Vorwort
Bereits am 21. September 1939 richtete Heydrich einen derartigen Schnellbrief an die Chefs aller Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und zwar mit dem Vermerk: „Betrifft Judenfrage im besetzten Gebiet“. U. a. heißt es darin:
„Ich nehme Bezug ans die hente in Berlin stattgefnndene Besprechung und weise noch einmal darauf hin, daß die geplanten Gesa m t -maßnahmen (also das Endziel) streng geheim zu halten sind.
Es ist zu unterscheiden zwischen 1) dem Endziel (welches längere Eristen beansprucht) und 2) den Abschnitten der Erfüllung . dieses Endzieles, (welche kurzfristig durchgeführt* werden)
Die geplanten Maßnahmen erfordern gründlichste Vorbereitung sowohl in technischer, als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. 1)
Der neu ernannte Generalgouverneur Dr. Hans Frank begann sofort, im gleichen Tempo Gesetze zu erlassen. Bis zum 1. Januar 1940 veröffentlichte er sie im „Verordnungsblatt des Generalgouverneurs für die besetzten polnischen Gebiete". Später benannte man das Blatt etwas kürzer „Verordnungsblatt für das Generalgouvernement"
Schon am 26. Oktober 1939 erschien das Gesetz über den Arbeitszwang für Juden; am 20. November des gleichen Jahres wurden Maßnahmen zur „Sicherstellung jüdischen Vermögens" veröffentlicht; 3 Tage später erfuhr man, daß alle Juden und Jüdinnen, die das 10. Lebensjahr überschritten hatten, den Judenstern tragen mußten; am gleichen Tage noch folgten zwei weitere Verfügungen: einmal, daß auch alle jüdischen Geschäfte mit dem Judenstern zu kennzeichnen seien und zum anderen ein Gesetz, das Steuerbefreiung und Steuervergünstigungen für jüdische Korporationen aufhob. Am 9. Dezember 19 39 versagte man Juden und jüdischen Witwen das Recht auf ihre Pension und zwei Tage später wurde jüdischen Kindern durch Gesetz der Schulbesuch untersagt.
Außerdem jedoch erschienen im Verlauf der ersten 3 — 4 Monate der deutschen Besatzung in Polen neben den Gesetzen noch unzählige Durchführungsvorschriften zu den jeweiligen Gesetzen. Viele übereifrige Lokal-Satrapen bedachten „ihre" Juden darüber hinaus noch mit allerlei Sonderverordnungen. Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Der damalige Gouverneur Krakaus, Karl Gustav Wächter, ordnete bereits am 18. November 1939 das Tragen des Judensterns an. Aber er war etwas großzügiger als Dr. Frank, dessen Gesetz erst 5 Tage später erschien. Gouverneur Wächter verpflichtete „seine“ Juden und Jüdinnen erst vom 12. Lebensjahr ab zum Tragen des Judensterns
Während der Jahre 1940 bis Ende 1942 erschienen dann laufend weitere Gesetze über Aufenthaltsbeschränkungen, die Anmeldung jüdischen Vermögens, Bestimmungen „Wer ist Jude“
Wie gesagt, dauerte dieser wilde Gesetzesreigen bis Ende 1942, denn im Sachregister des Verordnungsblattes für das Generalgouvernement des Jahres 1943 ist unter dem Buchstaben „J“ schon keine Rubrik „Juden“ mehr vorhanden. Zu jener Zeit waren ihretwegen keinerlei Verordnungen mehr notwendig. Die ganze Angelegenheit lag ausschließlich in den Händen von Friedrich Krüger, dem Höheren SS-und Polizei-führer im Generalgouvernement. Ihm wurde die Aufgabe zuteil, die Endlösung des polnischen Judentums herbeizuführen. Die Würfel hinsichtlich dieses Problems waren einige Zeit vorher in Berlin gefallen
Nun, Warschau war im Laufe der Geschichte schon oft der Spiegel jüdischen Schicksals.
Nachweislich lebten bereits im 14. Jahrhundert in Warschau Juden Lind gerade ihr Los ist seit damals ein schweres gewesen.
Lim nur einige Daten aus den vergangenen Jahrhunderten zu nennen:
Hervorgerufen durch die aufpeitschende Hetze des Franziskanermönchs und Bußpredigers Johannes Capistrano kam es bereits im Jahre 1454 zu einem Pogrom; am 22. Januar 1775 ließ Kronmarschall Lubomirski die Juden aus Warschau vertreiben und ihre Wohnungen wurden ausgeplündert; am 16. Mai 1790 kam es dann erneut zu einem Pogrom, weil der der Schneiderzunft angehörende Meister Foks angeblich von einem jüdischen Berufsgenossen ermordet worden sein sollte; am ersten Weihnachtsfeiertag 1881 erscholl plötzlich in der Warschauer Kirche „Zum Heiligen Kreuz“ ein Ruf: „Feuer! Feuer!“ Bis man herausfand, daß es sich um einen blinden Alarm handelte, -war bereits ein wilder Pogrom ausgebrochen, da das vermeintliche Feuer angeblich von Juden entzündet worden war.
Andererseits fand im Jahre 1794 fast die gesamte „Jüdische Legion“
unter Kommando von Berek Joselewicz ini Kampf gegen Suworow den Heldentod, und als Polen sich 1863 gegen Rußland erhob, ging die patriotische Gestalt des Warschauer Rabbiners Meisel in die polnische Geschichte ein.
Obwohl es manchem in unserer Zeit paradox und überspitzt erscheinen mag, könnte man fast wagen zu behaupten seit dem 15. Jahrhundert, in dem es in Warschau das „Privilegium de non tolerandis Judaeis“ gab, sei eigentlich für die Juden dieser Stadt mit der deutschen Besatzung im Ersten Weltkrieg fast erstmalig die Gelegenheit gekommen, eine bürgerliche und politische Freiheit uneingeschränkt in vollen Zügen zu genießen. Von besonderer Bedeutung dürfte damals dabei allerdings der Aspekt gewesen sein, daß ja die deutschen Truppen gegen Rußland — das Land der Pogrome — kämpften.
In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen wurde Warschau dann zum anerkannten jüdischen Kulturzentrum, zum beherrschenden Mittelpunkt alljüdischen Lebens. UInzählige Schulen wurden gegründet und in ihnen lehrte man Yiddisch, Hebräisch und Polnisch. Das Jüdische Theater erlebte seine Blütezeit. Jüdische Schauspieler wurden berühmt.
In yiddischer Sprache erschienen große Tages-, Wochen-und Monats-zeitungen oder Zeitschriften, die reißend Absatz und ein begeistertes Publikum fanden. Auf allen Gebieten — Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst — entwickelten sich hervorragende Persönlichkeiten, deren Ruf Polens Grenzen weit hinter sich ließ und gar über den europäischen Kontinent hinausdrang.
Ende 1939 lebten in Warschau 359 827 Juden
Sehr viele Juden unternahmen es, in Ghettos und Lagern ihre Erlebnisse sich dabei niederzuschreiben. Es nicht etwa nur um Historiker, Schriftsteller oder Journalisten, sondern um ganz gewöhnliche Sterbliche, die nichts mit Schriftstellerei oder dergleichen zu tun hatten. Fast jeder, der im Ghetto oder Lager den Golgathaweg der Vernichtung ging und überlebte, traf diese Laien-Chronisten. Ihre Niederschriften gingen allerdings nur allzu oft den gleichen Weg, den Millionen von Juden gehen mußten und wurden vernichtet. Aber sie überlebten auch wie einzelne Juden im Versteck und sind so heute — wenigstens teilweise — der Nachwelt überliefert worden. Über eine dieser unzähligen Chroniken soll hier wenigstens berichtet werden, den viele, sehr viele der hier wiedergegebenen Dokumente stammen aus ihr. Es handelt sich dabei um das Archiv Ringelblum.
Dr. Emanuel Ringelblum ist am 12. November 1900 geboren worden und Verfasser vieler Werke und Studien, die sich mit der jüdischen Geschichte befassen. Er organisierte im Ghetto Warschau den soge-nannten „Oneg Sabbath“. In Wirklichkeit handelte es sich bei dieser „Sabbath-Feier“ um nichts anderes als eine getarnte Untergrundbewegung, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, sämtliche Unterlagen und Dokumente über die Vernichtung des polnischen Judentums zu sammeln und gut aufzubewahren. Ringelblum und sein Stab notierten alles, was sie selbst erlebten und mitmachten, aber auch was sie nur hörten. Außerdem organisierten sie „Anketen" über verschiedene Aspekte des Ghettos und seiner Bewohner. Sie sammelten jedes Dokument über diese Themen. Außerdem gehörte Dr. Ringelblum zu den Anführern der jüdischen Untergrundbewegung und sorgte in dieser Eigenschaft auch gleichzeitigt dafür, daß durch Kuriere auf heimlichen Wegen viele Nachrichten über die Ausrottung der polnischen Juden ins Ausland gelangten.
In seinen Notizen vom 10. Juni 1942 schreibt er
„hi den letzten Wochen brachte das englische Radio Berichte über die an den polnischen Juden in Chelmno, Wilna, Belzec u. a. begangenen Bestialitäten. Heute brachte der Sender eine Zusammenfassung der Berichte, und es wurde die Zahl von 700 000 in Polen ermordeten Juden genannt. Man kündigte Vergeltung für die verübten Schandtaten an. Die „Oneg Sabbath“ -Gruppe hat also ihre große historische Aufgabe erfüllt. Sie hat die Welt von unserem Schicksal unterrichtet und vielleicht Hunderttausende polnischer Juden vor der Vernichtung gerettet. Das wird sich allerdings erst in der Zukunft herausstellen. Wer mag von unserer Gruppe überleben? Wem wird das Schicksal bestimmen, das gesammelte Material zu bearbeiten? Eines steht heute schon fest: Unsere Mühen und Opfer, unser Leben in dauernder Angst, sind nicht umsonst gewesen. Auch wir vermochten dem Feind einen Schlag zu versetzen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Aufdeckung des unglaublidten Juden-Mordens Eindruck macht, ob das Hinschlachten ganzer jüdisdrer Gemeinden aufhört. Wir wissen, wir haben unsere Pflicht getan. Wir haben erreicht, was wir uns vornahmen, und wenn es noch so unmöglich schien. Unser Tod wird auch nicht so unsinnig sein wie der von vielen Zehntausenden anderer Juden, denn uns gelang es, dem Feind einen Sd-ilag zu versetzen. Wir haben seinen teuflischen Plan, das polnische Judentum heimlich und in aller Stille auszurotten, aufgedeckt. Wir konnten ihm einen Strich durdt die Redinung machen. Wie sehr Dr. Ringelblum von seiner historischen Mission und der Wichtigkeit seiner Arbeit durchdrungen war, wie er an sie glaubte, geht wohl eindringlich aus den Zeilen hervor.
Alles, was er und seine Mitarbeiter notierten und sammelten, wurde in Metallkisten oder Milchkannen verstaut und dann in einem Keller des Warschauer Ghettos vergraben.
Nach dem Kriege begann man in Warschau, diesen Keller zu suchen. In der riesigen Steinwüste des einstigen Ghettos war dies nicht gerade leicht. Unter der Leitung des Architekten Pilszczynski machte sich ein ganzer Stab daran, sorgsame Messungen vorzunehmen, denn es bestanden verschiedene Hinweise auf das Kellerversteck. Nach unendlich mühevoller Arbeit gelang es endlich im September 1946, die ersten zehn Metallkisten im Keller des früheren Hauses Nowolipkistraße 68 aufzufinden
Konservatoren öffneten später die Kisten. Jeder Bogen wurde fachmännisch berührt und sorgsam getrocknet. Heute aber bilden diese vielen tausend Seiten, deren opferbereite und größtenteils umgebrachte Schreiber Bewohner des Warschauer Ghettos gewesen sind, das Ringel-blum-Archiv
Alle Notizen, Bemerkungen usw. sind eilig im Telegrammstil ausgeschrieben. Oft falsch stilisiert, ohne rechten Satzbau und voll grammatikalischer Fehler. Wenn man der Situation gedenkt, in der sie notiert wurden, ist das begreiflich.
Auf einem noch feuchten Bogen Papier las ich beispielsweise damals: „Während der Aussiedlung der Juden Warschaus schreibe ich mein Testament. Sie dauert schon ununterbrochen seit dem 20. Juli (1942). Auf der Straße darf ich mich nicht blicken lassen, aber auch in der Wohnung ist man nicht sicher. Jeder Kontakt mit unseren Kameraden ist unterbrochen. Zu dritt sind wir übrig geblieben: Kollege Lichtenstein, Grzywac und ich. Wir beschlossen, ein Testament zu machen, etwas Material über die Aussiedlungsaktion zusammenzusuchen und dann alles zu vergraben. Aber wir müssen uns eilen. Wir sind nicht sicher. Gestern arbeiteten wir bis spät in der Nacht.“
Das Datum dieses Testaments ist der 3. August 1942, und sein Schreiber heißt David Graber. Er war ein Mitarbeiter Dr. Ringelblums und kam in den Gaskammern von Treblinka um. 4. Der Stroop-Bericht Zum Schluß noch ein paar Worte über den sogenannten Stroop-Bericht. Neben den Aussagen und Erinnerungen jüdischer Kämpfer im Aufstand des Warschauer Ghettos
Nach dem Kriege fanden die Alliierten diesen Bericht des SS-Brigadeführers und Generalmajor der Polizei Jürgen Stroop über den Kampf im Warschauer Ghetto sorgfältig in Leder gebunden.
Der Bericht besteht aus drei Teilen.
Der erste Teil trägt den Titel: „Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr“. In ihm finden sich Aufstellungen über die für „Führer und Vaterland" Gefallenen oder im Kampf mit „Juden und Verbrechern“ Verwundeten. Stroop schreibt kurz über das Warschauer Ghetto, seine Entstehung, den jüdischen Widerstand und endlich die erfolgreiche „Großaktion“ gegen die Aufständischen. Er erwähnt das Flattern jüdischer und polnischer Fahnen während der Kämpfe im Ghetto, die Art der Waffen und Uniformierung oder chemische Hilfsmittel im Kampf, derer sich die Rebellen bedienten. Besonders hebt er die heldenhaft kämpfenden Frauen hervor, sowie daß er Juden mit beiden Händen zugleich feuern sah und wie sie aus den Fenstern der brennenden Häuser sprangen.
Der zweite Teil des Stroop-Berichts enthält seine Tagesmeldungen während des Kampfes an SS-Obergruppenführer und General der Polizei Krüger. Sie sind von ihm eigenhändig abgezeichnet.
Der erste Stroop-Rapport trägt übrigens das Datum des 20. April 1943, wurde also bereits einen Tag nach Ausbruch des Ghetto-Auf-standes geschrieben. Im letzten Bericht meldet er, daß „ 180 Juden und Untermenschen vernichtet wurden“ und daß die Großaktion mit der Sprengung der Synagoge auf der Tlomackiestraße um 20. 30 Uhr beendet wurde. Das Datum dieser letzten Meldung ist der 16. Mai 1943.
Stroops dritter Bericht-Teil enthält Bilder. Sie sind sehr gut fotografiert und insgesamt 5 3 Stück im Formal 12 mal 18.
Betrachtet man sich diese Aufnahmen recht aufmerksam, so muß man feststellen, daß Stroop und seine Helfer äußerst viel Sinn für dramatische Optik besaßen. Da steht beispielsweise ein Kind mit erhobenen Händen vor einem Soldaten mit der Waffe im Anschlag; grell lodern die Flammen der brennenden Häuser, aus deren Fenstern Menschen in die Tiefe springen; aus geknackten Bunkern kommen die Juden heraus und ergeben sich.
Dieser ganze Bericht ist ebenso einmalig wie die Bedingungen dieses Ghetto-Aufstandes einzigartig waren. Die Kämpfenden verfügten ja kaum über nennenswerte Waffen, denn mit Waffenhilfe für die aufständischen Juden war auch der polnische nicht-jüdische Untergrund nicht allzu eifrig bei der Hand.
Übrigens war nicht nur Stroop über die Ausmaße des Ghetto-Auf-standes erstaunt. Auch Dr. Hans Frank betrachtete den Kampf der Widerständler im Warschauer Ghetto nicht als kleine Angelegenheit. Am 20. April, also einen Tag nach Ausbruch des Aufstandes, schreibt er an den Chef der Reichskanzlei, Dr. Hans Heinrich Lammers: „Seit gestern haben wir in Warschau einen bereits mit Einsatz von Geschützen zu bekämpfenden wohlorganisierten Aufstand im Ghetto“ m).
Und Dr. Josef Goebbels notiert am 1. Mai 1943 in seinem Tagebuch n): „Die Berichte aus den besetzten Gebieten enthalten keine aufregenden Nacltrichten. Bemerkenswert ist lediglich der erbitterte Kampf in Warschau, der zwischen der Polizei — ihr ist jetzt sogar nodi ein Wehr-maditteil zu Elilfe gekommen — einerseits und den aufständischen Juden andererseits ausgefodtten wird. Offensichtlich gelang es den Juden, das Ganze zur Verteidigungsstellung auszubauen, und die „Jüdisdte Kampforganisation“ gibt tatsächlich täglich Lageberichte heraus. Lange kann der Spas] ja nicht mehr dauern, dodi zeigt es, zu was die Juden mit der Waffe in der Hand fähig sind. LJnglüddidterweise sind einige dieser Waffen gute deutsdte Fabrikate, besonders ihre Masdiineagewehre. Weif] der Himmel, wo sie die herbekommen haben!“
Gelegentlich einer Unterhaltung mit dem Gerichts-Psychiater regte sich Generaloberst Alfred Jodl während des Nürnberger Prozesses dann über „diese schmutzigen arroganten SS-Schweine“ auf, und zu dem Stroop-Bericht sagte er:
„Wenn man sich nur vorstellt, daß da jemand tatsächlich 75 Seiten einer kleinen Mord-Expedition wegen angibt, während der Bericht über einen richtigen Feldzug gegen gut ausgerüstete Armeen nur wenige Seiten füllt!“ °)
Kurze Angaben über die Bibliographie finden sich vor der eigentlichen Dokumenten-Sammlung.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich hier Frau Iris von Stryk für liebenswürdige Unterstützung und besonders für sämtliche Libersetzungen aus dem Yiddischen herzlichst danken.
Josef Wulf
I. Der Auftakt
DAS WARSCHAUER GHETTO
DAS WARSCHAUER GHETTO
Ghettos 1)
Krakau: Gouverneur Dr. Fischer 2). Er betont, daß für die Juden ein besonderes Ghetto gebildet werden müsse. Herr Generalgouverneur billigt diese Maßnahme.
