Revision und Wiederherstellung des deutschen Geschichtsbildes
Ist das Thema heute noch sinnvoll?
Die Problematik, die in dieser Formulierung enthalten ist, kann noch immer als eine der aktuellsten gelten trotz zahlreicher Aufsätze und Bücher, die darüber erschienen sind, vieler Vorträge, die darüber gehalten wurden (auch dieser Aufsatz wurde nach einem Vortrage niedergeschrieben), und auch, wenn man meint, das Wort vom „Geschichtsbild“
und gar von der „Revision“ sei schon abgegriffen. Gerade darum mag der Zeitpunkt zu einer kritischen und besinnlichen Überschau richtig sein. Die ganze Frage darf nicht akademisch behandelt werden, sondern sie hat eine ausgesprochen volkspädagogische und politische Bedeutung.
Wer jahrelang über die didaktischen Fragen des Geschichtsunterrichts nachgedacht hat, der weiß, wie notwendig es ist, über die Frage nach einer Revision des deutschen Geschichtsbildes nun endlich wieder zu einem ganzheitlichen Bilde der deutschen Geschichte zu kommen, das lehr-und lernbar ist, was vorauszusetzen scheint, daß es früher ein solches gegeben haben muß. Als F. Messerschmid 1953 vor den deutschen Geschichtslehrern seinen bedeutsamen Vortrag über „Geschichte und Lehrer der Geschichte an Schule und Universität“ hielt, hat er ganz intensiv auf die Bedeutung des Geschichtslehrers als Bildner eines Geschichtsbildes hingewiesen. („Ein Volk kann ohne Gedächtnis so wenig existieren wie der Einzelne" — „Geschichtlidte Bildung, erwachsend aus erfüllter Begegnung mit Geschichte . . .“ Veröffentl. in „Geschichte in Wissenschaft und Unterricht“ [= GWU] 1953, H. 11).
Die Frage nach dem Geschichtsbilde hat nicht nur die Lehrer stark bewegt, sondern in den letzten Jahren haben auch namhafte Historiker auf die Notwendigkeit einer Erörterung dieses Begriffes als eines grundlegenden hingewiesen und grundsätzliche, aber auch spezielle Forschungen in dieser Richtung durchgeführt — so insbesondere Rassow, Heimpel, Schüßler und Bußmann. Wer sich die Mühe macht, die umfangreiche Literatur der Nachkriegszeit über dieses Thema zusammenzustellen, wird erkennen, wie stark die Diskussion darüber bis in die Gegenwart herein anhält. Daß unser Thema ins Politische übergreift, zeigen etwa die von der „Bundeszentrale für Heimatdienst" herausgegebenen „Informationen“ oder die Schriften der „Landeszentralen“
Ein Blick in das entsprechende Schrifttum über die sowjetisch besetzte Zone läßt erschreckend klar werden, wie sehr dort und hier das Geschichtsbild auseinanderklafft 2a). Wir haben die unabweisliche Pflicht, uns über die Richtung der historischen Wissenschaft in Mitteldeutsch-land zu informieren! 213).
Einige Äußerungen zur deutschen und globalen Geschichte Der bekannte Essayist H. E. Holthusen sprach in einem Vortrage (gedruckt in „Universitas“ 1956, 4) im Anschluß an die Konzeption Wendell Wilkies von der „One World“ (1943) über die „Erfahrung, daß die bewohnte Welt eine reale Einheit geworden ist. . . Wo das klassisclte Geschiditsbild des Westens abgedankt hat und eine nicht" klassisdte Geschichtswissenschaft, die das Nadtund Nebeneinander von zwanzig verschiedenen Hodtkulturen zu bedenken hat, an ihre Stelle getreten ist..." Bleiben wir bei der Aussage des Schriftstellers! Ich nehme hinzu eine Stelle aus Wilhelm Raabes „Abu Telfan", dem seltsamen Roman des deutschen Heimkehrers aus dem fernen „Tumurkilande", der in das deutsche Kleinbürgertum des 19. Jahrhunderts zurückkommt und sich nicht mehr zurechtfindet. Dabei zeichnet Raabe eine köstliche Parodie deutscher dynastischer Landesgeschichte und Kleinstaaterei, aus der mir ein längeres Zitat gestattet sei. „Da ans in früheren Jahrhunderten lei-der schon viel deutsche Geschichte dadurch verzettelt wurde, daß jeder Mönch, der sich in dieser Weise schriftstellerisch betätigte, nur die Historie seines eigenen Klosters für die Ewigkeit niederschrieb, so wollen wir an dieser Stelle nicht die Geschichte der Stadt Hannover, Braunschweig, Kassel, Stuttgart und so einige dreißig Mal schreiben . . . Der Plunder bleibt eben überall derselbe und die Liebe und Verehrung zum angestammten Fürstenhause sowie die Anhänglichkeit gleichfalls.“ Nachdem er dann in humorvoller Weise das Entstehen einer Siedlung aus germanischer und römischer Zeit geschildert hat, kommt er auf die Historie seiner Zeit zu sprechen. „Der Herr Professor . . . weiß genau das Jahr anzugeben, in welchem der Kaiser die Siedlung mit Stadtrechten begabte und ihr die Abhaltung eines Jahrmarktes gestattete. Wir befinden uns im allerromantischsten Mittelalter, die Schweinerei ist groß, das angestammte Fürstenhaus gedeiht herrlich . . .der Faule, der Fette, der Eiserne haben überall die gleichen zivilisatorischen Erfolge erzielt und werden heute noch von dem Schloßkastellan in den Thronsälen vorgewiesen. Was ein Kastellan in den Reichspalästen zu Aachen, Ingelheim, Trifels, Goslar den Touristen damaliger Zeit zu zeigen hatte, wollen wir dahingestellt sein lassen.“ Nach dieser schmerzlichen Bemerkung über den Verfall der Reichsherrlichkeit, wie wir sie ja tatsächlich auch an der Goslarer Kaiserpfalz erlebten, ehe sie durch das neue Kaiserreich nach 1871 in einem Wiederaufbau neu erstand, betrachtet er die Gegenwart. „Wir begreifen den Herrn Professor, der nichts damit zu tun haben will, aber wir, die wir einen andern Zwedt verfolgen als er, können nicht gleich ihm unser Objekt wie einen Spargel stechen, wenn es uns gut dünkt; wir müssen es wadtsen lassen bis in den hellen heutigen Tag hinein. Der Herr Professor braucht bloß mittelalterliche Tatsachen; wir aber haben neue Blüten und Früchte nötig.