dem die Hilfswerkzeuge oder, wenn man will, die Rationalisierung politischer Gefühle, die ihrerseits auf politische Erwägungen zurüdezuführen sind. Das ist natürlich eine starke Vereinfachung. Wenn man den Durchschnittsmann auf der Straße fragt, was er über den Durchschnittsdeutschen denkt, dann wird er sagen, daß die Deutschen gute Soldaten sind, gehorsam, arbeitsam, reinlich, humorlos, im ganzen unmanierlich und im allgemeinen zäh (im Sinne Hemingways). Aber mit wenigen Ausnahmen sind diese Urteile nicht das Ergebnis direkter Beobachtung oder sorgfältigen Denkens, und für das Problem der internationalen Verständigung sind sie wahrscheinlich ohne Belang. Sobald klar erkannt (oder geglaubt) wird, daß Deutschland ein sicherer Freund oder ein sicherer Feind ist, werden diese Ansichten ausgebeutet, angepaßt oder aufgegeben, bis neue Gefühle, die man gerade braucht, erzeugt sind. Es gibt zwei Worte für jede Eigenschaft, sagt Robert Louis Stevenson: das Wort, das billigt, und das Wort, das verdammt. Was an einem Feinde rohe Brutalität wäre, würde an einem Verbündeten notwendig als Strenge gelten -und so weiter auf der Liste der Laster und Tugenden.
Eine Ausnahme von dieser Regel bildet das Urteil der militärischen Experten, die praktische Männer sind. Wir wissen natürlich nicht, wie sie Sir Winston Churchill im Hinblick auf Deutschland beraten; aber es besteht kaum ein Zweifel, daß die Experten ein Bündnis mit Deutschland befürworten. Die Worte Montgomerys kurz nach dem Krieg sind recht gut bezeugt: „Natürlich brauchen wir sie.“ Ein Komitee des Royal Institute of International Affairs, einer unabhängigen Körperschaft, der Experten für alle möglichen politischen und außerpolitischen Fragen angehören, ist zu einem ähnlichen Urteil gelangt.
Instinktive Gefühle
Wir haben den Mechanismus beschrieben, der die Durchschnittsurteile über die Deutschen reguliert. Es bleibt noch von einem ziemlich wichtigen Faktor zu sprechen, der die Haltung des Publikums beeinflußt, sobald man es seinen instinktiven Sympathien und Antipathien überläßt. Diese instinktiven Gefühle bevorzugen Deutschland auf Kosten aller Großmächte mit Ausnahme der Vereinigten Staaten.
Für die Mentalität des britischen Volkes ist irgend etwas Verdächtiges in dunkelhäutigen und schwarzhaarigen Menschen, während die blonden und blauäugigen eine gewisse Anziehungskraft ausüben. Man findet Beispiele dafür überall, wo an die instinktiven Gefühle der Massen appelliert wird. Wie sieht in den billigeren Melodramen und in den Comic-Strips der Massenzeitungen der Schurke aus, der Mann, der die Heldin zu verführen sucht, der die Hypothek des armen Landedelmannes für verfallen erklärt, mit einem Wort: der Franz Moor der Geschichte? Er ist ein kleiner, flinker Mann mit glatten, schwarzen Haaren und gelblicher Hautfarbe. Natürlich gibt es Ausnahmen. Ist Deutschland der Feind, dann wird der Bösewicht des Stückes fett, dann hat er einen birnenförmigen Kopf ohne Hals und spricht in Gutturalen. Ist Rußland der Feind, dann wird der Bösewicht ein dekadenter Zarist, der (nach Kipling und späteren Autoren) ein „schnurrendes und spuckendes Russisch spricht". Ceteris paribus aber — und darauf kommt es an — ist der Romane, der südliche Typ ein Fremder und darum von Grund auf feindselig, während man von jenem Typ des Ausländers, der dem Briten so ähnlich sieht, das heißt vom Deutschen, das Gefühl hat, daß er irgendwie „einer von uns" sei. Fragt man den Mann auf der Straße nach den Franzosen, dann wird er sagen: „Man kann ihnen nicht trauen.“ Fragt man ihn nach den Deutschen, wird er sagen: „Man weiß wenigstens, woran man mit ihnen ist.“ Wieviel sie auch wert sein mag: eine gefühlsmäßige Basis für eine Verständigung mit Deutschland existiert ohne Frage.
