Die Revolution, in der China sich zur Zeit befindet, begann eigentlich im Oktober 1911, als die Manchu-Dynastie gestürzt wurde und die Republik begann; ihr Ende ist noch nicht abzusehen. Sie ist die jüngste einer ganzen Reihe von Revolutionen in der fünftausendjährigen Geschichte Chinas.
Ohne Ausnahme waren sie im Grunde genommen alle agrarische Revolutionen: Nach uralter chinesischer Tradition erhob sich das Volk — die Bauern — gegen den Kaiser, als infolge kraftloser zentraler Führung, korrupter lokaler Verwaltung und — häufig daraus entspringender — Schwierigkeiten wie Überflutungen, Hungersnöte und Störungen der Ordnung das Leben unerträglich geworden war und sich daraus ergab, daß der Kaiser — nach chinesischer Auffassung — das himmlische Mandat verloren hatte.
Wenn China auch einen — bescheidenen — Anfang mit seiner Industrialisierung gemacht hat, so trägt doch die Volkswirtschaft des Landes zu 80 — 90% immer noch landwirtschaftlichen Charakter und sind ± 80% der jetzt etwa. 500 Millionen zählenden chinesischen Bevölkerung Bauern.
Die Kommunistische Partei Chinas
Sun Yat-sen Schon Dr. Sun Yat-sen, der „Vater der chinesischen Revolution", dessen Andenken sowohl durch die Kuomintang als auch durch die K. P. Ch. in hohen Ehren gehalten wird, verkündete die Losungen „Nivellierung des Bodeneigentums“ und „Das Land den Bauern". Auch die Pachtermäßigung bildete einen wesentlichen Teil seiner Agrarpolitik.
Die Kuomintang trat ebenfalls für Pachtermäßigung ein, als sie von 1925 bis 1927 gegen die „warlords" und für die Vereinigung des Landes kämpfte. Auch 1946 mit der Losung der 25-prozentigen Pachtermäßigung, die aber — wegen der engen Interessengemeinschaft zwischen der Kuomintang und den Großgrundbesitzern (vor allem maßgebenden Parteimitgliedern) auf dem Papier blieb.
Neue Demokratie Da die Ideen (die San-min-chu-i oder die Drei Volksprinzipien) des Doktor Sun Yat-sen bis heute in der Bevölkerung einen wichtigen politischen Einfluß ausüben, haben die Kommunisten, einerseits realiter und anderseits — aus taktischen Gründen — idealiter ihr Programm mit diesen Ideen verknüpft mit der Behauptung, daß die Kuomintang die Drei Volksprinzipien verleugnet und die K. P. Ch. es übernommen habe, diese Prinzipien — jedoch den neuen Zeitumständen angepaßt — wirklich auszuführen: die sogenannte Neue Demokratie.
In diesem Zusammenhang kann auf den Inhalt der Prinzipien der soge-nannten „Neuen Demokratie“ (New Democracy) nicht ausführlich eingegangen werden, welche ihr geistiger Vater Mao Tse-tung zum ersten Male im Januar 1940 in der Schrift „Neue Demokratie" auseinander-setzte und die später durch allerlei andere Publikationen (u. a. People’s Democratic Dictatorship
Noch kürzer formuliert: Die „Neue Demokratie“ hat die Aufgabe, das traditionelle Feudalsystem, die Grundlage der klassisch-chinesischen Gesellschaft und der chinesischen Seele mit Stumpf und Stiel auszurotten.
Die Übergangsperiode zum Sozialismus haben Mao und andere kommunistische Theoretiker annäherungsweise und mit allem Vorbehalt auf 15 — 20 Jahre geschätzt. Auch Wurde immer Anpassung an die in China herrschenden Zustände befürwortet. Unbegründete Anwendung des russischen Vorbildes wurde durch die K. P. Ch. — unter Maos Führung — heftig verurteilt; dafür eingenommene extreme Gruppen wurden nach und nach aus der Partei ausgestoßen.
Common Program Die konstitutionelle Basis der Agrarreform in der Chinesischen Volksrepublik, die jedoch die chinesischen Kommunisten schon viel früher angewandt hatten, findet man in Artikel 3 des Common Program, das, basierend auf Maos „New Democracy“, im gewissen Sinn das Grundgesetz der Chinesischen Volksrepublik ist. Dort steht u. a. zu lesen: „Die Volksrepublik China . .. muß systematisch das feudale und halbfeudale System des Landeigentums umbilden in ein System bäuerlichen Land-eigentums ...“.
Historisch gesehen bilden die kommunistischen Agrarreformen kein einheitliches Bild: namentlich weicht die von 1950 bis 1952 verfolgte Politik in gewisser Hinsicht von der früheren ab — wie sich aus Nachstehendem ergeben wird. Politischer Opportunismus hat dabei eine wichtige Rolle gespielt. Klasse-Zugehörigkeit Die Basis für das Verfahren zur Vorbereitung und Ausführung der Bodenreform wurde schon 1933 in Juichin in der Provinz Kiangsi durch die damalige (kommunistische) Demokratische Zentralregierung
1. Wie der Klasse-Status auf dem Lande zu analysieren ist und 2. Entschließungen betreffend einige Probleme, die sich aus der Agrarreform ergeben
In der erstgenannten Vorschrift wird die Klassezugehörigkeit in den Grundzügen folgendermaßen genauer charakterisiert:
a) Der Großgrundbesitzer. Dieser besitzt Land, arbeitet jedoch nicht selbst. Er existiert von der Ausbeutung der wirtschaftlich Schwächeren (Landpacht, Zinsen aus ausgeliehenem Geld und Arbeitslohn).
Das Fehlen eigener Arbeit ist das Hauptmerkmal.
b) Der reiche Bauer (in verschiedenen Abstufungen, dem russischen Kulaken zu vergleichen) arbeitet dagegen selbst wohl, beutet jedoch darüberhinaus andere aus durch Verpachtung seines Landes, durch Geldverleih und Anwerbung von Arbeitern. Wenn der verpachtete Boden größer ist als das Stück, das er mit seinen gemieteten Arbeitern bebaut, dann gehört er in die Kategorie der Halb-Großgrundbesitzer. c) Der „mittlere“ Bauer (middle peasant) besitzt häufig ein Stückchen Land, muß jedoch in der Hauptsache von eigener Arbeit (auf gepachtetem Land) leben, während er darüberhinaus kleine Einkünfte durch Ausbeutung (Geldverleih etc.) erwirbt. Beträgt dieser Nebenverdienst 15 — 30°/o seines Gesamteinkommens, dann gehört er zur Kategorie der „bessergestellten mittleren Bauern“; ist dieser Prozentsatz höher als 30%, gehört er zu den reichen Bauern.
d) Der arme Bauer. In der Regel — obgleich gelegentlich im Besitz von etwas Land und unzureichendem Bestellungsmaterial — muß er Land pachten und wird ausgebeutet (durch Pachtzahlung, Zinsen und Arbeitsleistung).
e) Der Landarbeiter. Dieser hat weder Land noch Werkzeug und muß sich als Arbeiter verdingen.
