Einleitung Zum dritten Mal jährt sich der Tag, an dem die Bauarbeiter der Stalinallee mit ihrem Streik das Signal zum Aufstand des 17. Juni gaben. Über den Verlauf dieser historischen Ereignisse ist ausführlich berichtet worden. Größe und Tragik der Erhebung sind in erschütternden Dokumentationen niedergelegt ’). Die spontane, sich in einem totalitären System vollziehende Erhebung des Volkes-hat jedoch — wie jede Erhebung — gesellschaftliche Ursachen, die letztlich auf die Politik der kommunistischen Führung zurückgehen. Der 17. Juni ist das Ergebnis einer Reihe von administrativen, wirtschaftlichen und politischen Maßnahmen der SED-Führung; nur im Zusammenhang mit ihnen ist er zu verstehen. Über die Ereignisse, die sich im Politbüro der SED vor, während und nach dem 17. Juni abspielten, sind nur Einzelveröffentlichungen erschienen. Eine zusammenfassende Darstellung aus der Perspektive des Politbüros erscheint zur Zeit deshalb angebracht, weil jetzt — in der Periode der Entstalinisierung innerhalb des Ostblocks — die SED-Führung diesen Prozeß in der Zone mit dem Argument verzögert, sie habe keine Fehler gemacht und brauche aus diesem Grunde keine einschneidenden personteilen Veränderungen wie etwa in Polen durchzuführen.
Die Unzufriedenheit der Sowjetzonenbevölkerung hatte schon seit 1945 geschwelt, ohne acht Jahre hindurch zu einer offenen Rebellion zu führen. Ab 1952 jedoch wuchs sie schnell und unaufhörlich durch eine Entwicklung, die mit dem 4. Parlament der FDJ und dem 2. Parteikongreß der SED ihren Anfang nahm und unter dem Schlagwort „Aufbau des Sozialismus in der DDR“ noch mehr als früher dazu beitrug, den Sozialismus zu diskreditieren und die Ausbeutung der Arbeiterschaft durch ein kommunistisches System zu verschärfen. Die Darstellung der Ursachen des 17. Juni muß mit dieser Periode beginnen.
Der „Aufbau des Sozialismus in der DDR“
Vom 29. bis 31. Mai 1952 fand in Leipzig das 4. Parlament der FDJ statt. 3 500 Delegierte aus der Sowjetzone und 500 „Gäste“ aus der Bundesrepublik waren in der weiten Kongreßhalle auf dem Leipziger Messegelände zu dieser Veranstaltung erschienen. Nur wenige Eingeweihte wußten, welches Manöver die SED-Führung mit der Durchführung dieses Schaukongresses inszeniert hatte. Das Politbüro der SED und seine Auftraggeber benutzten den Kongreß, um schon jetzt, mehr als einen Monat vor der 2. Parteikonferenz der SED, eine Entwicklung einzuleiten, die bereits ein Jahr später zu d
Auf dem 4. Parlament wurde zunächst die völlige Gleichschaltung der FDJ als Nebenorganisation der SED vollzogen, ihre Statuten wurden entsprechend geändert und ergänzt. Unter dem Aspekt auf die 2. Parteikonferenz wurde in der Verfassung der FDJ niedergelegt: „ . . . die Freie Deutsche Jugend steht fest im Lager. . .des Sozialismus, an deren Spitze die große Sowjetunion steht 1)." Die führende Rolle der SED wird verankert: „Die Freie Deutsche Jugend anerkennt die führende Rolle der Arbeiterklasse und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands auf allen Gebieten des demokratischen Aufbaus . . . 2)." Höhepunkt des Parlaments war die Rede des 1. Sekretärs des ZK der SED, Ulbricht, der die Jugendlichen aufforderte, „das Waffenhandwerk zu erlernen . . . gute Scharfschützen zu werden . . . die Adenauer-Regierung stürzen zu helfen . . . und stets der Partei der Arbeiterklasse treue Gefolgschaft zu leisten“
Die völlige Eingliederung der FDJ in die marxistische Schulung wird beschlossen: „Sie (die FDJ) eignet sich besonders die Lehre von den Entwicklungsgesetzen in Natur und Gesellschaft, die Lehren von Marx, Engels, Lenin und Stalin an.“
Auch zur Bekämpfung der „Jungen Gemeinde“ und zur Reinigung der FDJ von oppositionellen Elementen, die ein halbes Jahr später begann, wurde auf dem 4. Parlament der Grundstein gelegt: „Die FDJ entfernt aus ihren Reihen feindliche Elemente.“ Verfassung der FDJ Abschnitt II, Artikel 20.
Erstmalig wird in einem politischen Dokument der Sowjetzone offen der SSD erwähnt: „Jedes Mitglied der Freien Deutschen Jugend hat die Pflicht ... die staatlichen Sicherheitsorgane zu unterstützen sowie staatliche Geheimnisse zu wahren.“ (Artikel 23 der Verfassung der FDJ). Indem die FDJ die sogenannte. Patenschaft über die deutsche Volkspolizei übernahm, verpflichtete sich sich, unzählige junge Menschen „freiwillig" für die damals noch getarnte Kaderarmee zu werben und die Wehrertüchtigung unter der Jugend populär zu machen.
So waren durch die Beschlüsse des 4. Parlamentes bereits Grundstein und psychologische Vorbereitung für die Beschlüsse der 2. Parteikonferenz der SED gelegt, die im Mai 1952 stattfinden sollte. Die Vergrößerung der Kaderarmee, die Wehrertüchtigung durch die „Gesellschaft für Sport und Technik" und die Arbeitsdienstorganisation „Dienst für Deutschland", die gewaltige Machtposition des Staatssicherheitsdienstes, beginnende Säuberungen und Verfolgungen in der Zone, die ideologische und organisatorische Gleichschaltung aller Organisationen, das alles waren die wesentlichen Beschlüsse der 2. Parteikonferenz, die sich hinter der tarnenden Fassade „Aufbau des Sozialismus“ verbargen.
Warum wurde gerade die FDJ dazu auserwählt, die Beschlüsse der 2. Parteikonferenz vorzubereiten? Anfang März 19 52 hatte der Vorsitzende der FDJ und Kandidat des Politbüros der SED, Erich Honecker, dem Politbüro die Entwürfe für die Entschließungen des 4. Parlaments zur Genehmigung vorgelegt. Auf dieser Sitzung wurden schon im Hinblick auf die bereits vorbereitete Planung der 2. Parteikonferenz die Ausarbeitungen der FDJ zum großen Teil abgelehnt. Ulbricht begründete die Ablehnung damit, auf der 2. Parteikonferenz werde eine neue Entwicklung eingeleitet. Sie solle auf einen breiten, schon vorbereiteten Boden fallen. Auf ihrem Kongreß solle die FDJ vor der Parteikonferenz die wesentlichen Grundlagen für die Beschlüsse legen, jedoch so, daß in den Formulierungen den Entscheidungen der 2. Parteikonferenz nicht sichtbar vorgegriffen werde, um die sogenannte führende Rolle der SED nicht zu gefährden.
Es wurden neue Entschließungen formuliert und bereits nach dieser Politbüro-Sitzung vielseitige interne Vorbereitungen und Besprechungen begonnen. Schon vor dem 4. Parlament begann der Apparat der FDJ mit der Auswahl von Funktionären für die Hauptverwaltung „Dienst für Deutschland", den Zentralvorstand der „Organisation für Sport und Technik" und die vormilitärische Ausbildung der Jugend. Insgeheim wurden Umgruppierungen im Deutschen Sportausschuß vorgenommen und der organisatorische Grundstein für das spätere staatliche Komitee für Körperkultur und Sport gelegt. Das Ernst-Thälmann-Werk in Suhl erhielt einen Auftrag zur Herstellung von 100 000 Luft-und Kleinkalibergewehren für die Schießzirkel der FDJ, den größten Betrieben der Zone wurden die ersten 200 Motorräder zum Aufbau von Krad-Staffeln zugeteilt. Aus der Sowjetunion trafen Zeichnungen von Fallschirmspringer-Türmen ein, die zur vormilitärischen Ausbildung in verschiedenen Betrieben der Zone errichtet werden sollten. So war es möglich, daß bereits während des Aufmarsches anläßlich des 4. Parlaments die ersten motorisierten und mit Luftgewehren ausgerüsteten Einheiten der FDJ demonstrierten, Vorläufer der endgültigen, breiten Militarisierung der Sowjetzone.
Nach dem 4. Parlament steigerte sich bis zur 2. Parteikonferenz die militärische Aktivität der FDJ erheblich. Das an sich schon spärliche Jugendleben wurde weiter eingeschränkt, der Funktionärapparat war vollauf mit den organisatorischen Aufgaben zur Erfüllung der vor-militärischen Planziele beschäftigt. Deshalb traten die eigentlichen Interessen der Jugend noch mehr als bisher in den Hintergrund. Der gewaltige bürokratische Apparat der FDJ verwandelte sich mehr und mehr in einen großen Registrierbetrieb für Sollzahlen geworbener Volks-polizisten, verteilter Luftgewehre, formierter Arbeitsdiensteinheiten usw. Trotzdem wurden die Vorbereitungen noch halb intern behandelt, sie sollten bis zum Beginn der 2. Parteikonferenz abgeschlossen sein. Niemand fragte sich, ob die Delegierten dieser Konferenz die Vorschläge des Politbüros annehmen würden. Es wurden einfach Tatsachen geschaffen ohne Rücksicht auf innerparteiliche Demokratie.