Man kann, wenn man will, während der letzten fünfzig Jahre in der britischen Haltung gegenüber Deutschland eine Art Hegelscher Dialektik entdecken. Da ist zuerst die freundliche, aber unwissende Einstellung vor 1914; dann der irrationale Haß des ersten Weltkrieges; und schließlich die ausgeglichenere, weniger emotionale, aber noch immer weitgehend unwissende Meinung, die seit 1939 vorherrscht. Überlagert wird sie von der verschiedenen Orientierung der Rehten und der Linken: der Linken, die im wesentlichen pazifistisch ist und die Tendenz hat, friedliche, das heißt waffenlose und im allgemeinen schwache Mähte zu begünstigen; der Rehten, die bereit ist, der eventuellen Möglihkeit eines Krieges ins Auge zu sehen, und gemeinhin eine bessere „Realpolitik" verfolgt. Durh die verschiedene ideologishe Beurteilung Rußlands wird das Ergebnis noh weiter kompliziert. Das Bild von Deutshland, noh einmal sei es gesagt, rihtet sih im wesentlicken nah der jeweiligen politishen Einstellung und niht umgekehrt. Unter der Voraussetzung des in allen Shihten des britishen Volkes stetig zunehmenden Pazifismus wird das Deutshlandbild rosig ausfallen, soweit man an Deutshlands friedlihe Neigungen glauben kann und überzeugt ist, daß es das Kräftegleihgewiht in Europa niht zerstören wird. Das mag eine etwas magere Schlußfolgerung sheinen; aber sie entspricht der im wesentlihen einfahen, instinktiven und praktishen Handhabung der Politik, die ein Charakterzug des britishen Volkes ist.
Der folgende Artikel von Peter Abrahams ist mit Genehmigung des Verlages der englischen Zeitschrift „INTERNATIONAL AFFAIRS", Nr. 3, Juli 1954, entnommen.
Von allen Bühern, die 1953 über Afrika geshrieben wurden, halte ich die Novelle „BLANKET BOY'S MOON" für das bedeutendste. Sie erzählt die Geschichte von Monare aus Lomontsa, der einem Basuto-Stamm angehört. Als Kind lebte er nah den alten Stammessitten. Mit anderen Jungen hütete er die Rinderherden auf den Abhängen der heimatlichen Hügel. Er hatte sih an den Stammesprüfungen anläßlih der Beschneidung beteiligt. Später dann wurde er Christ. Das Christentum gestattet dem Manne nur eine Frau, die Stammesordnung jedoh so viele, wie er sih leisten kann. Das ist der erste Konflikt in ihm, die ersten persönlihen Spannungen entstehen: Die neue Lebesauffassung liegt im Widerstreit mit der alten; er steht zwishen dem Einfluß der Priester und der Stammesältesten. Später geht Monare nach Johannesburg, in die goldene Stadt, wo allein die Lebensordnung der Geistlihen gilt, die auch die des weißen Mannes ist. Als er von der Stadt in sein Dorf zurückkehrt, empfindet er genau, daß er von der Gegenwart in die Vergangenheit geht. Dann befiehlt ihm das Oberhaupt seines Stammes, an einem Ritualmord teilzunehmen. Monare, der Christ, lehnt sih dagegen auf. Nah christlicher Auffassung ist ein Ritualmord ein Verbrehen gegen Gott und die Menshen. Aber der Druck des Stammes trägt shließlih den Sieg davon, und Monare beteiligt sih am Mord. Die Persönlichkeit Monates, des Mannes, ist nun für immer gespalten. Er verläßt den Stamm, der ihn zu dieser sheußlihen Tat zwang. Von Furht getrieben wandert er durh die Städte der Südafrikanishen Union, fried-und ruhelos, weil er sih durh die Tat außerhalb der Gesetze und Grundsätze der hristlihen Gegenwart gestellt hat. Schließlih kommen Gefängnis und Tod, aber die Befreiung seiner Seele von der drückenden Last wiegt die Furht auf. Der lange und schreckliche Konflikt ist jetzt vorbei. Nun wird ihm endlih Frieden zuteil.
Wir wollen zugeben, daß die Person Monates erdichtet ist und deshalb absihtlih shärfer gezeihnet wurde als wohl ein Mensh wirklich ist. Wir geben außerdem zu, daß der Ritualmord das Problem in eine sehr dramatische Sphäre rückt. Aber abgesehen von diesen Zugeständnissen ist das Buch von großem Wert, weil es den ernsthaften Versuch macht, die Aufmerksamkeit auf ein Problem zu lenken, das nach meiner Ansicht das schwierigste des modernen Afrika ist, nämlich das Problem, wie Afrika den Übergang von der Stammesordnung zur technologischen Gegenwart meistern kann.
Die Nützlichkeit der Stammesordnung
Früher ist die Nützlichkeit der Stammesordnung oft diskutiert worden. Die Politik der indirekten Herrschaft unterstützte sie bis zu einem gewissen Grade. Oft erwies es sich als nützlich, sich nicht in die Struktur der Stammesordnung einzumischen, sondern sie sogar zu fördern und die Autorität der Häuptlinge zu stärken, um mit ihrer Hilfe zu herrschen. Die Kikuyu in Kenia sind in gewisser Beziehung ein Beispiel hierfür. Die Kolonialregierung setzte sogar Häuptlinge ein, wenn es sie bis dahin in der Sozialstruktur noch nicht gab. Die bis zum heutigen Tage herrschende Ansicht läßt sich am besten mit folgendem Satz ausdrücken: „Wir wollen keine schwarzen Imitationen der Engländer schaffen“. Und Personen dieser Ansicht wissen immer den Eindrude zu vermitteln, als ob es für Afrika nichts Schlimmeres gäbe, als wenn dieses einträte.