Kommunistische Landwirtschaftsexperten schätzen den Prozentsatz der Großgrundbesitzer in der vorkommunistischen Periode auf etwas mehr als 4% der gesamten bäuerlichen Bevölkerung mit einem Gesamtlandbesitz von 70 — 80% verfügbarer Anbaufläche.
Die entsprechenden Prozentsätze für die reichen Bauern sind 6% und 10— 15%; für die mittleren Bauern 20 — 30% und ± 5%; für die armen Bauern und Bauernarbeiter 60 — 70% und i 10%.
Verfahren Bevor man zur Neuverteilung des Bodens übergeht, wird die breite Masse zuerst politisch aufgeklärt durch ein Propaganda-und Agitationskader (größtenteils Studenten und Schüler), das von den kommunistischen Führern sorgfältig ausgewählt und ausgebildet wird. Zu diesem Zweck werden Arbeiter, arme Bauern und mittlere Bauern in Bauernorganisationen zusammengefaßt. Unter Leitung dieses Kaders bestimmt die Bauernorganisation den Klassestatus aller Dorfbewohner
Ferner wird als Einführungsmaßnahme (denn der durchweg stockkonservative und stock-individualistisch fühlende Bauer muß häufig erst noch davon überzeugt werden, daß er sein ganzes Leben lang „ausgesaugt“ wurde) eine allgemeine Pacht-und Zinsermäßigung durchgeführt, um auch die Zweifler prokommunistisch zu machen, während man unmittelbar danach zur „Enteignung" des Grundbesitzes der „landlords", zur „Requisition“ des überschüssigen Bodens der reichen Bauern und zur Neuverteilung des Landes unter „die Bauern“ übergeht.
Es muß betont werden, daß diese Enteignungs-und Requisitionspolitik in den verschiedenen Perioden der kommunistischen Herrschaft nicht immer die gleiche gewesen ist. Entsprechend der militärischen Lage und also dem Bedürfnis nach Unterstützung und Loyalität der „Masse“ wurde diese Politik mehr oder weniger rigoros durchgeführt.
Erste Periode (1925— 1937)
In den Jahren 1925 — 1927 während des sogenannten Nordfeldzuges des in Kwangtung mit russischer technischer und finanzieller Hilfe organisierten Kuomintangheeres gegen die nördlichen „warlords" hatten die Kommunisten stellenweise Gelegenheit, ihr Schema von Pacht-und Zins-ermäßigung zur Einführung der Bodenverteilung praktisch anzuwenden. Doch erst nach dem Bruch mit der Kuomintang (1927) ging man (nämlich 1933) über zu einer revolutionären Bodenverteilungspolitik in den kleinen Sowjetstaaten in den Provinzen Kiangsi und Fukien. Der Land-besitz der „landlords“ wurde damals konfisziert und an die „Bauern“ verteilt. Nach der Besetzung dieses Gebietes durch die Kuomintang 1934 wurden die Großgrundbesitzer wieder in ihre Rechte eingesetzt und die kommunistische Verteilung größtenteils rückgängig gemacht.
Im nordwestlichen Grenzgebiet, wo die Kommunisten sich nach dem berühmten „Langen Marsch“ 1936 festgesetzt hatten und das sie trotz verschiedener Kuomintang-Angriffe behalten konnten, wurde die Boden-politik, die sie 1933 in ihrem Kiangsi-Fukien-Gebiet begonnen hatten, fortgesetzt.
Zweite Periode (1937— 1946)
Die innerpolitische Entwicklung seit dem Ausbruch des Krieges mit Japan (7. Juli 1937) zwang die Kommunisten zu einer Wendung. Unter dem gewaltigen Druck der öffentlichen Meinung, aufgerüttelt durch die Agitation einer großen Zahl antijapanischer, prokommunistischer, „demokratischer“ Volksorganisationen, wurden Chiang Kai-shek und die Kuomintang gezwungen, mit den Kommunisten eine gemeinsame anti-japanische Front zu bilden (Dezember 1937).
Während des Krieges schob die K. P. Ch. die weitere Durchführung ihres Bodenverteilungsprogramms auf und beschränkte sich auf eine mehr gemäßigte Pacht-und Zinsermäßigungspolitik.
Nach der Kapitulation Japans (August 1945) lebte die Fehde zwischen den Kommunisten und der Kuomintang — die sich während des Krieges übrigens schon in zahlreichen mehr oder weniger ernsten Zwischenfällen entladen hatte — trotz langwieriger Vermittlungsversuche von General Marshall in aller Heftigkeit wieder auf. Im Jahre 1946 brach der Bürgerkrieg mit einer anfangs erfolgreichen Offensive Chiang Kai-sheks von neuem aus. Der größte Teil des kommunistischen Grenzgebietes mit der Haupstadt Yenan wurde zurückerobert und die dort eingeführte Bodenreform rückgängig gemacht. Die Kommunisten hatten nach der japanischen Kapitulation ihre wichtigste Militärbasis aber in die von den Russen besetzte Mandschurei verlegt, wo sie sich dank der Waffen der japanischen Kriegsgefangenen gewaltig verstärken konnten.
Dritte Periode (1946— 1950)
Während die Unterhandlungen mit der Kuomintang noch im Gange waren, traf die K. P. Ch. bereits Maßnahmen zur Wiederaufnahme der früheren Bodenreformpolitik. Am 4. Mai 1946 erließ das Zentralkomitee nämlich eine „Agrarian Reform Directive“ (Bodenreform-Direktive). Die neuen Reformen waren rigoros. Der Großgrundbesitz und alle anderen Produktionsmittel der „landlords" (industrielle und Handels-Unternehmungen usw.) wurden konfisziert. Überschüssiges Land und andere Produktionsmittel der reichen Bauern und das überschüssige Land der „bessergestellten mittleren Bauern" konnten beschlagnahmt werden. Der so erhaltene Boden und anderes Eigentum wurden unter die armen Bauern und die Landarbeiter verteilt. Theoretisch kamen auch die „landlords“ für einen gleichen Anteil zur eigenen Bearbeitung in Betracht. Praktisch kam das aber wegen der ihnen auferlegten Strafen wenig vor.