“ So weit — etwas ausführlicher — Wilhelm Raabe, den man ja längst nicht mehr nur als Heimatdichter ansieht und der hier ein so eindrucksvolles Bekenntnis zu einer gesamtdeutschen Geschichtsauffassung ablegt. Und schließlich noch eine dritte Vorbemerkung. Nach einem Vortrage mit ähnlichem Thema kam nach Schluß ein indischer Student zu mir und fragte, was wohl das Charakteristische der deutschen Geschichte sei. Etwas betroffen, so schnell eine für uns so schwerwiegende Frage einem Ausländer beantworten zu müssen, versuchte ich, einige typische Eigenschaften des Deutschen aus seiner Geschichte heraus zusammenzufügen. Aber das befriedigte ihn nicht, und er meinte: Ich finde, die Deutschen sind immer nicht radikal genug gewesen, daher haben sie auch nie eine echte Revolution bis zu Ende geführt, sondern immer alles nur bis zu 50 Prozent, dann beruhigen sie sich und hören auf. So auch nach 194 — sie haben zunächst ihre Haltung und Auffassung revidiert, dann aber, als es wieder in den alten Gleisen ging, alles beim Alten gelassen . . . Erwachen zur kritischen Historie Was hier an scheinbar weit auseinanderliegenden Äußerungen nebeneinandergestellt wurde, hat für mich nach Nietzsche einen inneren Zusammenhang 5): Was Holthusen beschreibt, ist eine ins Globale erweiterte monumentalische Geschichte als Universalgeschichte; was Raabe parodiert, ist die antiquarische Historie als verengte Landes-und Lokalgeschichtsschreibung, wie sie erst neuerdings endgültig überwunden zu sein scheint und woran sowohl Raabe als auch der Ausländer erinnert, ist die kritische Historie, die aus der Sicht der Gegenwart und von einem höheren Maßstab aus wertet. Verfolgen wir also die Geschichte „bis in den hellen, heutigen Tag hinein“, wie Raabe es schon 1866 forderte, sehen wir unsere Vergangenheit kritisch genug, so erwachen wir aus unserer „Geschichtsmüdigkeit“ zu neuem Geschichtsbewußtsein und zur Aufnahme geschichtlichen Wissens. Zunächst war nach 1945 anstelle des Geschichtswissens die begierige Aufnahme geschichtsphilosophischer und kultursoziologischer Aspekte in breiten Bevölkerungskreisen weit über sonstiges geschichtliches Interesse hinaus festzustellen. Die Verbreitung der Werke von Freyer, Jaspers, Gebser, Rüstow, Toynbee und A. Weber waren doch wohl Symptome für eine geistige und vor allem seelische Gestimmtheit in Deutschland und seinerzeit nach 1918 etwa bei der Aufnahme des Spengler sehen Werkes. Man fragte nun nach dem Sinn der Geschichte überhaupt als nach dem Sinn des persönlichen Lebens als Existenz in einer fragwürdig gewordenen Welt. Walter Hofer wiederholt, was früher ähnlich schon Alfred Weber geschrieben hatte, wenn er sagt: „Der denkende Mensch will nicht mehr nur wissen, wie es eigentlich gewesen, sondern, was aus ihm und seiner Geschichte werden soll und wo er sich befindet im Strom dieser Geschichte“ Bei Alfred Weber heißt es in der Einleitung zur 2. Auflage seiner Kultursoziologie: „Der Kern unseres Fragens ist vielmehr: Wo befinden wir uns eigentlich im Strom der Gesdhchte, nicht als einzelnes Volk, sondern als von diesem Strom fortgetragene Menschheit“ Nachdem man also zunächst sehr stark die Einbettung des Einzelmenschen in das Schicksal der Menschheit unserer Erde sah — „Historia Mundi“ — als Gegengewicht gegen die Enttäuschungen von Nationalsozialismus und Imperialismus, nachdem man vor der heiklen politischen Geschichte in die eher unverbindlich mögliche Kultur-und Wirtschaftsgeschichte ausgewichen war, wurde doch im Verlaufe der politischen Gesamtentwicklung im Nachkriegswest-und, wenn auch in anderer Weise, auch -Ostdeutschland allmählich wieder die Frage nach der deutschen Geschichte gestellt. Das zeichnete sich vor allem ab in den vielerlei Bemühungen um „Revision“ des deutschen Geschichtsbildes, d. h.seiner Inhalte, mit besonderem politischem oder sozialem Akzent. Das zeigte sich aber auch in den Bemühungen um Neubelebung und Neuorientierung des deutschen Geschichtsunterrichts, woran die Zeitschrift „Die S a m m 1 u n g“ ihren besonderen Anteil hat durch die Arbeiten von Heimpel, Kaehler, Ritter und Weniger, und in die sich sofort nach ihrer Begründung die „Zeitsdirift für Geschichte in Wissenschaft und Unterricht“ aktiv einschaltete. Es zeigt sich, daß an deutschen Schulen eben doch „nur“ deutsche Geschichte gelehrt werden kann und daß man nur über die eigene Geschichte zu einem Bilde der europäischen, abendländischen Geschichte kommen kann Dreifache Bedeutung des Begriffs „Geschichtsbild" Der Begriff „Geschichtsbild" bedarf, gerade weil er so häufig gebraucht wird, zunächst einer Klärung und Prüfung. Ich unterscheide drei Formen: 1. Die philosophisch-formale Bedeutung, bei der nach den inneren Triebkräften, nach der Form und dem Ziel des Geschichtsablaufs gefragt wird, so daß diese Fragestellung in die Geschichtsphilosophie und in die geschichtswissenschaftliche Grundlegung gehört. 2. Die historisch-politische, materiale Bedeutung, die nach den Inhalten des Verlaufs und nach einer Wertung der histo-rischen Fakten, Epochen oder Persönlichkeiten fragt und in das Gebiet der eigentlichen geschichtswissenschaftlichen Forschung und Lehre gehört. 3. Die einfache Wortbedeutung als geschichtliches Anschauungsbild zeitgenössischer, rekonstruierender oder einfühlender Art, also durchschnittlich in das Gebiet der Geschichtspädagogik — sowohl der Didaktik als auch der Methodik — fallend. Wir lassen diese Form des Geschichtsbildes aus der Betrachtung aus. Auf eine bis-her noch nicht beachtete Problematik geschichtlicher Anschauungsbilder soll in einem besonderen Aufsatz hingewiesen werden Allen Formen gemeinsam ist der Stamm „Bild“. Er ist der dritten Bedeutung ureigen, die beiden ersten Formen sind übertragene Sinngebungen, wobei man nicht vergessen sollte, daß aber immer noch „Bild“ als Ganzheit, Anschaubarkeit oder innere Vorstellung gemeint ist. Erst von daher gewinnt der übertragene innere Begriff seine politische und volkspädagogische Bedeutung. „Geschichtsbild 7 in philosophischer Bedeutung Betrachten wir zunächst den philosophischen Begriff des Geschichtsbildes, so müssen wir ihn mit „Weltbild“ in Analogie setzen, wir er etwa bei Di-they erstmalig für die begriffliche Grundlegung der Geisteswissenschaften als kategorialer Terminus gebraucht wird Er gilt dort als Grundbegriff von „Weltanschauung“, so daß wir analog dazu „Geschichtsbild“ auch als eine auf menschliche Geschichte bezogene weltanschauliche Kategorie auffassen können. Ein kurzer Überblick über die großen geschichtsphilosophischen Konzeptionen kann die-sen Zusammenhang zwischen Geschichtsbild und Weltanschauung verdeutlichen. Die ewige Gegenwart der Götter und der geringe Sinn für Entwicklung ließ bei den Griechen ein zyklisch-unhistorisches Geschichtsbild entstehen. Es wurde abgelöst von der christlich-eschatologischen Auffassung, die zunächst im frühen Mittelalter auch letzthin unhistorisch ist, da sie im Leben und Sterben Jesu Christi das einzig wirklich geschichtliche Ereignis sieht und die Geschichte als irdisches Leben nur Vorbereitung für die Erlösung ist So ergibt sich ein großartig geschlossenes Bild, das sich als Ganzes überschauen läßt, mit Paradies, Sündenfall, Weg zu Gott und