Daß der Kolonialbeamte der afrikanischen Stammesordnung weitaus den Vorzug gibt, ist von seinem Standpunkt aus nur zu begreiflich. Er ist ein Mann mit einer Aufgabe, und er möchte diese Aufgabe nach besten Kräften erfüllen, ohne sich mit denjenigen herumzuärgern, für die er die Arbeit tut. Die Erfahrung hat ihn gelehrt, daß ein Häuptling der beste Verbündete sein kann, um gewisse Sachen durchzusetzen. „Gut“ ist für ihn sehr oft das gleiche wie „gehorsam“. Der gebildete, stammeslose Afrikaner beschäftigt sich im allgemeinen sehr gern mit politischen Fragen, und fast jede Sache wird ihm zu einer politischen Angelegenheit. Der Kolonialbeamte befaßt sich nicht mit der politischen Seite einer Sache, sondern möchte seine Arbeit erledigen. Er verliert die Geduld mit dem stammeslosen Afrikaner, der ihn durch seine Anmaßung reizt. So entsteht in ihm eine absolute Vorliebe für die Afrikaner, mit denen er leicht arbeiten kann, und in gleichem Maße eine absolute Feindschaft gegen die schwierigen Elemente, die aus dem traditionellen Gehorsam der Stammesordnung ausbrechen. Sehr selten nur befaßt sich der Beamte mit Wertschätzungen.
Vor allem ist er das Instrument einer Politik, über die an anderer Stelle entschieden wird.
• Ein Ausgestoßener beider Lebensformen
Der stammeslose Mann befindet sich in einer isolierten Lage. Da er die Stammesordnung nicht anerkennt, versagt sie ihm ihre moralische und psychologische Unterstützung. Er verliert nicht nur ihren mäßigenden und hemmenden, sondern auch ihren stärkenden Einfluß. Die Beziehungen zu seinen afrikanischen Brüdern, die noch nach den Stammessitten leben, sind bestenfalls gespannt. Der weiße Beamte jedoch, der ihm helfen und ihm das Leben erleichtern könnte, hat sehr wenig Zeit für ihn, wenn überhaupt. So wird er psychologisch und gefühlsmäßig ein Ausgestoßener beider Lebensformen, der vergangenen Stammesordnung und der gegenwärtigen westlichen Lebensform. Die beiden Kräfte, die sein Leben zerstören, sind der „gute“ Stammeshäup; -ling auf der einen und der Kolonialbeamte auf der anderen Seite.
Das Problem wird hier nur in groben Umrissen geschildert. Aber daß dieses Problem in der geschilderten Form vorhanden ist, haben die Ereignisse in Afrika oft genug bewiesen. Als zum Beispiel die Mau-Mau-Bewegung in Kenia begann, war der „gute“ Häuptling W a r u h i u , der mit der Kolonialverwaltung zusammenarbeitete, eines der ersten Opfer. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Manchmal siegt der stammeslose Mann und gewinnt an Einfluß auf die Häuptlinge und die Stammesgefolgschaft. Das ist der FaP bei Kwame Nkrumah und J o m o Kenyatta, la beiden Fällen führte dies in ihren Gebieten zu einem Zusammenstoß mit der Kolonialverwaltung. Ich kenne beide Männer und kann nur mit Befriedigung feststellen, daß der unterschiedliche Ausgang der beiden Zusammenstoße weitgehend eine Folge der Tatsache war, daß es in einem Land eine weiße Siedlergemeinschaft gab und im anderen nicht. Die weitgehende Verwirklichung der Selbstregierung an der Goldküste hat nach meiner Ansicht die Schwere des kulturellen Konflikts zwischen der Stammesvergangenheit und der westlichen technologischen Gegenwart nur noch unterstrichen.
