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Das Ziel der amerikanischen Außenpolitik ist Friede | APuZ 51/1954 | bpb.de

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APuZ 51/1954 Das Amerikanisch-Russische Verhältnis Des Winfrid-Bonifatius geschichtliche Sendung Das Ziel der amerikanischen Außenpolitik ist Friede

Das Ziel der amerikanischen Außenpolitik ist Friede

John Foster Dulles

De» amerikanische Außenminister John Foster Dulles nahm am 29. November 1954 in einer umfassenden außenpolitischen Rede zu der gegenwärtigen Weltlage Stellung. Die Rede des Außenministers auf dem Kongreß der 4-H-Klubs, die von allen amerikanischen Rundfunkstationen übertragen wurde, hat folgenden Wortlaut: „Vor 10 Tagen habe ich im Weißen Haus die Außenpolitik der USA mit den maßgebenden Kongreßmitgliedern beider Parteien, Republikanern wie auch Demokraten, erörtert. Anschließend sagte der Präsident zu mir, er glaube, es wäre gut, wen ich darüber auch dem amerikanischen Volke berichten würde.

Es ist nicht einfach, das ganze Thema in eine kurze Rede zusammenzufassen. Aber ich werde mein Bestes versuchen.

Lassen Sie mich damit beginnen, das Ziel der amerikanischen Außenpolitik herauszustellen. Es besteht darin, Ihnen und mir sowie unseren Kindern die Möglichkeit zu verschaffen, sich in Frieden den Segnungen der Freiheit zu erfreuen. Dieses Ziel steht über allem was wir unternehmen.

Diese Aufgabe ist nicht einfach, denn der internationale Kommunismus bedroht Frieden und Freiheit mit vielen Mitteln und an zahlreichen Orten.

Koexistenz

Eine allgegenwärtige Gefahr besteht darin, daß wir uns dazu verleiten lassen, unseren Schutz aufzugeben, bevor die Gefahr wirklich vorbei ist. Die internationalen Kommunisten sind Meister des Tricks, Worte zu verwenden, die für sie eine ganz bestimmte Sache und für uns etwas ganz anderes bedeuten.

Es dauerte lange, bis wir lernten, daß das Wort . Demokratie'für die Kommunisten eine Diktatur bedeutet, die sie , die Diktatur des Proletariats'nennen. Es dauerte eine gewisse Zeit, bis wir lernten, daß das Wort . Frieden'für die internationalen Kommunisten . Konformität'bedeutet — eine Gleichschaltung, bei der das Verhalten von Moskau vorgeschrieben wird.

Das heikle Wort heißt heute , Koexistenz'. Für uns bedeutet es Nachsicht gegenüber anderen Auffassungen. Man muß abwarten, was es für die internationalen Kommunisten bedeutet. Es stimmt, daß die sowjetischen Kommunisten in der letzten Zeit in einer sanfteren Tonart geredet haben. Aber es entspricht ebenso den Tatsachen. daß die rotchinesischen Kommunisten in ihren Worten und Taten eine immer größere Gewalttätigkeit an den Tag legten. Sie haben die elementaren Grundsätze der internationalen Gepflogenheiten verletzt.

Vielleicht versucht der internationale Kommunismus die freien Nationen durch neue Mittel und Wege zu spalten. Die Kommunisten versuchen, in Europa Öl auf die Wogen zu gießen, während sie in Asien provokatorische Handlungen begehen.

Die USA werden antworten. Sie werden scharf reagieren, ohne sich jedoch dabei zu einer Maßnahme provozieren zu lassen, die eine Verletzung der von den USA eingegangenen internationalen Verpflichtungen ziehen würde. Was geschehen ist, stellt für uns und für alle, die den Frieden wollen, einen Ansporn dar, Mittel und Wege zu finden, die mit dem Frieden vereinbar sind und die das Völkerrecht bekräftigen.

Wir haben uns auf Grund der Charta der Vereinten Nationen damit einverstanden erklärt, internationale Gegensätze auf friedlichem Wege in solcher Weise beizulegen, daß der Weltfriede nicht gefährdet wird. Daher besteht unsere erste Pflicht vielmehr darin, alle friedlichen Mittel auszuschöpfen, damit die internationalen Rechte der USA und jene ihrer Bürger gewahrt bleiben, darin, jetzt zu kriegerischen Handlungen in Form einer Luft-und Seeblockade gegen Rot-china überzugehen.