Wie zu erwarten, wurden alle Beschlüsse einstimmig angenommen, Ulbricht erhielt die Legitimation zu uneingeschränktem Handeln unter der Losung des sozialistischen Aufbaues.
Die Auswirkungen der 2. Parteikonferenz Die 2. Parteikonferenz im Juli 1952 gab das Signal zur weiteren „Sozialisierung“ der Zone. Große Teile der noch bestehenden Privat-wirtschaft wurden liquidiert, freie Teile des Handwerkes durch handwerkliche Produktionsgenossenschaften ausgeschaltet, der gesamte Großhandel in staatliche Hände überführt, in unvorstellbarem Tempo landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften geschaffen, die Schwerindustrie rücksichtslos auf Kosten der Konsumgüterindustrie ausgebaut und eine immer erbarmungslosere Antreibung zur Steigerung der Arbeitsproduktivität durch Erhöhung der Normen eingeführt.
Ulbricht erklärte auf dieser Konferenz: „Die Friedenspolitik der Deutschen Demokratischen Republik muß ergänzt werden durch die Schaffung nationaler Streitkräfte.“ Damit war die Schaffung der Volksarmee aus dem Stadium der internen Vorbereitung heraus an die Öffentlichkeit getreten. In der Entschließung der 2. Parteikonferenz heißt es „Der Sturz des Bonner Vasallenregimes ist die Voraussetzung für die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands.“ In Verbindung mit den offenen militärischen Vorbereitungen lag in dieser Feststellung die eindeutige Drohung auch unter Einsatz militärischer Machtmittel den Sturz der Demokratie in Westdeutschland zu erwingen. „Die Kirche kann nicht weiter ihre Stellungnahme unter der Maske der Neutralität verdecken. Die Vertreter der Kirche in der DDR können keinerlei Anweisungen von jenen Kräften annehmen, die die Geschäfte der amerikanischen Okkupanten besorgen.“ Diese anmaßenden Worte Ulbrichts bildeten die Grundlage der Verfolgungen christlicher Gruppen, insbesondere der „Jungen Gemeinde“.
Die Ankündigung Ulbrichts „Es ist die Aufgabe der Staatsmacht, den Kampf zu führen gegen die Ideologie der Bourgeoisie, gegen jene Ideologien, Organisationen und Gruppen, die zu den Überresten des Kapitalismus gehören“, waren das Signal für den SSD, rücksichtslos jede Opposition, auch in der SED selbst, zu zerschlagen. Sie deutete seine Absicht an, gleich Stalin, eine Welle großer Säuberungen im Funktionär-Apparat der SED und ihrer Hilfsorgane einzuleiten.
Am 23. Juli 1952 beschloß die Volkskammer der Sowjetzone das sogenannte Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaues und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR. Mit ihm wurden die bisherigen fünf Landtage aufgelöst und vierzehn Bezirke mit insgesamt 217 Kreisen geschaffen. Durch diese scharfe Zentralisierung der Verwaltung verdreifachte sich der bürokratische Apparat, der Druck der aufgeblähten Staatsbürokratie auf die Massen wurde größer und größer. Die Verstaatlichung, auch der kulturellen Einrichtungen, überstürzte sich. Die gesamte Filmwirtschaft wurde durch das neugeschaffene „Staatliche Komitee für Filmwesen“ übernommen. Der Ministerrat erließ Verordnungen für die Bildung der Gesellschaft für Sport und Technik, des Staatlichen Rundfunkkomitees, des Staatlichen Komitees für Körperkultur und Sport usw. Die bürgerlichen Parteien wurden ideologisch gleichgeschaltet, die Vorstände der Ost-CDU, Ost-LDP, NDP, DBD mußten die Beschlüsse der 2. Parteikonferenz begrüßen und ihre Ziele den Beschlüssen dieser Konferenz anpassen. FDGB, FDJ und die übrigen Massenorganisationen beschlossen ihre speziellen Aufgaben „bei der Schaffung der Grundlagen des Sozialismus in der DDR“. Neben den Sozialisierungsmaßnahmen auf kaltem bürokratischem Wege fand vor dem Obersten Gericht der DDR ein Prozeß nach dem anderen statt. Viele Funktionäre empfanden die Urteile als stille Drohung der SED-Führung gegen die innerparteiliche Opposition.
Langsam wurde die Lage in der Zone auf allen Gebieten selbst in den politischen Organisationen und ihren Führungsgruppen unhaltbar. Das gegenseitige Mißtrauen wuchs mit den zunehmenden Verhaftungen, der sich Überschlagenden Kritik und Selbstkritik, mit der Festnahme immer neuer, vermeintlicher Spione, Saboteure und Agenten. Dazu kam die übersteigerte ideologische Schulung im Rahmen des Parteilehrjahres, die jedes selbständige Nachdenken verhinderte und Instruktionsstunden glich. Direktiven, Anweisungen und neue Rundschreiben überstürzten sich.
Die Kampagne zur Werbung von fast 100 000 Volkspolizisten, etwa 10 000 Mitarbeitern des SSD und 20 000 Jugendlichen für die ersten beiden Brigaden der Organisation „Dienst für Deutschland“, lief auf Hochtouren. Der eigentliche Träger dieser Werbemaßnahmen war die FDJ. Die Empörung in den Betrieben durch die Erpressungsmethoden der Werbekommissionen wuchs ständig. Das festgelegte Soll konnte häufig nicht erfüllt werden. Viele Kommissionen griffen zu Täuschungsmanövern und versuchten durch Angabe falscher höherer Zahlen der Bestrafung zu entgehen. Die ablehnende Haltung der Werktätigen blieb natürlich der SED-Führung nicht verborgen, aber jede oppositionelle Regung wurde als ein Ausdruck klassenfeindlicher Bestrebungen bezeichnet. Der Ausbau des SSD begann auf breiter Basis.
Der Ausbau des SSD Nach der 2. Parteikonferenz gewann der SSD in der Zone unaufhörlich an Einfluß. Erstmalig wurden auf dem 4. Parlament Hochrufe auf das Ministerium für Staatssicherheit ausgebracht und die FDJ verpflichtet, für den SSD einzutreten. Bei den Polizeirevieren wurden FDJ-ler als Hilfspolizisten eingestellt. Während der SSD bis zur 2. Parteikonferenz nur in geringem Maße neue Kräfte einstellte, wurden nach dieser Konferenz aus dem Funktionärkörper der FDJ 500 Mitarbeiter für den SSD abgezogen. Später wurden diese Zahlen auf 4000 bis 5000 erhöht und zur Tarnung in die offiziellen Werbeziffern für die Volkspolizei ausgenommen. Die Neueinstellungen führten bereits Anfang 1953 zur zahlenmäßigen Verstärkung aller SSD-Dienststellen.
Die jungen SSD-Angehörigen wurden auf die Institutionen der Wirtschaft, des Staatsapparates und der Partei verteilt, in die Dienststellen dieser Organe eingebaut und erhielten die Anweisung, „allen feindlichen Regungen" nachzugehen. Menschlich unfertig und mit der jeweiligen fachlichen Problematik kaum vertraut, waren sie willige und kritiklose Werkzeuge ihrer Auftraggeber. Mehr und mehr nahm die Zone den Charakter eines Polizeistaates an. Nicht nur die Mehrheit der Bevölkerung, auch die Funktionäre der politischen Organisationen wurden immer stärker von gegenseitigem Mißtrauen und Furcht vor Verfolgung befallen. Häufig wandten sie zur Verwirklichung von Direktiven brutale Methoden an, um ihre eigene Position zu retten. Das teuflische System von Kritik und Selbstkritik, das jeden gegen jeden ausspielte, die Pflicht, abweichende Äußerungen anzuzeigen, die Furcht, hinter oppositionellen Bemerkungen Provokationen des SSD zu wissen, preßten viele Funktionäre zu einem widerwilligen Gehorsam, der am 17. Juni nahezu vollkommen aussetzen sollte.
Der Kampf gegen die christliche Jugend Zur gleichen Zeit begannen als Teil der beginnenden „Großen Säuberung" Maßnahmen gegen die christliche Jugend. Die Ulbricht-Führung beabsichtigte mit der Liquidierung der „Jungen Gemeinde“ das schwächste Kettenglied der oppositionellen Gruppen in der Zone zu treffen; außerdem stand die „Junge Gemeinde“ den weltanschaulichen Zielen der SED im Wege, die eine ideologische Gleichschaltung besonders der Jugend anstrebte.
