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Die Situation des Individuums | APuZ 40/1957 | bpb.de

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APuZ 40/1957 Die Situation des Individuums Zur Kritik des Kommunismus

Die Situation des Individuums

W. W. KULSKI

Sie lesen heute die beiden letzten Kapitel aus „HANDBUCH DES WELTKOMMUNISMUS", herausgegeben von Professor Dr. J. M. Bochenski und Professor Dr. G. Niemeyer: Kapitel XIV „Die Situation des Individuums" und Kapitel XV „Zur Kritik des Kommunismus", Kapitel XIV wurde von den Herausgebern aus dem englischen Manuskript übersetzt und mit einem Anhang versehen. Mit der Veröffentlichung der beiden letzten Kapitel ist der Vorabdruck aus dem demnächst im Verlag Karl Alber, Freiburg/München, erscheinenden Werke beendigt.

A. Einleitung

Abbildung 1

§ 1. DIE HERRSCHER UND DIE BEHERRSCHTEN Die Kommunisten von heute haben, obwohl sie sich selber stolz wissenschaftliche Sozialisten nennen, ihr System dennoch auf reinem Glauben aufgebaut, und zwar auf einem falschen Glauben. Der Glaube, der ihrem System zugrunde liegt, besagt nämlich, daß die menschliche Natur durch das Privateigentum verdorben wurde und daß die Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln die Menschheit mit Sicherheit erlösen werde (II. § 23 f). Eine wahrhaft wissenschaftliche Einstellung zu einem Problem verlangt jedoch, daß man die Tatsachen selbst dann anerkennt, wenn sie den eigenen vorgefaßten Meinungen zuwiderlaufen. Die Tatsachen sind nun folgende: Das Privateigentum an den Produktionsmitteln wurde im sowjetischen Gesellschaftssystem im Jahre 1917 abgeschafft. Es sind seither fast vierzig Jahre vergangen. Neue Generationen wurden unter dem sowjetischen System aufgezogen. Es hätte eine neue Mentalität entstehen sollen, eine Mentalität der sozialen Verantwortung, der freiwilligen Disziplin und des Willens, mit allen Kräften zu arbeiten. Dies ist es zumindest, was uns der sozialistische Glaube erwarten ließe.

Statt dessen werden die Sowjetbürger, nach all diesen Jahren, von einem allmächtigen Staat regiert, der keinerlei Anzeichen des „Absterbens" zeigt. Die Disziplin wird schroff von oben angeordnet. Die Hoffnungen auf eine neue und erlöste menschliche Natur sind nicht erfüllt worden. Die Sowjetgesellschaft ist scharf getrennt in Herrscher und Beherrschte. Es ist kein Zeichen von Harmonie in der Beziehung zwischen der „Gesellschaft" und dem „Staat" vorhanden. Wir müssen daher die Frage aufwerfen, die den Prüfstein für alle Gesellschaften bildet, die unter der Herrschaft des Staates stehen: Wie ergeht es den Regierten unter der Herrschaft der sie regierenden Gruppe?

Gegenwärtig besitzen die kommunistischen Herrscher mehr Macht und üben sie mit weniger Rücksicht auf das Glück und Wohlergehen der lebenden Menschen aus als die Herrscher einer Gesellschaft, die gänzlich oder teilweise auf dem Privateigentum beruht. In einer sozialistischen Gesellschaft steht der Einzelmensch Machthabern gegenüber, die sowohl die politische Autorität als auch den Arbeitgeber darstellen. Wenn er nun mit seinen Arbeitsbedingungen unzufrieden ist, dann gibt es keine höhere Instanz, an die er appellieren könnte, denn der Staat hat sowohl das Monopol der Beschäftigung als auch das Monopol der Gewalt. Wenn er politisch anderer Meinung ist, dann kann der Staat nicht nur gesetzlichen und politischen Zwang gegen ihn anwenden, sondern ihm auch eine Existenz versagen. Auf diese Weise üben die Herrscher in einem sozialistischen Staat — ganz abgesehen von ihren Absichten — eine Macht aus, die total ist, weil sie eben das ganze Leben des Einzelmenschen umfaßt. Und sie handhaben diese Macht nicht zum Wohlergehen der lebenden Generationen, sondern im Interesse einer Politik, die auf eine noch von niemandem präzis umschriebene nebelhafte Zukunft ausgerichtet ist.

Dazu kommt noch, daß im sozialistischen Staat alle Faktoren ausgeschaltet wurden, die durch Widerstreit und Wettbewerb einander das Gleichgewicht halten. In freien Gesellschaften, selbst wenn sie unvollkommen sind, besteht insofern ein wertvoller Schutz für den Einzelmenschen, als Kräfte, die ihn bedrohen könnten, wiederum durch andere Kräfte im Gleichgewicht gehalten werden (organisierte Arbeitnehmer gegen organisierte Arbeitgeber, landwirtschaftliche Produzenten gegen Verbraucher, politische Opposition gegen die an der Macht befindliche Partei, verschiedene ideologische Gruppen, die miteinander in Wettbewerb stehen usw.). Der Einzelmensch kann nicht so leicht niedergetreten werden, weil er an verschiedene soziale Kräfte appellieren kann, die einander die Waage halten und zusammen das komplexe Spektrum einer freien Gesellschaft bilden. Dieser Schutz des Einzelmenschen fehlt in der kommunistisch regierten Gesellschaft. Die Kommunistische Partei erhebt den alleinigen Anspruch, die ganze Gesellschaft zu vertreten, und bestimmt allein die Interessen der verschiedenen Bevölkerungsschichten. Auf diese Weise hängt das Wohlergehen sämtlicher Einzelmenschen gänzlich vom Urteil einer Gruppe ab, die die Partei regiert und auch den Staat beherrscht. Setzt man voraus, daß diese Führer fehlbare menschliche Wesen sind, so können die Irrtümer in ihren Urteilen trotzdem nicht vor einer höheren Instanz angefochten werden. Man kann sie nicht auf dem Wege einer freien Wahl durch eine andere Garnitur von Herrschern ersetzen, und sie haben keine offiziell anerkannte Konkurrenz in ihrem Anspruch auf die alleinige Macht. Ihr Wort ist letzte Entscheidung. Ihre Politik beeinflußt und stempelt alle Aspekte des Lebens der beherrschten Einzelmenschen. Selbst der letzte Ausweg, die Emigration, ist den Opfern ihrer Herrschaft versperrt.

B. Der Bürger im Sowjetstaat

§ 2. DER WÄHLER Der Bürger einer Demokratie besitzt eine Waffe der Verteidigung gegen seine Regierung, nämlich den Wahlzettel. Bei jeder periodischen Wahl hat er die Möglichkeit, dazu beizutragen, daß eine Partei von der Macht abgelöst wird, deren Politik seinen Interessen oder dem Wohlergehen des Landes abträglich zu sein scheint. Der Politiker hat öffentlich Rechenschaft abzulegen vor seiner Wählerschaft, die sich aus Durchschnittsmenschen zusammensetzt. Diesen wertvollen Schutz besitzt der Einzel-mensch im Sowjetstaate nicht.

Artikel 3 der Sowjetverfassung erklärt nachdrücklich: „Alle Macht in der UdSSR gehört den Werktätigen in Stadt und Land . . (Verfassung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Berlin 1947, S. 7).

Die einfachste Weise, die Wahrhaftigkeit dieser Behauptung zu überprüfen, besteht darin, einen Blick auf die sowjetischen Wahlen zu werfen, die diesem herrschenden werktätigen Volk von Stadt und Land die Möglichkeit bieten sollten, seine Macht auf die praktischste Art auszuüben.

Aber diese W ahlen sind nichts als ein Hohn, und zwar aus mehreren Gründen.

1. Wahlen haben dann einen Sinn, wenn der Wähler die Wahl zwischen zumindest zwei miteinander im Wettbewerb stehenden Parteien hat. Die Sowjetunion kennt jedoch nur eine einzige gesetzlich existierende Partei, die nicht einmal in ihrem eigenen Schoße rivalisierende Gruppen zuläßt.

INHALT A. Einleitung § Die Herrscher und die Beherrschten B. Der Bürger im Sowjetstaat § Der Wähler § Die Konflikte in der Gesellschaft C. Der Fabrikarbeiter § 4. Industrialisierung ohne Sozialismus § 5. Arbeitsdisziplin § 6. Kollektivverträge; Gewerkschaften § 7. Der Arbeitstag § 8. Produktionsnormen § 9. Abstufungen der Löhne § 10. Bezahlte Ferien; Sozialversicherung § 11. Beschränkung der Freiheit; Strafen § 12. Haftung für Schaden § 13. Besteuerung § 14. Wohnungsverhältnisse D. Der Bauer § 15. Entlohnung § 16. Staatskontrolle § 17. Beschränkung der persönlichen Freiheit § 18. Ausbeutung durch Beamte § 19. Bäuerliche Nebenwirtschaft und ihre Einengung E. Frauen, Jugendliche und alte Leute § 20. Frauen § 21. Jugendliche § 22. Alte Leute und Invaliden F. Die Intelligenz § 23. Die sowjetischen Klassen § 24. Der Begriff der Intelligenz § 25. . Die Bedeutung der geschulten Elite § 26. Wirtschaftliche Privilegien § 27. Ansehen § 28. Reglementierung der ideologischen und politischen Ansichten § 29. Der Sündenbock § 30. Die nichtrussische Intelligenz G. Unterricht und Parteiunterweisung § 31. Das alte Unterrichtssystem (1940— 1956)

§ 32. Die Reform vom Jahre 1956 § 33. Der Zweck der Unterrichtsreform § 34. Die Erziehung der Elite H. Ideologische Unterweisung und relativistische Moral § 35. Kinder und Eltern § 36. Jugendorganisationen § 37. Propaganda § 38. Relativistische Moral I. Anhang (durch die Herausgeber zugefügt)

§ 39. Ergebnisse einiger Wahlen § 40. Arbeitsgesetze § 41. Das neue Rangklassensystem Die Kommunistische Partei ist stolz darauf, sich selber als „monolithisch" zu bezeichnen (IV § 10). So weiß denn der sowjetische Wähler von vornherein, wenn er periodisch zu den Urnen geht, daß sein Stimmzettel jene grundlegende Tatsache nicht zu ändern vermag, daß die einzige bestehende Partei ihre monopolistische Machtstellung weiter behalten wird. Er hat keine andere Wahl.

2. Er hat nicht einmal die Wahl zwischen zwei Kandidaten der Kommunistischen Partei für die einzelnen Wahlkreise. Eine solche Wahl würde zwar nicht die Politik der Partei verändern, aber der Wähler würde zumindest einen Mann in die gesetzgebenden Körperschaften entsenden, dem er persönlich den Vorzug gibt gegenüber einem anderen Kandidaten, den er nicht schätzt Bisher hat es immer nur einen einzigen Kandidaten gegeben, der von der Partei und von den durch die Partei kontrollierten Organisationen für jeden Wahlbezirk vorgeschlagen wurde. Auf diese Weise hat der sowjetische Wähler nur folgende traurige Wahl: entweder seine Stimme Iwan Petrow, dem einzigen offiziell angemeldeten Kandidaten, zu geben oder dessen Namen durchzustreichen, was einer Stimmabgabe gegen ihn gleichkommt, oder aber dessen Namen durch einen anderen zu ersetzen, wodurch der Stimmzettel ungültig wird 3. Alle sowjetischenWahlen bringen mit mathematischer Sicherheit praktisch dasselbe Ergebnis. Der von der Partei unterstützte Kandidat erhält 99, 5 bis fast 100 Prozent Ja-Stimmen, während der verbleibende, unendlich kleine Bruchteil Nein-Stimmen oder ungültige Stimmen sind ') (s. Anhang § 39).

Dieser verschwindend kleine Prozentsatz von Gegenstimmen wird vielleicht dazu benötigt, um naiven Leuten zu beweisen, daß die sowjetischen Wahlen „frei" sind. Die Geschichte kennt indessen keinen einzigen Fall, wo sich freie Menschen zu 100 °/o über alle politischen Fragen einig gewesen wären und diese Übereinstimmung ihrer Auffassungen wiederholt bei mehreren aufeinanderfolgenden Wahlen fortgedauert hätte.

4. Das sowjetische Wahlgesetz gibt stillschweigend zu, daß die Wahlen ein Hohn sind.

So trägt z. B. das Wahlgesetz für die Wahlen zu den lokalen Sowjets (regionale, Kreis-, Stadt-oder Dorfräte) Sorge für die Abgabe der Stimmzettel auf Fernzügen 1).

Der Passagier eines solchen Zuges erhält von den Behörden seines Wohnortes einen Stimmzettel für Abwesende. Dies ermöglicht es ihm, seine Stimme im Zuge abzugeben. Am Wahltag geht ein kleiner Wahlausschuß den Zug entlang und verteilt Stimmzettel mit den vorgedruckten Namen des einzigen und offiziell zugelassenen Kandidaten an die Passagiere. Es sei angenommen, daß er Kandidat für einen lokalen Stadtsowjet (Stadtrat) ist. Die Passagiere des Zuges wohnen jedoch in verschiedenen Städten; welche ist nun die Stadt, in deren Sowjet sie den von der Partei vorgeschlagenen Abgeordneten zu entsenden haben? Dies wird durch das Wahlgesetz in einfacher Weise gelöst; ihre Stimmen werden den Stimmen der ständigen Einwohner jener Stadt zugezählt, in der der Zug zuerst nach der Stimmabgabe anhält. Sie kennen weder den Kandidaten noch machen sie sich besondere Gedanken über die Stadt, die die meisten unter ihnen noch niemals gesehen haben. Dennoch werden sie aufgefordert, ihre Stimmzettel abzugeben, um so die sozusagen einstimmigen Resultate der Wahlen zu erhöhen, an der auch die Stadteinwohner teilzunehmen aufgefordert sind.

Die letzten Wahlen zum Obersten Sowjet der UdSSR wurden nach dem Tode Stalins im März 1954 abgehalten. Die Ergebnisse waren die gleichen wie zu seinen Lebzeiten: Die offiziellen Parteikandidaten für das eine Gremium der Gesetzgebung erhielten 99, 79 Prozent. Ja-Stimmen, die für die andere gesetzgebende Versammlung 99, 84 Prozent Ja-Stimmen 3).

§ 3 . DIE KONFLIKTE IN DER GESELLSCHAFT Der Sowjetbürger weiß genau, daß er über keinerlei Rechtsschutz verfügt. In einer Demokratie dagegen gibt es die vom Staat garantierten individuellen Freiheiten. Die Demokratie gibt offen dasVorhandensein von Konflikten zwischen dem Staat und dem Einzelmenschen sowie zwischen der Majorität und der verschiedenen Minoritäten zu. Sie schützt jedoch den Einzel-menschen und die Minoritäten durch gesetzlich garantierte Freiheitrechte. Das allerdings bleibt dem Sowjetbürger versagt.

Die Kommunisten leugnen emphatisch, daß es solche Interessen-konflikte innerhalb des kommunistischen Staates geben könne, weil — wie sie sagen — dieser Staat eine Gesellschaft ohne rivalisierende Klassen darstellt (IX. § 1— 4).

Ein wichtiger Leitartikel der P r a w d a vom 6. VII. 1956 tischt feierlich das alte, zu Stalins Zeiten oft gehörte Märchen wieder auf: „Infolge des Sieges des Sozialismus ist nun in der Sowjetunion eine neue und homogene Gesellschaft entstanden. Diese Gesellschaft hat weder antagonistische Klassen noch soziale Gruppen, deren Interessen nicht übereinstimmen würden." Es wird hinzugefügt, daß die kommunistische Regierung selbst ein kollektives Individuum sei (ein sich selbst widersprechender und nebelhafter Begriff), das die Interessen sämtlicher unter kommunistischer Herrschaft lebenden Einzelpersonen gerecht vertritt. So sagte z. B.der verstorbene A. A. Vysinskij von der Tribüne der Vereinten Nationen: Gesellschaft rivalisierende „[In einer ohne Klassen] kann es keinen Gegensatz zwischen der Regierung und dem Einzelmenschen geben, da ja die Regierung tatsächlich das kollektive Individuum darstellt“ (Rede von A. A. Vysinskij in der Generalversammlung der UNO, United Nations, Official Records of the Third Session of the Assembly, 183rd Plenary Meeting, S. 929). Diese Art der metaphysischen Argumentation führt zur Identifizierung der Regierung (des kollektiven Individuums), das aber in Wirklichkeit nur aus einigen wenigen Individuen besteht, mit zweihundert Millionen Individuen, die die Bevölkerung der UdSSR darstellen und von dieser Regierung regiert werden. Der gesunde Menschenverstand besagt aber, daß es in allen Gesellschaften Konflikte gibt, weil es schon bei zwei beliebigen Individuen keine dauernde Identität der Interessen geben kann. Im spezifischen Fall der Sowjetunion kann man sagen, daß die Konflikte deshalb nicht öffentlich besprochen werden können, weil die unbotmäßigen Stimmen bald zum Schweigen gebracht würden. Gibt es aber nicht trotzdem dort unausgesprochene und latente Interessenkonflikte? Sind etwa die sowjetischen Bauern glücklich über den Umstand, daß ihnen Inlandspässe verweigert werden, die nur die Einwohner der Städte erhalten, und daß eine Person ohne einen solchen Paß sich nicht gesetzlich innerhalb der Stadtgrenzen ansiedeln kann?Besteht nun nicht ein Konflikt zwischen den so an ihre Dörfer geketteten Personen und der Regierung, die diese Vorschrift erlassen und in Kraft gesetzt hat? Kommt den Bauern diese Regierung als ein „kollektives" Individuum vor, das angeblich auch die Interessen der Bauern vertritt?

Besteht nicht ein latender Konflikt zwischen den Industriearbeitern, deren Löhne und Produktionsnormen von der Regierung ohne jede Spur eines kollektiven Feilschens festgesetzt werden, und der Regierung, die plötzlich sehr wirtschaftlich denkt, wenn es um Löhne geht, und die sehr genau ist, wenn es sich um die Erhöhung der Produktionsnormen handelt? Besteht nicht ein latender Konflikt zwischen denselben Arbeitern und dem Direktor der staatlichen Fabrik, der weiß, daß er großzügige Prämien über sein hohes Gehalt hinaus zu erwarten hat, wenn er aus seinen Arbeitern die höchstmögliche Produktion herauspreßt?

Gibt es keinen Konflikt zwischen einem religiösen russischen Vater oder Mutter, die still und hilflos zusehen müssen, wie ihr Kind in der staatlichen Schule im Geiste des Atheismus erzogen wird, und der Partei, die sich der atheistischen Auffassung verschrieben hat? Es muß wohl auch eine gewisse Verschiedenheit unausgesprochener Meinungen geben zwischen den Parteiführern mit ihrem konservativen viktorianischen Geschmack auf dem Gebiet der Musik und der bildenden Künste und einem gebildeten Sowjetbürger, der sich nach moderner Kunst und Musik sehnt, seinem Geschmack aber nicht offen Ausdruck zu verleihen vermag.