Natürlich trachten wir immer wieder danach, Anzeichen einer wirklichen Änderung in der Haltung des internationalen Kommunismus zu entdecken. Hoffentlich wird der Tag einmal kommen, wo er seine Bemühungen einstellen wird, die Welt durch Gewalt, Einschüchterung und Betrug zu beherrschen. Diesen Tag werden wir, sollte er einmal anbrechen, lebhaft begrüßen. Aber wir wollen sicher sein, daß wir hierbei keinen Fehler begehen und eine falsche Morgen-dämmerung für die richtige angesehen. Es existiert noch immer ein ungeheures sowjetisches Militärpotential, das irgendwelche defensive Notwendigkeit bei weitem übersteigt. Die rot-chinesischen Kommunisten sind noch immer aggressiv eingestellt. Und es gibt noch immer in jedem freien Land einen kommunistischen Apparat, der die bestehende Ordnung niederzureißen sucht.

Daher müssen wir wachsam bleiben. Wir müssen eine Politik betreiben, und wir betreiben sie auch, um sowohl dem militärischen wie dem subversiven Risiko begegnen zu können.

Verteidigung der USA gegen einen bewaffneten Angriff

Es gibt Menschen in den USA — und noch mehr in anderen Ländern — die behaupten, daß es unrecht ist, bereit und in der Lage zu sein, zu kämpfen. Sie sagen, daß die wahrhaft Friedliebenden unbewaffnet und neutral sein sollten.

Wir haben das versucht, aber es ist nicht gegangen. • Wiwaren im Jahre 1914 unbewaffnet und neutral, als der erste Weltkrieg ausbrach. Die Angreifer glaubten, daß sie mit uns nicht zu rechnen brauchten.

Wir waren im Jahre 1939 unbewaffnet und neutral, als der zweite Weltkrieg ausbrach. Und wieder glaubten die Angreifer, nicht mit uns zu rechnen zu brauchen.

Der Koreakrieg kam, als wir weitgehend abgerüstet und unsere Truppen aus Korea zurück-als gezogen hatten, und die Aggressoren dachten, daß ihnen kein Widerstand entgegengestellt würde.

Heute sind wir anderer Ansicht. Wir sind überzeugt, daß der größte Beitrag, den wir zum Frieden leisten können, die Bereitschaft ist, zu kämpfen, wenn es sein muß, sowie die Hilfsmittel und die Verbündeten zu besitzen, die sicherstellen, daß ein Aggressor unbedingt besiegt wird Das bedeutet keineswegs, daß wir roh oder herausfordernd oder militaristisch sind. Es bedeu-f tet, daß wir den Frieden nicht nur mit dem Herzen sondern auch mit dem Verstand suchen.

In diesem Geiste treffen wir militärische Vorbereitungen, die, wie wir überzeugt sind, vor einem Krieg abschrecken werden. Dies erfordert grundsätzlich, daß ein möglicher Aggressor nicht glauben darf, eine Aggression macht sich bezahlt. Ei muß wissen, daß er die Vereinigten Staaten nicht durch einen plötzlichen Angriff vernichten kann und daß wir in der Lage sind, zurückzuschlagen. Aus diesem Grund bauen wir die kontinentale Verteidigung in einer wesentlichen Richtung aus. Sie wird aus einem ausgebauten Vorwarnungsnetz und aus Kampfflugzeugen bestehen, die nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgestattet sind. Diese Einrichtungen sollten es uns ermöglichen, einen sehr hohen Prozentsatz etwaiger roter Bomber, die sich auf einem feindlichen Auftrag gegen die Vereinigten Staaten befinden, abzuschießen.

Dann haben wir unser strategisches Luftkommando, das in der Lage ist, Gegenschläge gegen die lebenswichtigen Teile der Sowjetunion zu führen. Diese Schläge würden nach unserer Rechnung weit mehr Schaden anrichten, als die roten Flugzeuge den USA zufügen könnten.

