Mit der folgenden Darstellung EUROPÄISCHE PUBLIKATION Nr. 7: „Vorgeschichte und Beginn des militärischen Widerstandes gegen Hitler” II. Teil von Dr. Helmut Krausnick, Referent im Institut für Zeitgeschichte, setzen wir die Veröffentlichungen der Münchener Arbeitsgemeinschaft „EUROPÄISCHE PUBLIKATION“ fort (Vgl. Ausgaben der Beilagen vom 4. /26. Mai, 2. Juni und 24. November).
II. Teil Wehrmacht und Nationalsozialismus 1934-1939
Juni und 24. November).
II. Teil Wehrmacht und Nationalsozialismus 1934-1939
1. Die N /26. Mai, 2. Juni und 24. November).
II. Teil W „Vorgeschichte und Beginn des militärischen Widerstandes gegen Hitler” II. Teil von Dr. Helmut Krausnick, Referent im Institut für Zeitgeschichte, setzen wir die Veröffentlichungen der Münchener Arbeitsgemeinschaft „EUROPÄISCHE PUBLIKATION“ fort (Vgl. Ausgaben der Beilagen vom 4. /26. Mai, 2. Juni und 24. November).
II. Teil Wehrmacht und Nationalsozialismus 1934-1939
1. Die Nadiwirkungen des 30. Juni 1934
Die am 2. August 1934 auf Blombergs Befehl vollzogene Vereidigung der Reichswehr auf Hitler als nunmehriges Staatsoberhaupt hat ein Verhältnis uneingeschränkten gegenseitigen Vertrauens 1) nicht schaffen können. Vielmehr machten sich im folgenden Halbjahr wiederum Verstimmungen und Mißtrauen zwischen Heeres-und Parteiführung geltend. Zunächst einmal wirkten die Ereignisse des 30. Juni noch fort; ja, ihr Ausmaß und ihr Charakter mochten manchem erst mit einem gewissen zeitlichen Abstand oder nach näheren Nachrichten über die Geschehnisse voll zum Bewußtsein kommen 2) 3. Gewiß gilt dies wesentlich für die älteren und mittleren Jahrgänge des Offizierkorps. Indes, auch jüngere Offiziere waren aufgestört 3). Abscheu und Entsetzen erregten die Methoden der SS aber namentlich bei der Abwehrabteilung des Reichswehrministeriums, die durch ihre Tätigkeit tieferen Einblick in das Vorgehen des SD gewann, überdies von den expansiven Tendenzen seines Leiters Heydrich auch im eigenen Aktionsbereich bedroht wurde 4). Von einem der ihrigen, dem späteren General Oster, der frühzeitig den wahren Charakter des nationalsozialistischen Regiments erkannt hatte, wird berichtet, daß er von nun an vollends zum Widerstand überging und durch gesammelte Informationen hohe Offiziere unermüdlich über die Gefahr des Nationalsozialismus für Volk und Wehrmacht aufzuklären suchte 5). Tatsächlich hat Oster noch vor der Gestapo im Oktober 1944 von der „scharfen Opposition, ja Erbitterung" gesprochen, die der 30. Juni 1934 zum ersten Male im Offizierskorps hervorgerufen habe, und dieses Ereignis als die „erste Gelegenheit“ bezeichnet, „die Metho-den einer Räuberbande im Keim zu ersticken“ 6). Selbst von Rommel, der erst spät zum Kreis des Widerstandes stieß, ist zur Röhmaffaire aus dem November 1934 das Kraftwort überliefert: „Bei diesem Anlaß hätte man mit der ganzen Blase aufräumen sollen“ 7).
Begreiflicherweise war es vor allem der feige Mord an Schleicher und Bredow, der das Gewissen manches ihrer ehemaligen Kameraden, vielleicht mehr als im ersten Augenblick, belastete. Auch Generalstabsoffiziere jüngeren und mittleren Alters drängten bei ihren Vorgesetzten auf eine Klärung des Falles und eine Rehabilitierumng der offensichtlich zu Unrecht Beschuldigten Im einzelnen ist über den Verlauf dieser Bemühungen und ihr Schicksal auf höchster Ebene freilich nichts Näheres bekannt. Zu einer Aktion von politischem Gewicht, geschweige denn mit politischem Ziel, wie es dem Charakter des ungeheuerlichen Vorgangs entsprochen hätte, konnte man sich jedenfalls auch jetzt nicht durchringen. Das im ganzen dürftige Endergebnis war bekanntlich jene Erklärung des Feldmarschalls von Mackensen vor der „Vereinigung Graf Schliessen vom 28. Februar 1935, daß bei den seinerzeitigen „rein politischen Machtkämpfen . . . die persönliche Ehre der genannten Offiziere nicht berührt worden“ sei — mit dem zweifelhaften Zugeständnis an die „offizielle“ Version, „daß sie aber Wege beschritten, die als regierungsfeindlich angesehen worden sind und daher zu den verhängnisvollen Folgen führten“. Allerdings gab die Art und Weise der Berufung auf das Regierungsgesetz vom 3. Juli, daß nämlich „der Tod der am 30. Juni und 1. Juli 1934 Gebliebenen als im Interesse des Staates erfolgt zu betrachten“ sei und daher eine Diskussion nicht zugelassen werden könne, die ursprüngliche Lesart einer Erschießung Schleichers und Bredows wegen Widerstandes bei der Verhaftung praktisch preis Und zweifellos war selbst diese vorsichtige und unveröffentlichte, aber natürlich weiteren Kreisen bekannt werdende Erklärung im totalen Staat ungewöhnlich und von Hitler bestenfalls widerwillig zugelassen worden
In den Brennpunkt der latenten Spannungen zwischen Reichswehr und Partei rückte mehr und mehr der Chef der Heeresleitung, Freiherr von Fritsch. Dieser gemäßigt konservative General, der im Februar 1934 nicht ohne Zureden Seeckts sein Amt übernommen hatte und es vier entscheidende Jahre lang führen sollte, war seiner Gesamthaltung nach ein typisches Produkt der „unpolitischen“ Schule seines großen Vorgängers in der Führung des Heeres. Ein gerader, lauterer Charakter und hervorragender Kamerad, war er gleichzeitig hochbegabt, doch überwiegend auf das Militärisch-Fachliche gerichtet. Streng erzogen und an einfache Lebenshaltung gewöhnt, besaß er eine ausgesprochene Scheu, sich anderen mitzuteilen, eine gewisse Gehemmtheit im Umgang mit Menschen und in Gesellschaft Die äußere, oft humorvolle Gelassenheit erreichte seine Willensstärke, aber leicht pessimistische Natur nicht ohne Kampf mit empfindsamen Nerven und depressiven Stimmungen. Wie die Mutter, eine geborene Bodelschwingh, war auch der Sohn evangelisch-kirchlich eingestellt und soll den „Verlust des christlichen Glaubens“, neben dem Zusammenbruch der monarchischen Staatsform, als „die schwerste Folge“ des ersten Weltkrieges für die deutsche Nation bezeichnet haben. Anhänger der Monarchie also, die indes nicht mit Gewalt zu restaurieren sei, urteilte Fritsch zugleich kritisch über die Lebenskraft des Bürgertums und warnte vor einer Entfremdung der Arbeiterschaft, zumal er im Bolschewismus den Hauptfeind Deutschlands und Europas erblickte Er mochte somit zu den vom Nationalsozialismus verkündeten Zielen durchaus eine positive Grundeinstellung finden. Doch dieser nach Anlage und Erziehung aller Llnwahrhaftigkeit, Demagogie und geistig-materiellen Korruption widerstrebende Soldat war gegen die „romantisch-phantastische" Auffassungsweise eines Blomberg gefeit genug, um die auf Zersetzung der „alten Tugenden“ und Werte hinauslaufenden Tendenzen und Methoden der totalitären Partei instinktiv zu erkennen So wurde Fritsch dem „Eindringen parteipolitischer Maximen“ in das Heer ein würdiger und zäher Gegner — indes kein Gegenspieler ihrer Exponenten. Zur Politik fehlte ihm nach seiner eigenen Meinung „alles": auf ihrem glatten Boden war er nach dem LIrteil vertrauter Kenner seines Wesens unsicher, ja geradezu hilflos Keine fortreißende Persönlichkeit von unmittelbar ausstrahlender Wirkung, war Fritsch erst recht keine revolutionäre Natur. Zudem glaubte auch er, wie so viele seiner Standes-genossen im Banne der eigenen Vorstellungswelt, zwischen „Hitler" und „der Partei“ unterscheiden zu dürfen. Aus persönlicher Überzeugung und Hoffnung mithin Anhänger echter Evolution, war er als Soldat guten Willens bemüht, positiv zu Hitler zu stehen und ihm als dem bestellten Staatsoberhaupt loyal zu dienen. Schranken seines Wesens und einer einseitigen militärischen Erziehung hinderten ihn, das Regime und seinen Führer nach ihren Taten zu beurteilen und daraus die unabweisbaren Rückschlüsse zu ziehen.
So beschränkte sich Fritsch darauf, den Bereich des Heeres unabhängig und sauber zu bewahren, und hielt sich in spezifisch politischen Fragen an die militärische Rangordnung mit Blomberg als verantwortlicher Spitze. Innerhalb dieser Grenzen aber gelang es ihm unstreitig, die Sonderstellung des Heeres als isolierter Insel der alten Tugenden und Werte inmitten eines politisch-moralisch „gleichgeschalteten“ Parteistaates bis z” seinem Sturz weitgehend aufrechtzuerhalten Denn auch ohne eigentliche Faszination für den Mann in Reih und Glied hat Fritsch kraft der ihm allerdings gegebenen Wirkung auf den Offizier das Heer in höherem Grade als jeder andere Oberbefehlshaber seit Seeckt beherrscht Draußen im Lande aber wurde Fritsch unter den ausweglosen Verhältnissen durch seine Stellung und Erscheinung die Hoffnung aller an Sitte und Überlieferung hängenden Oppositionellen, nicht zuletzt der evangelisch-kirchlichen. Ja, bis in die Arbeiterschaft hinein gab man sich dem Gedanken hin, dieser exklusive General werde als „starker Mann“ zu gegebener Stunde eingreifen und der Entartung des staatlichen Lebens ein Ende setzen So wurde Fritsch wider Willen zum politischen Faktor — worin er selbst freilich nur eine Erschwerung seiner „eigentlichen“ Aufgabe sah Auf der anderen Seite war der als Fachmann zunächst kaum Entbehrliche in den Augen des Diktators wohl keine unmittelbare Gefahr für seine Herrschaft. Unweigerlich aber bedeutete er ihm auf die Dauer ein Hindernis für die Durchdringung des Heeres — dieses im Zeichen einer allgemeinen Wehrpflicht gefährlichsten Konkurrenten der Partei als „Erzieher“ des Volkes — mit „nationalsozialistischem Geist“ und ein mittelbarer Faktor aller etwaigen Kombinationen der „Gegner des Regimes“. Soweit Hitler nicht selbst schon solchen Argwohn hegte, weckten ihn die Berichte der allgegenwärtigen Organe des Sicherheitsdienstes seiner SS, dieses geschworenen Feindes der Armee und ihres unpolitisch-politischen Exponenten
Es war denn auch ebenso bezeichnend für die Gesamtlage wie für die Haltung Fritschs selbst, wenn dieser in den Befehlshaberbesprechungen im zweiten Halbjahr 1934 das Offizierkorps zu „strengster Zurückhaltung in seiner Kritik“ an der Innenpolitik mahnte. „Telephongespräche überhört, selbst direkte Leitungen nicht sicher. Briefgeheimnis. Bespitzelung!“ — so ergänzen die Notizen eines Zeugen jene Mahnung aufschlußreich. Nicht weniger charakteristisch heißt es darin: „Kirchgang befehlen, Offizierskorps muß teilnehmen.“ Andererseits aber: „(Aus) Streitigkeiten in Kirche absolut heraushalten", wenngleich dem wieder der Zusatz folgt: „Austreten aus Kirche verboten“ Die Tendenz der Partei in der Kirchenfrage wurde zwar erkannt, aber man glaubte sie aus dem Bereich der Armee femhalten zu können und ließ es damit genug'sein.
Die Spannungen zwischen Wehrmacht und Partei konnte auch Blomberg nicht ignorieren, obwohl seine Äußerungen vor den Befehlshabern natürlich auf einen anderen Grundton gestimmt sind. In jenem Zugeständnis Hitlers an die Offiziere in seiner Rede vom 13. Juli — „Ich kann von Ihnen nicht fordern, daß Sie im einzelnen ihre Stellung zu unserer Bewegung finden“ — sah er nicht mit Unrecht „einen gewissen Vorbehalt“, den er als peinlich empfand und jedenfalls nicht gelten lassen wollte. Zwar sei, fuhr Blomberg fort, die Weltanschauung nicht zu befehlen. Wer sich jedoch mit dem nationalsozialistischen Staat und der Tatsache, daß die Wehrmacht ein Teil dieses Staates sei, nicht abfinden könne, möge ein hervorragender Mann sein; nach gewisser, jetzt noch bewilligter Schonzeit sei aber für ihn kein Platz mehr in der Wehrmacht. Die Generale seien verantwortlich dafür, daß diese Auffassung durchdringe. Mit scharfen Worten warnte der Minister das Offizierskorps schließlich vor „Geschwätzigkeit“. Es bedeute einen „Verstoß gegen die Standesehre“, wenn Dinge, die den jetzigen Staat herabsetzten, nach außen getragen würden. „Feuer und Schwert dagegen!“ — so schließt die Notiz eines der anwesenden Generale über die Äußerungen Blombergs zu diesem Punkt Wenn also der „Völkische Beobachter“ nach der erstmaligen Teilnahme der Reichswehr am Nürnberger Parteitag sich den „Zusammenschluß des Heeres mit dem Regime“ in beliebter Manier von der Auslandspresse „bestätigen“ ließ so entbehrte diese Feststellung doch noch der vollen Berechtigung.