Eine der von den Nationalisten in Kenia propagierten politischen Richtungen nal. m die Form einer Ablehnung westlicher Institutionen und Sitten an. Getaufte und als Christen erzogene Afrikaner verzichteten auf ihren christlichen Namen. Sie lehnten die westliche Form des Gottesdienstes ab und richteten eigene ein. Ich wohnte einer Versammlung in Nairobi bei, bevor im Lande die Unruhen ausbrachen. In einer leidenschaftlichen Ansprache forderte einer der Führer sein Volk auf, alle europäischen Lebensformen und Einrichtungen abzulegen. Sie müßten wieder, behauptete er, ihre eigenen Lebensformen und Einrichtungen annehmen. Die westliche Lebensform wurde glatt abgelehnt. Die Tatsache, daß die Aufforderung, alle westlichen Lebensformen und Institutionen abzulehnen, in beste. Englisch vorgetragen wurde (der Sprecher war nicht Kenyatta), machte für mich den Vorgang noch tragischer und schmerzlicher. Als ich mich später mit dem Mann privat unterhielt, gewann ich den Eindruck, daß ihn die Verzweiflung trieb, daß er gar nicht die westlichen Lebensformen verneinen wollte, sondern daß ihn der Westen in Gestalt der weißen Farmer zurückgewiesen hatte. Ihrer Zurückweisung begegnete er daher mit der Ablehnung aller westlichen Lebensformen. Doch stellte ich mit Befriedigung fest, daß seine Entwicklung schon den Grad erreicht hatte, wo er mehr der westlichen technologischen Gegenwart als der Stammesvergangenheit angehört. Dieser Mann, der als Symbol für viele andere gelten kann, ist eines der tragischen Opfer dieser quälenden kleinen Fallen der Geschichte. Die Tatsache, daß er keine überlieferte Geschichte einer eigenen Vergangenheit besitzt, und daß die Weißen seiner Umgebung dies durch die Art bemängeln, wie sie von der westlichen europäischen Zivilisation sprechen, als ob sie etwas Einzigartiges wäre, zu der Nichteuropäer, wie Chinesen, Inder und Ägypter, nichts beigetragen hätten, verstärkte noch sein Gefühl tragischer Isolierung. Das Gefühl der Vereinsamung trieb zum Beispiel Keny a tt a dazu, das Buch „Im Ang e s i ch t des Keniaberges, das StammeslebenderGikuyu“ (1953) zu schreiben, eine Apologie auf das Leben innerhalb der Stammesorganisation. Irgendwohin zu gehören, kulturell verwurzelt zu sein, ist dem Menschen ein tiefinnewohnendes Bedürfnis. Als also die Weißen den schwarzen Mann zurückwiesen und Schranken gegen ihn errichteten, um ihn von jenen äußeren und sichtbaren Kultursymbolen auszuschließen, nach denen er strebte, wurde er gezwungen, seinerseits das zu verneinen, was er am dringendsten benötigte. Die Haltung der Weißen seiner Umgebung und das neue Gefühl seines individuellen Wertes als Mensch, den er erworben hatte, als er die Stammeszugehörigkeit aufgab und ein westlicher, seiner Rechte und Würde bewußter Mensch wurde, trieben ihn dazu, den inferioren Status abzuwerfen, der heute sein Los innerhalb der vielrassigen Gemeinschaften ist.
Dadurch aber verfiel er der Vereinsamung. Er aber wollte gar nicht isoliert sein, er wollte einen Platz in der Welt; einen Platz, der seine tiefsten Bedürfnisse als moderner Mensch mit modernen Ideen über politische, soziale und wirtschaftliche Fragen befriedigte. Nur ein Weg führte dorthin. Er mußte für diese Ansprüche kämpfen. Er mußte sie den Weißen entreißen, die ihm keinen ebenbürtigen Platz unter der Sonne einräumen wollten. So stellte er sich selbst an die Spitze der Stammesbrüder. Um aber die Stammesbrüder zu führen, brauchte er ihr Einverständnis. Um ihnen den Kampf verständlich zu machen und zugleich bedeutungsvoll erscheinen zu lassen, mußte er sich ihrer eigenen Ausdrucksformen bedienen. Dies aber bedeutete für ihn die Rückkehr zu den Stammesgebräuchen.
Die Stammesordnung läßt dem Einzelnen nur einen engen Spielraum. Sie ist in sich geschlossen, ist exklusiv und undemokratisch. Macht und Autorität sind letzten Endes in der Hand Weniger konzentriert. Der bindende Eid, das geheime Zeremoniell -das sind die wichtigen Faktoren. Er muß sich ihrer bedienen. Um die Unterstützung und Billigung der Stammesmächtigen zu erhalten, muß er eine Verhaltensweise fördern und gutheißen, die er als westlicher Mensch verabscheut hätte. Er muß billigen, wenn Menschen unter den Drude der Furcht gesetzt werden, um sie leichter zum Gehorsam zwingen zu können. Er muß ihrem Aberglauben Vorschub leisten, um ihn für seine Zwecke auszubeuten. Furcht, Blut und Finsternis werden seine Verbündeten. Um Macht über die Stammesangehörigen zu gewinnen, muß er die dunklen Seiten der menschlichen Natur ansprechen. Hitler hat bewiesen, mit welchem Erfolg die dunklen Seiten der Natur selbst der westlichen Menschen gefördert werden können; um wieviel mehr trifft dies für Stammesangehörige zu. Der stammeslose Mann aber wird sich innerlich wandeln, wenn er so handelt. Man kann sich nicht der Kräfte des Aberglaubens, der Furcht und der Finsternis bedienen, ohne nicht selbst psychologisch ihrem Einfluß zu erliegen.
