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Der Luftangriff auf Freiburg am 10. Mai 1940 | APuZ 21/1956 | bpb.de

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APuZ 21/1956 Der Luftangriff auf Freiburg am 10. Mai 1940

Der Luftangriff auf Freiburg am 10. Mai 1940

ANTON HOCH

Mit freundlicher Genehmigung des Instituts für Zeitgeschichte, München, veröffentlichen wir im Folgenden den Artikel von Anton Hoch „Der Luftangriff auf Freiburg am 10. Mai 1940", erschienen in VIERTELJAHRS-HEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE, April 1956.

Vorbemerkung des Instituts für Zeitgeschichte, München:

Am 24. Oktober 1954 war das Institut für Zeitgeschichte vom Staatsministerium Baden-Württemberg beauftragt worden, die Verantwortlichkeit für den vielerörterten Luftangriff auf Freiburg i. Br. zu klären. Das Ergebnis der Untersuchung, das in der April-Nummer 1956 der „Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte“ veröffentlicht wurde, hat in Kommentaren der Tagespresse, in Leserzuschriften an diese wie an das Institut selbst, ein lebhaftes Echo gefunden. Nur in einzelnen Fällen sind Zweifel an der Richtigkeit des Untersuchungsergebnisses geäußert worden. Aus den betreffenden Zuschriften geht indes hervor, daß ihren Einsendern in der Regel nur die das Ergebnis kurz zusammenfassende Meldung der Presse, nicht aber der Untersuchungsbericht selbst zur Verfügung gestanden hat. Erst die Kenntnis des Gesamt-berichts erlaubt jedoch eine ausreichende Meinungsbildung. Wir begrüßen daher die hier gebotene Gelegenheit, den Bericht in seinem vollen Umfang weiteren Kreisen der Öffentlichkeit vorzulegen.

Den erwähnten Zweifeln haben namentlich Zitate aus dem Buch „Bowbing vindicated“ Vorschub geleistet, das der Principal Assistent Secretary im britischen Luftfahrtministerium, J. M. Spaight im Jahre 1944 veröffentlicht hat. Das Original dieses Buches ist in Deutschland nur den allerwenigsten zugänglich gewesen. Die Zitate in der Presse und in Zuschriften von Lesern, die sich auf einen britishen Kronzeugen für die angebliche britishe Verantwortlichkeit für den Angriff auf Freiburg stützen zu können glauben, sind vielmehr dem Buh des britishen Militärschriftstellers Generalmajor J. F. C. Fuller „Der Zweite Weltkrieg 1939— 1945“ entnommen, das 1950 in deutsher Übersetzung ershien. Bei Fuller heißt es auf Seite 261 in der Tat: „Am 11. (!) Mai (1940) wurde Freiburg in Baden bombardiert. Dr. J. M. Spaight shreibt darüber folgendes. . ." Es sei jedoh auh an dieser Stelle ausdrücklich betont, daß Spaight selbst — wie eine Prüfung des Originals ergibt — den Angriff auf Freiburg in seinem Buhe nirgends erwähnt. Damit entfallen alle Folgerungen, die aus der irrigen Angabe Fullers gezogen worden sind.

Das Institut für Zeitgeshihte hatte den Auftrag erhalten, die Verantwortlichkeit für den Luftangriff auf Freiburg zu untersuhen. Das ist geshehen. Mit dem Ergebnis der Untersuchung ist der Fall Freiburg für die Frage der Entstehung des unbeschränkten Luftkrieges belanglos geworden. Diese Frage stellt sih vielmehr unabhängig von dem Freiburger Vorgang, um dessen Aufklärung es hier allein ging.

Der erste größere Luftangriff des zweiten Weltkrieges

Der Luftangriff auf Freiburg am 10. Mai 1940 — der erste größere Luftangriff des zweiten Weltkrieges — ist bereits zweimal Gegenstand einer offiziellen deutshen Berihterstattung gewesen. Das erste Mal — unmittelbar nah dem Ereignis — wurde er als eine Tat feindliher Flieger bezeihnet Man sprah von einem völkerrehtswidrigen Vorgehen und drohte mit Vergeltung. Das zweite Mal, im Dezember 1947, erklärte die Badishe Staatskanzlei im „Interesse der Wahrheit und der Besserung der Beziehungen zwishen den ehemals gegnerishen Völkern", daß der Luftangriff auf Freiburg von deutshen Flugzeugen ausgeführt worden sei und auf einen perfiden Befehl Hitlers zurückgehe Dieser Verlautbarung lag eine „subjektive Meinungsäußerung“ zugrunde, die ungeprüft, allein weil sie von „einem zuverlässigen und kraft seines Amtes berufenen Zeugen“ stammte, der Öffentlihkeit als amtlihe Verlautbarung übergeben wurde. Es entsprah niht dem Sahverhalt, wenn in ihr eingangs gesagt wurde, das Stadtarchiv Freiburg i. Br. habe „die für die einwandfreie Feststellung der Rihtigkeit erforderlichen Erhebungen angestellt“ Mit Reht distanzierte sih daher das Stadtarchiv von dieser Verlautbarung der Badishen Staatskanzlei. Generaloberst a. D. Halder als der Zeuge, auf den man sih berief, hatte in seinem Shreiben vom 27. Dezember 1947 nämlich unmißverständlih erklärt, seine Ausführungen stellten eine persönliche Auskunft gegenüber einer zur Anfrage berechtigt erscheinenden Dienststelle dar und erfolgten unter der ausdrücklich gegebenen Zusiherung, daß davon „kein publizistischer oder sonst unpassender Gebrauch" gemäht werde

Am 4. Oktober 1954 wurde dem Institut für Zeitgeshihte Münhen vom Staatsministerium Baden-Württemberg die Untersuchung des Vorfalls aufgetragen. Bereits ein flüchtiges Studium der Akte ließ erkennen, daß der von der Badischen Staatskanzlei verlautbarte Sachverhalt keineswegs bereits als erwiesen gelten konnte, sondern in verschiedenen Zuschriften und Zeitungsartikeln entschieden bestritten wurde. Im Verlauf der Arbeit zeigte sich bald eine Vielfalt von Möglichkeiten, die die sachlichen und quellenmäßigen Schwierigkeiten deutlich machte, mit denen gerechnet werden mußte. Weder in der Originalakte des Bürgermeisteramtes Freiburg i. Br. noch in dem Kriegstagebuch des örtlichen Luft-

schutzleiters 1939— 1945 konnte eine direkte Angabe gefunden werden. Ähnliches gilt für das durch einen glücklichen Umstand in Abschrift erhalten gebliebene Kriegstagebuch der III. Gruppe des damals im süd-westdeutschen Raum eingesetzten Kampfgeschwaders 51, das sich noch in privater Hand befindet. Unsere Bemühungen, Dokumente über den Luftangriff in den deutschen Aktenbeständen in London und Washington aufzuspüren, blieben ebenfalls ohne Erfolg. Der aus London beschaffte Lagebericht Nr. 248 vom 1O. /11. Mai 1940 des Ob. d. L„ Führungsstab Ic, beschränkte sich auf die bekannte offizielle Version des Wehr-

machtberichts. Erst nach Abschluß unserer Untersuchungen gelang es, von privater Seite einige wenige, aber wichtige Originaldokumente zu beschaffen, die den ermittelten Sachverhalt vollends klarstellen dürften.

Solange also die Originaldokumente — die primären Quellen des Historikers — versagten, mußte versucht werden, auf möglichst breiter Basis einen Kreis von Zeugen anzusprechen, die in der Lage, aber auch bereit sein würden, aus direkter oder indirekter Zeugenschaft zur Sache aus-zusagen. Das nachfolgende Verzeichnis vermag einen Eindruck zu vermitteln von dem Umfang der Untersuchungen, die allein in unserem Falle, bei dem es sich doch um ein zeitlich und örtlich eng begrenztes Ereignis handelt, notwendig waren. Folgende Zeugen aus den in Frage kommenden Dienststellen und Einheiten wurden angeschrieben:

Führerhauptquartier:

Die Adjutanten des Heeres, der Luftwaffe, der Kriegsmarine und der Verbindungsoffizier der Waffen-SS.

OKW, Amt Ausland/Abwehr:

Leiter der Abt. I und III und zwei weitere höhere Offiziere aus der Umgebung von Admiral Canaris.

Oberkommando der LW und Reichsluftfahrtministerium:

Chef Ic im HQu. d. Ob. d. L. und drei weitere Offiziere dieser Abteilung, Chef des Stabes b. Generalluftzeugmeister, Chef des Ministeramtes, Chef des Stabsamtes und Adjutant des Reichs-marschalls, Chef des Nachrichtenverbindungswesens und dessen Gruppenleiter der Flugmeldegruppe, Abt. Chef im Technischen Amt des Reichsluftfahrtministeriums, Gruppenleiter der Luftinspektion 13 (Luftschutz).

Heeresgruppe C:

Chef des Stabes.

Luftflotte 3:

Chefrichter, Adjutant des Höh. Nachrichtenführers, Ila, Kommandant des HQu., I a-Schreiber.

AOK 7:

OQu., IIa.

Luftgau VII:

Chef des Stabes, I a, Quartiermeister, Lageoffizier beim I c, I a op 2 (Flak), la op 3 (Luftschutz).

XXXIII. A. K.:

Chef des Stabes.

Kampfgeschwader 51:

Kommodore, Kommandeur III. Gruppe und 20 weitere Offiziere des Geschwaders.

Flak:

Kommandeur und la der Flakgruppe Schwarzwald, Kommandeur und Abt. -Arzt der schw. Flak 1/491 (mot.).

Flugmelde-und Luftwarndienst:

Kommandeur des Flugmeldedienstes im Luftgau VII und zwei wei-* tere Offz.der Abt., die Kommandeure des Fluko in Donaueschingen und Stuttgart, Führer des Flugwachzuges in Freiburg, Führer und Beobachter der Fluwa Lorettoberg b. Freiburg, Führer, Stellvertreter und zwei Gruppenführer und Auswerter der Luftschutzwarnzentrale Freiburg i. Br.

Luftmunitionsanstalten (= Luftmuna):

Leiter der Luftmuna Haid.

Verschiedene andere militärische Stäbe und Einheiten:

Bodenst. Artl. Offz. Freiburg i. Br. -Nord und dessen Adjutant, Bodenst. Artl. Offz. Freiburg-Süd, Wehrbezirkskommandeur in Freiburg, Adjutant des Festungspionierstabes, Zensuroffizier des Stellv. Gen. Kdo V. AK beim Propagandaamt Baden.

Zivile Dienststellen:

Badischer Landeskommissär, Bürgermeister, zwei Beigeordnete und ein Ratsherr der Stadt Freiburg, Polizeipräsident und Luftschutzoffizier im Polizeipräsidium Freiburg.

Außerdem standen uns noch die Aussagen von 21 Personen zur Verfügung, die entweder selbst Augenzeugen des Vorfalls waren oder von Dritten Nachrichten erhalten hatten. Sie gelangten zum Teil durch Vermittlung des „Freiburger Wochenberichts" oder der „Badischen Zeitung" an das Institut, zum Teil wurden sie uns direkt übersandt.

Unsere Bemühungen gingen nun dahin, den Vorfall in den Perspektiven aller nur irgendwie beteiligten Zeugen kennenzulernen. Erst wenn die Berichte von da und dort übereinstimmend über die einzelnen Vorgänge aussagten, konnte mit einem einwandfreien Ergebnis gerechnet werden. Ein Moment spielte bei unseren Untersuchungen eine besondere Rolle. Es war die Annahme der Möglichkeit, daß damals Maßnahmen ergriffen wurden, um den wirklichen Sachverhalt aus irgendwelchen Gründen zu verdunkeln. Es zeigte sich daher, daß in einem Fall wie dem vorliegenden eine „mittlere" Zeugenschicht von besonderer Bedeutung ist. Wir meinen jene Zeugen, die nicht Träger der Verantwortung und nicht eigentlich Handelnde waren, von denen aber angenommen werden konnte, daß sie kraft ihrer damaligen Stellung genauere Kenntnis von diesem oder jenem Vorgang haben mußten.

In sachlicher Hinsicht waren dabei folgende Möglichkeiten zu überprüfen: 1. Handelt es sich um einen Angriff deutscher Flugzeuge auf Befehl Hitlers, der für einen uneingeschränkten Luftkrieg die Hände frei haben wollte?

2. Haben sich deutsche Flugzeuge vielleicht verflogen und die Bomben irrtümlich auf Freiburg geworfen? Oder ist es ein Notwurf deutscher Flugzeuge gewesen?

3. Haben feindliche Flugzeuge ein planmäßiges Bombardement gegen die Zivilbevölkerung oder gegen militärische Objekte durchgeführt, und zwar in einem offenen oder einem getarnten Angriff, der vielleicht im optischen Schutz der deutschen Flugzeuge erfolgt ist?

4. Haben feindliche Flieger in deutschen Flugzeugen gesessen oder von feindlichen Flugzeugen aus deutsche Bomben abgeworfen?

5. Besteht nicht auch die Möglichkeit eines Fehlabwurfs durch feindliche Flugzeuge?

Das Ergebnis unserer Untersuchungen legen wir hiermit vor. Wenn wir dies in aller Ausführlichkeit tun, so deswegen, weil wir darin die beste Möglichkeit sehen, die in der Öffentlichkeit geführten Auseinandersetzungen zu einem Abschluß zu bringen. Wir werden uns bei unserer Darstellung zunächst der Luftlage im Freiburger Raum am 10. Mai zuwenden, dann den Feststellungen nachgehen, die damals über die Herkunft der abgeworfenen Bomben getroffen wurden, und in einem weiteren Abschnitt prüfen, ob und was gegebenenfalls von den fliegenden Verbänden zur Klärung des Vorfalls beigetragen werden kann. In einem abschließenden Kapitel werden wir darauf eingehen, wie die oberste Führung des Reiches und auf ihre Weisung die deutsche Propaganda den Vorfall behandelt hat, woraus eine weitere Bestätigung für das Ergebnis unserer Untersuchung zu entnehmen ist.