Man kann die Zahl der Beispiele vervielfachen, doch immer wird eines feststehen: In keiner Gesellschaft sind die Menschen Automaten, sondern haben ihre eigenen individuellen Ideen und Interessen, und keine Gesellschaft, einschließlich die kommunistische, kann diesen Ideen und Interessen gegenüber immun sein. In einer Demokratie werden diese Konflikte offen zum Ausdruck gebracht und durch einen Mechanismus von freien Wahlen und Entscheidungen von gewählten gesetzgebenden Körperschaften geregelt, in denen verschiedene soziale Gruppen vertreten sind und einander das Gleichgewicht halten. Diese Ausdrucksmittel fehlen indessen in der kommunistischen Gesellschaft.

C Der Fabrikarbeiter

§ 4 . INDUSTRIALISIERUNG OHNE SOZIALISMUS Sowjetische Quellen behaupten, daß ihr Regime die Diktatur des Proletariates sei

Die Redner des XX. Parteikongresses hoben hervor, daß das Proletariat oder die Arbeiterklasse die führende Klasse in einer „sozialistischen" Gesellschaft ist. Wir wissen, daß die sowjetischen Arbeiter, ebenso wie alle anderen sowjetischen Staatsbürger, keine politische Macht haben. Man würde jedoch erwarten, daß sie von der Kommunitischen Partei verzärtelt würden. In Wirklichkeit jedoch kürzte Stalin die allzu einfache Formel Lenins, daß Sozialismus „die Sowjets plus Elektrifizierung" sei, noch weiter. Lenin meinte Industrialisierung, als er das Wort „Elektrifizierung" gebrauchte. Die Sowjets (Räte) jeder Stufe wurden zu einfachen Maschinen reduziert, die den Willen der Parteiführung registrierten. So blieb nur die Industrialisierung übrig. Vom ersten Fünfjahrplan an standen die Parteiführer im Banne einer raschen Industrialisierung der Sowjetunion. Eine rasche Industrialisierung erfordert jedoch Tüchtigkeit, Fachkenntnis und Begünstigung der Interessen jener Gruppe von Arbeitskräften, nach denen eine starke Nachfrage und von denen nur ein geringes Angebot besteht Das hat zu einer starken Differenzierung der Einkommen geführt. Die Partei hat weitgehend sowohl für die sogenannten Leiter der Produktion (Spitzen der Administration, des Betriebes und tüchtige Intellektuelle) gesorgt, als auch für jene, deren Aufgabe es ist, das glatte Funktionieren des Staatsapparates zu gewährleisten. Die angebliche Gesellschaft von „Gleichen" wies eine immer stärkere Gliederung in Schichten auf. Im Schatten der imponierenden Pyramide von neu gegründeten Industrien entstand eine andere Pyramide, die Pyramide einer in Schichten gegliederten Gesellschaft, die von Karl Marx wohl schwerlich als die Erfüllung seiner Träume bezeichnet worden wäre

§ 5 . ARBEITSDISZIPLIN Der Arbeiter ist einer jener gewöhnlichen Sowjetmenschen, der die Last der Industrialisierung zu bezahlen gehabt hat. Es wurde ihm bedeutet, daß er dem Leiter der Produktion zu gehorchen habe: dem Direktor, dem Werkstattleiter und dem Vormann. Die berühmte Einmann-Kommandogewalt Stalins ist in Kraft geblieben. Verstößt ein Angestellter (alle städtischen Werktätigen, die Fabrikarbeiter mit inbegriffen, sind Angestellte des Staates) gegen die Arbeitsdisziplin, so hat sein Vorgesetzter das Recht, eine entsprechende Strafe über ihn zu verhängen, nämlich eine Verwarnung, eine Versetzung an einen schlechter bezahlten Arbeitsplatz für eine begrenzte Zeit oder für ständig, und schließlich die Entlassung. Die Angestellten der Eisenbahnen, des Fluß-, See-und Luftverkehrs, der Post und einiger anderer Zweige haben schwerere Strafen, wie Gefängnis bis zu zehn Tagen, auf einfachen Entscheid ihres Vorgesetzten hin zu gewärtigen. Alle Disziplinarstrafen werden vom jeweiligen Vorgesetzten verhängt, ohne daß die Gewerkschaften das Recht einer Einsprache haben

Es ist hier zu erwähnen, daß die sowjetischen Gewerkschaften zusammen mit den Industrien „verstaatlicht" und zur Rolle eines anderen Armes des Arbeitgebers, des Staates, reduziert wurden. Streiks sind ungesetzlich, und zwar nach einer eher scherzhaften Formulierung durch Zinovjev im Jahre 1918: „Ich frage Sie, warum und von wem Sie Unabhängigkeit von Ihrer eigenen Regierung brauchen?" (W serossijskij sjezd prof so j uzo v, Moskva 1918, S. 75).

In dieser Regierung sitzt kein einziger tatsächlicher Arbeiter (s. IV. § 3), trotzdem nennt sie sich aber ein Arbeiterregime. Diese Behauptung, ein Arbeiterregime zu sein, wurde aufgestellt, um die Umwandlung der Gewerkschaften in Werkzeuge des Arbeitgebers, des Staates, zu rechtfertigen.

§ 6 . KOLLEKTIVVERTRÄGE; GEWERKSCHAFTEN Die grundlegende Besserung der Arbeitsbedingungen bildet nicht das Ziel der Kollektivverträge; die Löhne und die Länge der Arbeitszeit werden nämlich einseitig von der Regierung festgesetzt

Die Regierung und die staatlichen Direktoren bestimmen auch das minimale Produktionssoll, das der Arbeiter während eines Arbeitstages zu erfüllen hat Die jährlichen Kollektivverträge, die zwischen der Fabrikdirektion und der lokalen Gewerkschaft abgeschlossen werden, haben ebensowenig Einfluß wie die sowjetischen Wahlen. Der Allrussische Zentralrat der Gewerkschaften — zusammengesetzt aus vertrauenswürdigen Parteimitgliedern — und das Bundesministerium für einen Industriezweig legen jedes Jahr einen Musterkollektivvertrag für alle zum betreffenden Ministerium gehörenden Unternehmen fest. Dann kopieren die Direktion und die lokale Gewerkschaft in irgendeiner Fabrik diesen Mustervertrag und fügen die notwendigen örtlichen Einzelbestimmungen ein. Um sicher zu sein, daß ein lokaler Kollektivvertrag nicht vom Muster abweicht, muß er registriert und vom Allrussischen Zentralrat der Gewerkschaften sowie vom zuständigen Ministerium gutgeheißen werden.

Jeder Kollektivvertrag hat zwei hauptsächliche Aspekte: die Verpflichtung der Direktion und der Gewerkschaft, das von den staatlichen Behörden vorgeschriebene Produktionssoll zu erfüllen, und die Ver-pflichtung der Direktion, gewisse Leistungen auf dem Gebiete des Arbeitsschutzes und der Wohlfahrt auf sich zu nehmen. Die Bedeutung dieses letzteren Teils des Vertrages wird schon durch die Tatsache vermindert, daß sich die Direktion streng an das vom Staate gutgeheißene Budget des Unternehmens zu halten hat und nicht mehr Geld, als im Budget erlaubt ist, für den Schutz und die Wohlfahrt der Angestellten ausgeben kann. Gegenwärtig übernimmt die Direktion lediglich die Verpflichtung, ihr Möglichstes innerhalb des budgetären Rahmens zu tun. Es ist streng verboten, in den Kollektivvertrag andere Lohntarife einzubauen als die von der Regierung festgesetzten

Dazu kommt noch, daß die Gewerkschaften ständig von der Partei aufgefordert werden, die Direktion bei der Erhöhung der Disziplin und der Arbeitsproduktivität der Angestellten zu unterstützen.

Der letzte Kongreß der Gewerkschaften, der elfte, der im Jahre 1954 abgehalten wurde, wiederholte die traditionellen Pflichten der sowjetischen Gewerkschaften: die Mobilisierung der Angestellten zur Erfüllung und Übererfüllung des Fünfjahrplanes, die Senkung der Produktionskosten, die Erhöhung der Qualität der Erzeugnisse, größere Arbeitsproduktivität, sozialistischer Wettbewerb und eine weitere Anwendung der Akkordlöhne und des Prämiensystems

Die sowjetische Gewerkschaft ist derzeit ein Wachhund mehr, um den Angestellten im Auge zu behalten und ihn zu mehr und besserer Arbeit zu zwingen. Ihr Nutzen für den sowjetischen Angestellten ist äußerst beschränkt; nur wenn die Direktion sorglos mit ihren im Budget bewilligten Einnahmen bei der Ausrichtung von Leistungen an die Angestellten umgeht oder anderswie die staatlichen Vorsdiriften verletzt, nur dann darf die Gewerkschaft eingreifen und die Interessen ihrer Mitglieder verteidigen.

Schon der Begriff eines kollektiven Konfliktes zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist verbannt, da ja der Staat selber der Arbeitgeber, der Unternehmer ist. Der einzige Arbeitskonflikt, der in diesem Land der Diktatur des Proletariats anerkannt wird, ist eine Meinungsverschiedenheit zwischen der Direktion und den Angestellten über die Auslegung der staatlichen Vorschriften.

Es kann z. B. vorkommen, daß ein Arbeiter aufgefordert wird, am Sonntag zu arbeiten, und daß er, im Gegensatz zu den staatlichen Vorschriften, dafür keinen anderen Ruhetag erhält oder daß sein Lohn falsch ausgerechnet wurde oder aber daß man ihm den Antritt seiner jährlichen Ferien verweigerte. Alle diese Konflikte, die den Staat selbst nicht berühren, unterstehen der Rechtsprechung durch Schiedsgerichte, die sich aus einer gleichen Zahl von Vertretern der Direktion und der Gewerkschaft zusammensetzen. Da die Zahl der Vertreter der beiden Parteien im Schiedsgericht gleich ist, kann keine die andere überstimmen. Der Konflikt muß also friedlich beigelegt werden. Der springende Punkt hierbei ist jedoch, daß man im „Arbeiterstaat" keine Entscheidung gegen die Direktion fällen kann

§ 7 . DER ARBEITSTAG Der Arbeitstag der sowjetischen Arbeiter und Büroangestellten wurde im Jahre 1940 von sieben bzw.sechs Stunden auf acht Stunden ausgedehnt. Das ließ sich damals durch die kritische internationale Lage und später durch den Krieg selbst rechtfertigen. Man wird der Partei gerne zugestehen, daß sie außerstande war, den Siebenstundentag sofort nach Einstellung der Feindseligkeiten wiederherzustellen, da die Aufgabe des Wiederaufbaus eine gewaltige war. Der Wiederaufbau wurde jedoch nach dem ersten Nachkriegs-Fünfjahrplan beendet. Man hätte also erwartet, daß der Vorkriegs-Arbeitstag 1951 wieder eingeführt würde. Stalin und später seine Nachfolger waren indessen derart von ihrer industriellen Macht besessen, daß erst der XX. Kongreß im Jahre 1956 die Rückkehr zum Vorkriegs-Arbeitstag verkündete. Der Arbeitstag soll wieder auf sieben Stunden reduziert werden Chruev versicherte den Arbeitern feierlich von der Kongreßtribüne, daß die Wiedereinführung des kürzeren Arbeitstages keine Lohnsenkungen zur Folge haben werde Da die meisten sowjetischen Arbeiter nach Akkord entlohnt werden, müßte dann ein kürzerer Arbeitstag durch eine Erhöhung des Lohnanteils an der derzeitigen Produktion wettgemacht werden, die durch die Verkürzung der Arbeitszeit eine Senkung erleidet. Kaum einen Monat nach dem Abschluß des Kongresses wurde auch eine Verordnung erlassen (8. III, 1956), die die Arbeitszeit an Sonnabenden und Vorabenden vor offiziellen Ruhetagen auf sechs Stunden reduzierte (dies, plus versprochener Siebenstundenarbeit an den übrigen Wochentagen, wird eine Arbeitswoche von insgesamt 41 Stunden anstatt der früheren 48 Stunden ergeben), aber ausdrücklich festlegte: „Wo immer Akkordlohn besteht, sind die Löhne nach der gegenwärtigen Produktion zu zahlen" Gleichzeitig wurde es aber auch vermieden, die 10

Vergütung für Arbeit an Sonnabenden zu erhöhen. Auf diese Weise wurde der sowjetische Arbeiter vor folgende Alternative gestellt; entweder an Sonnabenden intensiver zu arbeiten und zu versuchen, seine Produktion zu erhöhen, oder weniger Geld nach Hause zu bringen. Falls man dasselbe System bei der Reduktion des Arbeitstages auf sieben Stunden anwendete, dann würden die Fabrikarbeiter im allgemeinen ein geringeres Einkommen beziehen, da sie ihre längere Ruhezeit aus ihrer eigenen Tasche bezahlen müßten.

§ 8. PRODUKTIONSNORMEN Es besteht vielleicht noch eine andere Gefahr einer indirekten Kürzung der Löhne. Der XX. Parteikongreß billigte nämlich die von der Regierung durchgeführten Untersuchungen über die Möglichkeit der Eihöhung der Produktionsnormen. Jedem sowjetischen Arbeiter obliegt die gesetzliche Verpflichtung, jeden Tag eine Minimalproduktionsnorm zu erfüllen. Diese Normen werden von der Direktion der Fabrik ohne jegliche Befragung der Gewerkschaft festgesetzt, während die Regierung ihrerseits selber für gewisse Industrien eine zentrale Regelung der Normen vornimmt. Die Partei hatte oftmals betont, daß diese Normen nicht auf Grund der Durchschnittsergebnisse eines Betriebes oder einer Industrie zu berechnen sind, sondern auf Grund einer von den leitenden Direktoren und Ingenieuren vorgenommenen Berechnung, die in Betracht zieht, was man von einem Arbeiter erwarten soll, und die von den Aktivisten erzielten Ergebnisse in Rechnung stellt. Kaganowic, damals Präsident des Regierungsausschusses für eine das ganze Land umfassende Revision der industriellen Produktionsnormen und Löhne, beklagte sich vor dem XX. Kongreß bitter darüber, daß mehr als die Hälfte der Löhne für eine erhöhte Bezahlung, für die Übererfüllung der Normen und für andere Prämien entrichtet werden und folgerte hieraus, daß diese Normen zu niedrig seien und ziemlich leicht übererfüllt werden könnten. Er und andere Kongreßredner machten es klar, daß man diese Normen als Folge der gegenwärtigen Regierungsuntersuchungen über diesen Gegenstand scharf erhöhen werde

Das bedeutet, daß man beabsichtigt, den Reallohn der Arbeiter zu senken, da es in Zukunft eine schwierige Aufgabe sein wird, die Norm überzuerfüllen; außerdem dürfte es dem Arbeiter schwer-fallen, den gegenwärtigen Gewinn aus dem Akkord herauszuschlegen. Diese Ankündigung kompensierte die verschiedenen Zugeständnisse des XX. Parteikongresses an die Fabrikarbeiter.

Die Nichterfüllung der Minimalnorm hat zwei Sanktionen zur Folge. Die eine ist ein geringerer Lohn, da der Arbeiter genau im Verhältnis zu seiner Produktion bezahlt wird. Die andere Sanktion ist eine disziplinarische, da die systematische Nichterfüllung der Norm einen Bruch der Disziplin darstellt. Doch kann ein sowjetischer Arbeiter, der seine Produktionsnorm in — sagen wir — sechs Stunden erfüllt hat, nicht ausruhen, nicht nachlassen, weil „die Erfüllung der Produktionsnorm vor dem Ende des Arbeitstages den Arbeiter nicht von der Verpflichtung befreit, die Arbeit fortzusetzen und „die ganze Arbeitszeit ausschließlich für produktive Arbeit zu verwenden', d. h.seine Arbeitszeit bis zum äußersten auszunutzen" (A. E. Paserstnik, Pravovyje voprosy v o z n a g r a z d e n i j a za trud rabocichi slusazcich. Moskva 1919, S. 234).

§ 9 . ABSTUFUNGEN DER LOHNE In einer Gesellschaft mit verstaatlichten Produktionsmitteln läßt sich die soziale Gleichheit nicht anders messen als an Hand der Einkommen und des Bildungsstandes. An diesen Maßstäben gemessen ist die sowjetische Gesellschaft ebensoweit von der Gleichheit entfernt wie jede andere, kapitalistische Gesellschaft. Derzeit wird das Streben nach Gleichheit als ein primitiv-bäuerlicher oder kleinbürgerlicher Aberglaube angesehen. Die Partei fordert Arbeit und Wirksamkeit und kann dies nur durch materiellen Ansporn erhalten. Artikel 12 der Verfassung sagt: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung." Die Schwierigkeit beginnt, wenn man nach einem gemeinsamen Vergleichsmaßstab Ausschau hält, der allgemein auf alle Staatsangestellten anwendbar ist.

Die sowjetischen Kommunisten behaupten, daß sie einen solchen Vergleichsmaßstab in der Menge und Güte der geleisteten Arbeit gefunden haben. Doch lassen sich nur vergleichbare Werte vergleichen;

so kann man die Menge der von zwei Maurern gelegten Ziegel messen oder die Qualität der Arbeit von zwei Bäckern oder zwei Schneidern vergleichen. Beide Maßstäbe werden allerdings sinnlos, wenn man sie dazu benutzt, die Quantität oder Qualität der Arbeit von zwei Personen zu vergleichen, die in verschiedenen Berufszweigen stehen.

Wie ist es denn möglich, die Produktion eines Bäckers oder eines Berg-mannes mengenmäßig miteinander zu vergleichen oder die Arbeit eines Schullehrers und eines Stahlarbeiters auf Grund der Qualität miteinander in Parallele zu setzen?

