er belegte dessen Feststellung von der Abdrosselung des kirchlichen Lebens mit mehreren Fakten: In seinen Eingaben an den Reichsstatthalter vom 5. Dezember 1941, vom 4. April, 5. August und 23. November 1942 sowie in fast monatlichen Rücksprachen habe er auf den Mangel an Kirchen für die ihm anvertrauten deutschsprechenden Katholiken hingewiesen. In dem Schreiben vom 23. November 1942 habe er um Liberiassung von 76 Kirchen, zusätzlich zu den 5 3 gestatteten, gebeten. Davon sei ihm eine zur Verfügung gestellt worden Pater Breitinger wies im besonderen auf den Notstand hin, daß Kinder unter zehn Jahren überhaupt keinen Religionsunterricht erhielten Er bezeichnete die Seelsorge im gesamten Warthegau als unzulänglich und gebrauchte für die Lage den treffenden Ausdruck „Restseelsorge"

In einem zweiten Teil seines Schreibens, das weitere Beschwerden enthielt hob er „einige Punkte hervor, die außer den obengenannten beitu katholischen Volk Unwillen und Unzufriedenheit erregen und tnir zutiefst auf der Seele brennen“

Er beklagte sich 1. über die kirchenfeindliche Beeinflussung des Volkes, 2. über die restlose Trennung von Deutschen und Polen im kirchlichen Leben, die dem Wesen der katholischen Kirche widerspreche 3. über das Sammlungsverbot, 4. das Schenkungsverbot, 5. die Behandlung des Kirchen-vermögens und 6. über die Schließung der Kirchen. Gegenüber der erzwungenen Trennung nach dem Nationalitätenprinzip stellte er fest, was wiederholt in seinem Schreiben anklingt: „Es gibt keine polnisch-

katholische und ebensowenig eine deutsch-katholische, sondern nur eine römisch-katholische Kirche“

Was Pater Breitinger als Apostolischer Administrator dem Reichs-statthalter am 1. Oktober 1943 vorhielt, nahm Kardinal Bertram in seinem Brief vom 4. Oktober über die kirchlichen Verhältnisse im Warthegau an Reichsminister Dr. Lammers auf. Er präzisierte seine Beschwerden in dem „Bewußtsein, daß es sich hier uw eine Sache handelt, die für Sein oder Nichtsein der katholisclten Kirche von höchster Bedeu tung ist AIs Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenz legte er nochmals auf Grund der von Pater Breitinger gegebenen schriftlichen Erklärungen Nachweise für die Gefährdung der Lebensinteressen des katholischen Volkes vor.

Vor allem aber gab Kardinal Bertram seiner Befürchtung Ausdruck, daß die von Staat und Partei durchgeführten Zwangsmaßnahmen im Warthegau „Vorbild der künftigen kirchlichen Ordnung int Altreich“ werden könnten, wie von Vertretern der Partei mehrfach dargelegt worden sei. Einige Wochen vorher hatten die deutschen Bischöfe in ihrem gemeinsamen Hirtenwort vom 29. August 1943 mit aller Deutlichkeit von dem schweren Gewissensdruck gesprochen, „der iw Warthegau einer fast völligen Unterdrückung der christlichen Religion gleichkowwt

Dies traf in ganz besonderem Maße, wie schon mehrfach angedeutet, auf die polnisch sprechenden Katholiken zu. Will man ihre Lage gerecht würdigen, so muß von einem Martyrium gesprochen werden. Das engmaschige Netz der zahlreichen Verordnungen und ihrer Ausführungsbestimmungen, durch welches schon das kirchliche Leben der Christen deutscher Zungen eingeschnürt wurde, enthielt für die Polen noch besonders einengende Verbote, die von den Vertretern der Theorie vom „Herrenvolk“ zur Vernichtung des Polentums im Warthegau ersonnen waren. Antipolnische, antikatholische, antiklerikale Affekte verdichteten sich in der Volkstumspolitik der nationalsozialistischen Machthaber zu einem Vernichtungskampf, auf den in einer besonderen Studie eingegangen werden müßte. Denn die Behandlung der polnischen Katholiken im Warthegau läßt sich im Grunde nur unter Berücksichtigung der gesamten Polenpolitik des Nationalsozialismus darstellen Hier beschränke ich mich auf eine Skizze ihrer Bekämpfung im Warthegau.

Da sich Kardinal Hlond, der Erzbischof von Posen-Gnesen, im Ausland befand, schlug das Auswärtige Amt dem deutschen Botschafter beim HL Stuhl am 9. Oktober 1939 vor, Prälat Hartz von Schneidemühl vorläufig mit der Verwaltung des Erzbistums Posen-Gnesen zu betrauen Dieser Vorschlag war jedoch für Greiser indiskutabel. Er wollte die kirchlichen Verhältnisse im Warthegau selbst ordnen. Schon beim Einmarsch der deutschen Truppen im September 1939 waren zahlreiche in den Grenzgebieten wirkende Geistliche verhaftet worden. Am 3. Oktober wurden alle Kirchengebäude auf der Gnesener Dominsel von Gestapobeamten besetzt und durchsucht. Weihbischof Walenty Dymek, der als Generalvikar die Leitung der Erzdiözese übernommen hatte, wurde unter Hausarrest gestellt. Im November 1939 wurde der Dom geschlossen, bald darauf der größte Teil der Kirchen der Erzdiözese. Gleichzeitig wurden die Domherren, die Professoren des Priesterseminars, die Leiter und Angestellten der Katholischen Aktion und der Caritas sowie die meisten Pfarrer der Stadt Posen verhaftet. Am Fronleichnamstage 1940 wurden sie mit vielen anderen in Gefängnissen und Klöstern inhaftierten Geistlichen in die Konzentrationslager Gusen und Dachau überführt. Am 15. August 1940 wurde der Rest der noch amtierenden jüngeren Geistlichen festgenommen und nach Dachau transportiert. In Gnesen blieben nur vier Priester verschont, davon drei höheren Alters.

Am 24. Oktober 1940 teilte die Geheime Staatspolizei dem Weihbischof Dr. Dymek mit daß in den für die Polen zugelassenen Kirchen Gottesdienst an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen nur von 8 bis 11 Uhr, daß Messen an Werktagen nur in der Zeit von 8 bis 9 Uhr, sonnabends unter Zulassung, an anderen Tagen nur unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden dürften. Der Beicht-und Kommunionsunterricht für Jugendliche wurde nur am Mittwoch von 14 bis 16 Uhr, die Beichte für Erwachsene nur am Sonnabend von 14 bis 18 Uhr gestattet. Die Veranstaltungen durften nur von Mitgliedern der einzelnen jeweiligen Kirchengemeinden besucht werden.