Die Luftlage am Nachmittag des 10. Mai 1940

Welche Originaldokumente stehen heute noch zur Verfügung, die zur Luftlage am Nachmittag des 10. Mai 1940 etwas aussagen? Im Kriegstagebuch des ört Mai 1940

Welche Originaldokumente stehen heute noch zur Verfügung, die zur Luftlage am Nachmittag des 10. Mai 1940 etwas aussagen? Im Kriegstagebuch des örtlichen Luftschutzleiters Freiburg i. Br. heißt es (S. 4): „Die feindlichen Flieger näherten sich der Stadt aus westlicher Richtung im Schutze einer ausgedehnten Gewitterwolke, aus der sie im Augenblick des Bombenabwurfs überraschend hervorstießen. Die Anzahl und Nationalität der Flugzeuge war nicht zu erkennen. Offenbar handelte es sich um französische Flugzeuge." Und der von der Stadt mit der Führung der „Tagebuchmäßigen Aufzeichnungen des Kriegsgeschehens" 7) betraute Schriftsteller K. W. Straub schreibt, die Meinungen darüber, aus welcher Richtung der Angriff erfolgte und wieviele Flugzeuge es waren, seien geteilt gewesen. In seinem Schreiben vom 5. Juni 1955 8) weist er darauf hin, daß sich in diesen Tagen kein Mensch in Freiburg über die Urheberschaft Gedanken gemacht habe, denn jeder sei davon überzeugt gewesen, daß es sich nur um feindliche Flugzeuge handeln . könne. Er habe daher auch keine Veranlassung gesehen, sich bei militärischen Dienststellen über den Sachverhalt zu erkundigen.

Welcher Aussagewert kann den beiden Tagebüchern zugesprochen werden? Hatten ihre Verfasser Kenntnis von den bei den militärischen Stellen eingegangenen Meldungen und bekamen sie Nachricht über das Ergebnis der eingeleiteten Untersuchungen? Nach Mitteilungen des Bürgermeisters 9) und des städtischen Verwaltungsdirektors 10) von Freiburg wurde die Stadt weder an den Untersuchungen beteiligt noch erhielt sie Kenntnis von deren Ergebnis. Der Luftschutzoffizier im Polizeipräsidium hatte vielmehr den Eindruck, daß die Wehrmacht auf die Wahrung ihrer alleinigen Zuständigkeit sehr bedacht sei. Sein Vorgesetzter, der Polizei-präsident von Freiburg, habe ihn mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß er sich um die Sache nicht kümmern solle, sie sei nicht die Aufgabe seines Ressorts Selbstverständlich konnten die Wehrmachtsdienststellen hierfür ihre guten Gründe haben: etwa weil die Luftwarnung „versagt“ hatte, oder auch weil die Flak nicht in Tätigkeit getreten war. Als General Dollmann, der Oberbefehlshaber der für Freiburg zuständigen 7. Armee, am Tage nach dem Angriff im Bürgermeisteramt erschien, um der Stadt die Anteilnahme der Wehrmacht auszusprechen, wurde er vom Bürgermeister gefragt, wieso denn der Angriff überhaupt möglich gewesen sei. Dollmann beschränkte sich darauf, auf das bei der Luftwarnung bestehende umständliche Meldesystem hinzuweisen Der ehemalige Polizeipräsident schließlich berichtet, er habe weder von Dollmann noch vom damaligen Kommandierenden General des Luftgaues VII, General Zenetti, die ihn beide damals aufsuchten, etwas erfahren, was zu Zweifeln hätte Anlaß geben können So liegt die Vermutung nahe, daß die Wehrmacht bestrebt war, über die Angelegenheit zu schweigen.

Darin liegen auch die Grenzen des Aussagewertes der beiden Quellen. Es bleibt daher zu prüfen, ob Berichte von Augenzeugen vielleicht mehr auszusagen vermögen. Die einen — meist handelt es sich um ehemalige Angehörige der in oder um Freiburg eingesetzten Flugmelde-, Luftwarnstellen und Flakeinheiten — stimmen darin überein, daßzur Zeit des Angriffs keine feindlichen Flugzeuge über dem Luftraum gesichtet wurden. Die anderen aber behaupten, feindliche Flugzeuge gesehen zu haben Die Beobachtungen beider Gruppen über An-und Abflug, Anzahl, Flug-und Abwurfhöhe der Flugzeuge sind uneinheitlieh und widerspruchsvoll. Die einen berichten von einem Angriff im Tiefflug die anderen von einem Abwurf der Bomben aus großer Höhe Einmal werden achtzehn das andere Mal sechs drei oder zwei Flugzeuge gesehen, zwei Zeugen wiederum behaupten, das Bombardement sei nur durch ein Flugzeug ausgeführt worden Als Anflugrichtungen werden Süden, Südwesten, Westen und Osten genannt. Ebenso verhält es sich mit dem Abflug, wenn auch hier die Mehrzahl den Westen bevorzugt.

Zu einem Teil gehen die Widersprüche in den Berichten sicherlich auf die seinerzeitigen Wetterverhältnisse zurück, die allerdings ebenfalls in den Aussagen umstritten sind. Glücklicherweise sind jedoch die Originalmeldungen der Wetterstation erhalten geblieben, so daß über diesen Punkt Klarheit besteht. Wir zitieren sie in Transskription, die uns vom Deutschen Wetterdienst zur Verfügung gestellt wurde

Danach meldeten am 10. Mai 1940:

Die Klimastation Freiburg i. Br. (Botanischer Garten):

1430: Temperatur 19, 8° C, Dampfdruck 9, 6 mm, Relative Feuchtigkeit 56 °/e, Nordwestwindstärke 4, 5/10 der Himmelsfläche mit Wolken bedeckt, Sonnenschein, kein Niederschlag seit 730.

Die Wetterwarte Flughafen Freiburg:

14’°: Dunstig, Sichtweite 10— 20 km, NW Wind Stärke 2, 4/10— 6/10 der Himmelsfläche mit Cumulonimbus bedeckt, Wolkenuntergrenze 1500— 2000 m über dem Meeresgrund.

1500 wie um 1430.

1530 wie um 14’°.

1600: Dunstig, Sichtweite 10— 20 km, Ostwindstärke 1, 7/10— 8/10 der Himmelsfläche mit Cumulus, Stratocumulus, Altocumulus bedeckt, Wolkenuntergrenze 1500— 2000 m über Grund.

Wenn nun der Himmel zu 7/10— 8/10 mit Wolken bedeckt war und die Wolkenuntergrenze bei 1500— 2000 m über Grund lag, so kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die anfliegenden Flugzeuge, die sich nach Ansicht der Mehrzahl der Zeugen in einer Höhe von ungefähr 2000 m oder mehr befanden nur durch gelegentliche Wolkenlöcher gesichtet werden konnten. Das verursachte einen Moment der Überraschung, das leicht zu ungenügender und falscher Beobachtung führen kann. Dies gilt in besonderem Maße für die zufälligen, die zivilen Augenzeugen, die nicht im Flugzeugerkennungsdienst ausgebildet waren. Die normale Einstellung, beim Fallen von Bomben selbstverständlich an feindliche Flugzeuge zu denken, darf ferner nicht außer acht gelassen werden. Rechnet man schließlich hinzu, daß seit dem Ereignis anderthalb Jahrzehnte vergangen sind, so ist es verständlich, daß die Berichte der Augenzeugen nicht unterschiedslos für die Untersuchung verwertet werden konnten.

Mehr Gewicht dagegen haben zweifellos die Aussagen der Zeugen, deren besondere Aufgabe es war, auf Grund ihrer Ausbildung den Luftraum auf feindliche Flugzeuge hin zu beobachten und über die jeweilige Luftlage Meldungen durchzugeben oder aufzunehmen. Dies um so mehr, wenn sie Gelegenheit hatten, die Reaktionen und Maßnahmen kennenzulernen, die der Vorfall bei der Führung auslöste. Zu berücksichtigen sind vor allem die ehemaligen Angehörigen der Flugwache (Fluwa) auf dem Lorettoberg bei Freiburg und der in der Stadt befindlichen Luft-warnzentrale, die miteinander durch eine direkte Fernsprechleitung verbunden waren, wie auch des Flugwachkommandos (Fluko) in Donau-eschingen, bei dem auch Meldungen von anderen Flugwachen eingingen Wegen der zahlreichen Querverbindungen im Flugmeldenetz versuchten wir außerdem, mit ehemaligen Angehörigen benachbarter Fluwas und Flukos in Verbindung zu treten. Die eingeholten Erkundungen geben ausreichend Gewißheit, daß keine maßgeblichen Stimmen unbeachtet blieben.

Jedenfalls sagten die von uns befragten Zeugen einheitlich aus, daß sich zur Zeit des Angriffs keine feindlichen Flugzeuge über Freiburg befanden. Der diensttuende Flugmeldeposten auf dem Lorettoberg berichtet im einzelnen folgendermaßen „Wir haben dauernd Flugzeuggeräusdre gehört. Int Süden von Freiburg waren Gewitterwolken. Wir haben die Geräuschnteldungen laufend durchgegeben . . . Plötzlich wurden in Richtung West, also Ihringen-Breisaeh, drei He 111 als solche erkannt und audt die deutschen Nationalitätsabzeichen festgestellt. Die Flughöhe dieser Flugzeuge bewegte sich zwischen 1500— 2000 m. Sie kamen im Kettenkeil auf Freiburg und setzten sidt etwa ab der Mitte zwischen Breisadi und Freiburg hintereinander... Plötzlich sahen wir entsprechend der Flugroute dieser Flugzeuge drei detonierende Bomben ... Idi alarmierte sofort den auf der Flugwadte anwesenden Flugwadiführer S., der mit mir weiter beobachtete. Wir sahen dann gemeinsam die Detonation von einer Reihe weiterer Bomben entlang der Breisadi-Freiburger Bahnlinie an der Artilleriekaserne bis zum Hauptbahnhof. Die Flugzeuge flogen dann in Richtung Kandel, in welcher Gegend sie wendeten und im Kettenkeil wieder in Richtung etwas nördlidt von Breisadi flogen."

Vom seinerzeitigen stellvertretenden Kommandoführer der Luftwarnzentrale Freiburg wird — bereits in einer Erklärung vom 11. November 1947 — bestätigt, daß die Fluwa Lorettoberg, auch auf Nachfrage, deutsche und keine feindlichen Flugzeuge meldete

Einen Beweis dafür, daß die bei den Flugmeldestellen und in der Luftwarnzentrale damals vorliegenden schriftlichen Meldungen nur von deutschen und nicht von feindlichen Flugzeugen sprachen, liefert uns die Flak. Ihr hatte die Bevölkerung vor allem den Vorwurf gemacht, daß sie ihre Pflichten gröblichst verletzt habe. Wenn audt in der Flakgruppe Schwarzwald bereits unmittelbar nach dem Angriff Meldungen eingingen, nach denen die Bomben aus deutschen Flugzeugen abgeworfen wurden, so hielt es ihr Kommandeur wie auch der ihm unterstellte Kommandeur der schw. Flak Abt. 491 doch für richtig, die Sachlage im einzelnen zu überprüfen. Die Durchsicht ergab, daß nur eigener Flugverkehr festgestellt worden war Das gleiche berichtet uns der Kommando-führer der Luftwarnzentrale, der sich nach Rückkehr von seinem Urlaub alle an diesem Tage eingegangenen Meldungen hatte vorlegen lassen

Es bleibt daher nur die Frage, ob vielleicht die von der Fluwa Lorettoberg durchgegebenen Meldungen unzutreffend waren und ob vielleicht beim Flugwachkommando in Donaueschingen auch andere Nachrichten vorlagen. Warum wurde von hier aus bei der Fluwa zurückgefragt, ob ihre Meldung richtig sei, da „man von deutschen Flugzeugen nichts wisse" Hierzu berichtete uns ein Freiburger Rechtsanwalt, der die in Donaueschingen diensttuenden Wehrmachtsangehörigen persönlich kannte, da er vor dem Kriege den Flugwachzug in Freiburg geführt hatte Auf seine sofortige Anfrage, was denn los gewesen und was ihnen von den Fluwas gemeldet worden sei, teilte man ihm lediglich die bereits erwähnten Beobachtungen der Fluwa Lorettoberg mit, daß nur deutsche und keine feindlichen Flugzeuge festgestellt wurden. Über diese Meldungen hinaus stehen jedoch noch zwei Berichte zurVerfügung, denen besondere Bedeutung zukommen dürfte. Einmal, weil sie von Zeugen stammen, die nicht dem Verdacht ausgesetzt sind, daß sie sich rechtfertigen möchten, sodann aber, weil sie zeigen, daß auch bei anderen Stellen des Flugmeldedienstes keine Meldungen von feindlichen Flugzeugen vorlagen. Der Verfasser des einen Berichts war damals Wachoffizier in der Kleinen Luftmeldesammelstelle des Luftgaues XII in Wiesbaden und wurde von seinem Ic und seinem Chef des Stabes gedrängt, genaue Nachrichten über den Vorfall zu beschaffen. Der Verfasser des anderen, ein Freiburger Architekt, war zur Zeit des Angriffs als Fernsprecher eines Flak-Geschützzuges auf der Nürnberger Burg. Beiden wurden — dem ersteren von den Flukos in Stuttgart und Mannheim, dem letzteren aus Ettenheim — die Nachricht durchgegeben, daß es deutsche Flugzeuge gewesen seien Über die Luftlage könnte demnach eigentlich kein Zweifel mehr bestehen, wäre uns nicht auch ein Bericht des seinerzeitigen Kommandeurs der Flugmeldeabteilung 7 im Luftgau VII zugegangen, der damals nach seinen eigenen Angaben eingehende Untersuchungen angestellt hat und ihr Ergebnis nun folgendermaßen zusammenfaßt

„Die Flugzeuge (Zahl konnte nicht genau ausgemacht werden)

wurden von der Flugwache (Freiburg?) ein paar Minuten vor dem Angriff in den Wolken über den Tunibergen kreisend beobachtet. Da ihre Nationalität und die genaue Zahl infolge häufigen Verschwindens hinter den Wolken nicht ausgemacht werden konnten, wurden sie als feindlich und mehrere (2— 3 nach Angabe des Flugmelders)

gemeldet. (Dies entspricht dem Reglement. Der Abwurf erfolgte durch ein Flugzeug, das plötzlich aus den Wolken hervorstieß und in direktem Angriff stark drüdrend angriff und nadi dem Abwurf sofort auf Westkurs abdrehte und am Ostfuß der Vogesen landete. Das angreifende Flugzeug wurde als Caudron erkannt und gemeldet. Abwurfhöhe 400— 500 m . . .