(24. Oktober bis 15. Dezember 1939)
Ein Anwalt im Pelz 3) 9.2.1940 Wieder wird über ein Ghetto in Warschau gesprochen. Es soll Praga 4) umschließen und einige jüdische Bezirke. Kürzlich kam eine Beschlagnahme-Verordnung heraus 5).
Für eine zerknitterte oder schmutzige Armbinde muß man Strafe zahlen.
Ein Anwalt, der seine Armbinde mit der Aktentasche verdeckte, mußte zur Strafe den Pelz umgedreht anziehen und so auf die Straße gehen.
Ein Jude im Abendanzug
Eines Tages entdeckte ich auf der Straße zwei Deutsche, die einen jungen Juden in Frack und Zylinder vor sich herjagten. Später erfuhr ich, daß die Deutschen anläßlich einer Haussuchung bei dem betreffenden Juden diese Kleidungsstücke in seinem Besitz fanden, die ihrer Ansicht nach nicht zur Bekleidung eines Juden gehörten. Daher die öffentliche Strafe.
Zement-Schwierigkeiten
Die Frage der Lokalisierung von Juden in Warschau drängt auch zur Lösung, insbesondere deshalb, weil eine bedenkliche Zahl von Fleckfiebererscheinungen gemeldet worden ist. Die Lösung wurde mit Rücksicht darauf zurück-gestellt, daß verlautbart worden war, es sei daran gedacht, den Lubliner Raum als Sammelbecken für die Juden vorzusehen. Wie jetzt von Krakau mitgeteilt wird, ist aber nicht daran gedacht. Es ist daran gedacht, die Ghettos mit fünf Meter hohen Mauern zu umziehen. Die Frage der Beschaffung von Zement bereitet Schwierigkeiten. „Jüdischer Wohnbezirk“ in Warschau
Polen, die zum genannten Zeitpunkt ihre Wohnung im jüdischen Wohnbezirk nicht aufgegeben haben, werden zwangsweise ausgesiedelt werden. In Verfolg der zwangsweisen Aussiedlung dürfen nur Flüchtlingsgepäck, Bettwäsche und Erinnerungsstücke mitgenommen werden.
Polen dürfen sich im deutschen Wohnbezirk nicht niederlassen. 3. Die außerhalb des jüdischen Wohnbezirks wohnenden Juden haben ihre Wohnung bis zum 31. 10. 1940 in den jüdischen Wohnbezirk zu verlegen. Sie dürfen nur Flüchtlingsgepäck und Bettwäsche mitnehmen. Wohnungen werden durch den Judenältesten zugeteilt.
4. Der Kommissarische Bürgermeister der polnischen Stadtverwaltung und der. Judenälteste sind für die geordnete Übersiedlung der Juden in den jüdischen Wohnbezirk und die rechtzeitige der Polen aus dem jüdischen Wohnbezirk nach einem noch festzulegenden, die etappenweise Räumung der einzelnen Polizeikommissariate vorsehenden Plan verantwortlich. 5. Der Beauftragte des Distriktchefs für die Stadt Warschau erteilt dem Judenältesten die zur Bildung und dauernden Abschließung des jüdischen Wohnbezirks im einzelnen erforderlichen Anweisungen. 6. Ausführungsbestimmungen zu dieser Anordnung erläßt der Beauftragte des Distriktchefs für die Stadt Warschau.
7. Wer dieser Anordnung oder den zu ihrer Durchführung erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt, wird nach den bestehenden Strafbestimmungen bestraft.
2. 10. 1940 Der Chef des Distrikts Warschau Dr. Fischer Gouverneur Eine halbe Million Juden im Warschauer Ghetto
Was die Behandlung der Juden anbelangt, so habe-ich genehmigt, daß in Warschau das Ghetto geschlossen wird, vor allem weil festgestellt ist, daß die Gefahr von den 500 000 Juden so groß ist, daß die Möglichkeit des Herumtreibens unterbunden werden muß.
(Abteilungsleitersitzung am 12. September 1940 in Krakau)
Ein Bericht
Der jüdische Wohnbezirk ist etwa 403 ha groß. Auf diesem Gebiet wohnen nach Angaben des Judenrates, der eine Volkszählung vorgenommen haben will, etwa 410 000 Juden, nach unseren Beobachtungen und Schätzungen, die von verschiedenen Seiten vorgenommen wurden, etwa 470 000 bis 590 000 Juden.
Unter Zugrundelegung der statistischen Angaben des Judenrates und der Inabzugbringung der Grundflächen und Friedhöfe wohnen 1 108 auf einem Hektar bebauter Fläche, d. h. also 110 800 Personen auf dem Quadratkilometer der Gesamtgrundfläche und 38 000 auf dem Quadratkilometer bebauter und bewohnbarer Fläche. t Bemerkt sei, daß die Zahl eine Vermehrung durch eine erneut erforderlich gewordene Ilmsiedlungsaktion von 72 000 Juden aus dem westlichen Teil des Distrikts erfährt. Es muß Platz für 62 000 evakuierte Polen geschaffen werden.
Im jüdischen Wohnbezirk sind etwa 27 000 Wohnungen mit einem Zimmerdurchschnitt von zweieinhalb Zimmern. Die Belegung errechnet sich demnach auf 15, 1 Personen pro Wohnung und sechs bis sieben Personen pro Zimmer.
Der jüdische Wohnbezirk ist von dem übrigen Stadtgebiet unter Ausnützung von Brand-und Trennmauern und durch Vermauerung von Straßenzügen, Fenstern, Tür-und Baulücken abgetrennt. Die Mauern haben eine Höhe von 3 Meter und werden durch einen Stacheldrahtaufsatz um einen weiteren Meter erhöht.
Motorisierte und berittene Polizeistreifen sichern außerdem die Überwachung. In der Ummauerung waren zunächst zur Aufrechterhaltung des noch notwendigen Passantenverkehrs 22 Durchlässe freigehalten, die inzwischen auf 15 verringert wurden. An den Durchlässen wurden zunächst stärkere deutsche Polizeikräfte postiert, die später durch polnische Polizeikräfte ersetzt wurden, während die deutsche Polizei mehr die Beaufsichtigung übernahm.
Die Einheiten der deutschen Polizeiwachen für den jüdischen Wohnbezirk — bestehend aus 87 Mann unter Führung eines Oberleutnants — sind in drei Wachlokalen außerhalb der Ummauerung untergebracht
Die Wachen liegen:
1. im Osten am Torplatz 1, 2. im Westen in der Gerichtsstraße 99, 3. im Norden in der Klosterstraße 12.
Für den unbedingt notwendigen Passantenverkehr werden Passierausweise ausgestellt; für Reichs-, Volksdeutsche und Polen gelbe Karten; für Juden gelbe Karten mit blauem Querstrich. Die Passierausweise gelten nur in Verbindung mit einem Lichtbildpersonalausweis.
Umsiedlung ins Ghetto Warschau I
Die Umsiedlung der Juden aus dem Kreise Warschau-Land westlich der Weichsel geschieht nach folgendem Umsiedlungsplan: 1. Die Juden aus Piaseczno, etwa 2 500 an der Zahl, siedeln um in den jüdischen Wohnbezirk von Warschau in der Zeit vom 22. bis 27. Januar mit je etwa 500 Personen am Tage. Die marschfähigen Juden werden durch Fußmarsch in den jüdischen Wohnbezirk überführt. Die Transporte enden bei der jüdischen Quarantäne in der Spokojnastraße am Danziger Bahnhof. Sie werden von dem Sanitätskommando des Amtsarztes Dr. Hagen in Empfang genommen. Nadi erfolgter gesundheitlicher Über-prüfung werden die eintreffenden Juden in ein Quarantänelager überführt, und zwar vorerst in das Lager Stawkistraße 21. Die Verpflegungskosten für das Quarantänelager übernimmt der Ältestenrat Warschau bzw. die Jüdische Soziale Selbsthilfe. 2. Die Fortsetzung der Umsiedlung der 1 400 Juden aus Pruszkow erfolgt zu den gleichen Bedingungen am 29., 31. Januar und 1. Februar 1941. Die Umsiedlung der 700 Juden aus Jeziorna erfolgt am 28. Januar und die Umsiedlung der 320 Juden aus Wlochy am 3. Februar 1941. Die zur Aufsicht und Begleitung der Transporte erforderlichen Polizeikräfte werden gestellt. Der Judenrat hat für die spätere Aufnahme im jüdischen Wohnbezirk nach Entlassung der Juden aus der Quarantäne Sorge zu tragen.
Warschau, den 20. 1. 1941 Der Leiter der Abteilung i. V. Mohns
Die Juden haben im Zuge der Umsiedlung nach Warschau zum größten Teil das Kreisgebiet verlassen. Nur noch „Restkommandos" sind jeweils in den einzelnen Ghettos zurückgeblieben zur Abwicklung von Aufräumungsarbeiten und dergleichen.
Ordnungsgemäß . . .
Auf Grund des § 5 Abs. 1 des Erlasses des Führers und Reichskanzlers vom 12. Oktober 1939 (Reichsgesetzbl. I, S. 2077) verordne ich:
Kommissar für den jüdischen Wohnbezirk § 1 (1) Der Distriktchef in Warschau wird ermächtigt, im Rahmen der von der Regierung des Generalgouvernements gegebenen Richtlinien die zur Ordnung des jüdischen Wohnbezirks in Warschau erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen zu treffen. (2) Er setzt einen Kommissar für den jüdischen Wohnbezirk in Warschau ein.
(3) Der Kommissar für den jüdischen Wohnbezirk in Warschau bedient sich zur Durchführung seiner Aufgaben 1.der Transferstelle Warschau (§ 3), 2.des Obmanns des Judenrates in Warschau (§ 5). § 2 Der Kommissar für den jüdischen Wohnbezirk in Warschau ist dem Distriktchef in Warschau (Abteilung Innere Verwaltung) unterstellt. In.seiner Dienststelle wird je ein Referat für allgemeine Verwaltungsangelegenheiten und für Wirtschaftsfragen gebildet.
T ransferstelle § 3 (1) Die Transferstclle Warschau ist eine Anstalt des Rechts, deren Satzung der Distriktchef in Warschau erläßt. öffentlichen (2) Die Transferstelle Warschau regelt nach Maßgabe ihrer Satzung die wirtschaftlichen Beziehungen des jüdischen Wohnbezirks zur Außenwelt.
(3) Der Kommissar für den jüdischen Wohnbezirk in Warschau übt die Aufsicht über die Tätigkeit der Transferstelle Warschau aus. Er ist berechtigt, ihr hoheitliche Befugnisse zu übertragen
Haushaltführung der Transferstelle § 4 (1) Die Transferstelle Warschau bestreitet ihre Aufwendungen aus eigenen Einnahmen, insbesondere aus dem Haushaltsbeitrag der Verwaltung des jüdischen Wohnbezirks in Warschau und aus Gebühren.
(2) Die Höhe des Haushaltsbeitrages setzt der Distriktchef in Warschau jeweils für ein Rechnungsjahr fest. Die Gebühren werden nach Maßgabe einer von der Regierung des Generalgouvernements zu genehmigenden Gebührenordnung erhoben.
(3) Die Transferstelle Warschau führt einen eigenen Haushalt und eigene Rechnung. Der Haushaltsplan bedarf der Genehmigung der Regierung des Generalgouvernements.
Obmann des Judenrates § 5 (1) Der Distriktchef in Warschau wird ermächtigt, die Aufgaben und Befugnisse eines Bürgermeisters gemäß den §§ 1 bis 3 der Verordnung über die Verwaltung der polnischen Gemeinden vom 28. November 1939 (VBIGG. S. 71) für das Gebiet des jüdischen Wohnbezirks in Warschau auf den Obmann des Judenrates zu übertragen. (2) Der Obmann des Judenrates untersteht der Aufsicht des Kommissars für den jüdischen Wohnbezirk in Warschau und hat dessen Weisungen Folge zu leisten. (3) Der Obmann des Judenrates stellt einen eigenen Haushaltsplan für die Verwaltung des jüdischen Wohnbezirks in Warschau auf, der der Genehmigung der Regierung des Generalgouvernements bedarf. Krakau, den 19. April 1941 Der Generalgouverneur Frank Ghetto oder Tod I
Amtschef in Warschau, Dr. Hummel: Die Gefahren des Fleckfiebers hätten sich infolge Nachlassens der Widerstandskraft der Bevölkerung und insbesondere der der Jugend vergrößert. Die Ernährung der Ghetto-bewohner sei unzureichend. Hinzu kommen der Mangel an Reinigungsmitteln und das enge Zusammenwohnen. Der gemeldete Fleckfieber-stand im Ghetto betrage heute 2 405 Fälle. Der tatsächliche Stand sei aber viel höher. In Warschau habe man 503, in den Kreishauptmannschaften 5 89 an Fleckfieber erkrankte Polen feststellen können. An sich sei der Zusammenschluß der Juden im Ghetto ein Segen. Wichtig sei jetzt die vollkommene Abschließung des Ghettos. Dankbar habe man einen Schießbefehl des BdO., auf Grund dessen auf Juden auf den Landstraßen geschossen werden dürfe, begrüßt. Dr. Hummel berichtete dann über die praktische Auswirkung der Verhängung der Todesstrafe bei widerrechtlichem Verlassen des Ghettos. In Warschau habe man bis jetzt trotz Hinzunahme einer dritten Kammer erst 4 5 Todesurteile fällen können, und von diesen wären erst acht vollstreckt worden, da über jeden einzelnen Fall die Gnadenkommission in Krakau die letzte Entscheidung treffen müsse. Weitere 600 Anträge auf Verurteilung liegen vor. Im Wege des Sondergerichtsverfahrens sei eine wirksame Absperrung des Ghettos unmöglich. Das Verfahren bis zur Liquidierung sei zu langwierig, es sei mit zu viel Formalitäten belastet und müsse vereinfacht werden.
(Am 9. September 1941)
II
Auf Grund des § 5 Abs. 1 des Erlasses des Führers vom 12. Oktober 1939 (Reichsgesetzbl. I, S. 2077) verordne ich:
Artikel 1
In der Verordnung über Aufenthaltsbeschränkungen im Generalgouvernement vom 13. September 1940 (VBIGG. I, S. 288) mit den Änderungen der zweiten Verordnung über Aufenthaltsbeschränkungen im Generalgouvernement vom 29. April 1941 (VBIGG. I, S. 274) wird nach § 4 a folgender § 4 b eingefügt: § 4 b (1) Juden, die den ihnen zugewiesenen Wohnbezirk unbefugt verlassen, werden mit dem Tode bestraft. Die gleiche Strafe trifft Personen, die solchen Juden wissentlich Unterschlupf gewähren.
(2) Anstifter und Gehilfen werden wie der Täter, die versuchte Tat wird wie die vollendete bestraft. In leichteren Fällen kann auf Zuchthaus oder Gefängnis erkannt werden.
(3) Die Aburteilung erfolgt durch die Sondergerichte.
Artikel 2 Diese Verordnung tritt am Tage der Verkündung in Kraft.
Der Generalgouverneur Frank III
Für ungerechtfertigtes Verlassen des jüdischen Wohnbezirks in Warschau wurden die Juden Motek, Fiszbaum Rywka, Kligermann Sala, Pastejn Fagga, Margules Dwojra, Rosenber Josek, Pajkus Chana, Zajdewach Luba, Gac laut Urteil des Sondergerichts in Warschau vom 12. November 1941 zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 17. November 1941 vollstreckt. Auerswald
IV
Es ist daher vollkommen ungerechtfertigt, die Sondergerichte als „Blutgerichte“ zu bezeichnen. Gewiß wird gegen jeden Rechtsbrecher mit der Schärfe des Gesetzes vorgegangen, aber diese Schärfe trifft eben nur denjenigen, der bewußt die herrschende Ordnung sabotiert hat.
V
-
Dr. Frank: Gegen das Verlassen des Ghettos durch Juden müsse und werde mit aller Schärfe vorgegangen werden. Die aus diesem Grunde gegen Juden verhängte Todesstrafe müsse fürderhin schnellstens vollstreckt werden.
(Regierungssitzung am 16. Dezember 1941 in Krakau) 11. Im Ghetto Die Mauer
Sobald das Warschauer Ghetto eingerichtet und von einer zehn Fuß hohen sowie elf Meilen langen Mauer umgeben worden war, begann darin ein emsiges Leben, das verzweifelt danach strebte, sich den Ghetto-Bedingungen anzupassen. Unaufhörlich strömten aus Deutschland, Österreich, Danzig und anderen Landstrichen weitere Flüchtlinge ins Ghetto ein. Es wurde immer enger und verpflegungsmäßig schlechter. Elend und Hunger wuchsen beängstigend. Im Winter gebrach es an Feuerung. Nur Bevorzugte gelangten in den Besitz von Holz und Kohlen. Die Deutschen hofften auch wohl, Warschaus jüdische Bevölkerung einfach durch Aushungern zu vernichten
. . . Die große Mauer entstand mit jüdischem Geld. Der Judenrat hatte die Material-und Baukosten an eine deutsche Baufirma zu zahlen. Sie besaß die Konzession zum Bau der Ghettomauer, welche in zwei Stein Breite aufgeführt wurde. In den Mörtelputz ließ man spitze Glas-scherben ein, die das Hinaufklettern verhindern sollten. . .
Das Inferno
Wir meinen, aus luftigem Raum in ein überfülltes, stinkendes Gefängnis zu kommen. Wir sind keine Menschen mehr, nur noch Teil einer abscheulichen Masse. Jeder darf uns schlagen. Im „arischen“ Stadtteil leben auf dem Hektar zehnmal weniger Menchen als bei uns. Dort rottet man auch nur die Intelligenz aus — hier aber alle. Dort darf man wenigstens wie ein Bettler vegetieren — hier ist jedem ein jämmerlicher Tod bestimmt. Auf den Straßen ist ein solches Gedränge, daß man nur schwer vorwärtskommt. Jeder ist zerlumpt. Manche haben oft nicht einmal mehr ein Hemd. Lind überall gibt es Lärm und Geschrei. Doch die dünnen, erbärmlichen Kinderstimmen übertönen es noch: „Ich verkaufe Beigel (Hörnchen), Zigaretten und Bonbons!“
Wer diese Kinderstimmen hörte, wird sie kaum vergessen können.
Auf den Bürgersteigen häufen sich Unrat und Abfälle. Es kommt vor, daß ein Kind dem Vorübergehenden sein Paket entreißt und sich heißhungrig im Davonrennen schon über den eßbaren Inhalt desselben hermacht Natürlich versucht die Menge, so ein Kind wieder einzufangen.
Und wenn man es erwischt und schlägt, von seinem Mahl läßt sich das junge Wesen dennoch nicht abhalten.