Die Partei sah sich gezwungen, das gute alte „kapitalistische" Gesetz von Angebot und Nachfrage anzuerkennen. Die Nachfrage ist die des Staates, der in dem einen Sektor mehr Arbeitskräfte benötigt als in dem anderen und für den die Erzeugung gewisser Güter vordringlicher ist als gewisser anderer. Das ist der Schlüssel zur großen Differenz der sowjetischen Löhne und Gehälter. Es bedarf längerer Zeit und größerer Anstrengung, um einen Wissenschaftler heranzubilden als einen Facharbeiter. Daher ist ein sowjetischer Wissenschaftler weit besser bezahlt als ein Ingenieur, dieser wiederum besser als ein Facharbeiter, während der ungelernte Arbei--ter einen Lohn erhält, der knapp das Existenzminimum deckt Die Löhne in der Industrie sind in vielfältiger Weise abgestuft. In jeder Industriesparte werden die Arbeiter in sieben, neun oder mehr Geschicklichkeitskategorien eingereiht, wobei jede Kategorie verschiedene Grundlöhne hat. Fabriken desselben Industriezweiges werden gewöhnlich in drei Kategorien eingeteilt und die Arbeiter erhalten höhere und niedrigere Löhne, je nachdem zu welcher Kategorie ihre Fabrik gehört, obwohl alle diese Fabriken die gleichen Güter erzeugen Die verbleibende Ungleichheit in den individuellen Einkommen hängt dann von der Quantität und Qualität der Produktion des betreffenden Arbeiters ab. Die ungelernten Arbeiter — von denen es viele gibt — fahren dabei am schlechtesten, während die geschulten Leute — von denen es nur wenige gibt — am besten davonkommen. DerXX. Parteikongreß versprach, irgendwie die schreiendsten Ungleichheiten der „sozialistischen" Gesellschaft zu korrigieren. Die Löhne der ungelernten Arbeiter sollen gehoben werden; bisher haben diese etwa 300 Rubel im Monat erhalten, während ein durchschnittlicher gelernter Arbeiter wahrscheinlich etwa 700 — 800 Rubel verdient Da es keine Familienzulagen gibt, vermag ein ungelernter Arbeiter mit großer Familie selbst dann kaum einen leidlichen Lebensstandard aufrechtzuerhalten, wenn auch seine Frau arbeitet. Ein Anzug für einen Mann kostet 1 000 bis 3 000 Rubel, ein Wintermantel 900 bis 4 000 Rubel, ein Hemd 75 bis 300 Rubel, ein Paar Schuhe 200 bis 400 Rubel Die höchsten Gehälter werden auf andere Weise beschnitten. Die Grundgehälter der höchsten Einkommenskategorien sollen gesenkt werden, wobei erhöhter Nachdruck auf die Prämien gelegt wird. Dadurch verdient ein erfolgreicher Wissenschaftler, Ingenieur, Fabrikdirektor, Schriftsteller usw. gleich viel wie bisher oder auch mehr als bisher, doch wird der größere Teil seines Einkommens aus den Prämien stammen, die ihm für die Ergebnisse seiner Anstrengungen verliehen wurden. Jemand, der weniger erfolgreich ist oder der bloß eine Routinearbeit verrichtet, wird wegen der Reduktion der höchsten Grundgehälter weniger gut bezahlt werden. Diese Reform wurde also nicht vom Streben nach einer größeren Gleichheit diktiert, sondern will einen Druck zur Erreichung eines größeren Arbeitseffektes ausüben § 10. BEZAHLTE FERIEN; SOZIALVERSICHERUNG Die sowjetischen Arbeiter erhalten jährlich zwei Wochen bezahlte Ferien, ebenso wie ihre Kollegen in den fortschrittlicheren westlichen Ländern. Das Feld der Sozialversicherung ist ebenso ausgedehnt wie in den meisten dieser Länder, doch behaupten die Kommunisten, daß die sowjetischen Arbeiter und anderen Angestellten keinen Beitrag für die Versicherung zu entrichten haben und daß der Staat alle Kosten der Sozialversicherung auf sich nimmt Dies stimmt schon, obwohl ja auch jeder andere Staat mit völlig verstaatlichten Industrien dasselbe tun könnte, ohne dabei von seinen Angestellten Dankbarkeit zu verlangen. Dem Sowjetstaat, der Herr seines Budgets und der Löhne seiner Angestellten ist, standen zwei Wege offen: entweder niedrigere Löhne, um für die Kosten der Sozialversicherung zu zahlen, oder höhere Löhne und Abzüge für die Sozialversicherung Er wählte das erste, um großmütig zu erscheinen, doch wird diese besondere Ausgabe des Staates, wie alle anderen, letztlich mit dem Schweiß des Volkes bezahlt. § 11 . BESCHRÄNKUNG DER FREIHEIT; STRAFEN Bis vor kurzem wurden alle sowjetischen Angestellten wie Sklaven behandelt. Sie hatten kein Recht, ihren Arbeitsplatz zu wechseln (Zuwiderhandlungen wurden mit zwei bis vier Monaten Gefängnis bestraft), außer ihre Direktion gab sie frei. Die Direktion konnte das aber nur dann tun, wenn eine solche Freigabe nicht die Produktion eines gewissen Arbeitsplatzes beeinträchtigte. Der Direktion stand der alleinige Entscheid zu, ob ein Angestellter freigegeben wurde oder nicht. Dazu kommt noch, daß Ingenieure, Werkleiter, Mitglieder der Direktion und höher geschulte Arbeiter durch eine Verfügung in eine andere Fabrik versetzt werden konnten, selbst wenn dies mit einer Verlegung des Wohnortes in eine Stadt verbunden war, die mehi als 100 km entfernt lag. Da jeder sowjetische Angestellte ein Arbeitsbuch besitzt, das er vorzeigen muß, wenn er Arbeit erhalten will, war es leicht, einen Arbeiter zu entlarven, der seinen Arbeitsplatz willkürlich, ohne Zustimmung seines Direktors verließ. Außerdem muß jeder Stadtbewohner einen Inlandspaß haben, ohne den ihm niemand ein Zimmer vermieten oder Unterkunft geben darf. Diese Pässe sind der örtlichen Polizei vorzulegen, wenn man an einen neuen Wohnort zieht. Auf diese Weise ist die Polizei imstande zu kontrollieren, ob der Neuankömmling ordnungsgemäß von seinem früheren Direktor freigegeben wurde. Normalerweise hat ein Angestellter am gleichen Arbeitsplatz zu bleiben. Diese 1940 eingeführte Vorschrift wurde erst am 25. IV. 1956 aufgehoben

Seit diesem Zeitpunkt befindet s IV. 1956 aufgehoben 22).

Seit diesem Zeitpunkt befindet sich in dieser Hinsicht der Sowjetarbeiter in nahezu der gleichen Lage wie ein Arbeiter in einem west-lichen Land. Er darf seinen Arbeitsplatz nach zweiwöchiger Kündigung verlassen. Das Verlassen des bisherigen Arbeitsplatzes wird jedoch — obwohl es aufgehört hat, ein Staatsverbrechen zu sein — weiterhin mit scheelen Augen angesehen. Schon die Tatsache des Austritts muß von der Direktion im Arbeitsbuch des Angestellten vermerkt werden. Außerdem trifft den Arbeiter auch insofern eine Strafe, als er gewisser Privilegien der Sozialgesetzgebung verlustig geht, die mit einer ununterbrochenen Anstellung am gleichen Platz verknüpft sind. Der sowjetische Arbeiter hat aber jetzt das Recht auf den Wechsel seines Arbeitsplatzes erworben.

Wird diese Besserstellung seiner Lage eine ständige sein? Die Ant-wort hängt von der Reaktion der Arbeiter ab. Wenn nämlich die Arbeiter dazu neigen, von diesem Recht häufig Gebrauch zu machen, dann wird dies ein gewisses Fluktuieren der Arbeitskräfte zur Folge haben, was wiederum die Planwirtschaft ernsthaft beeinträchtigen muß. In diesem Falle wird vielleicht die Partei genötigt sein, zum Verbot des Arbeitsplatzwechsels ohne Bewilligung zurückzukehren. In der Zwischenzeit kann man davon überzeugt sein, daß die Partei und die Gewerkschaften eine Kampagne starten werden, im Laufe derer versucht werden soll, die Angestellten zu überreden, ihr neuerworbenes Recht nur sparsam zu gebrauchen.

Die Erben Stalins schufen noch ein anderes Ärgernis der Arbeitsgesetzgebung ab, nähmlich die Verfolgung der Verspätung und der eigenmächtigen Abwesenheit 23).

Zwischen 1940 und 1951 wurden Arbeiter und andere Angestellte, die ohne genügenden Grund mit einer größeren Verspätung als 20 Minuten zur Arbeit erschienen, vor Gericht verfolgt und durch die Reduktion ihres Lohnes bis zu 25 0/0 für eine Zeit bis zu 6 Monaten bestraft. Im Jahre 1951 führte Stalin selbst ein milderes System ein:

eine Verwarnung für eine einmalige Verspätung oder die Reduktion des Lohnes für einige Wochen oder Monate durch einen Gerichtsentscheid für die unentschuldigte Abwesenheit während einiger Tage 24).

Der Erlaß vom 25. April 1956 schuf die gerichtliche Verfolgung überhaupt ab; jetzt werden die sich verspätenden oder unentschuldigt fernbleibenden Angestellten bloß durch Disziplinarstrafen gestraft, wobei als schwerste Strafe die Entlassung angewandt wird 25).

Dieselbe Verordnung zog das frühere Recht der Regierung zurück, gelernte Arbeitskräfte von einem Arbeitsplatz an den anderen zu versetzen

Nichtdestoweniger sind die Zöglinge der Gewerbe-und Berufsschulen (gelernte Jungarbeiter, junge Arzte, Advokaten, Ingenieure, Agronomen usw.), die eben ihre Studien abgeschlossen haben, weiterhin gesetzlich verpflichtbar, auf Grund einer Zwangsanweisung an ihrem ersten Arbeitsplatz drei oder vier Jahre auszuharren. Im allgemeinen beginnt die Arbeitspflicht für junge Männer und Frauen im Alter von 16 Jahren, doch kann ein Jugendlicher mit Bewilligung des Arbeitsinspeklors bereits im Alter von 14 Jahren zu arbeiten anfangen; wenn seine Eltern nicht mit ihren Einkünften auskommen, dann ist er dazu gezwungen.

§ 12. HAFTUNG FÜR SCHADEN Die sowjetischen Arbeiter sind voll verantwortlich für jeden Schaden, der durch ihre Schuld an den Maschinen, am Rohmaterial, an den Werkzeugen oder an den erzeugten Waren entsteht (VIII § 16). Für Schaden durch Nachlässigkeit kann der Arbeiter gezwungen werden, den fünffachen Wert der beschädigten Güter zu bezahlen Arbeiter, die sich am staatlichen Eigentum vergreifen, können in ein Arbeitslager für sieben bis zehn Jahre eingewiesen werden, mit oder ohne Konfiszierung ihres persönlichen Eigentums.

§ 13. BESTEUERUNG Die Einkommensteuer ist niedrig, ihr Maximum beträgt 13 Prozent. Dieser Maximalsatz, kann auf Einkommen angewandt werden, die 1 000 Rubel im Monat übersteigen

Ein Arbeiter muß schon gut geschult sein und außerdem Aktivist sein, der sein Produktionssoll ständig übererfüllt, wenn er einen Lohn von mehr als 1000 Rubel erhalten will. Dieser niedrige Maximalsatz der Einkommensteuer wurde also nicht festgesetzt, um die Fabrikarbeiter oder Bauern zu begünstigen, sondern im Interesse der Personen mit einer höheren Erziehung und Bildung, einschließlich der Fabrikdirektoren und Ingenieure. Der Sowjetstaat stützt sich eher auf indirekte Steuern als Haupteinnahmequelle. Es gibt zwei Hauptformen dieser Art von Besteuerung: Verkaufssteuer und Steuer auf die von den Staatsunternehmen gemachten Gewinne

Beide Arten dieser indirekten Steuer werden letztlich vom Verbraucher oder, mit anderen Worten, vom einfachen Mann getragen.

Jede Ware im sowjetischen Handel, einschließlich Lebensmittel und anderer Gebrauchsgüter, wird besteuert. Die Steuer ist im Detailverkaufspreis inbegriffen und macht gewöhnlich 15 bis sogar 88 °/o dieses Preises aus. So entfällt z. B. 67 bis 71 0/0 des Verkaufspreises für Rindfleisch, 48 0/0 des Preises für Kartoffeln, 60 bis 65 0/0 des Preises für Butter, 10 bis 40% des Preises für Schuhe, 75 bis 88% des Preises für Zigaretten usw. auf diese Steuer

Die Verkaufssteuer beträgt gewöhnlich 45 bis über 50 % sämtlicher Staatseinnahmen Zu dieser Ziffer sind hinzuzufügen die jährlichen obligatorischen Staatsanleihen, die von den Sowjetbürgern nach einem gewissen festgesetzten Satz gezeichnet werden müssen, der dem Lohn oder Gehalt von zwei bis drei Wochen entspricht.

Hierin besteht nun die hauptsächliche Erklärung für die rasche Industrialisierung. Die Mittel dazu werden von dem schwer arbeitenden Sowjetmenschen bereitgestellt, und zwar hauptsächlich durch die Verkaufssteuer, durch die Steuer auf die Gewinne der Staatsunternehmen und durch die Staatsanleihen. Dies ist aber auch die Erklärung für den Umstand, warum der Lebensstandard in der Sowjetunion niedrig bleibt im Vergleich zu anderen hochindustrialisierten Gesellschaften. Der Arbeiter und der Bauer, die zusammen die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung darstellen, haben für die rasche Industrialisierung und für den Aufbau der wirtschaftlichen Macht des „sozialistischen" Staates zu bezahlen.

§ 14. WOHNUNGSVERHÄLTNISSE Jemand mit einem niedrigen Einkommen, der nicht ein eigenes Haus kaufen oder bauen kann, muß sich mit dem gesetzlichen Minimum von 8, 25 m 2 Wohnfläche pro Person begnügen

Das ist nur ein kleiner Raum, aber selbst dieser ist für die Sowjetbürger nicht immer erreichbar gewesen.

So ist es denn kein Wunder, daß ein größerer Raum zwei oder mehrere Bewohner, und eine Wohnung zwei oder mehrere Familien aufnehmen muß, die dann die Nebenräume, wie Küche usw., gemeinsam benutzen. Die sowjetischen Vorschriften sehen vor, daß eine der Hausfrauen des Hauses eine Einteilung macht, allfälligen Streit schlichtet und die Anmeldung von nächtlichen Besuchen bzw. Übernachtungen beim Hausverwalter und bei der Polizei überprüft. Sie ist, ob sie es nun will oder nicht, das niedrigste „Auge des Staates", das die Loyalität der Mitbewohner überwacht. Dieses unerfreuliche Problem des Zusammenwohnens mit Fremden existiert immerhin nicht für Personen mit höherem Einkommen, die es sich leisten können, ein eigenes Privathaus zu kaufen oder zu bauen. Nur Aktivisten, die sogenannten Stachanow-Arbeiter vermögen sich diesen Luxus zu erlauben; außerdem kann manchmal auch ein Bruchteil der Facharbeiter durch Sparen oder Aufnahme von hochverzinslichen staatlichen Krediten ein kleineres eigenes Haus bauen. Die höchstbezahlten Personen besitzen ein anderes Privileg, daß sie nämlich ein Privathaus in der Stadt und eine Villa in einem Landbezirk zur Erholung haben dürfen.

D. Der Bauer

§ 15. ENTLOHNUNG Die Entlohnung für die landwirtschaftliche Arbeit wird nicht in Rubeln berechnet, sondern in speziellen Recheneinheiten von unterschiedlichem Wert, die „Arbeitstage" genannt werden Der Kolchosbauer hat diese Recheneinheiten in seinem Arbeitsbuch eingetragen. Sie werden in ungleicher Weise, je nach der Natur seiner Beschäftigung gutgeschrieben; die normalen Kolchosbauern weiden auf Grund dieses Prinzips in neun Kategorien eingeteilt, wobei z. B. die niedrigste, die der Schweinehirten, für einen Tag Arbeit einen halben „Arbeitstag" und die höchste, die der qualifizierten landwirtschaftlichen Fachkräfte, für denselben Tag zweieinhalb „Arbeitstage“ erhält. Außerdem bekommen die Kolchosbauern Prämien für eine höhere Produktion oder für bessere Resultate, und diese Prämien werden wieder in „Arbeitstagen" verrechnet. Auf diese Weise wird dem Kolchosbauern bis zum Ende des landwirtschaftlichen Jahres ein gewisser Betrag von solchen „Arbeitstagen", von einhundert bis zu mehreren hundert, je nach der Kategorie seiner Beschäftigung, gutgeschrieben. Allerdings weiß er am Ende des Wirtschaftsjahres noch immer nicht, was der Wert seines „Arbeitstages" sein wird, da dieser Wert vom Gesamteinkommen der Kolchose in einem Jahr abhängt.

Wenn die Direktion der Kolchose am Ende des Wirtschaftsjahres die Schlußabrechnung aufstellt, muß sie vom Bruttoeinkommen zuerst verschiedene Leistungen an den Staat abziehen, die durch Vorschriften geregelt sind. „Die Interessen des Staates gehen allem anderen vor!"

(P r a w d a , 7. VI. 1952.) Aus diesem Grund hat die Kolchose zu allererst ihre Verpflichtungen dem Staate gegenüber zu erfüllen, deren Bezahlung in Gütern oder Geld einen beträchtlichen Teil der jährlichen Einkünfte ausmacht. Diese Verpflichtungen sind die folgenden:

I. Zwangsablieferungen von landwirtschaftlichen Produkten (Getreide, Vieh und dessen Produkte, Gemüse usw.) gemäß offiziell festgesetzten Quoten, die sich nicht nach unvorhersehbaren landwirtschaftlichen Faktoren ändern, -für diese Ablieferungen erhält die Kolchose einen nur geringen Preis. Aus diesen Ablieferungen deckt dann der Staat den größten Teil des Bedarfes der städtischen Bevölkerung 2. Die Zahlung, wieder in Waren, an die Maschinenausleihstation, die vom Staat betrieben wird und die das Monopol der mechanisierten landwirtschaftlichen Ausrüstung besitzt; die Kolchosen sind verpflichtet, die Dienste der Maschinenausleihstationen in Anspruch zu nehmen. 3. Hat die Kolchose mit einem staatlichen Unternehmen einen Vertrag abgeschlossen, gewisse landwirtschaftliche Güter zu produzieren, wie z. B. Tabak, so muß sie die ganze Ernte zu einem Preise abliefern, der etwas höher ist als oben erwähnter und der in Bargeld ausbezahlt wird. 4. Die der Kolchose als Einheit auferlegte Einkommensteuer, die zu einem höheren Satz berechnet wird als die städtische Einkommensteuer, sowie die Prämien für die staatliche Versicherung, sind in Geld zu entrichten. Dieses Geld verschafft sich die Kolchose meistens dadurch, daß sie über ihre Quote hinaus zusätzliche Güter dem Staate verkauft, für die sie einen höheren Preis erzielt als für die Zwangsablieferungen. 5. Zahlungen an verschiedene Fonds (Reserven), wie Saatgut, Futter, Nahrungsmittel (für außergewöhnliche Notfälle wie Dürre, wo Lebensmittel an die Mitglieder der Kolchose verteilt werden müssen), an Geldfonds für administrative und andere Ausgaben (Bauten, Einkauf von Düngemitteln, Brennstoff usw.), an den unsichtbaren Reservefonds, der jedes Jahr erhöht wird und nichts anderes darstellt als ein zusätzliches Betriebskapital der Kolchose, an den Hilfsfonds für alte und bedürftige Kolchosbauern und an andere Fonds, die jedes Jahr neu aufgefüllt werden müssen. Es ist interessant, daß dem Fonds für die Alten und Hilfsbedürftigen nicht mehr als zwei Prozent des Bruttoeinkommens der Kolchose zugewandt werden dürfen, trotz des Umstandes, daß der Staat die Kolchosbauern nicht gegen Alter und andere Risiken versichert Was nach all diesen Abzügen verbleibt, ist das Nettoeinkommen, das dann an die Kolchosbauern je nach dem Betrage ihrer „Arbeitstage" verteilt wird. § 16. STAATSKONTROLLE Der Staat regelt jede Tätigkeit der Kolchose: die Produktionspläne, die obligatorische Benutzung des landwirtschaftlichen Maschinenparkes, der sich im Besitz der staatlichen Maschinenausleihstation befindet, das gesetzliche Minimum sowohl der saisonalen als auch der jährlichen Arbeitstage, an denen die Kolchosbauern arbeiten müssen, die Größe der Ablieferungen von Naturalien und den Preis für die von den Kolchosen bezogenen landwirtschaftlichen Produkte. Selbst wenn der Staat seine Entscheidung nicht in die Form offizieller Vorschriften kleidet, gibt er sie in Form strenger „Empfehlungen* der Partei und der Regierung, denen man zu gehorchen hat. In Wirklichkeit ist eine Kolchose ein Staatsbetrieb, mit dem Unterschied, daß er nicht ihr Budget oder das individuelle Einkommen ihrer Mitglieder durch seine Unterschrift gutheißt. Kommt nun das niedrige Einkommen der Kolchosbauern zur Sprache, so behauptet der Sowjetstaat, dies sei ein internes Problem der Kolchosen, die ja dem Gesetze nach unabhängige landwirtschaftliche Genossenschaften sind

Diesen „unabhängigen" Genossenschaften ist es allerdings verboten, sich auf nationaler oder anderer territorialer Basis zusammenzuschließen, wodurch es ihnen unmöglich gemacht wird, ihre Inter-essen gegen den Staat kollektiv zu verteidigen

Dieser Aspekt der staatlichen Kontrolle hat aber auch eine andere Seite. Die Hauptperson in einer Kolchose, die eine große Wirtschaft auf staatlichem Boden ist, ist der Präsident der Direktion. Diese Präsidenten üben ihre Tätigkeit nach dem beliebten sowjetischen Prinzip der Einmann-Befehlsgewalt aus. Theoretisch werden sie durch die Generalversammlung sämtlicher arbeitsfähiger Kolchosenbauern gewählt.