Jomo Kenyatta
Die kommunistische Ansicht, daß der Feind das Schlimme, Bösartige und Scheußliche schlechthin darstellt, ist fast Allgemeingut auch des Westens geworden. Daher muß Kenyatta denen, die dieser Auffassung sind, als die Verkörperung scheußlicher Barbarei erscheinen. Ich kenne aus eigener Erfahrung das Ausmaß der psychologischen und emotionellen Qualen, denen man ausgesetzt ist, wenn man in der vielrassigen Gesellschaftsordnung Afrikas nicht zu den Weißen gehört, und ich befand mich in einer weniger isolierten Lage als Kenyatta. Obgleich ich die Mau-Mau-Bewegung grundsätzlich ablehne, so ist Kenyatta in meinen Augen eher ein Opfer seiner eigenen tragischen Situation und Schwäche als die Verkörperung des Bösen, wie ihn die weißen Siedler sehen möchten. Leicht ist es zu verdammen und zu sagen, ein westlicher Mann hätte anders gehandelt. Meistens verdammen die am lautesten, die K e n y a 11 a am eifrigsten von den äußerlichen und sichtbaren Symbolen der westlichen Kultur ausschlossen und ihm die Stärkung und Unterstützung durch diese Kultur verweigerten. Viel schwieriger und lohnender wäre es jedoch sich zu fragen, warum ein Mann mit so unzweifelhaften Fähigkeiten gerade den von ihm eingeschlagenen Weg wählte. Für den weißen Siedler ist es viel bequemer, das Bild vom durch und durch schlechten Schurken zu zeichnen, als diese Frage wirklich ehrlich und objektiv zu beantworten. Das Bild vom finsteren Schurken kann natürlich auch stimmen. Ein Mann kann unabhängig von den Umständen zu dunklen Taten und zur Zerstörung neigen. Doch habe ich den Eindruck, daß diesem außergewöhnlichem Manne nur eine geringe Chance gegeben wurde, innerhalb der Gemeinschaft entsprechend seinen Fähigkeiten eine nützliche Rolle zu spielen.
Viele Jahre lebte Kenyatta in Europa, und als er in seine Heimat zurückkehrte, war er längst ein westlicher Mensch geworden. Hätte in seiner Heimat ein anderes Rassenklima geherrscht, würde er sich wohl intellektuell und kulturell geistig Ebenbürtigen angeschlossen haben und das wären in der Hauptsache Weiße gewesen. Dann hätte er sich sicher positiv an der Lösung der vielen Probleme beteiligt, mit denen sein Land zu ringen hatte und noch ringt. Als ich in Kenia war, erzählte mir ein Beamter, daß Kenyatta kurz nach seiner Rückkehr Mitglied eines Ausschusses wurde, der sich mit der Land-frage befaßte, und daß seine Mitarbeit ganz brauchbar und konstruktiv war, aber daß er schließlich den Zusammenkünften des Ausschusses fernblieb. Der Beamte konnte mir nicht sagen, warum er den Zusammenkünften ferngeblieben war. Hatten dieser Beamte oder andere irgendeinen gesellschaftlichen Kontakt mit Kenyatta? Nein. Negley F a r s o n ‘ s Buch „Die letzte Chance in Afrika" (1949) gibt wertvolle Aufschlüsse über die Beziehungen zwischen Kenyatta und den zivilen Kolonialbeamten. Was mich am meisten erschütterte, als ich Kenyatta sah, war die schreckliche kulturelle Vereinsamung, in der er lebte. Die Weißen seiner Umgebung waren ebenso exklusiv und ein in sich geschlossener Kreis wie die meisten in sich abgeschlossenen Stammesgruppen, denen ich begegnete. Daher wurde dem Manne keine Möglichkeit gegeben, frische Nahrung aus den Wurzeln einer Kultur zu ziehen, die die seine geworden war. Lind daher erging es ihm wie einer Pflanze in der Wüste. Für diejenigen, die nicht zu den Ausgeschlossenen gehören, ist es leicht, über die Schurkerei eines solchen Mannes zu reden und fromm zu beklagen, daß er dem Haß verfiel. Es ist für sie nicht leicht zuzugeben, daß sie seine Enttäuschung mitförderten, bis ihr Ausmaß ihn verleitete, sich gegen sie zu wenden. Unter den gegenwärtigen Umständen ist es für sie noch schwerer, die quälenden und schrecklichen Konflikte zu verstehen, die einen solchen Mann zu einer solchen Tat trieben.