Sie werden vielleicht fragen, was denn die Außenpolitik damit zu tun hat. Darauf antworte ich Ihnen: alles. Unser kontinentales Verteidigungssystem hängt von Kanada ab. Und die freien Nationen können keine wirksamen Vergeltungsmaßnahmen zur Abwehr etwaiger Aggressionen ergreifen, wenn sie nicht über ein weitgespanntes Netz von Flugplätzen verfügen.

Daher ist es ein wesentlicher Bestandteil unserer Außenpolitik, freundschaftliche Beziehungen zu anderen Ländern zu pflegen, so daß wir mit ihnen für unsere gemeinsame Verteidigung zusammenarbeiten können.

Und ich kann Ihnen sagen, daß wir solche freundschaftliche Beziehungen haben und daß es daher jeder Nation teuer zu stehen kommen dürfte, die Vereinigten Staaten anzugreifen.

Schutz anderer Länder gegen einen bewaffneten Angriff

Natürlich könnten wir derartige Beziehungen zu anderen Ländern nicht haben, wenn wir nur an uns dächten. Diese Beziehungen müssen vielmehr dem gemeinsamen Interesse dienen. Das heißt, die gemeinsame Verteidigung umfaßt viele Gebiete außerhalb der Vereinigten Staaten.

Von besonderer Bedeutung hierbei ist, daß die Weltmeere von freien und befreundeten Nationen beherrscht werden. Dafür haben wir durch eine Reihe von Sicherheitsabkommen gesorgt: für das atlantische Gebiet ist dies durch den Nordatlantikpakt geschehen; für das pazifische Gebiet bestehen einige Abkommen, die sich zum Teil noch im Stadium der Entwicklung befinden und sich auf Japan, die Republik Korea, die Riukius (Okinawa), Formosa, die Philippinen, Australien und Neu-Seeland sowie Teile Südostasiens beziehen.

Zur konkreten Untermauerung dieser schriftlichen Verträge stehen die örtlichen Streitkräfte zur Verfügung. In einigen Fällen sind diese örtlichen Streitkräfte, die man für notwendig erachtet, größer als die jeweiligen nationalen Regierungen sie unterhalten können. In diesen Fällen helfen wir aus. Dabei handelt es sich jedoch nicht um . Almosen'. Es ist vielmehr die soge-nannte . Auslandshilfe'— eine Bezeichnung, die mir nicht gefällt. Die korrekte und bessere Bezeichnung ist . gegenseitige Sicherheit'.

Westeuropa, mit seiner gewaltigen Industrie-macht, ist ein Preis erster Ordnung für jeden, der die Weltherrschaft anstrebt. Es bedarf daher eines besonderen Schutzes, den es durch die NATO erhält. Die NATO aber braucht in ihrem Kern auf dem Kontinent einen engeren Zusammenschluß unter Beteiligung Deutschlands. Dies war das Ziel der historischen Abkommen, die vorigen Monat in London und Paris abgeschlossen wurden. Diese Abkommen sollen den ständigen Kriegen der europäischen Völker untereinander ein Ende setzen und gleichzeitig Westeuropa eine wirksame Verteidigung gewährleisten. Die Aussichten auf ein geeintes Europa werden durch die jüngst von Italien und Jugoslawien getroffene Regelung der Triester Frage und die bevorstehende Regelung der Saarfrage durch Frankreich und Deutschland gestärkt.

Zu den nationalen Verteidigungskräften der Mitgliedstaaten kommen noch die Luft-und Seestreitkräfte hinzu. Diese beweglichen Kräfte sind zur Abwehr etwaiger Angriffe notwendig, da es für einen Angreifer sehr vorteilhaft wäre, wenn er ein einzelnes, bestimmtes Gebiet angreifen könnte ohne mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen zu müssen. Wir müssen in der Lage sein, zu jeder Zeit, wo immer wir wollen und mit welchen Mitteln wir wollen, auf etwaige Angriffe zu reagieren.