In Wirklichkeit erfolgt aber ihre Wahl durch die Partei-und Staatsorgane, sie werden in das betreffende Dorf geschickt und dort von den Bauern, die einer gegebenen Kolchose angehören, „einstimmig" oder durch Handaufheben gewählt. Auf dem XX. Parteikongreß der Kommunistischen Partei gab Kaganovic zu, daß 30 000 Präsidenten auf solche Weise von der Partei „empfohlen" und natürlich auch entsprechend gewählt wurden Da sich die Gesamtzahl der Kolchosen derzeit auf rund 90 000 beläuft, wurde ein Drittel ihrer Präsidenten seit dem Tode Stalins in dieser typisch sowjetischen Art und Weise „gewählt“.

Dieses Bild ist noch durch einige andere Züge der Lebensbedingungen eines durchschnittlichen sowjetischen Landbewohners zu ergänzen. In den letzten Jahren wurden die Kolchosen (natürlich erfolgreich) dazu angehalten, die von ihren Mitgliedern geforderte minimale Zahl von Arbeitstagen über den gesetzlichen vorgeschriebenen Mindestsatz zu erhöhen. Die Bauern hatten auf ihrer Generalversammlung den von einem Parteimitglied oder vom Präsidenten gemachten Vorschlag, ihre Arbeitsquote zu erhöhen, „spontan" anzunehmen. Das Eigentum einer Kolchose wird als „sozialistisches oder öffentliches" Eigentum fast dem Staatseigentum gleichgestellt und durch die Androhung von ähnlich harten Strafen wie das Staatseigentum geschützt

§ 17. BESCHRÄNKUNG DER PERSÖNLICHEN FREIHEIT Der Landbevölkerung werden keine Inlandspässe ausgestellt, wodurch sie verhindert wird, aus freien Stücken in die Industriezentren oder anderen Städte zu ziehen, deren Einwohner einen solchen Paß besitzen müssen. Dies verhindert wirksam eine freie Zuwanderung der Dorfbevölkerung in die Städte. Ein Kolchosbauer kann auch nicht seine Kolchose verlassen und in eine andere übertreten, ohne durch seine Direktion, d. h. in Wirklichkeit durch den Präsidenten, freigegeben worden zu sein. Er fährt fort, ein an den Boden seines Heimatdorfes gefesselter Sklave zu bleiben, außer er wird von der mächtigen Hand des Staates in einen anderen Beruf versetzt. Dies kann bei einem Jugendlichen vorkommen, wenn er von einer staatlichen Berufsschule ausgenommen und dort als zukünftiger Fabrikarbeiter ausgebildet wird

Ein erwachsener Bauer kann von Glück sprechen, wenn er von den staatlichen Arbeitsbüros als ungelernter Fabrikarbeiter angeworben wird. Zeigt er sich geschickt, so kann sein Jahresvertrag in einen ständigen umgewandelt und seine soziale Stellung in die eines Arbeiters umgeändert werden

Es kann auch vorkommen, daß der Staat „Freiwillige" anwiibt, insbesondere jüngere Bauern, um sie in anderen Gebieten der Sowjetunion anzusiedeln, wo landwirtschaftliche Arbeitskräfte gebraucht werden. Diese Werbung wurde in der Zeit nach dem Tode Stalins is großem Umfang zur Bebauung der jungfräulichen Böden in Kasachstan und Sibirien durchgeführt; die „Freiwilligen", die einem schweren Druck von Seiten der Partei und anderer Organisationen ausgesetzt waren, rekrutierten sich sowohl aus Stadt-als auch aus Landbewohnern.

Der Bauer darf zwar nicht seine Kolchose verlassen (die neuen Gesetze, die nach Kündigung von zwei Wochen einen Wechsel des Arbeitsplatzes gestatten, beziehen sich nicht auf die Bauern), doch kann er aus ihr verjagt werden. Dieses Recht steht nun der Generalversammlung zu, d. h. in Wirklichkeit dem Präsidenten und den örtlichen Staats-und Parteifunktionären, deren diesbezüglicher Vorschlag von der Versammlung angenommen wird.

Diese schwere Strafe wird verhängt, wenn jemand das „Verbrechen“ begeht, das jährliche Minimum von Arbeitstagen nicht zu erfüllen Was geschieht dann mit einem solchen landwirtschaftlichen „Verbrecher"? Er kann nicht Fabrikarbeiter werden, da er ja keinen Inlandspaß besitzt. So findet er denn keinen Platz für sich in der sowjetischen Wirtschaft und wird ein Vagabund in einem Lande, wo Vagabunden als Verbrecher angesehen werden. § 18. AUSBEUTUNG DURCH BEAMTE Auf diese Weise gehört der Bauer zu der sowjetischen „unterdrückten Kaste". Die lokalen Staatsbeamten behandeln ihn als einen Bürger zweiter Klasse und mißbrauchen oft ihre Amtsgewalt auf Kosten der Kolchosen. Seit der Kollektivierung der Landwirtschaft bis zum heutigen Tage haben sich die Partei und die Regierung ständig über solche Mißbräuche beschwert, die nicht beabsichtigt sind, vielmehr normale Schattenseiten der menschlichen Natur darstellen. Die örtlichen sowjetischen Bürokraten fordern die Kolchosbauern auf, verschiedene Dienstleistungen für ihre Institutionen und Organisationen zu verrichten, wobei der Gegenwert dieser Dienstleistungen vorschriftswidrig von den Kolchosen zu bezahlen ist, oder sie fordern Bestechungsgelder in Form von Gütern, wenn eine Kolchose gerne möchte, daß sie ihre Augen zudrücken, oder sie zwingen eine Kolchose, ihnen die Güter zu einem abnorm niedrigen Preis zu verkaufen So ist es denn nicht verwunderlich, daß ein Mangel an Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Rohstoffen, wie Häuten, Wolle und Baumwolle besteht, die zur Herstellung von Gebrauchsartikeln, wie Schuhe und Kleider, benötigt werden. So hat also auch der kleine Mann in der Stadt einen Preis für die Kollektivierung der Landwirtschaft zu zahlen. Natürlich fühlte sich die Partei gezwungen, nach Sündenböcken Ausschau zu halten. So wurde im Jahre 1953 Berija, dem niemals die Landwirtschaft unterstellt gewesen war, beschuldigt, die landwirtschaftliche Politik zu sabotieren Jetzt wird Stalin nach seinem Tode der Vorwurf gemacht, in seiner landwirtschaftlichen Politik Fehler begangen zu haben. Nichtsdestoweniger behauptete dieselbe Resolution des Zentralkomitees der Partei vom 30. VI. 1956, die seine nicht näher umschriebenen Fehler auf diesem Gebiete verkündete, daß die Partei, und somit auch Stalin, Recht hatte, als sie die Landwirtschaft kollektivierte § 19. BÄUERLICHE NEBENWIRTSCHAFT UND IHRE EINENGUNG Stalin machte den Bauern zur Zeit der Kollektivisierung, die — wie er einmal Winston Churchill während des letzten Krieges erklärte — das größte Wagnis und die nerventötendste Operation in seiner gan-zen politischen Karriere war, ein bemerkenswertes Zugeständnis. Er ließ jeder Kolchosbauernfamilie ein kleines Stück Land für den eigenen Anbau, ferner eine Kuh und einige andere Haustiere. Diese „Hilfswirtschaft" sicherte dem Bauern ein zusätzliches Einkommen. Auf diesem Stückchen Land war der Bauer bereit, bis zur Grenze seiner Kräfte zu arbeiten, obwohl er auch vom Erlös dieser Wirtschaft Zwangslieferungen an den Staat zu machen hatte. Doch wußte er, daß, je mehr er auf dem Stückchen Land um sein Haus arbeitete und je mehr er für seine Kuh, sein Schwein oder Schaf Sorge trug, desto größer das Einkommen seiner Familie sein werde. Was er nicht mit den Mitgliedern seiner Familie selber aufaß und was er nicht dem Staate gemäß einer festgesetzten Quote ablieferte, das durfte er auf dem freien Markt den städtischen Verbrauchern zum besten Preis, den er erzielen konnte, verkaufen. Diese Hilfswirtschaften waren es, die die für die Stadtbevölkerung erreichbaren Qualitätslebensmittel lieferten. Nach dem Krieg bedauerte Stalin dieses Zugeständnis und versuchte auf allerlei Umwegen, die Größe dieser Hauswirtschaften und die Zahl der von den Bauern als Privateigentum gehaltenen Tiere zu beschränken. Im Jahre 1953 besaßen denn auch 45% der Bauernfamilien keine Kuh — in Verletzung der Staatsgesetze, die jeder Familie eine Kuh als Privateigentum zusicherten. Diese Zahl wurde von Chruev selbst zugegeben Das Ergebnis dieser Politik war eine tiefgehende landwirtschaftliche Krise, da der Bauer nicht ernstlich an der kollektiven Arbeit interessiert war und entmutigt wurde, sein Möglichstes für die eigene Hauswirtschaft zu tun. Die Partei entschloß sich nun 1953, wieder den Weg der Zugeständnisse zu beschreiten. So erhöhte man die Preise für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, und zwar sowohl für die Zwangsablieferungen als auch für die dem Staat verkauften Überschüsse; es wurde den Bauern gestattet, ihre Hauswirtschaften in Frieden zu bestellen; es wurde versprochen, jeder Familie eine Kuh zu geben, auf die sie Anrecht hatte; es wurde eine mildere Besteuerung der Landbevölkerung eingeführt und ähnliches mehr Diese liberalere Politik wurde im Jahre 1956 wieder aufgegeben, und die Partei nahm erneut zur alten stalinistischen Knute Zuflucht. Diese neue Politik wurde in einer Reihe von „Empfehlungen" verkündet, die am 10. III. 1956 vom Zentralkomitee der Partei und von der Regierung gutgeheißen wurden Alle diese Empfehlungen, die nach einer „spontanen und einstimmigen" Resolution der Kolchosenmitglieder in Kraft gesetzt werden sollen, haben ein hauptsächliches Ziel im Auge, daß nämlich die Hauswirtschaft auf einen Umfang beschränkt werde, der dem Küchengarten eines Stadtbewohners in einer sowjetischen Vorstadt entspricht. Diese „Empfehlungen" forderten im einzelnen die Kolchosen auf, ihre Statuten im folgenden Sinne abzuändern: 1. Das um das Haus gelegene, vom Bauern für sich bearbeitete Land soll auf eine Größe reduziert werden, die es der Bauernfamilie erlauben würde, bloß Gemüse, Obst und Beeren für ihren eigenen Bedarf anzubauen. Dies bedeutete, daß die Kolchosbauern in Zukunft keine Überschüsse für den Verkauf auf dem Markt in der Stadt haben würden und daß sie so ihrer zusätzlichen Geldeinkünfte verlustig gingen. 2. Den Bauern sollen Schritt für Schritt ihre in ihrem Privateigentum befindlichen Tiere weggenommen werden, wodurch eine weitere Quelle des Familieneinkommens in Form von Fleisch, Wolle oder Milch ausgeschaltet würde, die bisher dem Bedarf der Familie dienten oder teilweise an den städtischen Verbraucher verkauft wurden. 3. Das Minimum der während der Saison und im Laufe des ganzen Jahres von den arbeitsfähigen Kolchosbauern auf der Kolchose selbst zu leistenden Arbeitstage ist scharf zu erhöhen. Diese Empfehlung war nur die logische Folge aus den zwei vorherigen. Wenn man nämlich die Hauswirtschaft eines Kolchosbauern auf einen Küchengarten und auf einige Hühner, ein Schwein oder ein Schaf reduziert, dann muß er seine ganze Zeit der Kolchose widmen, wenn er mit seiner Familie existieren will.

E. Frauen, Jugendliche und alte Leute

§ 20. FRAUEN Von der Frau wird erwartet, daß sie Kinder zur Welt bringt, um ein stetiges Ansteigen der Arbeitskräfte zu gewährleisten (die einzige Grenze der hochfliegenden Wirtschaftspläne), und daß sie selber arbeitet. Artikel 122 der Sowjetverfassung erklärt stolz: „Der Frau stehen in der UdSSR auf allen Gebieten des wirtschaftlichen, staatlichen, kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Lebens die gleichen Rechte wie dem Manne zu" (Verfassung der Union . . ., S. 44). Es ist richtig, daß Frauen für die gleiche Produktion gleich bezahlt werden wie die Männer, aber die Gleichheit erstreckt sich noch weiter und umfaßt auch die Gleichheit der Pflichten. Fremde Besucher in der UdSSR sind erstaunt über die schwere Arbeit, die von den Frauen geleistet wird. Dies ist der andere Aspekt der sowjetischen Gleichheit der Geschlechter. Den Frauen ist es „gestattet“ als Lokomotivführer und Heizer, als Mitglieder von Schiffsbesatzungen, als Bergleute unter Tage usw. zu arbeiten. Bloß widerspricht diese Art von Gleichheit irgendwie der ungleichen Kraft des weiblichen Organismus. Im Jahre 1944 war es ihnen sogar „gestattet", Überstunden während der Nacht zu machen Diese Gesetzgebung wurde auch von den Nachfolgern Stalins nicht widerrufen. Im Jahre 1936 formulierte Stalin die Pflichten der Frauen wie folgt: „Die Frauen bilden ein ungeheures Arbeitsheer und erziehen unsere Kinder, unsere zukünftigen Generationen, d. h. sie bereiten unsere Zukunft vor" (Sprawocnik profsojuznowo rabotnika, Moskva 1949, S. 541). Um diese zwei Aufgaben miteinander zu versöhnen, erhalten die Frauen in der Stadt großzügige Schwangerschafts- und Geburtsurlaube. Am 26. III. 1956 dehnten die Erben Stalins diese Urlaube auf 112 Tage aus, nämlich 56 Tage vor und 56 Tage nach der Geburt des Kindes (P r a w d a , 27. III. 1956, S. 1). Diese Vergünstigung wird jedoch den Frauen auf dem Lande versagt, die nicht in den Genuß der Sozialversicherung kommen. Das Problem dieser Schwangerschafts-und Niederkunftsurlaube wird auf jeder Kolchose so gut wie möglich nach eigenem Ermessen gelöst, wobei natürlich die Notwendigkeit und Dringlichkeit der landwirtschaftlichen Arbeiten in Betracht gezogen wird. Dieselbe Vorsorge um einen stetigen Anstieg der Arbeitskräfte hat den Staat veranlaßt, den Müttern von größeren Familien eine Zulage zu gewähren, wobei solche Mütter auch mit Orden und Ehrentiteln bedacht werden; so erhält z. B. eine Mutter von zehn Kindern den Titel einer „Mutterheldin" und einen entsprechenden Orden. Die Frauen besitzen zwar politische Gleichheit, doch hat das nichts zu sagen, da man ja bei Gleichheit Rechte voraussetzt, die geteilt werden sollen, während die sowjetischen Männer in Wirklichkeit gar keine politischen Rechte haben. Weit von der Gleichheit entfernt sind jedoch die Frauen in den Spitzen der Regierung und der Partei. Erst nach dem Tode Stalins wurde eine Frau, M. D. Kowriglina, zum Minister für Volksgesundheit ernannt, eine einzige Frau unter sechzig männlichen Ministern! Und erst nach dem letzten Parteikongreß wurde eine andere Frau, E. A. Furzewa, ein Protege Chruevs, zum hohen Posten eines Ersatzmitgliedes des Zentralkomitees der Partei und zu einem der acht Sekretäre des gleichen Komitees ernannt.

Sie ist die erste Frau, die einen so hohen Rang in der Partei erreichte.

§ 21. JUGENDLICHE Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren genossen etwas leichtere Arbeitsbedingungen bis zum Jahre 1940. Zu diesem Zeitpunkt wurden sie für großjährig erklärt und wie erwachsene Arbeiter behandelt

Das sowjetische Wahlrecht sieht sie dagegen nicht als großjährig an, da das Recht zur Stimmabgabe erst mit dem Alter von 18 Jahren erreicht wird

Die gegenwärtigen sowjetischen Führer stellten zumindest den in der Vorkriegszeit für sie geltenden Arbeitstag von sechs Stunden wieder her (1956) Den Jugendlichen ist es gleichfalls „gestattet", schwere Arbeit zu leisten, außer einigen besonders gesundheitsschädlichen Beschäftigungen.

Sie arbeiten, ebenso wie die Frauen, in der Nacht und machen Überstunden und werden als Bergleute unter Tage eingesetzt. Ihr jährlicher Urlaub beträgt ebensoviel wie der der Erwachsenen, nämlich zwei Wochen. Weit schlechter ist dagegen die Lage der Jugendlichen auf den Kolchosen. Während die Arbeitspflicht in der Stadt mit dem Alter von 16 Jahren beginnt, arbeiten Landkinder mit 12 oder mehr Jahren auf Vorschrift des Staates eine Zahl von Arbeitstagen, die dem Drittel bis zur Hälfte der Quote eines Erwachsenen entspricht Dies ist wieder ein typisches Beispiel für die Diskriminierung der Bauern durch die Kommunisten Dagegen erfreuen sich die Jugendlichen eineranderen „Gleichheit", nämlich in bezug auf ihre Verantwortlichkeit bei Delikten. Unter dem gegenwärtigen Strafgesetz beginnt die allgemeine und gleiche Verantwortlichkeit der Jugendlichen bei Delikten mit dem Alter von 14 Jahren, selbst wenn diese Delikte aus Fahrlässigkeit begangen wurden. Die volle Verantwortlichkeit beginnt mit dem Alter von 12 Jahren allerdings für folgende Verbrechen: Diebstahl, Gewalttätigkeit, Körperverletzung, Mord oder Mordversuch (VIII § 15 e, IX § 39) Die einzige Vergünstigung, die ihnen gewährt wird, besteht darin, daß man über sie keine Todesstrafe verhängen kann, bis sie 18 Jahre alt sind.