Im Jahre 1941 erfaßten die Verhaftungswellen auch die Priester der Diözese Lodz. Am 6. Mai wurden die beiden Bischöfe Jasinski und Tomczak, fünf Domkapitulare und der Kanzler der bischöflichen Kurie ihrer Freiheit beraubt. In der Nacht vom 5. /6. Oktober mußten die meisten Geistlichen ihre Seelsorgerstellen verlassen, allein aus den Städten Lodz und Kalisz wurden 75 Priester in Konzentrationslager verbracht. Ihre Kirchen wurden geschlossen. Zur gleichen Zeit fand auch eine Großaktion im Posener Raum statt, der über 200 Geistliche zum Opfer fielen. Seitdem waren von den 370 Pfarreien der Erzdiözese Posen 340 ohne Priester.

Am 2. Mai 1943 übersandte Staatssekretär Kardinal Maglione dem Reichsaußenminister Ribbentrop eine Note, in der er die brutale Behandlung der Polen darlegte In dem als Warthegau bezeichneten Gebiet walteten, so führte er aus, vor dem Kriege mehr als 2000 Priester ihres Amtes. Sie seien auf eine spärliche Anzahl zusammengeschrumpft. Während zahlreiche Geistliche verbannt oder sonstwie gezwungen worden seien, in das Generalgouvernement zu flüchten, seien viele andere in Konzentrationslager überführt. Anfang Oktober 1941 habe sich die Zahl der in Dachau inhaftierten Priester aus dem Warthegau auf mehrere Hundert belaufen. Ganze Kreise blieben so gänzlich ohne Klerus. In der Stadt Posen selbst sei die geistliche Betreuung von rund 200 000 Katholiken nicht mehr als vier Priestern anvertraut. Der Kardinal erhob Beschwerde über die Behandlung des Ordensklerus, die Schließung der Priesterseminare und aller katholischen Schulen, die Internierung von Schwestern, die Beschlagnahme von Gotteshäusern, die Einschränkung des Gottesdienstes, die strenge Trennung zwischen Gläubigen deutscher Staatsangehörigkeit und Gläubigen polnischer Staatsangehörigkeit, das Verbot der polnischen Sprache bei den hl. Funktionen und selbst beim Sakrament der Beichte, die Festsetzung eines Mindestalters von 28 Jahren bei Männern und von 2 5 Jahren bei Frauen für die Eheschließung die Auflösung der Katholischen Aktion und der katholischen Presse, die Enteignung kirchlichen Eigentums die Abschaffung der Zuwendungen für die Geistlichkeit, die aufoktroyierte Rechtsform der Kirche durch die Verordnung vom 13. September 1941 und die Propaganda für den Kirchenaustritt. Bevor Kardinal Maglione seine Beschwerde mit einem Hinweis auf die erfolglos gebliebenen Schritte der Berliner Nuntiatur schloß, betonte er: „Die bisher dargelegten Tatbestände stellen nur einen Teil dessen dar, was im Warthegau zum Schaden der Religion und der Rechte der katholischen Kirche gescltehen ist

Anschließend ging er auf die kirchlichen Verhältnisse in den anderen Ostgebieten des Deutschen Reiches und im Generalgouvernement ein. Jeder der vom Kardinalstaatssekretär erwähnten Punkte läßt sich ausführlich belegen. In unserem Zusammenhang genügt diese eindrucksvolle Liste von Maßnahmen zur Knebelung des Katholizismus.

Von 1943 bis Anfang 1945 wirkte sich die Geschlossenheit dieser antikatholischen Diktatur lähmend auf den polnischen Katholizismus aus: Die Hierarchie war zerschlagen, der Klerus in einem furchtbaren Ausmaß dezimiert. Die Ordensniederlassungen waren aufgelöst, die Ordensschwestern aus ihren Häusern verjagt > die Gotteshäuser zum größten Teil geschlossen, wobei häufig Plünderungen und Schändungen vorkamen. Wegkreuze und Feldkapellen wurden zerstört, polnische Inschriften auf Friedhofsdenkmälern getilgt, die Zahl der Feiertage wurde eingeschränkt, die religiöse Betätigung in jeder nur denkbaren Weise erschwert und diffamiert.

Vorspiel zu einer „Neuordnung" im Reich

Als am 20. /21. Januar 1945 Posen von der deutschen Bevölkerung geräumt und kurz darauf von sowjetischen Truppen erobert wurde, war das Ende der nationalsozialistischen Kirchenpolitik im „Mustergau“ Wartheland gekommen. Ihre Hauptakteure Arthur Greiser und August Jäger wurden im Mai 194 5 unter falschen Namen in Westdeutschland von alliierten Truppen verhaftet, den Polen ausgeliefert und in Posen hingerichtet

Das Kirchenprogramm der 13 Punkte, das seit dem Sommer 1940 bekanntgeworden war, hatten sie weithin verwirklicht. Keineswegs aber darf man ihr radikales Vorgehen im Warthegau nur persönlicher Eigenmächtigkeit zuschreiben. Was dort geschah, sollte vielmehr nach Absicht Hitlers und Bormanns im gesamten Herrschaftsbereich Groß-deutschlands durchgeführt werden. Dies ging schon aus einer Reihe bezeichnender Äußerungen Greisers hervor. Und bereits am 10. Novem-ber 1940 erklärte der Gauschulungsleiter Ruder in Limburg vor Orts-gruppen- und Stützpunktleitern sowie Führern von SS, SA und HJ-Ein-heiten an Hand einer Vorlage: „Zum Beweis dafür, dass der Führer es haben will, daß die Kirchen verschwinden, brauchen wir nur auf die die Neuordnung im Warthegau zu sehen . . . Wir müssen rechnen, daß es auch bei uns so kommt. Wenn das heute gesagt wird, so soll es der Information dienen. Die Ortsgruppenleiter müssen das Volk darauf vorbereiten, daß es nicht verblüfft ist, wenn der Führer befiehlt

Allen weitsichtigen leitenden Persönlichkeiten der katholischen und protestantischen Kirchen war völlig klar, was ihnen bevorstand. Die grundsätzliche Neuordnung im Warthegau, die die Kirchen seit 'em Herbst 1941 zu Körperschaften des privaten Rechtes degradiert hatte, mußte weitgehende Folgen für die Kirchen im Altreich haben Greiser selbst hat darüber in seiner Rede vom 25. Oktober 1941 keinen Zweifel gelassen: „ . . . Infolgedessen haben wir das beglüd^ende Gefühl, eine auf unseren Schultern lastende Aufbauarbeit zugunsten einer sielt später einmal auswirkenden gesamten Reichsreform heute schon zum Ansatz zu bringen."