Mißverstehen der Kultur
Nach meiner Ansicht rührt die abgeschlossene und exklusive Lebensform der Weißen und der Abfall Kenyattas vom völligen Mißverstehen der Kultur her. Die Weißen rechtfertigen ihre Rassenschranken mit dem Hinweis, sie müßten die westliche Kultur schützen. Ihre Argumente sind zu bekannt, als daß ich sie hier noch einmal zu wiederholen brauchte. Ausschlaggebend ist, daß diese Argumente der westlichen Kultur eine Geschlossenheit der Form und einen exklusiven Charakter verleihen, die weder dem wahren Ursprung der Kultur noch ihren Bestrebungen entsprechen. Die wirklich treibenden Kräfte der westlichen Kultur sind in erster Linie in der Lehre Christi zu finden, der eine neue Art der menschlichen Beziehungen zu Gott und den Menschen untereinander lehrte, eine Auffassung, die mitten durch alle Stammesgottheiten und die Gefolgschaftstreue geht, alle Menschen in allen Ländern umfaßt und sie zu Brüdern mäht. Aus dieser ursprünglichen Quelle rühren alle bewegenden Kräfte in der Philosophie und in der Kunst her. Kants Lehre von der Ethik, die Menschenrechte, die Demokratie und der einzigartige neue Status, den sie dem individuellen Menschen gibt, alles dies gehört zu den nicht-exklusiven Quellen der westlichen Kultur. Sie ermöglichten die großen Fortschritte in der Wissenshaft und im materiellen Wohlstand, in der Herrshaft des Menshen über seine eigenen dunklen Seiten wie auh über die dunklen der Welt, in der er lebt.
Es hieße, die westlihe Kultur selbst leugnen, wollte man ihr diese besonderen Errungenschaften absprehen. Ih glaube, daß viele Weiße innerhalb der vielrassigen Völker sie bis zum heutigen Tage abstreiten. Die großen Probleme dieser Weißen liegen klar zu Tage. Jeder Versuh, eine wahre Demokratie wie in Großbritannien aufzubauen, würde sie in die Minderheit drängen mit all den sich daraus ergebenden Folgen. Sie haben an materiellen Gütern und an Mäht sehr viel zu verlieren. Sie befinden sich in einem echten Dilemma: Entweder müssen sie die moralishen und ethischen Grundlagen der westlihen Kultur leugnen oder ihre Vormachtstellung und ihre Privilegien aufgeben.
Dieses Dilemma führte in der Südafrikanishen Union zu einer einzigartigen Konstellation. Dort haben die von der Malan-Regierung vertretenen Weißen die der westlihen Kultur zu Grunde liegenden Werte lieber verworfen als auh nur ein Gramm ihrer Mäht und Privilegien abzugeben. Die shwarze Elite der Union hat sich diese Werte in einem höheren Grade als irgendwo sonst in Afrika, ausgenommen vermutlih die Negerelite in den französishen Kolonien Afrikas, zu eigen gemäht. Und da die Union der modernste Industriestaat auf dem afrikanishen Kontinent ist, steht ihre shwarze Elite an der Spitze der größten Gruppe urbanisierter und stammesloser, weibliher und männliher Neger auf dem Kontinent. Die Folge ist, daß heute die schwarzen Führer des afrikanishen Nationalkongresses für die moralischen und ethishen Voraussetzungen, auf denen die westlihe Kultur beruht, kämpfen. Darin liegt eine tiefe Bedeutung.
Kenyattas Stellung war zugleih leihter und schwieriger als die eines Mannes in der Union in ähnlicher Lage. Er hatte keine 300 Jahre physisher Besatzung hinter sih, die dort gründlich war und daher bei ihrem Zusammenprall mit der alten Stammeskultur besonders zerstörend wirkte. Das Land, das den Shwarzen in der Union angewiesen worden war, war auf den Einzelnen berehnet weniger als das, was den Kikuyus geblieben war. Die Folge davon war, daß der Land-hunger in den Unionreservaten unendlih viel größer war als in denen der Kikuyus. Aber die Union besaß Gruben und Zubringerindustrien, die den Landhungrigen Ausweihmöglihkeiten boten. Diese Lebensalternativen führten die Neger dazu, andere Lebensformen anzunehmen, über die Welt anders zu denken und sih letzten Endes die Kulturwerte der Städte anzueignen. Aus Negern wurden dadurh noh keine Weißen oder „Imitationen der Engländer", sondern ein neuer Typus Neger, der zu der neuen, ihm durh die Entwicklung aufgezwungenen Stadtkultur auh etwas beizutragen wußte. Daß auh dieser neue shwarze Typus einen Beitrag zur westlihen Kultur beizusteuern hat, haben seine Leistungen auf musikalischem, künstlerishem und literarischem Gebiet reichlich bewiesen. Jeder, der seine Leistungen wirklih kennt, weiß, daß sie alles andere als sklavishe Nahahmung der Werke Weißer sind. Sein afrikanisher Ursprung und seine einzigartigen oft verheerenden Erfahrungen als Neger in der modernen Welt verleihen seinen Werken einen besonderen Charakter. Seine künstlerischen Beiträge sind originell und werden immer originell bleiben; sie sind gleichzeitig jedoch auch ein wesentlicher Teil der sich ausbreitenden Weltkultur, die gewöhnlich „die westliche" genannt wird.