Auch diese Aufgabe wurde der FDJ übertragen. Nach Rücksprache mit Ulbricht wurde Ende 1952 im Sekretariat des Zentralrates der FDJ ein umfangreicher Aktionsplan zur Bekämpfung der „Jungen Gemeinde“ beschlossen. Dieser Aktionsplan basierte auf einem russischen Original, das Honecker von dem Leiter der Sowjetischen Kontrollkommission, Semjonow, und seinem Stellvertreter Orlow, erhalten hatte. Seitens der sowjetischen Kontrollkommission war die FDJ kritisiert worden, sie entfalte die atheistische Propaganda und den Kampf gegen die „Junge Gemeinde“ nicht konsequent genug. Besonders an den Lehranstalten fehle die gründliche Auseinandersetzung mit dem Christentum. Honecker wurde aufgefordert, nach dem sowjetischen Entwurf einen Aktionsplan gegen die „Junge Gemeinde“ zu entwerfen und ihn mit Ulbricht abzustimmen. Gleichzeitig wurde von Seiten der Sowjetischen Kontrollkommission jede technische und organisatorische Unterstützung zugesagt. Bald wurde atheistisches Propagandamaterial geliefert
Der endgültige Plan, im Sekretariat des Zentralrates behandelt und als interne Anweisung den Leitungen der SED und der FDJ übermittelt, enthielt mehrere Abschnitte. Der erste Teil beschäftigte sich mit der sogenannten ideologischen Überzeugungsarbeit unter der „Jungen Gemeinde“. Hier waren unter anderem Broschüren über naturwissenschaftliche Probleme, Vortragsreisen von Wissenschaftlern, Diskussionswochen zwischen Christen und Atheisten und Versammlungskampagnen vorgesehen. Der zweite Abschnitt des Planes enthielt kulturelle Maßnahmen, die die Tätigkeit der „Jungen Gemeinde“ eindämmen sollten. Kulturelle Veranstaltungen, Jugend-und Sportfeste, Tanzfeste usw. sollten zeitlich und örtlich gleichzeitig überall dort durchgeführt werden, wo Veranstaltungen der „Jungen Gemeinde“ geplant waren. Der dritte Abschnitt des Planes sah organisatorische Maßnahmen zur Liquidierung der „Jungen Gemeinde" vor. Die Verweigerung von Tagungsräumen für Veranstaltungen der christlichen Jugend, die Entfernung aktiver Anhänger der „Jungen Gemeinde“ von Oberschulen und Universitäten durch die Kommissionen zum Umtausch der Mitgliedsbücher sollten dazu beitragen FDJ und Bildungsinstitute von Anhängern der „Jungen Gemeinde“ zu säubern. Um die Aktionen gegen die „Junge Gemeinde“
auslösen zu können und um vorzutäuschen, sie geschähen auf Wunsch der Bevölkerung, wurden Provokationen an Oberschulen und Universitäten durchgeführt, Jugendliche zur offenen Diskussion herausgefordert, dann aber ihre freimütigen Äußerungen als Kriegs-und Boykotthetze bezeichnet. Die Grundorganisationen der FDJ mußten in Entschließungen das Verbot der „Jungen Gemeinde“ fordern. Die Verbindungsleute der FDJ in kirchlichen Stiftungen, z. B. in Halle, wurden veranlaßt, offen zu Mißständen in ihrem Heim Stellung zu nehmen. Dies wurde als Anlaß zur Schließung dieser kirchlichen Einrichtungen benutzt. Den Aktionen der FDJ zum Umtausch der Mitgliedsbücher, die mit persönlichen Aussprachen und ideologischen Prüfungen verbunden waren, fielen bis Anfang 1953 fast 30 000 Oberschüler und Studenten zum Opfer, die nicht nur aus der FDJ ausgeschlossen wurden, sondern auch gleichzeitig ihre Schulen verlassen mußten. Soweit sie nicht nah dem Westen flüchteten, wurden sie in den Produktionsprozeß eingegliedert. Dort trugen sie wesentlich zur Stärkung det oppositionellen Kräfte in den Betrieben bei.
Trotz großer Anstrengungen gelang es nicht, den Zusammenhalt der „Jungen Gemeinde" zu sprengen. Ein letzter Versuch ist die Anweisung des Ministeriums des Inneren zum offiziellen Verbot der „Jungen Gemeinde", die Anfang 1953 erlassen wurde. Auch die sowjetische Kontrollkommission war mit dem Erfolg der Aktion unzufrieden. Zur gleihen Zeit wurden die Sekretäre des Zentralrates der FDJ, an der Spitze Erich Honecker, zu Semjonow persönlich befohlen. Zur Debatte stand die Frage der „Jungen Gemeinde“. Honecker gab einen Bericht über Erfolge und Mißerfolge und konstatierte das Versagen einer Reihe von FDJ-Leitungen sowie von Lehrkörpern der Oberschulen. Er kritisierte den Leiter der Abteilung Staatliche Verwaltung im Zentralkomitee der SED, Plenikowski, und den Sektorenleiter für Kirchenfragen, Brandt, indem er ihnen mangelnde Unterstützung im Kampf gegen die „Junge Gemeinde“ vorwarf. Semjonow antwortete, die FDJ müsse in diesem Falle auf eigenen Füßen stehen. Die SED sei eine „alte Partei“, in der noch viele Sozialdemokraten mit eigenartigen Auffassungen vorhanden seien, die wenig von strategischen Problemen verstünden. Der Sozialismus könne nur siegen, wenn das Hinterland geschlossen und frei von Feinden sei. Die Hauptsache sei, die Jugend begreife das. Er riet, alle Probleme mit Walter Ulbricht zu besprechen, die sowjetische Kontrollkommission werde das Gleiche tun.
Der zweite Rat von Semjonow war methodischer Art. Er schlug vor, die Aktionen gegen die „Junge Gemeinde“ nicht mit preußischer Lautstärke und Fanfarengedröhn, sondern ruhig, aber dafür wirkungsvoller zu gestalten. Er empfahl, die FDJ solle sich aus allen administrativen Maßnahmen heraushalten und diese den Sicherheitsorganen und dem Staatsapparat überlassen. Die Aufgabe der FDJ bestehe vor allem in der ideologischen Arbeit, der Verbreitung atheistischen Gedankengutes und der Verstärkung kultureller Tätigkeit. Nur so seien die Anhänger der „Jungen Gemeinde“ zu gewinnen. Man solle darauf achten, daß nicht alle Jugendlichen in das Lager des Gegners abwanderten, denn damit sei der Sahe „des Aufbaues des Sozialismus“ nicht gedient. Es war eine offene Kritik an der Tätigkeit der FDJ, die sich shon als Außenstelle des SSD betrachtet und meist administrative Maßnahmen ergriffen hatte.
Im Prinzip änderte sich jedoch nichts. Im Gegenteil, die Verfolgungen der Angehörigen der „Jungen Gemeinde" nahmen zu. Der Diakon Herbert Buske aus Wismar erhielt 8 Jahre Zuchthaus, weil er sich auf den Standpunkt gestellt hatte, die „Junge Gemeinde“ sei eine Form kirchlicher Jugendarbeit, die verfassungsmäßig garantiert sei. An den Bildungsanstalten wuchs die Unzufriedenheit nicht nur unter Schülern und Lehrern, sondern auch unter deren Angehörigen.
Die Bürokratie feiert — die Massen darben Das Jahr 1952 ging seinem Ende entgegen. Im Oktober gab es noh einmal einen politishen „Höhepunkt": Der dritte Jahrestag der Gründung der „DDR“ wurde mit großem Aufwand gefeiert. Der damalige Präsident des Obersten Sowjets und heutige Vorsitzende der Sowjet-Gewerkschaften, Schwernik, kam trotz des zur gleichen Zeit tagenden 19. Parteitages der KPdSU, nach Berlin. Große Demonstrationen und Kundgebungen auf dem Marx-Engels-Platz in Ostberlin und in der Zone wurden durchgeführt. Das Jahr 1952 war gegen Ende durch immer stärkere Konflikte und Disharmonien gekennzeichnet. Einerseits pompöse Veranstaltungen zum Jahrestag der DDR, der Russischen Oktoberrevolution, zu Stalins Geburtstag, andererseits ‘Gesetze, Verordnungen und Dokumente, die zwar im Gedröhn der Propagandafanfaren unter-zugehen schienen, bei den betroffenen Bevölkerungsschichten aber nicht ohne Wirkung blieben. Das Programm der Nationalen Wiedervereinigung Deutschlands, von der Westabteilung des Zentralkomitees ausgearbeitet, proklamierte Massenstreiks, den Generalstreik und den gewaltsamen Sturz der Regierung Adenauer. Die Weihnachtsgratifikationen wurden nach stürmischen Auseinandersetzungen im Politbüro, bei denen der Ulbrichtflügel die Überhand behielt, abgelehnt; die Empörung der Arbeiterschaft vergrößerte sich. Die Preise der Grundnahrungsmittel, wie Margarine und Marmelade, stiegen.
Am 1. Januar erklärte die SED-Führung das Jahr 195 3 zum „KarlMarx-Jahr". Sie ahnte nicht, daß die Entwicklung in der Zone nach den wirklichen Gesetzen von Marx verlaufen und sich drastisch gegen seine Interpreten richten sollte. Die Praxis des Jahres 195 3 begann mit düsteren Vorzeichen: Zwangsmaßnahmen zur Erfüllung der zentralistisch gesteuerten Pläne, Beschlüsse zur rücksichtslosen Steigerung der Produktion, zur Erhöhung der Sparsamkeit, und zur Verstärkung des Spitzelapparates in den Betrieben. Dieser zunehmende Druck wurde mit passivem Widerstand der Bevölkerung beantwortet. Je mehr diese Ablehnung sichtbar wurde, desto größer wurden die Anstrengungen der SED-Führer, gegen die Werktätigen in der Zone stärkere politische Druckmittel anzuwenden und sie mit einer Flut von Agitation und Propaganda zu überschütten. Versammlungskampagnen, Haus-und Hofbegehungen, Agitationseinsätze, Kundgebungen, Mitgliederversammlungen und politische Filmveranstaltungen überstürzten einander. Der Inhalt dieser Propaganda aber stand in klaffendem Widerspruch zu den Interessen und Bedürfnissen der Bevölkerung. Sie wurden mit Phrasen über den sozialistischen Aufbau und die Notwendigkeit der Produktionssteigerung gefüttert, während sie die Verbesserung ihres Lebensstandards, die Beseitigung der Korruption und anderes mehr erwarteten.