Auf einer am 13. September 1947 einberufenen „Agrarkonferenz für Gesamtchina" wurde die neue Lage gesetzlich befestigt durch die Annahme eines „Basic Program for Chinese Agrarian Law". Nach Mao Tse-tung (in seiner Abhandlung „The Present Situation and Our Tasks“ vom Dezember 1947) ging man von folgender Politik aus: Unterstützung der armen Bauern, enge Verbindung zu den mittleren Bauern und Beendigung der feudalen und halbfeudalen Ausbeutung der Großgrundbesitzer und reichen Bauern.
Vor allem in den Jahren von 1946 — 1947, als die K. P. Ch. noch in der Defensive und der Kampf gegen die Kuomintang außerordentlich hart war, kam es in den von den Kommunisten besetzten Gebieten vielfach zu Terror und schärfster Durchführung der Bodenreform. Ein großer Teil der mittleren Bauern, besonders der besser situierten, wurde zur Kategorie der reichen Bauern und oftmals zu der der „landlords“ gerecht net, mit allen entsprechenden Konsequenzen.
Die kommunistischen Bodenreformen hatten einen gewaltigen propagandistischen und darum unterminierenden Einfluß auf die Kuomintang-Armeen, die größtenteils aus (oft gepreßten) Bauernjungen bestanden. Vor allem seit der kommunistischen Gegenoffensive im Sommer 1947 zeigte sich die Wirkung. Ganze Heeresteile (bis zu den Kuomintang-Offizieren) liefen zu den Kommunisten über. Im Juli 1946 (Beginn des Bürgerkrieges) standen schätzungsweise 4 300 000 Mann Kuomintangtruppen 1 200 000 Mann kommunistischen Truppen (die 8. Feld-Armee und die Neue 4. Armee, später zusammen unbenannt in Volksbefreiungsarmee) gegenüber. Im Juli 1947 (Beginn der kommunistischen Gegenoffensive) waren die entsprechenden Ziffern 3 730 000 und 1 950 000 (die Einziehung neuer Rekruten und die Verluste durch Gefallene und Verwundete waren — wie die Zahlen zeigen — von geringer Bedeutung). Im Herbst 1948 war die Volksbefreiungsarmee (People’s Liberation Army, abgekürzt P. L. A.) zum ersten Male zahlreicher als die Kuomintang-Armee. Im Juli 1949 hatten die Kommunisten 4 000 000 Mann Truppen gegenüber d
Mitte 1948 — als die P. L. A. -Gegenoffensive ein Jahr im Gange war — hatte sich der Schwerpunkt des Kampfes nach Süden in das durch die Kuomintang beherrschte Gebiet verlagert. Siege in den Feldschlachten bei Tsinan (Hauptstadt von Shangtüng) im September 1948 und im Gebiet Hsüchow-Pengpu (nördlich von Shanghai) von November 1948 bis Januar 1949 öffnete den Weg nach Shanghai und zum Unterlauf des Yangtze.
Da inzwischen auch die Kuomintang-Enklaven im kommunistischen Bereich durch die Schlachten im Gebiet West-Liaoning-Mukden von September bis November 1948 und im Gebiet Peking-Tientsin-Kalgan von Dezember 1948 bis Januar 1949 (am 31. Januar 1949 wurde Peking besetzt) beseitigt werden konnten, war die Moral der Kuomintang völlig gebrochen. Die Besetzung des restlichen China ging schnell vor sich: Am 20. April 1949 überschritten die Kommunisten den Yangtze; am 23. wurde Nanking besetzt; am 27. Mai Shanghai und am 14. Oktober Kanton.
Die obengenannten Waffentaten sind markante Punkte, nicht nur im Verlaufe des Kampfes sondern auch in der Durchführung der kommunistischen Bodenreform-Politik.
Die stabile militärische Lage der Kommunisten gab ihnen nämlich die notwendige Frist, um die Bodenreform in Zukunft besser vorzubereiten und gleichzeitig ablaufen zu lassen, was der Dauerhaftigkeit der Reform-maßnahmen und der Menge der landwirtschaftlichen Produktion zu Gute kommen mußte.
Als Folge ging man in dem „befreiten“ Gebiet erst zur Bodenverteilung über, wenn der Zustand militärisch und infolgedessen auch politisch gefestigt war. Diese letzte Forderung war erst erfüllt, wenn genügend Kader für die Führung ausgebildet, die Mehrheit der Bauern politisch aufgeklärt war (wozu als Übergang zuerst die Pacht-und Zinsermäßigung durchgeführt wurde) und die Bodenreform selbst forderte.
Im März 1949 war die Bodenreform in ganz N. O. -China (d. h. in der Mandschurai und der Provinz Shantung (Nord-China) durchgeführt; im April 1950 auch im übrigen Nord-China (ausgenommen die Provinz Sui-yuan). Insgesamt ein Gebiet (von den Kommunisten das „alte befreite Gebiet“ genannt) von 600 Millionen Mou 6) Anbaufläche mit einer Bauernbevölkerung von + 160 Millionen Seelen.
Vierte Periode 1949 war ein kritisches Jahr. Die Agrarproduktion in dem damals von den Kommunisten besetzten Gebiet war beängstigend niedrig. Für ganz China wurde Anfang 1950 der Rückgang der Agrarproduktion vergleichen mit der Vorksriegszeit (also vor 1937) auf 25% geschätzt; im sog. „soeben befreiten Gebiet (d. h. Zentral-, Süd-, N. W. -und S. W. China mit einer Bauernbevölkerung von ± 310 Millionen) sogar auf ein Drittel; für das „alte befreite Gebiet" (wo einige Jahre hindurch verschiedene Aktionen zur Anhebung der Produktion durchgeführt wurden 7) immerhin auch noch auf + 14 %. Von kommunistischer Seite wurde dies offiziell erklärt mit den Nachwehen des Krieges, zuerst gegen Japan, danach gegen die Kuomintang (Verluste in Arbeitskräften, Zugvieh, Landwirtschaftsgeräten usw.) und Naturkatastrophen, die in diesem Jahr große Teile des kommunistischen Gebietes trafen: Überschwemmungen, (infolge Zerstörung und Verwahrlosung der Dämme) 8), Dürre, schwerer Frost, Wirbelstürme und Viehseuchen. Schätzungsweise wurden 40 000 Menschen und 120 Millionen Mou Anbaufläche durch Überflutungen und andere Naturkatastrophen getroffen; Produktionsverlust nicht weniger als 6 Millionen Tonnen Getreide. In vielen Gebieten herrschte Hungersnot.