Dies bedeutet jedoch nicht, daß jede örtliche kriegerische Auseinandersetzung automatisch in einen allgemeinen Krieg umgewandelt wird, in dem sämtliche Länder mit Atombomben bombardiert werden. Die Kernfrage, um die es hierbei geht, ist, daß wir und unsere Verbündeten die Mittel und den Willen haben sollten, dafür zu sorgen, daß ein etwaiger Angreifer durch seine Aggression mehr verliert, als er gewinnen könnte. Dies bedeutet wiederum nicht, daß der Aggressor vollständig vernichtet wird. Es bedeutet aber, daß wir in der Lage sind, ihm als Vergeltungsmaßnahmen Schaden zuzufügen. Wir sind der Ansicht, daß wir und unsere Verbündeten über die hierzu erforderliche Macht verfügen. Und wir sind ebenfalls der Ansicht, daß ein bewaffneter Angriff auf die durch unsere Sicherheitsabkommen erfaßten Gebiete sehr unwahrscheinlich ist, solange wir über diese Macht verfügen.

Es gibt einige Gebiete in der Welt, die nicht durch besondere kollektive Sicherheitsabkommen geschützt sind. Dies trifft insbesondere für einige Teile Asiens zu.

Allerdings sind bereits Entwicklungen im Gange, auch für diese Gebiete ein kollektives Sicherheitssystem zu errichten. So sind zum Beispiel die Türkei und Pakistan dabei, im Norden einen Verteidigungsgürtel zu schaffen, damit die reichen Ölfelder des Nahen Ostens nicht eine leichte Beute der Sowjetunion werden. Die kürzliche Befreiung Persiens von dem Zugriff durch die kommunistische Tudeh-Partei, die anschließende Beilegung des Ölkonflikts und der Kontroverse um den Suez-Kanal, all dies eröffnet neue Möglichkeiten zur Stärkung und Festigung auch dieses Teiles der Welt.

In jedem Falle bieten auch die Vereinten Nationen einen mächtigen Schutz gegen eine offene Aggression. Dies ist nicht von nebensächlicher Bedeutung — wie der Fall Korea bewiesen hat. Und es ist unsere Politik, die Vereinten Nationen tatkräftig zu unterstützen.

Diese von mir hier umrissenen Maßnahmen bieten den freien Nationen weitgehend Schutz gegen die Gefahr eines bewaffneten Angriffs.

Die Völker der Erde scheinen dies zu spüren. Daher herrscht auch allgemein das Gefühl vor, daß die Gefahr eines Weltkrieges heute geringer ist, als dies vor einigen Jahren der Fall war.

Maßnahmen gegen subversive Tätigkeit

Lassen Sie mich nunmehr die durch subversive Tätigkeit drohende Gefahr behandeln. Diese Gefahr ist groß. Der internationale Kommunismus hat große Erfahrung darin, politische unsichere Verhältnisse für sich auszunützen. Diese Erfolge sind nicht nur an der Zahl der tatsächlich von den Kommunisten übernommenen Regierungen zu messen — die bereits nahezu die Zahl 20 erreicht haben — sondern auch an der Spaltungsund Obstruktionspolitik, die die Kommunisten innerhalb der freien Welt betreiben.

Was uns in diesem Zusammenhang an erster Stelle interessiert, ist die Lage in den amerikanischen Republiken. Den lateinamerikanischen Ländern droht weniger ein offener bewaffneter Angriff, sie sind aber eine schwache Stelle hinsichtlich subversiver Tätigkeit der Kommunisten. Diese Frage haben wir auf der im März dieses Jahres in Caracas abgehaltenen panamerikanischen Konferenz behandelt. Dort wurde eine Erklärung des Inhalts angenommen, daß es eine Gefahr für den Frieden und die Sicherheit aller amerikanischen Nationen darstellen würde, wenn es dem internationalen Kommunismus gelingen sollte, in einem dieser Staaten die politische Macht an sich zu reißen.

Es war dies eine bedeutsame Erklärung. Sie dürfte den Forderungen unserer Zeit vielleicht ebenso dienlich sein, wie die Monroe-Doktrin den Bedürfnissen unseres Landes im vergangenen Jahrhundert gedient hat. Durch diese Erklärung wurde eindeutig klargestellt, daß eine gemeinsame Aktion zur Ausmerzung des internationalen Kommunismus nicht ein Akt der Intervention ist, sondern vielmehr ein Akt zur Unterbindung jeglicher Interventionen.