Erlösung zum Fleil — kurz eben „Heilsgeschehen“. Audi die Frage nach den Kräften in der Geschichte kann christlich klar beantwortet werden als das Walten Gottes, als das Gegeneinander von Gut und Böse mit der Verheißung von Gericht und Erlösung. Nach dem Jahre 1000, als sich für die Gläubigen die Endzeiterwartung nicht konkret erfüllt hatte, entstand Otto von Freisings geschichtstheologisches Bild als Überbrückung römischer und chnristlicher Zeit durch die Translationslehre. In sieben Zeitstufen wurde die überschaubare Geschichte abgebildet bis zum erwarteten Weltgericht. Joachim von Floris sah in den drei Zeitaltern des Vaters, des Sohnes und des HL Geistes Sinn und Ziel der Geschichte. Auch hier war das Ganze überschaubar als Bild und Symbol und für die Zeitgenossen glaubhaft. — Nach dem Durchbruch des Renaissance-Denkens als eines neuartigen menschlichen Selbstbewußtseins wandte sich das humanistisch-ästhetische und später das rationalistisch-aufklärerische Geschichtsdenken gegen das christliche der Offenbarung Das menschliehe Denken über Welt und Geschichte löste sich vom Dogma und vom Symbol und sah in der Vergangenheit eine Vorstufe für die Gegenwart, die als menschlicher Höhepunkt angesehen wurde. Der Gedanke des Fortschritts gab damals der Geschichte ein neues, menschlich erreichbares Ziel, wie es Lessing in seiner „Erziehung des Menschengeschlechts“ als allmähliche Vervollkommnung der Vernunft entworfen hat. Die Geschichte bekam im 18. Jahrhundert als Entwicklung und als progressives Fortschreiten einen Selbstzweck, und die Epochen sind für einander notwendige Vorstufen und haben ihren Wert nicht in sich, sondern im Hinblick auf das zu erreichende Ziel. Aus Geschichtstheologie wurde also rationale Geschichtsphilosophie — damals prägte Voltaire diesen Begriff überhaupt. Der göttliche Sinn ist nicht mehr in der Transzendenz gegeben, er kann bezweifelt, menschlich gesetzt oder logisch entwickelt werden. So entstehen die beiden ganzheitlichen Geschichtsbilder von Hegel und Marx. Es ist interessant, einmal den heute so vielfach herangezogenen Vergleich von Marx und Hegel nicht nur auf die Methode der Dialektik zu beschränken, sondern zu beachten, daß diese beiden systematischen Denker als letzte Europäer je ein wirklich in sich geschlossennes Geschichtsbild entwickelt haben. Hatte zunächst der idealistischnationale Gedanke Hegels in Deutschland und darüber hinaus bei den slawischen Völkern im Osten starke Wirkungen, so später umso stärker der materialistische Klassengedanke von Marx-Lenin bei dem sich als Klasse fühlenden Proletariat Europas und auch wieder bei den slawischen Völkern. Es ist oft genug darauf hingewiesen worden, wie stark der Kommunismus an messianische Vorstellungen anknüpft und welch auffallend theologischen Charakter die bolschewistische Philosophie hat mit einer „Schrift“, einer „Kirche“, mit den Begriffen „Orthodoxie“ und „Häresie“ und mit „Inquisition" So erklärt sich auch die Möglichkeit eines Gesamtbildes mit Urzustand, Stufen durchgang und End-, zustand als einer Art Erlösung, die aber nun nicht in der Transzendenz liegt und von der Gnade Gottes abhängt, sondern in d i e s e r Welt von menschlichem Geist herbeigeführt werden kann. Wenn F r. Schlegel den Historiker einen rückwärtsgewandten Propheten genannt hat, so ist bei Hegel und bei Marx diese Doppelgesichtigkeit des Historikers besonders deutlich: das Geschichtsbild dieser Systematiker reicht über die Gegenwart hinaus in die Zukunft und will aus der Geschichte die Prinzipien einer Systematik gewinnen. — Das Geschichtsbild der Historischen Schule, das erste eigentlich echt historische, läßt der Geschichte ihren Selbstzweck und eigenen Sinn, verliert aber durch den „Historismus“ bald den Blick auf das Ganze, weil naturgemäß geschichtlicher Tatsachenforschung, die völlig voraussetzungslos vorgeht, alles Ein-und Unterordnen unter philosophische oder weltanschauliche Prinzipien oder Systeme verhaßt sein muß 16). Wie stark jedoch selbst hier noch die Bindungen zwischen Geschichte und Philosophie waren, zeigen die geschichtsphilosophischen Versuche, die selbst Burckhardt nicht unterlassen konnte zu unternehmen, die später nach Vorlesungsmanuskripten unter dem zurückhaltend klingenden Titel „Weltgeschichtliche Betrachtungen“ erschienen sind. LInter Ranke und Burckhardt und vor allem dann später unter Dilthey wird die „Welt als Geschichte“ und diese als das eigentliche Leben gesehen, so daß bald Nietzsche glaubt warnen zu müssen vor einem Übermaß an Historie, da er sie als dem Leben feindlich ansah. An seiner „Unzeitgemäßen Betrachtung“ ist viel herumgedeutet worden. Was Nietzsche eigentlich wollte, war ein Zurückfinden zu einem ins Mythisch-Vitale eingesenkten Geschichtsablauf ohne die Überklarheit und Ülberladenheit des allzu hellen und zu gehäuften rationalen Wissens, das im Leben und dem Handeln des Menschen hinderlich ist. Da er aber festgestellt hatte, daß ein Sinn aus der Transzendenz nicht mehr anerkannt wurde, daher also nicht vorhanden war, so wollte er nach der tragischen Feststellung „Gott ist tot“ — die nicht als seine Tat anzusehen ist, sondern nur die von ihm notwendig gezogene Konsequenz aus der ver-gangenen Geistesgeschichte — den Sinn der Geschichte ganz diesseitig auf Ewige Wiederkehr und Übermensch gründen Allerdings fühlte er schließlich selbst die Vergeblichkeit seines Bemühens. Neuere Versuche geschichtlicher Gesamtdeutung Die Katastrophen beider Weltkriege zerschlugen logisch-idealistische wie auch aufklärerisch-fortschrittliche Systeme. Es blieb bestehen, ja entfaltete erst eigentlich seine Wirksamkeit, das marxistische als bolschewistisches politisches System, und der Westen erkennt von Zeit zu Zeit, wie stark die östliche Herrschaft gerade dadurch ist, daß sie ein geschlossenes Geschichtsbild und ein damit übereinstimmendes politisches System hat. Ob die „Systemlosigkeit" des Westens immer ein Vorteil ist, erscheint oft fraglich; jedoch würden wir wohl damit das Bewußtsein ungebundener Freiheit aufgeben Gewiß sind neuere Versuche geschichtlicher Gesamtdeutung unternommen worden, so Spenglers morphologisch-pessimistische, T h. Lessings radikale als „Sinngebung des Sinnlosen“ und die weit über Heideggers Existenzialontologie hinausgehende „Hier-und-JetztEntschlossenheit" Sartres, die alle sehr stark die Symptome von Krisenzeiten tragen. Der bekannte Historiker Joh. Haller