Verbitterung und Unzufriedenheit führten zu Störungen der Ordnung und Unregelmäßigkeiten großen Umfangs. Typisch für den Notstand war, daß Premierminister Chou En-lai am 19. Dezember 1949 die örtlichen Behörden für die Hungersnot in ihren Verwaltungsgebieten verantwortlich machte. Im ersten Quartal 1950 wurden 600 000 Tonnen Getreide aus der Mandschurei in die betroffenen Gebiete südlich der Großen Mauer geschafft.
Am 8. Dezember 1949 berief die Volksregierung die erste Nationale Landwirtschaftsproduktions-Konferenz nach Peking, die einen Plan für die Erhöhung der Getreideernte 1950 um 5 Millionen Tonnen und der Baumwollernte mit 225 000 Tonnen aufstellte. So sollte — nach Mao Tse-tung — die Grundlage geschaffen werden für den Wiederaufbau der gesamten Volkswirtschaft innerhalb eines Zeitraums von 3 — 5 Jahren.
Im politisch stabilisierten „alten befreiten Gebiet" ging man dann zu rigorosen Zwangsmaßnahmen über. „Labour exchange" mußte verallgemeinert werden. Es wurde bestimmt, daß mehr als die Hälfte der Arbeitskräfte in „Selbsthilfe“ -Gruppen organisiert werden mußte. Entsprechend dem Umfang, in dem die Arbeitskräfte bereits „mobilisiert“ waren, mußten 40 — 70% der Frauen in den Produktionsprozeß eingeschaltet werden. Im „soeben befreiten Gebiet" nahm man dagegen (vorläufig noch) etwas Rücksicht. Dort — so lauteten die Anweisungen — genüge es, wenn die „organisierte" Arbeit populär gemacht würde, während nur „so weit als möglich" Frauen eingesetzt werden sollten.
Außer Kriegsnachwirkungen und Naturkatastrophen war auch die infolge der in vielen Gebieten bis zum Äußersten durchgeführten Bodenreform die aus dem Gleichgewicht geratene Landwirtschaft für die niedrige Produktionsziffer verantwortlich. Selbstverständlich gab die Chinesische Volksregierung dies nicht zu. Die Agrarpolitik für das „soeben befreite Gebiet“ zeigte daher auch viele Abweichungen.
Wir sahen bereits, wie in diesem Teil Chinas: Zentral-China (das Hupeh, Hunan, Kiangsi und halb Honan umfaßt), SSW-und NW-China die Bauern rücksichtsvoller behandelt wurden. Auch andere Regierungsmaßnahmen zeigten dies: am 28. Februar 1950 beschloß die Regierung, daß zwar überall die Pacht-und Zinsermäßigung durchgeführt %), daß jedoch die Neugliederung des Landes in 12 Provinzen (einschl. Chekiang und Kwangtung) erst nach der Herbsternte in Angriff genommen werden sollte, und in den später „befreiten“ Gebieten (SWund NW-China) noch ein Jahr später. Im gleichen Erlaß wurde weiter bestimmt, daß die Getreidesteuer für die zentrale Regierung nicht mehr als 17°/o des gesamten landwirtschaftlichen Aufkommens und die „Auflagen", die örtliche Behörden erheben, nicht mehr als 15% der eben genannten zentralen Steuer betragen dürften
In dem Bericht, den Präsident Mao Tse-tung am 6. Juni 1950 (also einige Wochen vor Ausbruch des Koreakrieges) auf der 3. Plenarsitzung des
Den „landlords" sollte allerdings das Land (ausgenommen ein gleicher Anteil zur eigenen Bebauung) konfisziert werden, aber alle Industrie-und Handelsunternehmungen wie auch das von ihnen benötigte Land und anderer Besitz unangetastet bleiben.
Den Großgrundbesitzern war aber nur eine kurze Atempause vergönnt. Die neue Taktik in Mao's N. E. P. gegenüber dieser landwirtschaftlichen Gruppe wurde zwar offiziell bis heute vertreten, aber nur wenige sollten davon profitieren. Denn der Verlauf des Koreakrieges machte diese in kommunistischen Augen gegenrevolutionäre Klasse zum Opfer der politischen (Ab-) Rechnung.
Zehn Tage nach der ersten Meldung in der chinesischen kommunistischen Presse über eine chinesische „erfolgreiche Gegenoffensive“ in Korea (die chinesische „Freiwilligen“ -Armee wurde November 1950 eingesetzt, zuerst zum Stehen gebracht und dann zu einem übereilten Rückzug gezwungen) veröffentlichte die chinesische Regierung (am 21. Februar 1951) eine „Verordnung über die Bestrafung von Gegenrevolutionären“. Darin wurde bestimmt, daß jeder, der „einen Umsturz der demokratischen Volksregierung oder eine Unterminierung der demokratischen Sache des Volkes“ anstrebe, bestraft würde. Diejenigen, die sich durch „Zusammenarbeit mit dem Imperialismus“ des „Verrats“ schuldig machten, würden mit dem Tode oder lebenslänglichem Gefängnis bestraft.
Die Niederlage in Korea wirkte sich auf die innere Lage Chinas aus, vor allem in dem „soeben befreiten Gebiet“, in dem die Bodenenteignung in vollem Gange, die Lage jedoch militärisch noch nicht ganz und politisch alles andere als gefestigt war. Der stellenweise bewaffnete Widerstand wuchs: in kommunistischem Jargon „ein weißer Terror". Peking, das seine Machtposition bedroht sah, entfesselte eine allgemeine Säuberungsaktion, deren hauptsächliche Opfer außer ehemaligen Mitgliedern der Kuomintang und ausländischen Missionaren die Großgrundbesitzer waren.