Der in dieser Caracas-Erklärung niedergelegte Grundsatz war insbesondere für die Lage in Guatemala von Bedeutung. Dort hatte der internationale Kommunismus tatsächlich die Regierungsgewalt an sich gerissen. Die amerikanischen Staaten waren eben im Begriff, zur Beratung über diese von hier drohende Gefahr zusammenzutre-ten, als das Volk von Guatemala selbst die loyalen Kreise unterstützte, die das Krebsgeschwür des Kommunismus aus dem Staatskörper entfernten. Der von den Kommunisten gelenkte Präsident von Guatemala hat schmählich die Flucht ergriffen, während der Führer der Befreiungsbewegung heute Präsident von Guatemala ist.

Jene Deklaration von Caracas und die Demonstration, daß die amerikanischen Staaten diese ernst nehmen, schützen unsere Hemisphäre im weiten Umfang vor einer kommunistischen Un-terwühlung. Die Kommunisten wissen, daß sie die anderen amerikanischen Länder als ihre Gegner erwarten müssen, wenn sie die politischen Institutionen eines amerikanischen Landes unter ihre Kontrolle bekommen sollten. Daher besteht ein geringerer Ansporn für sie, nach Herrschaft zu streben, als dies bisher der Fall gewesen ist.

Darüber hinaus trachten die amerikanischen Staaten danach, bessere wirtschaftliche Verhältnisse zu schaffen. Gegenwärtig findet in Rio de Janeiro eine Wirtschaftskonferenz statt, wir glauben und hoffen, daß diese Konferenz den Boden für gesunde Maßnahmen bereiten wird, um die Nationalwirtschaften zu fördern und den Lebensstandard zu erhöhen. Dies würde der von Präsident Eisenhower verkündeten . Politik der guten Partnerschaft'eine praktische Bedeutung verleihen.

In Asien und Afrika sind die Gefahren einer kommunistischen Unterwühlung groß. In diesen Kontinenten gibt es Länder, die keine Selbstregierung besitzen, wo zahlreiche politische Institutionen noch nicht festen Fuß gefaßt haben, die wirtschaftlichen Verhältnisse schwach sind und die Regierungen nicht auf sicheren Füßen stehen. Die Lage in Vietnam ist heute besonders gefährdet, und in Nordafrika ist die Situation ebenfalls unruhig.

Einige der asiatischen Nationen, die kürzlich ihre nationale Unabhängigkeit erhalten haben, brauchen Hilfe. Sie wollen diese Hilfe jedoch nicht vom Westen annehmen, weil sie fürchten, daß damit eine Wiedergeburt des westlichen Kolonialismus verbunden sein könnte. So sind sie weiterhin einem System des Kommunismus ausgesetzt, das die grausamsten und erbarmungslo-z sesten Kolonialherren der Geschichte hervorbringt.

Es muß klar gemacht werden, daß die asiatischen und westlichen Nationen als gleichberechtigte Partner zusammenarbeiten. Auf der Konferenz von Manila im September dieses Jahres haben wir einen großen Schritt vorwärts auf diesem Wege getan. Dort haben die westlichen und asiatischen Konferenzteilnehmer über eine . pazifische Charta'Übereinstimmung erzielt. In dieser Charta kam ihr Wille nach Unabhängigkeit und Selbstregierung für alle Völker in der Welt zum Ausdruck, die in der Lage sind, dieser ihrer Verantwortung nachzukommen.

Das war ein wichtiger Schritt nach vorn, um den Geist des westlichen Kolonialismus zu vertreiben, der noch immer die freien asiatischen Länder erschreckt und der sie dazu bringt, nur zögernd eine hilfreiche Verbindung mit dem Westen einzugehen.