Über den Verbleib des oder der anderen Flugzeuge über den Tunibergen wurde nichts Weiteres festgestellt . . .

Deutsdte Flugzeuge waren zur Zeit des Angriffs im engeren Raum Freiburg nicht in der Luft. .

Obwohl dieser Bericht den Aussagen sehr gewichtiger Zeugen widerspricht, war es notwendig, seine Angaben zu prüfen, da der Verfasser für den taktischen Einsatz der Flugmeldeeinheiten im Luftgau VII verantwortlich war. Hat er vielleicht Nachrichten erhalten, die sonst unbekannt geblieben sind, und von welchen Stellen gegebenenfalls wurden ihm diese übermittelt

Bei unseren Überlegungen konnte die in Freiburg auf dem Lorettoberg stationierte Flugwache von vorherein ausscheiden, denn die von ihr vorliegenden Berichte sprechen gegen eine solche Möglichkeit. Vom Fluko Donaueschingen, bei dem auch von anderen Fluwas Meldungen eingingen, liegt eine Aussage vor, nach der die Meldung des Flukos „deutsche Flugzeuge kreisen über Freiburg“, und feindliche Flugzeuge seien nicht festgestellt worden, höheren Orts nicht gerügt wurde Dies wäre aber der Fall gewesen, wenn sich herausgestellt hätte, daß die von ihm durchgegebenen Meldungen unrichtig wären. Wiederholt erfolgten Rückfragen und fanden Vernehmungen statt, wiederholt erschienen Offizierte des Luftgaukommandos in Freiburg und sahen die schriftlichen Unterlagen ein. Kein Zeuge aber berichtete uns von einer Beanstandung. Der Chef des Stabes und der la im Luftgaukommando ebenso wie der Chef Ic im HQu Ob. d. L. denen wir den Bericht zur Stellungnahme vorlegten, erklärten übereinstimmend und unabhängig voneinander, daß sie von einem französischen Flugzeug Cau-dron als Urheber des Angriffs nie etwas gehört haben. Der dienst-tuende Gruppenleiter in der Luftwarnzentrale Freiburg erwiderte mit Recht, daß ihm doch bei seiner Vernehmung der Bericht, der genau das Gegenteil von dem aussage, was er selbst behauptete hätte entgegengehalten werden müssen. Und der Kommandeur der Flakgruppe Schwarzwald machte geltend, daß bei einem solchen Sachverhalt sowohl die Flak als auch die Flugmeldestellen streng bestraft worden wären. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, er sei nicht einmal zu einem Bericht aufgefordert worden So bleibt also nur die Möglichkeit, daß. es sich vielleicht um eine Verwechslung mit einer Potez 63 handelt, die in der Gegend des Kaiserstuhls ein-und bei Lahr wieder ausgeflogen war. Der Lageoffizier beim Ic erinnert sich genau, daß dieses französische Aufklärungsflugzeug gleich aus allen Erwägungen wieder ausschied. Bereits in der Sondermeldung, die am Nachmittag des 10. Mai vom Ic an den LW-Führungsstab durchgegeben wurde, war vermerkt: „zeitlich unmöglich"

An dieser Stelle dürfte es angezeigt sein, auch die Berichte wiederzugeben, welche von französischer und englischer Seite eingeholt werden konnten. Nah der Auskunft des Ministere de la Defense Nationale et des Forces Armees „Guerre", Etat-Major de l’Armee, 2eme Bureau vom 8. August 195 5 hätten französische Bombenflugzeuge vor der Nacht vom 10. zum 11. Mai 1940 deutsches Gebiet nicht angegriffen und Marineflugzeuge nicht vor der Naht vom 13. zum 14. Mai. Beob-ahtungsflugzeuge waren den erhaltenen Mitteilungen zufolge an diesem Tag zwar eingesetzt, sie haben jedoh niht die Gegend des Ober-rheins überflogen. Der südlichste Punkt ihres Einsatzraumes war danah Weißenburg im nördlihen Elsaß Entsheidend für das französishe Verhalten sei das Bemühen gewesen, der überlegenen deutshen Luftwaffe keinen Vorwand zu bieten für Vergeltungsmaßnahmen, die sehr gefürchtet wurden. Die deswegen geübte Zurückhaltung wind von den ehemals zuständigen militärischen Persönlichkeiten auf deutsher Seite allgemein bestätigt Auch der Verfasser der offiziellen Geshihte der „Royal Air Force", Denis Richards, berichtet in diesem Sinne Sein Zeugnis ist deswegen von Bedeutung, weil er während des Krieges Gelegenheit hatte, für eine Studie über den Verlauf des Luftkrieges im Mai/Juni 1940 die vertraulihen Bulletins der französischen Luftflotten durchzuarbeiten.

Richards’ Ausführungen widerlegen aber vor allem die These vom ruhlosen englishen Angriff, indem er auf Grund seiner eingehenden Forshungen feststellt, daß für den 10. Mai keine Operation gegen Freiburg i. Br. befohlen war und daß kein RAF-Flugzeug bemerkt wurde, das aus Versehen die Stadt bombardiert haben könnte. Die vorgeshobenen Kampfverbände der RAF, die ihren Standort in der Gegend von Reims hatten, griffen viermal während des Nahmittags Truppenkolonnen an, die über Ehternah nah Luxemburg vordrangen. Von englishen Flughäfen aus erfolgten Angriffe gegen die von deutshen Truppen besetzten Flugplätze Waalhaven und Ypenburg in Holland. Erst in der Naht vom 10. auf dem 11. Mai operierten neun RAF-Bomber von England aus gegen Verbindungslinien entlang der deutshen Grenze im Umkreis der Städte Geldern, Kleve und Wesel Fassen wir diese beiden Berichte zusammen, so ergibt sih, daß am 10. Mai 1940 tagsüber weder von englishen noh von französishen Bomberverbänden Orte innerhalb des Reihsgebietes angegriffen wurden. Während Frankreichs Kampfverbände erst in der Naht vom 10. auf den 11. Mai tätig wurden, beshränkte sih die RAF auf Angriffe gegen Ziele im Raum Luxemburg und Holland. Aufklärungsflüge französischer Flugzeuge fanden nur im Rhein-Mosel-Gebiet und westlih Karlsruhe statt. Diese Angaben von berufener französisher und englisher Seite stimmen im wesentlihen auch mit dem deutshen Lagebericht Nr. 248 des Ob. d. L., Führungsstab Ic, Nr. 8850/40 geh. vom 10. /11. 5. 40 im Teil A, Abschn. I, Abs. a (Kampfhandlungen am 10. 5. und in der Naht zum 11. 5.) über die Luftlage im Reihsgebiet überein Gleihwohl ersheint hier noh die Eintragung, daß Freiburg von feindlichen Flugzeugen angegriffen wurde! Es bleibt daher trotz der autoritativen Ausführungen des Service Historique und des Mr. Rihards zu prüfen, was es mit dieser Angabe auf sih hat.

Die Herkunft der Bomben

Unsere Ausführungen über die Luftlage haben gezeigt, wie weit auf dieser Basis ein Nahweis der Urheberschaft des Angriffs zu führen ist. Können uns vielleicht die in Freiburg aufgefundenen Blindgänger und Bombensplitter weiterhelfen? Shon 1940 wurden entsprehende Untersuchungen durchgeführt. So erhielt der Führer des Flugwahzuges in Freiburg vom Luftgaukommando den Befehl, im Benehmen mit dem Fliegerhorst die Bomben und Bombensplitter auf ihre Herkunft zu überprüfen. Die gemeinsam mit einem tehnishen Inspektor des Fliegerhorstes durhgeführte Untersuchung ergab, daß es sih um deutsche Bomben handelte. Nah telefonischer Durhgabe dieses Ergebnisses wurde von dem ausnehmenden Offizier befohlen, sämtlihe Angehörigen der Fluwa auf strengste Geheimhaltung dieses Sachverhalts zu verpflihten Unabhängig davon stellten ferner die verantwortlichen Offiziere der im Freiburger Raum eingesetzten Flak Nachforshungen an, um sih die Gewißheit zu vershaffen, daß ihre Einheit kein Verschulden treffe. Sie fanden dann auch das Leitwerk einer Bombe, bei dem sie eindeutig die deutsche Herkunft feststellen konnten Ob und von welher Stelle noh weitere Ermittlungen angestellt wurden, ist niht bekannt. Jedenfalls sheinen am Abend des gleichen Tages bei den zuständigen Sach-bearbeitern des Luftgaues keine Zweifel mehr über den Sahverhalt bestanden zu haben. So berichtet der ehemalige Adjutant des Höheren Nachrichtenführers der Luftflotte 3, der spätere Generaloberst Korten — damals Chef des Stabes der Luftflotte —, mit dem er das gleiche Quartier bewohnte, habe ihm am späten Abend des 10. oder 11. Mai erzählt, daß eine Untersuchung der Splitter beim Luftgau Münhen einwandfrei deutshe Bomben festgestellt habe

Als die Sahe für den Luftgau eigentlih bereits erledigt shien, kam dann von Göring der Befehl, die Angelegenheit eingehend zu unter-suchen Der Leiter der Luftmuna Haid berichtet hierzu, daß er damals vom Kommandeur der Luftzeuggruppe 7, Generalmajor Spruner von Merz, den Befehl erhalten habe, die Untersuchungen durchzuführen. Die Bombenreste seien von Fachleuten an Ort und Stelle gesammelt und ihm unter strengster Geheimhaltungsstufe in einem versiegelten Güterwagen zugeleitet worden. Die angelieferten Splitter gehörten nach seinen Angaben zu etwa 12— 16 Bomben. Blindgänger und elektrische Zünder oder Zünderreste seien nicht dabei gewesen. Er kam zu dem Ergebnis, daß die dünnwandigen Bombenkörper anscheinend deutscher Herkunft seien. „Aber trotz reichlich vorhandener Kennzeichen war es unmöglich“ — so berichtet er weiter —, „Fertigungsfirma oder Fertigungszeit festzustellen. Sie konnten jedenfalls aus keiner Luftmuna stammen . ..“ Da die Bombenkörper offensichtlich recht alten Datums waren, sei die Schlußfolgerung berechtigt gewesen, daß sie aus dem Spanienfeldzug stammten und von dort in „anderen Besitz“ übergegangen seien

Dieser Bericht ist aus zweierlei Gründen von Interesse. Vom Chef der Abteilung „Bomben“ im Technischen Amt des Reichsluftfahrsmini-steriums wissen wir nämlich, daß durch die eingeprägten Liefernummern an Bomben und Zünder die deutsche Herkunft sehr wohl festzustellen war Allerdings wurde i h m damals auch das Foto eines Blindgängers vorgelegt. Der Luftmuna dagegen standen, wie gesagt, für ihre Untersuchung weder Blindgänger noch die für die deutschen Bomben charakteristischen elektrischen Zünder zur Verfügung Kann man das als einen Zufall bezeichnen, wenn man weiß, daß sich unter den 69 gezählten Bomben, die über Freiburg abgeworfen wurden, nicht weniger als 25 Blindgänger befanden Es muß doch überraschen, daß gerade die Stücke ausgespart wurden, die für die verlangten Feststellungen offensichtlich von Bedeutung waren. Um so mehr, als es Fachleute gewesen sein sollen, die die Sendung für Haid zusammengestellt haben Wir sehen hier die gleiche Erscheinung wie bei der Feststellung der Luftlage: Zuerst erscheint die Sachlage klar, später werden Zweifel laut! Während die Zeugen, die über die Vorgänge selbst berichten, beinahe einheitlich von deutschen Flugzeugen und deutschen Bomben sprechen, wird in den Berichten über die damaligen Untersuchungsergebnissen die deutsche Urheberschaft entweder verneint oder als nicht nachweisbar bezeichnet.