In diesem Zusammenhang gehe ich nicht näher ein auf den „roten Terror“, der an furchtbarem Blutdurst den grausamsten Perioden der französischen und russischen Revolutionen nicht nachsteht und im Mai 1951 seinen Höhepunkt erreichte; es darf dazu bemerkt werden, daß — nach einer offiziellen Erklärung Premierministers Chou En-lai am 1. Juni 1951 — seit dem 10. Oktober 1949 nicht weniger als 1 000 000 Schuldige des „weißen Terrors" liquidiert wurden. Ebenso wie Stalin seinerzeit persönlich seinen Anhängern, „trunken vom Erfolg“ bei der Ausrottung der Kulaken während des ersten russischen Fünfjahresplanes, Einhalt befahl, so erließ auch Mao Tse-tung Anweisungen für „weise Beschränkungen, mehr Überlegung und Vorsicht“. Das vernunftwidrige Morden aller Gegner sollte aufhören. Blutschuld sollte natürlich weiter mit dem Tode bestraft, aber bei weniger schlimmen Verbrechen die Todesstrafe zwei Jahre ausgesetzt werden, in welcher Zeit die Betroffenen sich durch Zwangsarbeit bessern konnten. Ebenso wie u. a. die Kulaken in Rußland füllten in China die Großgrundbesitzer und andere Gegenrevolutionäre die Zwangsarbeitslager. Die Liquidierung der Kulakenklasse (d. h.der reichen Bauern) in Sowjetrußland (die Großgrundbesitzer wurden schon während der Revolution im November 1917 ermordet oder vertrieben)
leitete die unmittelbare Kollektivierung der Bauern (Kolchosen und Sowchosen) ein.
Halb-Sozialismus Die Bodenverteilung ist nur ein Abschnitt in der Übergangszeit zu einem kommunistischen Regime, der — ich sagte es schon— von chinesischen kommunistischen Theoretikern annäherungsweise und mit allem Vorbehalt auf 15 — 20 Jahre geschätzt wird.
Obgleich man beim Studium der chinesischen Agrarrevolution immerhin wieder auf Maßnahmen und Erklärungen stößt, die deutlich eine in chinesischen führenden kommunistischen Kreisen herrschende starke Neigung zur Nachahmung des Verfahrens bei den Bodenreformen in Sowjetrußland erkennen lassen, begreift man in diesen Kreisen aber gut, daß für China eine allzu schnelle Einführung des agrarischen Kollektivismus undurchführbar und für das heutige Regime verhängnisvoll sein würde. Konfiszierung — wie sie bei den „landlords“ durchgeführt wurde — des verteilten Bodens zur Einführung eines kollektivistischen landwirtschaftlichen Haushalts ist ausgeschlossen. Das konnte nur nach und nach erreicht werden. In diesem Zusammenhang sei unbedingt verwiesen auf Maßnahmen
Sobald in einem gewissen Gebiet die Bodenverteilung durchgeführt war, begannen, sei es aus eigener Initiative der Bauern (ziemlich selten), durch Ermunterung (oft) oder auf Befehl (meistens), die größtenteils aus Mitgliedern der K. P. Ch. und der Neuen Demokratischen Jugendliga (dem chinesischen Komsomol) bestehenden Führungskader mit der Errichtung der obengenannten Gruppen, die von kommunistischer Seite „embryonal-sozialistisch" genannt wurden.
Diese Organisationsform gab es schon 1943. Trotz dem aus Mißtrauen entstehenden Widerstand der Bauern wurden in dem damaligen obengeannten kommunistischen Grenzgebiet die ersten Gruppen gebildet. Die ideologische Basis findet man in einer Rede Mao Tse-tungs mit dem Titel „Organisiert Euch für die Produktion“, die er am 24. November 1943 in Yenan, der Hauptstadt dieses Grenzgebietes, hielt. Darin führte Mao u. a. aus: „Die wichtigste Art der wirtschaftlichen Massenorganisation ist gegenwärtig die Genossenschaft... Durch Tausende Jahre hindurch hat die Masse der Bauern im System der Einzelwirtschaft gelebt. Jeder Haushalt verkörpert eine Produktions-Einheit. Diese verbreitete Einzelproduktion ist die wirtschaftliche Basis des Feudalsystems gewesen. Die Bauern litten deswegen immer Armut und Entbehrungen. Der einzige Weg, solchen Notständen ein Ende zu bereiten, ist die fortschreitende Kollektivierung. Und der einzige Weg zur Kollektivierung führt nach Lenin über die Genossenschaften. Im Grenzgebiet haben wir schon viele Bauerngenossenschaften organisiert. Das sind jedoch keine Genossenschaften des Sowjettyps, die als Kollektivfarmen bekannt sind. Unsere Wirtschaft ist eine Neue Demokratische Wirtschaft, und unsere Genossenschaften sind eine Form von Kollektivarbeit, die auf Privatwirtschaft (d. h. auf Privateigentum) beruht.“
In einer anderen Rede „Über Genossenschaften" im gleichen Jahr erklärte Mao Tse-tung: „Diese Art der Reform erfordert keine Änderung der Produktionsmittel, und die Produktionsergebnisse kommen, wie gebräuchlich, Privatpersonen zugute. Es gibt nur eine Veränderung in den Produktionsverhältnissen zwischen Einzelpersonen. Es ist eine Reform des Produktionssystems. Das ist eine zweite Revolution.“
Bis Ende 1949 (Errichtung der Volksrepublik) hatten die Selbsthilfe-Gruppen eine beschränkte Aufgabe. Durch den Krieg herrschte großer Mangel an Arbeitskräften und Geräten. Das wichtigste kommunistische Schlagwort für die Selbsthilfe-Gruppen hieß deshalb: „Organisiert Euch, um der Schwierigkeiten Herr zu werden“. Nach der Bodenreform hieß die Losung: „Organisiert Euch zur Vergrößerung der Produktion und zur Verbesserung Eures Daseins“.
Je nach der „kollektivistischen Erkenntnis“ der Bauern entwickelten sich die drei Haupttypen. Sie sind jedoch nicht streng voneinander zu trennen (es gibt viele Zwischenformen), und die kommunistische Taktik läuft darauf hinaus, durch politische Schulung die weniger kollektivistische in eine stärker kollektivistische überzuleiten: 1. die Selbsthilfe-Gruppen für eine bestimmte Zeit, z. B. für eine Saison. Diese Form der Zusammenarbeit, die ganz in die fast überall in China gültige Tradition paßt (vgl. das indonesische gotong rojong-System), ist ziemlich populär. Wenn irgendwo Mangel an Arbeitskräften, Zugtieren oder Geräten ist, hat diese Art Selbsthilfe-Gruppen vor allem zur Erntezeit absolute Daseinsberechtigung. 2. die Selbsthilfe-Gruppe mit Dauercharakter. Ein gründlicheres Ar-beitsverteilungs-und Bezahlungssystems (gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit) ist durchführbar. Möglichkeiten sind vorhanden. Hilfsarbeiten (Heimindustrie) und größere Agrarproduktion ermöglichen durch die größeren Einkünfte es diesen Gruppen, die vorhandenen Geräte zu verbessern, modernere zu kaufen und erfolgreichere Arbeitsmethoden anzu-wenden. In einigen Fällen sind die Geräte und/oder das Vieh gemeinschaftliches Eigentum dieser Gruppe. 3. Durch Zusammenfassung von zwei oder mehreren der unter 2. genannten Selbsthilfe-Gruppen entsteht eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft. Diese Genossenschaft — die sich also aus Selbsthilfe-Gruppen entwickelt, jedoch hinsichtlich Form und Organisation in die nachstehend behandelte Kategorie der Genossenschaften gehört — unterscheidet sich von den beiden obengenannten Kategorien dadurch, daß die Mitglieder ihr Land als Anteil einbringen — deswegen wird sie auch Landgenossenschaft genannt — und zeigt im übrigen viele gemeinschaftliche Züge mit der unter 2. genannten (häufig gemeinschaftliches Eigentum an Vieh, Getreide, „Wassenädern“ usw.). Eine noch weitergehende Arbeitsverteilung und ein Beginn mechanisierter Landbestellung sind möglich.