Die Neger der Union ließen sich von den Weißen nicht in die psychologische Verteidigung der westlichen 'Kultur drängen, weil sie genügend historischen Hintergrund haben und die westliche Kultur als eine logische Entwicklungsstufe innerhalb der Weltkultur empfinden. Kenyatta besaß diese historischen Kraftquellen nicht. Er stand allein. So ließ er sich in eine psychologische Verteidigungsstellung drängen, und versuchte dann, einen neuen Geltungsbereich mittels der exklusiven, in sich geschlossenen Stammesform zu finden. So mache ich K e n y a 11 a die gleichen Vorwürfe wie den Weißen. Beide -leugneten die moralischen und ethischen Grundsätze, auf denen die westliche Kultur beruht. Die Angst trieb beide in eine historische Falle. Der weiße Mann sagt: „Muß ich der westlichen Kultur auf Kosten meiner eigenen Interessen dienen? Wenn ich die Rassenschranken zugunsten eines Mannes aufhebe, selbst nur für einen Kenyatta, dann wird es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch andere an die Tür klopfen werden, und was wird dann aus mir? Nein, ich werde dafür sorgen, daß die westliche Kultur immer nur den Weißen Vorbehalten bleibt. Damit werde ich moralisch die Verteidigung meiner Interessen rechtfertigen". Und der schwarze Mann sagt: „Ich begehre die westliche Kultur, ich bin schon ein Teil von ihr. Jetzt aber stoßen sie mich zurück. Bin ich nicht gebildet, dann sagen sie, ich sei noch nicht reif für sie. Bin ich es aber, weisen sie mich immer noch zurück und verspotten mich, denn sie behaupten, ich versuche sie nadizuäffen. Bei jeder Gelegenheit beleidigen sie meine Selbstachtung. Ich will von ihnen und ihrer Kultur nichts wissen. Auch ich habe eine Kultur. Ich werde behaupten, daß die Stammeskultur der ihren überlegen ist. Ich werde die Stammesangehörigen gegen sie aufwiegeln, und wir werden sie verjagen und die alten Zustände wieder herstellen wie sie waren, bevor der weiße Mann ins Land kam“. Daß beide in diesen kulturellen Fragen gleichermaßen sinnlos handeln, hat die gegenwärtige Tragödie in Kenia nicht verhindern können.
Dieses Problem, das Problem des Mannes oder der Gruppe, die keinem Kulturkreis angehören, wird in Kenia auch nach der Niederschlagung des Aufstandes fortbestehen. Remarque schrieb: „Wurzellos zu leben ist die Hölle". Am tiefsten ist der Mensch kulturell verwurzelt. Viele Menschen in vielrassigen Ländern sind von ihren alten Stammeswurzeln gelöst worden, und ihnen wurde nicht die Möglichkeit gegeben, in der westIichen Kultur neue Wurzeln zu schlagen. Sie leben in einer Hölle. Den Aufstand in Kenia noch vor Augen, erscheint die Feststellung unnötig, daß Menschen ungewöhnlicher, aus der Verzweiflung geborener verderblicher Handlungen fähig sein können, um der Hölle zu entfliehen.
Folgendes ist nach meiner Ansicht das wesentliche an der westlichen Kultur: Sie stellt den Extrakt und den Zusammenfluß aus vielen Kultur-strömen vieler Länder und Völker dar, gesichtet, gesiebt und vermehrt, bis sie in höchstem Maße den tiefsten Bedürfnissen der Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts entspricht. Wären die Weißen und auch die schwarze Elite in Kenia dieser Auffassung gewesen, so wäre der Mau-Mau-Aufstand gar nicht ausgebrochen und die Aussichten für eine miteinander verschmolzene vielrassige Gemeinschaft wären hoffnungsvoller als sie eben zu sein scheinen.
Die Goldküste
Daß dieser Kulturkonflikt sich nicht nur auf die vielrassigen Gemeinschaften beschränkt, wurde mir klar, als ich im vergangenen Jahr die Goldküste besuchte. Keine weißen Siedlergemeinschaften erschweren dort das Problem. Nachdem Kwame Nkrumah viele Jahre in den Vereinigten Staaten und in England verbracht hatte, kehrte er zurück, stellte sich an die Spitze eines weitgehend nach der alten Stammesordnung lebenden Volkes und bestritt die englische Autorität. Das Schlagwort von der „Selbstregierung“ und die westliche Struktur von Nkrumahs Convention P e o p 1 e 's Party (CPP) waren neu und dynamisch und schweißten die verschiedenen Stämme zu einer politischen Kraft zusammen. Sie trug Nkrumah zur Macht. Nkrumah erklärte, Anhänger der Demokratie und des Wohlfahrtsstaates zu sein. Er hatte zweifellos die Absicht, einen modernen Staat des zwanzigsten Jahrhunderts zu schaffen. Aber die Macht der Häuptlinge war in diesem Teil Afrikas fester verankert als irgendwo anders in Ost-und Südafrika. So mußte Nkrumah den vom Coussey -Ausschuß vertretenen Standpunkt billigen, daß „der Häuptling als Institution so tief im Leben der Gemeinschaft verankert ist, daß sein Verschwinden zu einer Katastrophe führen könnte“. Aber er warnte die Häuptlinge, daß ihre Institutionen den wechselnden Erfordernissen der Gegenwart angepaßt werden müßten. Nkrumah hat erkennen lassen, daß er diesen Kompromiß nur als ein notwendiges Übel betrachtet.