Hunger
I 20. Mai 1941.
In der Nowolipkistraße 25 hat es bisher noch keinen Todesfall gegeben. Sie haben dort alle Epidemien heil überstanden. Aber am 18. Mai holte man gleich drei Tote heraus. Sie starben am Hunger.
Eine schwache Frau liegt mit Tuberkulose im Bett. Das Haus-komitee
Im Punkt Sapierzynskastraße liegt eine ganze Reihe von Menschen im Bett. Sie alle werden den Hungertod sterben.
II 14. Juni 1941 Der Hunger
III
Der Herr Generalgouverneur ist der Auffassung, daß für die jüdische Bevölkerung weitere Lebensrnittel nicht zur Verfügung gestellt werden können.
(Regierungssitzung am 15. X. 1941)
Ghetto-Satire
Zum „Joint"
Weil sonst er den Hungertod erlitte, fleht er: „ 6 Kinder hab’ ich, Herr Präsident!
So helfen Sie uns doch bitte.“
„Komm morgen wieder, dann wird man sehen!“ sprach der Präsident. Doch am nächsten Tag konnte der arme Jude nicht mehr gehen, denn er war tot, wenn man’s auch kaum glauben mag. Das Lied der Bettler
F^abt doch Mitleid, habt ErbarMen . .. Seid barmherzig, gute Leute! Schenkt mir doch ein Stückchen Brot! Nur ein winzig kleines Stücl?!
Laßt die Krumen doch uns Armen, Liebe Leute, nur zurück!
Hausgemeinschaften
Eine der größten Errungenschaften im Ghetto war die Schaffung der sogenannten Hauskomitees. Das Wirken dieser Hausgemeinschaften brachte mit bewundernswertem Erfolg Außerordentliches zustande. Auf diese Weise wurde jedes einzelne Haus im Ghetto zu einer selbständigen kleinen Stadt mit tausenden von Bewohnern, die unter der Oberaufsicht der Sozialen Selbsthilfe ein emsiges Eigenleben führten. Daraus ergab sich eine seltsame Situation. Der Judenrat als ausführendes Organ, die Polizei und überhaupt der gesamte Verwaltungsapparat waren so gezwungen, auf den verschiedensten Gebieten immer wieder die Unterstützung und Hilfe der Selbsthilfe-Organisationen in Anspruch zu nehmen. Es wäre sonst unmöglich gewesen, in jene „Festungen" einzudringen, die so eine Hausgemeinschaft darstellte. Trotz größter Anstrengungen, gelang es dem Judenrat jedoch niemals, einen grundsätzlichen Einfluß auf die Hausgemeinschaften auszuüben.
Eine nicht weniger wichtige und sehr ehrenvolle Rolle spielten auch die Volksküchen im jüdischen Leben des Ghettos. Jeder in den Listen der Selbsthilfe aufgeführte Jude war berechtigt, kostenfreie Mahlzeiten oder doch Essen zu sehr niedrigem Preis zu erhalten. Neben den allgemeinen Volksküchen unterhielt jedoch auch jede Sozial-Gruppe oder Partei-Organisation eine eigene Küche für die Mitglieder.
Die Bekleidungsfrage
Fast jeden Tag sehe ich, wie zwei bis drei Menschen auf der Straße vor Hunger Umfallen.
Das Aussehen der jüdischen Bevölkerung ist sehr traurig. Auf Schritt und Tritt begegnet man Menschen mit unzureichender Oberkleidung, in zerrissenen Mänteln oder in solchen, die mit Sicherheitsnadeln zusammengesteckt sind, um so zu verdecken, daß der Betreffende kein Hemd trägt. Die Bekleidungsfrage der Juden wird immer prekärer. Bald gehen sie nackt herum.
Bezeichnend
Der Ghetto-Mensch
Donnerstag, den 21. Mai 1942
Kinder I
II
Ich sehe, wie ein kleines Mädchen versucht, durch die Posten zu schlüpfen. Die Wache ruft es an. Langsam nimmt der Mann sein Gewehr von der Schulter. Das Kind umklammert seine Stiefel und fleht um Gnade. Der Posten sagt lachend: „Du wirst nicht sterben, aber auch nicht mehr schmuggeln." Dann schießt er in die Füße des Kindes. Später müssen diese amputiert werden.
Mit Schmuggel kann sich das kleine Mädchen dann wirklich nicht mehr befassen.
Als ich ein kleines Mädchen einmal frage, was es sein möchte, meint es: „Ein Hund! Die Posten haben Hunde gern.“ III
Ob im Ghetto selbst oder auf der „arischen“ Seite, überall betteln Kinder. Nur um ein paar Lebensmittel auf der anderen Seite zu ergattern, kriechen sechsjährige Jungen unter den Augen der Gendarmen durch den Stacheldraht. Sie ernähren auf diese Weise ganze Familien. Ein einzelner Schuß in der Nähe des Stacheldrahts sagt dem zufällig Vorübergehenden nur allzu oft, daß wieder einmal so ein kleiner Schmuggler im Kampf mit dem allgegenwärtigen Hunger unterlag. Ein ganz neuer „Beruf“ bildete sich heraus; der sogenannte „Schnapper“. Jungen — vielmehr die Schatten früherer Jungen — entreißen den Passanten auf der Straße die Pakete. Unmittelbar darauf, noch im Laufen, verschlingen sie den Inhalt derselben bereits. Manchmal stopfen sie in ihrer Gier und Eile sogar Seife und trockne Erbsen in den Mund . . .
IV
Als ich einmal an den Mauern entlang ging, geriet ich in eine „Schmuggelaktion“ von Kindern. Offenbar war die eigentliche „Aktion“ bereits beendet. Nur etwas blieb noch zu tun. Der kleine jüdische Junge jenseits der Mauer mußte durch sein Loch wieder ins Ghetto schlüpfen und die letzte Beute mitbringen. Der kleine Körper war bereits halb sichtbar, als er zu schreien begann. Gleichzeitig tönte von der „arischen“ Seite lautes deutsches Schimpfen herüber. Ich eilte dem Kind zur Hilfe und wollte es schnell durch das Loch ziehen. Die Hüften des Jungen klemmten jedoch unglücklicherweise im Spalt fest. Mit beiden Händen und allen Kräften versuchte ich dennoch, ihn hindurch zu zerren. Er fuhr fort entsetzlich zu schreien. Jenseits der Mauer hörte man die Polizisten kräftige Hiebe austeilen. Als es mir endlich gelang, den Jungen aus dem Loch zu ziehen, lag er bereits im Sterben. Sein Rückgrat war zerquetscht.
V
Es gab fast keine Schulbücher. Man half sich mit einigen mühsam auf der Schreibmaschine geschriebenen Heften und diese wurden nur den Lehrern in die Hand gegeben. Jede Schule hatte eine Gruppe von Erwachsenen-Helfern, die Lehrmaterial beschafften, den Teller Suppe für jedes Kind stellten, Geld für die Lehrer sammelten usw. Im Winter genügend Heizmaterial für den Klassenraum zu besorgen, war ein noch größeres Unternehmen. Der Kampf für die geistige Nahrung wurde mit derselben Intensität wie der um die materielle Ernährung gekämpft.
Anhang
Mit der Bevölkerungszahl erhöhte sich auch die Anzahl der Kinder im Warschauer Ghetto. In den Jahren 1941 — 1942 waren es 50 000.
Beim wohlhabenden Bevölkerungsteil gab es keinen Kinderreichtum, doch die Armen, die aus der Provinz kamen, hatten sehr viele Kinder. Außerdem gab es viele elternlose Kinder, weil man ihre Eltern in soge-nannte Arbeitslager verschleppt hatte und aus ihnen waren sie nicht mehr zurückgekehrt, denn dort brachen Typhusepidemien aus und die Sterblichkeitsziffer war überhaupt sehr groß. Die Lage dieser Kinder war tragisch. Überall auf den engen Gassen des Ghettos drängten sie sich zusammen. Aus der Provinz kamen auch viele Kinder von Land-streichern. Vom Hunger aufgedunsen, warteten sie umsonst darauf, von Erwachsenen gerettet zu werden. Bei diesen Zuständen startete „Centos“
In den geschlossenen Anstalten, die von der Ghetto-Bevölkerung sehr unterstützt wurden — es gab 20 — fanden 5 OOO Kinder Schutz und Obdach. „Centos“ mobilisierte auch die verschiedenen Gewerbezweige, wie z B. Bäcker, Bürstenmacher etc. Alle gaben Millionen, um Heime einzur citen. In den Halb-Internaten und Küchen wurden sogar 30 000 versorgt.
Praktisch stellten die Kinderküchen getarnte jüdische Schulen dar. Sie wurden durch die Schulorganisationen „Tarbut"
Die Küchen waren in den Schulen der oben erwähnten Organisationen untergebracht-als Personal fungierten die Lehrer, die der Lehrtätigkeit eben dann nur in den arbeitsfreien Stunden nachgingen.
In den Kinderküchen stellte man auch Kinderchöre zusammen. Etwa 600/0 aller Kinder im Ghetto wurden von den Küchen betreut und genossen dort auch tatsächlich eine Erziehung.
„Centos“ veranlaßte auch, bettelnd aufgegriffene Kinder zunächst in Sonderräumen zu sammeln und sie dann einem Internat zu übergeben, nachdem sie eine gewisse Quarantäne durchgemacht hatten.
Im „Centos“ waren 1 000 bezahlte Kräfte und 2 000 Personen ehrenamtlich tätig.
Trotz all dieser Aktivitäten gab es jedoch immer noch herumstreunende Kinder und zwar bis zum Juli 1942. Zu jener Zeit begann dann die große sogenannte „Aussiedlungsaktion“
. . . Die Leiterin des Kinderheims auf der Janowskastraße rief das ganze Lehr-und Erziehungspersonal zusammen und wies darauf hin, daß sie die Tendenz der Erzieher, sich zu verstecken, wohl bemerkt habe. Sie verlange jedoch von ihnen den Entschluß, die Kinder nicht allein zu lassen. Weiter meinte sie, wer nicht dazu bereit sei, die Kinder zu begleiten, solle die Arbeit sofort niederlegen. Alle blieben Bei der nächsten Aussiedlungsaktion erfüllten sie dann alle ihre Erzieherpflicht bis zum letzten bitteren Ende.
Gerade die Ausrottung der Kinder wurde von den Deutschen mit viel Zynismus betrieben. So redeten sie den Kindern ein, man brächte sie nur an einen anderen Ort und sie sollten ihre Decken und Rucksäcke nur mitnehmen.
Die erste Phase der Liquidation endete Mitte September 1942.
Damals liquidierte man auch das Kinderheim in Otwock (in der Nähe von Warschau) sowie andere Heime in der Warschauer LImgegend.
Von der jüdischen Bevölkerung blieben damals verhältnismäßig nur sehr wenige Kinder am Leben, obwohl man sie in Öfen, Schränken und anderen Verstecken zu verbergen trachtete. „Rikschahs“
Das Pferd als Zugvieh verschwand fast ganz von den Ghettostraßen. Die meisten Pferde waren von den Deutschen beschlagnahmt worden, und die anderen wurden gegessen. Der Fuhrunternehmer hatte sowieso kein Futter mehr für sein Pferd, mit dem er einst seinen Lebensunterhalt verdient hatte. Hafer wurde gebraucht, um Suppe für menschliche Nahrung zu bereiten; niemand hätte daran gedacht, solch eine Delikatesse einem Pferd zu geben. So spannte sich der Fuhrunternehmer selber ins Geschirr und wurde Zugvieh. Man sah alle Arten von Karren, die von Menschen gezogen wurden. Das chinesische Wort „Rikschah" bürgerte sich in der yiddischen Sprache im Ghetto ein. Es gab Rikschahs für den Personenverkehr und für den Gütertransport. Manche wurden wie ein Fahrrad in Bewegung gesetzt. Es gab ungefähr 1 000 Rikschahs im Ghetto, die hauptsächlich von früheren Fuhrleuten, Chauffeuren oder Studenten betrieben wurden, jedoch nur von solchen, deren körperlicher Zustand es zuließ, die Rolle des ausgestorbenen Pferdes zu übernehmen.
Im Ghetto filmt man I
II
Immer noch wird im Ghetto gefilmt. Jede Szene ist gestellt. Gestern befahl man einem Kind, auf die andere Seite der Ghettomauer (Ecke Leszno-und Zelaznastraße) hinüberzulaufen, um dort Kartoffeln zu kaufen. Dann drehte man, wie ein polnischer Polizist das Kind erwischt und die Hand gerade zum Schlag hebt. Im gleichen Augenblick kommt ein Deutscher herbeigerannt und hält die erhobene Hand des Polen fest. Man schlägt doch kein Kind!
III
Mitte Juni 1942 Zur gleichen Zeit ereigneten sich seltsame Geschehnisse im Ghetto. Deutsche Filmoperateure erschienen und filmten die Auslagen der Lebensmittelgeschäfte. Vorher aber hatte man die betreffenden Besitzer gezwungen, die Schaufenster tunlichst mit seltenen und äußerst teuren Lebensmitteln vollzustopfen.
Dann machte man sich daran, gutmöblierte Wohnungen aufzunehmen. Hauptsächlich suchte man sich dazu die Chlodnastraße aus, wo die Mitglieder des „Judenrates“ wohnten und überhaupt gutsituierte Leute. Man wählte nur die Wohnungen mit der besten Einrichtung, in denen sich wenigstens eine schöne und gut gekleidete Frau befand. Alles wickelte sich ohne besondere Härten ab. Ich erinnere mich, daß eine der zum Mitspielen bestimmten Personen sich weigerte, die Rolle zu spielen. Man ersetzte sie eben einfach durch eine andere ein wenig entgegenkommendere Dame.
Lind dennoch wurden selbst bei diesem Filmfeldzug ein paar barbarische ebenfalls gestellte Szenen gedreht. Einige Männer von orthodox jüdischem Aussehen wurden beispielsweise gewaltsam mit mehreren jungen Frauen in eine rituelle Badeanstalt (Mikwa) gesperrt. Man zwang alle, sich völlig nackt auszuziehen und filmte sie dann, als badeten sie dort gemeinsam.
Lind noch eine Episode aus diesem Film-Epos: Die Deutschen trugen dem Besitzer des Restaurants Schulz (an der Ecke Karmelicka-und Nowolipkistraße) auf, alle Tische reichlich mit Eßbarem und Getränken zu decken. Dann brachte man einen Haufen Juden ins Restaurant, den man vorher wahllos auf den Straßen aufgegriffen hatte. Die Leute mußten an den Tischen sitzen und essen. Dann filmte man den Festschmaus. Später teilte man dem Gastwirt mit, die Rechnung aufzustellen und sie beim „Judenrat“ einzureichen.
Tote
II
Oft liegt ein mit Zeitungen zugedeckter Haufen auf dem Bürgersteig. Meistens schauen schrecklich ausgezehrte Gliedmassen oder krankhaft angeschwollene Beine darunter hervor. Das sind die Leichen der am Flecktyphus Verstorbenen. Um die Bestattungskosten zu sparen, schleppen die Mitbewohner sie einfach auf die Gasse. Oder es handelt sich um Obdachlose, die auf der Straße umfielen und liegenblieben.
III
IV
Auch die Selbstmordfälle durch Vergiften mit Strychnin mehren sich in letzter Zeit.
Ebenso geschieht es jetzt oft, daß aus der gleichen Wohnung 2 — 3 Tote auf einmal zur Beerdigung abgeholt werden.
V
Im Januar (1942) lebten 9 030 Personen in den „Flüchtlings" -Lagern; von ihnen starben 715. Die Sterblichkeit in derartigen „Lagern“, in denen etwa 2 500 Personen leben, beträgt 17, 5 °/o monatlich.
Ich glaube . . .
Idi glaube, idt glaube, ich glaube ehrlidi, uuersdiütterlidi und frouiut, daß der Messias komm’;
Au den Messias glaube idi und wenn er auf sidt warten läßt, glaub idt darum nicht weniger fest. Selbst wenn er länger auch zögert nodt, an den Messias glaube ich dodt.
Ich glaube, ich glaube, ich glaube.
Vogelfrei
I Sonntag abends, 9. 4. 1942 Meine Schwester, die auf der Dzielnastraße 17 wohnt, erzählte mir folgendes Geschehnis, das einem Mitbewohner jenes Hauses tatsächlich passierte. Ein 38jähriger Stubenmaler, der noch nicht lange im Hause wohnte, mußte in dieser Woche um 5 Uhr früh zur Arbeit gehen. Auf der Straße hielt ihn ein Polizist an und wollte wissen, was er so früh dort mache. Der Jude erklärte, er sei Maler und müsse zur Arbeit gehen. Darauf meinte der Polizist, wenn dem so sei, solle er nur erst mitkommen, um ein Loch in der Ghettomauer auszuflicken. Der Jude gehorchte dem Polizisten und folgte ihm. Nachdem er das Loch in der Mauer genau untersucht hatte, wollte er sich gerade an die Arbeit machen, als von der anderen Mauerseite ein anderer Polizist herankam. Schon von weitem entdeckte er den Juden, der sich dort an der Ghetto-mauer zu schaffen machte und verdächtigte ihn, sich auf die „arische“ Seite hinüberschleichen zu wollen. Schnell entschlossen, schoß er und der jüdische Maler blieb tot auf der Stelle liegen.
II Dienstag, 19. Mai 1942 Eine Jüdin mit zwei kleinen Kindern kam früh durch ein Loch in der Mauer unseres Hauses ins Ghetto. Sie sah sehr „arisch“ aus und berichtete die tragische Geschichte ihrer Ankunft in Warschau. Sie stammt aus Lublin. Früh am Morgen nahm sie mit Mann und Kindern den Zug nach Warschau und zwar als „Arier“ gut getarnt. Die Polizisten in Otwock jedoch erkannten in ihrem Mann den Juden, holten ihn aus dem Zug und erschossen ihn vor ihren Augen. Sie behielt die Nerven und verriet nicht, daß sie zu ihm gehörte, sondern fuhr mit ihren Kindern weiter und gelangte endlich durch das Mauerloch ins Ghetto.
Galgenhumor 2. — 8. 5. 1940 „Jude, komm arbeiten! Arbeit macht das Leben süß“ (sagt der Deutsche zum Juden).
„Ich bin kein Leckermaul“ (antwortet der Jude)
„Was macht denn ein Jude ohne Armbinde hier?“ (fragt er).