Nach erfolgreicher Beendigung des Krieges hätte das nationalsozialistische Diktaturregime nicht nur die Trennung von Kirche und Staat durchgeführt, sondern die Auflösung der Religionsgemeinschaften erzwungen, um in seinem Machtbereich seiner eigenen „Weltan-schauung“ zum Siege zu verhelfen. Unter diesem Aspekt verdient die nationalsozialistische Kirchenpolitik im Warthegau die besondere Aufmerksamkeit zeitgeschichtlicher Forschung. Denn was dort großenteils bereits realisiert wurde, stellte keineswegs nur eine Trennung von Kirche und Staat dar, für die es viele Beispiele gibt; sondern einen Anlauf zur Vernichtung des Christentums durch einen sich selbst autonom setzenden Staat. Der Kampf ging in Wahrheit um die Seelen gläubiger Menschen, auf die der Nationalsozialismus seinen Totalitätsanspruch erhob.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Hiermit lege ich meine Antrittsvorlesung an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn vom 17. 5. 1958 in überarbeiteter und erweiterter Form vor, wobei der Aufbau der Vorlesung beibehalten wurde. Sie ist aus der Vorbereitung meiner mehrbändigen Dokumentation „Katholische Kirche und Nationalsozialismus" erwachsen. Die Vorlesung stützt sich auf zahlreiche Dokumente, auf die ich im Bundesarchiv Koblenz, in der Sammlung des Weihbischofs Dr. Johannes Neuhäusler und in den Bischöflichen bzw. Erzbischöflichen Archiven Deutschlands, vor allem in Augsburg, Freiburg i. Br., Mainz, Rotterburg und Trier gestoßen bin. Bei der Ausarbeitung für die Drucklegung konnte ich dank Vermittlung von Frau Dr. I. Rhode und Oberkonsistorialrat W. Heyer auch einschlägige Akten des Evangelischen Oberkirchenrates in Berlin einsehen.

  2. Dokumente d. dtsch. Politik, Bd. 1, 3. Ausl., Berlin 1938, S. 39 f.

  3. H. Liermann, Kirchen und Staat, Teilbd. 1, München 1954, S. 66— 86. Vgl. bes. die zusammenfassende Darstellung von E. Deuerlein, Das Reichs-konkordat. Beiträge zu Vorgeschichte, Abschluß und Vollzug des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933, Düsseldorf 1956.

  4. Vgl. W. Adolph, Ziel und Taktik der Kirchenpolitik Hitlers, insbesondere gegenüber der katholischen Kirche, in: Wichmann-Jahrbuch für Kirchengeschichte im Bistum Berlin, Jg. 11/12, Berlin 1957/58, S. 131— 142, bes. 131 f.

  5. H. Rauschning, Gespräche mit Hitler, Wien—Zürich-New York 1940, S 51.

  6. H. Picker, Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier 1941— 42 (geordnet, eingeleitet u. veröffentlicht v. G. Ritter), Bonn 1951, S. 348. Vgl. auch die umfassendere Ausgabe: Hitler's Table Talk 1941— 1944, London 1953.

  7. Der Kongreß zu Nürnberg vom 5. bis 10. September 1934. Offizieller Bericht über den Verlauf des Reichsparteitages, München 1935, S. 162.

  8. W. Haugg, Das Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten, Berlin 1940.

  9. Acta Apostolicae Sedis, Serie II, Bd. 4, Cittä del Vaticano 1937, S 145 ff. — Mit brennender Sorge. Das päpstliche Rundschreiben gegen den Nationalsozialismus und seine Folgen in Deutschland, hrsg. v. S. Hirt, Das christliche Deutschland 1933 bis 1945, Dokumente und Zeugnisse, Kath. Reihe, Heft 1. Freiburg i. B. 1946.

  10. N. Hilling, Die kirchenpolitische Gesetzgebung des Nationalsozialismus von 1933— 1945, in: Archiv für katholisches Kirchenrecht, Bd. 124, Mainz 1950, S. 3— 23. — W. Weber, Die Staatskirchenrechtliche Entwicklung des ns. Regimes in zeitgenössischer Betrachtung, in: Rechtsprobleme in Staat und Kirche, Festschrift für Rudolf Smend zum 70. Geburtstag 15. 1. 1952, Göttingen 1952, S. 356 - 386 - Vgl. ferner H. Buchheims Gutachten über die Verfolgung der katholischen Kirche in Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte, München 1958, S. 13 ff, und die Zusammenstellung v. W. Hofer, Der Nationalsozialismus, Dokumente 1933 - 1945, Frankfurt a. M. 1957, S. 41 - 166.

  11. Dokumente der dtsch. Politik Bd. 7, Teil 2, Berlin 1940, S. 480

  12. Von diesem Zeitpunkt an war er an der Ausarbetung, Beschlußfassung und Veröffentlichung der Reichsgesetze und Verordnungen der Länder und Reichsstatthalter zustimmen. 1943 wurde er Sekretär des Führers, 1944 erhielt er den Rang eines Reichsminister.

  13. IMT Bd. XXXV S. 7-11. - W. Adolph, Im Scahtten des Galgens, Berlin 1953, S. 17 f.

  14. Vgl. jetzt namentlich P. Gürtler, Die Auseinandersetzung zwischen dem Reichsstatthalter und den evangelischen Kirchen im Reichsgau Wartheland 1939— 1945. Trennung von Staat u. Kirche im nat. -soz. Weltanschauungsstaat, theol. Diss Göttingen 1955 (Maschinenschr.). Die Arbeit enthält neben Text und Anmerkungen (= Gürtler I) auch einen umfangreichen Dokumententeil (= Gürtler II). — S. Gürtler I, S. 22—-24 u. 29, sowie Anm. 31, 65— 69, 227, 256, 309, 313 u. 482.

  15. A. Lattermann, Der Reichsgau Wartheland, in: Deutsche Monatshefte, Zeitschrift für Geschichte und Gegenwart des Ostdeutschtums Jg. 8 (18), Posen 1942, S. 299, gab ihre Zahl auf rund 175 000 an.