Es geht aus Zeugenaussagen hervor, daß die technische Untersuchung in den Händen des Generalluftzeugmeisters Udet lag. Er war es, der mit Göring über den Vorfall konferierte. Es ist weiter bekannt, daß die am späten Nachmittag des 10. Mai eingehende Meldung von dem Angriff auf Freiburg bei Göring zunächst heftige Erregung hervorgerufen hat. So soll er gesagt haben: „Dieser Feldzug fängt ja gut an. Die Luftwaffe und ich haben sich schwer blamiert — wie kann man dies vor dem deutschen Volke verantworten?“ Unverzüglich ordnete er daher eine kriegsgerichtliche Untersuchung bei den Kampfverbänden im Bereich des V. Fliegerkorps und eine eingehende technische Untersuchung zur Feststellung der Herkunft der Bomben an. Am Abend aber war die Stimmung vollkommen verändert. Der Chef Ic vermerkte das mit Verwunderung, denn er wußte, daß Göring derartige Pannen sonst sehr lange mit sich herumtrug. Als der Rundfunk am späten Abend in seinen Nachrichten von einem Angriff feindlicher Flugzeuge sprach, rieb sich der damalige Generalfeldmarschall hocherfreut die Hände. Im übrigen — so berichtet der ehemalige Chef Ic weiter — war den Tischgesprächen zu entnehmen, daß „die Tatsache fehlenden Nachweises von Bomben-und Zündersplittern auf die Herkunft der in Freiburg geworfenen Bomben die Sprachregelung bzw. Zweckmeldung eines französischen Luftangriffs auf Freiburg zuließ" Wie ist dieser Stimmungswechsel Görings zu erklären, und wieso konnte überhaupt von einem „fehlenden Nachweis“ gesprochen werden? Haben vielleicht inzwischen Besprechungen zwischen Göring und Udet stattgefunden, in denen dieser die Aufgabe übernommen hatte, die Voraussetzungen für eine solche Sprachregelung zu schaffen?

Jedenfalls wurde die Sache auch in den höchsten Führungsstellen sehr geheim behandelt. Es kam hinzu, daß die sich überstürzenden Ereignisse des Westfeldzuges genügend andere und seinerzeit als wichtiger betrach-. tete Fragen mit sich brachten. Selbst in dem kleinen Kreise um Göring wurde nicht offen darüber gesprochen Udet verhielt sich — nach dem Bericht seines Chefs des Stabes — sehr schweigsam. In einer streng vertraulichen Unterhaltung mit ihm erwog er einmal die Möglichkeit eines befohlenen Angriffs, die aber von beiden verneint wurde. Und seinem Bombensachverständigen legte er die Fotografie eines in Freiburg gefundenen Blindgängers vor und fragte, ob es möglich sei, daß der Gegner deutsche Bomben verwendet habe. Der betreffende Abteilungschef erwiderte, daß der Reichsverband der Deutschen Luftfahrtindustrie vor dem Kriege deutsche Bomben zusammen mit deutschen Flugzeugen an ausländische Staaten verkauft habe, daß andererseits aus Munitionsmangel ein ganzes deutsches Geschwader mit französischen und tschechischen Bomben ausgerüstet war, die in Polen erbeutet wurden. In dem vorliegenden Falle sei aber die Herkunft des Blindgängers leicht an den eingeprägten Liefernummem an Bombe und Zünder festzustellen Selbstverständlich wurde die Angelegenheit auch bei den anderen mit der Sache befaßten Führungsstellen streng geheimgehalten. So berichtet uns der in der Luftmuna Haid die Untersuchung führende Offizier, daß Generalmajor Spruner von Merz wiederholt von dem negativen Verlauf der Untersuchung sprach. Schließlich habe man . angenommen, daß die Bomben aus dem Spanienfeldzug stammten und von fremden Flugzeugen abgeworfen worden seien Der gleiche General war es aber auch, von dem Halder in seinem Schreiben vom 7. Oktober 1947 an das Stadtarchiv Freiburg berichtet: „Nach meinem Ausscheiden aus dem Amt als Chef des Generalstabes des Heeres wurde ich im Januar 1943 von einem mir persönlich bekannten General der Luftwaffe, der dem Regime des Dritten Reiches mit der inneren Ablehnung des Offiziers alter Schule gegenüberstand, auf den Fall Freiburg angesprochen. Er berichtete mir, daß er in seiner damaligen technischen Dienststellung einen Bericht mit der Feststellung, daß es sich in Freiburg um deutsche Bomben gehandelt habe, in der Hand gehabt und diesen Bericht mit der Bitte um Aufklärung nach oben weitergeleitet habe Ob auch noch andere Stellen im besonderen Auftrage in dieser Sache tätig gewesen sind, konnte nicht ermittelt werden. Da aber das Untersuchungsergebnis des Generalluftzeugmcisters eine umfangreiche Akte ausmachte, kann dies mit einiger Gewißheit angenommen werden. Nach der sicheren Erinnerung des Chefs Ic im Hauptquartier des Ob. d. L. erbrachte das Ergebnis keine unbedingten Beweise dafür, daß der Luftangriff von deutschen Bombern durchgeführt worden war. Allerdings, so fügt er hinzu, „konnte man aus den Akten schließen, daß es wahrscheinlich deutsche Bomber gewesen waren, die Freiburg angegriffen hatten“

Den gleichen Eindruck gewann unser Zeuge nebenbei auch von dem Ergebnis der Untersuchung bei den fliegenden Verbänden. Ihnen und den Vorgängen, die sich im Zusammenhang mit dem Freiburger Luft-angriff dort abgespielt haben, wollen wir uns nun zuwenden. Zunächst sah es allerdings so aus, als ob unsere Nachforschungen hier zu keinem Erfolg führen würden. Sicher war nur, daß Freiburg im Angriffsstreifen des Kampfgeschwaders 51 lag. Dessen ehemaliger Kommodore hatte aber bereits in seiner Zuschrift an die „Marburger Presse“ vom 6. Dezember 1947 erklärt, daß bei den kriegsgerichtlichen Untersuchungen alle Besatzungen ausgesagt hätten, ihre Bomben über den befohlenen Angriffs-oder Ausweichzielen und nicht über Freiburg abgeworfen zu haben. Auch in einer mündlichen Unterhaltung mit ihm am 8. Dezember 1954 war darüber hinaus nichts in Erfahrung zu bringen So konnte es nicht überraschen, daß 14 von 22 ehemaligen Angehörigen des Geschwaders über die Urheberschaft des Angriffs keine Auskunft geben konnten, mehrere von ihnen sogar jede Verbindung ihres Verbandes mit ihm in Abrede stellten.

Die Befragung der fliegenden Verbände

Nun war aber Ende November 1954 in einer Reihe von südwest-deutschen Zeitungen der Bericht eines ehemaligen Fliegeroffiziers erschienen, nach dem eine Kette des KG 51 die Orientierung verloren und statt Mühlhausen Freiburg angegriffen habe. Eine illustrierte Zeitung griff diese Nachricht auf und setzte sich mit dem betreffenden Gewährsmann und drei von ihm genannten weiteren Zeugen in Verbindung. Das Ergebnis war der sensationell aufgemachte Bildbericht „Bomben, die Europa trafen. Die Tragödie von Freiburg endlich aufgeklärt Im Zuge unserer Nachforschungen mußten wir aber feststellen, daß das Wissen der drei Zeugen aus dem KG 51 aus zweiter Hand stammte und daher nach wissenschaftlichen Grundsätzen für eine so schwerwiegende Behauptung nicht ausreichte. Auffällig war schon, daß von den betreffenden Fliegeroffizieren für diesen Tag Mühlhausen und nicht — wie im KTB der III. Gruppe — Dijon-Lonvic als Angriffsziel bezeichnet wurde.

Weiter machte es eine Mitteilung der „Deutschen Dienststelle für Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht“ wahrscheinlich, daß jener in der Reportage erwähnte S., der angeblich für den Angriff verantwortliche Ketten-führer, am 10. Mai 1940 nicht zur III., sondern zur I. Gruppe gehörte Da aber, wenn es wirklich ein deutscher Fehlabwurf war, nach Aussage des Geschwaderkommodore nur die III. Gruppe in Frage kommt, erschien uns gegenüber diesen Berichten Vorsicht geboten. Es konnte zumindest nicht ausgeschlossen werden, daß die Erinnerung der betreffenden Zeugen auch hinsichtlich der anderen Angaben nicht völlig zutraf.

Inzwischen hatten allerdings mehrere wichtige Zeugen ausgesagt, daß es sich sicher oder wahrscheinlich um einen Fehlabwurf handle. So zitierte z. B.der Chef Ic im HQu des Ob. d. L. aus seinen tagebuch-artigen Aufzeichnungen: „Leider erfolgte während des Frankreichfeldzuges insofern ein Unglücksfall, als eine verirrte eigene Bombergruppe Freiburg mit einem französischen Ort bei schlechtem Wetter verwechselte und auf den dortigen Bahnhof Bomben warf.“ Außerdem wußte er zu berichten, daß auch Generalfeldmarschall von Greim — zu Beginn des Westfeldzuges Kommandierender General des V. Fliegerkorps — deutsche Flugzeuge als die Urheber des Angriffes bezeichnet hat Ähnliches hatte sich der Chef des Stabes der Heeresgruppe C in seinem Tagebuch notiert Von Generaloberst Korten wiederum wurde der Ausspruch übermittelt: „Es ist eine tolle Sadie passiert. Ein Kommandeur sollte die französische Stadt X . .. angreifen, hat sich verflogen und seine Ladung irrtümlich auf Freiburg abgeladen"

Wiederholt hatten wir bei unseren Unternehmungen den Eindruck, als bewegten wir uns im Kreise. Immer kam man wieder an einen Punkt, an dem man schon einmal war und an dem ein großes Fragezeichen stand. Erst nach einer mehr als halbjährigen Korrespondenz gelang es, aus diesem Kreis herauszukommen und Berichte einzuholen, die durch ihre konkreten Angaben sehr wesentlich zur endlichen Klärung des Vorfalls beitrugen. So erhielten wir Verbindung mit dem ehemaligen Kommandeur der III. Gruppe, der u. a. folgendes aussagte: „Bei der Vernehmung einer der jüngeren Besatzungen, deren Flugzeugkonunandant Leutnant S. (int späteren Feldzug gefallen) war, ergab sich sinngemäß das Folgender Ltn. S.: , Nach dem Start in Landsberg mußte ich verschiedentlich blind fliegen. Ich bin dabei offensidrtlich vom Kurs abgekommen. Als ich nach Flugzeitberechnung in der Nähe von Dijon sein mußte, hatte ich zwar streckenweise Bodensidtt, fand aber die Orientierung nicht wieder. Ich habe dann versdtiedentlich KursWedtsel gemadtt, um durch Wolkenlödier die Bodenorientierung wiederzufinden. Plötzlich tauchte vor mir eine größere Stadt mit einem Flugplatz auf, ich erkannte Dijon und habe um X Uhr meine Bomben auf den Flugplatz abgeworfen. Wirkungsbeobachtung war wegen Sichtbehinderung nidtt möglich. Nach Abwurf habe ich Kurs auf Landsberg genommen, zuerst teils wieder im Blindflug, dann unter den Wolken mit Boden-sicht.“ Die sich aus der Abwurfzeit X und der Landezeit Y ergebende Zeitspanne war so bemessen, daß sie unmöglich zu der direkten Flug-strecke Dijon-Landsberg reidtte, wohl aber paßte diese Zeitspanne gut zum Zurücklegen der Strecke Freiburg-Landsberg. Ein Vergleidt von Luftbildern der Flughäfen Dijon und Freiburg ergab zwar eine gewisse grobe Ähnlichkeit, Ltn. S. gab jedodt zu, daß der von ihm angegriffene Flugplatz auch der von Freiburg gewesen sein konnte. Jedenfalls konnte er nicht mit Bestimmtheit sagen, daß es Freiburg nicht gewesen war. Insbesondere aber die Zeitberedmung der Rüdiflugstrecke vom Bombenwurf an ließen Ltn. S. und mich zu der ersdtütternden Überzeugung kommen, daß Ltn. S. nach längerem Herumirren und Suchen die plötzlich vor ihm auftauchende Stadt Freiburg fälschlicherweise als die Stadt Dijon angesprochen hatte. Ltn. S. war fassungslos, als ihm diese Tatsache zur Gewißheit wurde

Der hier genannte Leutnant S. erscheint auch im Kriegstagebuch der III. Gruppe. Es heißt dort: „Eine Kette unter Führung von Leutnant S. hatte über dem Schwarzwald die Verbindung verloren wegen schlechter Sicht. Diese Kette griff selbständig den Flugplatz bei Dole aus 5000 Meter Höhe an Demnach handelte es sich zweifellos um die ganze Kette und nicht, wie man der obigen Darstellung entnehmen möchte, um das Flugzeug des Leutnants S. allein. Dies geht auch eindeutig aus der Aussage des Staffelkapitäns der 8. Staffel hervor, zu der die Kette S. gehörte. „Da wir diesen Nachmittag", so wird dort berichtet, „eine etwa 7/10 starke Bewölkung hatten, mußte die Staffel, um die Wolken zu durchstoßen und die nötige Angriffshöhe zu erreichen, in gelockerter Formation fliegen. Die Folge war, daß der Verband, als er die obere Wolkengrenze über dem Schwarzwald erreichte, durcheinandergeraten war. Nach mehrmaligem Kurven über dem Schwarzwald hatte ich zwei Ketten meiner Staffel zusammen; die dritte Kette unter Führung von Leutnant [. . . ] fehlte. Ich schloß mich mit meinen beiden Ketten einer entfernt fliegenden anderen Staffel der Gruppe an und nahm Kurs auf Dijon. Nach Rückkehr vom Feindflug war Leutnant [. . . ] mit seiner Kette bereits gelandet und meldete mir, daß er die Staffel nach Durchstoßen der Wolkendecke verpaßt und deshalb mit seiner Kette eines der von der Gruppe befohlenen Ausweichziele angegriffen hätte

Fassen wir diese drei Berichte zusammen, so ergibt sich, daß die Kette des Leutnants S. infolge schlechter Wetterlage den Anschluß an den übrigen Verband verloren und den Angriff am Nachmittag des 10. Mai allein geflogen hat Nadi Rückkehr auf den Fliegerhorst meldet er seinem Staffelkapitän, daß er statt Dijon das befohlene Ausweichziel, den Flughafen von Dole-Tavaux, angegriffen habe Nun scheint aber nach offizieller französischer Auskunft an diesem Tage Döle-Tavaux nicht angegriffen worden zu sein Dies war dem vernehmenden Kommandeur damals zwar nicht bekannt, sehr wohl aber die Tatsache, daß die Kette des Leutnants S.früher als die anderen Ketten wieder auf dem Fliegerhorst Landsberg gelandet war. Der Staffelkapitän glaubt sich seiner Erinnerung absolut sicher zu sein, obwohl im Kriegstagebuch der III. Gruppe für die Maschine 9K-CS, die S. flog, die Landezeit 18. 17 Uhr, für seine eigene Maschine aber bereits 18. 14 Uhr eingetragen ist. Es wird wohl richtig 17. 17 heißen müssen, da die beiden Maschinen 9K-CS und 9K-HS, die mit ziemlicher Gewißheit zur Kette S. gerechnet werden können, laut Eintragung im KTB um 17. 15 Uhr und 17. 50 Uhr gelandet sind

Dieses Untersuchungsergebnis, das sich in seinen entscheidenden Teilen ausschließlich auf Befragungen stützt, kann nun aber auch durch zwei Originaldokumente belegt werden, die in unserer Beweisführung die vielen, von Zeugen wiederholt geäußerten Zweifel, ob es überhaupt möglich sein werde, den Vorfall einwandfrei aufzuklären, beseitigen können. Wegen ihrer besonderen Bedeutung bringen wir sie im Wortlaut:

Geheime Kommandosadie!