Die Bevölkerung fürchtete den SSD und das Spitzelsystem, die innere Bereitschaft für eine Aktion gegen das System wuchs, aber sie hielt sich instinktiv zurück, als fühle sie, daß die Zeit noch nicht reif sei.
Die Auseinandersetzungen in der SED-Führung Je mehr sich die Lage in der Zone zuspitzte, desto größer wurden die Differenzen zwischen Ulbricht und der Opposition im Politbüro. Die Opposition gegen Ulbricht umfaßte die Mehrheit des Politbüros, sie hatte verschiedene Ursachen. Eine ideologische Opposition bestand in erster Linie bei Ackermann, dem ehemaligen Vertreter des „Unabhängigen Weges zum Sozialismus in Deutschland“. Ackermann wurde zeitweilig von Ölßner unterstützt. Der damalige Chefredakteur des Parteiorgans „Neues Deutschland“, Rudolf Herrnstadt, stand der Politik Ulbrichts aus taktischen Erwägungen ablehnend gegenüber. Er billigte zwar den stalinistischen Kurs, kritisierte aber die plumpen und primitiven Methoden von Ulbricht. Der Chef des SSD, Wilhelm Zaisser, war aus machtpolitischen Gründen ein Gegner Ulbrichts; er versuchte, die Alleinherrschaft Ulbrichts zu beseitigen. Zwischen diesen Gruppen schwankten die Mitglieder des Politbüros Elli Schmidt, Hans Jendretzky und Herbert Warnke. Grotewohl, Matern und Rau beteiligten sich selten an aktiven Maßnahmen gegen Ulbricht. Matern stand häufig in Ulbrichts Abwesenheit in Opposition zu Ulbricht.
Die Arbeitsmethoden Ulbrichts wurden zunehmend diktatorischer. Die Meinung der übrigen Mitglieder des Politbüros wurde nur noch zu allgemeinen Entscheidungen gehört; die wirkliche Führung war in den Händen von Ulbricht, der seine Weisungen über Semjonow unmittelbar aus Moskau erhielt. Ulbricht empfing von morgens bis in die Nacht hinein die Vertreter von Partei, Staat, Armee usw., erteilte Anweisungen von prinzipieller Bedeutung, ohne das Politbüro zu hören oder die Entscheidungen der Fachabteilungen des Zentralkomitees zu berücksichtigen. An einem Tage z. B. empfing er nacheinander die Generalität der Kasernierten Volkspolizei, die Leitung der Hauptverwaltung der Grenzpolizei, das Sekretariat der FDJ, die Leitung des Staatlichen Komitees für Sport und Körperkultur, die Funktionäre der Gesellschaft für Sport und Technik, die Architektengruppe der Stalin-Allee, Ingenieure aus dem Eisenhüttenkombinat Ost, Landwirtschaftswissenschaftler und noch vier weitere Gruppen von Funktionären, denen er Anweisungen auf ihren jeweiligen Fachgebieten erteilte. Die übrigen Mitglieder des Politbüros hatten kaum noch eine Kontrolle über die Politik Walter Ulbrichts; seine Anweisungen standen häufig im direkten Gegensatz zu Dokumenten und Erklärungen, die vorher vom Zentralkomitee der SED herausgegeben worden waren. So hatte z. B. das Politbüro offiziell die Durchführung von kurzfristigen „Stoßkampagnen“ verurteilt, jene Einsätze, bei denen Tausende von Funktionären zur Erfüllung einer Einzelausgabe in die Bezirke gejagt wurden, um eine Scheinaktivität zu entfalten. Nachdem sie ihren Bericht angefertigt hatten, pflegte jede Tätigkeit wieder zu erlahmen. Ulbricht setzte sich über diesen Beschluß hinweg. Er verfügte weiterhin, die FDJ müsse nach wie vor ihre Haupt-anstrengung auf die Werbung für die Volkspolizei legen, obwohl das Politbüro in seiner Abwesenheit beschlossen hatte, die Werbung für die Volkspolizei zu verlangsamen, um den Bestand der FDJ zu erhalten. Er fegte mit einer Handbewegung eine Anweisung Ölßners hinweg, mit der dieser, um das System der Ausbildung der akademischen Jugend zu retten, verhindern wollte, daß Studenten von Akademien und Technischen Hochschulen wahllos zur Volkspolizei geworben wurden. Der Aufbau der Organisation „Dienst für Deutschland“ war nicht im Politbüro besprochen worden. Die Entwürfe der Uniform, die Ausbildungspläne, die Disziplinarordnung und die ersten Einsatzgebiete der Brigaden wurden allein zwischen Ulbricht, Honecker und einigen Vertretern der Kasernierten Volkspolizei festgelegt. Dabei wurden die Bedenken gegen die Einberufung von Mädchen zum „Dienst für Deutschland“ völlig übergangen. Die ersten weiblichen Brigaden sollten im Raum Pasewalk, Eggesin, Torgelow, Stope und Giove auf Rügen eingesetzt werden zum Bau von Befestigungs-und Kasernenanlagen. Da in diesem Raum etwa 80 000 Volkspolizisten lagen, für die es keine Abwechslung gab, war es nicht schwer, die Ereignisse vorauszusehen, die beim Einsatz mehrerer Tausend Mädel in diesen Gebieten eintreten würden. Auch hier wurde das Politbüro nicht informiert und die Entscheidung von Ulbricht allein getroffen.
Wie wenig in den Augen Ulbrichts die übrigen Politbüromitglieder galten, geht aus einer Auseinandersetzung zwischen Walter Ulbricht und dem Politbüromitglied Fred Ölßner in jener Zeit hervor. Die Ursache des Streites war eine rein organisatorische Frage. Ölßner vertrat die Auffassung, daß in den neugeschaffenen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften keine FDJ-Organisationen gebildet werden dürften. Die Bildung solcher Organisationen werde, so meinte er, eine Spaltung der Dorfjugend hervorrufen, da es dann eine FDJ-Organisation im Dorf und eine andere in der LPG desselben Dorfes geben würde. Dies müsse zwangsläufig zu Reibereien unter der Jugend führen. Da Erich Honecker in dieser Auffassung eine Beschränkung der FDJ auf dem Lande sah, protestierte er dagegen bei Ulbricht, der seinerseits ohne mit Ölßner Rücksprache zu nehmen, dessen Anweisung widerrief und aus der bereits vorbereiteten Presseerklärung von Ölßner die entsprechenden Sätze herausstreichen bzw. verändern ließ.
Solche Auseinandersetzungen waren zahlreich, sie traten am schärfsten schon in den Jahren 1951 und 1952 zwischen Walter Ulbricht und Franz Dahlem auf und führten zuletzt zur Enthebung Franz Dahlems als Leiter der Westabteilung. In der gleichen Zeit lagen auch offene Rebellionen verschiedener Sekretariatsmitglieder gegen die Politik Ulbrichts, deren Wortführer Edith Baumann, Otto Schön und Hans Jendretzky waren. Sie benutzten die Abwesenheit Ulbrichts, um ein Untersuchungsverfahren gegen Erich Honecker einzuleiten, das in Wirklichkeit gegen Ulbricht gerichtet war. Es ging um Korruptionsfälle im Verlag „Neues Leben". Im Laufe der Untersuchung spielte der Verlag aber nur noch eine untergeordnete Rolle, das Schwergewicht der Über-prüfung zielte gegen die selbstherrlichen, diktatorischen Arbeitsmethoden von Honecker. Als Ulbricht aus Moskau zurückkehrte, wurde auf sein Betreiben sofort die Untersuchung gegen Honecker bei der Zentralen Parteikontrollkommission eingestellt, Otto Schön seines Postens als stellvertretender Leiter des Sekretariats enthoben und auf eine untergeordnete Stelle abgeschoben. Diese Unterdrückung jeder selbständigen Regung durch Ulbricht war auch 1952 noch nicht vergessen. Die Opposition war zwar unterdrückt, aber nicht beseitigt. Wiederum wartete die Opposition einen Zeitpunkt ab, an dem Ulbricht einen längeren Aufenthalt in der Sowjetunion nahm.