  16. Vgl. darüber Documenta occupationis Teutonicae, Posen 1945 ff, bes. Bd. 2: Wspomnienie mlodziezy Wielkopolskiej z lat okupaeji niemieckiej 1939— 1945, bearbeitet von Z. Grot und W. Ostrowski, 1946, und Bd. 5:

  17. Vgl. z. B. Eksterminacja zydöw na ziemiach polskich w okresie okupaeji hitlerowskiej, zbiör dokumentöw, gesammelt und bearbeitet von T. Berenstein, A. Eisenbach und A. Rutkowski, Warschau 1957.

  18. Vgl. z. B. das Schreiben des Regierungspräsidenten II 2 C: 57/42 II 3 G, Hohensalza vom 27. Juni 1942, über den Schulbesuch polnischer Kinder (K. M. Pospieszalski, Hitlerowskie „prawo" okupacyjne w Polsce, wybör dokumentöw, Teil I, Posen 1952, S, 312— 315). Die ersten drei Punkte des Lehrplans lauten: „ 1. Ziel der Beschulung der Polenkinder ist in erster Linie die Erziehung zur Sauberkeit und Ordnung, zum anständigen Benehmen und zum Gehorsam gegenüber den Deutschen. 2. Die Unterrichtssprache in den Polenschulen ist deutsch. 3. Die Schule übermittelt den Kindern ein genau umrissenes Wissen, das auf die spätere Arbeitskraftnutzung abgestimmt ist "

  19. Vgl. K. M. Pospieszalski, a. a. O., S. 328— 413.

  20. Vgl. die zusammenfassenden Darstellungen von polnischer Seite über die ns. Kirchenpolitik: S Segal, Nazi Rule in Poland, London 1943, S. 54 bis 63. — The Nazi Kultur in Poland, London 1945, 7— 32. — H. Weber, Pic lat walk! narodu polskiego po okupaeja niemiecka, London 1945, S 36— 37. — K. M. Pospieszalski, Polska po niemieckiem prawem 1939 bis 1945, Posen 1946, S. 160— 168. —T. Cyprian— J. Sawicki, Sprawy polskie w procesie Norymberskim, Posen 1956, S 167— 170.

  21. Seit 1928 Mitglied der NSDAP wurde er 1930 Stellvertreter des Danziger Gauleiters Albert Forster. In November 1934 löste er Rauschninq als Senatspräsident von Danzig ab. Im September 1939 wurde er zum Chef der Zivilverwaltung in Posen ernannt.

  22. Vgl. Anm. 24.

  23. Jäger hatte 1933 als Ministerialdirektor die Leitung der geistlichen Abteilung im preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volks-bildung übernommen. Im April 1934 trat er in die Reichskirchenregierung ein und versuchte, als „Rechtswalter" der Kirche die evangelischen Landes-kirchen in eine nach dem Führerprinzip geleitete Deutsche Evangelische Kirche einzugliedern. Als seine Bemühungen scheiterten, ließ er sich 1934 in den Ruhestand versetzen, war aber später als Senatspräsident beim Kammergericht Berlin tätig. — Vgl. über ihn H. Buchheim. Glaubenskrise im Dritten Reich, Stuttgart 1953, bes. S. 116 ff. und W. Conrad, Der Kampf um die Kanzeln, Berlin 1957, S. 14: „Ich habe in meinem an Erfahrung mit Menschen reich gesegneten Leben niemals einen Mann kennengelernt, der, was Beschränktheit, Überheblichkeit. Anmaßung und Niedertracht betrifft, auch nur annähernd mit Jäger konkurrieren könnte. Schon als Landgerichts-rat war er schlecht qualifiziert und für weitere Beförderung als ungeeignet erklärt. Als Ministerialdirektor, also Verwaltungsmann, fand er endlich die Möglichkeit, dem Hang zu Brutalitäten jeder Art den ersehnten Auslauf zu gewähren."

  24. Ostdeutscher Beobachter, Posen, 3. 8. 1941, Nr. 213. — Gürtler I, S. 55, Anm. 188.

  25. Die seither nicht mehr zulässigen Sammlungen wurden ab 1. April 1941 streng verboten (s. unten S. 55 mit Anm. 43). Darunter fielen nach Gürtler I, S 49: 1. Die sonntäglichen Kirchenkollekten auf Grund von Kanzelabkündigungen, nach dem Gottesdienst an den Kirchentüren eingesammelt; die Aufstellung von Büchsen, Kästen, Opferstöcken und dgl. 2. Gaben für die Armen oder für andere Zwecke neben der Kollekte im Gottesdienst (z. B. Klingelbeutel) und bei Amtshandlungen. 3. Beiträge zur Erhaltung von Kirche und Pfarrei. 4. Die Anmahnung rückständiger Beiträge.

  26. Veröffentlicht im Verordnungsblatt des Reichsstatthalters im Reichs-gau Wartheland Nr. 13, 16. 3. 1940, S. 229 f. — Vgl. Gürtler I, S. 31— 34 u. Gürtler II, Nr. 5.

  27. August Jäger erläuterte § 5 später dahin, „daß eine organisatorische Verbindung der evangelischen Kirche des Warthelandes mit derjenigen des Altreiches als bestehend nicht anerkannt und auch für die Zukunft nicht geduldet" werden könne. Vgl. Gürtler I, S. 32.

  28. Er war als Kirchenreferent bis Ende 1940 tätig. Nach Gürtler I, Anm. 154, wurde er dann „wegen seiner Eigenwilligkeit und wohl auch Unfähigkeit abgelöst". Sein Nachfolger war Amtsgerichtsrat Dr. Birk.

  29. Gürtler I, S. 32 mit Anm. 105, in der er sich auf eine Aktennotiz über eine Unterredung in der Reichsstatthalterei am 6. 5. 1940 stützt.

  30. Eine Veröffentlichung wird, offenbar irrtümlich, behauptet im Kirchlichen Jahrbuch für die Evangelische Kirche in Deutschland 1933— 1944, Gütersloh 1948, S. 453, von W. Niemöller, Die Evangelische Kirche im Dritten Reich, Handbuch des Kirchenkampfes, Bielefeld 1956, S. 369 f. und W. Adolph, Ziel und Taktik der Kirchenpolitik Hitlers (Anm. 4), S. 141.