Nur einen teilweisen Einblick besitzen wir vorläufig in die konkreten Differenzen, die in diesen „ereignislosen“ Monaten zwischen Reichs-wehr und Staatsführung spielten. Es war in allgemein-politischer wie in persönlicher Hinsicht schon bezeichnend genug, wenn selbst Reichenau Ende Juli 1934 bei Hitler einen scharfen, auf umfangreiches Material gestützten Vorstoß gegen den Gauleiter Streicher unternahm, mit dem der Nürnberger Standortälteste, General Stephanus, immer wieder in Konflikt geriet. Hitler bestritt freilich gar nicht, daß Streicher „ein schwer lenkbarer und auch anrüchiger Mann“ sei. Er erklärte ihn aber im Süden für den „einzigen wirklich zu energischem Handeln Befähigten, wenn es einmal hart auf hart ginge“. Worauf Reichenau sich damit beruhigte, daß, wenn der Träger der gesamten Macht und Verantwortung sich trotz aller Vorstellungen so eindeutig entscheide, die Reichswehrführung weder berufen noch in der Lage sei, in innerpolitischen Fragen zu bestimmen; Stephanus wurde versetzt! — Zunehmende Besorgnis erregte im höheren Offizierskorps aber vor allem das Problem der bewaffneten SS-Verbände, die Frage ihres Verhältnisses zum Heer in Frieden und Krieg, ihrer Waffenausstattung und ihres Umfangs. Obwohl es sich um eine ausgesprochene politische Frage handelte, war Fritsch hier zu einer Stellungnahme entschlossen, da die Interessen des Heeres unmittelbar berührt waren. Am liebsten hätte er diesen ersten Einbruch in das Waffenmonopol der Reichswehr wieder beseitigt. Gegenüber dem Widerstande Himmlers und Hitlers hat er sich aber schließlich begnügt, mit aller Kraft die Ausdehnung der SS zu bekämpfen — nachdem die Gelegenheit zu einem Veto im entscheidenden Augenblick versäumt worden war. Als vorläufige Regelung des Gesamtproblems gab Blomberg in der Befehlshaberbesprechung vom 9. Oktober 1934 bekannt, die bewaffnete SS werde in Stärke von drei Infanterieregimentern aufgestellt und nicht mit Artillerie ausgestattet werden. Eine Vermehrung solle nicht stattfinden. Im Frieden unabhängig von der Wehrmacht unter dem Befehl Himmlers, werde die SS im Kriege dem Heer zur Verfügung stehen. Es blieb somit bei einem höchst fragwürdigen Kompromiß — Überdies konnte, gleichfalls in diesem Herbst, die SS einen Erfolg gegen die „Abwehr“ davontragen. Als Stein unvermeidlichen Anstoßes bei der Partei für Blomberg „untragbar“ geworden, wurde gegen den anfänglichen Widerstand Fritschs, Becks und Reichenaus der Abwehrchef, Kapitän Patzig, geopfert, ein aufrechter, energischer Soldat von großem Organisationstalent und scharfem Blick für Menschen und Dinge. Am 31. Dezember meldete sich Patzig ab, nicht ohne dem Minister in der erbetenen offenen Aussprache bittere Wahrheiten über die innere Entwicklung und seine eigene Mitverantwortung zu sagen: Seit dem Tode des Feldmarschalls von Hindenburg, so führte er aus, blicke das deutsche Volk auf ihn, Blomberg, und erwarte von ihm Schutz und Hilfe gegen alle Übergriffe der Parteiorganisationen. Heute habe er noch die Autorität einzugreifen — in einem halben Jahre sei es zu spät. Der Minister, fügte Patzig hinzu, stehe nur mit der oberen Führung in Kontakt und wisse nicht, was in Wirklichkeit geschehe. Er, der bisherige Abwehrchef, könne auf Grund seiner Erfahrungen nur erklären, daß die SS ein Sammelbecken entwurzelter Existenzen und Verbrecher sei, die vor nichts, auch nicht vor einem Mord, zurückschreckten, wenn es sich um die Erweiterung ihrer Macht handele. Für ihn selbst, fuhr Patzig fort, wäre es ein leichtes gewesen, sich dieser Organisation zu verschreiben. Aber dann würde er zum Verräter an der Wehrmacht geworden sein, und das Verbrechen hätte triumphiert. In erregtem Tone unterbrach ihn Blomberg mit der Entgegnung: „Herr Kapitän Patzig, die SS ist eine Organisation des Führers!“ Doch Patzigs Antwort lautete: „Dann bedauere ich, daß der Führer nicht weiß, was er für einen Haufen unter sich hat.“ Blomberg brach hierauf die LInterredung mit den immerhin denkwürdigen Worten ab: „Die politische Verantwortung trage ich und nicht Sie. Ich sehe die Lage völlig anders und sehr optimistisch. Die Zukunft wird lehren, wer recht hat
Mag die Presse des Auslandes und der deutschen Emigration in diesen Monaten vor der Saarabstimmung die latenten Gegensätze zwischen Reichswehr und Partei auch verzerrt und . vergröbert haben — ihre Berichte sind ebenso sicher symptomatisch für eine wirklich bestehende Spannung, wie sie den Argwohn auf beiden Seiten noch gesteigert haben dürften. Schon im Oktober 1934 hatte das Geheime Staatspolizeiamt eine Anzahl Pressemeldungen zusammengestellt, denen es die Absicht zuschrieb, Wehrmacht und SS „über angeblichen Waffen-und Konkurrenzfragen in Konflikt zu bringen“. Ein zweiter geheimer „Sonderbericht“ vereinigte aus den Monaten November und Dezember weitere 44 Pressestimmen unter dem Titel „Vergiftung des Verhältnisses zwischen Waffenträger der Nation und Träger von Weltanschauung und Staat“ Zum Teil enthielten sie freilich phantastische Behauptungen wie: Generale und Stabsoffiziere hätten im Juli 1934 Hindenburg ein Memorandum (ein sog. „Blaubuch der Reichswehr“) unterbreitet, das neben dem Mord an Schleicher die gesamte Regierungspolitik verurteilt und die Gefahr betont habe, daß die Ehre der Armee „zum Spielball von Verbrechern“ werde; Fritsch selbst habe sich in einer Denkschrift gegen die Überspannung des totalen Staatsgedankens gewandt; ein „Kollektivschritt der Generale" habe sich gegen eine geplante Absetzung Fritschs gerichtet; zwischen Reichswehr und SA (!) bestehe fast wieder eine Spannung wie vor dem 30. Juni. Daneben gab es jedoch weit glaubhaftere Nachrichten und haltbarere Kombinationen. So liest man von Reichswehrkreisen, welche den Fall Schleicher noch nicht zu den Akten gelegt, die Haltung Blombergs mißbilligt und mehr-• mals den Rücktritt Heydrichs verlangt hätten, — von dem „alten Deutschnationalen und Monarchisten Fritsch“, der schon am 30. Juni zu erkennen gegeben habe, „daß er nicht mit allen Methoden der NSDAP einverstanden“ sei, und der die moralischen Qualitäten der nationalsozialistischen Erziehung für unzulänglich halte. „Die alte Reichswehrführung“ fürchte, so hieß es weiter, daß ein Eindringen von Zehntausenden überzeugter Parteianhänger in die Armee deren gesamten Charakter verändern würde. Sie unterstreiche die Gefahren einer unbegrenzten und überstürzten Aufrüstung. Übereinstimmend aber wurde vor allem betont, daß sich die Gegnerschaft der Reichswehr gegen die SS richte, seitdem diese „eine politische Truppe mit militärischen Wünschen und Forderungen“ geworden sei. Dazu gab ein Blatt aus-B sehen, jedes Machtstreben unvermeidlich auf die Entwicklung militärischer Macht hinauslaufe! Jedenfalls sei der 30. Juni „nur ein halber Sieg“ der Reichswehr gewesen. Fritsch habe nunmehr eine Klärung des Verhältnisses zur SS verlangt. Kurz, die Spannung zwischen Reichswehr und SA wiederhole sich jetzt zwischen Reichswehr und SS, Berlin sei von Gerüchten erfüllt, und überall werde von einem neuen 30. Juni gesprochen. Der könne dann aber zum Schicksalstag des Dritten Reiches werden . . .
Die nationalsozialistische Staatsführung sah sich hierauf am 27. November zu einem ziemlich eingehenden Dementi veranlaßt. „Alle diese Meldungen über das Reichsheer und die daran geknüpften Kombinationen“, so hieß es darin, seien „gemeine Lügen“; Blomberg sei am Tage zuvor von seinem Krankheitsurlaub zurückgekehrt, eine Denkschrift Fritschs gebe es überhaupt nicht, und von dessen Rücktritt könne keine Rede sein Der Tenor der besagten Presse änderte sich aber auch in der Folge nicht, und wie bisher griff manche Meldung den Ereignissen nur zeitlich vor. So liest man u. a., die Gestapo habe die Führer der Bekenntniskirche verhaften wollen; unter dem Einfluß gemäßigter Anhänger des Regimes und angesichts der unverhohlenen Mißbilligung von Seiten der Reichswehrführung habe sie jedoch einen solchen „Handstreich“ bis nach der Saarabstimmung verschoben! Hinsichtlich der Bewaffnung der SS bestehe die Spannung unvermindert fort. Immerhin wurde seit Mitte September im Kern zutreffend von einem mit Hitlers Hilfe erzielten Kompromiß berichtet, wonach die Stärke der bewaffneten SS nur drei Standarten betragen solle. Nur so habe der Rücktritt Blombergs vermieden werden können, den im übrigen Fritsch immer mehr zur Seite dränge. Einige Blätter bescheinigten der Reichswehr sogar einen vollen Sieg. Andere aber brachten in den Weihnachtstagen, und zwar besonders für die Nacht vom 20. zum 21. Dezember, die Meldung, die Reichswehr habe ungewöhnliche Vorkehrungen zum Schutze ihres Ministeriums getroffen!
Tatsächlich kam es in diesen Wochen vor der Jahreswende zu einer akuten Vertrauenskrise zwischen Reichswehr und Parteiführung oder doch zwischen einigen ihrer Hauptexponenten. Volle Klarheit besitzen wir bisher freilich weder über ihre unmittelbaren Anlässe (was teilweise in der Natur der Sache liegen mag) noch über ihren Verlauf. Sicherlich haben Entstehung Krise von Reichswehr offen geäußerter der Seiten der Unmut und instinktives Mißtrauen gegen die Tendenzen der SS, von Seiten der zur Totalität strebenden Parteiführer „natürlicher" Argwohn, Nervosität und schlechtes Gewissen nach den blutigen Ereignissen des Sommers das Ihre beigetragen -all das gewiß gesteigert durch die ja keineswegs immer „haltlosen“ Kombinationen der Auslandspresse. Blombergs selbst schrieb rückschauend die Krise summarisch dem „Übermaß von Gerüchten und Mißtrauen“ zu, wovon auch die Wehrmacht erfaßt worden sei. Es werde „in nicht zu verantwortender Weise“ gesprochen;
eine Anzahl von Offizieren habe die Nerven verloren; man solle Tatsachen melden, nicht aber Gerüchte kolportieren Deutlicher immerhin ist das Bild, daß Fritsch in einer Art Rechenschaftsbericht unmittelbar nach seinem Sturz bezeichnenderweise gerade von diesen Wochen gab
„Durch die Umtriebe der SS im Herbst 1934“, so lautet sein subjektives Urteil, sei „eine große Erregung allenthalben entstanden. Die SS behauptete, die Armee bereite einen Putsch vor, von allen Wehrkreisen liefen Meldungen ein, daß die SS einen großen Schlag plane . Nach einer Äußerung Fritschs vor den Befehlshabern am 12. Januar 193 5 gingen u. a. „Gerüchte von einem Blutbad [auf Kosten des Heeres? ] nach einem etwaigen Tode Hitlers“ um Von der gereizten Stimmung in der Wehrmacht erzählte um die Weihnachtszeit auch der Reichsstatthalter von Epp dem Sekretär Hitlers, Hauptmann Wiedemann; am Wehrministerium seien Maschinengewehre in Stellung gebracht. Wiedemann berichtete dies Rudolf Heß und auf dessen Veranlassung Hitler selbst, der seine Mitteilungen jedoch ungläubig aufnahm AIs der bisherige Abwehrchef, Kapitän Patzig, sich am 31. Dezember bei Fritsch abmeldete, kam dieser auf die Verleumdungen durch die Gestapo zu sprechen, denen sie beide ausgesetzt seien. Ihm, Fritsch, schreibe man Putschabsichten zu; wenn dies nicht aufhöre, werde er sein Amt zur Verfügung stellen. Er werde noch heute bei Blomberg vorsprechen und die Kabinettsfrage aufwerfen. Denn — erklärte Fritsch bezeichnenderweise — solange er aktiver Offizier sei, komme ein Putsch für ihn nicht in Frage Tags darauf, bei der Neujahrsgratulation der Reichswehr, betonte Hitler geflissentlich sein unbedingtes Vertrauen zu ihr. Am Nachmittag aber ging für Fritsch aus Äußerungen Görings „klar“ hervor, daß eine „wilde Hetze im Gange“ war, die sich vor allem gegen ihn selbst richtete Himmler, so behauptet Fritsch wieder in seinem „Rechenschaftsbericht“, habe ihm für einen bestimmten Tag im Januar (offenbar den 13.) die Absicht eines Putsches unterstellt und damit auch bei Göring weitgehend Glauben gefunden. Als Verdachtsmoment spielte nach Fritschs Erinnerung ein ohne seine Veranlassung geplanter — Vortrag des Staatsrechtslehrers Carl Schmitt im Reichswehrministerium eine wichtige Rolle! „Göring behauptete“, so fügt Fritsch hinzu, „in dem Vortrag solle nachgewiesen werden, daß ein Putsch staatsrechtlich erlaubt sei. Dies in Gegenwart des Ministers und zahlreicher Offiziere!“ Als Fritsch daraufhin eine Klärung der Angelegenheit forderte, hat Göring seine Äußerung abgeschwächt. Doch jetzt sah Hitler die Dinge so ernst an, daß er sofort und in ungewöhnlicher Form eingriff.
Schwerlich hat Hitler selbst in diesen Wochen mit dem Gedanken gespielt, die „Gleichschaltung" der Reichswehr, etwa durch einen Sturz Fritschs, einen wesentlichen Schritt vorwärts zu treiben. Wenn er aber noch einer Belehrung über die Grenzen dessen bedurfte, was er der Armee im gegenwärtigen Stadium seiner Herrschaft zumuten konnte, so mußten die erhaltenen Eindrücke sie ihm erteilen. Nicht nur „angesichts der bevorstehenden Saarabstimmung" schon aus innerpolitischen Gründen kam es daher jetzt darauf an, das erschütterte Vertrauen zahlreicher Offiziere zur nationalsozialistischen Führung wiederherzustellen. Bereits für den übernächsten Tag, den 3. Januar 193 5, berief Hitler die Führer von Partei und Wehrmacht in die „festlich geschmückte" Staatsoper Unter den Linden um hier hinter verschlossenen Türen zu ihnen zu sprechen. Von seiner anderthalbstündigen Rede wurden nur wenige Sätze veröffentlicht, sie ist im Wortlaut bis heute unbekannt. Ihren wesentlichen Inhalt, ihren Sinn und ihre psychologische Wirkung auf den Soldaten aber bekunden die (ausschließlich militärischen) Zeugen übereinstimmend. Danach hat Hitler seinen „unbeirrbaren Willen“ betont, Deutschland — über den Aufbau einer starken Wehrmacht — zu einem gesicherten, ehrenvollen Dasein und zu neuer Weltgeltung zu führen: gewiß ein Ziel, das „unerschütterliche Einigkeit“ erforderte. Natürlich verwendete er auch wieder das beruhigende Bild von den beiden „gleich wichtigen Säulen“, als welche Partei und Wehrmacht gemeinsam den neuen Staat tragen sollten Ja, er widmete sogar der einst so beredt angefochtenen Loyalität der Reichswehr gegenüber dem Weimarer Staat Worte verständnisvoller Würdigung, da eben — „Gehorsam und konservativer Sinn“ das Wesen einer Armee ausmachten (und nun ihm selber zugute kommen konnten Den stärksten Nachdruck aber legte Hitler in seiner Rede auf das „unbegrenzte und durch nichts zu erschütternde Vertrauen“, das er „zu dem Können, der Opferfreudigkeit und vor allem zur Loyalität der gesamten Wehrmacht“ hege. „Dies Vertrauen“, so hat einer der teilnehmenden Generale Absicht und Wirkung der Worte Hitlers seinen Offizieren anschaulich bezeugt, „kam in geradezu ergreifender Form zum Ausdruck, und wohl keiner, der dabei war, wird sich dem Eindruck entziehen können, daß hier ein Mann sprach, der durch keinerlei kleinliche Machenschaften in diesem seinem Vertrauen zu beirren ist, und daß uns hier ein Vertrauen entgegengebracht wird, das von keinem Ehrenmann getäuscht werden kann ‘‘ Der in erster Linie betroffene Fritsch nannte die Rede „ein einziges Bekenntnis zur Treue der Armee und ihres Führers“ (der er selber war) ,
Gewiß bedeutete Hitlers Eingreifen einen „aufsehenerregenden Achtungserfolg der militärischen Führer“ aber es bedeutete zugleich den erstrebten politischen Erfolg für ihn selbst: eine weitgehende Überwindung der psychologischen Nachwirkungen des 30. Juni. Zwar brauchte er der Heeresführung keine Putschpläne zuzutrauen. Daß für sie das „Grundgesetz“ der Stellung des Soldaten im Staat noch unerschüttert in Geltung stand, zeigt schon der Ausspruch Fritschs zu dem scheidenden Abwehrchef Wohl aber hatte es seine Gefahren, wenn die spürbare Entfremdung zwischen Partei und Offizierskorps sich noch vertiefte oder gar ein Gefühl der Bedrohung die Reichswehr ergriff. Hitler wußte, daß ein gesundes Verhältnis zwischen Heer und Staat auf gegenseitigem Vertrauen beruht. Konnte er das bei zahlreichen Offizieren geweckte Mißtrauen wirksamer entwaffnen, als wenn er sie in einer ihre Ehre bindenden Form seines eigenen unerschütterlichen Vertrauens versicherte?