Luftzeuggruppe 7 Mündten, den 16. Mai 1940 Az.: 74 b/Gr. IV/B Rechteckiger Stempel:

Nr. 480/40 g. Kdos. Luftgaukommando VII Zu.: Lgkdo. VII Nr. 17071 Eing.: 16. Mai 1940 geh. v. 13. 5. 40 Abtlg.

und 1c geh. V. 12. 5. 40. Nr. 2847 gkdos. [Itandschr. ] Betr.: Blindgänger in Freiburg. Anlagen An den Herrn Chef des Stabes im Luftgaukommando VII (m. 2 N. A.) München.

Die im Abdruck anliegende Meldung wurde am 11. 5. 40 unmittelbar mündlich an 1 c des Luftgaukommandos durch Major (W)

Greiner durdtgegeben.

Von chffausgegrabenen Bombe befindet sich der Bombenkörper mit Zünder nodt in der Eindringungsstelle, während das zugehörige Leitwerk über Flugabwehrkommando Schwarzwald an die Luftzeuggruppe durch Ic Luftgau eingesandt wurde und sidi zurzeit bei Gruppe IV befindet.

Die zwisdienzeitlichen Feststellungen ergeben folgendes: Es handelt sidt bei der ausgegrabenen Bombe zweifellos um eine deutsche S C 50, die aus der L. Muna Schwabstadl stammt und auf den Fliegerhorsten Landsberg, Memmingen und Ledifeld ausgegeben wurde.

Nähere Angaben wie folgt:

1. Bombenkörper:

Mittelstück von zylindrisdier Form, von etwa 200 mm •; am vorderen Teil ist deutlidt sichtbar und fühlbar der Wulst vorhanden.

Die Länge von der Kopfspitze bis Bodenstüdt beträgt ca. 680 mm.

Das Mittelstück trägt auf der Mittellinie, Zündermitte und Aufhängeöse etwa 18 cm vom Boden entfernt das Zeidten der Füll-Firma, Monat und Jahr der Füllung (Km. 10. 38) und etwa 15 cm vom Boden entfernt den Abnahmestempel Wa. A. 636. Zwisdien Zünder und Aufhängeöse ist die Zahl 14 = eingegossenes Füllpulver 02 eingeschlagen.

Der Zünder ist ein El. A. Z. C. 50 (15) mit folgender Bezeichnung:

RH. S. 1938. 59. c. Diese Zeidten bedeuten: Der Zünder ist — 2 -— 2-

1938 bei der Firma Rheinmetall in Sömmerda angefertigt und gehört zur Rate c der 59. Lieferung.

Die Bezeichnungen des Bombenkörpers und des Zünders sind zeidtnungsgemäß angebracht (Foto unterwegs)

2. Leitwerk:

Das Leitwerk besteht aus Flußstahl mit 1 mm starken Leitwerksflächen.

Der Abnahmestempel (2 Adler mit den Nummern Wa. A.

597 und der Fertigungsfirma 4 K u. Co. 376 1938) ist nach der Zeidtnung richtig eingeschlagen.

Das Pfeifgerät war an je 2 gegenüberliegenden Leitwerksflächen mit Schrauben und Aluminiumnieten angebracht, Nietköpfe und Schrauben sind in den Bohrlöchern noch vorhanden. Da dies eine auffallende Befestigungsweise darstellt, wurde bei den Mun.

Anstalten nadigeforscht, wo an ein-und derselben Bombe das Pfeifgerät mit Nieten und Schrauben angebracht wurde. Daraufhin meldete nur die L. Muna Schwabstadl, daß auf den Fliegerhorsten Landsberg, Memmingen und L e c h f e l d Pfeifen, die ursprünglich alle mit Aluminiumnieten befestigt waren, durch unsachgemäße Behandlungsweise abgedrückt wurden.

Diese Pfeifen wurden dann von den vorangeführten Horsten nadtträglidi mit Schrauben befestigt.

3. Gründe für das Blindgehen:

a) entweder wurde das Zündschaltgerät nicht eingeschaltet (Bedienungsfehler);

es konnte deshalb der Zünder nicht aufgeladen werden, oder b) die Spannung der Batterie war zu nieder; sie genügte deshalb nicht mehr, die Zündvorrichtung des Zünders aufzuladen, oder c) beim Verladen der Maschine wurde der Ladestecker schräg auf den Zünder aufgesetzt, so daß der Ladestedter beim Fallenlassen der Bombe die Abwärtsbewegung (22mm) entweder nidit mitmachte und daher der Zünder nicht aufgeladen wurde, oder der Ladestecker, noch bevor der Strom in den Ladestedter kommt, abriß. In diesem Falle würde es sich um einen Bedienungsfehler beim Aufhängen der Bombe handeln. Wäre dies die Ursadte des Blindgehens, so müßte dies an der Maschine festzustellen sein (fehlender, verbogener oder beschädigter Ladestedzer), oder d) die Stromzuführungsleitung war durch Beschuß oder sonstige Beschädigung unterbrochen (Materialfehler). Dies müßte von der — 3 — -3 -der tedmisdien Leitung festgestellt worden sein. Es dürfte sonach notwendig sein festzustellen, welche Maschine Möglicherweise die fraglichen Bomben abgeworfen hat. 4. Maßnahmen der Luftzeuggruppe: Die in Freiburg noch vorhanden gemeldeten Bomben — insgesamt 10— 11 Stück, davon 3 am Funkturm— werden am Sonnabend, den 18 . 5. 40, 1600 Uhr ordnungsgemäß untersucht, ausgegraben und nach Muna Haid zur Aufbewahrung verbracht, so daß jederzeit eine genauere Untersuchung noch an Ort und Stelle möglich bleibt. 1 Anlage [handschr. gez.: ] (3 N. A. bei Lzgr. 7, IV/B) v. Spruner Ic München, den 17. 5. 1940. Aktennotiz. Nach den Aufzeichnungen der Kl. L. AI. S. waren am 10. 5. 1940 in der Zeit zwischen 14. 00 und 17. 00 Uhr unter anderem folgende Flugzeuge unterwegs, die Freiburg überflogen haben könnten: 1. 9 He 111 der S. /K. G. 51, Start 14, 33— 14, 39, von LandsbergM M w • nach Frankreich; • • • M p-davon landeten 3 He 111 in Landsberg um 17, 20 Uhr. • mh » Entfernung von Landsberg nach Freiburg: 225 km. 2. 3 He 111 der 5. /K. G. 55 aus Neu-Ulm. Start: 14, 45 Uhr, Landung: 16, 55 Uhr Entfernung von Neu-Ulm nach Freiburg: 170 km. In Memmingen und Lechfeld sind in der fragt. Zeit keine Kampfflugzeuge gestartet. [handsdtr.: ] m. [handschr. gez.: [v. Donat 87)

In dem ersten Dokument finden wir alle für eine Identifizierung der Bomben notwendigen Angaben, die der Offizier, der die Untersuchung in der Luftmuna Haid zu führen hatte, vermißte In der besonderen Art, mit der das Pfeifgerät an den Leitwerksflächen befestigt war, war ein besonderes Merkmal gegeben, das nach Feststellungen der Luftmuna Schwabstadl eindeutig auf die Fliegerhorste Landsberg, Memmingen und Lechfeld hinwies. Da von den beiden letzteren — wie die Aktennotiz des Ic nachweist — in der fraglichen Zeit keine Kampfflugzeuge gestartet waren, blieb nur mehr Landsberg. Dort aber lag die von uns bereits auf anderem Wege ermittelte 8. Staffel des Kampfgeschwaders 51, die nach den Aufzeichnungen der Kleinen Luftmeldesammelstelle zur Zeit des Angriffs Freiburg überflogen haben kann und von der drei Flugzeuge bereits um 17. 20 Uhr in Landsberg wieder gelandet waren.

Wie uns der Chef des\ Stabes im V. Fliegerkorps versicherte war es zu Beginn des Westfeldzuges Aufgabe der deutschen Flieger, die gegnerische Luftwaffe niederzukämpfen. Ein Blick auf die Übersichtskarte, auf der die Einschläge eingezeichnet sind zeigt, daß die angreifenden Flugzeuge ohne Zweifel die Absicht hatten, den Flugplatz und die anschließenden, irrtümlicherweise als Unterkünfte des Flug-und Horstpersonals angesehenen Gebäude mit Bomben zu belegen Auch diese Tatsache deutet auf die deutsche Urheberschaft hin. Daß die Bomben allerdings zum Teil recht schlecht im Ziel lagen, wird man mit den besonderen Sichtverhältnissen und der begreiflichen Erregung des ersten Feindeinsatzes erklären können. Die Abwürfe auf die Gegend des Funk-turms (Gemarkung Lehen) sprechen im besonderen für eine durch solche Umstände bedingte mangelhafte Bedienung der Abwurfeinrichtung. Die Gründe, die möglicherweis das Blindgehen von nicht weniger als 25 Bomben zur Folge gehabt haben, sind in dem GKdos-Bericht der Luftzeuggruppe 7 im einzelnen aufgeführt. Als der wahrscheinlichste erscheint uns der unter a) genannte, da er der besonderen Lage, in der sich die Besatzungen befunden haben, wohl am meisten Rechnung trägt. Es mag für den Laien unverständlich sein, wie dies alles voll ausgebildeten Fliegern passieren konnte. Hören wir dazu den Kommandeur der Gruppe: „Das Erkennen von Erdzielen durch Wolkenlöcher ist auch für einen erfahrenen Flieger oft sehr schwierig. Bei der Wetterlage am Nachmittag des 10. Mai 1940 dürften Leutnant S. vom Sichtbarwerden der , großen Stadt'bis zum Bombenwurf nur Bruchteile einer Minute zur Verfügung gestanden haben, in denen sich das Ausmachen des Zieles, das Bedienen des damals noch sehr komplizierten und zeitfordern-den Bombenzielgerätes, das Einwinken des Flugzeugführers und das Bedienen der Abwurfvorrichtung zusammendrängten. Daß unter diesen Umständen eine Fehlansprache des Ziels und auch ein sehr ungenauer, das Ziel (Flugplatz) verfehlender Bombenwurf erfolgte, ist erklärlich

Wir haben am Anfang dieses Abschnitts gesehen, daß über das Unter-suchungsergebnis beim Kampfgeschwader 51 auch Aussagen vorliegen, die dem soeben geschilderten Sachverhalt widersprechen. Außer dem Kommodore des KG 51 berichtete auch der ehemalige Chef des Stabes vom V. Fliegerkorps, daß die Besatzungen bei den Vernehmungen einen Abwurf auf Freiburg in Abrede stellten Für die Überlegungen des Chefrichters der Luftflotte 3, der auf Befehl des OKL ein Verfahren wegen „fliegerischen Ungehorsams" durchführen sollte, war gerade wesentlich, daß nach dem ihm vorliegenden Vernehmungsprotokoll die Besatzungen im obigen Sinne ausgesagt hatten Nach der Erklärung des Adjutanten im FHQu ging aus der Meldung Görings an Hitler sogar hervor, daß „die anscheinend von drei Flugzeugen durchgeführte Bombardierung hinsichtlich der Nationalität der Maschinen ungeklärt geblieben sei. Anhaltspunkte, daß es deutsche Flugzeuge gewesen seien, lägen nicht vor