Es darf noch einmal wiederholt werden, daß'bei allen drei Arten das (vielfach theoretische) Prinzip der Freiwilligkeit von vornherein fest-steht, die Mitglieder sich also jederzeit zurückziehen können, ebenso auch, daß alles Eingebrachte grundsätzlich Privateigentum bleibt.
Es liegt — wenn man die Mentalität des chinesischen Bauern bedenkt — auf der Hand, daß in dem „soeben befreiten Gebiet“ die zeitweiligen Selbsthilfe-Gruppen überwiegen, die ständigen Selbsthilfe-Gruppen also im „alten befreiten“ Gebiet am häufigsten sind und die Zahl der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften — kollektivistisch ge-sprechen die fortschrittlichsten — noch ziemlich klein ist
Die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft ist der Prototyp der richtigen Kollektivfarm und ist an sich eine Verbindung von „Selbsthilfe-Gruppen" und „Genossenschaft".
Genossenschaften „Genossenschaftliche Wirtschaft“ — so lautet Art. 29 des „Common Programm“ — „ist halb-sozialistischerNatur und ist ein wichtigerBestand-tei.der Volkswirtschaft im Ganzen. Die Volksregierung wird ihre Entwicklung fördern und sie vordringlich behandeln“.
Unter den verschiedenen Arten der Genossenschaften in China, die sich im Juli 1950 zu der All China Federation of Cooperatives vereinigt haben, ist auf dem Lande die sogenannte „Supply and Marketing Cooperation“, die wir hier kurz Bauerngenossenschaft nennen wollen, viel wichtiger als die oben besprochene Produktionsgenossenschaft. Ende 1951 gab es 36 390 solcher Bauerngenossenschaften mit 43 619 000 Mitgliedern, d. i. 86, 7% der Gesamtzahl der Genossenschaften und 84, 3% ihrer Gesamtmitgliederzahl; 80, 7% des gesamten Aktienkapitals aller Genossenschaften war damals in Bauerngenossenschaften angelegt
Wegen ihrer bedeutenden Rolle in der Volkswirtschaft genießen die Bauerngenossenschaften Regierungsunterstützungen in mancherlei Form: Darlehen der Staatsbanken gegen niedrigen Zinssatz, 20°/0 Steuerermäßigung mehr als andere Unternehmen, kostenlose Rimessen, ermäßigte Versicherungsprämien usw.
Das oben gezeichnete Bild der heutigen landwirtschaftlichen Maßnahmen in China
Nach offiziellen Angaben
Außer an modernen landwirtschaftlichen Maschinen hat China größten Mangel an technischem Bedienungspersonal. Für die Lieferung der Ma-schinen und die Ausbildung des Personals ist China ausschließlich auf Sowjet-Rußland angewiesen.
Im Herbst 1949 wurde in Shuangchiasse, einem kleinen Ort östlich von Peking, die „Schule für mechanisierten Landbau“ eröffnet. Als 1950 der erste Traktor der Stalingrad-Fabrik eintraf, war das Personal der Schule noch nicht im Stande, den Traktormotor in Gang zu bringen und den Traktor vom Transportauto herunterzufahren. Ende 1950 trafen die ersten russischen Instrukteure ein. Seitdem hat die Schule 1 633 Mann technisches Personal gestellt: Traktorenfahrer, Mechaniker, Brigadeführer, Techniker, Agronomen, Buchhalter, Manager usw. Das Lehrprogramm entspricht dem russischen. Die jungen zukünftigen Landbau-Sachverständigen werden u. a. in den Grundsätzen und Thesen von Mitschurin und Lysenko
Es ist eine Regierungsschule. Sie wird geleitet durch das Büro für die Verwaltung der Staatsfarmen, die dem Landwirtschaftsministerium untersteht. Dieses Büro ist auch unmittelbar zuständig für die Verwaltung der siebzehn Staatsfarmen, „Maschinen-Traktoren-Stationen“ und eines großen Nachschubdepots. Die Güter liegen über ganz Nord-und Mittelchina verteilt, vom Weizengebiet in der Provinz Suiyüan bis zu den Reisfeldern am unteren Yangtze, und haben eine Gesamtoberfläche von 50 000 Morgen (Weizen, Reis, Hirse, Baumwolle, Hanf usw.).
Ende 1952 gab es zehn Kollektivfarmen (mit den russischen Kolchosen zu vergleichen). Die älteste liegt in der Mandschurei, in Chiamussu, auf dem linken Ufer des Sungari. Sie wurde 1951 durch die Initiative der K. P. Ch. auf der Basis der Freiwilligkeit eingerichtet und heißt Hsinghuo, d. h. Der Funken.
Produktionsergebnisse Nun erhebt sich die Frage, zu welchen Produktionsergebnissen die oben ausführlich beschriebene gelenkte Agrarwirtschaft
Ende 1952 ist aus mehreren Gründen ein für eine Bilanz günstiger Zeitpunkt. Mit Ausnahme einiger Gebiete, die von „nationalen Minderheiten“ bewohnt werden, war damals die Bodenreform in ganz China durchgeführt: unter rund 300 000 000 „landlosen“ Landarbeitern und armen Bauern waren insgesamt 700 000 000 Mou Land verteilt.
Auf alle mögliche Art hatte die Volksregierung die Produktion angereizt und gefördert: durch enorme Bewässerungs-und Drainageanlagen, durch Organisation der Bauern in Selbsthilfe-Gruppen und Genossenschaften, durch Einrichtung von Staatsfarmen, durch Aufforstungen in großem Umfang, durch technische Aufklärung über die Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten, durch Einführung moderner Landwirtschaftsmethoden und Geräte usw., ganz zu schweigen von den typisch kommunistischen Anreizen.