Scheinbar war Hitler von „kleinlichen Machenschaften“ gegen die militärischen Führer — also doch von der so vielberufenen „Bespitzelung“ und Verdächtigung durch Parteiorgane — entschieden abgerückt. Hat er doch nach der Erinnerung eines weiteren Zeugen emphatisch erklärt:
„Dann kommt aber vielleicht einer von der Partei und sagt zu mir:
. Alles gut und schön, mein Führer, aber der General Soundso spricht und arbeitet gegen Sie!'Dann sage ich: , Das glaube ich nicht! 1 Lind wenn dann der andere sagt: , Ich bringe Ihnen aber schriftliche Beweise, mein Führer!', dann zerreiße ich den Wisch, dehn mein Glaube an die Wehrmacht ist unerschütterlich Tatsächlich bestärkte er damit die Offiziere in ihrem Wunschbild, daß zwischen dem „Führer“ und der „Partei“
zu unterscheiden sei, und zeigte sich ihnen zumindest in der Rolle des neutralen Schiedsrichters. So gewann er ein „Recht“ zu der bezeichnenden Mahnung, „das gegenseitige Vertrauen zwischen den großen Organisationen“, die der militärischen und der geistigen Wehrhaftmachung dienten, „nun endlich herzustellen“ und — der „Verbreitung von Gerüchten" entgegenzuwirken, was denn auch in immer nachdrücklicheren Warnungen der Reichswehrführung an das Offizierkorps geschah
Noch einmal hatte Hitler der alten Reichswehr als politischem Faktor Rechnung getragen — doch ohne ihr mehr als einen „aufsehenerregenden Achtungserfolg“ einzuräumen. Er hatte ihre Sonderstellung bestätigt — doch ohne sie von der Konkurrenz der bewaffneten SS-Verbände zu befreien. Ein von Blomberg am 13. Januar veranstalteter Bierabend, der die Führer der Wehrmacht und der SS „in kameradschaftlichem Zusammensein vereinigte“, besiegelte den Waffenstillstand Die von dem „Adjutanten der Wehrmacht beim Führer und Reichskanzler", Major Hoßbach, erwirkte und schriftlich niedergelegte Verfügung Hitlers an Blomberg und Himmler vom Februar 1935 regelte das gegenseitige Verhältnis wesentlich in dem bereits erwähnten Sinne: Die Waffen-SS sollte die Stärke von drei Standarten nicht übersteigen, keine Artillerie erhalten und nicht im Divisionsverband zusammengefaßt werden, ihre Angehörigen überdies im Kriege im Heer aufgehen; diesem wurde ein Besichtigungsrecht eingeräumt Welche Bedenken der geschlossene Kompromiß dennoch bei Fritsch zurückließ, zeigt die Notiz eines Teilnehmers an der Befehlshaberbesprechung vom 12. Januar 1935 trotz ihres optimistischen Schlußsatzes deutlich genug: „Die , Division'ist bewilligt (leider!) und bleibt. Ob glücklich, ist fraglich. Sie wollen Artillerie, können sie aber vorläufig nicht bekommen. SS will natürlich mehr! Das wird noch Kämpfe geben, aber am schließlichen Siege der Wehrmacht ist nicht zu zweifeln . . .
Die Zeugnisse, in denen die überwundene Krise einen Niederschlag findet, verdienen nicht zuletzt deshalb Interesse, weil sie noch einmal in das innere Verhältnis der „alten" Reichswehr zum nationalsozialistischen Regime einen wenigstens mittelbaren Einblick erlauben. Man darf danach gewiß nicht sagen, daß „die Generale aus ihrem Elfenbeinturm auf eine sonnige Welt blickten", in der ihnen „die Siegesfrüchte reif zum Pflücken" erschienen Die Stimmung im höheren Offizierkorps war vielmehr durchaus zwiespältig. „Die Partei sei nicht völlig überzeugt, daß die Wehrmacht rückhaltlos auf dem Boden des neuen Staates stehe“, so äußerte sich einer der Generale vor seinen Offizieren zur Entstehung der Krise und diese Skepsis der Partei war zweifellos berechtigter, als jener General es vor seinem Auditorium zugestehen konnte. Selbst Blomberg erklärte die letzten Ereignisse weitgehend mit dem fehlenden Verständnis für das „Wesen des neuen Staates“ der „nur einen Partei“ und suchte diesem Mangel mit der schwachen Begründung abzuhelfen: der Führer habe dem alten Staat die Eingeweide herausgerissen, so daß es einer festen Organisation wie der NSDAP bedurft habe Ein nicht minder beachtliches Indiz für die Einstellung des höheren Offizierkorps aber liefern jene sich wiederholenden Warnungen und Drohungen, die Blomberg ergehen ließ. Da heißt es etwa: Wer unbedachte Äußerungen tue, bringe seine Zukunft in Gefahr; die Befehlshaber dürften „nicht dulden, daß [in der Truppe] Zellenbildung gegen den Staat erfolgt; keine politischen Diskussionsklubs". Ja, Blomberg sah sich veranlaßt, ein „Gerede von Ausnahmezustand und Diktatur“ festzustellen, und suchte es mit der naiven Frage zu entkräftigen: Gegen wen? Gegen den Führer?
Das wäre absurd! Gegen den inneren Feind? Der sei doch viel zu schwach Was bedeutet es, wenn der Oberbefehlshaber der „unpolitisch" erzogenen Reichswehr eine solche Sprache für nötig hielt? Ist der Schluß zu gewagt, daß mindestens das höhere Offizierkorps noch ein brauchbares Instrument in der Hand einer Führung gewesen wäre, welche in der gegebenen Lage die Wahrung der elementaren sittlichen Grundlagen des Staates als eine auch für den Soldaten unabweisbare Verpflich-tung gegenüber der Nation erkannt und demgemäß eine „vorbeugende Verwertung des Schwergewichts der Armee“ sich zur Aufgabe gemacht hätte? • Statt dessen setzte Blomberg die kritischen Elemente des Offizier-korps im steigenden Maße unter „moralischen“ und „nationalen“ Druck. Er erkannte nur zu gut die inneren Vorbehalte, die mancher mit dem Satz zu rechtfertigen suchte: „Die Wehrmacht muß unpolitisch sein“, und er mißbilligte eine solche Auffassung wiederum entschieden. „Autoritäre Führung, Überwiegen des Staatsinteresses, brüderliche Volks-gemeinschaft", kennzeichnete er als Ideengehalt des neuen Reiches. Keinesfalls könne die Wehrmacht da „beiseite stehen“. Im übrigen, so gab er mahnend zu bedenken, wäre ihr Aufbau im alten Reich unmöglich gewesen Damit verknüpfte er einen Appell an die „Riesenaufgabe“, der die Armee sich widmen müsse. So stark denn auch der Führer entschlossen sei, den Weg der Wehrmacht nicht zu hemmen, ebenso unerträglich sei es, wenn die Wehrmacht über ihre Grenzen hinausgreife — Soweit Blomberg selbst. Aber auch Fritsch, bei welchem Warnungen an das Offizierskorps vor offener Sprache durch den steten Hinweis auf die Gestapo charakterisiert sind, erklärte doch, daß die Vereidigung auf Hitler ein ähnliches Verhältnis wie zum Kaiser begründe. Damit scheide die Person des Führers aus absprechender Beurteilung aus, und jeder Soldat habe sich vor die Person des Führers zu stellen Versperrte die Anwendung solcher Kategorien nicht die Erkenntnis für die Rolle eines Diktators? Sagte Fritsch sich nicht, daß es nur von diesem abhing, der erregenden „Bespitzelung“ der Armee durch die Organe seiner Partei ein Ende zu machen, erkannte er nicht, daß die tatsächliche Fortdauer solcher Überwachung Hitlers feierliche Bekundung seines Vertrauens zu einem bloßen Lippenbekenntnis reduzierte — kurz, daß sich der Soldat den logischen Konsequenzen des Führerprinzips im Positiven wie im Negativen am allerwenigsten verschließen durfte? Sicherlich fehlte es dem Offizierkorps an „Verständnis“ für das Wesen des neuen Staates, nur in ganz anderem Sinne als Blomberg meinte. Und mit dieser Verkennung verknüpfte sich allerdings eine „naive" Überschätzung der eigenen Machtstellung. Es ist heute leicht, sie zu konstatieren und zu ironisieren. Der Kritiker übersehe jedoch nicht, daß seinerzeit auch Stimmen des Auslandes der Reichswehr in der Auseinandersetzung mit der NSDAP zu wiederholten Malen Erfolge bescheinigt und die Stärke ihrer Position hervorgehoben haben also von einem anderen Standpunkt oder Wunschbild her der gleichen Täuschung erlagen wie die unmittelbar Betroffenen! Nicht daß die Heeresführung die Phase des Kampfes mit Partei und SS bereits überwunden glaubte. Hitler selbst aber hatte, so schien es, die entscheidenden Interessen der Reichswehr am Ende immer noch respektiert. So gab man sich weitgehend der Zuversicht hin, daß die Gleichschaltungstendenzen der Partei, die alle übrigen Bastionen „konkurrierender" Machtbildung eingeebnet hatte, an der Abwehrstellung des Heeres scheitern, ja daß die revolutionären Triebkräfte der Nation seinem Beharrungsvermögen auf die Dauer unterliegen würden, ohne daß es die traditionellen Grenzen soldatischer Haltung zur „Politik" zu verlassen brauchte. . 2. Von der allgemeinen Wehrpflicht bis zur Fritsch-Krise Nach dem großen psychologischen Erfolg Hitlers in der Staatsoper-kundgebung, dem sich der siegreiche Ausgang der Saarabstimmung anschloß, ging die Zeit der alten Reichswehr ihrem Ende entgegen. Am 16. März März 193 5 wurde — zu diesem Zeitpunkt selbst den führenden Militärs überraschend — die allgemeine Wehrpflicht erneuert.
Auch wenn Hitlers rückschauende Äußerungen es nicht beweisen würden wäre nach allem Vorausgegangenen klar, welche Bedeutung die* ser Schritt in seinen Augen auch für die politische Durchdringung der Armee besaß. Grundsätzlich von der Reichswehrführung stets erstrebt, da als nationale Notwendigkeit betrachtet, lagen die Nachteile der Neuerung für sie selbst doch auf der Hand Nicht allein die fachlich-technische Qualität der Wehrmacht wurde für geraume Zeit zugunsten der Quantität beeinträchtigt, die Wandlung griff erheblich tiefer. Mit der Umstellung vom Berufsheer sorgfältig ausgewählter Freiwilliger auf das Volksheer der allgemeinen Wehrpflicht wurde die Armee den Strömungen der einer „einheitlichen Willensbildung“ unterworfenen Masse viel stärker ausgesetzt als bisher, lockerte sich überdies der Zusammenhang zwischen Führern und Geführten. „Das Heer“ — so hat ein höherer Offizier der Reichswehr aus der Rückschau zugespitzt gesagt — „war zum milizartigen Verband, zur Improvisation in Permanenz geworden, aufgegangen in der Masse und von ihr getragen. Die geschlossenen Kader standen jetzt auf Himmlers Seite Auch das Offizierskorps verlor mit der raschen Vermehrung durch Reaktivierte, Aufgerückte und Neuausgebildete weitgehend jenen Charakter der autonomen, von einem überpersönlichen Ethos bestimmten Körperschaft, welcher für seine Behauptung gegenüber Einbruchsversuchen des Parteistaats, erst recht aber für sein Wirken als konservatives Gegengewicht im Leben der Nation die wichtigste Voraussetzung bildete. Blieben doch nicht wenige der Reaktivierten, der Polizeioffiziere und heranwachsenden jungen Offiziere der Partei nach Gesinnung und Interesse verbunden. Mit der Aufstellung der Luftwaffe schließlich, unter dem Oberbefehl des Parteigenossen und Ministers Göring, war die Einheitlichkeit der Wehrmacht und ihrer Gesamtleitung, die schon durch Blombergs sachliche Divergenz mit Fritsch gestört wurde vollends nur mehr theoretisch gegeben. Die Belastungen, die sich aus dieser tiefgreifenden Wandlung für die politische Position der Armee ergaben, sollten sich in der Folge auf Schritt und Tritt fühlbar machen.
Mit der Erneuerung der allgemeinen Wehrpflicht aber traten auch praktische und grundsätzliche Gegensätze zwischen den gesamtpolitisehen Auffassungen Hitlers und der Wehrmachtführung hervor, die eine Reihe schwerwiegender Meinungskonflikte auslösten. Es versprach nichts Gutes für die Zukunft, daß der Diktator die Wiederherstellung der Wehrhoheit beschloß, ohne seinen Plan auch nur mit dem verantwortlichen Minister und Oberbefehlshaber der unmittelbar betroffenen Armee zu beraten. Es bedurfte der dringenden Bitte des Wehrmachtsadjutanten Hoßbach, dem Hitler zwei Tage vorher seinen Entschluß mitteilte, um diesen zu bewegen, wenigstens Blomberg und einige der übrigen Kabinettsmitglieder, die er aus Gründen der Geheimhaltung nicht hatte orientieren wollen, über seine Absicht zu unterrichten und einen kleinen Ministerrat einzuberufen. Die Reichswehrführung stand im Hinblick auf die begonnene Aufrüstung stark unter dem Eindruck der außenpolitischen Isolierung des Reiches In der Befürchtung einer Intervention nahm Blomberg die Nachricht Hoßbachs daher mit Ent setzen auf. Im Ministerrat am Abend des 15. März machte er, der Vertreter der Armee, namentlich gegen eine Verkündung der Wehrpflicht, lebhafte Besorgnisse geltend, welche die zivilen Minister nicht teilten. Am folgenden Tage ließ Blomberg freilich seine Bedenken fallen Tatsächlich ging die Reaktion der Westmächte über einen formalen Protest nicht hinaus. Fritsch, der Hitler nachdrücklich darauf hingewiesen hatte, daß die praktische Durchführung der Wehrpflicht mehrere Jahre erfordere, erklärte im April vor den Befehlshabern, der Schritt sei in irgendeiner Form unumgänglich geworden; eine heimliche Wehrpflicht wäre nur im begrenzten Umfang denkbar, ihre Verkündung „zwar mit weniger Dramatik“ möglich gewesen Hitler aber hatte gegen die ursprünglichen Bedenken der Wehrmachtführung das Recht des Erfolges auf seiner Seite.
Ganz ähnlich verliefen die Ereignisse ein Jahr später anläßlich der Wiederbesetzung des Rheinlandes. Unter einem bei gewissenhafter Erwägung der Lage nicht zu verantwortenden Risiko schritt Hitler zu dieser Umwälzung der militärisch-politischen Gesamtkonstellation. Blomberg und Fritsch hatten angesichts der Unmöglichkeit, die junge Wehrmacht einem bewaffneten Konflikt mit Frankreich auszusetzen, ihre Bedenken nicht verhehlt Der „nackte politische Hasard“, wie der ehemalige deutsche Militärattache in London sagt konnte keinem Einsichtigen entgehen. Blomberg ging in seiner Besorgnis zeitweilig so weit, die Zurückziehung der drei über den Rhein entsandten Bataillone zu fordern. Selbst Hitler scheint vorübergehend geschwankt zu haben — sprach dann aber von den „schwachen Nerven“ des Ministers Die drei Wehrmachtattaches in London hielten es nach den dort gewonnenen Eindrücken für ihre Pflicht, in der ungewöhnlichen, dienstlich anfechtbaren Form eines gemeinsamen Telegramms die bestehende Kriegs-gefahr zu betonen, und erregten damit den lebhaften Unwillen Hitlers. Trotz seines eigenen Schwankens wies Blomberg sie zurecht: sie hätten auch in schwierigen politischen Lagen ihre Nerven zu bewahren! Voller Bedenken gegen solche Beschränkung einer objektiven Berichterstattung schrieb daraufhin Beck an den Militärattache: „Den Brief des Herrn Reichskriegsministers habe ich nicht verhindern können. Meine persönliche Ansicht ist die, daß nicht Sie Ihre Nerven verloren haben, sondern ganz andere Leute Hitler selbst aber bemerkte bald darauf bei einem Besuch in Frankfurt zu seiner Umgebung: „Wenn ich auf meine Generale gehört hätte, stände ich heute nicht hier Bildete ihre Warnung vielleicht auch nicht gerade die „erste“ Quelle seines Mißtrauens gegen sie, wie Manstein sagt so steigerte jedenfalls Hitlers Triumph sein Mißtrauen und vor allem sein Selbstgefühl gegenüber den Generalen erheblich.