Er ist politisch klug genug, um nicht an vielen Fronten zugleich kämpfen zu wollen. Ich persönlich zweifele kaum, daß es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Regierung und die Häuptlinge miteinander in Streit geraten, wenn die Regierung ihre Absicht in die Tat umsetzen wird, aus der Goldküste einen modernen Staat zu machen. Daß der zu diesem Ziel entschlossene Leiter der Partei seine Zustimmung geben könnte, Vorsitzender dieser Partei auf Lebenszeit zu werden, ist beunruhigend.
Es ist ebenso beunruhigend wie der Mythos vom Supermann, der um die Person des Ministerpräsidenten gewoben wird. Mir wurde erzählt, daß Kwame sich selbst unsichtbar machen und länger als jeder gewöhnliche Sterbliche ohne Essen und Trinken leben könne.
Die laufenden Verlautbarungen über die herrschende Korruption sind vielleicht am besten geeignet, meinen Standpunkt über die Kulturkonflikte zu illustrieren. Ich war entsetzt über das Ausmaß der Korruption, als ich dort war. In seinem Buch „DieRevolution derGoldk ü s t e“ (1953) erwähnte George Padm o r e die holländische Firma A. V. Schockbet o n, deren Fabrik den Auftrag hatte, ungefähr 15 000 vier-und fünfräumige, fertige Häuser, ausgestattet mit fließendem Wasser, Elektrizität, Waschbecken und Wasserspülung usw. zu liefern. Als ich nach diesem Projekt und auch ganz allgemein nach der Erstellung von Häusern fragte, kamen nur trostlose Berichte über die Korruption und keine Häuser zum Vorschein.
Das Gute an der ganzen Sache ist, daß sie überhaupt zur Sprache kommt. In diesem besonderen Falle offenbarte sich nach meiner Ansicht der Kulturkonflikt an dem Niveauunterschied in der öffentlichen Moral. Innerhalb der Stammesorganisation ist das Geben von Geschenken an Männer in hoher Position eine ganz selbstverständliche Sache. Wenn ich jemanden aus der engsten Umgebung des Häuptlings kenne, einen Verwandten oder einen Ratgeber, versuche ich, durch ihn auf den Häuptling einzuwirken in der Hoffnung, daß meine Angelegenheit oder Bitte dadurch eine günstigere Behandlung erfährt. Wenn mir die Sache sehr am Herzen liegt, wünsche ich natürlich sehr, daß die Person ihr Bestes zu meinen Gunsten tut. Und damit sie ihr Bestes tut, gebe ich ihr ein Geschenk. Größe und Wert des Geschenkes werden von der Wichtigkeit abhängen, die ich meiner Sache oder Bitte beimesse. Das ist die allgemeine Praxis. Jeder handelt so. Innerhalb der Stammesordnung wird dies weder für falsch noch für unmoralisch gehalten.
Im Lichte dieser Erkenntnisse stellen die jüngsten Ereignisse an der Goldküste einen weiteren Beitrag zu dem sich ausbreitenden Kulturkonflikt dar. Die Tatsache, daß ein Mann Minister oder ein sonstiger hoher Ministerialbeamter wird, gibt seiner öffentlichen Moral noch keinen Auftrieb. Das gleiche Problem gibt es noch auf anderen Gebieten. Die Stammesordnung ist intolerant gegen die Widersacher der gegenwärtigen Machthaber. Diese Intoleranz gegenüber der Opposition kann in einer modernen Regierung zur Diktatur und zur Unterdrückung der von der Regierung abweichenden Ansichten führen. Ein solcher Fall war der Versuch des CPP-Organs, der Accra Even i n g N e w s, bevor ihn Dr. Danquah auf Grund eines erfolgreichen Verleumdungsprozesses stillegen konnte, den liberianischen Herausgeber der Oppositionszeitung Daily'Echo aus dem Lande weisen zu lassen. Dieser Mann lebte seit gut einem Dutzend Jahren im Lande und gab die Zeitung heraus, lange bevor die CPP an die Macht gelangte.
Aus all dem, was ich an der Goldküste sah, kam ich zu dem Schluß, daß die von Kwame N k r u m a h so erfolgreich durchgeführte Revolution im Grunde bis jetzt nur eine Regierungsform des zwanzigsten Jahrhunderts aufgepfropft auf eine noch weitgehend nach der alten Stammesordnung lebende Gesellschaft ist. Es ist nun die Aufgabe dieser und jeder nachfolgenden Regierung, darüber hinaus die soziologische Form zu modernisieren. Ich habe den Eindrude, daß diese Aufgabe viel schwieriger sein dürfte, als der Kolonialverwaltung die Macht zu entreißen. Denn der Wohlfahrtsstaat, der das Ziel der CPP.