  31. Vgl. Gürtler I, S 34— 37.

  32. Abschriften wurden schon 1940 maßgebenden protestantischen und katholischen kirchlichen Persönlichkeiten bekannt. Ich habe sie in mehreren bischöflichen Archiven gefunden. Ihr Wortlaut weist mitunter kleine Differenzen auf, die ich aber hier übergehen kann.

  33. In den Akten des Evangelischen Oberkirchenrates Berlin (EO V 777/40) finden sich in einer Aufzeichnung über die Unterredung mit Dudzus am 10. Juli 1940 die Sätze: „Bei der Erörterung dieser Frage wurde — wie mehrfach im Laufe der Unterredung — auf die katholische Kirche hingewiesen: Der Vatikan habe Stellung gegen das Deutsche Reich genommen, Hlond arbeite in Rom, zum mindesten technisch vom Vatikan unterstützt. Die Katholische Kirche des Warthegaus werde vom Vatikan unabhängig sein ..."

  34. Gürtler verweist (S. 32, Anm. 105) auf einen Aktenvermerk über eine Unterredung in der Reichsstatthalterei vom 6. 5. 1940. In dem (von Gürtler nicht wörtlich zitierten) Aktenstück selbst (EO V 512/40) heißt es: „Das treffe auch die katholische Kirche; auch der Papst werde keinerlei Einwirkungen auf die katholische Kirche im Warthegau ausüben können."

  35. Gürtler I, S. 36.

  36. Vgl. Gürtler I, Anm. 119.

  37. Vgl. darüber F. Paprocki — K. M. Pospieszalski, „Reichsuniversität Posen", in: Przeglad Zachodni, Jg. 12, Nr. 7/8, Posen 1956, S. 275— 299.

  38. Gürtler II, Nr. 10a.

  39. Greiser erließ sie als „Verordnung". Da sie aber nicht im Verordnungsblatt des Reichsstatthalters veröffentlicht wurde, bezeichnet sie Gürtler (I, S. 103 u. Anm. 299) mit Recht als Verfügung.

  40. Schreiben des Reichsstatthalters an das Konsistorium in Posen und in Litzmannstadt sowie an die Vertreter der katholischen Kirche z. Hd. von Weihbischof Dymek und Domherrn Paech in Posen und an den Vertreter des Bischofs in Gnesen.

  41. Am 3 5. 1941 eröffnete die Staatspolizeileitstelle Posen, Abt. II B, dem Generalsuperintendenten D. Blau zu Protokoll, die Bezeichnung „Evangelisches Könsistorium" dürfe nicht mehr geführt werden.

  42. Gürtler I, S. 53, Anm. 179 u. Gürtler II, Nr. 27.

  43. Vgl. Gürtler I, S. 121.

  44. Ebd., S. 54, Anm. 185

  45. Ebd., S. 108 u. Gürtler II, Nr. 35.

  46. Adolf Kardinal Bertram bezeichnete als Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenzen in einem Schreiben an Reichsminister Dr. Lammers - C. A. 4311 - Breslau, den 25. 8. 1943, die Beschränkung der religiösen Jugenderziehung als „überaus folgenschwer und untragbar".

  47. Eine Anordnung vom 19. 8. 1941, die als Verfügung des Reichsstatthalters am 17. 11. 1941 den vier „Kirchen" zuging, enthielt einige Abschwächungen (vgl. Gürtler II, Nr. 45 u. Gürtler I, S. 111). Es wurde z. B. die Einschränkung auf die Zeit von 15 bis 17 Uhr aufgehoben und bei vorliegendem Bedürfnis eine zweite Wochenstunde genehmigt. Abschließend hieß es aber mit ironischer Verwendung eines Bibelwortes: „Aus der Vielzahl der Berufenen können zur Erteilung des Religionsunterrichtes nur wenige Erwählte zugelassen werden, bei denen die Voraussetzungen gegeben sind, die für das wichtige Gebiet des konfessionellen Jugendunterrichtes erforderlich sind."

  48. Gürtler II, Nr. 38 u. Gürtler I, S. 109, Anm. 322.

  49. Verordnungsblatt des Reichsstatthalters im Warthegau Nr. 30, S. 463 bis 465. — Archiv für Evangelisches Kirchenrecht, Bd. 5, Berlin 1941, S. 189 ff. — K. M. Pospieszalski, Hitlefrowski prawo okupacyjne w Polsce, wybör dokumentöw, Teil I, Posen 1952, S. 319— 322. — Gürtler II, Nr. 39. — A. Rhode, Geschichte der evangelischen Kirche im Posener Lande, Mar--burger Ostforschungen, Bd. 4, Würzburg 1956, S. 238: „Mit der Vorgeschichte dieser ungeheuerlichen Verordnung, ihrer Durchführung und dem verzweifelten Kampf, der von evangelischer wie katholischer Seite gegen eine solche Regelung . . . geführt wurde, wird sich die wissenschaftliche Forschung noch zu beschäftigen haben, zumal noch nicht alle Akten zugänglich sind, aber auch viele Verhandlungen und Maßnahmen gar nicht aktenmäßig festgehalten wurden.“ Diese Forderung bleibt trotz der Forschungen Gürtlers noch zu erfüllen.

  50. Vgl. über diesen Begriff Gürtler I, S. 64— 66 u. Anm. 195.

  51. Ostdeutscher Beobachter, Posen, Sonnabend, den 13. 9. 1941: Rechtliche Organisation der Religionsgesellschaften im Wartheland.

  52. Vgl. oben S. 74, Spalte 1 f.

  53. Ostdeutscher Beobachter, Posen, 26. 10. 1. 941, Nr. 297. — Gürtler I, Anm. 206, nimmt an, die Formulierung dieser Rede über die kirchlichen Verhältnisse gehe auf August Jäger zurück.

  54. So Greiser vor den Politischen Leitern der Partei in Posen im Mai 1941; „Erprobungsfeld" laut Überschrift des Zeitungsberichts über diese Tagung.

  55. Schreiben vom 1. 10. 1943 an den Reichssitatthalter, Ref. I 51, S. IX Vgl. über dieses Dokument weiter unten, S. 69.

  56. S. oben, S. 76, Spalte 1 f. •

  57. Gürtler I, Anm. 352.

  58. Verordnung über „Friedhöfe im Reichsgau Wartheland", VOBlatt des Reichsstatthalters vom 21. 10. 1941, Nr. 35, S. 359. — Gürtler II, Nr. 41.