Für die Beantwortung der Frage, wie man sich diese Widersprüche in den Aussagen der einzelnen Zeugen zu erklären hat, wird es zweckmäßig sein, sich einmal die Situation zu vergegenwärtigen, die durch den Luftangriff auf Freiburg geschaffen wurde. Zweifellos konnte ein erwiesener Fehlabwurf einiger Flugzeuge, durch den 57 Menschen zu Tode kamen das Vertrauen des Volkes zur Führung und die Zuversicht in die eigenen Waffen gefährden. Am 10. Mai 1940 begann bekanntlich der Westfeldzug. Die Sorge um die Kampfmoral der Truppe kommt hinzu, und zwar sowohl der Truppe, die sich durch Fehlabwürfe bedroht fühlen würde, als derjenigen, welcher ein solches tragisches Versehen auch einmal unterlaufen könnte. Alle djese Überlegungen sachlicher und personeller Art mögen eine Rolle gespielt haben. Die Worte Görings, mit denen er die Meldung von dem Angriff entgegen-nahm, haben wir bereits zitiert: „Dieser Feldzug fängt ja gut an. Die Luftwaffe und ich haben sich schwer blamiert. Wie kann man dies vor dem deutschen Volke verantworten? Im Stabe der Luftflotte fürch-tete man ebenfalls für das Ansehen der Luftwaffe und machte sich zugleich Gedanken, was man für seine „Jungs“ tun könne. Sollte es wirklich zu einem kriegsgerichtlichen Verfahren kommen, so war man bereit, sie durch die „Kunst der Vernehmung" abzudecken General von Greim, der Kommandierende General des V. Fliegerkorps, war sehr verärgert über die schnelle Weitergabe der Meldung über den Angriff und soll gesagt haben: „Selbst wenn es so ist [nämlich, daß es deutsche Flugzeuge waren], darf es der Betreffende nicht erfahren Der Kommodore des Geschwaders wiederum betont, daß seine Einstellung allein durch das Bestreben bestimmt war, für seine Leute, an deren Einsatzbereitschaft er täglich appellierte, einzutreten Das gleiche tat auch der Gruppenkommandeur, der seine Staffelkapitäne über das Ergebnis der Vernehmungen nicht informierte, sondern ihnen lediglich sagte, daß die Sache erledigt sei. „Es ist naheliegend" — so berichtet er uns —, „daß in der damaligen Situation Interesse daran bestand, diese Tatsache in möglichst engem Kreise zu halten, d. h. daß ich S[.. . ] gesagt habe, er solle mit niemandem darüber sprechen, . . . und daß ich lediglich den Geschwaderkommodore, Oberst Kammhuber, mündlich über das Ergebnis meiner Nachforschungen unterrichtet habe

Nach diesen Ausführungen kann es nicht mehr zweifelhaft sein, daß es sich bei dem Luftangriff auf Freiburg um einen Fehlabwurf deutscher Flugzeuge handelt und daß der wirkliche Sachverhalt damals absichtlich verschleiert wurde. Würde es noch eines weiteren Beweises bedürfen, so könnte er in dem folgenden gefunden werden. Wir wissen von der Aufregung, die der Vorfall bei Göring und seiner LImgebung hervorgerufen hat. Auch Hitler, der die erste Meldung, durch einen seiner persönlichen Adjutanten, vom Gauleiter Wagner erhalten hatte, war offensichtlich sehr aufgebracht und machte Göring „wegen der anscheinend nachlässig gehandhabten Luftwarnung“ heftige Vorwürfe Für die Feststellung des Tatbestandes ist es nun von Bedeutung, daß nicht gegen den Flug-melde-oder den Luftwarndienst kriegsgerichtliche Untersuchungen eingeleitet wurden, sondern gegen die fliegenden Verbände. Damit allein ist schon bewiesen, daß die beim Ob. d. L. vorliegenden Meldungen eindeutig für eine deutsche Urheberschaft des Angriffes sprachen. Und es ist weiter bemerkenswert, daß das bei der Luftflotte angeordnete Verfahren gegen die namentlich genannten Angehörigen des Kampfgeschwaders 51 plötzlich eingestellt wurde. Gleichzeitig mit dem Befehl, strengstes Stillschweigen in der Angelegenheit zu bewahren, wurde dem beauftragten Chefrichter mitgeteilt, daß die Propagandamaschine bereits auf vollen Touren laufe und daß Hitler aus Gründen der Staatsraison nicht mehr dementieren könne, weil das Ansehen Deutschlands und der deutschen Luftwaffe auf dem Spiel stehe

Die deutsche Propaganda

Tatsächlich hat aber die deutsche Propaganda den unglückseligen Irrtum eigener Flieger zu einem beabsichtigten Verbrechen des Gegners gestempelt. So sprach man in der DNB-Meldung von der „offenen Stadt Freiburg i. Br., die völlig außerhalb der eigenen Operationen liegt und keine militärischen Anlagen aufweist“, von den getöteten Zivilpersonen und davon, daß die Bomben auf die innere Stadt abgeworfen wurden. Und drohend setzte man hinzu: „Zur Vergeltung dieses völkerrechtswidrigen Vorgehens wird die deutsche Luftwaffe in derselben Weise antworten. Von jetzt ab wird jeder weitere planmäßige feindliche Bombenangriff auf die deutsche Bevölkerung durch die fünffache Anzahl von deutschen Flugzeugen auf eine englische oder französische Stadt erwidert werden Unter dem Titel „Freiburgs Mütter klagen an“ erschien bald darauf eine Flugschrift mit zahlreichen eindrucksvollen Aufnahmen der unglücklichen Opfer, in der es hieß: „Mit Freiburg fing es an. Seitdem bombardieren Nacht für Nacht alliierte Flieger offene deutsche Städte ohne militärische Ziele und verursachen immer neue Opfer unter der Zivilbevölkerung. Das ist kein Krieg. Das ist Mord Als Kronzeugen zitiert man den Hauptdelegierten der USA für das Rote Kreuz, Mr. Taylor, der damals gerade mit dem Zuge in Freiburg eingetroffen war, als die Flugzeuge wieder abflogen, und der in der „New York Times“ vom 13. Mai 1940 angeblich berichtet hat, daß die Stadt Freiburg „trotz ihres unzweifelhaft als offene Stadt geltenden Charakters ... durch französische Flugzeuge bombardiert“ worden sei. Eine Überprüfung ergibt jedoch, daß in diesem unter Anführungszeichen gesetzten, also angeblich wörtlichen Zitat, die entscheidenden drei Worte „durch französische Flugzeuge“ in dem Bericht der genannten Zeitung fehlen Bemerkenswert ist ferner, daß in dieser von amtlicher Seite herausgegebenen Schrift französische Flugzeuge für den Angriff verantwortlich gemacht werden. Auch Hans Fritzsche sprach in seinem Kommentar, den er am 11. Mai 1940 uml 8. 45 Uhr im Deutschlandsender gab, von französischen Flugzeugen Später nämlich wird die Schuld der Royal Air Force zugeschoben und damit der Vorgang für die Propaganda gegen England, isnbesondere gegen Churchill als den Urheber des verantwortungslosen Luftkrieges gegen die Zivilbevölkerung, verwertet. Hitler bezeichnete in seinen Reden vom 19. Juli vor dem Reichstag und am 10. Dezember 1940 in einem Berliner Rüstungswerk den Luftangriff auf Freiburg als den Beginn des unbeschränkten Luftkrieges durch die Engländer Goebbels tat ein gleiches sogar in einer Ansprache bei der Trauerfeier für die Opfer des Terrorangriffs auf Wuppertal im Jahre 1943: „Vom Kindermord in Freiburg am 10. Mai 1940 bis zum heutigen Tage zeugt eine lange Kette von Leid und tiefster menschlicher Not in allen durch den britisch-amerikanischen Bombenkrieg heimgesuchten Städte wider England und USA Im Gegensatz zu den „vorangegangenen Einzelangriffen" wird das Freiburger Bombardement als Beginn der „planmäßigen Über-fälle auf offene Städte und Siedlungen“ bezeichnet Im Jahre 1943 erschien dann auch das Weißbuch (Nr. 8) über die Alleinschuld Englands am Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung, herausgegeben vom Auswärtigen Amt, in dem als Beweisdokumente der OKW-Bericht vom 11. Mai 1940 und der betreffende Auszug aus dem Kriegstagebuch der Luftinspektion 13 (Luftschutz) figurieren Diese wenigen Beispiele zeigen zur Genüge, wie der Vorfall in der deutschen Propaganda behandelt wurde. Man erinnere sich hier, was Hitler über die Kriegspropaganda des ersten Weltkrieges in „Mein Kampf“ schreibt. Ausgehend von der Propaganda der Engländer und Amerikaner, die er als psychologisch richtig bezeichnet, vertritt er dort die Meinung, daß es Aufgabe der Propaganda sei, ausschließlich das eigene Recht zu betonen: „Es war grundfalsch, die Schuld am Kriege von dem Standpunkt aus zu erörtern, daß nicht nur Deutschland allein verantwortlich gemacht werden könnte für den Ausbruch dieser Katastrophe, sondern es wäre richtig gewesen, diese Schuld restlos dem Gegner aufzubürden, selbst wenn dies wirklich nicht so dem wahren Hergänge entsprochen hätte .. .

Es liegt auf der Hand, daß von dieser Einstellung nur noch ein kleines Stück Weges ist zu der aufgezeigten Behandlung des Falles Freiburg. Als Parallele bietet sich der Fall des englischen Passagierdampfers „Athema“ an, der am 3. September 1939 irrtümlicherweise von einem deutschen U-Boot versenkt wurde. 120 Menschen fanden dabei den Tod. Nach Aussage des Großadmirals Raeder im Nürnberger Hauptprozeß ließ damals das Oberkommando der Kriegsmarine die englischen Nachrichten, daß die Torpedierung durch ein deutsches U-Boot erfolgt sei, ihren Unterlagen entsprechend bona fide dementieren. Die deutsche Propaganda benützte den Fall als eine hervorragende Gelegenheit, gegen die englischen „Greuellügen“ zu Felde zu ziehen. Die Kampagne wurde auch dann noch fortgesetzt, als spätestens nach Rückkehr von U 30 in den Heimathafen am 27. September der wahre Sachverhalt bekannt wurde. Hitler befahl nämlich dem vortragenden Großadmiral, „daß, nachdem die Sache einmal dementiert worden sei, sie weiter auf das äußerste geheimgehalten werden solle, und zwar nicht nur nach außen hin, sondern auch innerhalb der amtlichen Kreise“. So war es möglich, daß einige Zeit später Churchill von der deutschen Prapaganda beschuldigt wurde, er habe die „Athenia“ durch Explosion einer Höllenmaschine absichtlich versenken lassen

Leider befinden wir uns im Falle Freiburg nicht in der gleichen Lage wie im Fall „Athenia", da uns der Zeuge, der — wie Raeder — mit Hitler über die Sache gesprochen hat, fehlt. Statt einer solchen Primär-aussage liegen uns nur zwei Sekundäraussagen vor, die verschiedene Deutungen zulassen. Nach der einen Aussage erfuhr Hitler erst von dem Sachverhalt, als die Version von einem feindlichen Angriff bereits veröffentlicht war Hiernach könnte, wenigstens soweit Hitler in Frage kommt, der Fall Freiburg ein Gegenstück zum Fall „Athenia“ bilden. Die andere Aussage geht dahin, daß Hitler von Göring lediglich mitgeteilt worden sei, es lägen keine Anhaltspunkte für die Annahme einer deutschen Urheberschaft vor Hieraus könnte geschlossen werden, daß Göring unabhängig . von Hitler die falsche Meldung vom feindlichen Angriff veranlaßt hätte. Möglicherweise wollte Göring jedoch mit jener Mitteilung Hitler nur versichern, daß die ergriffenen Tarnungsmaßnahmen ihren Zweck erfüllen würden. Jedenfalls spricht alle Wahrscheinlichkeit dagegen, daß in einer politisch so wichtigen Angelegenheit Göring oder Goebbels etwas unternahmen, ohne Hitler von dem wahren Sachverhalt unterrichtet zu haben. Es dürfte daher vor allem darauf ankommen, wann die „zuständigen" Stellen in Berlin den wahren Tatbstand erfuhren.

Es ist bezeugt, daß am späten Nachmittag des 10. Mai 1940 bereits eine sehr eindeutige Ic-Meldung vom Luftgau an den Chef Ic im HQ. d. ObdL. abging und durch diesen Göring vorgelegt wurde, der sie in großer Erregung aufnahm und eingehende Untersuchungen anordnete Unter den Dokumenten, die wir nachträglich ausfindig machen konnten, befindet sich der Entwurf der handschriftlich vom Ic gezeichneten Sondermeldung, die nach der bestimmten Erinnerung des damaligen Lageoffiziers der Ic-Abt. ungefähr um 17 Uhr durchgegeben wurde:

Ic Mündten, den 10. 5. 40 Sonderineldung an Ob. d. L. Luftwaffeniibungsstab Ic Luftflottenkommando 3 Ic.

Betr.: Bombenabwurf Freiburg.

Sadiverkalt ist nodt nidtt geklärt.

Angeriditeter Schaden:

Polizeipräsident Freiburg teilt mit:

25 Tote in der Zivilbevölkerung, darunter 7 Kinder. Außerdem 24 Personen verletzt. Sadisdtaden nodt nidtt genau feststellbar. Einige Kraftwagen ausgebrannt, mehrere Pferde verletzt.

" Warnzentrale Freiburg meldet:

Gallwitz-Kaserne 4 Tote, 10 Schwerverletzte, mehrere Leichtverletzte. 3 Gebäude dieser Kaserne beschädigt, ebenso 3 Lkw.

Bismarkstraße Bahnüberführung getroffen, Breisacher Straße mehrere Tote in der Zivilbevölkerung. Bomben fielen längs Bahnlinie Freiburg-Breisach. Ferner 2 Einschläge in Siedlung Mooswald.

Es handelt sich vermutlich um eine Potez 63, die bei Lahr um 16. 00 Uhr über den Rhein zurückflog.