Mit einer für den Rückschauenden erschütternden Konsequenz ging Hitler auf die Verwirklichung seiner „Lebensraum“ -Pläne aus, die er in seinem Buch „Mein Kampf“ entwickelt hat. Bereits am 3. Februar 193 3 und am 28. Februar 1934 hatte er sie vor den Generalen vage anklingen lassen, ohne ernstgenommen zu werden Fünf Monate nach dem Gelingen der Rheinlandaktion forderte er in seiner Denkschrift zum Vierjahresplan „für die Zukunft eine endgültige Lösung“ der deutschen Wirtschaftsnot durch „Erweiterung des Lebensraumes“, „für den Über-gang eine vorübergehende Entlastung" durch eine wirtschaftliche Aufrüstung, um „den Krieg im Frieden vorzubereiten“. In vier Jahren sollte die deutsche Armee „einsatzfähig", die deutsche Wirtschaft „kriegsfähig" sein Weit eingehender und konkreter bekundete Hitler be-kanntlich am 5. November 1937 vor den Spitzen der Wehrmacht und dem Außenminister von Neurath seinen „unabänderlichen Entschluß“, die deutsche „Raumnot“ durch „Gewinnung eines größeren Lebensraumes ... im unmittelbaren Anschluß an das Reich ... spätestens 1943/45“ gewaltsam zu lösen. Bei günstiger politischer Konstellation wollte er jedoch bereits früher, gegebenenfalls schon 1938, handeln und dann zunächst die Tschechoslowakei und Österreich einverleiben In der anschließenden Aussprache machten Blomberg und Fritsch, wie es einem Hitler gegenüber nahelag, in erheblichem Maße fachlich-militärische Bedenken geltend, die jedoch den tiefen Gegensatz der Auffassungen verrieten. Die Diskussion nahm, vor allem zwischen Blomberg und Fritsch einerseits und Göring andererseits, zeitweilig recht scharfe Formen an. Daß seine hochfliegenden Pläne statt grundsätzlicher Zustimmung sachlich-nüchterner Skepsis begegneten, verfehlte seinen Eindruck auf Hitler offensichtlich nicht Gleichwohl vermißt man auf Seiten der führenden Militärs in der Folge eine Reaktion, wie man sie nach solcher Selbstenthüllung Hitlers hätte erwarten sollen Glaubte man immer noch, Hitler werde sich im entscheidenden Augenblick den Realitäten anpassen? Dieses Wunschbild war ebenso verführerisch wie bequem. Und dabei war selbst Blomberg, als ihm der Londoner Militärattache im Herbst 19 3 5 warnend vorstellte, daß ein deutscher Konflikt mit den Westmächten schließlich die Russen an den Rhein führen könnte, einmal nicht „dienstlich“ geworden, sondern hatte müde und achselzuckend eingeräumt:, „Ja, wissen Sie, diese Leute sind solche Herostraten“
Von einem der führenden Generale allerdings — dem Generalstabschef Ludwig Beck — wissen wir, daß Hitlers Ausführungen vom 5. November 1937, als er sie durch Hoßbach vertraulich erfuhr, einen niederschmetternden Eindruck auf ihn machten Längst dachte Beck kritisch über das Regime und seine „Politik der Gewalt und des Treu-bruchs“ Wohl hatte auch er an die Übernahme der Macht durch Hitler zunächst die Hoffnung geknüpft, sie werde der inneren und äußeren Gesundung des Reiches dienen. Nach den Erfahrungen des Jahres 193 3, den zunehmenden Reibungen zwischen Wehrmacht und SA in der Folgezeit aber bereitete sich bei Beck eine Wandlung vor. Der 30. Juni 1934 bedeutete dann offenbar den Wendepunkt für ihn Er setzte seine Zweifel in die offizielle Version einer akuten Putsch-gefahr und ließ sich über das Echo jenes Ereignisses und des bald folgenden Mordes an Dollfuß im Ausland von privater und amtlicher Seite unterrichten. So gab sein einstiger Regimentskamerad, der rheinische Industrielle und ehemalige Major Boehm-Tettelbach, der uns später wieder begegnen wird, Beck ein ungeschminktes Bild von den für deutsche Besucher bestürzenden Eindrücken in London Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes von Bülow aber — mit dem der General Verbindung hielt, bis Blomberg es verbot — verhehlte ihm nicht, daß die Welt „einem Führer bzw. einer Regierung, die sich so über alle Rechtsbegriffe hinwegsetzt“, auch außenpolitisch alles zutraue. Der ganze Ernst dieser Lage müsse erkannt und der maßgebenden Stelle klargemacht werden; denn ein bedenkenloses Weiterschreiten auf solchem Wege beschwöre die Gegenwehr der Mächte und damit einen für Deutschland „hoffnungslosen Endkampf“ herauf. Es fehlte auch nicht ein Hinweis auf die Schädigung des Ansehens der Armee im Ausland, die das Handeln des Regimes bewirke. Was man Beck sagen konnte, was dieser, sichtlich beeindruckt, in prägnanten Bleistiftnotizen davon festhielt zeugt hinreichend von seinem eigenen Denken und Fühlen, seinen Sorgen um die Zukunft der Nation.
Der Generalstabschef witterte die abenteuerlichen Ziele, die Hitlers Aufrüstungspolitik bestimmten. Schon im Mai 1934 bemerkte er zu einem Vorschlag des Allgemeinen Heeresamts, bereits bis 1. Oktober ein 300 000-Mann-Heer aufzustellen: dies bedeute „nicht mehr den Aufbau eines Friedensheeres, sondern eine Mobilmachung“, also eine Förderung der Kriegsgefahr. Er erhob außen-und innenpolitische sowie militärisch-fachliche Einwände. Mit politischen Bedenken hing es wohl auch zusammen, wenn Beck hinsichtlich der Schaffung und Verwendung moderner Panzerverbände als „Angriffswaffe großen Stils“ gelegentlich „etwas allzuviel Wasser in Guderians Wein“ goß Im Mai 1935 beantwortete er die Aufforderung, den (vorerst theoretischen) Plan eines „schlagartigen Überfalls“ auf die Tschechoslowakei zu entwerfen, mit umfassender Darlegung der auf Jahre hin gültigen politischen und militärischen Gegengründe. Falls über operative Studien hinaus „der Eintritt in praktische Kriegsvorbereitungen beabsichtigt“ sei, bat er um Enthebung von seinem Posten Auch die zeitweilig erörterte Beteiligung deutscher Heereskräfte am spanischen Bürgerkrieg lehnte Beck ab: es sei unverantwortlich, deutsche Truppen „an dem englischen Fenster und der offenen französischen Türe vorbei“ nach Spanien zu befördern, um sie dort womöglich in einen unabsehbaren Konflikt unter denkbar ungünstigen Umständen zu verwickeln Der kluge, tief veranlagte Heinrich von Stülpnagel — als späterer Militärbefehlshaber in Frankreich der Mann des 20. Juli in Paris — konnte auf innerste Übereinstimmung mit Beck rechnen, wenn er ihm damals (am Jahresende 1936) schrieb: „Nun können wir wohl noch eine ganze Weile die Welt in Unruhe erhalten, aber einmal hat diese genug und ruft uns zur Ordnung Ein Zeugnis dafür, in welch eigentümliche, „unnatürliche“ Stellung die Hemmungslosigkeit der Staatsführung einsichtige und ethisch verwurzelte Soldaten zur „Politik“ versetzt hatte.
Becks Persönlichkeit ist oft geschildert worden. Ihr bestimmender Zug war die harmonische Verbindung von bestem Soldatentum mit allgemeiner Geistigkeit, bei unbedingter Lauterkeit des Charakters, vornehmster Gesinnung und sittlich fundiertem Verantwortungsgefühl. Innere und äußere Beherrschtheit, von allem Aufdringlich-Starren befreit, ergaben eine gewinnende Natürlichkeit des Wesens, die bei aller Diskretion des Auftretens weltmännischer Formen nicht entbehrte. Beck hat einen „Zwiespalt zwischen Worten und Handeln“ von sich gewiesen Seiner ganzen Anlage nach zum Gegner des Nationalsozialismus vorbestimmt, wurde er nicht zuletzt kraft der geistigen und seelischen Unbestechlichkeit seines echten Menschentums die glaubhafte Verkörperung des ethischen Widerparts nationalsozialistischer Perversion und damit schließlich der vornehmste Repräsentant des „anderen Deutschland“ überhaupt. Weit über das konkrete Anliegen hinaus aufschlußreich ist die Rede, die er am 15. Oktober 193 5 zum 125jährigen Bestehen der Kriegs-akademie auch in Anwesenheit Hitlers hielt: Der Weg des militärischen Lehrlings zum Meister bestand für Beck „in fortlaufend sorgfältiger und peinlicher Geistesarbeit", in der Erfassung fachlicher Fragen „in ihren Zusammenhängen bis zum Urgrund“. Wenn er warnte, sprunghaften Eingebungen — „mögen sie sich noch so klug und genial ausnehmen“ — nachzugeben oder auf Wunschgedanken aufzubauen; wenn er dem „sogenannten blitzartigen Erfassen des Augenblicks“ die aus „erschöpfender Gedankenarbeit“ gereifte Erkenntnis der Lage vorzog; wenn er endlich mit Moltke „das gründliche Wägen vor dem kühnen Wagen“, mit Clausewitz gegen den „blinden Stoß der Leidenschaft“ den überlegenden Geist rühmte, der „die Wohlfahrt eines großen Ganzen“ berücksichtigte — so gab er damit nicht nur eine bewußte Absage an die neue Denkweise, sondern ungewollt auch ein Bild seines eigenen Wesens. Denn allerdings besaß Beck auch die Schwächen seiner Vorzüge, ein Übergewicht der geistigen Komponente seines Wesens, das auf dem Maß seiner Vitalität als Hypothek ruhte. Auch abgesehen von der Eigenart seiner Stellung fehlte ihm wohl die Aura des populären Truppenführers und sicherlich ein dämonischer Zug, der zwar schlecht zum Gesamtbild seiner seelisch ausgeglichenen Natur gestimmt, ihn aber für einen Hitler erst zum rechten Gegenspieler gemacht hätte. ,
Die Stellung, die der Generalstabschef im kaiserlichen Deutschland unmittelbar unter dem Obersten Kriegsherrn innegehabt, erschien Beck, nach ihrer Wandlung zu einem (wenn auch dem wichtigsten) der fünf Ämter der Heeresleitung, wie eine „sagenhafte Erinnerung" So erstrebte er die Beteiligung des Oberbefehlshabers des Heeres an allen politischen Beratungen, welche die Landesverteidigung berührten. Er selbst konnte nur mahnen und warnen, soweit seine Stimme reichte. Sein Gegensatz zur Staatsführung war ihm voll bewußt. Als der Londoner Militärattache berichtete, es habe in England beruhigend gewirkt, daß der Wiederbesetzung des Rheinlandes keine militärische Planung, sondern nur eine politische Entschließung zugrunde gelegen habe, gab ihm Beck zu verstehen, daß solche Äußerungen „den Generalstab gegenüber der politischen Führung in eine noch schwierigere Lage“ brächten, „als er dies ohnehin schon ist“ Gleichwohl vertrat Beck im Mai 1937 gegenüber dem Plan eines Einmarsches in Österreich für den Fall monarchischer Restauration den Standpunkt, daß an eine Lokalisierung dieses kriegerischen Unternehmens nicht zu denken sei, daß ein derartiges Risiko aber die Kraft des Heeres übersteige; ja, er ließ diesen „Sonderfall Otto“ im Generalstab gar nicht bearbeiten
An Hitlers Darlegungen vom 5. November 1937 nun erschütterte Beck nicht nur die Oberflächlichkeit der militärischen Erwägungen, sondern vor allem die Leichtfertigkeit der Grundauffassung. „Die Politik ist die Kunst des Möglichen“, notierte er. „Alle drei Völker (Deutschland, Frankreich, England) sind zugleich auf der Welt, noch dazu in Europa. Da heißt es doch wohl zunächst, alle Möglichkeiten, sich zu arrangieren, erschöpfen, zumal angesichts des gegenseitigen Stärkeverhältnisses. Außerdem ist es auch für den Fall eines späteren Bruches klüger Über den Wortlaut dieser Sätze hinaus gilt es, ihren Unterton zu spüren. Becks Kritik war politisch und militärisch-fachlich gehalten. Sie wurzelte jedoch in einer ethischen Grundeinstellung, die besonders klar in einem späteren Vortrag zum Ausdruck kommt, in dem er eine „sittlich fundierte Politik“ fordert: Ihr Träger müsse „ein moralischer Mensch“ sein, der in letzter Instanz „dem eigenen inneren Moralgesetz, seinem Gewissen, unterworfen“ bleibe Bei den gegebenen Staats-verhältnissen war Beck von der schweren Verantwortung der Armee für die weitere deutsche Entwicklung durchdrungen; sie war für ihn der Treuhänder des Gemeinwohls geworden. Längst stand er mit Goerdeler in persönlicher Verbindung und engem Gedankenaustausch Noch rang freilich auch Beck mit den praktischen Folgerungen einer für den Soldaten beispiellosen Konfliktlage. Noch hatte auch er die ganze Amoral Hitlers selbst — wenngleich er diesen im Mai 1937 schon einmal einen „Verbrecher“ nannte — wohl nicht völlig durchschaut.
Das Ende des eben genannten Jahres 1937 aber bildet in der nationalsozialistischen Ära eine wichtige Zäsur. Mit ihm schloß jene Zwischen-periode ab, die oberflächlicher Betrachtung als die verhältnismäßig normalste oder doch am wenigsten anstößige Zeit des „Dritten Reiches“ er-scheinen mag, die für die Entwicklung der seelischen Einstellung von Volk und Wehrmacht zur Herrschaft Hitlers jedoch wohl die gefährlichste war. Das Regime hatte sich innerpolitisch konsolidiert; es hatte bedeutende wirtschaftliche Erfolge errungen; es hatte über große anfängliche Schwierigkeiten und höchst gefährliche Wendungen hinweg auch außenpolitisch ein ungeahntes Maß von Macht und Handlungsfreiheit erreicht. Jetzt war in der Folge gewaltsamer innerer Entladungen und gewagter äußerer Aktionen eine Pause eingetreten, war dem Ausland mit der glänzenden Organisation der Olympischen Spiele eine gefällige Schauseite des neuen Staates dargeboten worden. Um so mehr ließ das Gefühl des Unabänderlichen, das innere Bedürfnis nach ruhigerer, stetiger Entwicklung alle jene, die noch nicht überzeugte Gegner des Regimes geworden und doch seinem Geist und seinen materiellen Vorteilen nicht völlig verfallen waren, einen Ausgleich und eine Befriedigung suchen. Sie fanden diese in dem Wunschbild eines Abklingens der Revolution, in der vagen Hoffnung, ihr Fanatismus und ihre Stoßkraft würden erlahmen, ihre Methoden sich schließlich selbst ad absurdum führen, ihre auf Zerschlagung der überkommenen Werte abzielenden Tendenzen aber an der gesunden Substanz des Volkes scheitern Zumal die „Unpolitischen“, deren Zahl durch die unter dem Druck des allmächtigen Staates Resignierenden ständig wuchs, flüchteten sich in solche individuell recht unterschiedlichen Stimmungen. Diese wurden häufig genährt durch die Hoffnung der vielen anfänglich Sympathisierenden, die scheinbar guten Gedanken und Kräfte der Bewegung möchten nicht schmählich vertan sein, sondern durch die Überwindung alter Gegensätze und die Konzentration des gesamten Vol-« kes auf die großen Ziele der Nation einer dauernden Stärkung des Reiches dienen.