  59. Gürtler II, Nr. 47.

  60. Ebd., Nr. 50.

  61. Ebd., Nr. 51.

  62. Gürtler I, S. 130.

  63. Ebd., S. 131.

  64. VOBlatt des Reichsstatthalters vom 4. 3. 1942, S. 463. — Gürtler II, Nr. 49. — Unter Berufung auf diese Verordnung hob Greiser im Sommer 1944 die Anordnung des Gaupersonalamtes auf, vgl. Gürtler I, S. 131.

  65. Der Vorsitzende der Fuldaer Bischofskonferenzen, CA 3092, Breslau, 17. 5. 1942; Abschrift im Bischöflichen Archiv Mainz.

  66. Deutsche Arbeitsfront.

  67. Anschreiben (5 Seiten) und Satzungen (7 Seiten): Abschrift befindet sich im Bischöflichen Archiv Trier.

  68. Gürtler II, Nr 53 und Nr. 54. — Für die Einzelheiten: Gürtler I, S. 77— 80.

  69. Gürtler II, Nr. 63. — Die Einzelheiten: Gürtler I, S. 82— 85.

  70. Gürtler I, Anm. 241.

  71. In einer Besprechung mit Vertretern der katholischen Kirche vom 23. 6. 1942 beanstandete z. B. Dr. Birk, daß neben dem Ausdruck Körperschaft (für die juristische Person der einzelnen religiösen Gemeinschaften) in der Satzung von der Kirche als einer realen Person die Rede sei. „Wenn der Ausdruck Kirche in der Verordnung vom 13. 9. 1941 nicht dem bisherigen Sprachgebrauch entspricht, so entsteht eben ein neuer Sprachgebrauch." — Dazu Gürtler I, S. 82, Anm. 250.

  72. Vgl. Gürtler I, S. 85— 91.

  73. Vgl. Die Evangelische Kirche in Polen, Ekklesia, eine Sammlung von Selbstdarstellungen der christlichen Kirchen, Gotha 1937, sowie Gürtler I, S. 4— 6.

  74. Gürtler I, S. 20 mit Anm. 55.

  75. Gürtler I, S. 20 f. Auch zum folgenden.

  76. Ebd„ S. 41.

  77. Z. B. an den Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten, den Reichsminister des Innern, den Reichsminister und Chef der Reichskanzlei

  78. An ihn wandte sich z. B. am 3. 4. 1941 das Konsistorium durch General--Superintendent D. Blau (vgl. Gürtler II, Nr. 20 u. Gürtler I, S. 50). Nach einem Bericht über die kirchliche Lage im Warthegau schrieb dieser, es könne einer Kirche nicht zugemutet werden, di-Form eines Vereins anzu-nehmen unter Vollziehung der Beitrittserklärung vor einer staatlichen Stelle und unter Beschränkung der Mitgliedschaft auf Volljährige. Die Eingabe wurde mit einem Begleitschreiben an den Reichsminister und Che! der Reichskanzlei zur Weiterleitung gesandt. Dieser teilte am 9. 4. 1941 lediglich mit, er sei mit dem Reichsstatthalter in Verbindung getreten und werde auf die Angelegenheit zurückkommen. Dies geschah aber nicht. Vgl Gürtler I, Anm. 168 u 172.

  79. Sie wandten sich z. B. mit D. Blau und D. Kleindienst am 18. 1 1941 durch eine Eingabe an Greiser. Vgl. Kirchliches Jahrbuch der Evangelischen Kirche in Deutschland 1933— 1944, Gütersloh 1948, S. 453 ff., Gürtler I, S. 43, Anm. 142 u. Gürtler II, Nr. 12.

  80. Gürtler II, Nr. 36.

  81. S. oben, S. 77, Spalte 1 f.

  82. Gürtler II, Nr. 40. — Die von D. Loycke unterschriebene Eingabe schloß mit den Worten: . Nach alledem bitten wir nochmals Sie, unseren Führer, in dieser Frage eine persönliche Entscheidung zu treffen und, falls nach Ihrem Willen eine so grundlegende Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse im Wartheland trotz unserer Bedenken jetzt durchgeführt werden soll, dabei der evangelischen Kirche einen ausreichenden Rechtsschutz durc eine dem Reichsstatthalter übergeordnete Stelle sicherstellen zu wollen.“

  83. Gürtler I, S. 71, Anm. 226. Darin heißt es u. a.: „Ernst und Größe unserer Zeit machen grundlose, gewaltsame und beunruhigende Experimente dieser Art unverständlich . . . bitten wir deshalb dringendst zu befehlen, daß die Posener Verordnung nicht durchgeführt wird."

  84. Vgl. Gürtler I, S. 70— 72 u. Gürtler II, Nr. 44.

  85. Gürtler I, S. 50 mit Anm 166.

  86. Ebd., S. 51, Anm. 169 u. Gürtler II, Nr. 21.

  87. Vgl. Gürtler I, S. 51 f.

  88. Ebd., S. 53 u. Gürtler II, Nr. 28.

  89. Greiser antwortete schon am 26. 6. 1941 in gleichlautenden Schreiben an D. Blau und Oberkirchenrat Nehring: „Ich habe nicht die Absicht, einen weiteren unnötigen Schriftwechsel über die in Ihrer Eingabe vom 23. 5. 1941 erörterten Fragen mit Ihnen zu führen. Im übrigen verbiete ich Ihnen, derartige Berichte und Eingaben nach Berlin zu senden.“ — Vgl. Gürtler I, S 54 mit Anm. 183.

  90. Gürtler I, S. 63.

  91. Vgl. z. B. die Eingabe D. Blaus und Oberkirchenrat Nehrings vom 12. 7. 1944 an den Reichsminister des Innern (Himmler), mit einer Denkschrift über die kirchliche Lage im Warthegau und den Abschriften der wichtigsten Vorgänge aus den Jahren 1940— 1944 sowie die Eingaben der Litzmannstädter Kirche vom 5. 9. 1944 und des stellvertretenden Leiters der Deutschen Evangelischen Kirche und des Geistlichen Vertrauensrates vom 11. 9. 1944. Gürtler I, S. 98 f. u. Gürtler II, Nr. 70— 72.

  92. Vgl. Gürtler I, S. 57 u. 100 ff.

  93. Ebd., S. 100- 135.

  94. Ebd., S. 116 f., faßt er die Einschränkungen der kirchlichen Arbeit auf dem Gebiet des Religionsunterrichtes (in bezug auf das Alter der Kinder, die Zeit, die Räume und Lehrkräfte), des Laiendienstes und der Raumfrage zusammen.