„Laß den in Ruhe", antwortet ihm der Heilige Petrus, „das ist der Sohn des Eigentümers“
2. — 10. 10. 1940 Eine Christin will den jüdischen Wagen der Straßenbahn besteigen, doch man läßt es nicht zu. Darauf schreit sie: „Nun sieh mal an! Selbst die Straßenbahn ist nur für Juden!“
Januar 1942 Bei der Gestapo prügelt man einen Juden. Schließlich verspricht man ihm die Freiheit, wenn er sagt, wer siegen wird. Seine Antwort lautet: „Die Achse“.
„Und wer verliert?“ Antwort: „der Jid“.
Es versteht sich, daß man ihn nach dieser Antwort auf freien Fuß setzte. Aber ein Gestapo-Offizier begriff, daß es bei der Antwort einen Trick geben mußte. Deshalb eilte er dem Juden nach und fragte ihn: „was hast du dir eigentlich bei dieser Antwort gedacht?“
Der Jude erklärte: „ACHSE bedeutet: Amerika, China, Sowjetrußland, England und JID heißt: Japan, Italien, Deutschland“.
Ende Januar 1942 Im Ghetto gründete man eine neue Gesellschaft. Ihr Name ist:
Wissenschaft — Kunst — Literatur I
II
Bei der vollständigen Abriegelung des Ghettos lebten in seinen Mauern:
135 jüdische Schauspieler, Theaterdirektoren und Regisseure 52 Artisten
157 Musiker und Komponisten 87 Schriftsteller (yiddisch, hebräisch, polnisch)
25 Maler und Bildhauer Insgesamt also 456 Künstler, von denen nur sehr wenige überlebten.
III
Jetzt werden es 50 Jahre seitdem Abraham Reisen
Wir laden euch zur Reisen-Feier ein, die wir am Sonntag, den 22. Februar um 5 LIhr nachmittags veranstalten“.
IV
Eine interessante und erfreuliche Erscheinung macht sich in Polen bemerkbar, sei es auf der „arischen“ Seite, sei es in den Ghettos. In breitesten Kreisen der Bevölkerung, besonders unter der Jugend, ist das Interesse am Buch stark im Wachsen begriffen.
Anhang
An das Jüdische Wissenschaftliche Institut An den Jüdischen Pen-Klub An Shalom Asch, H. Leiwick,
New York Teure Freunde! Wir schreiben euch zu dem Zeitpunkt, an dem 95 °/o der polnischen Juden bereits in den Gaskammern und Schlachthäusern von Treblinka, Sobibor, Chelmno und Auschwitz umgekommen sind oder bei den unzähligen Vernichtungsaktionen in Ghettos und Lagern hingemordet wurden. Aber auch das Schicksal der wenigen Juden, die heute in den Konzentrationslagern noch gequält werden, ist besiegelt. Vielleicht bleibt ein kleines Häufchen am Leben. Jene nämlich, die in „arischer“ LImgebung ein illegales Leben in dauernder Todesgefahr führen oder die, welche sich wie gejagte Tiere in den Wäldern verkriechen. Ob aber einer von uns, die wir in der Untergrundbewegung tätig sind und unter besonders harten Bedingungen arbeiten, überleben wird? Daran zweifeln wir. Deshalb wollen wir euch auf diesem Wege kurz über uns und unsere Arbeit, durch die wir mit euch verbunden sind, berichten.
. . . Unsere Losung war: Mit Würde leben und sterben!
In Ghettos und Lagern bemühten wir uns, dieser Losung zu entsprechen. Es drückt sich in der weit verzweigten Kulturarbeit aus. Trotz größtem Terror, äußerstem Hunger und bitterster Not führten wir sie durch bis zum Märtyertod des polnischen Judentums. In dem Moment, als das Warschauer Ghetto hermetisch abgeriegelt wurde, entstand die Untergrund-Kultur-Organisation „IKOR" (Jüdische Kultur Organisation) und begann, eine weitverzweigte Kulturtätigkeit auszuüben. Eg wurden Zirkel für wissenschaftliche Vorträge eingerichtet, Jubiläums-feiern für J. L. Perez
. . . Mit dem unschuldigen Namen „Oneg Schabat" (Sabbathfeier) wurde heimlich ein jüdisches Zentral-Archiv geschaffen, dessen Leiter Dr. Emanuel Ringelblum wurde. Dr. Ringelblum war auch der Gründer des Archivs. In aktiver Mitarbeit standen ihm zur Seite H. Wasser
Der „Bund" gab heraus: „Bulletin“, „Zeitfragen“, ,, Jugendstimme” (in yiddisch); „Für unsere und eure Freiheit", „Die neue Jugend“ (in polnisch) „Linke Poale Zion“ druckte: „Proletarischer Gedanke“, Jugendruf'(in yiddisch);
„Hashomer Hatzair"
Aber es gab noch viele andere.
Ein Teil dieser Blätter, die in Warschau erschienen, wurde in fast allen anderen Ghettos verbreitet, obwohl die Verbindung und der Transport außerordentlich schwierig waren.
. . . Selbst ein symphonisches Orchester mit einem ausgezeichneten Dirigenten, Szymon Pullman
Die anders waren 27. -28. Febraur 1941 Zu einem Juden, der seine Armbinde verloren hatte, sagte ein deutscher Offizier: „Sie, Jude, Sie haben das 20. Jahrhundert verloren
Mitte August 1941
Man erzählt, zwei Verwundete (deutsche Soldaten) hätten zwei jüdische Jungen beim Überklettern der Ghettomauer beobachtet und ihnen Beifall geklatscht. Als ein polnischer Polizist und zwei deutsche Gendarmen die beiden Kinder schlugen, riefen die Soldaten: „Du ausgefressener Schweinehund? Du Drückeberger!“
Eine ähnliche Geschichte erzählt man sich vom „Krasinski-Garten". Man warf Brot für die jüdischen Kinder hinüber, aber ein Polizist schlug auf die Kinder ein und die Soldaten pöbelten ihn an: „Du voll-gefressenes Schwein?"
August 1941 Es gab Deutsche, die durch das Ghetto fuhren und dort Brot für die Bettler zurückließen. Jemand „verliert“ auch wohl Brot, wenn er per Auto durchs Ghetto fährt. Ein anderer hält seinen Wagen gar an, ruft einen Jungen herbei und schenkt ihm Brot. Aber das sind seltene Fälle einer menschlichen Regung
III. „Aussiedlung"
Jürgen Stroops Einsatzkräfte
Jürgen Stroops Einsatzkräfte
So begann es
Am 22. Juli (1942) kamen um ca. 9 Uhr früh eine Anzahl PKWs und zwei LKWs mit ukrainischen Soldaten an. Das Gebäude des Juden-rates wurde sofort umzingelt und alle Eingänge besetzt. Den PKWs entstiegen mehr als zehn SS-Männer, die sofort zum ersten Stock hinauf-stiegen, also jenem Teil des Gebäudes zustrebten, wo der Vorsitzende des Judenrates Czerniakow amtierte. Im ganzen Hause herrschte Totenstille. Die Angestellten nahmen allgemein an, die Verhaftungen von Judenratsmitgliedern würden fortgesetzt. Am Vortage war um die gleiche Zeit ein großer Teil von ihnen verhaftet worden.
. . . Ich erblickte den Vorsitzenden hinter seinem Schreibtisch. Hohe SS-Offiziere waren anwesend, und als ich eintrat, wandte er sich an einen von ihnen, einen dicklichen Kahlkopf. Das war SS-Sturmbannführer Höfle
So begann die historische Sitzung, die über das Schiksal des War-schauer Judentums entscheiden sollte. An der einen Seite des Tisches in unserem Konferenzsaal saßen die Männer der „Aktion Reinhard“ mit Höfle an der Spitze. Von den übrigen Gesichtern war dem Judenrat nur das des SS-Untersturmführers Brandt
Es war 9. 30 Uhr.
.. . Höfle begann mit folgenden Worten: „Mit dem heutigen Tage beginnt die Aussiedlung der Juden aus Warschau. Ihr wißt, hier gibt es zu viele Juden. Euch, den Judenrat, beauftrage ich, dieses Werk durchzuführen. Schafft Ihr Eure Aufgabe nicht, hängt Ihr selbst in der Schlinge.“
Brot und Marmelade als Köder für die Hungernden
Bekanntmachung:
Hiermit bringe ich denjenigen Einwohnern, die laut Regierungsbefehl zur Umsiedlung bestimmt sind, zur Kenntnis, daß jeder, der sich am 29., 30. und 31. Juli freiwillig zur Umsiedlung bereit meldet, mit Lebensmitteln — 3 kg Brot und 1 kg Marmelade — versehen wird. Der Sammelplatz, auf dem auch die Verpflegung ausgegeben wird, befindet sich an der Ecke Stawski und Dzikastraße.
Warschau, den 29. Juli 1942 Chef der Miliz Fünftausend pro Tag
I
Seit dem 22. 7. (1942) fährt täglich ein Zug mit je 5 000 Juden von Warschau über Malkinia nach Treblinka
II
Mit besonderer Freude habe ich von Ihrer Mitteilung Kenntnis genommen, daß nun schon seit 14 Tagen täglich ein Zug mit je 5 000 Angehörigen des auserwählten Volkes nach Treblinka fährt ... Ich habe von mir aus mit den beteiligten Stellen Fühlung genommen, so daß eine reibungslose Durchführung der gesamten Maßnahmen gewährleistet erscheint.
Czerniakows Selbstmord
Am zweiten Tage der „Umsiedlungsaktion" beging der Vorsitzende des Judenrates — Adam Czerniakow — Selbstmord. Ihm war zweifelsohne klar, daß die „Umsiedlung" nach dem Osten für Hunderttausende den Tod in einer Gaskammer bedeutete. Er lehnte jede Verantwortung dafür ab, sah sich jedoch außerstande, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und beschloß daher, aus dem Leben zu gehen. Wir waren damals der Ansicht, er hätte kein Recht dazu und hielten es für seine Pflicht, die Bevölkerung über das ihr tatsächlich Bevorstehende aufzuklären. Auf ihn, die einzige Persönlichkeit mit großer Autorität, hörte man im Ghetto. Er allein hätte alle Ghetto-Institutionen, besonders die jüdische Polizei, die vom Judenrat ins Leben gerufen worden war, und ihm unterstand, auflösen sollen.
Wer unrasiert ist, wird „ausgesiedelt"
Als gegen Mitte August 1942 die großen „Aussiedlungen" im vollen Gange waren, gehörte ich zu einer Gruppe von einigen tausend Juden, die in der kleinen Fabrik der Gebrüder Landau Schutz suchten. Die Fabrik lag in der Gesiastraße. Man schlief fast übereinander auf den Dielen oder Sägespänen. Die meisten von uns litten unter mangelhafter Ernährung oder Ruhr. Unsere Lage war ziemlich schlimm. Die Deutschen hatten inzwischen die aussiedlungsbereiten, aller Schutzbriefe baren Reserven erschöpft und begannen die Fabriken „auszukämmen". Bei uns „kämmten“ sie an einem Tage fast alle Frauen und Kinder (etwa 300 Personen) aus. Das „Auskämmen“ wurde immer häufiger. Man befahl uns stets, im Hof anzutreten, und der SS-Offizier suchte sich dann nach Lust und Laune seine Opfer aus den Reihen heraus. So deutete er eines Tages auch auf alle diejenigen, die schlecht rasiert waren.
Janusz Korczaks letzter Weg
Dezember 1942 Die jüdischen Pädagogen starben im Dienst. Sie konnten den Nachrichten aus der Provinz deutlich entnehmen, was überall mit jüdischen Waisen und Waisenhäusern geschah. An derartige Heime wurde nämlich zuerst Hand gelegt. Doch das schreckte die Lehrer und auch das Personal nicht ab, bis zum Schluß auf ihren Posten auszuharren, als die Aktion sich auf die Kinderheime ausdehnte. Durch Intervention beim Vorsitzenden des Judenrates — Czerniakow — und bei dem Leiter des Ordnungsdienstes, der die „Aktion“ durchzuführen hatte, gelang es den Leitern der „Centos“ -Organisation
Dem Leiter des mustergültigen Kinderheims auf der Milnastraße 18 erging es ebenso. Auch er ließ seine Schutzbefohlenen bis zum letzten Augenblick nicht im Stich, zog mit ihnen gemeinsam auf den „Umschlagplatz" und von dort weiter nach Treblinka. Vor diesem nutzlosen, aber vielleicht doch notwendigen Märtyrertum unserer besten Pädagogen neigen wir uns in Ehrfurcht. Ärzte und Krankenschwestern
Dezember 1942 Wir gedachten des still-leidenden Heldentums unserer Pädagogen mit dem berühmten Dr. Korczak an der Spitze. Wir berichteten, wie sie freiwillig in den Tod gingen und die Kinder begleiteten, die sie jahrelang erzogen hatten.
Ganz ähnlich verhielten sich auch die jüdischen Ärzte und Schwestern des Jüdischen Krankenhauses auf der Stawskistraße. Während der drei Kriegsjahre war das Krankenhaus einige Male verlegt worden. Als die Aussiedlungen begonnen hatten, wurde es dem „Umschlagplatz" gegenüber, auf die Stawskistraße verlegt. Es grenzte sogar an den „Umschlagplatz“. Man hörte den Lärm und die Schreie der unglücklichen Ausgesiedelten, und alle wußten, daß dieser Kelch auch am Krankenhaus nicht vorübergehen würde. Aus Lublin und anderen Städten, aus der ganzen Provinz, war eine Vielzahl ähnlicher Fälle bekannt. Dieserhalb verließ ein Teil der Ärzte und Schwestern auch das Krankenhaus. Eine Gruppe von einigen Dutzend Ärzten und Schwestern fand sich jedoch, welche die Kranken auch bis zum letzten Augenblick nicht im Stich ließen. Als der tragische Moment kam, und man vielleicht tausend Kranke in die Waggons verfrachtete, begleiteten sehr viele Ärzte und Schwestern ihre Patienten freiwillig.
Hillel Zeitlins Tod
Freitag, den 11. September 1942 Vorabend des Rosh-Hashana (Neujahr)
Unbedeutender kleiner Nachtrag: Unter den deportierten Kranken befindet sich auch Hillel Zeitlin. Ich bin fassungslos vor Entsetzen. Hillel Zeitlin, der aufrechte, mutige Kämpfer für die Wahrheit, der Inbegriff alles Edlen und Erhabenen im jüdischen Leben! Der ehrliche Mahner. Ein großer Jude! Mich übermannt der Schmerz, wenn ich seines reinen, erhabenen jüdischen Namens gedenke. Ich bin zutiefst betroffen. „So ist die Mutter gestorben“
Höre Tamara!
Wahrscheinlich bist du jetzt ein erwachsener, vernünftiger Mensch, beherrscht vielleicht schon ausgezeichnet Hebräisch und arbeitet in einem Kibutz
Ich schreibe polnisch, denn hebräisch sprach ich nie mit dir, und du kennst diese Sprache ja auch noch nicht so lange. Aber das macht nichts. Mir ist jetzt alles erlaubt, denn ich bin schon „jenseits von Gut und Böse“. . .
Wo soll ich beginnen?
Ich will bei der Mutter anfangen. Am 10. Tag der „Aktion“
Früh am Morgen — es war ein Freitag — kam die Mutter in die Nalewkistraße, wo ich mit Cywia und Icchak
Idi lief sofort in die Lesznostraße, aber der Autobus war schon fort. Deshalb lief ich zum „Umschlagplatz“ weiter und versprach dort den Polizisten Geld, wenn sie die Mutter suchten. Man hat sie jedoch nicht gefunden. Wahrscheinlich meldete sie sich aus Angst nicht. Erst als sie schon im Autobus saß, hat sie gerufen: „Geht und sagt auf der Dzielnastraße 34 Bescheid!“
Nun, man überbrachte die Nachricht, aber was nützte das! Ich muß ehrlich gestehen, ich habe nicht alles versucht, sie herauszuholen. Eines Tages hätte es sie doch erwischt. Morgen, in einer Woche — in einem Monat. Selebstverständlich hatte sie alle möglichen Arbeitsbescheinigungen und Ausweise. Aber all das hatte keinen Zweck. Sie mußte eines Tages geschnappt werden. Jeder von uns muß — muß — eines Tages dran glauben. So oder so! Das kann nicht anders sein. Jeden Tag schleppte man tausende von Müttern, Vätern und Kindern fort. Warum sollte unsere Mutter eine Ausnahme sein. . . . Weißt du, wie man in Treblinka stirbt? Das muß man nämlich wissen!
/. . . Lind zwar so: Die Eisenbahnwagen rollen auf einem besonderen Gleis bis ans Mordhaus heran. Die Männer bringt man sofort an Ort und Stelle (im Winter ist es eine Baracke). Frauen und Kinder kommen woanders hin. Dann müssen sie sich entkleiden. Nagaikas — Maschinen-pistolen! Jeder muß sein Bündel Kleider auf einen bestimmten Platz hinlegen. Dann bekommt er eine Nummer. So schickt man ihn zur Arbeit -versteht sich. Vorher aber muß er noch eine Entlausung durchmachen. (Der Kommandant des Lagers Wolkowisk pflegt zu sagen: „Die modernste Entlausung in Europa!“) Sie gehen hinein. Nach etwa einer Minute ertönt plötzlich schreckliches Geschrei. Aber nur kurz. Durch einen Hebelgriff öffnet sich ein Riesenmaul und verschlingt die Menschen, die später im Krematorium verbrannt werden. Der ganze Vorgang dauert nur ein paar Minuten. (Bekannte von Wanda, „gute“ Deutsche, sagen: „Was ist dabei so schrecklich? Die Unsrigen fallen doch an der Front. Lind es tut ja auch dort nicht so weh. Es geht schnell.“)
Juden, die vorher ausgesucht werden, sammeln unter der Aufsicht von Ukrainern das Gold, die Devisen und Juwelen ein. Sie sortieren die Kleidung und verladen sie in Waggons. Sie holen auch die Asche aus dem Krematorium. Lind dann schickt man auch sie zur Entlausung. Manchmal glückt es einem von ihnen, sich unter den Lumpen im Waggon zu verstecken. Von so einem erfährt man später dann alles.
. . . Lind so ist also auch die Mutter gestorben.
Es ist 11 Uhr als ich mit anderen auf der Gesiastraße gehe. Brandt persönlich führt uns allein. Sein Gesicht ist zu einem sadistischen Lächeln verzogen. Unter seinen bösen Augen zittern die Tränensäcke. Ich kann das Spiel der Adern auf seinem Handrücken genau erkennen Gleichzeitig wundere ich mich, das mein Hirn immer noch „journalistische“ Eindrücke registriert, daß bei mir die Wahrnehmungsfähigkeit überhaupt noch existiert.
Wenn ich überlebe, — schreibe ich alles nieder. Aber es gibt keine Chance zum Überleben. Brandt führt uns an die Mauer.