In Wahrheit wurde die Revolutionierung der deutschen Institutionen und der seelischen Substanz ihrer menschlichen Träger inzwischen planmäßig immer weiter getrieben. Alle Lebensbereiche wurden dem Partei-staat unterworfen, schabionisiert und unter ständigem Vorgeben eines Gemeinwohls dem einseitigen Machtinteresse seiner Führung dienstbar gemacht. Neben dem offenen Terror, der äußerlich zurücktrat oder sich im schon „vertrauten“ Gewände der Konzentrationslager als Dadereinrichtung „normalisierte“, war ein mehr latenter getreten, für das Bewußtsein aller jederzeit imstande, sich als präventive Justiz gegen sogenannte Volksschädlinge in handfeste Brutalität umzusetzen. Ihre eigentliche Signatur aber fand diese Periode in der bewußten Zersetzung des Rechtswesens und einer konsequenten Stärkung der Macht der Polizei. So wurde die „nationalsozialistische Weltanschauung“ als maßgebend für die Auslegung aller Rechtsquellen erklärt der Grundsatz der Rechtsgleichheit für alle weiterhin entkräftet, in der Strafverfolgung im Dienste ein und desselben Zieles die Stellung der Staatsanwaltschaft gegenüber dem Angeklagten und dem Gericht gestärkt, gegenüber der Polizei jedoch geschwächt Die Polizei selbst aber wurde erweitert, unter Himmler zentralisiert und im Wege einer Verschmelzung mit der SS zu einer Institution eigener Art entwickelt, die als Instrument der politischen Führung von Bindungen gegenüber Gesetz und Gerichten weitgehend gelöst war All diese tiefgreifenden Umwälzungen konnten sich dank pseudolegaler Handhaben einigermaßen geräuschlos vollziehen. Ein anspruchsvolles Scheinbild „neuer Ordnung“ verdeckte die Auflösung jeder echten Gesetzlichkeit, und die immer noch ansehnlichen Reste eines Rechtsstaates auf Gebieten, welche die Machtinteressen des Nationalsozialismus nicht weiter berührten, dienten der einstweiligen Täuschung zahlloser Wohlmeinender. Ein Schlaglicht auf den wahren Stand der Dinge wirft es jedoch, wenn der verantwortliche Reichsjustizministdr anläßlich der Erkundigung eines amerikanischen Journalisten nach dem Schicksal eines Verhafteten dem Berliner Oberbürgermeister Dr. Sahm im Mai 1935 „sehr erregt“ erklärte: „Er möchte schon gar nicht in eine Gesellschaft gehen, wo er Ausländer antreffen könnte. Denn regelmäßig würden ihm ähnliche Fragen wie heute vorgelegt, immer mit leichtem Hinweis auf den Begriff des Rechtsstaates. Es sei zum Verzweifeln. In den letzten Wochen seien wieder sechs Morde in den Konzentrationslagern vorgekommen. Wenn man Himmler das erzähle, dann bekomme man die Antwort, er müsse die kommunistische Gefahr bekämpfen.“ Und auf die Frage Sahms, wie denn der zuständige Reichsinnenminister Frick zur Geheimen Staatspolizei stehe, erwiderte Gürtner vielsagend: „Göring und Heydrich wiegen mehr als 100 Frick
Dem Offizierskorps der alten Reichswehr aber lag in diesen Jahren die „riesenhafte Aufgabe“ ihrer Umwandlung und Erweiterung zur neuen Wehrmacht ob. Sie bedeutete ihm naturgemäß ebenso ein ureigenes wie ein nationales Werk, dem es sich mit Leidenschaft widmete und das vor allem seine ganze Kraft erforderte. Schon diese Umstände waren dazu angetan, seine Aufmerksamkeit dem eigenen Bereich vorzubehalten und von der verhängnisvollen Fortentwicklung der Innenpolitik abzulenken. Es kam hinzu, daß die Führung des Heeres durchaus bestrebt war, den Neubau im Geiste der alten soldatischen Traditionen und Tugenden zu vollziehen. Ihr blieben Charakter, fachliche Eignung und Leistung, nicht aber die „vorgezeichnete“ Gesinnung oder „Verdienste um die Bewegung“ maßgebend für die Auslese, blieben Sachlichkeit, Sauberkeit und innerer Anstand nicht nur dem Namen nach leitende Grundsätze persönlicher Haltung Zeitgenossen ist es in lebhafter Erinnerung, wie häufig und geflissentlich gerade der einberufene Funktionär in der Wehrmacht über die Grenzen seiner Bedeutung belehrt, welch relativ geringe praktische Geltung die Ideologie und das machtpolitische Interesse der NSDAP sich hier verschaffen konnten „Die Partei“, so hatte Hitler mit dem eindeutigen Sinn einer Beschränkung der Erziehungsaufgabe des Militärs gesagt, „gibt dem Heer das Volk“ —: Für Fritsch und seine militärische Generation blieb die NSDAP jedoch weitgehend „eine Partei“ im früheren Sinne, deren Einflüsse innerhalb des Heeres und seines Dienstbereichs „zersetzend“ wirken mußten In der Befehlshaber-besprechung vom 18. November 193 5 erklärte Fritsch — von Reform-bestrebungen „extremer Teile der NSDAP" in bezug auf die Wehrmacht sprechend —: Weltanschauliche Kämpfe innerhalb der Truppe müßten unterbleiben. Die Weltanschauung des Soldaten sei Erfüllung seiner Pflicht. Revolutionärer Geist möge gut sein. In einer auf Gehorsam aufgebauten Institution habe er keine Stätte
Damit war, obschon mehr instinktiv und unwillkürlich, eine Position der inneren Vorbehalte gegenüber dem Totalitätsanspruch des Nationalsozialismus umrissen. Fritsch und seine Mitarbeiter wollten in ihrem Bereich in strenger Sachlichkeit im Grunde auch jetzt noch einem überparteilichen, absoluten Deutschland dienen, nicht den selbstgemachten Doktrinen, der kurzfristig-zweckhaften Räson und den engen Machtinteressen der totalitären Partei. Hammerstein soll damals die Offizierslaufbahn „auch so eine Form der inneren Emigration“ genannt haben und es widerspricht solchem Urteil schwerlich, wenn ein amtlicher Wehrpublizist die Behauptung „einer großen englischen Zeitung“, die Wehrmacht sei „eine Freistatt für politische Freidenker“, als „die gröbste Unwahrheit und die schlimmste Beleidigung des deutschen Soldaten“ bezeichnete Der gleiche Publizist hatte gewiß auch Anlaß genug, den Begriff „überparteilich“ im nunmehrigen Einparteistaat als „überstaatlich“ (und daher als widersinnig) zu ironisieren, ja „den totalen Führungsanspruch der Partei“ als eine „Rechtfertigung der Clausewitzschen Ideen über das Verhältnis von Staatsmann und Feldherr“ auszugeben Man wird die Bedeutung solcher Indizien nicht überschätzen, aber im ganzen sagen dürfen, daß die Entwicklung dieser Jahre, neben der ungewollten Ablenkung durch das Aufbauwerk, auch ein bewußtes Sich-Abschließen des Offizierkorps von der Politik gefördert hat. Wie selbst mancher dem Regime kritisch gegenüberstehende Zivilist in dieser Zeit der Konsolidierung des Nationalsozialismus nach einer politikfreien Sphäre rang und wohl auf seinem Fachgebiet Befriedigung suchte, so gab sich erst recht der Großteil des alten Offizierkorps gern der „reinen Sachlichkeit des Dienstes“ hin die ihm das belastende Bild der inneren Politik fernhielt. Seine Einstellung ähnelte in vieler Hinsicht jener Haltung, welche die Reichswehr des Generalobersten von Seeckt zur demokratischen Republik eingenommen hatte und in welcher diese Generation hoher Offiziere erzogen worden war. Der abstrakte soldatische Pflichtbegriff leistete jetzt wie schon zur früheren Zeit einer solchen Haltung Vorschub.
Von vornherein gilt dieser Vergleich nur im Rahmen der bekannten Wandlungen, welche die Wiedereinführung der Wehrpflicht bedingte, und mit der augenfälligsten Einschränkung, daß an der Spitze der Armee nicht mehr ein politischer Kopf stand wie Seeckt. Ohnedies aber wirkten sich die immanenten Schwächen der von Seeckt geprägten „unpolitischen Neutralität“ des Offizierkorps — die Kluft zwischen Denken und Handeln — in der veränderten Situation der Dritten Reiches weit stärker aus. Schon durch die „Dämonie seines auf Vergewaltigung der Umwelt gerichteten Willens“ war der Führerstaat des Nationalsozialismus der demokratischen Republik in dem Verhältnis zur Armee unendlich überlegen Zugleich machte er sich gerade dem Soldaten gegenüber dessen eigenste Ideale mit schrankenloser Ausbeutung zunutze. Und nicht erst im Kriege, schon damals verknüpfte dieses System sein Schicksal rücksichtslos mit dem der gesamten Nation. Unablässig hielt es ein Volk in Atem und verlangte seine „Ausrichtung“ auf einen „Feind“, eine wirkliche oder provozierte Gefahr, ein „nationales Ziel’. Im Zeichen einer permanenten Mobilmachung riß es Widerstrebende mit, hielt sie nieder oder veranlaßte sie zu bedenklichsten Konzessionen und Tarnungen
„Zum Soldaten gehört der ganze Mann“ aber auch der Nationalsozialismus verlangte den „ganzen Menschen" oder — forderte ihn in die Schranken! Treffend hat man aus der Rückschau gesagt: „Gegen den amtlichen Kurs des Führers und des Kriegsministers" war die konservative Aufgabe Fritschs auch nur im militärischen Bereich „auf die Dauer in der Defensive nicht zu lösen“
Nie wäre es nötiger gewesen, den Blick auf den Zusammenhang der Dinge und treibenden Kräfte, auf das Ganze des deutschen (keineswegs nur „politischen") Lebens zu richten und zu lenken Dies hätte erfordert, zum mindesten „die Generalität des Heeres laufend über die innerpolitische Entwicklung zu unterrichten und auf eine feste politische Auffassung scharf zusammenzufassen" Mit der Beschränkung auf den militärischen Bereich, die auch als eine Sicherung vor Übergriffen der Partei erschien, begab man sich nicht nur der Möglichkeit, aktiv „politisch im Spiel zu bleiben" sondern auch der Fähigkeit zu einer elastischen Defensive, welche Gegenstöße nicht Ausschloß. Nach seinem Sturz mußte Fritsch selbst feststellen, daß „die Hetze der SS“ vom Sommer 1935 an wieder aufgeflammt sei und daß die SS-Verfügungstruppe, „immer weiter ausgebaut“, -sich, „wie mir scheint, in bewußtem Gegensatz zum Heer“ entwickle Dennoch sah er noch keinen zwingenden Grund, den Kampf mit dem Regime aufzunehmen oder doch für Abwehrbereitschaft Vorsorge zu treffen. Fritsch hoffte vielmehr auf seine Weise „als Mittler zwischen einst und jetzt“ das bewährte Alte mit dem scheinbar bejahungswürdigen Neuen verbinden zu können Damit aber drohte die Gefahr, daß sich die Defensive auf einen bloßen hinhaltenden Widerstand reduzierte, zumal der Nationalsozialismus über die zunächst erwünschte Etappe der unpolitischen Armee bereits hinaus-drängte und ihre Politisierung in seinem Sinne anstrebte! . Bei nicht wenigen Offizieren wirkt noch heute der Eindruck fort, daß der Weg des Regimes zur unduldsamen Tyrannis damals noch keineswegs offenkundig gewesen sei, daß namentlich Hitler sich noch nicht eindeutig außerhalb von Recht, Gesetz und Moral gestellt habe An bedenklichsten Tatbeständen (wir schilderten sie eingangs), an warnenden Hinweisen aus In-und Ausland fehlte es jedoch nicht. Ihre Unterschätzung beweist, in welchem Maße auch der berufenen Führung des Heeres der Blick für das Ganze des politischen Lebens, der Sinn für die unverzichtbaren Grundlagen seiner gesunden Entwicklung mangelte. Die Erschlaffung des Rechtsgefühls insbesondere war freilich keineswegs auf den Soldaten beschränkt. Eine ganze bürgerliche Welt hatte das Bewußtsein für ihre Werte verloren. Für den Soldaten als Vertreter der obrigkeitsstaatlichen Tradition aber war das Scheinbild äußerer Ordnung, auch wenn sich diese „für eine Übergangszeit" der Gewalt bediente, nicht ohne Anziehungskraft, die Bändigung der Massen durch diesen Staat jedenfalls imponierend. Eine demokratische Alternative gab es, zumal nach dem rühmlosen Untergang der Republik, vorerst für den Soldaten nicht, der Gedanke an Rückkehr zu Demokratie und Parlamentarismus schreckte oder erschien höchst gewagt Damit steht nicht notwendig in Widerspruch, daß oppositionelle Kreise der ehemaligen Gewerkschaften zu einzelnen Generalen Beziehungen hatten knüpfen können
Von der größten Bedeutung für die Haltung Fritschs und des Offizier-korps blieb jedoch die Verkennung Hitlers selbst. Mußte nicht, so fragt man sich aus der Rückschau, gerade der Soldat das proklamierte Führerprinzip ernst nehmen und den Diktator mit der vollen Verantwortlichkeit für die Handlungen seiner Organe belasten, die auch dem Heer selbst bereits feindselig entgegentraten? Daß Hitler in Organisationsund Personalfragen der Armee einstweilen nicht eingriff erklärt manches, aber nicht alles. Entscheidend ist wohl, daß ein Verhältnis persönlicher Loyalität nicht nur dem geleisteten Eid entsprach, sondern dem Offizier der Überlieferung gemäß Herzenssache war. Er war gewöhnt, dem obersten Repräsentanten des „Staates“ Vertrauen zu schenken, und schenkte es — auch in diesem Regime wechselseitigen Mißtrauens —, weil es für ihn die Voraussetzung gedeihlicher Arbeit bedeutete. So standen die Generale, wie es ein ehemaliger Abteilungsleiter des Reichswehrministeriums scharf gekennzeichnet hat, Hitler „trotz vieler innerer Vorbehalte fast wie Hindenburg gegenüber" Audi der Skeptiker neigte zum Selbstbetrug. Wie der einfache Mann mit dem bekannten Wort „Der Führer weiß das nicht“ sich in das Wunschbild „grundsätzlich“ gesunder Staatsverhältnisse flüchtete, so objektivierte mancher kritisch gestimmte Offizier den Motor der inneren Revolutionierung als „Staatsoberhaupt“ im Sinne normaler Maßstäbe. Und dieses Staatsoberhaupt erschien vielen zugleich als der unersetzliche Überwinder nationaler Zwietracht, als der erfolgreiche Verfechter nationaler Interessen. Noch glaubte man um Deutschlands willen vieles in Kauf nehmen zu müssen, was man gerade um Deutschlands willen nicht hätte hinnehmen dürfen. Denn niemals galt stärker das Hitlerwort von 1929: „Sie als Offiziere können nicht sagen, uns ist das gleich, wie die Nation aussieht, ob sie vergiftet oder verpestet ist, ob sie an Gott glaubt oder nicht ... Sie brauchen das alles. Sonst ist ihre ganze Tätigkeit nur oberflächlich, nur Scheintat