Bemerkung: Zeitlidt unmöglich.

Flughafen Freiburg meldet:

8— 10 kleine Lödter im Rollfeld, ohne Bedeutung, kein Sachschaden. Flugwache 14 Freiburg meldet:

15. 40 Uhr drei Eindecker, zweimotorig, hoch, 4— 8, He 111, 3000 bis 4000 m hoch, einwandfrei als He 111 P erkannt. Mit dem Fernglas war Balkenkreuz deutlich erkennbar.

15. 59 Uhr Flugplatz Freiburg bombardiert. Sofort nach Rauchentwicklung am Boden 2 Flugzeuge gesichtet im Reihenflug mit deutschen Hoheitsabzeichen. Balkenkreuz gut sichtbar mit'Fernglas. Während Sichtung der Flugzeuge sind Bomben explodiert. Versdtwinden Richtung 11— 1 in den Wolken. Auf einem Bombensplitter soll ein deutsches Abzeichen erkennbar gewesen sein.

Luftgaukommando VII Ic [handschr.: ] m.

[handschr. gez.: ] v. Donat Oberstleutnant. Nicht zu übermitteln

Verteiler:

Befehlshaber Chef la Qu Nafü Ic Entwurf.

Diese Meldung ließ wirklich keinen Zweifel zu und bot keine Möglichkeit mehr, in gutem Glauben von einem feindlichen Angriff zu sprechen. Wenn es eingangs heißt, daß der Sachverhalt noch nicht geklärt sei, kann dies nach den weiteren Angaben nur bedeuten, daß man sich einer verbindlichen Stellungnahme einstweilen enthalten wollte. Die einzige Meldung, die von einem französischen Flugzeug berichtet, wird von dem Ic ausdrücklich als „zeitlich unmöglich“ bezeichnet. Bei den deutschen Flugzeugen dagegen heißt es: „einwandfrei erkannt“, „deutlich erkennbar“ und „gut sichtbar". Die Aufregung Görings bei der Entgegennahme der Meldung ist daher nur zu verständlich.

Sicher ist ferner, daß am Abend desselben Tages beim Luftgau auch über die in Freiburg aufgefundenen Bomben Klarheit bestand. Wir besitzen zwar keine Bestätigung dafür, wann diese Meldung beim Luftwaffenführungsstab eingegangen ist, wir wissen aber, daß alle Mei-düngen jeweils umgehend nach oben weitergegeben wurden. Außerdem liegt eine Aussage vor, die über diese Frage hinaus von Interesse ist. Sie stammt von dem bereits mehrmals erwähnten Lageoffizier in der Ic-Abteilung des Luftgaukommandos, der Zeuge eines Ferngesprächs war, das sein Chef, Oberstleutnant von Donat, an jenem Abend mit dem Reichspropagandaministerium führte. Aus den Antworten Donats sei _ wie er betont — einwandfrei zu entnehmen gewesen, daß von seinem Gesprächspartnern der Versuch gemacht wurde, ihn „dahin zu beeinflussen, daß [die] Möglichkeit der Bombardierung durch französische Flugzeuge offen bliebe" Dieses Gespräch fand am Abend des 10. Mai statt. Und in den späten Abendnachrichten des Deutschland-senders wurde das erste Mal die offizielle Meldung von dem Angriff auf Freiburg durchgegeben! — Allerdings führte unser Zeuge das Gespräch nicht selbst und erhielt auch von seinem verschlossenen Vorgesetzten keine Auskunft darüber, mit wem er gesprochen hatte, sondern kann sich bei seiner Aussage allein auf die Teile des Gesprächs stützen, die er selbst gehört hatte Jedenfalls aber scheint man an offizieller Stelle in Berlin so eindeutig informiert gewesen zu sein, daß man es für erforderlich hielt, mit dem Ic des Luftgaues in dieser Weise zu sprechen. Hält man sich noch die besondere Freude Görings vor Augen, als der Rundfunk die Nachricht von dem feindlichen Angriff durchgab, so wird man kaum davon sprechen können, daß der wirkliche Tatbestand nicht rechtzeitig vor der Veröffentlichung der Meldung bekannt war.

Der Sachverhalt ist damit " einwandfrei geklärt: die Bomben auf Freiburg wurden nicht von feindlichen Flugzeugen, wie die nationalsozialistische Propaganda behauptete sondern versehentlich von deutschen Flugzeugen geworfen. Damit entfällt die Version von Hitler befohlenen Angriffs. Es entfallen zugleich die Behauptungen, die im Sinne der deutschen Zweckmeldung von 1940 den Fall Freiburg mit der Frage der Verantwortlichkeit für den Luftkrieg gegen die Zivilbevölkerung verknüpfen und sich dabei fälschlich, und falsch zitierend auf den Principal Assistant Secretary im britischen Luftfahrtministerium, Mr. J. M. Spaight, als Kronzeugen berufen

Fussnoten

Fußnoten

  1. Völk. Beobachter, Mü. Ausg., 11. 5. 40 und OKW-Bericht v. 11. 5. 40 (Völk. Beobachter, Mü. Ausg., 12. 5. 40).

  2. Badische Zeitung, 2. 12. 47 (vollst. Text). Von der übrigen Presse wurde der Inhalt meist in gekürzter'Form wiedergegeben. Siehe u. a. Neue Zürcher Zeitung, 4. 12. 47, New York Herald Tribune, 4. 12. 47, Neue Zeitung. 5. 12. 47, Time (Chicago), 15. 12. 47, Südd. Zeitung, 6. 12. 47 und Frankfurter Hefte 1948, Heft 2, S. 102 f.

  3. S. dazu: a) Badische Staatskanzlei, Generalia XIX, Militär-und Kriegssachen, Fliegerangriff auf Freiburg i. Br. (jetzt im Reg. -Präs. Südbaden ) im folgenden kurz: Badische Staatskanzlei. — b) Stadt. Hauptverwaltung Freiburg i. Br., 00-073-2. Bctr. Luftangriff am 10. 5. 40. Heft 2, im folgenden kurz: Stadt. Hauptverwaltung.

  4. Die Auskunft Halders erfolgte auf Grund einer Anfrage des Freiburger Archiv-beamten Dr. Zwölfer v. 2. 10. 47 und des Archivdirektors Dr. Hefele v. 24. 10. 47 mit Schreiben v. 7. und 27. 10. 47. Siehe Stadt. Hauptverwaltung, Heft 2. Bl. 1— 4. Fotokopien von den beiden letzteren Schreiben im Institut für Zeitgeschichte, Zeugen-schrifttum (künftig zitiert: 1FZ, ZS) 240 111, S. 6— 9.

  5. Stadt. Hauptverwaltung, Heft 1.

  6. Im Stadtarchiv Freiburg i. Br. verwahrt. Die betr. Teile des KTB in Fotokopie in: Archiv IfZ, ZS/A-5 Anhang.

  7. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 113.

  8. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 112.

  9. S. Anm. 9 und 10.

  10. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 114.

  11. Ein Teil der Berichte ist ganz oder im Auszug abgedruckt im Freiburger Wochen-bericht V. 10. /11. 6. 54 und 10, /H. 2. 55 und in der Badischen Zeitung v. 8. und 22. 12. 54. Diese Zuschriften wurden uns von den beiden Redaktionen freundlicherweise im Original zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt. Weitere Berichte gingen uns direkt oder durch deren Vermittlung zu. In unserer Quellensammlung sind Aussagen, die einen feindlichen Angriff vertreten, unter den folgenden Nrn. zu finden: Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 1, 4, 22, 28 (s. a. Nation Europa 1954, Heft 4), 29, 35, 42, 49, 51, 63, 76, 84, 103, 105, 106. Von deutschen Flugzeugen wird berichtet in: Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 3, 19, 38, 39, 56, 94, 108 und ZS 610.

  12. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 19, 49, 94, 105, 106.

  13. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 51, 63.

  14. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 42.

  15. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 40.

  16. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 4, 35, 38, 106.

  17. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 29.

  18. Archiv IfZ. ZS/A-5, Nr. 28 u. 49. Nicht als charakteristisch, sondern als Kuriosum sei folgender Bericht im Auszug wiedergegeben: „Dieser (d. i.der Flieger) neigte sich nach rechts und blickte auf den Boden, als suche er etwas. Als er den Kopf hob, starrte er mich an. und ich sah in ein düsteres längliches Gesicht, schwarzer ungepflegter Schnurrbart, der über die Lippen herunterhing. Für mich war das kein Deutscher, sondern ein Zigeuner oder ein Südländer . . . Dieses Mördergesicht habe ich mir so eingeprägt, daß ich es noch heute erkennen würde.“

  19. Archiv IfZ, ZS/A-5, Anhang.

  20. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 13, 22, 35, 39, 51 u. 106.

  21. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 26.

  22. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 39. Die Angaben werden von dem damaligen Führer der Flugwache als richtig bescheinigt.

  23. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 38. — Der zur Zeit des Angriffs diensttuende Gruppenführer und Auswerter glaubt sich sogar an folgende Meldung zu erinnern: „Drei He 111 über die Fluwa im Abflug in Richtung auf den Flugplatz werfen Bomben auf den Hauptbahnhof." (ZS/A-5, Nr. 3.) Daß die abwerfenden Flugzeuge als deutsche erkannt wurden, berichtet auch der Führer des Flugwachzuges, der nach »einer Erinnerung zufällig zur Kontrolle auf dem Lorettoberg war. Er beobachtete, wie nach vorangegangener Flugmeldung: „Flugzeuggeräusch in Richtung Freiburg" deutsche Flugzeuge durch die Wolken hervorstießen und nach dem Abwurf „so still in den Wolken verschwanden“, wie sie gekommen waren (ZS/A-5, Nr. 56).

  24. Archiv IfZ, ZS 610, S. 4 u. ZS/A-5, Nr. 108. — Es sei vermerkt, daß alle eingehenden Meldungen gemäß Vorschrift schriftlich niedergelegt wurden.

  25. Archiv IfZ. ZS/A-5, Nr. 94.

  26. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 39.

  27. Ebenda. — Ein Bericht des ehern. Kdrs. d. Fluko Donaueschingen konnte leider trotz wiederholter Bemühungen nicht beigebracht werden.

  28. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 71 u. 93.

  29. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 76.

  30. Die Richtigkeit dieser Angabe wird bestritten (s. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 3). Der Gruppenleiter der Flugmeldegruppe beim Chef des Nadir. -Verb. -Wesens der Luftwaffe widerlegt sie durch ein Beispiel, das er uns bei seinen allgemeinen Ausführungen über den Flugmeldedienst gibt: 8. 15 Uhr ein unbekanntes Flugzeug. 2— 4 tief 8. 16. (s. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 26). — Die in Frage kommende LDv stand uns leider nicht zur Verfügung.

  31. Über den Umfang der Untersuchung und die ihr zugrunde liegenden Unterlagen konnten keine Einzelheiten in Erfahrung gebracht werden. Nach Mitteilung des Ia-Sach-bearbeiters beim Stabe (Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 46) dürfte es eine nachträgliche Über-prüfung der Auswertung der Flugmeldungen gewesen sein, die wahrscheinlich vom Kommandeur direkt vorgenommen wurde. Er selbst habe — wie er sicher wisse — die Untersuchung nicht geführt.

  32. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 39.

  33. Archiv IfZ, ZS 605, S. 6.

  34. Archiv IfZ, ZS 387, Bl. 3.

  35. Archiv IfZ, ZS 140, S. 20.

  36. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 3.

  37. Archiv IfZ, ZS 610, S. 7.

  38. Modernes französ. Mehrzweckeflugzeug, das als Jäger, Fernaufklärer und leichter Bomber verwendet wurde. — s. Feuchter, Georg W.: Geschichte des Luftkrieges. Bonn 1954, S. 83.

  39. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 117. Vgl. unten S. 142 f.

  40. Archiv IfZ, ZS/A-5, Anhang.

  41. Archiv IfZ. ZS 140, S. 19, ZS 610, S. 6, ZS 605, S. 6, ZS 612, S. 28.

  42. Sehr. v. 28. 2. 55. — R. ist Vf. von „Royal Air Force 1939— 45", London: H. M. Stationery Office.

  43. Der Bericht Richard’s hat dem ehern. Chef Ic im HQu Ob. d. L. zur Stellungnahme vorgelegen. Er bestätigte, daß die dort geschilderten alliierten Luftkriegshandlungen am 10. 5. 40 den ihm erinnerlichen Vorgängen an der Westfront an diesem Tage im wesentlichen entsprechen. S. Archiv IfZ, ZS 140, S. 25.

  44. Fotokopie des Lageberichtes Nr. 248 im Archiv IfZ, ZS/A-5, Anhang.

  45. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 56. - Der Führer der Fluwa berichtete uns, daß sie ungefähr um 18 Uhr des gleichen Tages in diesem Sinne unterrichtet wurden (Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr, 39).

  46. Archiv IfZ, ZS 610, S. 5 und ZS/A-5, Nr. 108. Vgl. S. 133.

  47. Nach den uns vorliegenden Berichten ist der 10. Mai anzunehmen .

  48. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 111.

  49. Archiv IfZ, ZS 605, S. 4.

  50. Abkürzung für Luftmunitionsausgabestelle.

  51. Leserzuschrift im Metzinger-Uracher Volksblatt v. 11. 2. 5 5 und Schreiben an Institut v. 23. 4. 55 (Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 107).