Ein Adjutnat des Oberhenkers ruft: „Hände hoch!“ Man untersucht uns. Als ich meine Hände hoch halte, wird die Uhr, die ich trage, sichtbar. Brandt persönlich reißt sie mir ab. Er zerrt sehr kräftig, denn das Armband will nicht nachgeben. Er hat es abgerissen. Mit einer Diebesbewegung läßt er die Uhr in seine Tasche gleiten. Die Leibesvisitation dauert an. Ein mächtiger Polizist dreht mir die Taschen um. Sie nehmen einem alles fort. Geld, Bleistift, Papiere. „Was ist das?“ „Eine Fotografie.“ Das einzige Bild meiner Schwester, die schon nicht mehr lebt Blitzschnell zerreißt der Polizist das Foto. Instinktiv strecke ich meine Hand aus, um das Andenken zu schützen. Im gleichen Augenblick bekomme ich einen Schlag ins Gesicht. Die Ohrfeige brennt. Ich höre Brandts Lachen. Er meint, ich brauche keine Andenken und keine „Geliebte“ mehr.
Inmitten anderer werde ich zur bereits an der Mauer stehenden Menge hingeschoben.
Vom Hof in der Zamenhofastraße 19, wo der Judenrat ist, ertönt dauernd das Knattern kurzer Maschinengewehrsalven. Ein kurzes Auf-jaulen — Pause — dann wieder eine Salve.
Was geschieht dort? . . .
Jene, die vor uns an der Mauer standen, meinen, dort auf dem Hof fänden Exekutionen statt. Man erschießt. Man legt um.
Wen? . . .
Verschiedene. Alte Leute und auch Kinder nehmen sie zum Erschießen. Junge Leute suchen sie aus der an der Mauer zusammengepferchten Masse ebenfalls heraus. Ob das bedeutet, daß man eine Auswahl unter uns trifft?
Streiflichter vom „Umschlagplatz“
(Sammelplatz zur Deportation) Brandt und seine Henkersknechte schlendern zwischen dem Schauplatz des Blutbades und unserem Platz hin und her. Sie betrachten die Leute eingehend und treffen ihre Auswahl für den Tod.
In der Sprache des Ghettos heißt so etwas „Selektion“. Mit dem Zeigefinger winkt der Henker das Opfer aus der Reihe. Ein kurzes: „Komm! Komm!“ Der Zeigefinger biegt sich nach unten und der Mensch marschiert in den Tod. Er geht mit hölzernen Schritten. Nicht etwa, daß er zurückschreckte, nein, fast schnell geht er.
Immer häufiger ertönen die Salven vom Hof, der zur Richtstatt wurde, herüber. Von unserer Mauer bis zu jenem Hof sind es etwa 100 Meter. . . . Wieder erscheint Brandt. Wieder sein: „-Komm! Komm!“ Der herrische Finger winkt und die Menschen gehen in den Tod. Die Menge an der Mauer der Gesiastraße wird immer lichter, immer kleiner. Brandt ist wieder fort. Ein SS-Mann taucht auf und mit ihm eine Abteilung Ukrainer. Der Befehl heißt: „Zum Umschlagplatz!“ Wir werden in Dreier-Reihen aufgestellt. Ohne Dreier-Reihen geht es nicht. Das verlangt die deutsche Marschvorschrift. Auch die Opfer der Deutschen sind dazu verpflichtet. Wir gehen los. Von der einen Richtstätte ziehen wir zur anderen. Die Caprice eines SS-Mannes schiebt unseren Tod hinaus. Er entreißt uns den Krallen Brandts.
„Schnell, schnell, schneller!“ Gebrüll aus voller Kehle. Die Peitsche zischt durch die Luft. Der Kolbenhieb eines ukrainischen Handlangers wirft mich um.
Im Straßenstaub wandern wir zu dritt den Weg, auf dem vor uns schon Hunderttausende gepeinigt wurden. Wir marschieren durch die Zamenhofastraße. Durch die Wolynskastraße kommen wir nicht, aber durch die Mylastraße und Muranowskastraße. Wir gehen den Weg der jüdischen Qualen.
Wir langen am finsteren Gebäude des „Umschlagplatzes", dieser Leichenhalle an, die so ungeheuerlichen Schmerz, soviel Pein, Leid und Morden sah.
Umschlagplatz! Ein schreckliches Wort und eine entsetzliche Tatsache! Vor dem Eingang nochmals eine Durchsuchung.
Die uns Untersuchenden sind enttäuscht, daß man uns bereits früher ausgeplündert hat. Sie sind wütend. Schläge treffen uns. Die Ukrainer haben Knuten. Sie stehen sich in zwei Reihen gegenüber und bilden so einen Gang, durch den wir hindurch müssen.
Sie schlagen während wir gehen bis aufs Blut.
Notiere! Vergiß das nicht, sage ich mir.
Lind doch werde ich das nie beschreiben.
Wir betreten das Gebäude. Schmutz, Armseligkeit und der Gestank menschlicher Ausdünstungen. Die großen Räume sind bereits überfüllt, Die Menschen sitzen auf dem Boden, denn es gibt kein Mobiliar. Man muß mit der Erde vorliebnehmen. Stehen ist verboten. Ein Deutscher ist in dem Gebäude nicht zu erblicken. Hier herrschen die Ukrainer. Sie erlauben einem nicht, für eine Sekunde aufzustehen. Sie zwängen sich durch die Menge und teilen Fußtritte aus.
Das dauernde Sitzen ist unerträglich. Aufzublicken, nur um den Schritten des Postens nachzusehen, ist furchtbar für mich.
Der niedergeknüttelte Willen, die bespieene Würde, werden noch tiefer gezwungen. Ich habe nur noch eine Sehnsucht: schneller! Möge ich das alles schneller hinter mich bringen!
Lachend stopfen die Ukrainer in die ohnehin überfüllten Räume immer neue Menschenherden hinein. Eine Gruppe von Frauen kommt. Ihre Kleidung ist durchnäßt. Die nassen Haare kleben an ihren Wangen. Die Deutschen hatten ihr Kellerversteck so voll Wasser laufen lassen, bis sie herauskommen mußten. Man zerrte sie hervor.
... Ich falle in Halbschlaf.
Es dämmert und ich erwache. Menschen liegen auf der Erde. Unter den noch Lebenden auch die Leiche einer erschossenen Frau.
Das vierjährige Kind kriecht um die tote Mutter herum. Es weint nicht. Nein, es lacht. Es schiebt die Fingerchen in den offenen Mund der Leiche, zieht die Unterlippe und lacht dazu. Niemand rührt sich.
Niemand holt das Kind fort. Die Ukrainer kommen wieder herein. Lustig, gemein. . . . Die Ukrainer beginnen wieder zu filzen. Sie verlangen, man solle das Geld herausrücken. Sie drohen mit Erschießen, falls man es ihnen nicht gutwillig gebe. Die Ängstlichen bringen ihr Geld zum Vorschein, die anderen werden gefilzt.
Ein junges Mädchen, armselig und ausgemergelt, versichert mit Tränen in den Augen, sie besitze nichts.
Sie muß aufstehen, damit die Ukrainer sie filzen können. „Ach. bist du dünn,“ sagt der eine. „Ich liebe Dicke. Solche . . ." Und er zeigt, wie dick. Er sucht eine andere aus der Menge heraus und tastet sie wirklich gemein ab. Sie muß die Beine spreizen. „Dort versteckt ihr alles,“ sagt er.
Niemand erhebt sich. Niemand rafft sich auf. Niemand stößt die brutalen Hände fort.
Ein SS-Mann erscheint. Jung. Vielleicht ist er 19 Jahre alt. Ein kindliches, rosiges Gesichtchen. Ein fast weiblich zarter Mund. Er trägt weiße Glacehandschuhe, ist gut rasiert und duftet. Mit einer Grimasse des Widerwillens sieht er auf die Frauenleiche und befiehlt, sie fortzuschaffen. Er ist für Sauberkeit; deswegen läßt er die Toiletten reinigen und wählt für die Arbeit zehn Mann aus. Aber Bürsten oder Lappen gibt es nicht. So ordnet der SS-Mann mit dem rosigen Gesicht an, die Exkremente mit den Händen fortzuschaffen. Aus entsprechendem Abstand überwacht er die Arbeit dann selbst und klopft dabei den Staub von seiner Uniform. Die gut gewichsten Stiefel glänzen.
Einer fiel beim Abtrittreinigen in Ohnmacht. Wütend gibt der SS-Mann mit den blankgeputzten Stiefeln dem Ohnmächtigen einen Fußtritt. Vom Ghetto werden immer mehr Menschen herbeigetrieben. Manche von ihnen sind nicht zum erstenmal auf dem „Umschlagplatz“. Sie wurden bereits bei früheren „Aktionen“ hierhergeschleppt, doch gelang es ihnen, wieder zu entfliehen.
. . . Wir versuchen, einen Ukrainer zu bestechen. Er soll uns zur Flucht verhelfen. Anfangs lehnt er es entschieden ab. Später geht er jedoch darauf ein. Er will uns einzeln hinausführen. Aber das kann erst später geschehen. Wir warten also.
Nach einer Stunde kommt der Ukrainer zurück und bringt den ersten der zur Flucht Entschlossenen hinaus. Das Geld muß im voraus bezahlt werden. Der Ukrainer bringt ihn auf den Flur. Dort trifft der Schuß den Fliehenden in den Hinterkopf.
Die Posten lachen. In einer dunklen Flurecke teilen sie das Geld unter sich.
Die „Umsiedlung“ ist abgeschlossen
Die Umsiedlung im jüdischen Wohnbezirk der Stadt Warschau ist Ende September vorläufig abgeschlossen worden. Es sind etwa 3 5 000 Juden im jüdischen Wohnbezirk in Warschau zurückgeblieben. Hierbei handelt es sich fast ausschließlich um Arbeiter der noch zurückgelassenen Rüstungsbetriebe.
Insgesamt sind etwa 400 000 Juden aus Warschau evakuiert worden. Da früher zeitweise über 540 000 Juden in der Stadt Warschau gewesen sind, hat sich somit die Bevölkerung der Stadt Warschau um etwa eine halbe Million verringert.
Die Beute
Ich habe heute mit SS-Gruppenführer Krüger wegen Maschinen und Materialien in den Judenghettos folgende Regelung vereinbart: morgen oder übermorgen treffen bei SS-Oberführer von Sammern in Warschau drei maschinenkundige Führer des SS-Wirtschafts-Verwaltungs-Hauptamtes ein. SS-Oberführer von Sammern wird mit jüdischen Hilfskräften das gesamte Ghetto durchkämmen und sämtliche vorhandenen Ma-schinen an verschiedenen Plätzen sammeln. Dort werden sie von meinen Fachleuten gesichtet, ob für SS-Betriebe geeignet oder nicht. Die für uns geeigneten Maschinen werden alsdann entweder sofort in unsere vorhandenen Betriebe gebracht oder für den zukünftigen Aufbau neuer Betriebe gelagert. Die nicht geeigneten Maschinen werden entweder der Rüstungsinspektion angeboten oder zur Verschrottung verkauft.
Diese Aktion rollt spätestens ab 7. Dezember 1942. Ich bitte um Einverständnis.
Berlin, 4. 12. 1942
Pohl
Geheim Aus Sicherheitsgründen ordne ich an, daß das Ghetto Warschau nach der Herausverlagerung des Konzentrationslagers abzureißen ist, wobei alle irgendwie verwertbaren Teile der Häuser und Materialien aller Art vorher zu verwerten sind.
Die Niederlegung des Ghettos und die Unterbringung des Konzentrationslagers ist notwendig, da wir Warschau sonst wohl niemals zur Ruhe bringen werden und das Verbrecherwesen bei Verbleiben des Ghettos nicht ausgerottet werden kann.
Für die Niederlegung des Ghettos ist mir ein Gesamtplan vorzulegen. Auf jeden Fall muß erreicht werden, daß der für 500 000 Untermenschen bisher vorhandene Wohnraum, der für Deutsche niemals geeignet ist, von der Bildfläche verschwindet und die Millionenstadt Warschau, die immer ein gefährlicher Herd der Zersetzung und des Aufstandes ist, verkleinert wird. Himmler
SS-Oberführer von Sammern ist großzügig
Geheim Unter Bezugnahme auf meine am 11. d. M. gemachten Ausführungen ordne ich an, daß sofort mit größter Energie alle noch in den einzelnen Städten bzw. auf dem Lande befindlichen Juden, besonders die ohne Armbinde sich frei bewegenden, die also durch die bisherigen Aussiedlungsaktionen nicht erfaßt werden konnten, festzustellen und der Gendarmerie zur Liquidierung zuzuführen sind.
Für diese Aufgabe sind in erster Linie Sonderdienst, polnische Polizei und etwa vorhandene V-Männer einzuspannen. Auch die polnische Bevölkerung selbst kann in weitestem Maße für diese Feststellungen herangezogen werden.
Bei der Festnahme solcher Juden sind deren Vermögenswerte dem zuständigen Gendarmerie-Zugführer zuzuführen und diese Werte, ohne Unterschied, ob Mobilien, Bargeld oder sonstige Wertgegenstände, meiner Werterfassung, die ich im Auftrage des Reichsführers-SS als Reichs-kommissar für die Festigung deutschen Volkstums für den gesamten Distrikt Warschau durchzuführen habe, zu übergeben. Die Gendarmerie-Zugführer haben diese Werte in einem Verzeichnis aufzunehmen und bis zu meiner weiteren Verfügung in einem geeigneten Lager sicherzustellen und entsprechend zu bewachen.
Die Personen, die für die Verhaftung und Liquidierung dieser Juden entsprechende Angaben gemacht haben, erhalten in jedem einzelnen Falle bis zu einem Drittel des zustande gebrachten Vermögens des von ihnen namhaft gemachten Juden. Diese Prämienansprüche sind beim Gendarmerie-Zugführer anzumelden und von diesem nach meiner Genehmigung zur Verteilung zu bringen.
Ich bitte, diese Aktion nach Rücksprache mit den zuständigen Gendarmerie-Zugführern nach Ihrem eigenen Ermessen zu organisieren.
Der SS-und Polizeiführer im Distrikt Warschau von Sammern
SS-Oberführer Festigung deutschen Volkstums
In der Anlage wird Ihnen Durchschlag einer Niederschrift über die für den Distrikt Warschau bindende Vereinbarung betr. Verwaltung und Verwertung jüdischen Vermögens zugestellt. Diese Vereinbarung bezieht sich sowohl auf unbewegliche wie auch auf bewegliche Sachwerte. Sie entnehmen daraus, daß auf Grund der zwischen dem Staatssekretär für das Sicherheitswesen, SS-Obergruppenführer und General der Polizei Krüger, und dem Staatssekretär der Regierung, Herrn Dr. Bühler, getroffenen Stoppverordnung jedwede beabsichtigte Verwertung jüdischer Immobilien mir als dem Beauftragten des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums anzuzeigen ist und nur in meinem Benehmen eine Verwertung durchgeführt werden kann. Hinsichtlich jüdischer Mobilien aller Art, also auch solcher, die außerhalb der ehemaligen jüdischen Wohnbezirke festgestellt werden, bin ich allein zuständig und sind mir auch in dieser Hinsicht alle geplanten Verwertungen zur Genehmigung vorzulegen.
Ich verweise diesbezüglich ganz besonders auf mein Rundschreiben vom 13. 3. 43 — Tgb. Nr. 347/43 geh. —.
Der SS-und Polizeiführer im Distrikt Warschau von Sammern SS-Oberführer Das Ende des Judenrates
Auf der Niskastraße gibt es wieder etwas Neues. Vom „Umschlagplatz“ kam ein Jude zurück und berichtete, man habe die Führer des Judenrates erschossen. Bevor die Deutschen überhaupt ins Ghetto einrückten
Wielikowski versuchte, sich zu retten und zeigte seinen „Schutzbrief“, der ihm vom Warschauer Gouverneur ausgestellt wurde, vor. Der SS-Offizier jedoch entriß ihm das Papier und schlug es ihm ins Gesicht. Dann zerfetzte er es in kleine Schnipsel und erschoß ihn.
Die Leichen der Erschossenen blieben neben den Mülltonnen liegen.
Edward Kobryner wurde vorher aus der Reihe herausgerufen. Ihn verlud man in einen Waggon der „Aussiedlung“.
Damit ist das Kapitel „Judenrat“ in Warschau beendet. Anhang
X
hat mich beauftragt, Ihnen, Zygelboim
Das ist die Ansicht von X und allen anderen hier.
IV. Die Jüdische Kampforganisation (J. K O.)
Die ersten Schritte
Im März 1942 berief nach entsprechenden Vorbereitungen der „Hechaluz"
eine Vorkonferenz der politischen Parteien ein, an der teilnahmen: Leiser Levin und Schalom Grajek (Poale Zion)
Der „Hechaluz" -Abgeordnete erstattete Bericht über die neuesten Nachrichten, die aus den Ost-und Westgebieten eingetroffen waren. Seine Beurteilung der Lage war die, daß er annahm, es handele sich um den Beginn einer Aktion, die eine völlige Ausrottung des polnischen Judentums zum Ziele habe. Dann unterbreitete er folgende Vorschläge: a) Die Schaffung einer allgemeinen jüdischen Kampforganisation; b) Einheitliche gemeinsame Führung sämtlicher jüdischer Parteien und Jugendorganisationen, welche das Judentum in der polnischen Untergrundbewegung repräsentiert, soweit es den zivilen Sektor betrifft, und Entsendung von Vertretern der jüdischen Kampforganisation zur militärischen polnischen Untergrundbewegung; c) Aufbau eines Organisations-Apparates auf der „arischen“ Seite mit dem Ziel, Waffen zu beschaffen; Einrichtung von Munitionswerkstätten im Ghetto.
Nur ein Revolver
Am 18. Juli 1942 berief „Hechaluz“ gemeinsam mit den dazugehörigen Jugendorganisationen „Hashomer Hazair“, „Dror" und „Akiba“
Dem Befehlsstab gehörten an: Bressler
Die Aufgabe dieser Delegation bestand darin, Verbindungen zur polnischen Untergrundbewegung zu schaffen und Waffen für das Ghetto zu organisieren.
Die Kampforganisation war entstanden. Die Bewaffnung des Ghettos aber bestand in einem Revolver.