Niemand in der Sowjetunion behauptet, daß Kinder von 12 oder 14 Jahren politische Einsicht haben, ein hervorragender sowjetischer Kriminologe schreibt hingegen ganz ernst-„Die kriminelle Verantwortlichkeit von Jugendlichen für gewisse Verbrechen im Alter von 12 Jahren und für andere Verbrechen im Alter von 14 Jahren setzt in diesem Alter voraus, daß sie imstande sind, die Natur ihrer Handlungen zu unterscheiden und ihre Handlungen zu kontrollieren“ (A.

A. Gerzenson et al., Ugolo vno je pravo, obaja cast, Moskva 1948, S. 330). Eine Illustration aus dem sowjetischen Gerichtsleben soll den Sinn dieser Verantwortlichkeit der Jugendlichen klarstellen.

Ein Knabe von 14 Jahren wurde im Jahre 1948 von einem Militärgericht der Eisenbahnlinie Moskau-Rjasin verurteilt, weil er aus einem Eisenbahnwagen sieben Kilogramm Mehl gestohlen hatte;

er erhielt die gleiche Strafe, die ein Erwachsener bekommen hätte, nämlich sieben Jahre Zwangsarbeit in einem Arbeitslager So wurde also jedem Kilogramm des „sozialistischen" Mehles ein Wert von einem Jahr Zwangsarbeit eines 14jährigen Knaben zugemessen! § 22. ALTE LEUTE UND INVALIDEN Alte und arbeitsunfähige Leute werden als soziale Last für die Führer betrachtet, die in den Menschen nur wirtschaftliche Einheiten sehen. Stalin hielt die Pensionen dieser Leute auf einem lächerlich niedrigen Niveau, das Maximum betrug 300 Rubel Seine Nachfolger verbesserten die Lage dieser Bevölkerungskategorie im Jahre 1956. Die neuen Sätze der von der Sozialversicherung entrichteten Pensionen hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie Art der früheren Beschäftigung der Person, die Recht auf eine Alters-, Arbeitsunfähigkeits-oder militärische Pension haben kann, die Todesursache für die Hinterbliebenen oder die Ursache für die Arbeitsunfähigkeit bei Invaliden, die Zahl der Angehörigen, der letzte Lohn oder das letzte Gehalt einer alten oder arbeitsunfähigen Person, der Wohnort des Pensionsberechtigten usw. Doch schwanken die Maximal-und Minimalsätze für alte und völlig arbeitsunfähige Personen, um die Pensionen dieser Leute als Beispiele für die Ungleichheit dieser Beträge zu nehmen, zwischen einem Minimum von 300 Rubel monatlich bis zu einem Maximum von 1200 Rubel. Auf diese Weise erhält ein alter Mann jetzt 300 Rubel monatlich und ein anderer 1200 Rubel monatlich, d. i. viermal so viel, und zwar hauptsächlich wegen der unterschiedlichen Natur ihrer früheren Berufe und wegen der untersdrieölichen Höhe ihres letzten tatsächlichen Verdienstes Sogar die Arbeitsunfähigkeits-, Alters-und Angehörigenpension weist den Stempel der sozialen Schichtung auf, und das in einer Gesellschaft, die stets erklärt, für die Idee der Gleichheit zu kämpfen.

Natürlich müssen sich die gutgestellten Leute in der kommunistischen Gesellschaft keine Sorgen um ihr Alter machen.

Erstens einmal haben sie reichlich Gelegenheit, von ihren hohen Einkünften Ersparnisse zu sammeln, um für ihr Alter zu sorgen. Zweitens werden Peisonen, die dem Sowjetstaat große Dienste auf dem Gebiet der Politik, der Wirtschaft, der Wissenschaft oder der Technik erwiesen haben, mit hohen Pensionen belohnt, die in jedem einzelnen Fall gesondert durch Regierungsbeschluß gewährt werden;

diese Pensionen werden persönliche Pensionen genannt und zeichnen sich durch den Umstand aus, daß ihrer oberen Grenze keine Schranken gesetzt sind Auch die Berufsoffiziere der Streitkräfte ziehen sich mit dem vollen Gehalt ihres letzten Ranges in den Ruhestand zurück.

Es darf aber auch nicht der andere Aspekt dieser Frage vergessen werden, nämlich der, daß die Alterspensionen ausschließlich an die Staatsangestellten und nicht an die Kolchosbauern ausgerichtet werden. Die Bauern hängen in ihrem Alter von den sehr beschränkten Zuwendungen des Fonds für Alte und Bedürftige der Kolchose sowie von der Barmherzigkeit ihrer Verwandten und Nachbarn ab.

Da die städtischen Renten selbst nach ihrer Erhöhung im Jahre 1956 klein sind, ist es nicht überraschend, daß es die sowjetische Gesetzgebung gestattet, daß alte Männer und Frauen (deren Altersgrenze 60 bzw. 55 Jahre beträgt) gewinnbringend weiterarbeiten, wobei ihre Löhne so mit der Altersrente kombiniert werden, daß das Gesamteinkommen den höchsten Lohn vor dem Ruhestand nicht überschreitet. Dasselbe gilt auch für die teilweise arbeitsunfähigen bzw. 55 Jahre beträgt) gewinnbringend weiterarbeiten, wobei ihre Löhne so mit der Altersrente kombiniert werden, daß das Gesamteinkommen den höchsten Lohn vor dem Ruhestand nicht überschreitet. Dasselbe gilt auch für die teilweise arbeitsunfähigen Personen mit Ausnahme der Bauern, die wieder kein Recht auf eine Invalidenrente haben 59).

F. Intelligenz

§ 23. DIE SOWJETISCHEN KLASSEN Die sowjetische Gesellschaft ist nicht klassenlos. Dies wird nicht einmal von den Kommunisten behauptet, die zugeben, daß in ihrer Gesellschaft zwei Klassen vorhanden sind, nämlich die der Arbeiter und die der Bauern, wobei sie eher schüchtern eine dritte hinzufügen, nämlich, die Intelligenz, der sie den bescheidenen Namen einer „sozialen Schicht" geben. Derzeit gibt es drei soziale Klassen, die wiederum durch ihr Einkommen in mehrere Unterklassen gegliedert sind. Ein hochqualifizierter Arbeiter, der einen ziemlich hohen Akkordlohn hat, ist in einer anderen Lage als ein unqualifizierter Arbeiter in der Stadt, der den Fabrikhof kehrt oder als Nachtwächter Dienst macht. Die materiellen Verhältnisse eines qualifizierten Traktoristen sind weit besser als die eines durchschnittlichen Kolchosbauern. Ein Dorfschullehrer hat ein unvergleichlich niedrigeres Einkommen als ein Armeeoberst oder ein Universitätsprofessor oder ein Fabrikdirektor, obwohl alle diese zur Intelligenz gezählt werden. § 24. DER BEGRIFF DER INTELLIGENZ Der sowjetische Ausdruck „Intelligenz" bezeichnet alle Personen, die eine Mittelschul-oder höhere Bildung haben. Dieser Begriff ist zu weitgesteckt, als daß er eine faßliche Vorstellung zu geben vermöchte. Er wird in fünf bis zehn Jahren jede Bedeutung verlieren, wenn alle sowjetischen Kinder unter dem System der obligatorischen Mittelschule stehen werden. Dann werden nämlich die jungen Arbeiter und jungen Bauern ununterscheidbar sein von der niedrigeren Schicht der Intelligenz, von den Büroangestellten. Die gegenwärtige, eine höhere Bildung aufweisende Elite der sowjetischen Gesellschaft, setzt sich aus Leuten zusammen, die Universitäts- oder damit gleichwertige Studien abgeschlossen und sich eine berufliche Schulung erworben haben (im Rechtswesen, in der Medizin, in der Technik usw.) und die treibenden Kräfte des Staates werden, ohne die die sowjetische Gesellschaft überhaupt nicht funktionieren würde. § 25. DIE BEDEUTUNG DER GESCHULTEN ELITE Stalin war der erste, der offen zugab, daß ein Staat nicht funktionieren könne ohne die Mitwirkung jener Leute mit Hochschulbildung, die verschiedene wesentliche soziale Funktionen ausüben: Die Anregung oder zumindest Beratung der Politiker über die zu befolgende Politik, die Durchführung dieser Politik auf verschiedenen territorialen Ebenen — angefangen auf der nationalen Ebene bis hinunter zum Kreis — sowie die Leistung anderer Dienste, die Hochschulbildung erfordern. Gegenwärtig wurzelt diese besondere soziale Rolle der Intelligenz in der Arbeitsteilung, die ja die Grundlage jeder Gesellschaft ist. Auf dem XVIII. Kongreß der Partei erwähnte Stalin die sowjetische Intelligenz in einer sehr schmeichelhaften Art (1939). Auf dem XIX. Kongreß (1952) sagte Malenkov: „An das Ruder der Führung in Industrie und Landwirtschaft sowie im Partei-und Staatsapparat sollten geschulte Leute gestellt werden, Experten, die fähig sind, einen neuen Geist einzuführen und alles hochzuhalten, was erstklassig und fortschrittlich ist, und dies in einer schöpferischen Weise weiterzuentwickeln" (P r a w d a , 6. X. 1952, S. 8). Malenkov erwähnte hierbei die von der Intelligenz besetzten Schlüsselstellungen: die Lenkung der verstaatlichten Wirtschaft und der Staats-und Parteimaschinerie. Er wäre wahrscheinlich selber der erste gewesen zuzugeben, daß diese Beschreibung nicht die gewaltige Skala der sozialen Funktionen der Intelligenz erschöpfte. Die Intelligenz ist die unentbehrliche Stütze des kommunistischen Regimes geworden. Die leitenden Politiker sind, wenn sie der jüngeren Generation (unter 60) angehören, selber Mitglieder dieser Klasse und nicht etwa der Arbeiter-oder Bauernklasse. Nur einige der älteren Führer haben niemals eine richtige Universitätsbildung erworben, aber auch sie schlossen zur Intelligenz auf, indem sie sich solide und vielerlei Kenntnisse aneigneten. Chruev war in seinen jüngeren Jahren ein Arbeiter, ist es aber heute nicht mehr. Er verdient sein tägliches Brot bereits seit einigen Dezennien nicht mehr mit der Arbeit seiner Hände, wobei ihn seine nicht offiziell erworbene Bildung auf das Niveau eines Mannes mit abgeschlossener Hochschulbildung stellt. Dasselbe läßt sich auch über die anderen ehemaligen Arbeiter unter den sowjetischen Führern, wie Vorosilov oder Kaganovic, aussagen. Die jüngeren Führer, wie Malenkov, Saburcv, Pervuchin usw. haben eine akademische Bildung hinter sich. Dies bildet das erste Band zwischen den Berufspolitikern und der Klasse der Intelligenz. Sie verstehen einander mit Leichtigkeit, weil sie durch keine tieferen Unterschiede in der Erziehung, selbst im engeren Sinn des Wortes, getrennt werden. Doch gibt es zwischen ihnen noch ein anderes Band, das weit wichtiger ist. Der Sowjetstaat würde stillstehen, wenn die Intelligenz als Klasse ihre Mitwirkung verweigerte. Die Politik würde in diesem Falle von den führenden Politikern in einem sozialen Vakuum formuliert werden, weil sie nicht durchgeführt und durchgesetzt werden könnte. Die Streitkräfte, die Politische Polizei, die höheren Gerichtshöfe, die Parteimaschine, der Staatsapparat, die verschiedenen sowjetischen Organisationen, die Fabriken, die Gruben, der Handel müßten stillstehen, weil die treibenden Kräfte fehlen würden: die Armeeoffiziere, die Beamten, die Richter, die Fabrikdirektoren, die Parteisekretäre, die Ingenieure, die Wissenschaftler usw.

Die Konsequenz hieraus ist klar: Die führenden Politiker dürfen eine Einzelperson oder mehrere tausend Einzelpersonen, die der Intelligenz angehören, ungestraft unterdrücken oder vernichten, sie können jedoch nicht die ganze Klasse herausfordern, die auf ihre erworbenen Rechte pocht. Die kommunistischen Politiker können in glühenden Worten von der Arbeiterklasse und der mit ihr verbündeten Bauernschaft reden, doch wissen sie nur allzu gut, daß die dritte, von Marx und Engels nie hervorgehobene und gepriesene Klasse in Wirklichkeit die regierende in der sowjetischen Gesellschaft ist.

§ 26. wirtschaftliche Privilegien

Die Intelligenz hat sowohl Kaufkraft als auch soziales Ansehen in reichem Ausmaß. Wie gezeigt worden ist, beruht die Vorstellung der Kommunisten über die Verteilung des Volkseinkommens auf der Gleichheit der individuellen Einkommen.

Sowjetische Kommentatoren des Arbeitsgesetzes sagen: „Die Gleichheit der Löhne hat ihren Ursprung in der kleinbürgerlichen Mentalität, in einer Mentalität einer gleichen Verteilung aller Güter, in der Mentalität eines primitiven Bauernkommunismus“ (N. Z. Alexandrov und G. K. Moskalenko, Sovetskoje trudovoje pravo, Moskva 1947, S. 33). Sie und ihre Vorgesetzten, die Partenführer, haben keine Gewissensbisse, mit Marx in Widerspruch zu geraten, der zustimmend zu den Erfahrungen der Pariser Kommune schrieb: .... die Beseitigung der Repräsentationsgelder jeder Art, aller finanziellen Privilegien der Beamten, die Reduzierung des Gehalts aller Amtspersonen im Staat auf das Niveau des 'Arbeiterlohnes'. * (Lenin, Staat und Revolution, AW 7, S. 39).

Am Vorabend der bolschewistischen Revolution wiederholte Lenin, daß die zukünftige sozialistische Bürokratie auf dem Grundsatz der „ ... Reduzierung ihrer Gehälter auf den gewöhnlichen 'Arbeiter-lohn'* zu beruhen habe (ebd. S. 41).

Doch die Würdenträger erschienen wieder in der angeblich auf Marx basierenden und von Lenin begründeten Gesellschaft und zugleich damit tauchten auch wieder die hohen Gehälter auf. So erhält ein Fabrikdirektor, wenn er erfolgreich ist und Prämien bekommt, gegen 10 000 Rubel im Monat und ein durchschnittlicher qualifizierter Arbeiter, der ihm unterstellt ist, vielleicht (es sind noch keine sowjetischen Statistiken darüber erhältlich) etwa 700— 800 Rubel, während ein nichtqualifizierter Arbeiter glücklich sein darf, wenn er 300 Rubel erhält. Diese Skala erfaßt nicht die Bauern, denen es nicht besser, wenn nicht schlechter geht als den nichtqualifizierten Arbeitern, und auch nicht die höchsten Staatsfunktionäre, die noch höhere Gehälter beziehen, gar nicht zu sprechen von den erfolgreichen Erfindern oder vo’kstümlichen Schriftstellern, die oft weit besser als die Fabrikdirektoren gestellt sind.

Mit Geld kann man in der kommunistischen Gesellschaft zwar keine Fabriken, kein Land und keine Bergwerke kaufen, doch erhält man dafür Verbrauchsgüter, unter die auch Privatautos, teure Fernsehapparate, bessere Möbel und teuere Kleider fallen, schließlich auch Privathäuser und manchmal auch Landhäuser in reizenden Vorstädten oder Sommerfrischen. Geld bedeutet aber auch Ersparnisse, die nicht nur im Alter, sondern auch in Notfällen gelegen kommen. Geld hat soziales Ansehen im Gefolge, selbst in einer kommunistischen Gesellschaft, weil seine Besitzer und dessen Familie ein besseres Aussehen haben, besser leben und sich Genüsse im Leben leisten können, die den „Arbeitermassen“ versagt bleiben.

Für eine Person mit Familie bedeutet Geld auch eine größere Sicherheit für ihre Angehörigen nach ihrem Tod. Das sowjetische Erbschaftsrecht nimmt auch Bedacht auf dieses erworbene Interesse der Ober-klasse; es gibt keine Erbschaftssteuer und der persönliche Besitz des Verstorbenen (Haus, Ersparnisse, Mobilien) geht je nachdem in den Besitz der Witwe, der Kinder, Eltern, Geschwister und Enkel über. Er hat sogar ein beschränktes Recht, seinen Besitz durch Testament einer Person seiner Wahl zu vermachen* 0).

§ 27. ansehen

Viele Leute mit Hochschulbildung messen dem sozialen Ansehen einen noch höheren Wert bei als dem Geld. Die Partei war in dieser Hinsicht sehr freigiebig. So gibt es vor allem Rangtitel, die von den früheren Titeln der zaristischen Bürokratie stammen und die in verschiedenen Zweigen der sowjetischen Bürokratie verliehen werden 61). (s. Anhang § 41).

Man stelle sich einen Empfang im Heim eines kommunistischen Würdenträgers vor. Der Gastgeber sei ein Marschall der Sowjetunion (nicht zu verwechseln mit dem niedrigeren Rang eine (s. Anhang § 41).

Man stelle sich einen Empfang im Heim eines kommunistischen Würdenträgers vor. Der Gastgeber sei ein Marschall der Sowjetunion (nicht zu verwechseln mit dem niedrigeren Rang eines Marschalls der Infanterie, der Panzerwaffen, der Luftstreitkräfte usw.), der aus diesem Anlaß seine glänzende Galauniform mit steifen Epauletten und einer Reihe von Ordensbändern über die Brust angezogen hat; sogar seine Krawatte ist mit dem Marschallstern geschmückt. Unter den Gästen sei ein hoher Diplomat mit dem Titel eines Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschafters, ein Staatsanwalt, der offiziell als Staatsrat der Justiz erster oder zweiter Klasse anzureden wäre; der letzte Gast sei der Direktor einer Staatsbank, der den Titel Staatsrat des Finanzdienstes erster, zweiter oder dritter Klasse trägt. Nicht nur ein sowjetischer Arbeiter, gewöhnlich schlecht angezogen, weil er kein Geld hat, um sich gute Kleider zu kaufen, würde sich in dieser hohen Gesellschaft unbehaglich fühlen Karl Marx selber, wenn er wieder zum Leben erweckt werden könnte, würde fragen, in was für eine kapitalistische Gesellschaft er geraten sei. Ein Diplomat, der einem offiziellen Empfang beiwohnt, würde seine achtungsgebietende Uniform mit ihrer schweren Goldstickerei tragen. Auch andere zivile Würdenträger hatten, bis zum Tode Stalins, ihre eigenen Uniformen mit Rangabzeichen. Diese Uniformen wurden dann von den Nachfolgern Stalins abgeschafft, nicht aber wegen irgendeiner „demokratischen" Neigung der neuen Führer, sondern weil die Armeeoffiziere das Monopol der Uniform für sich behalten wollten.