Ende Oktober 1952 versuchte sie einen neuen Schlag gegen Walter Ulbricht zu führen. Auf einer Sondersitzung des Politbüros, an der auch Sekretäre des Zentralrates der FDJ und Generale der Kasernierten Volkspolizei, wie Heinz Hoffmann und Rudolf Dölling, teilnahmen, wurde über die unhaltbaren Zustände in den Lagern der Organisation „Dienst für Deutschland“ -berichtet. Es ergab sich, daß Ulbricht sein -Politbüro nicht einmal von den prinzipiellen Entschlüssen unterrichtet hatte, und die Existenz von Mädel-Eagern völlig unbekannt war. Die Zustände in den Lagern waren katastrophal. Es herrschten moralischer Verfall, Geschlechtskrankheiten, sanitäre Mißstände, Disziplinlosigkeit und Versorgungsschwierigkeiten. Das Politbüro kritisierte diese Zustände auf das schärfste und beantragte durch Hans Jendretzky gegen die Verantwortlichen ein Verfahren bei der Zentralen Partei-kontrollkommission. Es wurde eindeutig geklärt, daß Ulbricht und Honecker für diese Zustände verantwortlich waren. An der scharfen Kritik beteiligten sich besonders Jendretzky, Matern, Zaisser, Rau und Elli Schmidt. Welche Formen diese Kritik annahm, ergibt sich aus der Stellungnahme Heinrich Rau’s, der folgendes ausführte: „Wenn wir in unseren Betrieben Arbeiter als Saboteure bestrafen, weil sie ihren Plan nicht erfüllen, dann muß man genau so mit denen verfahren, die dies im viel größeren Umfang mit mehr als zehntausend Jugendlichen gleichzeitig durchgeführt haben. Ich unterstütze daher das vorgeschlagene Untersuchungsverfahren gegen die Verantwortlichen für diese Mißstände.“ Dann führte Zaisser einen Angriff gegen die Führung der „Gesellschaft für Sport und Technik" und des „Staatlichen Komitees für Sport und Körperkultur“. Abschließend beschloß das Politbüro, die „Gesellschaft für Sport und Technik“ und die „Staatliche Sportbewegung“ der Verantwortlichkeit Honeckers zu entziehen, der bis dahin gemeinsam mit Ulbricht für diese Organisationen verantwortlich war.
Im Beschluß wurde ausdrücklich festgehalten, daß in Zukunft nur das gesamte Politbüro prinzipielle Entscheidungen über diese Organisationen treffen könne. Als Ulbricht aus dem Urlaub zurückkehrte, wurden auf sein Betreiben diese Beschlüsse des Politbüros aufgehoben, das Verfahren der ZPKK verlief im Sande. Aber die Opposition war nicht zum Schweigen gebracht.
Im Januar 195 3 versuchte sie die Stellung Ulbrichts und Honeckers über den FDGB zu erschüttern. Das Präsidium des FDGB erklärte — ohne Ulbricht und Honecker zu fragen — der FDGB werde in Zukunft eigene Betriebsjugendgruppen unabhängig von den Betriebsjugendgruppen der FDJ gründen. Dieser Beschluß mag dem Außenstehenden als nebensächliche, organisatorische Maßnahme erscheinen. Für die Praxis des stalinistischen Systems aber war er von außerordentlicher Bedeutung; durch ihn sollte das Monopol der ausschließlich von Ulbricht gesteuerten FDJ über Millionen Jugendliche im Betrieb gebrochen werden. Neben der FDJ würde es in den Betrieben eine konkurrierende Jugendorganisation geben, die wahrscheinlich in kurzer Zeit stärker und einflußreicher als die'FDJ geworden wäre. Die FDGB-Jugend hätte Hunderttausenden junger Arbeiter die Möglichkeit gegeben, sich ohne die strenge stalinistische Kontrolle der FDJ politisch zu organisieren und für ihre sozialen Rechte zu kämpfen. Auf Intervention Ulbrichts bei der Sowjetischen Kontrollkommission wurde der Beschluß durch eine neue Präsidiumssitzung des FDGB widerrufen, auf der die führenden Gewerkschaftler gezwungen wurden sich von ihrer eigenen Entschließung zu distanzieren. Die neue Entschließung enthielt das genaue Gegenteil des alten Beschlusses. Zur Hauptaufgabe des FDGB wurde die Unterstützung der FDJ-Gruppen erklärt, bei Verzicht auf jede eigene, selbständige Jugendarbeit. Diese Beispiele sind typisch für die vergeblichen Versuche einer ständigen Opposition gegen Ulbricht, der sich — gleich Stalin — die Alleinherrschaft über seine Partei mit Erfolg zu sichern verstand.
Die Säuberung beginnt Ulbricht war ständig bemüht, sich seiner Gegner zu erwehren und möglichst zu entledigen. Im August 1950 hatte er Paul Merker, Lex Ende, Kreikemeyer, Leo Bauer und andere verhaften lassen. Lex Ende erlag den Mißhandlungen während seiner Haft, Leo Bauer wurde von einem sowjetischen Militärtribunal zum Tode durch Erschießen verurteilt und nach einem halben Jahr Aufenthaltes in der Todeszelle des Moskauer Gefängnisses Butirka zu fünfundzwanzig Jahren Zwangsarbeit begnadigt. Kurt Müller, der stellvertretende Vorsitzende der KPD, wurde im Auftrage von Ulbricht verhaftet, weil Ulbricht den Sowjets gegenüber einen Schuldigen für die Mißerfolge seiner Partei in Westdeutschland brauchte. Nachdem die Opposition im Jahre 1952 stark an Einfluß gewonnen hatte, holte er zum Gegenschlag aus. Ende 1952 wurde das Amt für Informationen aufgelöst, in dem zahlreiche Westemigranten und Gegner Ulbrichts arbeiteten. Der 21. Februar 195 3 brachte das Ende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). Am 14. Mai 19 53 wurde Franz Dahlem „wegen politischer Blindheit gegenüber der Tätigkeit imperialistischer Agenten und wegen nichtparteimäßigen Verhaltens zu seinen Fehlern“ aus dem Zentralkomitee ausgeschlossen und sämtlicher Funktionen enthoben. Die Opposition war einer ständigen, physischen Bedrohung ausgesetzt, da sie stets mit ihrer Verhaftung zu rechnen hatte. Der Tod Stalins hinderte Ulbricht zunächst daran, die Opposition restlos zu liquidieren. Es gelang ihm aber durch seinen Einfluß bei der sowjetischen Kontrollkommission, die übrigen Politbüro-Mitglieder einzuschüchtern,
Der Tod Stalins schuf vorübergehend eine Periode der Unsicherheit in der SED-Führung, dann jedoch verstärkten sich die Maßnahmen gegen die Opposition auch außerhalb der Partei. Die Kampagne gegen die Junge Gemeinde erreichte ihren Höhepunkt. Das Zentralorgan der FDJ, die „Junge Welt“, führte eine große Kampf-und Propagandaaktion gegen die „Junge Gemeinde". Viele ihrer Stiftungen wurden geschlossen und enteignet. Am 28. April 1953 wurde die „Junge Gemeinde“ offiziell durch das Innenministerium zur illegalen Organisation erklärt. Auch diesem Beschluß des Innenministeriums ging eine heftige Auseinandersetzung voraus. Der Staatssekretär im Innenministerium, Hans Warnke sträubte sich gegen die Auflösungsanweisung des Politbüros und wurde deshalb später zum Vorsitzenden des Bezirksrates Rostock degradiert. Gemeinsam mit der sowjetischen Kontrollkommission setzten Lllbricht und Honecker dann über den Innenminister Stoph die Durchführung dieses Beschlusses durch. Anton Ackermann wurde seiner Funktion als Staatssekretär des Außenministeriums enthoben.
Neben dem politischen verschärfte sich auch der wirtschaftliche Druck auf die Bevölkerung. Am 14. April 195 3 verkündete das ZK der SED eine „Entschließung über die Prinzipien des sozialistischen Wettbewerbes“ die den Kampf gegen die „Rückständigkeit falscher Normen" ankündigte. Das bisher als kapitalistische Methode verschriene „DispatcherSystem" wurde für die Zone übernommen. Die Lebenshaltung der Arbeiterschaft verschlechterte sich weiter.
Anläßlich der Feier zum 13 5. Geburtstag von Karl Marx definierte Lllbricht das System und die Machtverhältnisse in der Zone: „Die Deutsche Demokratische Republik ist in der gegenwärtigen Entwicklungsetappe eine Macht der Arbeiter und Bauern, in der die führende Rolle der Arbeiterklasse gehört. Der Staat der Deutschen Demokratischen Republik führt erfolgreich die Funktionen der Diktatur des Proletariats aus, das heißt, er löst die Grundaufgaben der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus, den Aufbau der wirtschaftlichen und kulturellen Grundlagen des Sozialismus sowie die Unterdrückung der volksfeindlichen Kräfte und organisiert den Schutz der Heimat“.
Zwei Wochen später, auf der 13. Tagung des Zentralkomitees, auf der neben Dahlem noch andere Funktionäre ausgeschlossen wurden, wurde der Kampf gegen die oppositionellen Gruppen in der SED fortgesetzt. Der Professor an der Ostberliner Hochschule für Planökonomie, Bruno Warnke, wurde bezichtigt, die Rolle Stalins als Wissenschaftler negiert zu haben. Der Ausschluß von Warnke war eine direkte Kampfansage an alle Kommunisten, die nach Stalins Tod glaubten, seine geschichtliche Rolle endlich historisch objektiv darstellen zu können. So feierte der Ulbrichtsche Stalinismus in den ersten Monaten nach Stalins Tod wahre Orgien. Die Hoffnung aller, die mit dem Tode Stalins damals schon eine Änderung des Systems erhofft hatten, brach zusammen.
In dieser Periode verkündete die sowjetische Kontrollkommission den Beschluß ihrer Auflösung. Der bisherige Führungsstab der UdSSR in der Zone wurde durch einen hohen Kommissar abgelöst. An der Einflußnahme sowjetischer Stellen auf die Gesamt-Politik der Zone änderte sich zwar im Prinzip nichts, jedoch bedeutete diese Umwandlung für das ZK der SED eine vermehrte Selbständigkeit in Einzelfragen. Am 28. Mai 195 3 beschloß der Ministerrat im Auftrag des Politbüros, die Arbeitsnormen der Sowjetzone durchschnittlich um 10 Prozent zu erhöhen. Dieser Beschluß glich in der damaligen Situation der Entzündung einer Lunte am Pulverfaß.