Ein schwarzer Tag
Ein Fluch lag auf unseren Unternehmen. Am 3. 9. (1942) verhaftete die Gestapo Josef Kaplan
Todesurteil für jüdische Verräter
Erklärung Der Öffentlichkeit wird hiermit bekanntgegeben, daß das Urteil an Jakob Lejkin
Weitere Maßnahmen werden rücksichtslos durchgeführt werden. Gleichzeitig wird die Öffentlichkeit davon unterrichtet, daß unter Anklage gestellt worden sind: 1. Das Präsidium des „Judenrats“ in Warschau wegen Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht und Unterzeichnung des Aussiedlungsaktes, 2. die Leiter und die Verwaltung der „Schöps"
Die Vergeltungsmaßnahmen werden rücksichtslos durchgeführt werden. Warschau, den 23. 10. 1942
Aufruf der J. K. O. Anfang Januar 1943
Seid zur Tat bereit! Seid wach!
Wir stehen zum Kampf auf.
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, das Volk zu erwecken und wollen ihm die Losung zurufen:
Wacht auf und kämpft!
Ihr dürft die Hoffnung auf Rettung nicht verlieren, aber ihr sollt wissen, daß diese Rettung nicht auf dem willenlosen Weg zum Tode liegt!
Sie verlangt Höheres: den Kampf!
Wappnet euch mit Mut zu waghalsigen Taten! Fort mit dem schändlichen Hinnehmen des Satzes: Wir sind doch alle zum Tode verurteilt.
Das ist nicht wahr!
Audi uns wurde das Leben geschenkt. Wir haben ein Recht darauf. Aber wir müssen dafür zu kämpfen verstehen. Wenn es einem leicht gemacht wird, ist es keine Kunst zu leben. Es wird erst dann zur Kunst, wenn man es uns entreißen will.
Erwache Volk! Kämpfe um dein Leben!
Möge jede Mutter zur Löwin werden, die ihre Jungen verteidigt!
Kein Vater sollte dem Tod seines Kindes zusehen!
Die Schande des ersten Aktes unserer Ausrottung darf sich nicht wiederholen.
Nieder mit Kleinmut und Unglauben! Nieder mit unserem Sklaven-geist! Für jedes jüdische Leben soll der Feind mit seinem eigenen Blut zahlen!
Jedes Haus werde zur Festung!
Erwache Volk, und kämpfe!
Im Kampf liegt die Rettung!
Nur wer um sein Leben kämpft, hat Aussicht auf Rettung!
Wir stehen auf zum Kampf ums Leben der unbeholfenen Massen. Wir wollen ihnen Rettung bringen und sie zur Tat aufrütteln. Wir kämpfen nicht nur um unser eigenes Leben; das wollen wir erst dann retten, wenn wir unsere Pflicht erfüllt haben. Solange das Leben von auch nur einem einzigen Juden in Gefahr ist, müssen wir auf dem Posten stehen und kämpfen. LInsere Losung heißt:
„Kein einziger Jude soll mehr nach Treblinka kommen!"
Nieder mit den Verrätern unseres eigenen Volkes!
Bis zum letzten Blutstropfen rücksichtsloser Kampf gegen die Besatzung! Rafft euch zur Tat auf!
Seid wach!
Der erste Widerstand
Am 18. Januar 1943 wurde das Ghetto erneut abgeriegelt. Die „zweite Liquidation" begann. Diesmal aber gelang es den Deutschen nicht, ihr Vorhaben ungestraft auszuführen. Vier Kampfgruppen hatten sich hinter den Barrikaden verschanzt und lieferten ihnen den ersten bewaffneten Widerstand im Ghetto.
Ihre Feuertaufe erhielt die Jüdische Kampforganisation im ersten großen Straßenkampf an der Ecke Mila-und Zamenhofastraße. Der größte Teil der Organisation kam dort ums Leben. Wie durch ein Wunder — er verhielt sich wahrhaft heldenhaft — überlebte der Kommandant der Jüdischen Kampforganisation, Mordechaj Anielewicz, die Schlacht. Wir lernten aus ihr, daß Straßenkämpfe für uns zu verlustreich sein würden. Dazu waren wir nicht genügend vorbereitet und vor allem nicht mit den erforderlichen Waffen ausgerüstet. Deshalb gingen wir zur Partisanentaktik über. In den Häusern Zamenhofastraße 40, Muranowska 44, Milastraße 34 und Franziskanskastraße 22 kam es zu größeren Zusammenstößen. Auf dem Gelände der Firma Schultz griffen Partisanen SS-Leute an, die mit den Deportationen beschäftigt waren. ... Im Verlauf des Januar beteiligten sich nur fünf der aufgestellten Kampfgruppen an Aktionen. Alle anderen Gruppen waren zum Zeitpunkt, als die Deutschen ins Ghetto einrückten, nicht beisammen. Sie wurden überrascht und kamen nicht mehr dazu, ihre Posten zu beziehen, wo auch die Waffen versteckt lagen.
. . . Die Anzahl der durch Kugeln der Jüdischen Kampforganisation getöteten Deutschen war jedoch nicht das einzig Wichtige. Von weit größerer Bedeutung war, daß ein psychologischer Wendepunkt erreicht wurde. Allein die Tatsache, daß die Deutschen durch den unerwarteten Widerstand — so schwach er auch war — gezwungen wurden, ihren „Deportierungs" -Plan abzubrechen, war von größtem Wert. Inzwischen liefen bereits Gerüchte und Legenden über „Hunderte“ von getöteten Deutschen und die „furchtbare" Macht der Jüdischen Kampforganisation in Warschau um. Die gesamte polnische Untergrundbewegung war für uns des Lobes voll .. .
. . . Ende Januar erhielten wir dann auch tatsächlich 50 große Pistolen und 50 Handgranaten vom polnischen militärischen Untergrund
und wir organisierten die Jüdische Kampforganisation von neuem.
Ende Januar 1943 ruft die J. K. O. zu weiterem Widerstand auf
An die jüdischen Volksmassen im Ghetto!
Am 22. Januar 1943 sind sechs Monate vergangen, seit die Aussiedlungen in Warschau begannen. Wir alle gedenken der Schreckenstage, in denen 300 000 unserer Brüder und Schwestern fortgeschleppt und im Todeslager Treblinka bestialisch umgebracht wurden. Sechs Monate lang lebte man nur in Todesangst und wußte nie, was der kommende Tag brächte. Von überall her erhielten wir Nachrichten über die Ausrottung der Juden im Generalgouvernement, in Deutschland und den besetzten Ländern. Jedesmal beim Hören dieser Trauerbotschaften, jeden Tag, warteten wir darauf, daß auch unsere Stunde gekommen sei. Heute wissen wir, die Hitlermörder ließen uns nur deshalb bisher am Leben, um unsere Arbeitskraft bis zum letzten Tropfen von Schweiß und Blut, bis zum letzten Atemzug auszunutzen. Wir sind Sklaven. Sobald einem aber ein Sklave nicht mehr von Nutzen ist, wird er einfach ausgerottet. Das sollte jeder von uns begreifen und sich ständig vor Augen halten.
Während der letzten Wochen wurden von Leuten gewisser Kreise Gerüchte verbreitet, die von Briefen wissen wollten, welche verschleppte Warschauer Juden schrieben. Angeblich sollen diese sich in Arbeitslagern bei Pinsk oder Bobruisk aufhalten.
Jüdische Volksmassen, glaubt nicht an solche Märchen! Sie wurden von jenen Juden ausgestreut, die im Dienste der Gestapo stehen. Damit verfolgen die blutigen Mörder ihr Ziel. Sie wollen die jüdische Bevölkerung dadurch beschwichtigen, um dann später die Aussiedlungen ohne Schwierigkeiten mit geringem Kraftaufwand und wenig deutschen Opfern durchführen zu können. Sie wollen verhindern, daß die Juden Verstecke suchen oder Widerstand leisten.
Juden, redet diese Lügen nicht nach!
Helft den Agenten nicht. Diesen verbrecherischen Gestapospitzeln wird es heimgezahlt werden.
Jüdische Volksmassen, die Stunde naht. Ihr müßt bereit zum Widerstand sein! Ihr dürft euch nicht wie die Hammel abschlachten lassen? Kein einziger Jude soll mehr in die Waggons verladen werden! Wer sich nicht aktiv am Widerstand beteiligen kann, soll ihn passiv leisten, das heißt, er soll sich verstecken. Wir erhielten jetzt eine Nachricht aus Lemberg, daß dort die jüdische Polizei selbständig eine Aussiedlung von 3 000 Juden durchführte
Jeder sei bereit, wie ein Mensch zu sterben!
Jedes Haus muß zur Festung werden
Informations-Bulletin
des Ghettos Nr. 912 27. Januar 1943 Im Hinblick auf die letzten Ereignisse im Ghetto
Die ersten Waffen
Mit einem größeren Waffentransport, der durch die Instanzen der polnischen militärischen Untergrundbewegung abgesandt wurde, kam unsere Hauptbewaffnung an. Sie bestand aus Revolvern, Handgranaten und Sprengmaterial
Zwischen Januar und April 1943
Während der kurzen Atempause vom 18. Januar bis 19. April widmete die jüdische Bevölkerung alle ihre Kräfte dem Bunkerbau In wilder Raserei wurden Stollen gegraben. Tags durchstreiften die Juden die Ruinen und suchten nach Brettern, Steinen und anderem Baumaterial. Die Nächte waren der Bauarbeit gewidmet. Wir strengten alle unsere Kräfte an, unsere Gaben und den Erfindergeist, um Bunker mit höchstmöglicher Stabilität und einigem Komfort zu schaffen. Es galt, so tief wie nur möglich zu graben und den Eingang gut zu tarnen. Meistens hatte jeder Bunker mehrere Eingänge, damit man entwischen konnte, falls die Deutschen einen Eingang entdeckten.
V. Der Aufstand
Der Kampf beginnt
Am 18. Arpril (1943) nachts begann der letzte Akt der Tragödie des Warschauer Ghettos. Die Jüdische Kampforganisation trat zur letzten Schlacht an. Mit deutschen, lettischen und ukrainischen Posten wurde um 2 Uhr nachts die Ghettomauer umstellt. Alle 2 5 mtr. stand ein Posten. Einzeln, zu zweit oder zu dritt tauchten die Deutschen im nicht bewohnten Teil des Ghettos auf, um so die Kämpfer und überhaupt die Bevölkerung zu überraschen. Um 2, 30 Uhr erhielten wir die ersten Berichte der von uns ausgeschickten Späher über die Konzentration größerer Truppeneinheiten auf dem Ghettogebiet. Um 4 Uhr morgens hatten alle unsere Kampfgruppen ihre Stellungen bereits bezogen. Sie waren bereit und entschlossen, den einmarschierenden Feind gebührend zu empfangen. Lim 6 Uhr früh rückten 2 000 schwerbewaffnete SS-Männer mit Panzern, kleinen Schnellfeuergeschützen sowie mit drei mit Munition beladenen Lastern und Ambulanzen ins Ghetto ein. Zusammen mit der Waffen-SS erschien der gesamte deutsche „Umsiedlungsstab", dem SS-Offiziere und Gestapo angehörten. Da waren Michelson, Handtke, Höfle, Miretschko, Bartetschko, Brandt und Mende
Gleichzeitig fand an der Ecke Mila-und Zamenhofstraße der größte Zusammenstoß statt. Unsere Kämpfer hatten sich an allen vier Ecken der Straße verschanzt und griffen die deutsche Hauptkolonne an, die dort ins Ghetto einzumarschieren begann.
Nach den ersten Salven eines Maschinengewehrs und einigen trefflich in die dichten Reihen der einrückenden SS geschleuderten Handgranaten, wurde die Straße leer. Man sah keine Uniform mehr. Sie zogen sich in die nahen Haustore zurück und nur einzelne Schüsse wurden gewechselt. 15 Minuten später rollten durch das „Wach“ tor Panzer herein. Sie fuhren direkt auf die Positionen unserer Kämpfer zu. Eine gut geschleuderte Flasche mit flüssigem Zündstoff traf einen Panzer. Sofort loderten die Flammen hell auf. Der Panzer war bereits außer Gefecht. Die Besatzung verbrannte bei lebendigem Leibe. Die beiden anderen kleinen Panzer machten sich schnell aus dem Staube und die vorher in Deckung gegangenen Deutschen liefen ihnen ganz benommen nach. Sie wurden noch mit einem Hagel von Handgranaten und Geschossen bedacht.
Der vorbereitete Feuerüberfall
Vor dem Beginn dieser Großaktion waren die Grenzen des ehemaligen jüdischen Wohnbezirks durch eine äußere Absperrung abgeriegelt, um einen Ausbruch der Juden zu vermeiden. Diese Absperrung bestand fortlaufend vom Beginn bis zum Ende der Aktion und war nachts noch besonders verstärkt.
Beim ersten Eindringen in das Ghetto gelang es den Juden, durch einen vorbereiteten Feuerüberfall die angesetzten Kräfte einschließlich Panzer-und Schützenpanzerwagen zurückzuschlagen.
Am 19. April im „Zentral-Ghetto"
Wir haben keinen Gefallenen zu beklagen. Die Deutschen schossen blindlings drauflos. Sie hatten Angst, hinter den Barrikaden hervorzukommen.
Wir aber haben beim Schießen genau gezielt. Wir sagten uns, keine einzige Kugel dürfe umsonst verschossen werden. So endete der erste Kampftag mit unserem Sieg. Am Abend erhielten wir dann Befehl, eine andere Stellung zu beziehen. Wir verließen unseren Posten, nachdem wir noch die „Werterfassungsstelle“ in der Nalewkistraße 3 3 angezündet hatten. Über die Dachstühle haben wir uns vorsichtig davongemacht.
Diese sind jetzt zum Hauptverbindungsweg des Ghettos geworden.
Die Bewaffnung
. . . Um entscheiden zu können, in welcher Zeit diese Betriebe geräumt werden konnten, waren eingehende Besichtigungen notwendig. Die bei diesen Besichtigungen festgestellten Zustände sind unbeschreiblich. Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgendwo anders ein größerer Wirrwarr bestanden haben kann als in dem Warschauer Ghetto. Die Juden hatten alles in ihren Händen, von chemischen Mitteln zur Anfertigung von Sprengstoffen angefangen bis zu Bekleidungs-und Ausrüstungsstücken der Wehrmacht. Die Betriebsführer hatten in ihren Betrieben so wenig Übersicht, daß es den Juden möglich war, innerhalb dieser Betriebe Kampfmittel aller Art, insbesondere Wurfgranaten und Molotow-Cocktails usw. herzustellen . . .
Aus dem Tagebuch eines Kämpfers
Dienstag, den 20. 4. 1943 Wir beziehen unsere Stellungen. Wir warten. Eine Stunde vergeht. Es vergehen zwei. Die Deutschen sammeln sich und beraten. Etliche höhere Offiziere sind inzwischen angefahren gekommen. Plötzlich hören wir Stimmen am Tor. Die Deutschen betreten den Hof. Sie marschieren im Gänsemarsch. Ihre Gesichter sind besorgt. Die Gewehre halten sie schußbereit. Eigentlich gehen sie nicht, sondern eilen im Laufschritt an den Mauern entlang. Mein Freund und ich lassen die ersten sechs passieren. Für so eine kleine Gruppe ist uns die Handgranate zu schade. Dann kommt eine ganze Gruppe. Wir haben zwei Handgranaten eigener Fabrikation, 10 Flaschen mit flüssigem Sprengstoff und Stutzen. „Salomon,
Aber eine halbe Stunde später erscheinen sie wieder. Wir empfangen sie mit Zündflaschen und Handgranaten. Sie feuern eine Salve und ziehen sich wieder zurück. Tote und Verwundete lassen sie liegen. Aber ein Soldat hat in unserer Stellung eines der Mädchen entdeckt und schreit: „Sieh mal, eine Frau!“ Alle schießen auf das Mädchen. Aber sie hält aus.
Frauen kämpfen
... Bei dem bewaffneten Widerstand waren die zu den Kampfgruppen gehörenden Weiber in gleicher Weise wie die Männer bewaffnet und zum Teil Angehörige der Haiuzzenbewegung
Lageberichte der J. K. O.
1 Lagebericht Nr. 2
2) Früh morgens begann man, um das Ghetto herum Panzerabwehr-geschütze und schwere Feldartillerie aufzustellen. Nachmittags gingen auch noch schwere Haubitzen in Stellung. Auf diese Weise eingekesselt, wurde das Ghetto schwer beschossen. Besonders in den Nachmittags-und Abendstunden verstärkte sich das Bombardement. Doch auch dieser starke deutsche Angriff schwächte den Mut der Bevölkerung in keiner Weise. Die Haltung, Disziplin und Organisation der Verteidigung sind bis jetzt musterhaft. Wenn die Kämpfenden nur sparsam von der Waffe Gebrauch machen, so erklärt sich dies durch den Mangel an Munition.
3) Wiederum wurden deutsche Fabriken und Lagerhäuser von den Kämpfern in Brand gesetzt. Unter anderen auch die große Gerberei auf der Swietojarskastraße. Bei den Geschützbemannungen entstehen ebenfalls Verluste, weil die Kämpfer sie von gewissen Häusern an der Ghettoperipherie aus mit Gewehr und Maschinenpistole angreifen. Einstweilen erlauben es die Deutschen im allgemeinen, daß sich die polnische Bevölkerung in gewissem Abstand um die Geschütze sammelt. Sie meinen — und das mit Recht — es würde die Kämpfer zu größerer Vorsicht veranlassen und sie sparsamer feuern lassen. 4) Hartnäckig anhaltenden Meldungen zufolge, sollen die Deutschen heute die Häftlinge aus dem Paviak
2) In allen übrigen immer noch recht großen Teilen des Ghettos konzentrieren sich straff organisierte Abteilungen der J. K. O. und halten die Verbindung untereinander aufrecht. In den nahe der Okopowastraße oder in der Nachbarschaft der Powazek liegenden Gegenden hat der Feind überhaupt noch keinen Großangriff gemacht. Dort fanden nur kleine erfolglose Zusammenstöße deutscher Abteilungen mir den Kämpfern statt. In jener Gegend herrschte bis zum Abend verhältnismäßige Ruhe. Erst abends warfen Flugzeuge eine Anzahl Brandbomben, die an verschiedenen Stellen des Ghettos Brände hervorriefen. Hauptsächlich in der Umgebung der Muranowska-, Gesia-, Nalewki-, und Okopowastraße. Das Ghetto brennt. Die Kämpfer ihrerseits zünden nämlich deutsche Fabriken und Lagerhäuser an. Die große Uniformwerkstatt war auch darunter. Die Detonationen, das Rattern der Maschinengewehre, das Dröhnen der Geschütze war während des Tages ein wenig schwächer geworden, zwischen 7 und 11 Uhr abends verstärkte es sich jedoch wieder.