  95. Sie wurden trotz des Widerstandes der Gläubigen von der Partei bis 1942 fortgeführt. Gürtler I, Anm. 399, gibt eine Äußerung Greisers auf einer Großkundgebung am Dienstag der Karwoche 1942 wieder, die er einem mündlichen Bericht des Oberkirchenrates Karl Brummak verdankt: „Auch die Partei habe ihren Karfreitag - den 9. November 1923; auch sie habe ihre Blutopfer - die Gefallenen der Bewegung; auch sie besitze ihren Altar - die Feldherrnhalle in München." - Seit 1943 wurden die Karfreitags-gottesdienste und Abendmahlsfeiern nicht mehr behindert.

  96. So war z. B. in Rädichau, Kreis Hermannsbad, die frühere polnisch-katholische Klosterkirche von der Reichsstatthalterei der Litzmannstädter Kirchenleitung zur Verfügung gestellt worden. Die Amtskammer in Rädichau stellte aber am 29. 6. 1943 die Bedingungen, für die Benutzung seien monatlich 300. - Mark Gebühren zu entrichten; an den Sonntagen, an denen die Partei Dienst habe, dürfe kein Gottesdienst stattfinden; die Teilnahme von Polen an Gottesdiensten sei verboten. Falls diese Bedingungen nacht erfüllt würden, werde die Kirche auch für den evangelischen Gottesdienst geschlossen werden. Vgl. Gürtler I, S. 132 f.

  97. Vgl. darüber Gürtler I, S. 135.

  98. Stand vom 1. 9. 1939.

  99. Abschrift dieses Berichtes befindet sich in mehreren Diözesanarchiven.

  100. Nach St. Biskupski, Danina krwi ..., in: Ateneum Kaplanski, Bd. 45, Jg. 38, Wloclawek 1946, S. 93, besaß i. J. 1939 die Diözese Gnesen 369 Geistliche. Von ihnen wurden 17 ermordet, 163 starben in Konzentrationslagern (Verlust demnach: 48, 8 °/o). In der Diözese Posen waren 1939 681 Geistliche tätig. Von diesen wurde 1 ermordet, 211 starben in Konzentrationslagern (Verlust: 31, 1 °/o).

  101. Nämlich für die Polen die St. Adalbertkirche (Sw. Wojciech) und die Kirche zu Ehren der Schmerzhaften Muttergottes (Matka Boska Bolesna), für die Deutschen die Franziskanerkirche. — Die Angaben über die „Verwendung“ der Kirchen stützen sich auf den oben in Anm. 102 zitierten Beridrt und auf L. Zielinski, Oblicze religijno-moralne miasta Poznania w okresie okupacji niemieckiej 1939— 1945, in: Miesiecznik Koscielny archidiecezji Poznahskiej, Jg. 6, Nr. 4/5, Posen 1951, S. 129 f.

  102. Der Brief des Kardinalstaatssekretärs Maglione an den Reichsaußenminister von Ribbentrop vom 2. 3. 1943, Dokumente zur Politik des Heiligen Stuhles während des Zweiten Weltkrieges, eingeleitet u. hrsg. von W. Adolph, in: Wichmann-Jahrbuch., Jg. 8, Berlin 1954, S. 7 8: Dokument 1.

  103. Ebd., S. 8; Dokument 2.

  104. In dem Schreiben (C. A. 4344) heißt essehr bezeichnend: „Am 24. Juni erhielt ich . .. von beachtenswerter Seite folgende Nachricht. Die GehStaPo. läßt für den Warthegau 15 reichsdeutsche Geistliche (auch Ordenspriester) zu. Diese dürfen nicht wehrpflichtig sein (also vor 1900 geboren) und müssen eine einwandfreie politische Vergangenheit haben. Ein festes Einkommen besitzen sie zunächst nicht, sind vielmehr im wesentlichen auf Meßstipendien angewiesen. Auch stehen ihnen die Pfarrhäuser zur Zeit noch nicht zur Verfügung; die Geistlichen müssen vorerst privat bzw. möbliert wohnen. Da die augenblickliche Erleichterung der Lage im Warthegau vielleicht nicht lange anhält, wird gebeten, die Auswahl der Geistlichen aus dem ganzen Reich möglichst zu beschleunigen und die Liste mit Personalangaben über die 15 Geistlichen einsenden zu wollen."

  105. Der Vorsitzende der Fuldaer Bischofskonferenzen — C. A. 6724 — Breslau, 22. 10. 1941.

  106. Wie aus einem Schreiben des Erzbischofs von Breslau - C. A. 1330 - vom 2. 3. 1942 an die Hochwürdigsten Herren Oberhirten der Diözesen Deutschlands hervorgeht.

  107. S. oben, S. 78, 2. Spalte.

  108. Eine Abschrift des von ihm unterzeichneten Schreibens der Römisc. -Katholischen Kirche deutscher Nationalität im Reichsgau Wartheland (Der Vorstand, Posen, den 30. 4. 1942) an den Reichsstatthalter befindet sich im Diözesänarchiv Trier.

  109. Er starb am 8. 12. 1943.

  110. Vgl. Anlage zum Protokoll der Fuldaer Bischofskonferenz vom 18. — 20. 8. 1942, S. 13— 23.

  111. Denkschrift der in der Fuldaer Bischofskonferenz vereinigten Oberhirten Deutschlands, eingereicht am 18. 12. 1942, mit besonderen Begleitschreiben an den Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten, den Reichsminister des Innern, sowie den Chef der Reichskanzlei.

  112. Ebd., S. 4: „Bis auf ganz wenige Gotteshäuser sind alle Kirchen in den Diözesen Posen und Litzmannstadt dem gottesdienstlichen Gebrauch entzogen und zu profanen Zwecken benutzt oder amtlich versiegelt worden ... In sehr großer Zahl sind die Kirchen ihrer Kultgeräte, der Altar-wäsche, Meßgewänder beraubt; die Inneneinrichtung ist zerstört worden. Häufig sind die Tabernakel erbrochen und das Allerheiligste Sakrament in gemeinster Weise geschändet worden . . . Im Bereich der Diözese Litzmannstadt sind fast alle Kreuze und Heiligenbilder an öffentlichen Wegen und Straßen zerstört worden.“

  113. Ebd., S. 5: „ . . .denn selbst die wenigen deutschen Pfarrer, die dort für die Seelsorge übrig blieben, müßten sich die entwürdigende Vorschrift des Reichsstatthalters vom 26. 5. 1941 gefallen lassen, daß Gottesdienste nur mit Genehmigung der zuständigen Staatspolizeileitstellen gehalten werden dürfen;", "3’ 2354 ,

  114. Ebd.: „Alle staatlichen Verordnungen und Verfügungen, welche die Kirche betreffen, werden den Geistlichen durch die Geheime Staatspolizei zugestellt."