Die Sowjets waren ohne Illusionen Im Gegensatz zum Zentralkomitee der SED war die sowjetische Kontrollkommission über die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung, die zum 17. Juni führen sollte, sehr genau unterrichtet. Schon im Herbst 1952 hatte sie der SED und den Massenorganisationen vorgeschlagen, die Untersuchungsmethoden über die Stimmung der Bevölkerung und die Arbeit der Organisationen nach sowjetischem Vorbild auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen. Die Untersuchungen wurden im Rahmen einer systematischen Planung vorgenommen, oberflächliche Methoden wurden durch systematisches, monatelanges Studium gtoßer Untersuchungsteams abgelöst. Anfang 1953 wurden mehrere umfangreiche Untersuchungsaktionen der SED gemeinsam mit politischen Funktionären der sowjetischen Kontrollkommission durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten eindeutig die katastrophale Stimmung der Massen und die vollkommene Bürokratisierung von Partei-und Staatsapparat. Das Resume der Berichte war: Desinteresse an der Tätigkeit der SED, offene Feindschaft der Arbeiterschaft gegenüber den Maßnahmen von Partei, Regierung und Organisationen, Hoffnungslosigkeit und Apathie bei den Funktionären der Betriebsorganisationen und Kreisleitungen.
Es kennzeichnet den diktatorischen Charakter des Systems Ulbricht, daß die verantwortlichen Führungsgremien der SED diese Berichte nicht objektiv bewerteten. Sie wurden als Diskreditierung der SED, Ausdruck des Defaitismus, des Zurückweichens vor feindlichen Stimmungen oder als grundloser Pessimismus bezeichnet.
Ein typisches Beispiel für die Blindheit der SED-Führung war die große Organisationsberatung der SED vom 24. -28. April in Berlin, An dieser Konferenz nahmen alle 1. und 2. Kreissekretäre und die führenden Funktionäre der Verwaltung und Massenorganisationen teil. Die Tagung fand zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Arbeiterschaft der Zone sich bereits in wachsendem Aufruhr befand. Es war an der Tagesordnung, daß Parteiversammlungen und Belegschaftskonferenzen stürmisch verliefen und die Arbeiter offen die Politik der SED angriffen. In den Großbetrieben von Halle, Merseburg und anderen Städten war es bereits zu kurzen Arbeitsniederlegungen gekommen. Auf dieser Konferenz wurde von über 100 Diskussionsrednern über ideologische und organisatorische Fragen gesprochen, nicht einer von ihnen aber wagte es, in Anwesenheit von Ulbricht die wirkliche Lage zu schildern, obwohl sie während der Konferenzpausen in den Wandelgängen das Hauptthema der Delegierten war.
Allein die sowjetische Kontrollkommission bewertete die Untersuchungsergebnisse mit der nötigen Objektivität. Sie kam zu dem Resultat, daß sich die Stimmung der Bevölkerung unaufhaltsam verschlechtere, die Unzufriedenheit ständig wachse und eine Änderung der SED-Politik erforderlich sei.
Es ist interessant, festzustellen, daß die sowjetische Kontrollkommission vor dem 17. Juni lange Zeit hindurch trotz ihrer illusionslosen Kenntnis der Situation von ihrem Weisungsrecht an die SED keinen Gebrauch machte, offensichtlich aus zwei Gründen:
Erstens ließ sich auf diese Weise feststellen, ob die SED in der Lage sein würde, allein und ohne direkte sowjetische Hilfe die Schwierigkeiten zu beseitigen, zum anderen konnte in einer schwierigen oder gar bedrohlichen Situation der SED-Führung ihre völlige Abhängigkeit von Moskau demonstriert werden. In den letzten Wochen vor dem 17. Juni geschah von Seiten der Sowjets zunächst nichts, die herannahende Katastrophe abzuwenden.
Im April 195 3 begab sich Semjonow, der Leiter der sowjetischen Kontrollkommission, nach Moskau. Das Resultat seiner Berichte war der Entschluß, für die Sowjetische Besatzungszone den „Neuen Kurs" zu entwickeln, dessen Aufgabe sein sollte, die Unzufriedenheit der Bevölkerung abzufangen.
Die Verkündigung des „Neuen Kurses" am 9. Juni 1953 kam für fast alle Spitzenfunktionäre des Partei-und Staatsapparates völlig überraschend. Er erfolgte in einer Situation, in der die Unzufriedenheit der Bevölkerung außerordentlich war. Seine Aufgabe war, diese Unzufriedenheit zu mindern und zu beseitigen; er bewirkte das Gegenteil. Die unzufriedene Bevölkerung empfand den „Neuen Kurs“ als Eingeständnis der Fehler des Regimes. Die Verbesserungen wurden als unzureichend empfunden, die Offenbarung der Schwäche ermunterte die Bevölkerung. Die unteren Funktionäre der SED fühlten sich von ihrer Führung verraten. Bisher hatten sie unter dem Druck von oben alle unpopulären Maßnahmen durchführen müssen, die nun plötzlich von der Führung als falsch erklärt wurden. Die Führung schob ihnen die Verantwortung zu und lähmte damit ihre an sich schon schwache Initiative völlig. Die Funktionäre fürchteten sich, der Arbeiterschaft den „Neuen Kurs“ zu erklären und verkrochen sich noch mehr als vorher in ihre Büros. Es wa_ eine ähnliche Situation, wie sie jetzt im Prozeß der Entstalinisierung bei den Funktionären der SED wiederum sichtbas wird. So aktivierte der „Neue Kurs" die Massen, lähmte den Apparat und isolierte die Führung völlig. Er schuf damit eine entscheidende Voraussetzung für den Aufstand. Gleichzeitig bedeutete der „Neue Kurs" eine Ermunterung für die Opposition im Politbüro gegen Ulbricht, da Ulbricht als Exponent der bisherigen Politik durch den „Neuen Kurs“ am stärksten kritisiert wurde.
Der 17. Juni Am Vormittag des 17. Juni glich das „Haus der Einheit“, Sitz des Zentralkomitees der SED, einer belagerten Festung. Postenketten von Rotarmisten waren aufgezogen, in Abständen von 50 m standen Panzerspähwagen. Die Flanken des Hauses waren mit schweren sowjetischen Panzern vom Typ T 34 abgesichert. Vor dem Eingang lagen die Scherben der Glastür, die von den Steinwürfen der Demonstranten zertrümmert war. Die große Vorhalle des Hauses, deren Rückseite mit den Gipsbüsten von Marx, Engels, Lenin und Stalin geschmückt ist, machte den Eindruck, als habe eine Saalschlacht stattgefunden. Überall lagen Glassplitter, verschmutzte Transparente und Fahnen. Quer durch die Hallen zogen sich dicke Feuerwehrschläuche, der Boden war mit Wasser übergossen. Die anrückenden Demonstranten hatten mit Wasserstrahlen in Schadt gehalten werden sollen. Auch hier war eine Schützenkette von Rotarmisten postiert. Erst hinter ihnen wurden die ersten Mitarbeiter des Zentralkomitees sichtbar, Instrukteure und Sachbearbeiter, die mit Karabinern, Pistolen oder Knüppeln bewaffnet waren, zwischen ihnen auch einige Volkspolizeioffiziere. Alle unterstanden dem sowjetischen Kommando, das den Schutz des Hauses übernommen hatte. Seine Besatzung schien einen neuen Angriff der Demonstranten zu erwarten.
Einen Tag zuvor hatten die Bauarbeiter vor dem Haus der Ministerien Ulbricht und Grotewohl zu sprechen verlangt. Sie ahnten nicht, daß das Politbüro der SED seit dem 16. Juni in Permanenz tagte. Während sie das Erscheinen Ulbrichts forderten, war zur gleichen Zeit im Politbüro der SED eine erbitterte Auseinandersetzung um Ulbrichts Politik und Arbeitsmethoden im Gange, die am 17. Juni ihren Höhepunkt erreichte.
Am Vormittag des 16. Juni war das Politbüro zu seiner üblichen Sitzung zusammengetreten, die an jedem Dienstag stattfand. Auf der Tagesordnung standen einige Punkte, einer von ihnen war die Frage der Arbeitsnormen und die Stimmung der Bauarbeiter der Stalin-Allee, die schon in den letzten Tagen öffentliche Kritik an der SED-und Gewerkschaftspolitik geübt hatten. Während die routinemäßigen Tagesordnungspunkte abgehandelt wurden, trafen die ersten Nachrichten von der großen Demonstration der Bauarbeiter ein, die sich zum Haus der FDGB und dann zum Haus der Ministerien bewegte. Sie bewirkte zunächst, daß die Diskussion des Politbüros unterbrochen wurde. Ein provisorischer Informations-und Kurierdienst wurde eingerichtet. Zum Haus der Ministerien wurde eine permanente telefonische Verbindung hergestellt. Durch sie erfuhr das Politbüro, daß die Demonstranten das Erscheinen von Ulbricht und Grotewohl verlangten. Selbmann persönlich forderte Ulbricht auf, zu den Demonstranten zu sprechen, um sie zu beruhigen. Er schilderte die bedenkliche Situation und seinen vergeblichen Versuch, Ruhe zu schaffen. Die einzige Möglichkeit, die Arbeiter zu beruhigen, sei das Erscheinen von Ulbricht persönlich. Ulbricht lehnte diese Aufforderung ab mit der Begründung, die Politbüro-Sitzung sei wichtiger. Seine Hoffnung war, die Demonstranten würden sich, wenn niemand sich um sie kümmere, verlaufen und nach Flause gehen. So ist auch seine Anweisung an die Volkspolizei zu verstehen, Zusammenstöße zu vermeiden, die Demonstranten frei gewähren zu lassen und auf keinen Fall von der Waffe Gebrauch zu machen.