Solidarität im Kampf
Unsere Partei, der „Bund“
Treue Waffenbrüderschaft
Auszug der Ghetto-Firmen
Auf Grund meiner Bevollmächtigung durch den SS-und Polizeiführer im Distrikt Lublin, SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei Globocnik, laut Schreiben vom 12. 3. 1943, reg. 5423/43-Mi/Oll, sowie im Einvernehmen mit dem SS-und Polizeiführer im Distrikt Warschau, Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Stroop, teile ich Ihnen folgendes mit:
1. Die Verlegung sämtlicher jüdischer Arbeitskräfte erfolgt am 21. April 1943. Abmarsch 6 Uhr morgens.
2. Die Materialien und Maschinen kommen nach besonderer Anweisung von mir zum Versand.
3. Persönliches Eigentum der jüdischen Arbeiter kann wie bisher mitgenommen werden. Höchstgewicht pro Person 15 kg. 4. Verpflegung ist vom Betrieb mitzugeben für zwei Tage. 5. Einige Polizeikräfte stehen zur Verfügung, die dem Betrieb von mir ab heute Abend 18 Uhr zugeteilt werden. Diese müssen von dem Betrieb verpflegt werden. 6. Ein kleiner Prozentsatz jüdischer Arbeitskräfte verbleibt zur Sicherung und zum Abtransport des Materials und der Maschinen in Warschau, ausgestattet mit einem Sonderausweis von mir, der vom Sicherheitsdienst abgestempelt wird. a) Die Arbeiter der Firma W. C. Többens (Block Gerichtsstr.) und Karl Georg Schultz sammeln sich zur Abfahrt auf der Straßenseite des Sperrbezirks.
b) Die Arbeiter der Firmen Schultz & Co. GmbH., Bernhard Hall-mann & Co. KG., Oskar Schilling & Co., W. Hofmann, Curt Röhrich GmbH, sammeln sich auf der Straße Nowolipie zum Abtransport. c) Die Arbeiter der Fa. Hermann Brauer sammeln sich auf dem Fabrikhof dieser Firma, Nalewki 3 8.
d) Die Arbeiter der Finnen Heeresstandortverwaltung, E. Welk, G. Gerlach, Julian Kudasiewicz sammeln sich auf dem Hof S-to Jerska 32.
e) Die Arbeiter der Fa. W. v. Schöne sammeln sich auf dem Fabrikhof Hühnerstraße.
Ich mache ausdrücklich die Betriebsführung darauf aufmerksam, daß Arbeiter, die nach dem Abmarsch noch im Sperrbezirk angetroffen werden, und nicht mit dem obenbezeichneten Sonderausweis ausgestattet sind, standrechtlich erschossen werden.
f) Ich fordere die Betriebsführung der einzelnen Betriebe hiermit endgültig auf, sich für den reibungslosen Abtransport restlos einzusetzen unter gleichzeitiger Sicherung der vorhandenen Materialien und Maschinen.
g) Obige Anordnung wird getroffen, weil die täglich größer werdenden Schwierigkeiten keine andere Lösung mehr ließen.
Walter C. Többens
Halt!
Halt Sperrgebiet Das Betreten des ehemaligen jüdischen Wohnbezirks ist strengstens verboten.
Jeder, der ohne einen neuen gültigen Ausweis im ehemaligen jüdischen Wohnbezirk angetroffen wird, wird erschossen.
Alle vor dem 23. April 1943 ausgestellten Ausweise zum Betreten des ehern, jüdischen Wohnbezirks haben ihre Gültigkeit verloren. Warschau, 23. April 1943
Der SS-und Polizeiführer im Distrikt Warschau gez. S t r o o p SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Die Jüdische Kampforganisation wendet sich an die polnische Bevölkerung
Polnische Bürger, Soldaten der Freiheit!
Durch den Lärm der Geschütze, mit denen die deutsche Armee unsere Häuser, Wohnungen, Mütter, Frauen und Kinder bombardiert, beim Knattern der Maschinengewehre, die wir im Kampf von den SS-Leuten eroberten, unter den Rauchschwaden lodernder Flammen und angesichts der Blutströme des niedergemetzelten Warschauer Ghettos, senden wir — die im Ghetto Eingeschlossenen — euch einen brüderlich herzlichen Gruß.
Wir wissen wohl, wie ihr mit bebenden Herzen und Tränen des Mitleids, aber auch mit Entzücken und Verstehen für den Erfolg unseres Kampfes, diesem Ringen zuschaut, das wir seit Tagen dem grausamen Besatzer liefern.
Ihr seht, jede Türschwelle des Ghettos wurde zur Festung und wird es bleiben. Vielleicht kommen wir alle bei diesem Kampf ums Leben, aber ergeben werden wir uns nicht. Gleich euch, wollen auch wir Rache nehmen und den gemeinsamen Feind für seine Verbrechen strafen.
Der Kampf geht um unsere und eure Freiheit! Lim eure und unsere menschliche, soziale und nationale Ehre und Würde!
Wir wollen die Verbrechen von Auschwitz, Treblinka, Belzec und Majdanek rächen!
Es lebe die Blutsbrüderschaft des kämpfenden Polens!
Es lebe die Freiheit!
Tod den Mördern und Henkersknechten!
Kampf auf Leben und Tod gegen die Besatzungsmacht!
Am 23. April 1943 Jüdische Kampf-Organisation Eine Prämie
Im Hauptquartier der J. K. O. auf der Milastraße 18
Der Bunker auf der Milastraße verfügte über ein außerordentlich weitverzweigtes Kellersystem, das sich unter den Ruinen ganzer Häuserblocks hinzog. Die sogenannten „Schweren Jungen", eine Gruppe von Unterweltlern, Dieben und anderen Banditen, waren die Herren dieser Keller. Shmul Asher war der Anführer der Bande. Ein sehr wohlhabender Mann mit dickem Bauch, Stiernacken und ordinärer Sprache. Seine ganze Bande war ebenfalls wohlhabend. Nach vielen Jahren leichter Verdienste hatte Asher sich ein beachtliches Vermögen zusammengerafft und seinen Bunker endlich so geschickt verästelt und gemütlich ausgebaut, daß seine Bande praktisch über alles verfügte. Elektrisches Licht, richtige Küchen und vor allem eine Wasserleitung waren vorhanden. Darüber hinaus hatten die unerschöpflichen Mittel selbstverständlich auch für ungeheure Mengen von Lebensrnitteln vorgesorgt . . .
. . . Machte sich jemand in diesem ausgedehnten Bunker auf, um zu einer entlegenen Stelle zu gelangen, verirrte er sich oft und blieb lange verschwunden. Nur die engen, langen Gänge, welche die einzelnen Keller miteinander verbanden, erlaubten allerdings, aufrecht zu stehen. Sonst mußte man unter den niedrigen Decken sehr gebückt herum-kriechen . . .
. . . Jeder Bunker und jedes unterirdische Gewölbe, in dem Juden hausten, hatte einen Namen. Der galt als Adresse und erleichterte gleichzeitig das Zurechtfinden im unterirdischen Kellerlabyrinth ganz wesentlich. Alle diese Namen waren bezeichnend für die ganze Epoche und die Situation der Juden. Sie lauteten z. B.: Treblinka, Trawniki, Poniatow, Piaski usw. Das waren die berüchtigten Todeslager der Nazis . . .
. . . Lim die Bedeutung des Namens „Treblinka“ zu erkennen genügte es vollauf, nur wenige Minuten in dem betreffenden Bunker zu sein. Der Bau faßte normalerweise höchstens 8 — 10 Personen, beherbergte meistens jedoch etwa 30 . . .
. . . Die Hitze war unerträglich und erreichte nicht selten 60 — 70 Grad Celsius. Jeder schwamm buchstäblich im eigenen und der anderen Schweiß. Dauernd benutzte man das Handtuch, um die Schweißbäche, die über die halbnackten Körper rannen, zu trocknen . . .
. . . Die Kommandanten waren unter den ersten Angehörigen der Kampforganisation, die den Bunker der Milastraße 18 betraten. Die Herren des Bunkers bezeugten den Kämpfern große Achtung und Ehrfurcht. Die Bandenchefs erklärten sich bereit, ihren eigenen Besitz mit den Mitgliedern der Kampforganisation zu teilen und jede nur mögliehe Hilfe zu leisten. Als dann fast alle Stellungen der Kampforganisation schon zerstört waren, strömten auch Angehörige anderer Organisationen in den Bunker auf der Milastraße 18. Sie wurden ebenfalls gastfreundlich ausgenommen. Endlich blieb nur noch dieser Bunker erhalten. Alle anderen waren bereits zerstört . . .
. Die ungeheuren Menschenmengen verursachten bald eine Katastrophe hinsichtlich der Verpflegungslage auf der Milastraße. Gleich den Kampfgruppen stellten sich nämlich auch Zivilpersonen ein, deren Häuser in Flammen standen. Deswegen hatten sie die Keller verlassen müssen. Hauptnahrungsmittel wie Brot und Kartoffeln fehlten gänzlich. Nur Mehl, Grütze und Erbsen waren vorhanden. Aber wie sellte man damit hunderte von Menschen ernähren? Die Zeit zum Kochen — ausschließlich nachts — war viel zu kurz dazu . . .
. . . Die Bunkerbewohner ließen sich leicht in zwei Gruppen einteilen. Solche, die schon Furcht vor dem eigenen Schatten empfanden, zu erregten Ausbrüchen neigten und überall Unordnung und Verwirrung anrichteten und jene, bei denen alles reibungslos und straff funktionierte und vollste Harmonie herrschte . . .
. . . Sobald es abends dunkel wurde, begann ein emsiges Leben. Die Gruppen-Kommandanten hielten Besprechungen ab, legten den Schlachtplan für die nächste Nacht fest und erteilten ihre Befehle. Die einzelnen Truppführer hatten dann eine kurze Besprechung mit ihren Leuten und trugen jedem seine Aufgabe auf . . .
Der Tod von Anielewicz und seinem Stab
. . . Am 8. Mai (1943) entdeckten die Deutschen endlich auch den Bunker auf der Milastraße 18. Nachdem sie Verstärkung erhalten hatten, veranstalteten sie eine Razzia und riegelten das ganze Gelände ab. Erst nach zweistündigem Kampf gelang es ihnen aber, ein paar bewaffnete Insurgenten auszugreifen. Sie begriffen, daß sie diese Stellung nicht mit Gewalt nehmen konnten. So warfen sie Rauch-bomben in den Keller und legten Sprengstoff vor den Eingang . . .
. . . Die Bande der „Schweren Jungen“ und die Zivilisten ergaben sich der Aufforderung der Deutschen folgend. Die Kampforganisation tat dies jedoch nicht, obwohl die Deutschen wiederholt versicherten, jeder sich freiwillig Ergebende käme nur für einen Arbeitseinsatz in Frage, während alle anderen sofort erschossen würden. Unsere Kämpfer verschanzten sich am Eingang und erwarteten die Deutschen dort, die schließlich dazu übergingen, Gas in den Keller einströmen zu lassen. Sie taten dies immer nur in kleinen Mengen und warteten dann stets eine ganze Weile. Wahrscheinlich hofften sie, durch das langsame Ersticken ihr Ziel schneller zu erreichen. Die verbliebenen 120 Kämpfer sahen einen schrecklichen Tod vor Augen.
Aryeh Wilner
Dann begannen die Selbstmorde. Einige Revolver hatten Lade-hemmungen. Die Besitzer baten Kameraden, sie zu töten. Niemand jedoch wollte das tun.
Lutek Rotblatt schoß viermal auf seine Mutter, die sich selbst dann noch bewegte. Plötzlich entdeckte jemand einen versteckt liegenden Ausgang. Leider entkamen durch ihn nur wenige. Alle anderen erstickten qualvoll langsam am Gas. So kam der Tod zu den tapfersten jüdischen Kämpfern, etwa 100 an der Zahl. Unter ihnen befand sich auch Mordechaj Anielewicz, unser stattlicher Kommandant, den wir alle so sehr liebten.
Der letzte Akt
Az.: I ab-St/Gr. -1607 Tgb. Nr 652/43 geh.
Betr.: Ghetto-Großaktion Warschau, den 16. Mai 194 3 An den Höheren SS-und Polizeiführer Ost SS-Gruppenführer und General der Polizei Krüger o. V. i. A.
Krakau Verlauf der Groß-Aktion am 16. Mai 1943, Beginn 10. 00 Uhr Es wurden 180 Juden, Banditen und Untermenschen vernichtet. Das ehemalige jüdische Wohnviertel Warschau besteht nicht mehr. Mit der Sprengung der Warschauer Synagoge wurde die Großaktion um 20. 15 LIhr beendet
Die für die errichteten Sperrgebiete weiter zu treffenden Maßnahmen sind dem Kommandeur des Pol. Batl. 111/23 nach eingehender Einweisung übertragen.
Gesamtzahl der erfaßten und nachweislich vernichteten Juden beträgt 56 06 5.
Schlußbericht lege ich am 18. Mai 1943 bei der SS-und Polizeiführertagung vor.
Der SS-und Polizeiführer im Distrikt Warschau gez. Stroop SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Aus einem Bericht
Ein Konzentrationslager im Ghetto
Reichsführer!
Ich melde, daß das Konzentrationslager im Ghetto Warschau errichtet und am 19. Juli 1943 mit den ersten 300 Häftlingen belegt wurde.
Als Kommandant habe ich SS-Obersturmbannführer Göcke, der sich während der letzten Monate beim KL Mauthausen eingearbeitet hat, eingesetzt.
Die Häftlinge werden, wie befohlen, zur Bergung und Sammlung der anfallenden Materialien eingesetzt. Die Erhöhung der Häftlingszahl erfolgt zur raschesten Durchführung laufend im Rahmen weiterer Unterkünfte. Die Durchführung der Arbeiten im ehemaligen Ghetto wird im engsten Einvernehmen mit dem SS-und Polizeiführer im Distrikt Warschau, SS-Brigadeführer Stroop, vorgenommen.
Pohl SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Hier haben wir mit 31/2 Millionen Juden begonnen
Dr. Frank (Ansprache): Bei uns stehen die Dinge ganz klar. Einem, der sagt, was mag mit der NSDAP werden, können wir erwidern: Die NSDAP wird den Juden bestimmt überleben. Hier haben wir mit dreieinhalb Millionen Juden begonnen, von ihnen sind nur noch wenige Arbeitskompanien vorhanden, alles ist — sagen wir einmal — ausgewandert.
(Empfang von 30 Reichsrednern im Königssaal zu Krakau am 20 August 1943) Die „harte Aufgabe“
. . . Bei einem Besuch haben mir Reichsführer in Aussicht gestellt, daß für die besonderen Leistungen dieser harten Aufgabe einige EK’s nach Abschluß der Arbeiten verliehen werden könnten. Ich bitte, Reichsführer, um Mitteilung, ob ich hierfür Vorschläge unterbreiten darf.
Ich darf mir erlauben, darauf hinzuweisen, daß für den Warschauer Einsatz, der einen verhältnismäßig kleinen Teil der Gesamtarbeit ausgemacht hat, an die Kräfte des dortigen SS-und Polizeiführers ebenfalls eine solche Verleihung bewilligt wurde.
Ich wäre Ihnen, Reichsführer, für eine positive Entscheidung diesbezüglich sehr dankbar, als ich gerne die harte Arbeit meiner Männer belohnt sehen würde.
Heil Hitler!
Globocnik
SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei Anhang I Aus den Täglichen Meldungen des Jürgen Stroop
. . . Etwa gegen 15. 00 Uhr setzte ich durch, daß der von der Heeresunterkunftsverwaltung belegte Block, angeblich mit 4000 Juden belegt, sofort geräumt wurde. Der deutsche Verwalter wurde aufgefordert, die jüdischen Arbeiter zum freiwilligen Verlassen aufzufordern. Diesem Ersuchen folgten nur 28 Juden. Darauf entschloß ich mich, mit Gewalt den Häuserblock zu räumen bzw. zu sprengen. Die hierbei eingesetzte Flak (drei Geschütze (2 cm) — hatte zwei Tote ... . . . Bei der heutigen Aktion wurden außer den gemeldeten Juden erhebliche Bestände an Brandflaschen, Handgranaten, Munition, Militärwaffenröcken und Ausrüstungsgegenständen erbeutet . 21. April 1943 . . . Nach Durchkämmung des riesigen Häuserblocks, bei der sich herausteilte, daß eine Unmenge von Bunkern und unterirdischen Gängen vorhanden waren, wurden etwa 60 Juden erfaßt. Trotz aller Anstrengungen konnten von den sich in dem Block befindlichen 700 bis 800 Juden meht nicht erfaßt werden. Diese zogen sich von Schlupfwinkel zu Schlupfwinkel durch unterirdische Gänge, von Zeit zu Zeit feuernd, immer wieder zurück. Ich entschloß mich daher, soweit die Gänge bekannt waren, diese zu sprengen und dann den gesamten Block in Brand zu setzen. . . . Der Gegner kämpfte heute mit den gleichen Waffen wie am Vortage, insbesondere mit selbstgefertigten Sprengkörpern. Muster sind beim SS-und Polizeiführer zurückbehalten . . . . . . Festgestellt wurden erstmalig Angehörige der jüdischen weiblichen Kampforganisation (Halutzenbewegung)
23. April 1943 . . . Das gesamte ehemalige Ghetto war zur heutigen Durchkämmung in 24 Bezirke eingeteilt. In jedem Bezirk wurde ein verstärkter Durchsuchungstoßtrupp mit besonderem Auftrag entsandt. Für die dem Durchsuchungstrupp gegebenen Aufträge hatten diese Zeit bis 16. 00 Uhr.