Wirtschaftspolitik

Es besteht ferner die Notwendigkeit für eine Wirtschaftspolitik, die die Erschließung aller wirtschaftlich rüdeständigen Länder unterstützt. In den kommunistischen Ländern werden Erschließungsaufgaben durch ein System der Zwangsarbeit gelöst, das der Sklaverei gleichkommt. Der Lebensstandard wird sehr niedrig gehalten und die Bevölkerung wird zu sehr schwerer Arbeit gezwungen. Auf diese Weise wird die Schwerindustrie aufgebaut.

Dieses System ist grausam und dient in erster Linie Kriegszwecken. Es hat jedoch für die Völker der wirtschaftlich rückständigen Länder einen gewissen Reiz, die der Ansicht sind, daß ihre eigenen Volkswirtschaften still stehen.

In einer freien Gemeinschaft ist es das Normale, daß die fortgeschrittenen Staaten den wirtschaftlich rückständigen Ländern Geld leihen. Unsere Vereinigten Staaten wurden in ihren ersten Anfängen zum Teil mit europäischem Kapital erschlossen. Heute verfügen die Vereinigten Staaten über das meiste Kapital, um anderen Ländern bei ihrer Erschließung helfen zu können. Wir müssen einen Weg finden, um dieses Kapital arbeiten zu lassen. Dies ist ein vernünftiges Ge-

schäftsgebahren, denn die gewährten Anleihen machen sich gewöhnlich bezahlt und die Erfahrung zeigt, daß wir alle von einer Umgebung des Wohlstandes profitieren.

Ich möchte in diesem Zusammenhang Präsident Eisenhowers Plan für die friedliche Nutzbarmachung der Atomenergie erwähnen. Dieser Plan wurde im Dezember vergangenen Jahres vor den Vereinten Nationen verkündet und fand ein gewaltiges Echo. Ich selbst erörterte ihn verschiedentlich mit dem sowjetischen Außenminister Molotow. Die Sowjets lehnten ihn jedoch ab. In diesem Herbst verkündeten wir dann, daß wir mit diesem Plan zusammen mit anderen Ländern und ohne die Sowjetunion voranschreiten würden. Nun scheint es jedoch, daß die Sowjets nun doch noch mitarbeiten wollen.

Mit diesem Eisenhower-Plan ersteht unser Volk erneut in seiner historischen Rolle. Wir haben neue Möglichkeiten für das Wohl der Menschen gefunden und stellen unser Wissen in den friedlichen Dienst der gesamten Menschheit.

Es gibt noch einen letzten Aspekt unserer Politik, auf den ich zu sprechen kommen möchte. Wir sind der Überzeugung, wie Abraham Lincoln sagte, daß unsere Unabhängigkeitserklärung . Freiheit nicht nur für das Volk dieses Landes, sondern auch für alle künftige Zeit Hoffnung für die Welt'verspricht. Heute lebt ein Drittel der Menschheit in den schrecklichen Banden der kommunistischen Diktatur. Aber wir betrachten diesen Zustand nicht als unabänderlich.

Es besteht, wie wir wissen, unter den 800 Millionen Menschen, die der internationale Kommunismus regiert, ein großes Maß an Unzufriedenheit. Diese entstammt der Versklavung der Arbeiter, der Unterdrückung der Religion und der persönlichen Initiative sowie der nationalen Demütigung der Satellitenländer.

Befreiung kommt gewöhnlich von innen heraus. Aber sie wird eher von innen kommen, wenn die Hoffnung ständig von außen genährt wird. Und das tun wir auf vielerlei Art.

Ein bedeutsamer Faktor in der jüngsten Entwicklung ist die Änderung der sowjetischen Politik gegenüber Jugoslawien gewesen. Im Jahre 1948 machte sich Jugoslawien vom Würgegriff des internationalen Kommunismus frei und gewann seine eigene nationale Existenz zurück.

Bis vor kurzem wurden die Regierung und das Volk Jugoslawiens von den internationalen Kommunisten im benachbarten Ungarn, Rumänien und Bulgarien bedroht und geschmäht. Jetzt zollt die Sowjetunion jedoch Jugoslawien ihre Achtung, während sie die Marionettenregierungen in Ungarn, Rumänien und Bulgarien weiterhin mit Geringschätzung behandelt. Dies mag den Satelliten den Mut geben, ein Maß an Unabhängigkeit zu verlangen.