Diese Hoffnungen Ulbrichts erfüllten sich nicht. Zwar löste sich die Kundgebung vor dem Hause der Ministerien auf, die Teilnehmer formierten sich jedoch zu großen Demonstrationszügen durch den Ostsektor. Immer größere Teile der Bevölkerung schlossen sich ihnen an.
Die Losungen gegen das Regime erhielt schärfere Nuancen. Immer häufiger waren Rufe und Sprechchöre zu hören: „Der Spitzbart muß weg; wir fordern freie Wahlen.“ Die Forderung nach dem Generalstreik wurde erhoben. Unter dem Druck dieser Entwicklung beschloß das Politbüro am Mittag des 16. Juni, die Normenerhöhung mit sofortiger Wirkung rückgängig zu machen. In seiner Isolierung von den Demonstran_ ten wußte das Politbüro nicht, daß die Frage der Nonnen allein längst nicht mehr der Kem der Forderungen bildete. Die Bewegung war weitergeschritten. Schon erhoben die Arbeiter politische Forderungen. Sie verlangten den Sturz der Regierung und freie Wahlen. Mit der Normen-senkung glaubte das Politbüro genug getan zu haben. In Verkennung der Entwicklung berief Ulbricht außerdem für den Abend des 16. Juni eine Konferenz der Berliner SED-Funktionäre im Friedrichstadtpalast ein, um zu den Ereignissen des Tages Stellung zu nehmen.
Damit beging er einen weiteren folgenschweren Fehler: Er zog seine Funktionäre aus den Betrieben heraus, in denen sie als Repräsentanten der SED-Politik gegen den beabsichtigten Generalstreik des 17. Juni hätten agitieren können. Er überließ damit die rebellierenden Belegschaften sich selbst und ermöglichte ihnen die ungestörte Vorbereitung der Demonstrationen des 17. Juni. Indem er alle führenden Funktionäre der SED, der Massenorganisationen und des Staatsapparates versammelte, machte er die politischen Organe führerlos. Es wurden keine Anweisungen an ihre Organisationen und Verbände für den 17. Juni ausgegeben. Als die Kundgebung gegen 22 Uhr zu Ende ging, war in den Betrieben niemand mehr greifbar, der Anweisungen hätte entgegennehmen können. Auch Ulbrichts Referat offenbarte die vollkommene Fehleinschätzung der Situation. Er beschränkte sich darauf, den allen Anwesenden bekannten, am 9. Juni proklamierten „Neuen Kurs“ noch einmal zu erläutern. Kein Wort fiel zu den Ereignissen des Tages. Die Demonstration der Bauarbeiter wurde ignoriert, als habe sie gar nicht stattgefunden. Unter den Funktionären entstand deshalb der Eindrude, es habe sich nichts Wesentliches ereignet. Sie nahmen aus dieser Kundgebung keine Instruktionen für ihr Verhalten am 17. Juni mit und trafen deshalb auch keine Vorkehrungen. Sie waren der Meinung:
Wenn das Politbüro keine Anweisungen erteilt, wird die Sache mit den Bauarbeitern schon beigelegt sein. Ähnlich lauteten auch die Instruktionen der SED-Zentrale an die Bezirksleitungen der Zone. Auf die Anfragen der Bezirksfunktionäre, die sich durch den Rias über die Ereignisse des Tages informierten, wurde stereotyp geanwortet: Die Aktionen seien beigelegt, die Riasmeldungen übertrieben, man solle sich nicht provozieren lassen und Ruhe bewahren. Die SED-Führung hatte die Hoffnung, die Unruhen am nächsten Tag auf Berlin beschränken zu können.
Die Berliner Landesleitung der SED war in der-Nacht zum 17. Juni in Alarmbereitschaft. \ Ihre Bemühungen gingen dahin, am nächsten Tag in allen Großbetrieben Funktionär-und Belegschaftsversammlungen durchzuführen, auf denen das Verhalten der Bauarbeiter verurteilt und die Normenfrage erneut besprochen werden sollte. Kennzeichnend für die Isolierung und Kopflosigkeit waren die vergeblichen Bemühungen des Landessekretariats Berlin und besonders des Vorsitzenden Jendretzky, Verbindungen zu den Großbetrieben zu erhalten. Die Führung der SED war nicht nur von der Arbeiterschaft, sondern auch von ihren unteren Funktionären vollkommen isoliert. Ein Teil von ihnen war nicht zu erreichen, ein anderer ließ sich verleugnen, andere wieder gebrauchten Ausreden, um sich vor den Aufträgen zu drücken. Das Sekretariat war nicht einmal über die Lage in den Berliner Bezirken und Großbetrieben richtig informiert, sein Kurierdienst war außerstande, ein objektives Bild der Lage zu vermitteln.
In der gleichen Nacht fragte das Politbüro weiter. Die seit langem schwelende Unzufriedenheit der Opposition gegen Ulbricht brach endlich aus und entlud sich in einer scharfen Kritik an seiner Politik und seinen Arbeitsmethoden.
Am Morgen des 17. Juni waren Herrnstadt und Zaisser die Wortführer der Opposition. Während die Demonstranten den Rücktritt der Regierung forderten, entwickelte sich im Politbüro eine heftige Auseinandersetzung zwischen Ulbricht und seinen Gegnern. Herrnstadt, Zaisser, Ackermann und andere führten die Ursachen des 17. Juni auf die selbstherrliche Politik Ulbrichts zurück. Sie habe die völlige Bürokratisierung der Partei bewirkt. Die Parteikader seien eingeschüchtert und hätten nicht einmal den Mut, Berichte über die wahre Lage zu geben. Die Partei laste auf den Massen und sei von ihnen völlig isoliert. Die Parteifunktionäre seien zu „Beamten" und „Angestellten“ geworden, die nur mit Direktiven und Befehlen arbeiteten und denen die Interessen der Bevölkerung fremd seien. Es gebe keine echte ideologische Auseinandersetzung in den Leitungen der Partei und der Massenorganisationen. Die Leitungen setzten sich aus Statisten zusammen. Vom Politbüro bis zu den Grundeinheiten herrsche das Prinzip der Einmann-Leitung. Dieses bürokratische System habe zur völlig falschen Einschätzung, z. B. in der Normenfrage, geführt. Den Stimmungen der Masse müsse nachgegeben werden, in der Spitze des Politbüros müßten personelle Veränderungen vorgenommen werden. Die Kritik schloß die Forderung der völligen Reorganisation der Partei ein.
Ulbricht begriff, daß die Mehrheit des Politbüros gegen ihn war. Gleichzeitig sah er die große Chance, die Opposition endgültig festzulegen, um sie später unschädlich zu machen. Es war jetzt nur notwendig, Zeit zu gewinnen, um bei Semjonow Rückendeckung zu erlangen. Deshalb machte Ulbricht einen taktisch geschickten Schachzug. Er stellte den Antrag, eine Kommission, bestehend aus den Wortführern der Opposition, zu bilden. Herrnstadt und Zaisser sollten ihre Auffassungen in dem Entwurf einer „Entschließung des Politbüros über die Ursachen des 17. Juni“ niederlegen. Dies geschah. Die Entschließung umfaßte mehrere Seiten. Sie enthielt mit der Zusammenfassung der Kritik u. a.den lapidaren Satz: „Die Partei hat von Grund auf versagt.“ Sie mündete in die Forderung, der aufgeblähte Parteiapparat müsse verkleinert werden, neue Leitungen seien zu wählen, den Arbeitern seien mehr Rechte einzuräumen, die Partei müsse in Belegschaftsversammlungen offen vor die Arbeiter hintreten, die Schuld für die Ereignisse auf sich nehmen und die getroffenen Maßnahmen erklären.
Während dieser Auseinandersetzungen hatten sich die Ereignisse bereits weiter zugespitzt. Der Aufstand hatte in Berlin wie in der Zone seinen Höhepunkt erreicht. Aus Halle, Leipzig, Merseburg, Leuna, Bitterfeld, Görlitz, Bautzen und zahlreichen anderen Orten überstürzten sich die Meldungen. Gefängnisse wurden gestürmt, die Stadtverwaltungen von den Streikenden übernommen und Räte gebildet, die den Forderungen der Massen Ausdruck gaben. Der Aufstand hatte den Charakter einer revolutionären Erhebung angenommen mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen.
Die dramatische Zuspitzung der Situation wurde durch folgende Maßnahmen gekennzeichnet: Am frühen Nachmittag des 17. Juni verließen die Familien der Politbüro-Mitglieder und anderer prominenter SED-Funktionäre auf sowjetischen Lastwagen Berlin. Gleichzeitig verließen Politbüro und andere Mitglieder des Zentralkomitees das „Haus der Einheit" in einem Konvoi sowjetischer Panzer und wurden nach Berlin-Karlshorst, das inzwischen mit Panzern, Artillerie und Flak gesicherte Sperrgebiet der Sowjets, abtransportiert.