schrieb in einem Aufsatz, der kurz nach seinem Tode erschien über das „Verständnis der Weltgeschichte", daß der Gott der Natur und der Geschichte, die Gesetze von Natur und Geschichte gleichgesetzt werden müßten und angesichts der Zerstörungen in den Jahrtausenden der Mensch sich nicht als Mittelpunkt sehen dürfe, sondern er soll „wissend teilnehwen an dein unendlichen Schaffen der Natur". Auch das vielbesprochene, in den letzten Jahren gerade in England allerdings auch umstrittene Geschichtswerk Toynbees gibt kein geschlossenes Bild, sondern Wiederholungen in noch weit größerer Zahl als bei Spengler, bei dem auch mehr gestaltende Schau und Kraft ist. Toynbee gebrauchte das Bild des Rades, das kreisebildend weiterrollt und mit seinem Mittelpunkt immer auf derselben Linie bleibt — also kein Fortschritt, sondern Ablauf, Abwicklung, Nebeneinander von vielen Kulturen! Allerdings sieht er für die christliche Kultur und Religion eine günstige Zukunft. In Deutschland sind Alfred Weber und Karl Jaspers mit ihren Geschichtsentwürfen und -deutungen von starker Wirkung gewesen, weil sie aus der „Situation der Zeit“ (Jaspers 1931 und 1958) heraus dachten. Während Weber die „innere Gefährdung des Abendlandes“ vom „Vierten Menschen“ als einem „desintegrierten Typ“ sieht kommt Jaspers zu einem mehr optimistischen Geschichts-und Zukunftsbild. Er geht zwar von göttlicher Transzendenz aus, nicht aber von dogmatisch oder konfessionell gebundener Gotteserkenntnis. Bei aller Offenheit des Horizonts mündet bei ihm die Philosophie in einem „philosophischen Glauben“. Bei ihm gibt es wieder ein geschlossenes Geschichtsbild, obwohl er immer betont, daß Geschichte als Ganzes für uns nicht überschaubar ist. „Aber wenn uns nicht die Gescltichte zerfallen soll in der Zerstreutheit des Zufälligen ... so ist die Idee der Einheit der Geschichte unumgänglich.“ Sie ist zwar nicht durch Wissen zu erfassen, sondern „wir haben die Universalgeschichte als Aufgabe. So entwirft er ein Schema der Weltgeschichte, wie sie von einem einzigen Ursprung ausgeht und zu e i n e m Ziel führt. „Ursprung und Ziel kennen wir nicht . . . in philosophischer Besinnung suchen wir uns wohl beidem zu nähern“ Zu unserem eigentlichen Thema äußerte sich Jaspers, als er nach dem letzten Kriege in die Zeitfragen verantwortungsbewußt eingriff. Ich zitiere aus seiner Antwort an Sigrid Undset 1945: „Das neue geschidttliche Bild kann nur in gründlicher Forschung er-wachsen. Der wissensd'iaftliche Rang der politisdten Historiker Sybel, Dove, Lenz, Treitsdike u. a. dürfte nicht unterschritten werden, während ihre philosophisch-geschichtlidte Gesinnung radikal überwunden werden muß" In seiner Rede „Vom lebendigen Geist der Universität“ fordert er: „Hingegebenes Studium unserer tausendjährigen deutschen Vergangenheit. Statt Vielwisserei und historischer Ableitungen die Vertiefung in das wirklich Große . . . Die Ausbildung eines deutschen Gesdiiditsbildes, die anknüpft an das Gute unserer Überlieferung und das die Idole durd'ischaut, ist nicht zu gewinnen in bequemer Umkehrung bisheriger Wertungen, sondern ist zu erarbeiten durdt Forschung“ Die politisch-inhaltliche Bedeutung des Begriffs Auf die Entsprechung von Weltbild und Geschichtsbild und aber auch auf das Herauswachsen eines nationalen Geschichtsbildes aus universalgeschichtlich-philosophischer Schau ist damit genügend hingewiesen, und wir können uns nun der politisch-materialen Fassung des Geschichtsbildes zuwenden. Darum handelt es sich bei den meisten Schriften, die in den letzten Jahren über dieses Thema erschienen sind: es geht um Auswahl und Wertung des historischen Stoffes und um Bewertung der Quellen. Darum geht es in der immer wieder geforderten „Revision“. Katastrophen wie die beiden Weltkriege und die jeweiligen schlimmen Nachkriegszeiten mußten neue Maßstäbe für die eigene Vergangenheit fordern. Man vergißt allerdings heute meistens, daß auch nach militärischen oder politischen Siegen eine solche Neugestaltung der eigenen Geschichte vor sich geht: nach 1871 und 1933 ist das geschehen — nach 1815 allerdings nicht, wenigstens nicht offiziell bei den Regierungen, was ja dann zu politischen Veränderungen in Deutschland mit seinen folgenschweren Auswirkungen führte. Nun sind ja die Tatsachen, die sich aus den Quellen und sonstigen Überlieferungen erforschen lassen, seit dem Aufschwung der Geschichtswissenschaft im 19. Jahrhundert mit einer so gründlichen quellenkritisch-philologischen Genauigkeit erarbeitet worden, daß man laienhaft meint, an dieser Erarbeitung sei nichts zu revidieren. Aber die Einstellung jener Historiker zum Staat und zur Politik ihrer jeweiligen Gegenwart war die Voraussetzung für Auswahl, Auswertung und Darstellung des Quellenstoffes. Darüber sind gerade in neuesten Veröffentlichungen bedeutsame Ausführungen gemacht worden. So zitiert Waldemar Kampf in seinem ausführlichen Nachwort im 3. Band der kritischen Gregorovius-Ausgabe aus der Marburger Rede S y b e 1 s (18 56) und zugleich aus einer Abhandlung des unbekannt gebliebenen Historikers Karl Klüpfel (18 5 5) die Bemerkungen, daß der Charakter der Geschichtsschreibung jener Jahre ein „vorherrschend politischer sei . . . daß es „keine objektiven, unparteiisdien, blut-und nervenlosen Historiker“ mehr gibt. Kampf fährt fort, daß man sogar so weit gegangen sei, „selbst einen extremen Parteistandpunkt für die historisdte Darstellung gelten zu lassen, weil ein saldier weniger schade als eine parteilose Objektivität“. Wenn ich daneben aus der Festschrift für A. Meusel nach J. Kuczynski, „Parteilichkeit und Objektivität in Geschichte und Geschichtsschreibung“ zitiere, so wird deutlich, warum Jaspers und viele andere forderten, daß der geschichtliche Standpunkt der Sybel und Treitschke „radikal überwunden werden müsse. Es heißt bei Kuczynski: „. . . Sybel und Treitsdike waren sich der Parteilichkeit ihrer Geschichtsschreibung voll bewußt, ja, Sybel verlangte ausdrücklich sdwn in den Thesen zu seiner Dissertation, daß der Historiker , cum ira et Studio', mit zorniger Parteinahme also, sdtreiben müsse . . . Die Entwicklung der Wissenschaft erfordert vielmehr eine ganz bestimmte Parteilichkeit, . . . Parteilichkeit heute für den Sozialismus, für die Arbeiterklasse, das heißt Parteilichkeit für das Neue, Höhere, zu dem die Gesellschaft fortschreitet . . .