Einem sehr großen Teil des Offizierskorps bedeutete es auch ein ernstes Anliegen, ob die Nation ihrer christlichen Überlieferung treu blieb oder nicht. Daß jedenfalls der Kirchenkampf zahlreiche Offiziere unvergleichlich tiefer berührt hat als andere Vorgänge des öffentlichen Lebens, beweisen schon die wiederholten Mahnungen in den Befehlshaberbesprechungen, im „Kirchenstreit“ absolute Zurückhaltung zu üben mittelbar zuverlässig genug. Und sicherlich gab Blomberg auch in diesem Falle nicht der allgemeinen Einstellung Ausdruck, wenn er im Januar 1935 zur Kirchenfrage erklärte, weltanschauliche Kämpfe seien nicht schädlich; Streitfragen der Weltanschauung und der Wirtschaft zu lösen, sei aber nicht Aufgabe der Wehrmacht: dies sollten die Interessenten ausfechten Nirgends trat denn auch für breitere Bevölkerungskreise gerade in diesen Jahren von 1934— 1938 deutlicher in Erscheinung, was der Nationalsozialismus wirklich war und worauf er abzielte, als in seinem praktischen Verhalten gegenüber den beiden christlichen Kirchen. Unter dem dürftigen Vorwand einer „überkonfessionellen Neutralität" des Staates wurde, entgegen den feierlichsten Erklärungen Hitlers selbst der Kampf bestimmter weltanschaulicher Gruppen und einflußreicher Parteiführer gegen das beiden christlichen Konfessionen gemeinsame Glaubensgut geflissentlich begünstigt, die Abwehr der betroffenen Kirchen jedoch als Einmischung in die Politik unter Anwendung staatlicher Machtmittel erschwert und gelähmt. Im Zeichen der „Entkonfessionalisierung wurde die Kirche somit planmäßig aus dem gesamten öffentlichen Leben verdrängt und in Wahrheit dessen „Entchristlichung“ betrieben. Der „Mythos“ Alfred Rosenbergs, des „Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Erziehung der NSDAP“, war wiederholt offiziell als eine für die Partei unverbindliche Privatarbeit bezeichnet worden. Gleichwohl wurde er den Schulungskursen der Partei zugrunde gelegt, eine Kritik an seinem Inhalt als Angriff auf die „Fundamente der nationalsozialistischen Weltanschauung“ gewertet und bedroht. Ja, der Reichsjugendführer konnte erklären: „Der Weg Rosenbergs ist auch der Weg der deutschen Jugend. Eine Flut von Schmähungen und Verleumdungen ergoß sich in den Reden führender Männer des Regimes, in der gelenkten Presse von Staat und Partei über Christentum und Kirche und deren Träger Es handelt sich hier wahrlich nicht um nachträgliche Erkenntnisse, sondern um Vorgänge und Tendenzen, die, wenn nicht schon durch die unmißverständlichen Auslassungen der Angreifer, so doch durch die ebenso mutigen wie deutlichen Zeugnisse der Angegriffenen dem auch nur halbwegs aufmerksamen Zeitgenossen ins Bewußtsein gerufen wurden Nicht zuletzt haben Vertreter beider Konfessionen schon in diesen Jahren klar herausgestellt, daß der Totalitätsanspruch des Nationalsozialismus eine „Diktatur über die Gewissen“ bedeute, daß jedoch Eid und Gehorsam gegen die Obrigkeit niemals zu einer Handlung oder LInterlassung zwingen könnten, die den Geboten Gottes zuwiderlaufen würde
Wenn der sogenannte „Kirchenkampf“ eine Folgerung aufdrängte, so war es die, daß der Nationalsozialismus kein bloßer Faktor der „Politik“ im gewöhnlichen Sinne war, sondern daß er die tiefsten Fundamente des menschlichen Daseins anrührte, daß es hier also nicht mehr um innerpolitische Tagesfragen ging, deren Entscheidung die Führung eines Volksheeres nach bewährtem Prinzip den berufenen Fachleuten zu überlassen hatte. Praktisch und grundsätzlich war diese Führung vielmehr in ihrem eigensten Handlungs-und Verantwortungsbereich betroffen. Denn wie sollte es auf die Dauer gelingen, die überkommene Ideenwelt des Heeres, seine Sonderstellung, ja seine volle innere Einheit und äußere Kraft zu wahren, wenn maßgebende Vertreter-der Partei Treue zum Staat ihrer Prägung und Treue zur Kirche für unvereinbar erklärten, wenn sie nationalsozialistische und christliche Erziehungsideale selber in unversöhnlichen Gegensatz rückten und damit gefährliche Spannungen im Volke erzeugten? Zeichnete die drohende Isolierung und Unterhöhlung auch der ideellen Position der Wehrmacht nicht unerbittlich eine Auseinandersetzung mit den Kräften der Revolution oder eine ethische Entwurzelung des Soldaten vor? Über die Reaktion der Wehrmachtführung auf diese Entwicklung, auf Vorgänge wie den großen Schlag gegen die preußischen Bekenntnisgemeinden im Sommer 1937, der in der Verhaftung Niemöllers gipfelte sind wir bisher nur ungenügend unterrichtet. Zwar ist bezeugt, daß ihre Vertreter, Blomberg, Fritsch und namentlich Raeder, selbst in der allgemeinen Kirchenfrage ihre Stimme erhoben hätten Raeder sogar in einem Maße, daß man ihm nahelegen zu sollen meinte, seinen Einfluß bei Hitler den „unmittelbaren Anliegen“ der Marine unge-schwächt zu bewahren Fritsch hielt seine Hand wohl vor allem über die Wehrmachtseelsorge, darin von anderen Generalen entschieden unterstützt Der protestantische Feldbischof fand bei ihm Rückhalt und offenes Ohr Und sicherlich verstand Fritsch unter den „parteipolitischen Maximen", deren Eindringen in das Heer er sich „entgegenstemmte nicht zuletzt die ideologischen Tendenzen der NSDAP. Im ganzen gesehen beschränkten sich jedoch die christlichen Führer der Wehrmachtteile auch hier auf eine Verteidigung des eigenen Bereichs, obwohl schon die Militärseelsorge „zusehends von der Partei erschwert“ wurde Vielleicht haben gerade die Exzesse der antichristlichen Agitation, andererseits die taktischen Wendungen und gelegentlichen Rückzüge der offiziellen Kirchenpolitik, zumal die Tarnung der letzten Absichten durch Hitler selbst, sie den vollen Ernst des entfesselten Treibens unterschätzen, in den entschiedensten Vorkämpfern der Kirchen mitunter wohl gar extreme Dogmatiker erkennen lassen. Folgt man dem kritischen Urteil einsichtiger Soldaten so wird man jedoch auch einer geschichtlich bedingten (nicht auf das Offizierkorps beschränkten) Schwächung der christlichen Substanz und damit der ideellen Konsequenz einen Anteil an dieser Selbsttäuschung zuschreiben müssen. Statt kraft der immer noch weitgehenden ideellen Einheit des Offizierkorps an höchster Stelle eine klare Entscheidung gegen die Exponenten der moralischen Revolution zu betreiben, oder sich geistig und materiell auf die drohende Auseinandersetzung vorzubereiten, meinte man im Interesse der Geschlossenheit der Armee, ja der Behauptung ihrer christlichen Grundlage, sie streng dem „Kirchenkampf“ fernhalten zu sollen Einem bemerkenswerten Zeugnis zufolge hat Fritsch im Jahre 1937 den Plan gefaßt oder aufgegriffen, je eine eigene katholische und evangelische „Wehrmachtkirche" unter dem katholischen bzw.dem evangelischen Feldbischof zu begründen, die beide vollberechtigte Glieder des deutschen Episkopats werden sollten.
Tatsächlich wurde gegen manche Widerstände schließlich der katholische Feldbischof Rakowski als Haupt der katholischen Wehrmachtkirche vom Heiligen Stuhl zum „Titularbischof von Caesarea“ ernannt. Auf evangelischer Seite kam der Plan vor dem Sturz Fritschs nicht mehr zur Ausführung (und wäre angesichts der Struktur der evangelischen Kirche wohl ohnehin auf große Schwierigkeiten gestoßen). Ob dieses Bestreben Fritschs mehr als mittelbar einer Stärkung der Kirchen überhaupt dienen, ob insbesondere die geplante protestantische Wehrmachtkirche „nach seinem Willen die unangreifbare Zitadelle der evangelischen Christenheit werden“ sollte, die „jedem Zugriff der Partei und der neuen Gottgläubigkeit entzogen war möchten wir freilich dahingestellt sein lassen. Sicherung der Militärseelsorge und Abschließung vom Kirchenkampf dürften auch hier die primären Gesichtspunkte gewesen sein
Zieht man aber das Fazit des Verhältnisses zwischen Wehrmacht und Nationalsozialismus in diesen Jahren, so ergibt sich trotz solcher Einschränkungen, daß zumindest im Heer immer noch ein starker Kern des Offizierkorps den überkommenen Bindungen und Werten verhaftet war. Selbst in seiner gewandelten Gestalt wirkte dieses Heer mit der Kontinuität seiner Gedankenwelt auf das Volk zurück und blieb für die Gegner des Regimes noch eine Hoffnung — mußte aber eben darum mit den totalitären Tendenzen der Partei in zunehmenden Widerstreit geraten. 3. Die Fritsch-Krise Richtet man den Blick derart auf die Gesamtentwicklung, so möchte man eher bezweifeln, daß zwischen dem Einspruch Blombergs und Fritschs gegen Hitlers Kriegspläne in der berühmten Sitzung vom 5. November 1937 und ihrer Entlassung drei Monate später ein direkter Zusammenhang besteht. Sicherlich hatte Hitler längst erkannt, daß seine führenden Generale als gewissenhafte Fachleute nicht von jener bedenkenlosen Dynamik erfüllt waren, wie er sie für die Leitung der Wehrmacht in einer Zeit expansiver Außenpolitik wünschte. Die verantwortlichen Militärs widerstrebten einer überstürzten Aufrüstung. Sie legten entscheidenden Wert darauf, daß die neue Wehrmacht organisch, ruhig und planvoll wachse, um ihr die solide Basis des bisherigen Berufsheeres so weit wie möglich zu erhalten Die äußere Lage des Reiches in den Jahren nach 1936 schien ein solches Verfahren mindestens zu gestatten Für Hitler aber sollte sich die Entwicklung der Wehrmacht — in Ausbildung, Aufstellung, Ausrüstung „und vor allem auch“ geistiger Erziehung — „zur ersten Armee der Welt ... in kürzester Frist“ vollziehen Er tadelte (am 31. Januar und 4. Februar 1938) die führenden Militärs, auch Blomberg, wegen ihrer „Zaghaftigkeit bei der Aufrüstung und der Rheinlandbesetzung“; er, Hitler selbst, habe die Aufrüstung vorwärtstreiben müssen. Die Generale hätten sie langsamer haben wollen, die Zahl von 36 Divisionen sei ihnen zu hoch gewesen u. a. m. Noch die geflissentliche Vergröberung, mit der Himmler nach dem 20. Juli die Haltung des Heeres der Aufrüstungsjahre den Gau-leitern darstellte, spiegelt wohl ein gut Teil seinerzeitigen Hitlerschen Unmuts wider: „Der Glaube an eine Aufrüstung großen Stils war in dieser Armee nicht vorhanden. Ich glaube, da könnte Ihnen der Führer Abende und Nächte erzählen, wie schwer es war, der Armee, die nun endlich eine Regierung hatte, die für die Armee alles tun wollte, dies alles aufzudrängen, daß sie endlich mal eine Kanone mehr und einige Divisionen mehr usw. nahm. Man war wirklich selbstgefällig geworden, Selbstzweck geworden ..." Wie Himmler es rückschauend jedoch in den letzten Worten zum Ausdruck brachte, so galt der Unmut der Machthaber gegen die Armeeführung zweifellos schon zu dieser Zeit über die militärpolitische Divergenz hinaus ihrer Grundeinstellung zum neuen Staat.
Es müßte denn auch wundernehmen, wenn Hitler das Fortwirken der konservativen Triebkräfte des alten Heeres und ihre Ausstrahlung über das Wehrpflichtheer auch auf das Volk nicht argwöhnisch vermerkt hätte. Zwar hielt er mit Kritik zurück und zeigte Fritsch — von dem er im Herbst 1934 (!) sogar einmal gesagt hat, daß er ihn „liebe — auch in der Folgezeit äußerlich Achtung, ja Vertrauen Es schien nicht viel auf sich zu haben, wenn er den Generaloberst gelegentlich mit einem unbeeinflußbaren „Engländer“ verglich Seine wahre Stimmung aber ist offenbar eine ganz andere gewesen. Trifft es zu, was General Bodenschatz bezeugt, daß Hitler „von 1935 ab in immer stärkerem Maße den Eindruck hatte, daß im Heere Kräfte am Werke seien, die seinen Sturz herbeiführen“ wollten? Jedenfalls klagte er Göring wiederholt über „diese auf die Dauer untragbaren Spannungen“ und sah in Fritsch anscheinend nicht nur „das hemmende Element in der Aufrüstung“ sondern wirklich auch „einen Turm der politischen Opposition“ Vermutlich glaubten Himmler und Heydrich Hitlers geheimsten Wünschen zu entsprechen, wenn sie ihm schon zur Zeit der Wiederbesetzung des Rheinlandes „Material“ über angebliche sittliche Verfehlungen des Generalobersten unterbreiteten. Hitler soll bei dieser Gelegenheit erklärt haben, Fritsch sei zweifellos einer der stärksten und bedeutendsten Gegner des Nationalsozialismus er ließ jedoch (wie er später selber sagte) aus außenpolitischen Gründen die Sache ruhen und befahl sogar die Vernichtung der Akten womit ganz im Sinne seines Auftretens in der Staatsoper-Kundgebung, selbst seinen Funktionären gegenüber sein Gesicht gewahrt blieb. Von Ende 1937 an aber begann Hitler in auffälligem Gegensatz zu den Jahren vorher auch bei geringfügigen Anlässen ein deutliches Mißtrauen gegen die Armee, ihre vermeintlich „reaktionären“ und „monarchistischen“ Tendenzen zu zeigen Auf seiner am 10. November angetretenen Erholungsreise nach Ägypten wurde Fritsch von der Gestapo überwacht, um weiteres Belastungsmaterial gegen ihn zu gewinnen
Im Dezember und Januar äußerte man in gut unterrichteten Kreisen, der Generaloberst werde demnächst seines Postens enthoben werden
Die Wendung, welche die Dinge nun im Januar 1938 durch Blombergs Heiratsskandal nahmen, ist Hitler selbst höchstwahrscheinlich überraschend gekommen. Denn aus politischen Gründen dürfte er eine Entfernung des Ministers und Oberbefehlshabers der Wehrmacht schwerlich bereits für nötig gehalten haben. Mit Nachdruck betonte er später das „historische Verdienst des Kriegsministers um die Errichtung des nationalsozialistischen Staates" auch in zwei vertraulichen Äußerungen, die für sein Verhältnis zum Heer nach 1933 aufschlußreich sind Blomberg, so bemerkte Hitler am 20. April 193 8, „habe er zu verdanken, daß das Heer, dessen politische Richtung er genau gekannt habe, 1933 loyal und korrekt in den [neuen] Staat überführt worden sei. Er [Hitler] habe genau gewußt, daß die politische Umstellung des Heeres nur allmählich möglich sei und er habe den Minister sogar manchmal bremsen müssen. Die Masse der Generalität habe ihn [Hitler] abgelehnt und lehne ihn auch heute noch ab. Er vertrete eben ein anderes Preußentum als diese Offiziere.“ Und im September 1939 wiederholte Hitler, er werde jenes Verdienst Blombergs, „überhaupt seine Einstellung zum Nationalsozialismus . .. trotz allem nie vergessen; denn das Hunderttausend-Mann-Heer sei nun einmal , Staat im Staate'gewesen. Das wäre zur Zeit der Weimarer Republik auch richtig gewesen, aber im Dritten Reich habe er dies nicht dulden können. Durch Blomberg sei eine große Anzahl Reaktionäre aus dem Heer entfernt worden und die anderen seien mundtot gemacht und auf den Weg der Disziplin und Unterordnung gewiesen worden Bei aller Wichtigkeit und Höhe der Ausbildung des alten Reichsheeres sei das Hineinstellen in den Staat notwendig gewesen; denn dieser Staat werde jetzt von einer soldatischen Partei geführt und nicht von zylindertragenden Parlamentariern. Eine einheitliche Auffassung des Heeres werde sich erst in der kommenden Generation ergeben, wenn der Geist des Hunderttausend-Mann-Heeres gebannt und der der Hitlerjugend Einzug in das Offizierskorps gehalten habe.“ Hitler selbst erkannte also den unvereinbaren Gegensatz zwischen Geist und Anspruch seiner Bewegung und den Überlieferungen des Heeres, während dessen Führung, mindestens soweit Hitler in Frage kam, sich darüber hinwegtäuschte. Voller Ressentiment bemerkte Hitler am 25. Januar 1938, unter dem frischen Eindruck der Tatsache, daß Blomberg untragbar geworden war, zu Hoßbach, daß des Ministers Verdienste um die Annäherung Wehrmacht — Partei „vom Offizierskorps nicht gewürdigt würden“! Bedenkt man, daß die ablehnende Einstellung großer Teile des Offizierkorps zu Blomberg Hitler bewußt war so erscheint es keineswegs ausgeschlossen, daß er wirklich annahm, Warnungen an Blomberg vor der Wahl seiner zweiten Gattin seien absichtlich unterlassen worden — weil das Heer den Minister „eben gern losgeworden sei“ und daß solcher Argwohn Hitler in seinem weiteren Handeln noch bestärkt hat.