  52. Archiv IfZ, ZS 606, S. 3 f. Vgl. auch Anm. 58.

  53. Vgl. dazu den auf S. 133 ff, abgedruckten GKdos-Beridrt der Luftzeuggruppe 7 V. 16. 5. 40, Ziffer 4.

  54. Kriegstagebuch des örtlichen Luftschutzleiters Freiburg i. Br. 1939— 45, S. 5 mit Anlage 1 a (Übersichtskarte 1 : 10 000 über die Bombenabwürfe beim 1. Fliegerangriff am 10. 5. 1940) und Städt. Hauptverwaltung, Heft 1, S. 94.

  55. Archiv IfZ, ZS 611, S. 5: Der Chef des Stabes beim Generalluftzeugmeister spricht von einem nach Freiburg gesandten Sachbearbeiter, der aus Splittern und einem Blindgänger einwandfrei das Vorhandensein deutscher 50-kg-Bomben festgestellt habe. Nicht zu entnehmen ist aus dem Bericht, daß dieser gleichzeitig die Sammlung der Belegstücke dirigiert hat.

  56. Archiv IfZ, ZS 140, S. 10/12, 17 f.

  57. A. a. O.

  58. Archiv IfZ, ZS 611, S. 5.

  59. Archiv IfZ, ZS 606, S. 3 f.

  60. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 107.

  61. Archiv IfZ, ZS 240. III, S. 7. — Bei dem genannten Bericht handelt es sich vermutlich um das auf S. 133 ff. abgedruckte Gkdos-Schreiben v. 16. 5. 40.

  62. Bemühungen, diesen GL-Bericht in den deutschen Luftwaffenakten in London ausfindig zu machen, waren leider erfolglos. Er muß als verloren angesehen werden.

  63. S. Anm. 59.

  64. Archiv IfZ, ZS 612, S. IS ff.. 30 f. u. 27. -Er ist der Meinung, daß sich die Frage, wer denn die Bomben in Wirklichkeit geworfen habe, nie mit absoluter Sicherheit klären lassen wird.

  65. u. a. Schwab. Tagblatt 26. 11. 54 und Badische Zeitung 29. 11. 54.

  66. Quick 1955, Nr. 6 (5. Febr.).

  67. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 11, 27 u. Nr. 34.

  68. Diese Mitteilung wurde auf Anfrage bestätigt von ZS/A-5, Nr. 11, 14, 37, 89, 96 u. ZS 613, S. 7. — Sein Name erscheint auch nicht im Kriegstagebuch der 11I. /KG 51.

  69. Archiv IfZ, ZS 612, S. 33.

  70. Archiv IfZ, ZS 140, S. 9 u. 19.

  71. Archiv IfZ, ZS 585, S. 4.

  72. S. Anm. 51.

  73. Archiv IfZ, ZS 613, S. 4.

  74. Dieser Ltn. S. ist nicht identisch mit dem eben und in „Quick" erwähnten Obltn. S. — Die Namen sind dem IfZ bekannt.

  75. 22. -Frankreicheinsatz v. 10. 5. 40, S. 49.

  76. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 89. — Die 8. /KG 51 flog den Einsatz mit den Ketten Hptm. Sch., Obltn. St. und Ltn. S., der am 12. 8. 40 beim Angriff auf die Hafenanlagen von Portsmouth gefallen ist. Von den beiden ersten liegen unmittelbar Berichte vor, von dem letzteren die damalige Aussage in der Erinnerung des Kommandeurs und des Staffelkapitäns. Über die hier interessierenden Vorgänge kann daher aus erster Hand berichtet werden.

  77. Der Zeuge Obltn. St. schreibt hierzu allerdings: „Idi konnte mit Sicherheit übersehen, daß keine Bomben gefallen waren und auch keine Flugzeuge von uns ausscherten" (s. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 96). Da nicht nur die beiden anderen Zeugen, sondern auch das KTB Gegenteiliges berichtet, kann der oben geschilderte Sachverhalt als zutreffend angesehen werden (s. auch Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 109).

  78. Daß in der durch den Kommandeur rekonstruierten Aussage S. ’s Dijon als der Ort bezeichnet wird, den er angegriffen hat, wird als Erinnerungsfehler zu bezeichnen sein. Auch das KTB nennt Döle-Tavaux.

  79. S. Anm. 43.

  80. Unsere Annahme wird bestätigt durch die Angabe in der auf S. 135 abgedruckten Ic-Aktennotiz v. 17. 5. 40, daß drei He 111 in Landsberg um 17. 20 Uhr gelandet sind. Für die frühzeitige Rückkehr des Ltn. S. besitzen wir noch einen weiteren Beleg in der Mitteilung eines ehemaligen Fliegeroffiziers, der im Jahre 1944 Ausbilder des Offiziersnachwuchses für Kampfflieger in Neuruppin war und dort im Kasino von zwei an dem Lehrgang teilnehmenden Offizieren erfuhr, was sie über den Fall Freiburg wußten. Er bestätigt in seinem Bericht, daß eine Nachberechnung der Flugzeit direkt auf den Raum Freiburg und nicht auf die entfernter liegenden Ziele (Dijon oder Döle-Tavaux) hinwies (s, Archiv ZS/A-5, Nr. 30). — Bei den Eintragungen des Kriegstagebuches muß berücksichtigt werden, daß es sich um die Durchschrift einer Zweitschrift handelt, die wegen Verlust (!) des alten KTB auf Befehl der Gruppe nach dem Frankreichfeldzug angefertigt wurde (s. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 27). Es ist natürlich auffällig, daß gerade an dieser Stelle die Eintragungen unrichtig sind. Auf eine weitere fehlerhafte Eintragung weist der damalige Staffelkapitän der 8. Staffel hin. Er hat nämlich den Einsatz mit 9 und nicht, wie im KTB angegeben, mit 7 Maschinen geflogen. Seine Aussage wird durch die obigen Aktennotiz belegt.

  81. Nicht vorhanden.

  82. befindet sich bei dem Aktenvermerk.

  83. auch Jerichogerät genannt, ein zunähst geheimgehaltenes Gerät zur Verstärkung der Heulwirkung fallender Bomber

  84. Obstltn. v. Donat war Ic im Luftgaukommando VII, m = Signum des sachbearbeitenden Lageoffiziers.

  85. S. Anm. 54.

  86. Archiv IfZ, ZS 609, S. 14. S. auch ZS 612, S. 17.

  87. S. Anm. 57. — Nach dem KTB des örtl. Luftschutzleiters. S. 5, wurden folgende Örtlichkeiten getroffen:

  88. Auf den Umstand, daß es sich im Falle Freiburg doch um einen Angriff auf militärische Objekte handelte, hat bereits Theodor Zwölfer hingewiesen: Zeittafel zur Geschichte der Stadt Freiburg, in: Amtliches Einwohnerbuch der Stadt Freiburg i. Br., 1950, S. 37. Es kam ihm offensichtlich darauf an, an Hand der Karte der Bomben-einschläge die sachliche Unhaltbarkeit der amtlichen Verlautbarung von 1947 aufzuzeigen.

  89. Archiv IfZ, ZS 613, S. 5.

  90. Archiv IfZ, ZS 609, S. 1.

  91. Archiv IfZ, ZS 614, S. 3. — Ein ehemaliger Ia-Schreiber der Luftflotte hat 1944 ein Vernehmungsprotokoll in den Akten gesehen, in dem am Schlüsse vermerkt war, daß bei der damaligen Wetterlage ein irrtümlicher Abwurf als durchaus möglich anzusehen sei. Die namentlich genannten Angehörigen des Geschwaders hätten aber ansonsten erklärt, daß ihnen nicht bewußt sei, über Freiburg ihre Bomben abgeworfen zu haben (IfZ, ZS/A-5, Nr. 100).

  92. Archiv IfZ, ZS 222, S. 30.

  93. KTB des örtl. Luftschutzleiters, S. 6. — Von den 57 Opfern des Luftangriffs waren 22 Kinder, 13 Frauen, 11 Männer (zivil) und 11 Soldaten. Verletzt wurden 20 Kinder, 34 Frauen, 24 Männer und 23 Soldaten.

  94. Archiv IfZ, ZS 140, S. 10.

  95. Archiv IfZ, ZS 614, S. 2 f.

  96. Archiv IfZ, ZS 605, S. 5.

  97. Archiv IfZ, ZS 612, S. 34.

  98. Archiv IfZ, ZS 613, S. 14.

  99. Archiv IfZ, ZS 222, S. 30.

  100. Archiv IfZ, ZS 614, S. 3.

  101. Völk. Beob., Mü. Ausg., 11. 5. 40 und Franks. Ztg., 12. 5. 40. — Daß sich unter den Opfern auch Soldaten befanden, wird verschwiegen. Auch die Angaben über die Abwurfstellen sind gefärbt. Wir haben bereits gezeigt, daß das Ziel des Angriffs ohne Zweifel der Flugplatz war. Die Drohung aber, „von jetzt ab" zu vergelten, wurde erst wesentlich später in die Tat umgesetzt. Der OKW-Bericht vom 3. 1. 1941 nennt den 8. 8. 40.

  102. Nach einer Mitteilung der Freibg. Univ. -Bibl. v. 10. 12. 54 wurde die Schrift — in mehreren Sprachen — vom Reichspropagandaministerium herausgegeben. In der Orig. -Akte der Städt. Hauptverw., Heft 1, S. 54 f„ findet sich allerdings eine Aufzeichnung über eine telefonische Auskunft an die Informationsabt.des Ausw. Amtes v. 14. 5. 40, deren Angaben über di Zahl der Opfer mit der in der Flugschrift (5 3 „Zivilisten“) übereinstimmen. Der Inf. Abt. wurden auf Ersuchen am 14. u. 16. 5. 40 auch Fotos von den Opfern und den Beisetzungsfeierlichkeiten übersandt.

  103. S. auch Habermacher, Gerhard: Reuter fälscht die Luftkriegsschuld. Nbg. 1944, S. 53.

  104. Mitteilung der British Broadcasting Corporation v. 23. 12. 54 an das Institut.

  105. Völk. Beob., Mü. Ausg., 20. 7. und 11. 12. 1940.

  106. Völk. Beob., Mü. Ausg., 19. 6. 1943.

  107. „England für den Luftterror voll verantwortlich. Tatsachen widerlegen notorische angloamerikanische Lügen“, in: Völk. Beob., Mü. Ausg., 20. 4. 1943.

  108. Dokumente über die Alleinschuld Englands am Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung. Auswärtiges Amt 1943, Nr. 8, S. 13, 120 und 123. — Der für die Zusammenstellung des Weißbuches verantwortliche Legationsrat des AA wurde damals von einem Beamten des Reichsinnenministeriums zwar auf Gerüchte hingewiesen, daß Freiburg von deutschen Flugzeugen bombardiert wurde. Die Luftinspektion 13, bei der er deswegen anfragen ließ, bestritt diese aber und ließ als Gegenbeweis die entsprechenden Auszüge aus ihrem KTB anfertigen. Der Entwurf des Weißbuches wurde dem Botschafter Gaus, der Kriegswissenschaftl. Abt.der LW und dem Beauftragten des Führers für die Kriegsgeschichtsschreibung zur Überprüfung vorgelegt und zur Veröffentlichung freigegeben (Archiv IfZ, ZS 604).

  109. A. a. O„ 10. Ausl., München 1942, S. 193 ff. (Zitat: S. 200).

  110. IMT, Bd. XIV, S. 92 ff.

  111. Völk. Beob., Südd. Ausg., 23. 10. 39 (= Nürnb. Dok. PS-3260). — Weitere Dokumente und Aussagen zu dem Fall „Atheßia" werden nadigewiesen im IMT, Bd. XXIII/XXIV, S. 145. Für die propagandistische Behandlung s. außer den Presseberichten ab 5. 9. 40 u. a. Adolf Haifeld: Der Athenia-Fall. Berlin 1940. — Nr. 1 der Schriftenreihe „Englands wahres Gesicht". Hrsg, von der Deutschen Publikationsstelle.

  112. Archiv IfZ, ZS 614, S. 3.

  113. Archiv IfZ, ZS 222, S. 30.

  114. Vgl. oben S. 128.

  115. So im Original!

  116. Archiv IfZ, ZS/A-5, Nr. 117.

  117. Schreiben des British Broadcasting Corporation v. 23. 12. 54 an das Institut.

  118. Das Gespräch ist unserem Zeugen jedoch deswegen so deutlich in Erinnerung, weil v. Donat entschieden ablehnte und auf seiner Meldung beharrte. Als er diesem am nächsten Morgen die Pressemeldungen vorlegte, sei er kreidebleid geworden. — Auf Vorhalt räumte er im persönlichen Gespräch allerdings ein, er könne es natürlich nicht als ausgeschlossen bezeichnen, daß es etwa auch eine Stelle des Luftwaffenführungsstabes gewesen sei, die diese Änderung der Meldung gewünscht habe.

  119. „Das ist so gut gelungen“, vermerkt „Nation Europa“ (Heft 7, 195 5) noch heute offenbar mi't Stolz, „daß sogar der bekannte englische Militärhistoriker J. F. C. Fuller annahm, England habe den Angriff auf Freiburg/Br. gestartet.“

  120. Diese Behauptungen können sich in Wirklichkeit nur auf J. F. C. Fuller berufen, „Der zweite Weltkrieg 1939— 45“, Wien-Stuttgart 1950, S. 261, welcher in seinem Buche ausführt: „Am 11. Mai [sic! ] wurde Freiburg in Baden bombardiert. Mr. J. M. Spaight schreibt darüber folgendes: , Wir (die Briten) haben angefangen, Ziele auf deutschem Festlande zu bombardieren.'“ Die Angaben Fullers werden jedoch dem „autoritativen“ Zeugen Spaight zu Unrecht zugeschrieben, denn dieser erwähnt Freiburg in seinem Buche „Bombing Vindicated", London 1944, überhaupt nicht.

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