“ Über das Verhältnis der Historie zur jeweiligen Gegenwart des Historikers macht auch bezogenheit der Historiker des 19. Jahrhunderts aufweist ohne daß ein so aqsgesprochener Parteistandpunkt befürwortet wird. Gerade aus dieser sehr weitgespannten ausführlichen Studie von Ernst wird deutlich, wie stark die Frage nach dem Standort des Geschichtsschreibers, nach dem sich also sein Bild bildet, im Augenblick für uns eine äußerst bedeutungsvolle ist. Ein Geschichtsbild hat es immer gegeben Sicher hat man längst vor dem Aufstieg geschichtswissenschaftlicher Forschung ein vorwissenschaftliches, populäres Bild der Geschichte, das in früheren Zeiten auch das der „Gebildeten“ war. Es wurde geformt durch die Inhalte der Bibel als täglicher Verkündigung oder Lektüre, und es war ein christlich-legendäres Bild entstanden, das anschaulich war im wahren Sinne des Wortes, wie uns die vielen Miniaturen, Wandund Altarbilder des Mittelalters zeigen. Außerdem wurde es geformt durch mancherlei Überlieferungen in Familie, Beruf und Siedlungsgemeinschaft. Manche Stämme, wie etwa der bayerische, bildeten ein besonders geprägtes Stammes-Geschichtsbild heraus. In anderen deutschen Ländern haben die Dynastien stärker als der Stamm traditionsbildend gewirkt. Am stärksten zeigte sich das natürlich bei den Hohenzollern, wo eine Einzeldynastie in die Reichspolitik eintrat und das neudeutsche Reichsgefühl durch eine Historikergeneration begründet und gestärkt wurde. Auch die Konfessionen haben in Deutschland ihr eigenes Bild der Geschichte geformt und schließlich hat die Dichtung ihren wesentlichen Anteil an der Formung der Geschichtsvorstellungen eines Volkes. Shakespeares Gestalten in den großen Geschichts-und Königsdramen gaben der englischen Nation in der ersten Zeit ihres politischen Aufstiegs große Vorbilder und damit Kontinuität mit der Vergangenheit und Leitbilder für die Zukunft, genau so wie das Homer für die Griechen, Firdusi für die Perser oder Dante für die Italiener getan haben Gefahren der Geschichtsiosigkeit All diese Bereiche haben seit Jahrzehnten ihre eindeutige Gültigkeit eingebüßt und können nicht mehr als allgemeingültige Maßstäbe angesehen werden, wenn es auch noch kleine Gruppen gibt, die sich ihnen noch zugehörig fühlen, und auch bei den Konfessionen ist eine gewisse Emanzipation vom verbindlichen Geschichtsbild eingetreten. Nach 1918 sah man zum erstenmal die Gefahren der Geschichtsiosigkeit als nationaler Haltlosigkeit, die sich im Politischen und Sittlichen auswirken mußte. Damals setzten Bestrebungen ein, Deutschkunde und Heimatkunde als Grundlagen eines volkseigenen, aber nicht nationalistischen Bildungsmaßstabs zu gewinnen. Heute aber ist nicht nur die Periode nationalsozialistischer Geschichtsbetrachtung mit Rasse-und Persönlichkeits-Mythos, sondern auch die „geschichtslose“ Zeit der ersten Jahre nach 1945 in das deutsche Geschichtsbewußtsein eingebrochen Erst seit kurzer Zeit gibt es wieder Schülerjahrgänge, die einen lückenlosen Geschichtsunterricht mit guten Geschichts-Lehrbüchern erhalten haben. Im übrigen haben sich bei dem geschichtlichen Interesse, das zweifellos vorhanden ist, neben einigen guten, dem Zeitgeschmack etwas entgegenkommenden Darstellungen die Surrogate von Kino und Illustrierten eingeschoben. Es kann ohne Übertreibung behauptet werden, daß man nicht mehr wie früher Geschichte „lernen“ will, auch keine großen Werke mehr lesen mag (Weltgeschichten zerfallen in Einzelarbeiten verschiedener Verfasser und können einzeln gelesen werden!). Geschichtszahlen sind ohnehin verpönt und werden auch dann kaum behalten, wenn man sich bemüht, da das Gedächtnis der heutigen Menschen immer weniger leistungsfähig wird. Daher hat die geschichtliche Unkenntnis unseres Volkes trotz aller geschichtlichen Einzeldarstellungen und gelesenen „Geschichten" schon seit Jahrzehnten immer weiter zugenommen. (Es muß ernstlich gefragt'werden, ob nicht in der allzu starken Herausstellung solcher methodischer Begriffe wie „Mut zur Lücke“ und „Exemplarischer Geschichtsunterricht“ auch eine Gefahr liegt, wenn man an die Bedrohung geschichtlicher Kontinuität und Ganzheit denkt.) Das Geschichtsbild der Wissenschaft Wie steht es aber mit dem Geschichtsbild der Wissenschaft? Seit 1800 hat sich ihr Bild verschiedentlich gewandelt: Nach der Rückwendung zum Mittelalter in der Romantik und der damit verbundenen Sprach-und Volksforschung mit der Reichsverherrlichung bildete sich das kleindeutsch-preußische Bild heraus. Als nach 1866 Österreich abgetrennt wurde, sah man die österreichische Geschichte nicht mehr mit der neureichsdeutschen zusammen, und Österreich verschwand immer mehr aus dem lebendigen Volksbewußtsein. Erst H. v. Srbik hat wieder die Notwendigkeit einer gesamtdeutschen Geschichtsschreibung mit einer Neuwertung Maria Theresias und Metternichs aufgezeigt und auch durchgeführt. Gegenüber der Alternative Großdeutsch-Kleindeutsch trat der Gegensatz Katholisch-Protestantisch mehr in den Hintergrund, da die politische vor der Kirchengeschichte eindeutig den Vorrang erhielt, weil sich die Geschichte nun immer mehr dem Staat verpflichtete. Aber die geographische Mittellage Deutschlands bedingt noch eine dritte Antithese: neben dem deutschen Dualismus und Konfessionalismus noch die Stellung zwischen Ost und West. Durch Rankes Vorbild war die deutsche Geschichtsforschung und damit das Geschichtsbild auf die westlich-romanischen Völker festgelegt. Der Anstoß Herders, die Ostvölker in das deutsche Gesichtsfeld einzubeziehen, war wirkungslos geworden, die Vernachlässigung des Ostens hat sich bis in unsere Gegenwart schmerzlich fühlbar ausgewirkt Das durch Droysen, Sybel und Treitschke ausgebildete Bild der preußisch-deutschen Vergangenheit wurde zum Universitäts-Geschichtsbild und damit zum unumstößlichen Vorbild für den deutschei Schulunterricht. Es hatte den Vorteil, daß es eindeutig und klar war und leicht zu benutzen zur Erziehung eines deutschen Patrioten. Den meisten deutschen Menschen, besonders unter der bürgerlichen Mittelschicht hat das Vorhandensein eines solchen Vorbilds eine innere Sicherheit und einen im guten Sinne nationalen Stolz verschafft. Mit solchem Stolz konnte daher Treitschke von seiner „Deutschen Geschichte“ sagen: „Ich schreibe für Deutsche“ Die tragische Verengung und Vereinseitigung wurde den Zeitgenossen noch nicht spürbar. Ausdruck dieser Geschichtsbildung im damaligen Deutschland war das noch in den Jahren der Weimarer Republik weit verbreitete Buch „Einhart, Deutsche Geschichte". Natürlich hat es neben dieser offiziellen Geschichtsdarstellung auch ein inoffizielles Bild gegeben, das nun allerdings nicht eigentlich „deutsch“ war: das marxistisch-sozialistische, das gerade in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer weitere Kreise erfaßte, nämlich jene, die nicht von der Bildung der höheren Schule beeinflußt wurden. Aber auch sonst hat es kein völlig einheitliches Bild gegeben, denn auch damals war der Begriff „deutsch“ nicht eindeutig inhaltlich festzulegen, sondern nur in typischen Zügen herauszustellen, „denn ein preußisd^er Junker um 1900 hat sicherlich nidtt dasselbe Gesdiiditsbild wie ein katholisdier Bayer oder ein deutsdier Sozialist, und doch haben alle irgendwie ein deutsches Geschichtsbild. 