  115. Der Erzbischof von Breslau — C. A. 1307 — 5. 3. 1943 an die Hoch-würdigsten Herren Oberhirten der katholischen Diözesen in Deutschland (Altreich): Anschreiben (3 S.), Darlegung (11 S.).

  116. Ebd., Darlegung S. 1.

  117. Ebd., S. 2— 4 und 7— 8.

  118. Ebd., S. 5— 7.

  119. Ebd., S. 8— 10.

  120. Pater H. Breitinger gab am 1. 10. 1943 (s. Anm. 128) die Zahl der deutschen Katholiken im Warthegau mit 350 000 und die ihrer Seelsorger mit 35 an.

  121. Der Vorsitzende der Fuldaer Bischofskonferenzen — C. A. 2181 — Breslau, 12. 4. 1943.

  122. Der Vorsitzende der Fuldaer Bischofskonferenzen — C. A. 3411 — Breslau, 25. 8. 1943.

  123. Ebd., S. 2: „Ich glaube, in den 37 Jahren meiner bischöflichen Wirksamkeit in Eingaben an die höchsten Behörden niemals an der schuldigen Vorsicht es fehlen lassen zu haben."

  124. Schreiben des Reichsstatthalters vom 2. 8. 1943; Kopie befindet sich im Erzbischöflichen Archiv Freiburg.

  125. Posen, 1. 10. 1943, an den Reichsstatthalter, Ref. I. 51, betr.: Eingabe des Vorsitzenden der Fuldaer Bischofskonferenzen vom 12. 4. 1943, 15 S.

  126. Ebd., S. 2— 10: Er griff vier Punkte auf: 1. Beeinflussung der Beamten zum Austritt aus der Kirche, 2. Kontrolle der Geheimen Staatspolizei über Kirchenbesuch und Teilnahme an kirchlichen Veranstaltungen, 3. Gleichsetzung der vom Reichsstatthalter durch die Verordnung vom 13. 9. 1941 errichteten Vereinigung mit der katholischen Kirche, 4. Abdrosselung des religiösen kirchlichen Lebens: a) der gemeinschaftlichen gottesdienstähnlichen Betätigung des katholischen Volkes, b) der seelsorgerischen Betätigung der Geistlichen und c) der religiös kirchlichen Unterweisung der Jugend.

  127. Ebd., S. 7.

  128. S. 8. Ebd.,

  129. Ebd., S. 10. Als Begründung führte er an: zu einer normalen Seelsorge gehöre nicht nur, daß die Katholiken in einem bestimmten Gebiet jederzeit die Möglichkeit hätten, an einem Gottesdienst teilzunehmen und ihre Priester an ihrem Wohnort zu erreichen, wenn sie dessen Hilfe bedürften, sondern auch, daß der Priester als Seelsorger seine Gläubigen aufsuche und sich um ihre religiösen Nöte und Sorgen kümmere.

  130. Ebd., S. 10— 15.

  131. Ebd., S. 10.

  132. Ebd., S. 13; „Da alles religiöse Leben aber Willensfreiheit und persönliche Entscheidung voraussetzt und zu den primitivsten Menschenrechten gehört, muß diese restlose Trennung von Deutschen und Polen notwendig häufig zu schwersten Gewissenskonflikten führen."

  133. Ebd., S. 14.

  134. Der Vorsitzende der Fuldaer Bischofsikonferenzen — C. A. 4897 — Breslau, 4. 10. 1943.

  135. J. Neuhäusler, Kreuz und Hakenkreuz, Teil 2, 2. Aufl., München 1946, S 68.

  136. Vgl. A. Greiser, Der Aufbau im Osten, Kieler Vorträge, gehalten im Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel, Heft 68, Jena 1942.

  137. Die Publikationen des Posener „Instytut Zachodni", vor allem die Serie „Documenta occupationis Teutonicae" (vgl. Anm. 16) und die Veröffentlichungen der polnischen Dokumentationszentrale in Freiburg in der Schweiz unter dem Dominikanerpater Prof. Dr. I. M. Bochenski (vgl. z. B.

  138. Nürnbg. Dok. NG-4043.

  139. Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Posen — B. Nr. IIB. Posen, den 24. 10. 1940.

  140. Staatssekretariat Seiner Heiligkeit — Nr. 1063/43 — 2. 3. 1943. Englische Übersetzung: IMT, Bd. XXXII, S. 94— 105; deutsche Übersetzung einiger Abschnitte, ebd., Bd. IV, S. 568— 573. — Vgl. W. Adolph, Im Schatten des Galgens (Anm. 13), S. 21— 30 und den Brief des Kardinalstaatssekretärs an Ribbentrop vom 2. 3. 1943; in; Wichmann-Jahrbuch, Jg. 8, Berlin 1954, S. 12— 19.

  141. Vgl. St. Biskupsi, Malzenstwa bez udzialu ksidza podczas okupacji niemieckiej, in: Ateneum Kaplanskie, Jg. 39, Bd. 46, Wloolawek 1947, S. 52- 57.

  142. Er zählte auf'Die bischöflichen Residenzen, die Immobilien der Seminare, Klöster Diözesen-Museen, Bibliotheken und Kirchenschätze (W. Adolph a a. O., S. 25).

  143. W. Adolph a. a. O., S. 27.

  144. Kranke und alte Schwestern durften sich zu ihren Eltern und Verwandten begeben, die jüngeren wurden in der Landwirtschaft, in Krankenhäusern und in Dienststellen der Gestapo dienstverpflichtet. Viele wurden in Bojanowo (Schmückers) in einer Art Nonnenkonzentrationslager untergebracht.

  145. Als sie nach Gerichtsverhandlungen in Posen zum Tode verurteilt worden waren, reichten Papst Pius XII. für den Reichsstatthalter und Bischof Dibelius für dessen Stellvertreter Gnadengesuche ein, die aber keine Berücksichtigung fanden

  146. Aktennotiz über eine Versammlung am 10. November 1940 im Gymnasium zu Limburg/Lahn, vormittags 9. 30. — Abschrift in der Aktensammlung des Münchner Weihbischofs Dr. Johannes Neuhäusler.

  147. S. oben, S. 77, Spalte 1 f.

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