Die Frage, ob Hitler selbst oder Göring nun auf die alte, von der Gestapo nur teilweise vernichtete Akte gegen Fritsch zurückgriff, erscheint fast belanglos in Anbetracht der Schnelligkeit, mit der Hitler jetzt den Sturz Fritschs ins Auge faßte. Denn er entschloß sich in diesem Sinne, nachdem Göring ihm am Abend des 24. Januar 1938 den Fall Blomberg unterbreitet hatte, bereits in der folgenden Nacht Et machte sich die fragwürdigen Anklagen gegen Fritsch sogleich zu eigen, mindestens ohne sie näher geprüft zu haben, und eröffnete Hoßbach am nächsten Morgen seine Absicht, auch Fritsch zu entfernen, da dieser homosexuell belastet sei! Gab es nicht „einfachere“, saubere Mittel — sachliche Meinungsverschiedenheiten oder Gesundheitsgründe —, wenn Hitler den General loswerden wollte, so fragt sich wohl der Nachlebende und fragten sich damals die Nächstbeteiligten Es entsprach jedoch gerade der ausschließlich „politischen“ Beurteilung der Umstände und der danach von Hitler gewählten Taktik, daß er den Fall auf die unpolitisch-private Ebene schob und konsequent den Schein wahrte, als trenne es sich „nicht ohne Zwang“ von dem General, den er sonst zum Kriegsminister gemacht haben würde Wäre dies ehrlich gewesen, so hätte Hitler, der moralische Belastungen zu ignorieren pflegte, wenn es ihm opportun erschien die bald gewonnenen entlastenden Momente für Fritsch begrüßen müssen und dessen Verabschiedung schwerlich mit solcher Eile betrieben Das Gegenteil aber war der Fall. Nachdem er ein Sonder-gericht gegen Fritsch nicht hatte durchsetzen können übergab Hitler dem Justizminister Gürtner die Akten mit den vielsagenden Worten: „Sie werden von selbst wissen, an welchem Tauende Sie zu ziehen haben Mit Hitlers Ermächtigung bereitete die Gestapo durch ihre Paralleluntersuchung einer Aufklärung der Vorgänge zugunsten Fritschs schwere Hindernisse und er selbst klammerte sich förmlich an die immer fragwürdiger erscheinenden Aussagen des Belastungszeugen, solange dieser sie nicht seinerseits widerrief Statt nach Möglichkeiten zu suchen, den doppelten Wechsel an der Spitze der Wehrmacht zu vermeiden, steuerte er mit einer selbst Goebbels erschreckenden Unbedenklichkeit auf ihn hin , um im gleichen Augenblick, in dem der Sturz „seines“ Ministers die moralische Anfälligkeit des Offizierkorps zu enthüllen schien, auch den ihm jetzt erst recht unbequemen Fritsch unmöglich zu machen. Wie würde Hitler gegen seine Funktionäre reagiert haben, wenn sie ihn wirklich (wie er sich nachträglich den Anschein gab) mehr oder weniger fahrlässig in eine ihm grundsätzlich unerwünschte, ja nicht einmal ungefährliche Lage gebracht hätten! Tatsächlich hat er später, offenbar in einem Moment der Verärgerung, über das Drängen seines Heeresadjudanten auf Rehabilitierung Fritschs, gleichsam unwillkürlich geäußert: „Unabhängig von dem, was gewesen sei, hätte er sich von dem Generalobersten trennen müssen
Es ist denn auch für Hitlers Handeln ohne Belang, ob er etwa zeitweilig Fritsch für schuldig hielt, weil er dies wünschte. Um diesen (nach Himmlers Rat) womöglich zu überrumpeln, hat er, das Oberhaupt des Reiches, sich bekanntlich nicht gescheut, den Oberbefehlshaber des deutschen Heeres in der Reichskanzlei mit einem gewerbsmäßigen Erpresser und Zuchthäusler zu konfrontieren. Ja, er hat das von Fritsch für seine Schuldlosigkeit verpfändete Ehrenwort abgelehnt Nie werde er Hitler dies vergessen, schrieb Fritsch einige Wochen später Doch suchte er, wenn überhaupt jemals, mindestens vorerst nicht Hitler selbst hinter dem „Schurkenstreich" In seinem schon erwähnten „Rechen
Schaftsbericht“ vom 1. Februar 1938 bemerkte der General zwar, da „man“ ihm politisch nicht habe beikommen können, geschehe es jetzt „auf diesem gemeinsten und niederträchtigsten Wege". Doch erblickte er hierin nur die Auswirkung der „Feindschaft der SS“, Himmlers und Heydrichs Denn auch jetzt noch stellte er ihrer „Hetze“ jene Vertrauenskundgebung Hitlers für die Armee und ihren Oberbefehlshaber vom 3. Januar 1935 gegenüber und knüpfte daran die Worte: „Ich bin dem Führer hierfür aus tiefstem Herzen dankbar. Ich bin dem Führer überhaupt von ganzem Herzen dankbar für das große Vertrauen, das er mir stets — bis auf diesen Fall — entgegengebracht hat. Ich bin ihm um so dankbarer, als ich weiß, auch aus seinem Munde weiß, daß von der Partei aus ständig gegen mich gehetzt wird Bis auf diesen Fall! Gibt es ein eindrucksvolleres Zeugnis für die bis an Schwäche grenzende Noblesse Fritschs, aber auch für die aus der Erstarrung soldatischer Lebensform resultierende Wehrlosigkeit gegenüber bedenkenlosem Zynismus? Partei und Hitler waren noch immer zweierlei für Fritsch. Daß das Staatsoberhaupt selbst seiner ihm trotz mancher Vorbehalte aus innerem Bedürfnis loyal dienenden Armee als mißtrauender Politiker, ja als Feind gegenüberstand und nun entgegentrat, überschritt die Grenzen der Vorstellungswelt eines Fritsch — sowie zahlreicher anderer Offiziere Es erscheint durchaus glaubwürdig, wenn der General einige Tage später gesagt haben soll: „Ich denke bestimmt nicht wie Adolf Hitler, aber irgendwie habe ich an ihn geglaubt, und er war der Führer, dem ich gehorcht habe. Lind die Fragen, die mir jetzt in seinem Namen gestellt worden sind, besonders die Fragen, die von irgendeinem Chef der Geheimen Staatspolizei gestellt worden" sind, sind eben so ungeheuerlich, daß ich mich noch nicht zurechtkriege damit Fritsch sah zunächst seinen „Fall“ ganz überwiegend als einen persönlichen, wollte sich mit Himmler duellieren und beging im Gefühl seiner Schuldlosigkeit den unverzeihlichen Fehler, sich von der Gestapo vernehmen zu lassen (deren „Jurisdiktion" kein Soldat unterstand) Hoffte er noch, dadurch Hitler beeindrucken zu können? Wurde ihm nicht aber selbst sehr bald klar, was die Ablehnung seines Ehrenworts praktisch bedeutete, da sich unter den zunächst gegebenen Umständen bei widersprechenden Aussagen bestenfalls ein — Freispruch mangels Beweisen erhoffen ließ? Schließlich erkannte Fritsch denn auch, daß Hitler sich gar nicht überzeugen lassen wollte, und erhielt die Bestätigung dafür, als diesem auch die aufgedeckte „Namensverwechslung“ mit dem Rittmeister von Frisch „nicht genügte“ Inzwischen hatte der Generaloberst auf befristetes Anfordern Hitlers sein Abschiedsgesuch eingereicht. Kurz, der Soldat reagierte auf eine seinem Wesen konträre, nur unzulänglich erkannte Umwelt mit ihm gemäßen Mitteln, die in schreiendem Mißverhältnis zur neuen Wirklichkeit stand. Auch Beck ließ sich offenbar anfänglich von der Verstellungskunst eines Hitler täuschen und sah erst nach und nach in den perfiden Machenschaften einen wohlberechneten Schlag, wenn nicht Hitlers, so doch Himmlers und Heydrichs, gegen die Armee Goerdeler, Schacht und die Männer der Abwehr erkannten alsbald, worum es ging Wohl wurde von Fritsch, unter dem unmittelbaren Eindruck der ihm gemachten Mitteilung über die Beschuldigung, eine bewaffnete Gegenwehr erwogen, für den ihm kaum denkbar erscheinenden Fall, daß Hitler seinem Ehrenwort nicht glauben würde. Dieser Fall trat ein, und doch gab Fritsch in den folgenden Tagen den Gedanken an Gegenwehr auf Wird man dies nicht in erster Linie seiner seelischen Erschütterung zuschreiben müssen? Fritsch hat später geltend gemacht, daß die Masse des (einheitlicher Meinungsbildung unterworfenen) Volkes, insbesondere die Arbeiterschaft, gläubig hinter Hitler gestanden und in einer Gegenaktion nur den Putsch eines gekränkten, ehrgeizigen Generals erblickt hätte Zunächst wünschte er jedoch vor allem, es nicht um seiner Person willen zu Blutvergießen und Bürgerkrieg zu treiben War Fritsch aber nicht mehr als eine Privatperson, war er nicht Repräsentant und berufener Sachwalter des Heeres, das sich gerade jetzt als letzter Treuhänder des Gemeinwohls erwies? Erleichterte ihm die ungeheuerliche Behandlung seiner Person nicht die Erkenntnis des skrupellosen Anschlags auf die Armee und damit den Schritt zur Tat? Am 23. Februar, nachdem die Gestapo auf der krampfhaften Suche nach neuem Belastungsmaterial auch die ehemaligen Burschen des Generals zur Vernehmung zusammengeholt hatte brach es aus Fritsch heraus. Er gab zu Protokoll: Eine so schmachvolle Behandlung habe zu keiner Zeit je ein Volk (?) seinem Oberbefehlshaber des Heeres angedeihen lassen. Eine solche Behandlung sei nicht nur unwürdig für ihn selbst, sondern zugleich entehrend für -die ganze Armee. Diese Niederschrift wurde vervielfältigt und an führende Persönlichkeiten weitergeleitet; doch Fritschs Appell blieb wirkungslos. Zu diesem Zeitpunkt war er selbst längst ohne Amt und Kommandogewalt, war der psychologische Moment zu bewaffneter Gegenwehr im Grunde bereits vorüber. Eine letzte Gelegenheit dazu hätte sich allenfalls geboten als Hitler die* besagte „Namensverwechslung“, wie es scheint: von Himmler bestärkt in unerhörter Weise bagatellisierte. Doch da stand der Prozeß und — vermeintlich — eine Rehabilitierung Fritschs durch Hitler in naher Aussicht. Und vollends nach dem triumphalen Erfolg des Österreich-Unternehmens, das noch eine Verzögerung des Prozesses mit sich brachte, war die Möglichkeit zu einer gewaltsamen Aktion nicht mehr gegeben.
Gewiß, auf das einmütige Zusammenwirken der Spitzen der Wehrmacht, auf ein geschlossenes Auftreten des gesamten Offizierkorps war auch vorher nicht zu rechnen. Die Luftwaffe unter Göring fiel mehr oder weniger aus; der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, kein Freund des Generalstabs, erblickte in der die Wehrmacht als Ganzes so tief berührenden Krise um Fritsch vor allem eine Angelegenheit des Heeres und die politischen Bedenken Fritschs selbst waren nicht einfach von der Hand zu weisen. Gleichwohl war die Ehre der Armee — und zwar nicht nur im Sinne einer umstrittenen Standesauffassung, sondern als unabdingbare moralische Grundlage ihres Lebens und Wirkens für das größere Ganze — so schwer verletzt, daß die Frage der Erfolgschancen einer Widerstandshandlung demgegenüber an Bedeutung zurücktrat. Voraussetzung für jede Art von Aktion wäre allerdings gewesen, daß Fritsch, wenn nicht schon nach seiner ersten Orientierung durch Hoßbach, so doch spätestens nach seiner ungeheuerlichen Behandlung durch Hitler, die Befehlshaber des Heeres von den Vorgängen unterrichtet hätte Statt dessen blieb die Kenntnis des wirklichen Sachverhalts auf einen ganz kleinen Kreis beschränkt. Die Bedeutung dieses LImstandes wurde beispielhaft klar, als Goerdeler „im Einvernehmen mit Schacht“ zwischen dem 30. Januar und dem 2. Februar den Befehlshaber des Wehrkreises IV, General List, und seinen Stabschef Olbricht für eine Gegenaktion zu gewinnen suchte. Die beiden Offiziere konstatierten nicht nur das derzeitige Fehlen jeder zentralen militärischen Führung, sondern machten gegen Goerdelers Vorschlag die gleichen politischen Bedenken wie Fritsch hinsichtlich der Haltung des Volkes sowie auch der Truppe gegenüber Hitler geltend. Vor allem aber war ihnen „ein Fall Fritsch völlig neu“, und in den anderen Wehrkreisen war man nach ihrer Überzeugung „ebenso ahnungslos“ So erhielt Hitler die Möglichkeit, am 4. Februar in der Reichskanzlei den älteren Generalen und Admiralen die Vorgänge in einer Form darzustellen, „daß über die tatsächliche Schuld [auch Fritschs] kaum noch ein Zweifel bestehen konnte“ Und Hitler schloß die Zusammenkunft mit einem Verbot an die Teilnehmer, über die ihnen genannten Gründe der Entlassung Fritschs zu sprechen
Wir sind nicht ausreichend darüber unterrichtet, worauf die von verschiedenen Seiten angestellten Erwägungen hinsichtlich einer Gegenaktion im einzelnen hinausliefen. Gisevius, Oster und Goerdeler dachten an einen Schlag gegen das Hauptquartier der Gestapo, durch den Hitler „vor vollzogene Tatsachen“ gestellt werden sollte Mochte sich dieser Ansatz taktisch empfehlen, so mußte man sich doch darüber klar sein, daß er „nur ein erster Schritt“ sein konnte und daß die Dinge letzten Endes auf eine Auseinandersetzung mit Hitler selbst hinauslaufen würden. Bei den drei Genannten herrschte darüber auch kaum ein Zweifel. Als Alternative eines gewaltsamen Vorgehens wäre die Verweigerung des Rücktritts durch Fritsch, unterstützt von einer durch seinen Appell veranlaßten Solidaritätskundgebung der Generale denkbar gewesen. Einer solchen Demonstration galten offenbar die Befürchtungen Goebbels' Nicht wenige Offiziere waren und sind jedenfalls der Überzeugung, daß die höhere und mittlere Führung des Heeres bei voller Kenntnis des Sachverhalts, bis auf wenige Ausnahmen einem Anruf Fritschs Folge geleistet hätte Fritsch selbst hatte nach drei verschiedenen Zeugnissen im Sommer 193 8 (mindestens vorübergehend) bedauert, passiv geblieben zu sein: „Wenn ich allerdings gewußt hätte, wie skrupellos dieser Mann ist und wie er mit dem Schicksal des deutschen Volkes Hasard spielt" — erklärte er damals seinem letzten Ordonnanzoffizier in bezug auf Hitler —, „hätte ich anders gehandelt und das Odium, aus egoistischen Gründen gehandelt zu haben, auf mich genommen Auch für eine Demonstration war jedoch der frische Eindruck der ungeheuerlichen Vorgänge die weitaus geeignetste Voraussetzung. In diesem Falle wäre das höhere Offizierskorps wohl in der Lage gewesen, Fritschs Bedenken, er handle im eigenen Interesse, zu überwinden. Nach Abgang des Generalobersten und Einleitung des Verfahrens aber war jede Aktion stark erschwert. Eine zentrale Führung fehlte zunächst. Einwirkungen von Schacht auf Raeder, Rundstedt und Brauchitsch, von Goerdeler auf List und viele andere, von Gisevius auf General von Kluge, von General von Salmuth auf seinen Gruppenbefehlshaber von Bock — letzteres offenbar Versuche, die fehlende Initiative in Berlin durch einen Anstoß von außen zu ersetzen —, scheiterten. Es rächte sich jetzt, daß der heimtückische Streich Hitlers das Heer völlig überraschend traf und daß das Offizier-korps auf die Abwehr eines solchen Eingriffs in sein Gefüge weder innerlich noch äußerlich vorbereitet worden war. Freilich lag es tief in der Entwicklung der Wehrmacht seit der Hinnahme der Ermordung Schleichers und Bredows, der verhängnisvollen Vereidigung auf Hitler und dem inneren Wandel der Armee von 19 3 5 begründet, daß sie der Forderung dieser Stunde nicht entsprach. Auch Beck hatte sich noch nicht zu voller Klarheit über Hitler durchgerungen, wenngleich er unter der Hand das Seine tat, die Sache Fritsch zu fördern In heftiger Auseinandersetzung mit dem zu einer demonstrativen Aktion drängenden Oberquartiermeister General Halder erklärte er jedoch unter Hinweis auf das schwebende Verfahren: Was Halder da verlange, sei Meuterei, sei Revolution. Diese Worte gebe es nicht im Lexikon des deutschen Offiziers Beck hat nicht lange darauf den Gewissenkonflikt zwischen Gehorsam und Verantwortung für seine Person gelöst und den Weg verantwortlichen Handelns gewählt. Nach dem Zeugnis des früheren Oberpräsidenten Hermann Frhr. von Lüninck hat in dessen Gegenwart Beck während des zweiten Weltkrieges mehrmals von seiner Verantwortlichkeit dafür gesprochen, daß der politisch und psychologisch allein richtige Augenblick zum Eingreifen der Wehrmacht, nämlich die Fritsch-Krise, nicht ausgenutzt worden sei. Er habe das wohl grundsätzlich erkannt, aber den richtigen Augenblick zum entscheidenden Entschluß nicht gefunden und verpaßt
Gleichviel aus welchen Gründen das Heer den Sturz Fritschs hin-nahm, die Folgen konnten nur verhängnisvoll sein. Die Entscheidungen vom 4. Februar 1938 — „aus dem sich stets gleichbleibenden Geiste der Partei geboren“, wie der „Völkische Beobachter“ wirklich schrieb — bedeuteten die organisatorische „Gleichschaltung“ auch der Wehrmacht, ihre endgültige Lähmung als konservatives Gegengewicht, was ihre Gesamtheit angeht. Indem Hitler die Leitung der Armee „unmittelbar persönlich übernahm — wie es der durch die Haltung der Generalität ihm gegenüber verärgerte Blomberg selbst angeregt hat —, wurde die Trennung zwischen Regierungs-und Kommandogewalt vollends beseitigt, der Diktatur ihre totale Auswirkung ermöglicht. Denn in dem neuen „Oberkommando der Wehrmacht“ unter einem Keitel, der dem „revolutionären" Charakter der Bewegung alles nachsah und die „Gepflogenheiten der Gestapo“ als gegebene Tatsache hinnahm hatte sich Hitler zugleich den fügsamen „Befehlsapparat ohne eigene Autorität geschaffen. Wohl am schwersten aber wog, daß das Offizier-korps sich dem Diktator in seiner politischen und moralischen Ohnmacht offenbart hat. Es erlitt damit auch einen schweren Verlust an Ansehen und Zutrauen in den Augen aller Volkskreise, die Hitler noch widerstrebten. Überdies tat sich als Folge der Ereignisse zwischen dem Oberkommando des Heeres, verkörpert namentlich im Generalstab, und dem Oberkommando der Wehrmacht eine verhängnisvolle innere Kluft auf.