Das Zentralkomitee stellte eine Liste führender Parteifunktionäre auf, die bei weiterer Zuspitzung der Lage und eventuellem militärischen Eingreifen der Westmächte wieder in die Sowjetunion emigrieren sollten. Es wurde eine provisorische Leitung der SED bestimmt, für den Fall, daß es nicht gelingen sollte, den Aufstand niederzuschlagen.
Semjonow bestand darauf, daß angesichts der bedrohlichen Lage keine personellen Veränderungen im Politbüro vorgenommen wurden. Seine Intervention und der Aufstand selbst retteten Ulbricht vor der Absetzung durch die Opposition des Politbüros. Auch von Ulbricht selbst wurde die Verschärfung der Lage mit Geschick ausgenützt, seine am Vormittag noch hoffnungslos scheinende Position zu festigen.
Er argumentierte, eine personelle Veränderung der Parteiführung und die Veröffentlichung einer Entschließung dieses Inhalts müsse von den Massen als ein Beweis der Schwäche aufgefaßt werden. Die Partei werde demoralisiert und zu weiterem Zurückweichen veranlaßt. Das aber werde das Ende der gesamten SED bedeuten. Matern, Ölßner, Grotewohl und Honecker schlossen sich dieser Meinung an. Herrnstadt und Zaisser blieben bei der Auffassung, nur eine öffentliche Kritik an den Fehlern der Partei könne das Vertrauen zur SED wiederherstellen. Die übrigen Mitglieder der Opposition aber wurden unter dem Eindruck der Ereignisse und der Argumentation von Ulbricht schwan-kend. Sie gaben zwar ihre oppositionelle Plattform nicht völlig auf, ließen sich aber dazu überreden, alle Meinungsverschiedenheiten zurückzustellen, bis wieder Ruhe und Ordnung in der Zone geschaffen und ein Plenum des Zentralkomitees einberufen sei. Damit war die Opposition gespalten, Herrnstadt und Zaisser standen allein, Ulbricht gewann die Mehrheit zurück. Er nutzte die Situation sofort aus, indem er eine neue Entschließungskommission, diesmal aus Grotewohl, Matern, Honecker und ölßner zusammentreten ließ, der er auch selbst angehörte. Es wurde eine neue Entschließung formuliert, in der statt der SED plötzlich westliche Agentenzentralen die Schuld für die Erhebung des 17. Juni trugen. In ihr heißt es u. a. wörtlich: „In diesem Augenblick entschlossen sich die westlichen Agenten zum Tage X . . . wurden von Kaiser und Reuter systematisch Kriegsverbrecher, Militaristen und kriminelle Elemente in Terrororganisationen vorbereitet und ausgerüstet". Die Festigung der „DDR befürchtend, benutzten diese Agenten und Provokateure“, so heißt es in der Entschließung des ZK, „die Mißstimmung eines Teils der Bevölkerung, die durch Folgen unserer Politik im letzten Jahr entstanden war!"
Diese Entschließung wurde unter dem Druck der Ereignisse und auf Empfehlung der Sowjetischen Kontrollkommission zur Vorlage für die Vollversammlung des Zentralkomitees angenommen. Damit war der Sieg Ulbrichts über die Opposition entschieden. Am 21. Juni konnte er vor der Tagung des Zentralkomitees den neuen Text als Entschließung des Politbüros proklamieren und die Plattform von Zaisser und Herrn-stadt als Versuch der Parteispaltung bezeichnen. Einige Mitglieder des Zentralkomitees übten zwar Kritik an Politik und Arbeitsmethoden des Politbüros, Herrnstadt und Zaisser vermochten sich aber nicht mehr durchzusetzen.
Damit war es Ulbricht gelungen, die Mehrheit des Zentralkomitees hinter sich zu bringen und die Vertreter der Opposition zu isolieren. Noch wagte er es nicht, sie ganz zu beseitigen.
Der Sturz Berias bedeutete für Zaisser den Verlust seiner Rücken-deckung in Moskau. AIs die offizielle Entschließung des Präsidiums der KPdSU zum Falle Beria veröffentlicht wurde, lag dem Politbüro der SED eine interne Information der KPdSU zum Fall Beria vor. Sie enthielt andere, inoffizielle Gründe für die Verhaftung Berias, die im Widerspruch zu den offiziellen Erklärungen standen. Es wurde darin u. a. gesagt, Beria habe die DDR zu Gunsten eines wiedervereinigten Deutschland, ohne Rücksicht auf dessen zukünftige politische Gestaltung, aufgeben wollen. Da Zaisser als der Vertrauensmann Berias in der SBZ galt, traf diese Erklärung indirekt auch ihn. Erst jetzt war es Ulbricht möglich, die Opposition vollends zu liquidieren. Auf der 15. Tagung des Zentralkomitees vom 24. -26. Juli 195 3 wurden Zaisser und Herrnstadt als „parteifeindliche Fraktion mit einer defaitistischen, gegen die Einheit der Partei gerichteten Linie“ aus dem ZK der SED ausgeschlossen. Zur gleichen Zeit wurde der Justizminister Fechner verhaftet, weil er sich bei der Freilassung verhafteter Streikender auf die Verfassung der DDR berufen hatte, die das Streikrecht ausdrücklich garantiert. Die von Ulbricht lange geplante Säuberung nahm ihren Anfang. Unter der Losung „Kampf den Kapitulanten“ wurden viele oppositionelle Elemente aus Staatsapparat, Massenorganisationen und der SED selbst entfernt. Nachdem die Basis der Opposition in allen Organisationen der SBZ zerstört war, ging Ulbricht im Januar 1954 an die endgültige Beseitigung der Opposition in der Spitze der SED. Zaisser und Herrnstadt wurden aus der SED ausgeschlossen, Ackermann aus dem ZK entfernt, Jendretzky und Eli Schmidt kaltgestellt, Franz Dahlem erhielt das Verbot, Funktionen zu bekleiden. Ulbrichts Position schien unangreifbar.
Die Forderung des 17. Juni ist die Forderung von heute Tausende von Aufständischen sind nach dem 17. Juni in die Gefängnisse gewandert, die Streiks wurden niedergeschlagen, alle Opfer schienen vergeblich. Nicht selten besteht die Auffassung, die Opfer des 17. Juni seien umsonst gewesen oder sie stünden in keinem Verhältnis zu den Erfolgen.
Die Entwicklung der letzten Jahre beweist das Gegenteil. Die Entstalinisierung in der UdSSR und den anderen Ländern des Ostblocks hat ihre Ursache in den Erschütterungen, die nicht zuletzt auch vom 17. Juni ausgegangen sind. Die großen Streiks in den sowjetischen • Zwangsarbeitslagern sind Ausdruck der gleichen Welle einer sozialen und politischen Unzufriedenheit, die sich gegen die Fundamente des totalitären Systems richtet. Schon bald nach dem 17. Juni und den Aktionen in den Zwangsarbeitslagern begann ein Prozeß der Entstalinisierung, der mit dem 20. Parteitag einen sichtbaren Ausdruck fand. Damit ist bewiesen, daß auch totalitäre Systeme durch Massen-aktionen Veränderungen erfahren und daß Wandlungsprozesse eingeleitet werden können. Das Streben des einfachen Menschen nach Wohlstand, Frieden und Freiheit kann auf die Dauer auch von einer Diktatur nicht mißachtet werden. Dieser Psozeß ist in vollem Gange. Die Lockerungen durch den „Neuen Kurs“ vor dem 17. Juni haben die Massen zu revolutionären Handlungen aktiviert. Die Funktionäre wurden aber geschwächt und gelähmt. Ein ähnlicher Prozeß ist gegenwärtig sichtbar. Die ideologische Basis des Regimes ist durch die Entstalinisierung erschüttert worden. Es ist kein Zufall, daß die Veränderungen in der SBZ besonders langsam vor sich gehen, weil die Ulbrichts fürchten, ihnen werde jetzt das Schicksal bereitet, das ihnen am 17. Juni zugedacht war.
Während in den übrigen Ostblockstaaten, besonders in Polen, prominente Stalinisten abgesetzt wurden und echte Rehabilitierungen unschuldig Verfolgter stattfinden, behauptet die Ulbrich-Clique, die Generallinie der SED sei im wesentlichen richtig gewesen; da keine Schauprozesse stattgefunden hätten, brauchten keine Rehabilitierungen zu erfolgen. Sie vergißt, daß vor allem durch Lllbrichts diktatorische Alleinherrschaft die Bevölkerung der Ostzone in den Aufstand des 17. Juni getrieben wurde. Die Toten des 17. Juni sind letztlich die Opfer Ulbrichts und seiner Politik. Wenn heute außer der Bevölkerung sogar die jungen Funktionäre der SED, Studenten der Ostberliner Universität und der Parteischulen öffentlich die Absetzung Lllbrichts und die Wahl einer neuen Parteiführung fordern, so wiederholt sich hier die Forderung, die schon bei den Aufständischen des 17. Juni in dem klassischen Satz „Der Spitzbart muß weg!" ihren Ausdruck fand.
Am 17. Juni 1953 wurde die Parteiführung der SED vor der Erhebung des Volkes nur durch sowjetische Panzer gerettet. Die Forderungen der Aufständischen von damals sind die Forderungen von heute. Wiederum geht es um die Person Ulbrichts als des Repräsentanten des Stalinistischen Terrorsystems. Die Wiedervereinigung Deutschlands ist nur ohne ihn möglich. Der 17. Juni hat einen historischen Prozeß eingeleitet, an dessen Ende der Rücktritt Ulbrichts stehen wird.