Die Entwicklungen tragen klar den einmal kommenden Wandel der absoluten Herrschaft in sich, die der internationale Kommunismus über die einst freien Nationen Europas und Asiens ausübt.

Konferenzen

Unsere Politik schließt internationale Konferenzen selbst mit denen nicht aus, die feindselig gegen uns eingestellt sind. Auf diese Wejse haben wir den Koreakrieg beendet. Der Umfang der Konferenzen mit der sowjetischen Regierung ist durch unsere Einstellung zu den unterdrückten Völkern naturgemäß begrenzt, denn die Sowjets wissen, daß wir zu keinem Kuhhandel bereit sind, der die Versklavung von Menschen und Nationen gutheißen und verewigen würde.

Darüber hinaus wünschen wir nicht mit sowjetischen Vertretern zu verhandeln, wenn ihr einziges Ziel ist, die freien Nationen zu spalten und sie daran zu hindern, die notwendigen Schritte für ihre eigene Sicherheit zu unternehmen.

Wir hatten eine solche Konferenz im vergangenen Januar und Februar in Berlin. Der offensichtliche Zweck dieser Konferenz war, die Wiedervereinigung Deutschlands und die Befreiung Österreichs. Praktisch versuchte der sowjetische Außenminister nachher lediglich die Pläne für die westeuropäische Sicherheit zu blockieren.

Wir haben den Wunsch, herauszufinden, ob die Sowjetunion den österreichischen Staatsvertrag unterzeichnen will und ob sie nach Ratifikation der Londoner und Pariser Abkommen zu ernsthaften Gesprächen über die Wiedervereinigung Deutschlands bereit ist. Dies ist der Zweck einer Note, die wir heute der sowjetischen Regierung übermittelt haben.

Ein wesentliches Ziel der Verträge von London und Paris besteht nicht lediglich in der Schaffung einer Verteidigungsstärke für die westeuropäischen Länder, sondern in der Begrenzung und Kontrolle dieser Stärke, so daß sie niemals zu einem aggressiven Faktor werden kann. Heute ist in Moskau eine sogenannte . Sicherheitskonferenz'eröffnet worden, auf der die sowjetischen Führer mit ihren Marionetten reden werden, deren Antworten wiederum so ausfallen, wie es ihre Herren und Meister wünschen. Wir werden sehen, cb die Sowjetunion die Gelegenheit wahrnimmt und es dem Westen gleichtut, indem sie die militärischen Einrichtungen in dem von ihr kontrollierten Feil Europas in ähnlich vernünftiger Weise begrenzt.

Es besteht häufig auf Seiten der freien Völker eine Tendenz, ihre eigenen Fehler und Schwächen zu sehen und die Stärke und Erfolge der anderen zu übertreiben. Natürlich sollten wir uns einer ständigen Selbstkritik unterwerfen, da dies einen Weg zur Läuterung darstellt.

Wir brauchten jedoch nicht das Gefühl zu haben, daß wir nun in dem großen Kampf, den man uns aufgezwungen hat, unterliegen. Wir haben ein Recht dazu, Vertrauen zu haben, weil wir in uns selbst stark sind und stark in der guten Partnerschaft, die wir mit unseren Alliierten besitzen.

Die Wahrheit hierfür besteht in der Tatsache, daß die USA in jeder Beziehung nicht nur in materieller sondern auch in geistiger Hinsicht die stärkste Macht der Welt sind. Wir verfolgen eine Politik, die klar und gesund und die für eine auf dem religiösen Glauben fußende Zivilisation und Kultur angemessen ist. Unsere Politik wird in die Tat umgesetzt und zu einem Preis, den wir uns leisten können. Sie hat sich zu einer von beiden Parteien getragenen Politik entwickelt und genießt ganz allgemein die Unterstützung der überwältigenden Mehrheit unserer Bevölkerung. Eine derartige Politik wird, dessen bin ich fest überzeugt, in Frieden bestehen können.“

Anmerkung Theodor Schielier, Dr. Phil., O. Universitätsprofessor für mittelalterliche Geschichte und geschichtliche Hilfswissenschaft in Köln. Geb. 11. 7. 1910 in Bad Godesberg.

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