Die Oberschicht der Intelligenz erhält einen im Verhältnis zu ihrer Zahl weit größeren Anteil an den sowjetischen Orden, die von der Regierung verschwenderisch fast jeden Tag ausgeteilt werden. Auch die Ehrentitel eines „Helden der Sowjetunion" und „Helden der sozialistischen Arbeit" werden verhältnismäßig freigebiger der Intelligenz verliehen als an Mitglieder der arbeitenden Massen. Es gibt aber auch noch andere Mittel, um die menschliche Eitelkeit zu befriedigen. Ein Delegierter zum Parteikongreß oder ein Abgeordneter des Obersten Sowjet zu sein, bedeutet noch nicht, daß man eine politische Funktion ausüben muß, hat aber gewiß ein vermehrtes öffentliches Ansehen im Gefolge. Nicht jeder kann ein Kongreßdelegierter oder ein Sowjetabgeordneter werden.

Es seien nun die ziffernmäßigen Angaben des letzten Parteikongresses und des gegenwärtigen, nach dem Tode Stalins gewählten Obersten Sowjet betrachtet. Die offiziellen Angaben besagen, daß von den 1335 Delegierten, die die Vollparteimitglieder zu vertreten haben, 758 eine höhere Bildung, 116 eine unvollständige höhere Bildung und 169 Mittelschulbildung hatten. Von den 81 Delegierten, die von den Mitgliederkandidaten entsandt wurden, konnten 50 auf eine höhere oder unvollständige höhere und 10 auf eine Mittel-schulbildung hinweisen 62). Da die allgemeine Mittelschulbildung erst das Projekt für die nächsten fünf oder zehn Jahre bildet, hatten die Arbeiter und Bauern im Jahre 1956 im allgemeinen eine 7-KlassenBildung und die älteren sogar nur eine Volksschulbildung von vier Jahren.

Mit den gewöhnlichen sowjetischen Maßstäben gemessen gehörte die überwiegende Mehrheit der Kongreßdelegierten der Intelligenz, dieser gesonderten sozialen Klasse, an. Auf die Hochschulbildung konnte noch immer eine klare Majorität der Delegierten hinweisen. Die wenigen Delegierten, die auf dem Kongreß eine aktive Rolle spielten und die Hauptmasse der Redner stellten, waren alle Mitglieder der Intelligenz im engeren Sinn, obwohl einige unter ihnen ihre höhere Bildung nicht auf dem offiziellen Wege erworben hatten.

Dasselbe gilt auch für den gegenwärtigen Obersten Sowjet, dessen Abgeordnete von den Politikern, die heute die UdSSR regieren, „vor" -gewählt wurden, wenn man so sagen darf. Von den 1347 Abgeordneten der beiden Häuser haben 651 eine höhere, 95 eine unvollständige höhere und 226 Mittelschulbildung. 972 Abgeordneten aus den Reihen der Intelligenz (wenn man den sowjetischen Begriff der Intelligenz zugrunde legt) stehen 375 wirkliche Arbeiter oder Bauern gegenüber. Nach westlichen Begriffen gehören fast 50°/0 der Abgeordneten der Intelligenz (mit höherer Bildung) an”).

Die beiden kommunistischen Eliten, die politische, die die Partei darstellt, und die Bildungselite, die aus der Intelligenz mit Hochschulbildung besteht, greifen also ineinander über. Die letztere wird zwar, wie die anderen sowjetischen Gesellschaftsklassen, von der Parteiführung beherrscht, hat aber zumindest den Trost, der Nährboden zu sein, aus dem die Führer und die Oberschicht der Bürokratie kommen. Die Mitglieder der Intelligenz halten den Partei-und Staatsapparat in Betrieb.

§ 28. Reglementierung der ideologischen und politischen Ansichten

Die Allmacht und Allgegenwart des kommunistischen Staates wirft allerdings einen Schatten auf das Leben eines Akademikers. Er hat in seiner Bildung ein Werkzeug zum Denken erhalten, doch bestimmt die Partei die „richtige" Linie des Denkens und lehnt es ab, auch nur irgendeinen Aspekt der Gedanken der freien Entscheidung der Bürger zu überlassen.

Ist dieses Mitglied der Intelligenz religiös eingestellt, so hat es ständig unter offizieller antireligiöser Propaganda zu leben und darf seine eigenen Gegenargumente nicht offen vorbringen Sein Hochschuldiplom sollte ihm den Weg zu einer vielversprechenden Karriere ebnen; doch kann er nicht damit rechnen, diese Karriere zu machen, wenn er ein Kirchenbesucher ist. Wenn er wirklich an der Politik interessiert ist, kann er weder seine eigenen Ansichten verbreiten oder sie mit Sicherheit eingestehen, falls sie von der Parteilinie abweidien Selbst wenn er ein aufrichtiger Marxist ist, darf seine eigene Auslegung der marxistischen Lehrsätze niemals der jeweils von der Partei akzeptierten Auslegung widersprechen. Er kann den Glauben an eine größere soziale Gleichheit hegen, aber wenn er ihn öffentlich ausspricht, so wird man ihn einer bäuerlich primitiven Gleichmacherei beschuldigen. Er kann auch Sympathiegefühle für seine Familie haben, die noch immer am eigenen Boden hängt, doch darf er es nicht wagen, die Richtigkeit des kollektiven Systems der Landwirtschaft in Frage zu stellen.

Ein Mann mit höherer Bildung weiß wie jeder andere, daß er eine politische Null ist. Selbst wenn er zur höheren Stufe der Staats-oder Parteimaschinerie gehört, hat er nur einen begrenzten Anteil an der Macht, indem er vielleicht eine beratende oder ausführende Funktion ausübt. Die Formulierung der ganzen Politik ist nämlich der kleinen Gruppe der herrschenden Politiker vorbehalten. Diese Herrscher werden nicht ohne Grund als totalitär bezeichnet, weil sie das gesamte, totale Leben des Einzelmenschen weit über rein politische und soziale Fragen hinaus regeln. Naturgemäß würde man erwarten, daß die Unfehlbarkeit des Marxismus-Leninismus als politisch-soziale Lehre nicht in einem Staate angefochten werden kann, wo das Monopol der Macht im Besitz einer marxistisch-leninistischen Partei ist. Doch weder Marx noch Lenin haben eine „präzise" Linie für die Form der Literatur, der bildenden Künste und der Musik vorgeschrieben. Zahlreiche Mitglieder der sowjetischen Intelligenz müssen sich unglücklich fühlen, wenn sie gezwungen werden, gegen ihre innerste Überzeugung solche Lehren des Marxismus-Leninismus zu schlucken wie die Nichtexistenz Gottes, die Auslegung der Geschichte der Menschheit ausschließlich im Lichte der Veränderung der Produktionsweise und des Kampfes zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutern die Vergöttlichung der Geschichte mit ihren angeblich unveränderbaren Gesetzen des Fortschritts, die Notwendigkeit des Einparteiensystems und die sogenannte Diktatur des Proletariats.

Aber selbst diejenigen, die die Ansichten der Partei teilen, können unterschiedliche Vorlieben in nichtpolitischen Angelegenheiten besitzen. Nun führt aber der Mechanismus eines totalitären Systems unerbittlich zur Reglementierung selbst solcher Ansichten. Faßt man die Tatsache ins Auge, daß die Partei tatsächlich ihre Ansichten über die meisten Probleme der künstlerischen Formen und Inhalte hat und daß sie die Möglichkeiten des Ausdrucks und der öffentlichen Meinungsäußerung eines Künstlers vollständig in der Hand hält (s. Kapitel XII), so hat ein wirklich talentierter Mensch, um sich auszudrücken, nur die Wahl, sich der Parteilinie zu unterwerfen oder zu verhungern. Die Parteiführer diktieren ihm nach ihrem persönlichen Geschmack sowohl den Inhalt als auch die Form seines schöpferischen Schaffens.

Zwar gab es auf diesem Gebiet im Jahre 1953 ein gewisses Nachlassen der Parteikontrolle, doch kehrte man im Herbst 1954 wieder zur früheren Parteilinie zurück.

Während der Roman „Jahreszeiten" von Vera Panova und „Der Tau"

von Ehrenburg, beides Romane, die einige Kritik der sowjetischen Wirklichkeit enthielten, im Jahre 1953 im Druck erschienen und Briefe von Chascaturjan und Sostakowic, die eine größere künstlerische — nicht politische — Freiheit forderten, veröffentlicht Wurden und eine gewisse beschränkte Diskussion über die stalinistische Linie in der Literatur und in den Künsten zugelassen war, brachte das Jahr 1954 einen Rückzug. Der Redakteur des N o w y j M i r, in dem die nonkonformistischen Ansichten ausgedrückt worden waren, wurde entlassen, der Allrussische Kongreß der Sowjetischen Schriftsteller gebot dieser liberalen Linie im Dezember 1954 Einhalt und der Generalsekretär der Union der Sowjetischen Schriftsteller erklärte auf dem XX. Kongreß:

„Einige von ihnen (den Schriftstellern) zeigten die Neigung, den großen gegenwärtigen Themen zu entfliehen, indem sie sich in intime (persönliche)

Erfahrung zurückzogen und kleinliche Philistergefühle idealisierten, unter der Maske der Kritik die Überreste des Kapitalismus verherrlichten und allerlei „Tauwetter“ und andere verderbliche Bilder der Lebensweise schufen ..." (P r a w d a, 19. II. 1956, S. 5).

Am 2. IV. 1956 brachte die P r a w d a einen Artikel von T. Chrennikov, dem offiziellen Parteisprachrohr unter den Komponisten. Er hatte keinerlei Bedenken, seine Kollegen offen zu warnen, daß die Parteiresolutionen über Literatur, bildende Künste und Musik aus den Jahren 1946-48 auch weiterhin gültig seien, daß es wesentlich sei, melodiöse Musik und vorzugsweise Opern zu schreiben, daß ein sowjetischer Komponist so zu komponieren habe, daß seine Musik den breiten Massen und nicht nur einer beschränkten Hörerschaft von Musikkennern zugänglich sei Diese Parteirichtung als der einzig zulässige und gangbare Weg für die sowjetischen Schriftsteller, Komponisten und bildenden Künstler wurde auch energisch in der Aprilnummer des Kommunist vertreten (1956). Das Parteiorgan erinnerte nicht nur die Interessierten an die Parteibeschlüsse von 1946-48, sondern warnte im alten stalinistischen Ton vor der dekadenten (westlichen) Kunst und vor der „Wiederbelebung der bürgerlichen Ideologie". Der folgende Satz stellt den gegenwärtigen Standpunkt der Partei nach dem Tode Stalins in der Frage der Beziehungen zwischen der sowjetischen literarischen und künstlerischen Welt einerseits und dem Westen andererseits klar: „Es muß gesagt werden, daß einige politisch unreife Schriftsteller und bildende Künstler krankhafte Tendenzen zeigen, die verschiedene Ausdrucksformen annehmen. Man kann hier eine versöhnliche Haltung gegenüber bürgerlichen Kunstwerken erwähnen, wobei diese Haltung mit Versuchen verknüpft wird, den Satz von der friedlichen Koexistenz von Ländern mit verschiedenen soziopolitischen Regimen auf das Gebiet der Ideologie zu übertragen; . . . und die Angriffe verschiedenen Typs gegen die Führung durch die Partei auf dem Gebiet der Literatur und der bildenden Künste" (V. Ivanov, S. 70). Auf diese Weise muß also der ideologische Abgrund wachsam aufrechterhalten, die Ansteckungsgefahr durch die westlichen (bürgerlichen) Formen der Literatur und Kunst verhindert und das Parteimonopol des einzig „wahren“ Maßstabes der Schönheit respektiert werden. Es liegt immerhin im Bereich der Möglichkeit, daß sich der Geschmack der gegenwärtigen Herrscher ändert, daß er vom Geschmacke Stalins und Sdanows abweichen und sich einem Modernismus in den bildenden Künsten zuwenden wird. Diesbezüglich kann man feststellen, daß Chruev bereits den sowjetischen Architekten den Befehl erteilte, den durch allerlei Zierrat belasteten und kostspieligen pseudoklassischen stalinistischen Stil mit seiner Unzahl von Säulen und Säulenhallen aufzugeben. Er tat dies, nicht weil er Geschmack am einfacheren modernen west-lichen Stil findet, sondern einfach weil er mehr für weniger Geld bauen wollte. Man darf vielleicht annehmen, daß eines Tages die gegenwärtigen kommunistischen Führer oder ihre Nachfolger wirklichen Gefallen an atonaler Musik oder an moderner Malerei finden werden. Die Parteilinie wird sich indiesem Falle ändern, doch wird sie immer noch eine Parteilinie bleiben. Die Vorlieben Stalins kann man vielleicht als eine Übergangserscheinung werten, die Existenz der Parteilinie ist dagegen ständig. Die Partei diktiert und wird auch weiterhin diktieren, was schön ist. Das gleiche gilt naturgemäß auch für den Sozialwissenschaftler. Er muß ein vollständiger marxistisch-leninistischer Konformist sein. Es wird ihm nie gestattet, selbständig zu denken. . DER § 29 SÜNDENBOCK Das hervorragendere Mitglied der Intelligenz ist ebenfalls der Gefahr einer unberechtigten Kritik und der öffentlichen Bestrafung für angebliches Abweichen von der Parteilinie ausgesetzt. Die absolute Macht hat eine Zwillingsschwester, die sich stets zu ihr gesellt, die Unfehlbarkeit. Wenn die Parteiführer absolute Macht über jeden Aspekt des Lebens des Sowjetmenschen haben, dann müssen sie unfehlbar sein. Da sie dem Marxismus und Leninismus folgen, werden auch Marx und Lenin offiziell für unfehlbar gehalten. Es war auch logisch, daß Stalin, der die hauptsächlichste Macht in seinen Händen hielt, zu seinen Lebzeiten als unfehlbar erklärt wurde. Seine früheren Diener empörten sich nach seinem Tode gegen ihn und erklärten, daß er fehlbar sei, beanspruchten aber für sich selbst als kollektive Gruppe dieselbe Unfehlbarkeit* Aus diesem Grunde ist jede Parteilinie richtig. Das Leben erfordert aber Änderungen in der Parteilinie. Deshalb müssen Sündenböcke gefunden werden. Die Parteilinie von heute wird so dargestellt, als ob sie auch die Parteilinie von gestern gewesen wäre, nur wurde sie gestern durch einige Bösewichte verfälscht. Es stimmt zwar, daß diese Personen nichts anderes taten, als die Parteilinie so zu handhaben wie sie eben damals war, doch wird ihnen als Fehler angekreidet, daß sie zu spät die alte Linie aufgegeben haben. Manchmal ist dieser Sündenbock ein gefallenes Idol von gestern oder ein in Ungnade gefallener Führerkollege; häufiger sind es ein Mitglied oder mehrere Mitglieder der Intelligenz, die beschuldigt werden, die Parteilinie „falsch ausgelegt" zu haben. Mit anderen Worten, der denkende Sektor der sowjetischen Intelligenz wird in einem goldenen K ä-fig gehalten. Die Sowjetintelligenz hat Geld, Ansehen und einen Anteil an der Macht, soweit sich diese auf Beratungs-und Durchführungsfunktionen bezieht, dagegen bleibt ihr die teuerste Freiheit versagt, die Freiheit des Denkens.

Jene westlichen Intellektuellen, die den Kommunismus unterstützen und sich unter den demokratischen Regimen, die sie zu untergraben helfen, noch jener wertvollen Freiheit erfreuen, sollten für einen Augenblick innehalten und sich fragen, ob sie unter einem totalitären Regime wirklich glücklicher wären. Das ist eine Frage, die auch jene Naturwissenschaftler, Mathematiker und Spitzenkräfte der Technik angeht, die sich auf die kommunistische Freiheit in solchen Forschungen verlassen und von den großen materiellen Vorteilen angezogen werden, die der kommunistische Staat gewährt. Wo ist erstens die Gewißheit, daß die Einmischung Stalins in die Angelegenheiten der Naturwissenschaftler (um nur die Biologen zu erwähnen, von denen manche aus dem Reich der Lebenden verschwanden, nur weil sie Ansichten vertraten, die denen Micurins widersprachen) niemals unter einem Regime wiederkommen wird, dessen herrschende Politiker den Beherrschten keine Rechenschaft schulden und die die absolute Macht haben, selbst absurde Launen durchzusetzen? Zweitens hat ein beweglicherer Mathematiker, Techniker oder Naturwissenschaftler auch andere als rein berufliche Interessen.

Wird er seinem Recht, einen eigenen künstlerischen Geschmack zu besitzen, etwa über Politik reden zu dürfen, furchtlos seine grundlegenden Auffassungen über die menschlichen Angelegenheiten mitteilen zu können, frohgemut entsagen? § 30. DIE NICHTRUSSISCHE INTELLIGENZ Ein Großteil der Sowjetintelligenz steht einem anderen Problem gegenüber. Es sei daran erinnert, daß nahezu 50 Prozent der sowjetischen Bevölkerung laut der sowjetischen Statistiken aus Nichtrussen besteht (vgl. Kapitel VII). Ein Russe mit höherer Bildung kann den Trost in seinem Drangsal darin finden, daß er seine eigene Nationalität von der Partei bevorzugt und hervorgehoben sieht. Der Nationalismus der Russen ist von Stalin aufs äußerste ausgebeutet worden. „Die Russen erfanden" alles vom Radio bis zum Flugzeug, sie entdeckten, daß sich der Südpol auf einem Kontinent befinde, ihre Annektierung und Eroberung von fremden Ländern diente dem Fortschritt der Menschheit, ihre Zaren, zaristischen Generale, Admirale und Staatsmänner wurden verherrlicht

Zahlreiche Männer und Frauen mit höherer Bildung, die einer anderen Nationalität angehören, mögen sich nun zu Recht in ihrem Innersten erniedrigt fühlen. Sie haben kein Recht, ihre eigenen nationalen Helden zu verehren, die oftmals mit den russischen Helden alter Zeiten im Kampfe standen. Sie haben lediglich das „Recht”, ihre unterwürfige Huldigung der großen russischen Nation darzubringen, wie diese in der kommunistischen Terminologie genannt wird, und ihren Dank dafür auszudrücken, daß sie von dieser annektiert worden sind und daß es ihnen gestattet wurde, eine gemeinsame Existenz mit dieser zu teilen (VII § 5).

G. Unterricht und Parteiunterweisung

Die wichtigste Frage besteht nun darin, wie man Einlaß in die Reihen jener privilegierten Klasse findet. Die Tore, die Einlaß gewähren, sind offensichtlich die verschiedenen sowjetischen Institutionen für höhere Bildung. Die gegenwärtigen Herrscher beschlossen auf dem letzten Kongreß, diese Tore für die Kinder der verschiedenen sozialen Klassen weiter zu öffnen als bisher, während sie unter Stalin für die Kinder Minderbemittelter halb verschlossen waren. Zweifellos wird das neue Unterrichtssystem eine größere soziale Beweglichkeit in der UdSSR gewährleisten, obgleich es die soziale Schichtung selber nicht berühren wird. Die Intelligenz wird weiterhin ihre bevorzugte Stellung beibehalten, doch wird der Zutritt zu ihr für die Minderbemittelten leichter sein.

§ 31. DAS ALTE UNTERRICHTSSYSTEM (1940— 1956)

Sechzehn Jahre hindurch (1940— 1956) war das sowjetische Unterlichtssystem teils auf Unentgeltlichkeit und teils auf Schulgeldern aufgebaut.