'Weltanschaulid'ie, regionale, parteipolitisdie Untersdiiede differenzieren so die scheinbare Gesdilossenheit eines nationalen Gesdiidttsbildes“ Wir können also sagen, daß es bei aller Differenzierung des deutschen Geschichtsbewußtseins doch für die politisch und wirtschaftlich tonangebenden Schichten im Deutschland des ausgehenden 19. Jahrhunderts ein geschlossenes und gültiges Geschichtsbild gegeben hat, eben das patriotisch-kleindeutsch-preußische, das allerdings Volksschichten innerhalb und Volksteile außerhalb der deutschen Grenzen beiseite ließ. Haben wir ein deutsches Geschichtsbild? Nun erst kann die eigentliche Beantwortung unserer Themafrage vorgenommen werden. Verschiedentlich ist nach dem Subjekt der Frage, nach dem „Wir“ kritisch gefragt worden (Hofer, Koselleck) und darauf geantwortet, daß wir uns „Deutsche“ schlechthin meinen, so etwa wie uns ein Ausländer sieht oder wie wir wünschen, daß er uns sehe. Gibt es heute etwas im guten Sinne Typisches, das uns trotz aller immer noch bestehenden konfessionellen und z. T. sogar stärker aufgebrochenen Unterschiede und sozialer Umschichtung als „Deutsche“ schlechthin kennzeichnet? Aber gerade in den allerletzten Jahren sind wir uns der Trennung in Ost-und Westdeutsche besonders bewußt geworden. „Droht heute der Zerfall der deutschen Nation in zwei Blödle, die sidt gegensätzlidien Weltanschauungen und damit auch gegensätzlichen Gesdüditsbildern verschrieben haben?" fragt Hofer Nach Fortfall des nationalsozialistischen weltanschaulichen Zwanges war 1945 der Weg frei für eine neue Fassung unserer Geschichte. Es gab zwei Möglichkeiten: Anknüpfen an die Zeit vor 19 3 3 und so die Tradition wiederherstellen, falls sie dort eindeutig zu finden und noch für die Gegenwart zu gebrauchen war, oder eine völlige Umkehr und Abwendung zu vollziehen und eine Neuwertung der politischen und weltanschaulichen Prinzipien in der Geschichte durchzuführen. Viele Stimmen wurden laut, die das forderten. Ich erinnere nur an Meinecke, A. Weber, T h. Litt, G. Ritter oder an radikalere Stimmen wie A. Abusch, H. Brühl, E. Niekisch, A. Rüstow. Der Begriff des Geschichtsbildes im politisch-materialen Sinne wurde jetzt erst recht gebräuchlich und Gegenstand häufiger Diskussionen: Meinecke schrieb: „. . . unser herkömmlid'ies Gesdiiditsbild bedarf jetzt allerdings einer gründlidien Revision . . und Ritter betonte, daß „unser Geschichtsbild selbst ins Wanken geraten ist" Inzwischen ist statt eines „Abschieds von der bisherigen Geschichte“ (Weber) doch teilweise ein bequemes Wiederanknüpfen an liebgewordene Vorstellungen eingetreten oder auch ein radikales Abreißen aller Kontinuität durchgeführt, wie etwa bei denjenigen Historikern, die Preußen alle Schuld am deutschen Unglück zuschieben wollten (A b u s c h , Niekisch). Gegen restaurative Tendenzen wenden sich neuerdings W. Hofer H. Kohn und besonders scharf A. Grote weil sie befürchten, die nach dem Kriege von allen für notwendig erachtete Revision würde, wie jener Inder sagte — nur zu 50 °/o durchgeführt. W. Schüßler hat in einem Vortrag auf dem Hessenkopf bei Goslar 1953 zu erklären versucht warum man uns auch vom wohlmeinenden Auslande her bestimmte Vorwürfe macht, und sich dabei besonders auf einen Aufsatz bezogen, den Hofer später in dem o. a. Buche veröffentlicht hat. Danach wird uns vorgeworfen: Verherrlichung der Macht, Heroisierung des Krieges, Verabsolutierung der nationalen Idee, Vernachlässigung der Kräfte gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. Drei Aufgaben der Revision werden aufgewiesen: 1. Kritik und Analyse der weltanschaulichen Grundlagen, 2. Revision des konkreten Bildes und Urteiles von Ereignissen und Personen, 3. Aufzeigung der Grenzen der Revision.
Schüßler erkennt die Berechtigung dieser Forderungen an, versucht aber die besondere Situation Deutschlands zu erklären, indem er auf die sprungartige verspätete Entwicklung unseres Staates hinweist, und Heimpel spricht von der „deutschen Überanstrengung“. Bedenken wir, wie stark die Diskussion um Revision des Geschichtsbildes noch heute ist, können wir nur sagen, daß wir noch kein deutsches Geschichtsbild haben! F. Messerschmid sagte in einem Vorfrage: „Wir Deutschen besitzen kein gültiges, verbindliches Bild von dem, was deutsdie Demokratie oder überhaupt Staat der Deutsdien heißen könnte" und E Lemberg fordert, „daß die Deutschen ein Gesdtichtsbewußtsein und ein Geschichtsbild aus einem großen Entwurf gewinnen, da sie ein sold-tes bis jetzt nicht hatten" Ideologische Festlegung des Geschichtsbildes in der Sowjetzone Dagegen ist die Entwicklung in der sowjetisch besetzten Zone eindeutiger verlaufen, denn dort ist das Geschichtsbild festgelegt. Die Geschichte nimmt in der ideologischen Ausrichtung eine Sonderstellung ein. G. v. Rauch weist in seinem Bericht über „Die Geschichtsbild der Sowjetzone“ darauf hin, daß wir uns wohl erfolgreich mit den westeuropäischen Ländern bemühen, die Geschichtsbücher von den nationalistischen Auswüchsen zu befreien, aber „um so hoffnungsloser erscheint auf der anderen Seite die Kluft zwischen dem deutsd'ien Osten und Westen . . .