Erfolg dieses Unternehmens: 600 Juden und Banditen ausgestöbert und erfaßt und etwa 200 Juden und Banditen erschossen. 48 Bunker, teilweise raffiniertester Art, wurden gesprengt. Erbeutet wurden — außer Wertgegenständen, Gold — auch einige Gasmasken . . . . . . Ein besonders motorisiert angesetzter Stoßtrupp drang in das Gebäude ein und konnte drei Juden, darunter zwei Jüdinnen, noch festnehmen. Während dieser Aktion wurde der LKW mit einer Brand-flasche und einem Sprengkörper beworfen, wodurch zwei Männer der Orpo durch Verwundung ausfielen . . . 24. April 1943 ... In diesem Häuserlabyrinth befand sich eine sogenannte Rüstungsfirma, die angeblich Millionenwerte in Wehrmachtsgut zum Verarbeiten und Lagern haben sollte. Ich hatte der Wehrmacht am 23. April gegen 21. 00 Uhr Kenntnis von meiner Absicht gegeben mit dem Ersuchen, das Wehrmachtsgut bis 12. 00 LIhr abzufahren. Da die Wehrmacht erst gegen 10. 00 Uhr mit dem Abtransport begann, mußte ich eine Verlängerung bis 18. 00 Uhr einräumen. Um 18. 15 Uhr trat die Durchsuchungskampfgruppe nach Abriegelung in die Gebäude ein und stellte die Anwesenheit einer großen Anzahl von Juden fest. Da diese Juden zum Teil Widerstand leisteten, gab ich den Befehl zum Ausbrennen. Erst nachdem der Straßenzug und zu beiden Seiten sämtliche Höfe in hellen Flammen standen, kamen die Juden zum Teil brennend aus den Häuserblocks hervor bzw. versuchten, sich durch einen Sprung aus den Fenstern und Balkönen auf die Straße, auf die sie vorher Betten, Decken und sonstige Teile geworfen hatten, zu retten. Immer wieder konnte man beobachten, daß trotz der großen Feuersnot Juden und Banditen es vorzogen, lieber wieder ins Feuer zurückzugehen, als in unsere Hände zu fallen. Immer wieder schossen die Juden bis fast zur Beendigung der Aktion, sodaß noch fast am Ende dieses Tages die Pionier-Gruppe unter IMG-Schutz in ein besonders starkes Betonhaus eindringen mußte . . . 25. April 1943 . . . Auch am heutigen Tage wurde wiederholt Widerstand mit Waffen geleistet und in einem Bunker drei Pistolen und Sprengkörper erbeutet . . . 26. April 1943 . . . Nadi Aussagen der gefangenen Juden sollen in den Bunkern eine größere Anzahl von Insassen von der Hitze und dem Qualm und von den erfolgten Sprengungen irre geworden sein . . .
... Im Verlaufe der heutigen Aktion wurden mehrere Häuserblocks niedergebrannt. Dieses ist die einzige und letzte Methode, um dieses Gesindel und Untermenschentum an die Oberfläche zu zwingen . . . 27. April 1943 . . . Auf Grund eines anonymen Schreibens wurde bekannt, daß anschließend, aber außerhalb am nordostwärtigen Teil des jüdischen Wohnbezirks sich in einem Häuserblock Juden in größerer Zahl befinden. Auf diese Gebäude wurde ein besonderer Stoßtrupp unter Führung von Oberleutnant d. Sch. Diehl angesetzt. Der Stoßtrupp stellte eine Bande in einer Stärke von etwa 120 Mann, stark bewaffnet mit Pistolen, Gewehren, LMG, Handgranaten fest, die sich zur Wehr setzten. Es gelang, 24 Banditen im Feuerkampf zu erledigen.
52 Banditen wurden festgenommen. Wegen Eintritt der Dunkelheit konnte der Rest nicht erfaßt werden. Die Gebäudeteile sind aber sofort umstellt worden, sodaß ein Entweichen ohne weiteres nicht möglich ist . . . . . . Das äußere Erscheinungsbild der jetzt zur Erfassung kommenden Juden zeigt, daß nun die Juden an die Reihe kommen, die die Führung des ganzen Widerstandes in den Händen hatten. Mit Beschimpfungen auf Deutschland und auf den Führer auf den Lippen und mit Flüchen auf die deutschen Soldaten stürzten sie sich aus den brennenden Fenstern und von den Balkönen . . . 28. 4. 43 . . . Auch heute wurde an verschiedenen Stellen heftiger Widerstand mit Waffengewalt festgestellt und gebrochen. Es ergibt sich nunmehr immer klarer, daß infolge der längeren Dauer der Aktion die wirklichen Terroristen und Aktivisten getroffen werden . . . . . . Durch die Erfolge des heutigen Tages erhöht sich die Zahl der insgesamt erfaßten bzw. vernichteten Juden auf 3 3 401. In dieser Zahl sind die verbrannten und in den Bunkern vernichteten Juden nicht erfaßt . . . 29. April 1943 . . . Erbeutet wurden wiederum: zwei Gewehre, zehn Pistolen, zehn Kilogramm Sprengstoff und Munition verschiedener Art . . . 30. April 1943 ... So wurden heute wieder Waffen und insbesondere auch deutsche Uniformstücke bei den Juden erbeutet . . . 1. Mai 1943 . .. Ein Stoßtrupp stellte fest, daß in einem Hauptkanal unter dem Ghetto eine nicht festzustellende Anzahl von Leichen schwammen . . . 2. Mai 1943 . . . Der heutigen Großaktion wohnte der Höhere SS-und Polizei-führer Ost, SS-Obergruppenführer und General der Polizei Krüger, bei . . . 3. Mai 1943 ... In den meisten Fällen leisteten die Juden mit der Waffe in der Hand vor Verlassen des Bunkers Widerstand. Dadurch sind zwei Ausfälle durch Verwundung zu verzeichnen. Die Juden und Banditen feuerten teilweise mit beiden Händen aus Pistolen . . . 4. Mai 1943 . . . Der Aufforderung, die Bunker freiwillig zu verlassen, wird fast in keinem Falle Folge geleistet.. . . 5. Mai 1943 ... In mehreren Fällen wurden die Öffnungen — Luken — zu den Bunkern von innen mit Gewalt zugehalten bzw. verriegelt, so daß nur mit einer starken Sprengung eine Öffnung erzwungen und die Bunker-insassen vernichtet werden konnten. Wiederum wurden heute Waffen und Muntion erbeutet, darunter eine Pistole 08 . . . 6. Mai 1943 . . . Zwei Männer der äußeren Absperrung fielen durch Verwundung aus. Anscheinend kommen die aus dem Ghetto ausgebrochenen Juden jetzt mit dem Vorsatz zurück, die Ghettojuden mit Gewalt zu entlasten bzw. zu befreien. Ein Jude, der aus Lublin entwichen war, wurde kurz vor der Ghettomauer erfaßt. Er war wie folgt bewaffnet: eine Pistole 08, Reservemunition in größerer Anzahl, zwei polnische Eierhandgranaten .. . 7. Mai 1943 . . . Eine größere nicht bekannte Zahl von Juden, die sich weigerten, die Bunker zu verlassen und bewaffneten Widerstand leisteten, sind in den Bunkern ums Leben gekommen . . . 8. Mai 1943 ... Wie schon vor einigen Tagen gemeldet, halten sich z. Z. noch das Untermenschentum, die Banditen und Terroristen in Bunkern auf, in denen durch die Brände die Hitze unerträglich geworden ist. Diese Kreaturen wissen nun genau, daß es nur eines gibt, entweder sich verborgen zu halten so lange es geht oder an die Erdoberfläche zu kommen, dabei aber den Versuch zu machen, möglichst die sie bedrängenden Männer der Waffen-SS, der Polizei und der Wehrmacht zu verwunden bzw. umzulegen. . .. 10. Mai 1943 . . . Der von den Juden geleistete Widerstand war heute ungeschwächt. Im Gegensatz zu den Vortagen haben sich anscheinend die noch vorhandenen und nicht vernichteten Angehörigen der jüdischen Hauptkampfgruppe in die ihnen höchst erreichbaren Ruinen zurückgezogen, um von dort feuernd, den eingesetzten Kommandos Verluste beizubringen . . . 11. Mai 1943 . . . Erschossen wurden 5 3 Banditen . . . 13. Mai 194 3 ... Es zeigte sich am heutigen Tage, daß die nunmehr gefangenen Juden und Banditen den sogenannten Kampfgruppen angehören. Es sind durchweg junge Weiber und Burschen im Alter von 18 bis 25 Jahren. Bei der Aushebung eines Bunkers entspann sich ein regelrechtes Feuergefecht, bei dem die Juden nicht nur aus Pistolen 08 und poln. Vis-Pistolen schossen, sondern auch polnische Eierhandgranaten gegen die Männer der Waffen-SS warfen. Nachdem ein Teil der Bunkerbesatzung ausgehoben war und dieser durchsucht werden sollte, griff eins der Weiber wie schon so oft blitzschnell unter ihren Rock und holte aus ihrem Schlüpfer eine Eier-Handgranate hervor, die sie abzog und die sie unter die sie durchsuchenden Männer warf, dabei blitzschnell selbst in Deckung sprang. Nur der Geistesgegenwart der Männer ist es zu verdanken, daß kein Ausfall eintrat . . . 14. Mai 1943 . . . Von den sich zur Wehr setzenden Banditen trugen wiederum Verschiedene deutsche Wehrmachtsuniformen und deutsche Stahlhelme und Knobelbecher. Außer den Karabinern wurden 60 Schuß deutsche Gewehrmunition eingebracht. Ein Stoßtrupp hatte ein Feuergefecht mit einer 10 bis 14köpfigen Bande auf den Dächern eines Häuserblocks am Rande des Ghettos (arischer Teil). Die Banditen wurden ohne eigene Verluste vernichtet . . . 15. Mai 1943 ... Bei einem sich in der Mittagszeit entwickelnden Feuergefecht, bei dem die Banditen wiederum mit Molotow-Cocktails, Pistolen und selbstgefertigten Handgranaten sich zur Wehr setzten, wurde nach der Vernichtung der Bande ein Angehöriger der Ordnungspolizei durch Durchschuß der rechten Hüfte verwundet . . . Anhang II (Zygelboims Abschiedsbrief und Selbstmord)
Die letzten Nachrichten aus Polen lassen deutlich erkennen, daß die Deutschen offenbar entschlossen sind, auch die letzten noch lebenden Juden in Polen mit grausamer Brutalität auszurotten. Hinter den Mauern des Warschauer Ghettos rollt jetzt der letzte Akt einer Tragödie ab, die in der Geschichte ohne Beispiel ist. Gewiß tragen die Mörder im Grunde genommen selbst die Verantwortung für die Ausrottung des gesamten polnischen Judentums; indirekt aber erstreckt sich diese Verantwortung auch auf die übrige Menschheit, auf die Völker und Regierungen der Alliierten, denn sie haben nicht einmal den Versuch unternommen, solche Verbrechen zu verhindern oder ihnen ein Ende zu bereiten, indem sie unbeteiligt zuschauten, wie hilflose Millionen gemarterter Kinder, Frauen und Männer ermordet wurden, haben sich diese Nationen auf die gleiche Stufe mit den Verbrechern gestellt.
Ich möchte hier feststellen, daß die polnische Regierung nicht nachdrücklich genug eingriff, wenn sie auch versuchte, die öffentliche Meinung wachzurütteln. Verglichen mit dem Drama jedoch, das sich in Polen abspielte, standen diese Schritte in keinerlei Verhältnis. Einem Bericht des Führers der Untergrundbewegung „Bund“ ist zu entnehmen (das Schreiben wurde durch Kurier übermittelt), daß von dreieinhalb Millionen polnischer Juden und 700 000 aus anderen Ländern nach Polen verschleppten Juden im April 1943 lediglich noch 300 000 Seelen am Leben waren.
Ich kann das nicht stillschweigend hinnehmen. Ich kann aber auch nicht weiterleben, wenn dort noch der Rest des polnischen Judentums, zu dem zu gehören auch ich die Ehre habe, umkommt. Mit der Waffe in der Hand starben meine Freunde im letzten heldenhaften Kampf des Warschauer Ghettos. Mein Schicksal hat es nicht gewollt, daß ich mit ihnen gemeinsam sterbe. Doch auch ich gehöre zu ihnen in die Massengräber. Durch meinen Tod möchte ich zum letztenmal gegen jene Passivität protestieren, mit der die ganze Welt zusieht und es zuläßt, wie das jüdische Volk ausgerottet wird.
Wie wenig ein Menschenleben heute gilt, weiß ich selbst. Lebend vermochte ich nicht viel zu wirken. Ich hoffe jedoch, daß mein Tod vielleicht dazu beitragen wird, jene aus ihrer Lethargie wachzurütteln, die selbst jetzt — im letzten Augenblick noch — vermöchten, die wenigen noch in Polen am Leben gebliebenen Juden zu retten.
Mein Leben gehört der jüdischen Bevölkerung Polens. Deshalb gebe ich es ihr auch hin. Möge jene Handvoll polnischer Juden, die von Millionen übrig blieb, gemeinsam mit dem polnischen Volk die Befreiung erleben, welche Polen in eine freie Welt des Sozialismus, in eine Welt der Gerechtigkeit verwandeln wird. Ich glaube fest daran, daß so ein Polen sich aus der Unterdrückung erhebt und eine solche Welt ersteht.
Der Präsident und auch der Premierminister werden meine Worte jenen ausrichten, für die sie bestimmt sind. Davon bin ich überzeugt. Ebenso weiß ich, daß die polnische Regierung jeden nur möglichen diplomatischen Schritt unternimmt, um den noch lebenden polnischen Juden zu helfen.
Ich nehme Abschied von allem und jedem, was mir einmal teuer war und was ich einst geliebt habe. 11. Mai 1943
Szmul Zygelboim
Abkürzungen und bibliographische Bemerkungen
Archiv J. H. I. Archiv des „Jüdischen Historischen Instituts" in Warschau.
Archiv Ringelblum I. Eigene Notizen Dr. Emanuel Ringelblums, die er selbst im Ghetto Warschau schrieb. Als Buch erschienen sie in Yiddisch im Jahre 1952 in Warschau, und der Titel lautet: Emanuel Ringelblum, „Notizn fun Warschewer Geto". Die Originale befinden sich im Archiv des „Jüdischen Historischen Instituts" in Warschau.
Uber Ringelblum und sein Archiv siehe Vorwort, Seite ...
Archiv Ringelblum II. Dokumente, Tagebücher, Notizen etc. aus dem Warschauer Ghetto. Die Originale befinden sich im Archiv des „Jüdischen Historischen Instituts" in Warschau.
Berenstein. T. Berenstein, A Eisenbach, A. Rutkowski: „Eksterminacja Zydow na Ziemiach Polskich w okresie okupacji hitlerowskiej" (Ausrottung der Juden Polens während der Hitler-Besatzung), Warschau 1957. Es ist eine der umfassendsten Dokumenten-Veröffentlichungen über die Vernichtung des polnischen Judentums während des Zweiten Weltkriegs.
Borzykowski. Tuwia Borzykowski: „Zwischn falndike Went" (Unter einstürzenden Mauern), Warschau 1949. B. war Mitglied der zionistischen Jugendbewegung und gehörte zur Jüdischen Kampforganisation in Warschau. Heute lebt er in Israel.
Edelman. Marek Edelman: „The Ghetto Fights", New York 1946. Es handelt sich um eine erweiterte Ausgabe seiner früheren yiddischen Veröffentlichungen. E. gehörte der jüdisch-sozialdemokratischen Partei „Bund" an und war im Stab der Jüdischen Kampforganisation in Warschau, wo er heute noch lebt.
Friedman. Philip Friedman: „Martyrs and Fighters", New York 1954.
Eine der besten Dokumentensammlungen über das Ghetto und den Aufstand in Warschau.
Goldstein. Bernard Goldstein: „Die Sterne sind Zeugen", Hamburg 1949.
Er gehörte im Ghetto Warschau der Jüdischen Kampforganisation an und lebt heute in New York
Hochberg. Maria Hochberg-Marianska und Noe Grüss: „Dzieci Oskarzaja" (Kinder klagen an). Eine Sammlung von Kinder-Aussagen. Diese Kinder lebten von 1939 bis 1945 im Ghetto, Lager, als „Arier", im Versteck oder bei den Partisanen und im Gefängnis.
K a c z e r g i n s k i. Sz. Kaczerginski: „Lider fun di ghettos un lagern", New York 1948.
K e r m i s z. Dr. J. Kermisz: „Akcje" i „Wysiedlenia" („Aktionen" und „Aussiedlungen"), Warschau-Lodz-Krakau 1946. Bisher ist dies die umfangreichste Dokumenten-Sammlung über sogenannte „Aktionen" gegen und „Aussiedlungen" von Juden in Polen während des letzten Krieges.
Mark. Bär Mark: „Zum zenten Jurtug fun Ojfstand in Warschewer Getto* (Zum zehnten Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto), Warschau 1953. Auch das eine Dokumenten-Sammlung. Mark ist Direktor des „Jüdischen Historischen Instituts" in Warschau.
Mazor. Michel Mazor: „La Cit Engloutie", Paris 1955. Erinnerungen aus dem Warschauer Ghetto. Ein in seiner Art sehr objektives Buch; Mazor ist heute Leiter des Archivs im „Centre de Documentation Juive Contemporaine" in Paris.
Neustadt. Meilech Neustadt: „Churbn un Ojfstand fun di Jidn in Warsche“
(Vernichtung und Aufstand der Juden in Warschau), Tel Aviv 1948.
Die erste Veröffentlichung von Berichten, Briefen und Dokumenten, die von der jüdischen Untergrundbewegung in Warschau auf Schleichwegen während der letzten Kriegsjahre nach London gelangten Die hier wiedergegebenen Dokumente stammen aus zwei Transporten Der erste ging am 15. November 1943 mit Kurier heimlich nach Londonab, während der zweite auf die gleiche Art Warschau am 24 Mai 1944 verließ Absender des Materials war das der Untergrundbewegung angehörende „Jüdische Nationale Komitee in Polen". Alles Material wurde während der deutschen Besatzung in Warschau gesammelt und ist deswegen von Bedeutung.
Poliakov-Wulf I. Leon Poliakov-Josef Wulf: „Das Dritte Reich und die Juden", Berlin 1955.
Poliakov-Wulf II. Leon Poliakov-Josef Wulf: „Das Dritte Reich und seine Diener", Berlin 1956.
Seidman. Hilel Seidman: „Tugbuch fun Warschewer Getto" (Tagebuch aus dem Warschauer Ghetto), Buenos Aires 1947. Seidman lebte im Warschauer Ghetto.
Szpilman. Wladyslaw Szpilman: „Smierc Miasta“ (Der Tod einer Stadt), Warschau 1946. Szpilman ist ein bekannter Pianist, der im Ghetto Warschau lebte
Turkow I. Jonas Turkow: „Asoy is es gewen" (So war es), Buenos Aires 1948. Turkow wurde als Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller bekannt. Er lebte im Warschauer Ghetto und ist heute in New York.
Turkow II. Jonas Turkow: „In Kampf farn Leben" (Im Kampf ums Leben), Buenos Aires 1949.Politik und Zeitgeschichte AUS DEM INHALT UNSERER NÄCHSTEN BEILAGEN:
Margarete Buber-Neumann: „Schicksale deutscher Kommunisten in der Sowjetunion” Iring Fetscher: „Das Verhältnis des Marxismus zu Hegel” G. F. Hudson: vChruschy’s Komet” Werner Philipp: „Historische Voraussetzungen des politischen Denkens in Rußland” Karl A. Wittfogel:
„Die chinesische Gesellschaft” „Indonesien — Politik und Weltanschauung des Präsidenten Dr. Achmed Sukarno’’