Zwar fiel mit dem Abgang Blombergs die Zwischeninstanz des Reichskriegsministers fort, so daß der Oberbefehlshaber des Heeres dem Diktator nun unmittelbar unterstellt war. Doch auch dies wirkte sich nicht zum Vorteil des Heeres aus; denn abgesehen von den praktischen Unklarheiten der neuen Spitzengliederung besaß der zürn Oberbefehlshaber ernannte General von Brauchitsch nicht die Persönlichkeit, welche die ungewöhnliche Lage an der Spitze des Heeres erforderte. Wohl war auch er, schon auf Grund seiner protestantisch-kirchlichen Bindungen, kein Nationalsozialist und nach seiner Herkunft und Wesensart eine Hitler konträre Natur Militärisch-fachlisch hervorragend bewährt, war der stille, verschlossene, im äußeren Auftreten peinlich korrekte Mann jedoch viel zu feinbesaitet und zu wenig beweglich, um Hitler und dessen Formen und Methoden gewachsen zu sein, zumal ihm die Gabe schlagfertiger Rede und Gegenrede offensichtlich abging In dornenvoller Amtsführung hat Brauchitsch im Rahmen seiner menschlichen Grenzen oft zweifellos bis zur Erschöpfung mit Hitler gerungen. So wandte er sich, von Beck darin bestärkt, in einer Denkschrift gegen die neue Spitzen-gliederung, welche das OKH zugunsten des OKW an Bedeutung herabdrückte — und erfuhr in der gleichen Form glatte Ablehnung So suchte er die SA als Konkurrenz der SS wieder zu beleben so verteidigte auch er die Militärseelsorge gegen die Tendenzen der Partei und ihres Führers, wagte sich freilich bei der nachgerade bekannten Einstellung des Diktators über den Bereich der Wehrmacht womöglich noch weniger hinaus als sein Vorgänger Trotz unabweisbarer Erkenntnisse rettete sich Brauchitsch aus seelischen Konflikten am Ende immer wieder auf den Weg des militärischen Gehorsams Seiner kühlen Natur fehlte es an ungebrochener Vitalität noch weit mehr als Fritsch oder Beck, dazu aber an Stärke des Charakters schlechthin. Und gerade dies trat alsbald in Erscheinung.
Brauchitsch übernahm sein neues Amt offenbar mit gemischten Gefühlen. Er wehrte Glückwünsche zu seiner Ernennung zum Generalobersten ab und erklärte (trotz der belastenden Darstellung des Falles Fritsch durch Hitler) ebenfalls am 4. Februar vor den Generalen, daß der gestürzte Oberbefehlshaber in seinen Augen stets der gleiche Ehrenmann bleiben werden wie bisher Es erscheint — selbst wenn man die drohende Berufung Reichenaus in Rechnung zieht — schon schwer verständlich, daß Brauchitsch den Posten des Oberbefehlshabers ohne Vorbehalt zugunsten eines rehabilitierten Fritsch überhaupt und endgültig annahm. Vollends unbegreiflich aber ist, daß er dies unter sachlichen und persönlichen Bedingungen tat, die seine Handlungsfreiheit aufs schwerste beeinträchtigen mußten. Wann jemals hätte das Heer eines in jeder Hinsicht „unabhängigen“ Oberbefehlshabers dringender bedurft als jetzt? Statt dessen erklärte sich Brauchitsch, ohne vorherige Fühlungnahme mit Beck auf die ihm von Keitel vorgelegten Fragen bereit, „das Heer enger an den Staat und sein Gedankengut heranzuführen“, nötigenfalls einen entsprechenden Generalstabschef zu wählen, sowie einen Wechsel in der Führung und Einstellung des Heerespersonalamts vorzunehmen Darüber hinaus ließ er schließlich auf Verlangen Hitlers eine Anzahl'älterer, zum Teil ihrer konservativen Haltung wegen mißliebiger Generale und einige Obersten verabschieden oder versetzen Damit konnte der Diktator seine Aktion gegen die Spitze der Wehrmacht im Rahmen eines größeren (bekanntlich militärischen wie zivilen) Revirements verschleiern und zugleich seinen leichten Erfolg noch weiter ausbauen. Zu alledem aber ging Brauchitsch bekanntlich noch eine private Bindung gegenüber Hitler ein, die seine Amtsübernahme erst ermöglichte: er empfing eine erhebliche finanzielle Hilfe um eine neue Ehe eingehen und seine erste Frau angemessen abfinden zu können. Es darf zwar dahingestellt bleiben, wie weit dieses Faktum seine Haltung in sachlichen Einzelfragen berührt hat. Doch liegt gerade bei einem allerseits als feinfühlig geschilderten Manne wie ihm die Vermutung nahe, daß es im ganzen seine innere Freiheit gegenüber dem Diktator beeinträchtigte, der dadurch von vornherein ein moralisches Übergewicht erhielt.
Dennoch könnte das Verhalten Brauchitschs Verständnis finden, hätte es auf der festen Absicht beruht, selber den Posten des Ober-befehlshabers zu übernehmen, um die angeschlagene Position des Heeres durch eine zielbewußte und energische Wahrung seiner mit dem Wohle der Nation aufs engste verknüpften Interessen wiederherzustellen. Die Erregung, die trotz mangelnder Orientierung über die Interna und Hintergründe des Falles Fritsch die bloße Tatsache der Verabschiedung des beliebten Oberbefehlshabers im Heer auslöste — für längere Zeit herrschte zwischen Offizieren und Parteileuten eine geradezu „eisige Atmosphäre“ —, hätte ihm dabei moralische Kraft-quelle und Stütze sein können. Statt dessen schärfte Brauchitsch in der erwähnten Ansprache vor den Generalen (am 4. Februar) zunächst einmal Hitlers „Schweigegebot“ ein und wandte sich ebenso nachdrücklich wie unmotiviert gegen etwaige „monarchistische Tendenzen“ Trotz sicherlich guter Vorsätze und mancher Anläufe versäumte er sodann die Gelegenheiten zu einer entschiedenen Stellungnahme, die sich schon im Verlauf der Untersuchung gegen Fritsch, in die er sich Einblick verschaffen konnte, mehrfach ergaben. Vergeblich legten Canaris und Hoßbach nach dem günstigen Ausgang des Prozesses Brauchitsch über Beck „eine besondere Demarche“ des Heeres bei Hitler nahe, die nicht nur die Wiederherstellung der Ehre Fritschs „und der gesamten Wehrmacht“ erwirken, sondern sich auch gegen die Führung der Gestapo richten sollte Allerdings waren nach dem österreichischen Triumph Hitlers, der die Erfüllung einer nationalen Sehnsucht bedeutete, solchen Schritten die psychologischen Voraussetzungen zunächst weitgehend entzogen. Im Oberkommando des Herres machte sich eine spürbare Resignation geltend Brauchitsch überließ die praktischen Bemühungen um Rehabilitierung Fritschs bei Hitler vorwiegend dem (uneingeweihten!) neuen Heeresadjutanten Hauptmann Engel, der sich nach vielem vergeblichem Drängen begreiflicherweise fragte, warum ausgerechnet er „als junger Offizier in dieser doch hochpolitischen und wichtigen Angelegenheit beim Führer vorstoßen“ müsse. Brauchitschs eigener Versuch Fritschs Beförderung zum Feldmarschall zu erreichen scheiterte
Je mehr jedoch Hitler auf eine gewaltsame Lösung der Sudetenkrise hinsteuerte, wurde auch die Position des Heeres wieder stärker und die Beseitigung der offenkundigen Vertrauenskrise für den Diktator wichtig. So entschloß er sich denn endlich zu einer — Geste, indem er am 13. Juni auf dem Flugplatz Barth bei Stralsund dem gleichen Kreis der Generale und Admirale, vor dem er am 4. Februar gesprochen hatte, die Ernennung Fritschs zum „Chef“ eines Artillerieregiments verkündete, und im Anschluß an eine Verlesung der Begründung des Freispruchs sein eigenes Verhalten „motivierte“. Er vollbrachte dabei ein neues Meister-stück wohlberechneter Darstellungs-und Beeinflussungskunst, dessen psychologische Wirkung keine nur sinngemäße Wiedergabe seiner Worte annähernd verdeutlichen kann. In „ausführlichen, gefühlsbetonten Darlegungen“ wußte Hitler nach zuverlässigen Zeugnissen jedenfalls den Eindruck zu erwecken, daß er in voller Aufrichtigkeit sprach und tiefes Bedauern über die „tragische Entwicklung“ empfand, ja daß — wenn wirklich eine Parteiintrige vorlag — auch er selber getäuscht worden war. Fritsch, so bemerkte er, solle jede mögliche Genugtuung erhalten. Seine Wiedereinsetzung komme freilich nicht in Frage, da er, Hitler, — Fritsch nicht zumuten könne, wieder vertrauensvoll zu ihm zu stehen Im übrigen „könne er, der Führer, sich nicht vor der Nation desavouieren“: an der Darstellung, daß Fritsch gesundheitshalber ausgeschieden sei, müsse der Öffentlichkeit gegenüber festgehalten werden weil sonst — dies war wohl der schwächste Punkt seiner Argumentation — diese im Interesse des Ansehens der Wehrmacht auch in künftigen Fällen gebotene Form keinen Glauben mehr finden würde. Eine Reichstagssitzung aber, in der er die Verdienste Fritschs habe würdigen wollen, könne infolge der außenpolitischen Entwicklung vorerst nicht stattfinden. Ausdrücklich nahm Hitler „amtliche Stellen“ gegen den Verdacht leichtfertigen oder böswilligen Handelns im Falle Fritsch in Schutz — nur Fehler untergeordneter Organe räumte er ein — und wagte zu behaupten, die eigentliche Schuld trage der Erpresser Schmidt! Mit der unerhörten Begründung, daß eine gerichtliche Verhandlung gegen diesen nur eine Freiheitsstrafe ergeben würde, ordnete er dessen Erschießung an Bezeichnenderweise hielt Hitler es abschließend für nötig, den militärischen Führern zu versichern, daß „im neuen Reich ein bewußter Kampf anderer Kräfte gegen die Wehrmacht unmöglich sei“, daß die Besetzung ihrer leitenden Positionen nur aus ihr selbst heraus erfolgen könne und daß ein Einfluß anderer Stellen — „wie in Rußland“ — ausgeschlossen wäre
Mit Hilfe stärkster Unterstreichung der angeblichen „Tragik“ des Falles und seiner „grundsätzlichen“ Gutwilligkeit entzog oder vielmehr entwand sich Hitler aus scheinbar zwingenden staatspolitischen Gründen einer Rehabilitierung Fritschs, die diesen Namen verdient hätte. Man muß sich für die Wirkung seiner Worte stets vergegenwärtigen, daß die Wehrmachtführer über das tatsächliche Geschehen noch immer höchst mangelhaft orientiert waren. Es lag bei Brauchitsch, ihnen zu sagen, was man Fritsch vor und während des Verfahrens angetan, was man aufgewandt hatte, um den Generalobersten und damit die Armee zu diffamieren; es lag bei ihm, die Wehrmachtführung Notwendigkeit und Bedeutung einer wirklichen Rehabilitierung erkennen zu lassen, zumal die außenpolitischen Pläne Hitlers sie jetzt ohnehin einem Konflikt zwischen ihrem Gehorsam und ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl, ja sogar ihrer fachlichen Verantwortung zutrieben Man vermißt bei Brauchitsch eine elementare Reaktion gegen Zumutungen und Ehrverletzungen, deren Hinnahme durch hohe Offiziere der preußisch-deutschen Vergangenheit unvorstellbar erscheint. Allerdings äußerte man aus dem Kreise des Oberbefehlshabers auf die Frage, warum Brauchitsch nicht zusammen mit den Kommandierenden Generalen Hitler vor die Alternative stelle: „Entweder restlose Rehabilitierung Fritschs, oder wir bitten um unseren Abschied“, die Befürchtung, Hitler werde in solchem Falle die Generale durch SA-und SS-Führer ersetzen Auch Fritsch sprach im Spätfrühjahr 1938 die Ansicht aus, daß ein Gewaltstreich dem Heere noch mehr schaden würde, da es „Kreise“
gebe, „die eine Fronde der Generale nur begrüßen würden“ Es sei dahingestellt, wie weit diese Besorgnisse echte Motive oder eine Selbst-rechtfertigung bedeuteten. Fritsch jedenfalls verkannte offenbar, daß — auch im Licht der Sache — gar keine Rehabilitierung besser war als die ihm von Hitler gewährte, für ihn persönlich (wie er selbst sagte) „wertlose“ Im vermeintlichen Interesse der Nation, in dem Glauben, zur Beseitigung des „Zwiespalts zwischen Offizierkorps und Hitler“, durch erneute Zurückstellung „der eigenen Person“ das Seine beitragen zu müssen rang er sich zur Annahme der Ehrung durch. Es wirkte nach dem Bericht eines Teilnehmers an der Übergabe des Artillerieregiments 12 an den Generalobersten am 11. August in Groß-Born „auf die Kenner der Vorgänge fast erschütternd, wie Fritsch in seiner Ansprache von den Verdiensten Hitlers sprach und mit einem Sieg Heil* auf den Führer endete Dieser hatte die vom Heeresadjutanten in Brauchitschs Auftrag an ihn gestellte Frage, ob er nicht an der Feierlichkeit teilnehmen wolle, „da er ja selbst in diesen Tagen einer Gefechtsübung in Groß-Born beiwohnen würde", bezeichnenderweise „mit einem scharfen, kurzen , Nein‘ “ beantwortet Sechs Tage später, am 17. August 1938, vollendete Hitler den Bruch seines Wortes, daß die Wehrmacht einziger Waffenträger der Nation bleiben und die SS im Kriege im Heer aufgehen solle: Er stellte die bewaffneten SS-Verbände auch der Form nach als besondere Einheit zu seiner ausschließlichen Verfügung neben die Wehrmacht
Wird in der folgenden Ausgabe fortgesetzt 4POLITIK UND ZEITGESCHICHTE AUS DEM INHALT UNSERER NÄCHSTEN BEILAGEN:
Walter A. Berendsohn:
„Thomas Mann und das Dritte Reich“
J. M. Bochenski:
„Die kommunistische Ideologie und die Würde, Freiheit und Gleichheit des Menschen im Sinne des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949"
David J. Dallin: „Sowjetspionage"
Roland Klaus: „Nicht gestern, Freund, morgen!"
Helmut Krausnick: „Wehrmacht und Nationalsozialismus 1934— 39“
Edgar Kupfer: „Strafkompagnie Dachau"
Jürgen Rühle: „Die Kulturpolitik der SBZ"
Hans Wenke: „Die Erziehung im Kreuzfeuer der öffentlichen Meinung" * Richard Wolff: „Der Reichstagsbrand 1933, ein Forschungsbericht" • • • ,, Urkunden zur Judenpolitik des Dritten Reiches'*