In drei aufeinanderfolgenden Jahren hatte China — nach kommunistisdien Berichten — außergewöhnlich günstige Witterungsverhältnisse und infolgedessen Rekordernten.
Nach dem oben schon genannten Kommunique des Staatlichen Statstischen Büros für 1952 betrug in diesem Jahr das Gesamtaufkommen an Nahrungsmittel-Ernten und Baumwollernte 160 000 000 bzw. 1 290 000 metrische Tonnen. Wenn man die oben erwähnte — sehr schlechte Ernte von 1949 mit 100 bezeichnet, zeigt der Produktionsverlauf in der Zeit von 1950 — 1952 folgendes Bild
Wenn man ferner bedenkt, daß — nach einer Mitteilung des chinesischen Landwirtschaftsministers Li Shu-cheng — die Nahrungsmittelernten 1949 nur 74, 6% und die Baumwollernte in diesem Jahr nur 52% des Jahres 1936 — des letzten Vorkriegsjahres — betrugen, kann man sagen, daß im weiteren Verlauf die Baumwollernten eine beträchtliche Steigerung gegenüber dem Vorkriegsstand zeigen (d. h. 1951: 22% und 1952:
51%), daß jedoch die Nahrungsmittelernte erst 1952 über jenen Stand hinausgekommen ist (und immer noch unter dem Stand von 1932 liegt).
Erster Fünfjahresplan Im Jahr 1952, dem letzten des vorbereitenden Stadiums, mußten die Grundlagen für die Industrialisierung Chinas gelegt werden, das von einem vorwiegend agrarischen in ein Industrie-Land umgewandelt werden soll. Zu diesem Zweck wurde der erste Fünfjahresplan ab 1953 aufgestellt.
In einer am 1. September 1953 veröffentlichten Erklärung Teng Tsehuis, Direktor der Abt. Landwirtschaft der K. P. Ch., wird gesagt, daß in Zukunft der Nachdruck auf die Schwerindustrie gelegt würde, da sonst die Industrialisierung des Landes, die Mechanisierung der Landwirtschaft, der Aufbau der nationalen Verteidigung und eine wirkliche wirtschaftliche Unabhängigkeit Chinas ausgeschlossen wären. Den Stand der landwirtschaftlichen Produktion von Ende 1952 halte er — als Basis für die Industrialisierung — nun einmal für unzureichend. Eine Nahrungsmittelernte von 160 000 000 metrischen Tonnen entspreche 300 kg pro Kopf pro Jahr. Vorläufig müsse eine Nahrungsmittel-ernte von 275 000 000 bis 309 999 999 metrischen Tonnen als Ziel festgesetzt werden, d. h. eine Erhöhung von 70%, gemessen am Stand des Jahres 1952. Der erste Fünfjahresplan strebt eine Zunahme von 30%, ein späterer zweiter nach Verwirklichung der genannten Erhöhung eine solche von 70% an.
Darüber hinaus mußte die Produktionserhöhung der Grundstoffe für die Industrie (die sogenannten Industrie-Ernten), d. h. Baumwolle, Sojabohnen, Zucker, Tabak usw., gleichen Schritt mit der industriellen Entwicklung halten.
Obschon Teng Tse-hui für einen sehr gemäßigten Übergang eintritt und vor Übereilung warnt, setzte er nichtsdestoweniger auseinander, daß auf „resolute Weise“ die Politik der Umbildung der kleinbäuerlichen Wirtschaft in eine mehr und mehr kollektivistische Wirtschaft durch-geführt werden müsse, wie es auch in Sowjetrußland geschehen ist. Anhand sozialistischer Richtlinien müssen die kleinen Bauernwirtschaften über Selbsthilfe-Gruppen und agrarische Produktionsgenossenschaften, entsprechend den Lehren aus den Ergebnissen der mechanisierten Staats-farmen, auf der „Basis der Freiwilligkeit“ schließlich zu großen Kollektivfarmen sowjetrussischen Musters mit Maschinentraktoren-Stationen und modernen Techniken zusammengefügt werden. Sonst werden die Bauern mit dem industriellen Entwicklungstempo unmöglich Schritt halten können.
Der Übergang Chinas — mit einer Bauernbevölkerung von 470 000 000 Seelen das größte Agrarland der Welt — zu einem solchen sozialistischen mechanisierten Landbau „im Interesse der Bauern" wird eine der größten Reformen der Welt sein — so schloß Teng Tse-hui.
In der Tat, aber diese Reform wird auch eine der schwierigsten sein. Del chinesische Bauer sieht immerhin seine Interessen ganz anders, und ge Je das ist das schwerste Hindernis, vor das sich die kommunistischen Führer gestellt sehen.
Zwang gegen Widerstand Das offizielle Urteil über die Ergebnisse der Staatsfarmen, das in dem mehrfach zitierten Kommunique von 1952 zu finden ist, ist alles andere als günstig: „ .. . Die Verwaltung war kümmerlich. Eine erkleckliche Anzahl Staatsfarmen hatten niedrige Erträgnisse und hohe Produktionskosten und waren verschwenderisch in ihrem Betrieb. Sie versagten darin, den Bauern zufriedenstellend auszubilden und ein gutes Beispiel für ihn zu sein".
Das Kommunique bemängelt die Unbesonnenheit und die Anwendung von Zwang an Stelle von Überredung, was bei den Bauern viel böses Blut gegeben hat. In vielen Gebieten kann man mit Recht von einer Diktatur der jungen kommunistischen Kaders sprechen, an der auch verschiedene Erlasse Pekings wenig ändern konnten.
Vor allem müssen in diesem Zusammenhang die sogenannte „Drei Anti“ -Aktionen genannt werden, die — nachdem das Zentralkomitee der K. P. Ch. sie beschlossen hatte — durch Mao Tse-tung in seiner Neujahrsrede am 1. Januar 1952 „eingeläutet" wurden: gegen Korruption, Verschwendung und Bürokratie, als Leitfaden für eine allgemeine Säuberung des amtlichen und des Partei-Apparates.
Dies letztgenannte Übel, das Mao's Rede ausführlicher als „bureaucracy, commandism and breaches of law and discipline" bezeichnet, bedeutete nach dem Korrespondenten der TIMES in Hongkong in der Ausgabe vom 12. November 1953 in reinem Englisch... Selbstherrlichkeit, Brutatlität und Ungerechtigkeit, hauptsächlich in den ländlichen Kadern, bei der Durchführung von Regierungsrichtlinien“.