Die Schulen hatten zehn Klassen. Der Unterricht war bis zur siebenten Klasse (incl.) frei. Die Teilnahme an den drei Oberklassen kostete 200 Rubel im Jahr. Alle Schulen für höhere Bildung verlangten ebenfalls Schulgeld von 300 bis 500 Rubel je nach der Natur der Schule und ja nach der Stellung (Qualität) der Hochschule

Das Schulgeld hatte, wie jede andere Ausgabe, eine unterschiedliche Bedeutung für die verschiedenen Eltern, und zwar je nach ihrer sozialen Stellung und infolgedessen ihrem Einkommen.

Die Bezahlung von 200 oder sogar 500 Rubel im Jahr für den Unterricht eines Sohnes oder einer Tochter war eine geringere Sache für einen Vater, der ein Einkommen von 10 000 Rubel monatlich aufweisen konnte. Dagegen war es schon eine ernsthafte Angelegenheit für einen qualifizierten Arbeiter, der durch fleißige Übererfüllung seiner Norm 1 000 Rubel im Monat verdiente. Die Bezahlung dieser Summe stellte schließlich einen nichtqualifizierten Arbeiter oder einen Bauern vor ein tragisches Dilemma, das man sich besser veranschaulichen wird, wenn man den Betrag des Schulgeldes mit dem Lohn von 300 Rubel monatlich eines nichtqualifizierten Arbeiters vergleicht.

Diese Diskriminierung der armen Kinder wurde teilweise, aber nur teilweise, aufgehoben durch Stipendien, die für solche Kinder im kommunistischen Staate ebenso unentbehrlich waren wie in den kapitalistischen Staaten. (Es sei nicht vergessen, daß einige kapitalistische Staaten auf allen Stufen unentgeltlichen Unterricht gewähren).

Diese Stipendien und Freiplätze wurden indessen erst einige Jahre vor dem Tode Stalins freigebiger verteilt. Auch so mußten es hervorragende Schüler sein, die ein Stipendium erhielten, während ein mittelmäßig lernender Sohn oder Tochter gutgestellter Eltern sich immer das Tor zu den drei Oberstufen der Elementarschule und zu den Hochschulen mit einer Banknote zu öffnen vermochte.

Die Einführung von Schulgeldern im Jahre 1940 gewährte der höheren Schicht der Intelligenz ein indirektes Privileg, da sie so die Möglich-keit erhielt, ihren Fortbestand zu sichern, indem sie ihren Kindern die gleiche Möglichkeit bot.

Eine zweite Diskriminierung, die — soweit bekannt ist — weiter fortlebt, betrifft die Kinder der Bauern. Da ein Bauernkind gesetzlich verpflichtet ist, bereits im Alter von 12 Jahren zu arbeiten und ein Drittel bis zur Hälfte der Norm eines Erwachsenen zu erfüllen, ist es in seinen Studienmöglichkeiten benachteiligt. Die gleichaltrigen Kinder in der Stadt sind erst im Alter von 16 Jahren verpflichtet zu arbeiten, wobei der Arbeitszwang für jene hinausgeschoben wird, die in Mittel-oder Hochschulen weiter studieren.

Eine dritte Diskriminierung bestand bis vor einigen Jahren im Hinblick auf die Schulmöglichkeit. Während es nämlich in den Landbezirken im allgemeinen nur Schulen mit vier Klassen gab, hatten die Schulen in den Städten und Industriebezirken sieben und zehn Klassen. Erst kürzlich wurde das System der Sieben-Klassen-Schule auf das ganze Land ausgedehnt.

Infolgedessen bestand bis zum Schuljahr 1956-57 folgende Lage:

Jedes Kind, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land, konnte eine Sieben-Klassen-Schule besuchen. Diejenigen, die das Schulgeld zu bezahlen vermochten oder denen Stipendien gewährt wurden, konnten ihre Studien in den verbleibenden drei höheren Klassen fortsetzen.

Danach wurde von einem Jüngling oder einem Mädchen, die eine Zehn-Klassen-Schule absolviert hatten, erwartet, daß sie eine höhere Schule mit Hochschulniveau besuchten, und zwar entweder auf Grund von Schulgeld oder von Stipendien.

§ 32. DIE REFORM VOM JAHRE 1956 Dieses System wies einen offenkundigen Fehler auf, es beschränkte die soziale Beweglichkeit und den Zutritt von Talenten zu den Universitäten. Es wirkte sich gegen die langfristigen Interessen des sowjetischen Staates aus. Wenn die Partei alle zukunftsreichen Talente fördern wollte, hatte sie die Tore der Hochschulen allen Kindern zu öffnen, die es verdienten. Dieser weittragende Entschluß wurde auf dem XX. Parteikongreß gefaßt. Kurz darauf wurden alle Schulgelder abgeschafft

Die Abschaffung der Schulgelder für die oberen drei Klassen der Volksschule wurde mit einem anderen wichtigen Grund motiviert. Derselbe Kongreß beschloß nämlich, in den nächsten fünf Jahren Schritt für Schritt die obligatorische Mittelschulbildung, d. i. die 10-Klassen-Schule, für alle Kinder einzuführen. Der derzeitige Fünfjahresplan sieht die Verwirklichung dieses ehrgeizigen Projektes, zumindest in den Hauptzügen, bis zum Jahr 1960 vor Auch wenn man die möglichen technischen Schwierigkeiten und andere Hindernisse berücksichtigt, darf man annehmen, daß jedes sowjetische Kind, Stadt-und Landkind gleicherweise, im Jahre 1965 (am Ende des nächsten Fünfjahresplanes) einen 10-Klassen-Unterricht genossen haben wird. Man darf auch mit Sicherheit erwarten, daß die Qualität des Unterrichts und die Studienmöglichkeiten ziemlich ungleich sein werden, indem die großen Städte begünstigt und die Landbezirke eher benachteiligt sein werden. Dies würde aber in jedem Land der Fall sein Wenn dieses Projekt verwirklicht wird, dann wird es die Abänderung des minimalen Alters der Arbeitspflicht notwendig machen. Ein sowjetisches Kind beginnt die Schule im Alter von sieben Jahren zu besuchen; die Altersgrenze für die Jugendlichen in der Stadt wird um ein Jahr hinausgeschoben werden müssen, während die Landkinder entweder der Arbeitspflicht auf den Kolchosen bis zum Erreichen desselben Alters entbunden zu werden haben oder aber ihre Arbeitsnorm drastisch gesenkt werden muß. Falls dies nicht getan wird, kann aus dem Plan keine Wirklichkeit werden, zumindest nicht in den Landbezirken.

Da alle Kinder verpflichtet sein werden, die Schule zehn Jahre lang zu besuchen, konnte die Regierung naturgemäß nicht auf der Bezahlung eines Schulgeldes für die drei oberen Klassen bestehen.

§ 33. DER ZWECK DER UNTERRICHTSREFORM Die Bedeutung der Unterrichtsreform soll hier nun näher analysiert werden, da sie die Zukunft des sowjetischen Kindes beeinflußt, aus dem eines Tages der sowjetische Durchschnittsmensch werden wird. Zuerst ist hervorzuheben, daß diese Reform zur Vergrößerung der Macht der Sowjetunion beitragen wird. Das Tempo der Industrialisierung wird von einer Zunahme der Qualität der jüngeren Arbeitskräfte begleitet sein, wobei der Unterrichtsstandard den Erfordernissen unseres technischen Zeitalters entsprechen wird. Aber was wird die Reform für den Einzelmenschen bedeuten?

Viele Leute hegen noch immer die Illusion, daß Bildung unter allen Umständen etwas Gutes ist.

Jede Person, die in einem Konzentrationslager gelebt hat, konnte die Erfahrung machen, daß die Bildung des Sklaven in einer Sklavenherrschest bloß eine andere Waffe oder ein anderes Unterdrückungsmittel in der Hand des Herrn ist. Auch ist es keinesfalls wahr, daß die Bildung zwangsläufig einen stärkeren Trieb nach Freiheit bedeutet.

Alles hängt wieder davon ab, was für eine Art von Bildung man erhalten hat. Die eine Art von Unterricht pflanzt den Samen der Freiheit in die Herzen der Jugend, während eine andere Art sie vielleicht nur dazu erzieht, gefügigere Sklaven zu sein. In einem Maschinenzeitalter ist die Mittelschulbildung die Vorbedingung für ein Heer von geschulten Arbeitern. Dies gilt für jedes industrialisierte Land.

Daher ist hier die Frage zu stellen: Was für eine Art Bildung wird in den sowjetischen Mittelschulen vermittelt werden? Die Ant-wort ist aus der gegenwärtigen Erfahrung bekannt. Dem sowjetischen Kind wird Atheismus gelehrt (es ist gesetzlich verboten, in den Schulen religiöse Zeichen anzubringen, ganz zu schweigen vom Religionsunterricht, der untersagt ist ferner die Unfehlbarkeit der marxistisch-leninistischen Lehre, Glaube an die Parteiführer und ihre Unfehlbarkeit, strenge Disziplin und unbedingter Gehorsam dem Regime gegenüber Die den Sozialwissenschuften gewidmeten Lehrstunden sollen verringert werden, beschloß der XX. Parteikongreß ” Der Jugendliche wird nur die allernötigste Unterweisung auf dem Gebiet der Sozialwissenschaften erhalten. Der Hauptteil der Lehrzeit wird dem Unterricht der sog. technischen Wissenschaften vorbehalten, wie Mathematik, Physik, Chemie, technisches Praktikum. Die zukünftige allgemeine Mittelschule wird hauptsächlich eine verbesserte Berufsschule sein, obwohl das keineswegs bedeutet, daß sich der Unterricht in Mathematik, in den Naturwissenschaften und in praktischer Technik auf einem niedrigen Stand befinden wird. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß die sowjetische Regierung alles tun wird, um das gegenwärtige hohe Niveau der sowjetischen Mittelschulen aufrechtzuerhalten. Die Absolventen dieser Schule werden dann den Fabriken, Bergwerken, Kolchosen und anderen Beschäftigungen zugewiesen werden, da offenbar nur ein geringer Prozentsatz die Bewilligung erhalten wird, die Hochschulen zu besuchen. Man wird so hochqualifizierte Arbeiter und Bauern mit nur völlig rudimentären und stereotypisierten politischen und sozialen Kenntnissen erhalten. Die Partei hofft offensichtlich, daß das Interesse an nichtberuflichen Angelegenheiten stets beschränkt sein wird, da der Geist während der Schuljahre immer wieder auf die Bedeutung der technischen Probleme gelenkt wurde. Sie werden, wenn sich die Erwartungen der Partei erfüllen, hochqualifizierte Ameisen sein.

§ 34 . DIE ERZIEHUNG DER ELITE Aber selbst Ameisen brauchen eine Königin. Infolgedessen müssen Führer bereitgestellt werden. Diese werden von den Hochschulen geliefert, zu denen notwendigerweise nur ein geringer Bruchteil der Studierenden der Mittelschulen zugelassen werden wird. Es werden die fähigsten und politisch verläßlichsten ausgewählt werden. Da das Schulgeld für die Hochschulen jetzt abgeschafft ist wird der Prozeß einer entsprechenden Auswahl nicht durch dieses künstliche Hindernis behindert sein. Auf dem XX. Parteikongreß wurde auch verkündet, daß die Anzahl der wissenschaftlichen und technischen höheren Schulen eine Vermehrung erfahren wird. Da der Sozialismus durch die Industrialisierung ersetzt wurde, ist es ganz natürlich, daß die Zahl der Technokraten innerhalb der sowjetischen Gesellschaft zunehmen muß.

Wenn nun die Bildungselite aus Leuten mit Hochschulbildung besteht, dann soll die politische Elite nach einem von Chruev auf dem XX. Parteikongreß vorgeschlagenen Spezialsystem ausgebildet werden. Indem er sich etwas sehnsuchtsvoll auf die seinerzeitigen zaristischen Schulen der sozialen Elite bezog, sagte er:

„Wenn wir in die jüngste Vergangenheit blicken, so werden wir sehen, daß die herrschenden Klassen außer den allgemeinen Schulen ihr eigenes System zur Erziehung der neuen Generationen hatten, ein System, das dem Regime und dem Geist jener Zeit entsprach. Das waren die Akademien für die Pagen und Kadetten, die Institute für adelige Mädchen und andere ähnliche Schulen ... Wie haben wir uns nun praktisch demselben Problem zu nähern? Es scheint, daß es angezeigt wäre, Internate zu schaffen (wir müssen uns noch einen entsprechenden Namen für sie ausdenken) ..." (P r a w d a, 15. II. 1956).

Diese Spezialmittelschulen sollen, erklärt Chruscev, in einer schönen und gesunden Umgebung gelegen sein, in schönen Gebäuden untergebracht werden, die allen Komfort aufweisen, sollen die besten Lehrer erhalten, die „die Ingenieure der Seele der neuen Generation" sein würden (a. a. O.). Indem er die Lieblingsphrase Stalins von den Ingenieuren der menschlichen Seele gebrauchte, vermittelte Chruscev den Eindruck, daß diese Internate für kommunistische „Pagen, Kadetten und adelige Töchter" nicht nur die bestmögliche Mittelschulbildung geben würden, sondern auch einen besonderen staatsbürgerlichen Unterricht in der kommunistischen Lehre, der intensiver wäre als der in den Tagesschulen. Die Studenten der Tagesschulen entziehen sich auch teilweise der Wirkung der kommunistischen Seelenformung, da sie einen großen Teil ihrer Zeit zu Hause verbringen. Chruscev hob auch hervor, daß es den mit Zustimmung ihrer Eltern gewählten Studierenden dieser Internate verboten sein würde, ihre Familien außer während ihrer Schulferien zu besuchen. Die Seelen der Kinder würden so gänzlich durch besonders ausgesuchte Lehrer geformt werden. Sie würden zu fanatischen Kommunisten ausgebildet werden. Für diese Schulen würde man zwar das Schulgeld beibehalten, doch würden diejenigen Eltern, die es nicht zu zahlen vermöchten, teilweise oder ganz davon befreit werden. Zieht man die menschliche Natur in Betracht, wie sie ist. so ist es nicht schwer vorherzusagen, daß Eltern mit größerem Einfluß imstande sein werden, die Aufnahme ihrer Kinder zu diesen Schulen der künftigen kommunistischen Aristokratie zu sichern, und daß es ihnen nichts ausmachen würde, Schulgelder zu zahlen, da sie dies leicht tun können.

Auf diese Weise würde also die soziale Schichtung weiterbestehen, wenngleich auf eine andere Art. Tagesmittelschulen würden jedem Kind offenstehen und die Erziehungsbasis der gewöhnlichen, gemeinen Ameisen der kommunistischen Gesellschaft bilden. Die Internate wären dagegen den sorgfältig ausgewählten Ameisenköniginnen reserviert, die wahrscheinlich Abkömmlinge der gegenwärtigen Oberschicht der Intelligenz sein werden. Da die Internate eine bessere Erziehung vermitteln würden, hätten ihre Absolventen eine weit größere Wahrscheinlichkeit, Zulaß zu den Hochschulen zu erhalten.

Dieses Bild wurde später etwas durch jene Artikel verwischt, die in der Sowjetpiesse im Sammer 1956 erschienen. Diese Artikel erklärten, daß die Internate, von denen einige im Herbst 1956 eröffnet werden sollten, in einer gewissen Zukunft die allgemeine Form der Schulen sein und die gegenwärtigen Tagesschulen ablösen werden Es erscheinen hier zwei Deutungen möglich. Wenn dieses grandiose Projekt ernsthaft erwogen wird (es könnte aus technischen und budgetären Gründen nicht vor dem Ablauf einer längeren Zeit verwirklicht werden), dann ist es die Absicht der Partei, sich das vollständige Monopol der Freizeit der Kinder und jungen Leute zu sichern und in der abgeschlossenen Atmosphäre der Inter-nate vorzugehen, wo die Studierenden von ihren Familien abgeschlossen wären und ihre Seelen ruhig geformt werden könnten. Es wäre töricht, diese Deutung als unmöglich abzulehnen. Die andere Deutung würde weniger ehrgeizige Pläne voraussetzen. Die Partei muß die ungünstigen fremden Kommentare über diese Eliteschulen für die neue kommunistische Aristokratie bemerkt haben, die eine Verleugnung der Demokratie in jedem Sinne des Wortes darstellen.

Diese Kommentare waren den ausländischen Kommunisten äußerst unangenehm. Es ist möglich, daß sich die-Partei einfach ein Alibi schaffen wollte, als sie die allgemeine Einführung der Internate versprach, ebenso wie sie eine unbegrenzte Fülle von Verbrauchsgütern in der Zukunft versprochen hatte. Ein ausländischer Kommunist kann nun diese Artikel in der Sowjetpresse zitieren und sagen, daß die beschränkte Zahl von Internaten lediglich den ersten Schritt in einem grandiosen Programm für alle Kinder darstellt, während in Wirklichkeit die Partei an der Konzeption einer beschränkten Zahl von Eliteschulen festhält, wie sie ursprünglich von Chruev im Februar 1956 dargelegt wurde. Welche Deutung sich auch immer als richtig erweist, so werden die Internate doch zumindest für eine lange Zeit für einige wenige Auserwählte reserviert sein, für die Anwärter auf einen Platz in der künftigen Führergarde des Kommunismus.