“. Die Anstrengungen der ostzonalen Geschichtsforschung drohen, das deutsche Geschichtsbewußtsein völlig aufzuspalten. Diese „Sowjetisierung des Geschichtsbildes“, von der J. v. Hehn spricht, ist, wie A. Timm gezeigt hat, in drei Phasen verlaufen: bis 1948 gab es einen Übergang unter Anknüpfung an vorhandene sozialistische Werke (Mehring, A b u s c h), bis 1952 lief die Aktion „Sturm auf die Festung Wissenschaft“, und seit 1953 vollzieht sich die Wendung zum Nationalen unter besonderer Beziehung auf Rußland. Unter den führenden Historikern Alfred Meusel und Leo Stern, denen seit 1953 eine „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft" zur Verfügung steht, arbeitet ein Kollektiv von Geschichtswissenschaftlern an der Ausarbeitung eines festumrissenen Geschichtsbildes, das in Anlehnung an die bolschewistische Ideologie „fortschrittlich" genannt wird, d. h. es wird ein auf die klassenlose Gesellschaft hinzielendes Fortschritts-Schema zugrundegelegt (Sklavenhalter-Gesellschaft — Feudalismus — Kapitalismus — Weg zum Sozialismus). Im Lehrplan für den Geschichtsunterricht der Grundschule heißt es nach Timm: „Da erst die Kenntnis der objektiven Gesetzmäßigkeit ein bewußtes und objektives Handeln im Dienste des Fortschritts ermöglicht, gewinnt die Geschichte als Wissensdtaft eine entscheidende gesellschaftlidte und politische Bedeutung“ Das geplante „Lehrbuch für die Geschichte des deutschen Volkes“ wurde nach Eingreifen des sowjetischen Professors Brjinin in „Lehrbuch für die Geschichte Deutschlands“ umbenannt: zugleich wurde betont, daß „Nation“ ein umfassenderer Begriff als „Volk“ sei. Vom deutschen Geschichtsbild ist trotz aller nationalen Tendenzen kaum noch die Rede, denn die Festschrift für Meusel spricht einfach vom „neuen“ Geschichtsbild. Kann heute das „Volk” noch Maßstab sein ? Solange wir nicht „Volk“ als Grundlage politischen Lebens überhaupt zugunsten übervölkischer globaler Einheiten völlig aufgeben wollen, solange wir Wert legen auf ein Zuhausesein in ungebrochener Tradition geistiger Überlieferung, müssen wir ein Geschichtsbild zu formen suchen, daß bei allem Wissen um übernationale Zusammenhänge zunächst von den'Geschehnissen des eigenen Volkes ausgeht. Wir würden die Wiedervereinigung nicht anstreben, wenn wir nicht überzeugt wären, daß es ein Recht ans Zusammengehörigkeit eines in der Geschichte zusammengewachsenen Volkes gibt. Wir würden nicht Geschichte unseres Volkes lehren, wenn wir nicht wüßten, daß echte Demokratie — wie eben das Wort sagt — vom „Volke“ ausgeht. Rousseau hat in seiner Denkschrift über Polen den Rat gegeben, vaterländische Erziehung zu treiben. T h. Litt sieht große Gefahren in einer gewissen Geschichtslosigkeit. Nach ihm kommt die Abkehr von der Geschichte der „Verleugmtng der eigenen Existenzgrundlagen gleid'i“ (Wiedererweckung des geschichtlichen Bewußtseins); und Messerschmid hatte in seinem o. a. Vortrage gewarnt: . . ein Volk darf nickt gesdiiduslos werden. . Sehen wir uns bei anderen Völkern um, so stellen wir fast mit einem gewissen Neid fest, ein wie geschlossenes und politisch wirksames Geschichtsgefühl und Geschichtswissen sie haben. Das englische hat seit Shakespeare in einer folgerichtigen Tradition sich als ein geschlossenes Ganzes ausbilden können, leicht zu fassen in der Reihe der Könige und Königinnen, die durch Revolution und Königshinrichtung kaum unterbrochen wurde; das französische ist von „Charlemagne" oder gar von den Kelten her über die Römer, Jeanne d'Arc, Ludwig XIV., Revolution und Napoleon bis in die neueste Zeit trotz aller politischen Eruptionen im Grunde doch kontinuierlich verlaufen, weil das französische Nationalgefühl von einem politischen und kulturellen Missionsgedanken getragen wird Auf Polen genügt es, einfach hinzuweisen, denn es ist genügend bekannt, wie sich dieses Volk ohne eigenen Staat 150 Jahre lang national geschlossen erhalten hat, eben aus einem geschichtlich-religiösen Zusammengehörigkeitsgefühl heraus, wie es bei den Ungarn der Fall ist, deren 1000jährige christliche Geschichte ihnen einfach und klar vor Augen steht. So sieht jeder Angehörige eines Volkes Sinn und Wert seiner Existenz gespiegelt in der Volksgeschichte. Von hier aus kann auch der einfachste Mitbürger der Vermassung entgehen und einen Halt finden. Man kann sich bewußt sein, wie stark Charakter und Anlagen, soziale und kulturelle Situation Ergebnisse der geschichtlichen Entwicklung sind, man kann auch stolz sein auf große Leistungen des Gesamtvolkes oder einzelner Persönlichkeiten, ohne in einen übertriebenen Nationalismus zu verfallen. Das sollte die reinigende und klärende Erkenntnis sein, die wir aus all den Enttäuschungen und Katastrophen der letzten Jahre gewonnen haben, daß nicht ein einzelnes Volk sich selbst genug sein kann oder gar absolut über anderen Völkern steht. Erst die klare Selbstkritik, die Wertung der Vergangenheit nach menschlich-ethischen und religiösen Maßstäben ergibt ein wahres Bild unseres eigentlichen Wesens. Es läßt sich lehren und lernen. Es müßte sich eigentlich allen Angehörigen dieses Volkes ohne Unterschied der Parteien oder Konfessionen übermitteln lassen. Aber all die aus dem geschichtlichen Überblick herangezogenen Differenzierungen und Spaltungen sind auch heute noch nicht ganz überwunden. Es sind viele Werke der Einzelforschung erschienen, aber kaum solche, die ganz einfach eine Geschichte des deutschen Volkes geben wollen. Nur P. Rassows Handbuch verdient besonders hervorgehoben zu werden, und genannt sei auch das von Orthbandt Jedoch sind ihre Wirkungen noch nicht groß für die Volksbildung im ganzen gesehen. Wie weit die sechzehn Vorträge Heimpels über „Deutsche Geschichte“ (NDR, III. Progr. Winter 1957/58) eine geschichtsbildformende Wirkung gehabt haben, läßt sich schwer sagen, sie wird wohl erst recht nach Erscheinen der Buch-Veröffentlichung einsetzen. Wir können kein Geschichtsbild „machen” Eine politisch-dogmatische Vereinheitlichung oder gar ideologische Schematisierung ist trotz allem Streben nach einem einheitlichen Bilde abzulehnen, auch wenn wir dann noch länger warten müssen. Politische Kategorien sollten nur soweit gelten, als sie Politik im weitesten Sinne, Teilnahme am öffentlichen Leben meinen. Eine stärkere Berücksichtigung soziologischer Fragestellung und Begriffe wäre trotz allen Sträubens vieler Historiker in unserer Zeit nicht zu umgehen und könnte das Geschichtsbild oft einprägsamer und straffer gestalten. Eine stärkere philosophische Besinnung wäre auf jeden Fall zu wünschen, um einem bloßen Positivismus und einem Spezialistentum zu begegnen. Die strittigen Punkte der Geschichtsbetrachtung sollten nicht nur mit fremden Ländern bereinigt und geklärt werden, sondern auch im eigenen Bereiche. Die deutsche Geschichte enthält noch so zahlreiche umstrittene Punkte, daß es sich lohnen würde, einmal in offener Aussprache