Die Masse der chinesischen Bauern ist durch die Jahrhunderte hindurch der Politik abhold gewesen. Keine politische Aktion — ausgenommen solche aus Unzufriedenheit mit einem herrschenden Regime — ist je spontan aus der Masse selbst hervorgegangen, sondern immer von oben her angestiftet und dirigiert worden. In der Chinesischen Volksrepublik geschah dies durch die fanatischen Jünger der K. P. Ch. und die Jugendliga, die überall auf dem Lande die leitenden Kaderstellen innehaben.
Die politische Mobilisierung der Bauern ist — mutatis mutandis — eine echte Nachahmung der sowjetrussischen. Die breite Masse hat kein Interesse an außenpolitischen Fragen, auch nicht in Korea. Ebensowenig wie in Amerika ist der Koreanische Krieg in China populär. Prahlerische Regierungspropaganda und Verherrlichung der „Freiwilligen“, die die „amerikanischen Imperialisten“ im Korea besiegten, haben wenig daran geändert. Die Pflichtteilnahme an vielerlei politischen Zusammenkünften und Kundgebungen im Rahmen der Aktion „Bekämpft Amerika und unterstützt Korea“ weckt Mißmut: der Produktions-Antrieb („-drives“), ganz nach russischem Schema mit Auszeichnungen für „Muster-Selbsthilfe-Gruppen“ und „Musterarbeiter“ in der landwirtschaftlichen Produktion und Leistungsquoten (die nach der kommunistischen Presse vielfach die offiziellen Quoten übersteigen), ist un-chinesisch und stößt viele vor den Kopf.
Der größte Widerstand aber — zwar nicht öffentlich, doch deswegen nicht weniger wirksam — richtet sich gegen die Lenkung des landwirtschaftlichen Produktionsprogramms und besonders der Produktionsverhältnisse. Trotz prächtiger offizieller Statistiken, die man — ich wies beleits darauf hin — in jeder kommunistischen Gesellschaft, ganz sicher im heutigen China, mit größter Vorsicht verwenden sollte, zeigt sich nicht nur in Berichten aus Hongkong, sondern sogar in offiziellen Berichten der Chinesischen Volksregierung — wenn man sie richtig liest —, daß die allerersten Versuche, die Jahrhunderte alte chinesische Landwirtschaft allmählich in die sozialistisch-kollektivistische Richtung umzubiegen, auf große Schwierigkeiten stoßen.
Ende 1952 zeigte sich deutlich — nach dem schon genannten Artikel in der TIMES —, daß „ . . . die Unterstützung der Bauern in einigen Orten merklich nachließ . . . und, was am schlimmsten ist, die Kluft zwischen Regierung und Volk sich erweiterte. Es wuchs das Gefühl, daß ein Despotismus dem anderen Platz gemacht hätte ... Es ist unmöglich zu sagen, wie weit verbreitet die Unzufriedenheit in diesen vier Jahren kommunistischer Herrschaft ist. Aber ein wenig gibt es sie überall und an manchen Stellen ziemlich viel.“
Dieser „Despotismus" — das muß nochmals wiederholt werden — wird im chinesischen Dorf verkörpert durch das Mitglied der K. P. Ch. oder der Jugendliga, den kommunistischen „Mandarin“, der auf Veranlassung Pekings die allmähliche Sozialisierung des Dorfhaushaltes durchführen soll und dadurch an einer jahrhundertealten Tradition rüttelt.
Die verschiedenartigen Gründe für die Unzufriedenheit wurden oben bereits aufgeführt. Auch die großen Nahrungsmitteltransporte nach Sowjetrußland zu Preisen, die unter 50 % des Weltmarktes lagen (zur Bezahlung der russischen Hilfe und Anleihe, die am 14. Februar 1950 gegeben wurde) sowie die „politischen“ Lieferungen an Indien
Die auf „resolute Weise“ angewandte Politik der Umbildung der kleinen Bauernwirtschaften in eine mehr und mehr kollektivistische Wirtschaft (wie der chinesische Bauer sagt: „Alle essen aus einer Schüssel zugunsten der Faulenzer“) führte — nach Berichten aus Hongkong — dazu, daß tausende Bauern ihr Land aufgaben und in die Städte zogen. Die Landflucht nahm einen solchen Umfang an, daß zuerst im März 1953 und danach nochmals im folgenden Juli in Anweisungen aus Peking die Anwendung von Zwang bei der Bildung der Selbsthilfegruppen und Genossenschaften streng verboten wurde. Eine dritte Anweisung vom August 1953 verordnete wichtige Konzessionen bei der Erhebung der Steuern auf dem Lande.
Hinzu kommt, daß im Gegensatz zu den drei vorhergehenden Jahren die Ernte 1953 weit hinter dem normalen Ergebnis zurückblieb. In Nord-wie in Süd-China gab es Mißernten. In großem Umfang mußte den durch Hungersnot betroffenen Gebieten geholfen werden (u. a. in Ssechuan, der reichsten Agrarprovinz).
Aufschlußreicher für die wirtschaftliche Lage Chinas als das mehrfach zitierte Kommunique von 1952 war die Etatsrede des Finanzministers Po Yi-po im Februar 1953, der — bezeichnend für die bestehende Spannung — bald danach durch Teng Hsiao-ping abgelöst wurde. Aus der Rede ergab sich, daß der erste Fünfjahresplan unter außergewöhnlich ungünstigen Bedingungen begonnen worden war. Die Inflationsgefahr war groß. Außer den genannten Enttäuschungen auf landwirtschaftlichem Gebiet zeigte sich die geringe Leistungsfähigkeit der Industrie. Das Aufkommen der industriellen Staatsbetriebe blieb unter der Hälfte der Schätzung. Kurz, 1953 war für die Chinesische Volksrepublik ein kritisches Jahr.
Das Obenstehende macht deutlich, daß das Ende des Krieges in Korea für China gerade zur rechten Zeit gekommen ist.
Der Waffenstillstand hat das kommunistische Regime in China vor sehr ernsten politisch-wirtschaftlichen Prüfungen bewahrt. „In der Frühgeschichte meines Landes, während unseres Kampfes um die Freiheit, gab es eine Losung: . Vereint siegen wir.
getrennt fallen wir." Das amerikanische Volk, das Zeuge der turbulenten und tragischen Geschichte unseres Jahrhunderts war, erkennt, daß dieser Aufruf des 18. Jahrhunderts in dem gegenwärtigen beunruhigen Zustand der Welt die gleiche Gültigkeit hat.'
(Aus der Rede des amerikanischen Botschafters Exz. H. Freeman Matthews vor der Niederländischen Genossenschaft für Internationale Angelegenheiten am 24. Februar d. J.)