H. Ideologische Unterweisung und relativistische Moral

§ 35 . KINDER UND ELTERN Worin besteht der staatsbürgerliche Unterricht, der an einer sowjetischen Schule erteilt wird? Ein künftiger Sowjetbürger muß nicht nur tief von der marxistisch-leninistischen Anschauung und von Treue zur Partei durchdrungen sein, sondern hat sich auch einer straffen Disziplin unterzuordnen Stalin erkannte in scharfsichtiger Weise, daß die beste Schule das Heim war, solange die Kinder Tagesschulen und nicht Internate besuchten. Hierbei bestand aber stets die Möglichkeit eines Konfliktes zwischen der Ergebenheit zur Familie und der Loyalität gegenüber dem kommunistischen Staat. Dieses Problem wurde und wird stets zugunsten des Staates gelöst. Die Lesebücher der Volksschule enthalten die „erbauliche" Geschichte eines 14jährigen Knabens, Pavlik Morozov mit Namen Der Knabe lebte zur Zeit der Massenkollektivisierung der Landwirtschaft, der sich die Bauern häufig aktiv widersetzten. Pavlik zeigte seinen Vater bei der kommunistischen Strafabteilung als einen der Führer der Widerstandsgruppe gegen die Kollektivierung an. Der Vater wurde festgenommen und hingerichtet, doch wurde der Knabe am nächsten Tag von seinem Großvater getötet. Diese grausame Geschichte eines sowjetischen Helden stellt das Vorbild dar, wie die Kinder den Konflikt mit der Loyalität zu lösen haben. Eine Zeitschrift für Schulkinder, die Pionerskaja Prawda, schrieb: „Pavlik Morozov faßte den Entschluß zu einer großen Heldentat, sein Leben für sein Vaterland zu opfern. Er nahm alle seine geistige Kraft und seinen Mut zusammen und handelte sogar gegen seinen eigenen Vater, nachdem es sich herausgestellt hatte, daß sein Vater ein Feind des Volkes war . . . Für uns wird Pavlik Morozov immer ein Vorbild des slaatsbürgerlichen Mutes bleiben. Wir müssen die Feinde des Sowjetstaates entlarven, wo immer und wer immer sie sind, so wie Pavlik Morozov sie entlarvt hat." (a. a. O.) Die Pavlik Morozovs unserer Zeit werden aufgefordert, ihre Eltern zu denunzieren, wenn sie entdecken, daß diese in Opposition zum Staate stehen. Sie werden nicht nur dazu aufgefordert, sondern sind gesetzlich dazu verpflichtet. Es besteht eine allgemeine Verpflichtung, den Behörden alle Personen anzuzeigen, die konterrevolutionäre (politische) Verbrechen und Vergehen gegen das Staatseigentum begehen oder zu begehen versuchen. Diese Verpflichtung ist in Artikel 58-12 des Strafgesetzbuches niedergelegt, der für das Verbrechen der Nichtanzeige die Strafe eines Freiheitsentzuges von zumindest sechs Monaten ausspricht Da Jugendliche vom 14, Lebensjahr an (dem Alter von Pavlik Morozov) für alle Vergehen haftbar sind, haben sie die gesetzliche Verpflichtung, Eltern und andere Verwandte anzuzeigen. Die ausgesprochene Strafe ist schwerer im Falle der Nichtanzeige eines Verwandten, der ins Ausland desertiert, während er ein Mitglied der bewaffneten Streitkräfte ist. Da er nicht veihaftet werden kann, werden in erster Linie seine Verwandten für das Verbrechen der Nichtanzeige bestraft. Artikel 58-1 c des Strafgesetzbuches sagt für diesen Fall, daß als Strafe ein Freiheitsentzug von fünf bis zehn Jahren zu verhängen ist Minderjährige von mehr als 14 Jahren haben die gleiche Strafe zu gewärtigen. Derselbe Artikel stellt außerdem noch eine kollektive Familienverantwortlichkeit fest. Verwandte, die beweisen können, daß sie nichts über die Absicht ihres Vaters oder Sohnes oder Bruders wußten, daß er ins Ausland desertieren wolle, oder die sogar an einem anderen Orte wohnten, aber finanziell von ihm unterstützt wurden (und ihm deshalb nahestanden), können mit Verbannung „in die entfernten Gebiete Sibiriens" für fünf Jahre bestraft werden Dieser Grundsatz der kollektiven Familienverantwortlichkeit illustriert die Entschlossenheit der sowjetischen Herrscher, auf allen menschlichen Registern zu spielen, um das Volk gänzlich ihrem Willen zu unterwerfen Es sei noch hinzugefügt, daß das Durchführungsgesetz zum sowjetischen Strafgesetzbuch auch nahe Verwandte des Angeklagten nicht davon ausschließt, als Zeugen vor Gericht auszusagen § 36. JUGENDORGANISATIONEN Die Partei wünscht, daß die Eltern ihre Kinder „als sowjetische Patrioten und als aktive und gewissenhafte Erbauer des Kommunisnius" erziehen (V. Kolbanovskij, „Ukreplenije semi v socjalisticeskom obestve", Bolsevik, September 1949, Nr. 17, S. 53). Doch ist es möglich, daß Eltern, gewollt oder ungewollt, diese Aufgabe nicht erfüllen. Der Lehrer kann sich nicht wirksam mit der staatsbürgerlichen Erziehung jedes einzelnen Kindes befassen. Aus diesem Grunde wurde der Rest dieser Aufgabe zwei Jugendorganisationen übertragen, den Pionieren und dem Komsomol.

Die große Mehrheit der Schulkinder von 9 bis 14 Jahren ist Mitglied der Pioniere, obwohl die Teilnahme an dieser Organisation streng genommen nicht obligatorisch ist. Die ideologische Aufgabe der Pioniere ist klar im Eid der Pioniere niedergelegt:

„Ich ... verspreche, daß ich standhaft für die Sache Lenins und für den Sieg des Kommunismus eintreten werde.“ (O g o n e k , Mai 1952, Nr. 21, S. 2.)

Die Tätigkeit der Pioniere ist nicht nur ideologischer Natur, sondern kann in vieler Beziehung mit der der westlichen Pfadfinder verglichen werden. Das Hauptbestreben richtet sich darauf, die Freizeit der Jugendlichen soweit als möglich zu kontrollieren und, wenn nötig, ein Gegengewicht zum Einfluß von Heim und Familie zu schaffen.

Junge Leute im Alter von 14 bis 26 Jahren können dem Komsomol beitreten, der jetzt etwa 20 Millionen Mitglieder zählt. Die Komsomolzen sind sowohl Helfer der Partei bei der Erfüllung ihrer verschiedenen Aufgaben, die Unterweisung von jung und alt mit einbegriffen, als auch die zukünftigen Anwärter der Parteimitgliedschaft. Die Partei zieht es entschieden vor, als Neumitglieder junge Leute aufzunehmen, die auf eine erfolgreiche Komsomolzenvergangenheit hinweisen können. Eine der Aufgaben des Komsomols ist die Propagierung des Atheismus.

„Ein Mitglied des Konsomols darf der Religion gegenüber nicht gleichgültig sein . . . er muß vielmehr ein aktiver Kämpfer gegen den religiösen Aberglauben sein.“

Die Statuten des Komsomols legen klar und deutlich die Hauptaufgabe dieser Organisation fest:

„Der Komsomol unterstützt die Kommunistische Partei und bildet deren Reserve und Hilfe. Er erzieht die Jugend unter der Führung der Kommunistischen Partei ..." (KomsomolskajaPrawda, 4. VII.

1952.)

§ 37 . PROPAGANDA Die Mentalität des Kindes wird gemäß dem Wunsche der Partei vom Lehrer geformt, der ein Staatsangestellter ist, ferner von den Pionieren und dem Komsomol sowie von seinen Zeitschriften und Lehrbüchern, die vom Staat herausgegeben werden. Der einzige Einfluß, der — unter großen Risiken — ein Gegengewicht zu dieser Art von Erziehung darstellt, ist der Einfluß der Eltern. Allerdings sind auch diese, wie alle anderen Erwachsenen, einem Sperrfeuer der monopolisierten Parteipropaganda ausgesetzt. Wohin immer sich der durchschnittliche Sowjetmensch wendet, ob er seine Zeitung, ein Flugblatt oder ein Buch liest, ob er den Fernsehschirm betrachtet oder dem Radio lauscht, ob er eine öffentliche Vorlesung besucht oder seinem Universitätsprofessor zuhört, ob er an einer öffentlichen Versammlung oder an einer beruflichen Zusammenkunft teilnimmt oder ob er während seiner Arbeitszeit einem Kollegen zuhört, der eben-falls ein Parteiagitator ist, überall und jederzeit wird er von der Parteilinie und ihrer laut widerhallenden Stimme bedrängt. Wenn ein Durchschnittsmensch trotz seiner Abgeschlossenheit von jeder ausländischen Quelle der Information und des Wissens unabhängig bleibt, dann muß er seinen Mund halten, wenn er nicht konterrevolutionärer Umtriebe bezichtigt werden will.

§ 38 . RELATIVISTISCHE MORAL Dieser Typ der Gesellschaft, wie er hier beschrieben wurde, kann nur auf der Grundlage einer relativistischen Moral existieren, die alle Mittel dem politischen Ziel unterordnet. Dieselbe Handlung wird oder je zu moralisch unmoralisch sein, nach ihrer Beziehung diesem Ziel (II § 14 d). Dieses Ziel selbst wird verschiedentlich angegeben, und zwar als die ideale zukünftige kommunistische Gesellschaft (II § 23), als die Macht des „sozialistischen" Staates (III § 11, § 21), als die Größe der Partei usw., ist aber in Wirklichkeit, zumindest heute, einlach die Industrialisierung der UdSSR und der revolutionäre Umsturz der nichtsowjetischen Staaten (V § 2). Beispiele für diese Relativität der moralischen Maßstäbe wurden bereits in den Kapiteln VI. VII und XI angeführt und erklärt Es ist zu betonen, daß dieser Typ der Moralität nicht nur auf die Beziehungen zwischen kommunistischen und nichtkommunistischen Ländern angewandt wird (wie in Kapitel VI gezeigt wurde), sondern auch innerhalb des kommunistischen Regimes selbst, das, wie die Kommunisten zugeben, auch weiterhin in verschiedene soziale Klassen gegliedert bleibt Der unüberbrückbare Abgrund, der die kommunistische relativistische Moral (wie jede andere totalitäre Moral) von der auf ewigen Werten beruhenden traditionellen ethischen Auffassung trennt, macht es überaus schwierig, wenn nicht unmöglich, eine gemeinsame Sprache zu finden.

Ein Totalitärer sagt in dem Roman „ 1984" von George Orwell: „Die Wirklichkeit existiert im menschlichen Geist . •. nicht im Geist des Einzelmenschen, der Fehler machen kann und jedenfalls bald zugrunde geht; sie existiert nur im Geist der Partei, die kollektiv und unsterblich ist (vgl. II § 8 u. § 14 f.). Was immer die Partei als Wahrheit ansieht, i st Wahrheit. Es ist unmöglich, Wirklichkeit außer durch die Augen der Partei zu sehen." Dies ist es, was die kommunistische Propaganda unaufhörlich in den Kopf der Menschen einhämmert, sowohl in den der Menschen in den kommunistisch regierten Ländern als auch in den der anderen ausländischen Kommunisten. Jedoch ist der Geist der Partei nicht wirklich kollektiv, noch ist die Parteilinie unsterblich. Der „Geist" besteht aus den wenigen Gehirnen der kleinen herrschenden Parteioligarchie und auch die Parteiwahrheit ist sterblich, da der eine oder andere Teil von ihr abstirbt und mit jeder Veränderung der Parteilinie durch etwas Neues ersetzt wird. Die „unsterbliche Wahrheit” wird je nach den Verhältnissen von der herrschenden Oligarchie, einer Gruppe von elf oder siebzehn Männern, formuliert; ist sie einmal formuliert, so müssen die beherrschten Millionen sie als unsterblich anerkennen — bis zur nächsten Revision. Die Formulierung der „Wahrheit" ist das ausschließliche Vorrecht der wenigen Herrscher.

I. Anhang

§ 40. ARBEITSGESETZE Beschluß des Rates der Volkskommissare vom 31. 12. 1938 Nr. 329 über die Einführung der Arbeitsbücher.

...der Rat der Volkskommissare der UdSSR hat beschlossen:

1. Beginnend mit dem 15. 1. 1939 für die Arbeiter und Angestellten in allen staatlichen und kooperativen Unternehmungen und Institutio-nen Arbeitsbücher einzuführen, die durch die Verwaltung der Unternehmen (Institutionen) ausgestellt werden.

2. In die Arbeitsbücher die folgenden Angaben über den Inhaber des Arbeitsbuches eintragen zu lassen: Familiennamen, Vornamen, Vornamen des Vaters, Alter, Ausbildung, Beruf und Angaben über die ausgeübte Arbeit, Überstellungen von einem Unternehmen (Institution) zu einem anderen, Gründe dieser Überstellung sowie über Belobigungen und Auszeichnungen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Uber den Mechanismus der sowjetischen Wahlen und die Wahlergebnisse siehe: W. W. Kulski, The Soviet Regime, 2nd ed., Syracuse University Press, Syracuse 1956, SS. 132— 146 und 753— 755.

  2. Das Wahlgesetz der Russischen SFSR in: Iswestija, 8. XII. 1950.

  3. „Soobcnije centralnoj izbiratelnoj komissii po vyboram v Verchownyj Sovet SSSR po itogam vyborov 14, marta 1954 goda", P r a w d a , 18 III. 1954.

  4. 1A 07.. A‘ Askerov, Sovetskoje gossudarstvennoje pravo, Moskva 1948,

  5. W. W Kulski, „Classes in the , Classless State”, Problems ot Communism, January-February, 1955, Nr. 1, SS. 20— 28.

  6. über das sowjetische System der Arbeitsdisziplin siehe: W. W. Kulski, The Soviel Regime, SS. 367— 386.

  7. über die Regelung der Arbeitszeit siehe: Kulski, SS. 339— 344, und über die Festsetzung der Löhne siehe: ebd., S. 441.

  8. Uber die Produktionsnormen siehe: ebd., SS. 405— 410.

  9. Uber die sowjetischen Kollektivverträge siehe: e b d ., SS. 514— 517.

  10. „Postanovlenije XI. sjezda profsojuzov SSSR", Prawda, 16. 6. 1954.

  11. Uber das Verfahren zur Beilegung individueller Arbeitskonflikte siehe: Kulski, SS. 517— 523.

  12. Prawda, 15. II . 1956.

  13. e b d .

  14. Prawda, 9. III. 1956, S. 1.

  15. Kulski SS 4 0— 445

  16. e bd

  17. Soviel Studies, Januar 1955 Vol IV, Nr. 3, SS. 232_ 234.

  18. 15. II. 1956, S. ?

  19. N. G. Alexandrov und Mitarbeiter, Sovetskoje Trudovoje Pravo, Moskva 1349, D. 234.

  20. Vedomosti Verhovnovo Soveta SSSR, 8. V. 1956, Nr. 10 (852), Text 203, SS. 246— 248.

  21. e b d .

  22. e b d ., S. 795.

  23. N. G. Alexandrov, E. I. Astrachan, S o v e ts ko j e Tr udo v o j e Pr a v o, SS. 283— 293,

  24. G N. Seponov, Spravocnik po zakonodatelstvu dla sudebno. prokuratorskich rabotnikov, 2. A., Moskva 1949, S. 111.

  25. über die sowjetische indirekte Besteuerung siehe; Kulski, SS. 447— 450.

  26. Uber die Sätze der Verkaufssteuer siehe: Naum Jasny, The Soviet Pric« System, Stanford, 1951, SS. 164— 176.

  27. K. N. Plotnikov, Budget socjalistiseskovo gossuda r st va, Moskva 1948, SS. 238— 239.

  28. W. I. Serebrovski und Mitarbeiter, Grazdans ko j e pravo, 3. A., Moskva 1947, SS. 238- 239.

  29. I b i d., s. 265. Vgl. H. Wronski, Le troudoden, Paris 1957..

  30. I. L. Braude und Mitarbeiter, Z eme 1 no j e pravo, Moskva 1949, SS. 205— 206.

  31. Uber die verschiedenen Fonds der Kolchosen siehe: Kulski, S. 617.

  32. 1 L. Braude und Mitarbeiter, Z e m e 1 n o j e pravo, S. 179.

  33. W I Serebrovski und Mitarbeiter. Grazdanskoje pravo, S.

  34. P r a w d a . 21. II. 1956, S. 3.

  35. Ugolovnyjkodex, Moskva 1947, S. 106

  36. Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 2. X. 1940.

  37. W. K. Grigorjew und Mitarbeiter, Kolchoznoje pravo, S. 281.

  38. e b d .. S. 241.

  39. N. D. Kasanzev und Mitarbeiter, Kolchoznoje pravo, Moskva 1947, S. 104 I.

  40. P r a w d a , 24. XII. 1953.

  41. P r a v» d a , 2. VII. 1956.

  42. P r a w d a , 15. IX. 1953.

  43. Uber die Zugeständnisse an die Bauern im Jahre 1953 siehe: P r a w d a , 9. VIII. 1953.

  44. über die neue Bauernpolitik des Jahres 1956 siehe: Prawda, 10. III. 1956, SS. 1— 2.

  45. Uber die Lebens-und Arbeitsbedingungen der sowjetischen Arbeiterinnen siehe: Kulski, SS. 349— 350.

  46. N. G. Alexandrov und Mitarbeiter, Soveckoje trudo vo j e pravo, S. 247.

  47. Die Verfassung der UdSSR, S. 49.

  48. Erlaß vem 26. V. 1956.

  49. Dekret des Rates der Volkskommissare der UdSSR und des Zentralkomitees der Partei vom 13. IV. 1942.

  50. Uber die Verantwortlichkeit der Jugendlichen vor dem Strafgesetz siehe: B. S. Uveckij Ugolovr. oje pravo, Biblioteka narodnovo sudji, Moskva 1950, SS. 42— 44.

  51. Uber diesen Fall wird berichtet in: S. A. Vysinskaja, Ob ogolovnoj otvet. stvennosti za ienije gossudarstvenovo i obscestvnnovo imuscestva, Moskva 1948, SS. 15— 16.

  52. Uber das System der Alters-und Arbeitsunfähigkeitspensionen vor dem Jahre 1956 siehe: Kulski, SS. 535— 536.

  53. . Zakon o gossudarstvennych peniach", P r a w d a , 15. VII. 1956.

  54. N. G. Aleksandrov und Mitarbeiter, Soveskojetrudovojepravo, SS. 345— 350.

  55. I. I. Evtikmiev, V. A. Vlassov, Administrativnoje pravo SSSR, Moskva 1946, SS. 156— 157.

  56. Tichon Chrennikov, „Pered vtorym sjezdom kompozitorov". Pta w da, 2. IV. 1956, S. 2.

  57. Siehe z. B.den Beschluß des Zentralkomitees der Partei vom 30. Juni 1956 (P r a w d a , 2 VII. 1956) und den Kommentar dazu in: P r a w d a , 6. VII. 1956; Letztes im selben Sinne, vielleicht noch schärfer: N. Chruscev, Za t e s n u j u swjaz Li t era tur y 1 iss Kusstva s zynujunaroda, Kommunist 1954, Nr. 12, SS. 11— 20.

  58. A. M. Danev, Narodno je obrazovanije, Osno vny je postanovlenita, prikazy i i n s t ru k c i j . Moskva 1948, SS. 456— 45?. Uber die Schulgelder des Schuljahres 1956— 57 siehe: Kulski, SS. 475— 477.

  59. S Kovalev, O n a e j o nal n o j gordosti Soveckich lüde j , Moskva 1950, SS. 16— 19.

  60. Uber die Feindlichkeit der Sowjets gegenüber nichtrussischem Nationalismus In der UdSSR siehe: Kulski, SS. 102— 112.

  61. Gesetz vom 14. VH. 1956. _ . oe.

  62. Die Richtlinien des XX Kongresses bezügüdi des 6. Fünfjahresplans (1956 19001 Prawda 15. Januar 1956, S. 4; ferner der Beschluß des XX. Kongresses, mit dem diese Richtlinien angenommen wurden, P r a w d a , 25. II. 1956, S. 2.

  63. 2 Artkel 126 des Strafgesetzbuches, siehe; Ugolovnyj Kodex p. 66

  64. über die kommunistischen staatsbürgerlichen Ideale siche: Kulski, SS. 320— 322

  65. P r a w d a , 23. II., S. 11.

  66. Die Gesetze vom 14. VII. 1956

  67. Z. B. in P r a w d a , 28. VI. 1956, S. 1.

  68. Uber die strenge sowjetische Sctuldisziplin siehe: Kulski SS. 485— 495

  69. Pionerskaja Prawda. 12. IX. 1952.

  70. U g o 1 o v n y j K o d e k s , S. 31.

  71. U g o 1 o v Q y I K o d e k s , S. 26.

  72. e b d.

  73. M. S. Strogovi, Ugolovnyj Process, Moskva 1946 S. 188.

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