zu einer weitestmöglichen Klärung zu kommen. Wie stark da Unterschiede in der Deutung gesehen werden können, kann ein Vergleich deutscher Geschichts-Lehrbücher zeigen. Natürlich wollen wir nicht — so möchte ich nicht mißverstanden werden — ein neues Geschichtsbild „machen", etwa durch ein Kollektiv von Historikern oder durch ein Team, wie wir sagen würden. Es ist überhaupt fraglich, ob ein geltendes Geschichtsbild, das sich im Bewußtsein eines Volkes verankert, durch die Wissenschaft gestaltet wird. Bosl hat das in seinem o. a. Aufsatz geradezu verneint. Die vielfachen Einwirkungen außerwirtschaftlicher und außerschulischer Faktoren auf das Bewußtsein des jungen und vor allem des erwachsenen Menschen insbesondere in bezug auf das Bild der jüngsten Vergangenheit sind zahlreich und oft stärker und wirksamer. Wir wollen nun weder resignieren und zusehen, wie die Politik und das geschichtliche Bewußtsein sich ohne uns gestaltet, noch in allzu starken Optimismus verfallen. Bei aller Beachtung realer und populärer, ja vielleicht auch propagandistisch-demagogischer Faktoren wollen wir doch auch den idealen Faktoren ihre Wirkung zuerkennen. Und dann ist auch unser Bemühen in Wissenschaft und Schule nicht'umsonst! (So K. Mielcke auf der Tagung der Geschichtslehrcf 195 8.) Wenn F. Mes serschmid kürzlich schrieb: „Wir müssen heute ein anerkanntes, gültiges Gesamtbild'deutsdier Geschidtte entbehren, was übrigens nicht nur Verlust, sondern auch Gewinn sein kann . . so meint er sicher nicht das Gegenteil von dem, was er — wie hier zitiert — früher gesagt hat, sondern er glaubt auch, daß wir zwar geschichtliche Besinnung, aber nicht unbedingt Hals über Kopf ein „gültiges Gesamtbild“ erreichen wollen. Und dennoch muß hier wiederholt werden, was ich an anderer Stelle (Sammlung) so formulierte, „daß wir nodt kein gesddossenes, gültiges Bild unserer Gesdiichte haben“. Damit wird angespielt auf einen Begriff geschichtlicher Kontinuität in unserer Vergangenheit trotz aller Brüche, die entstanden sind. Damit ziele ich aber auch ebenso hin auf die Überzeugung des Lehrers, daß er ein völlig offenes, aus den verschiedensten Perspektiven beleuchtbares Bild einfach nicht an die Jugend, besonders nicht an die Volksschul-und Berufsschuljugend oder an die jungen Männer in der Bundeswehr oder im Grenzschutz weitergeben kann. Jugendlichen kann man weder mit Problematik historischer Einzelforschung noch mit jeweils der persönlichen Auffassung entsprechender Darstellung ein Bild unserer deutschen Vergangenheit geben, das sie in den Grundzügen behalten sollen und für das Leben mitnehmen können! Denn es wäre schön, wenn wir nicht nur eine „Wiedererweckung geschichtlichen Bewußtseins“ sondern auch eine Wiederbefestigung geschichtlichen Wissens in allen Volksschich. en erreichen könnten. Ich bezweifle, ob das durch Geschichten oder Einzelbilder aus der Geschichte besser zu erreichen ist als durch ein Bild! Aber das gehört schon in methodisch-didaktische Erwägungen und soll hier nicht ausgeführt werden.
Deutsches oder europäisches Gechichtsbild ? In den wenigen bombenverschonten deutschen Städten wie Goslar oder Wolfenbüttel sind wir in der glücklichen Lage, falls wir nicht in alltäglicher Gleichgültigkeit verharren, die Zeugen der Vergangenheit eindringlich zu uns sprechen zu lassen. Lebendige Überlieferung und erinnerndes Bewußtsein sind hier nicht unterbrochen worden. Umso schmerzlicher muß es für die vielen Flüchtlinge sein, sich aus ihrer Heimat, die ähnliche geschichtliche Zeugen deutscher Kultur aufzuweisen hatte, herausgerissen zu sehen; und wir können ihre Forderung verstehen, in Zukunft den deutschen Osten weit mehr als bisher in unsere Geschichtsbetrachtung einzubeziehen. Treiben wir nun bei uns Heimat-geschichte, so soll sie uns die größere Geschichte Deutschlands oder Europas erst aufdecken. Es ist ernstlich zu fragen, ob bei aller Berechtigung eines europäischen Geschichtsbildes, nicht ein zweiter Schritt vor dem ersten getan wird. Wenn wir zugeben, daß ein deutsches Geschichtsbild fehlt — und das gibt ja z. B. Messerschmid auch jetzt noch zu — warum sollen wir aber dann nun schon wieder ein europäisches verlangen? Wäre es nicht sinnvoller und auch einfacher, das deutsche Bild der Vergangenheit nach unseren heutigen Erkenntnissen von der Verflochtenheit der Völkerschicksale in größere Kulturkreise aufzuzeigen, und hätten wir damit, nämlich mit einer „revidierten Wiederherstellung des deutschen Geschichtsbildes“ eben nicht auch zugleich ein europäisches? Müssen wir das „Europäische“ allzu laut betonen, wenn wir mit Messerschmid der Überzeugung sind, „daß unsere Geschichte am deutschesten war, wenn ihre Träger „weltbürgerlidt“ dachten und handelten?" Denn damit haben wir den weiteren Begriff, der sich mahnend sofort in Erinnerung bringen will, sobald wir uns auf den „nur“
europäischen festlegen — den der „Weltgeschichte“, den der globalen Politik und Geschichte, von dem ganz zu Anfang die Rede war. Aber um Wendell Willkies Buch von der „Einen Welt“ ist es auch bald wieder still geworden, und die neu entstehenden Nationalismen im Vorderen Orient scheinen sogar das religiöse Großreich des Islam zerreiben zu wollen. Fangen wir also an bei unserer deutschen Vergangenheit und sehen wir sie immer in Beziehung zu Europa und zur ganzen Welt im Sinne aller guten Deutschen!
Anmerkung:
Woltgang Schlegel, Dr. phil., geb. 8. Sept. 1912 in Braunschweig, Studium der Erziehungswissenschaften an der Technischen Hochschule Braunschweig. 1934 Volks-, 1935 Mittelschul-, 1938 Schulamtsexamen. 1937 promoviert zum Doktor der Kulturwissenschaften mit einer Arbeit über „Nietzsches Geschichtsauffassung". 2 Jahre Assistent am Philos Seminar. 1936-39 im Volks-schuldienst der Stadt Braunschweig. 1939 freiwillig in den Schuldienst nach Königsberg/Pr., dort nebenher philologisches Studium mit Staatsexamen Nov. 1939 (Deutsch, Geschichte, Philosophie). Soldat von 1939-1945. Wieder in den Schuldienst eingestellt 1948. Volks-, später Mittelschule Braunschweig und Braunlage im Harz. Starke Vortragstätigkeit in verschiedenen Volkshochschulen und in der „Brücke". Seit 1953 am Gymnasium für Mädchen in Goslar durch nachgeholte Assessorprüfung. Studienrat seit 1956. Seit 1. 10. 58 abgeordnet an die Pädagogische Akademie Kaiserslautern für das Fach Geschichte. — Die wichtigsten Veröffentlichungen sind in dem vorliegenden Aufsatz genannt.