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Die Vollmacht des Gewissens | APuZ 20/1954 | bpb.de

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APuZ 20/1954 Von Berlin nach Genf Die Vollmacht des Gewissens Die Gespräche

Die Vollmacht des Gewissens

und die Chinesen zu ermutigen, die Dinge im Femen Osten voran zu treiben, wo man annehmen kann, daß jede Krise Amerika, England und Frankreich entzweien wird, anstatt sie aneinander zu binden.

Die amerikanische Politik hinsichtlich der Frage einer bewaffneten Intervention ist noch nicht im einzelnen festgelegt worden. Ob es nun aber einen neuen bewaffneten Zusammenstoß zwischen Amerika und China gibt oder nicht, die Genfer Konferenz wird zwangsläufig eine ernste Zerreißprobe für diplomatische Bündnisse und Zusammenschlüsse darstellen. Obwohl sie nicht formell ein Treffen der großen Fünf ist, wird es die erste Konferenz sein, auf der sich die Vertreter des kommunistischen China mit denen der anerkannten Großmächte treffen. Es bleibt abzuwarten, ob Rußland und China, oder die Demokratien des Westens, ihre Einmütigkeit in der Zielsetzung unter dem Druck und den Spannungen von mehrseitigen Verhandlungen besser bewahren. Die Westmächte sehen sich einer Krise gegenüber, die mit der zur Zeit der Berliner Blockade oder dem Ausbruch des Korea-krieges verglichen werden kann. Wenn sie diese Krise mit einer ähnlichen Solidarität überwinden, wie in der damaligen gefährlichen Situation, dann wird ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber den Einbrüchen des Kommunismus verstärkt j somit die Gefahr eines dritten Weltkrieges v mindert werden. Sollte jedoch die augenb liehe Unentschlossenheit und Ambivalenz der französischen Politik den westlichen Blöde s 9 ten, dann wird die Welt in eine Periode grs Unsicherheit und Gefahr eintreten. Es kann sein daß die Indochina-Konferenz weder über Korea noch über Indochina Entscheidungen bringen wird, aber sie wird möglicherweise entscheiden ob man — um den von Mister Dulles kürzlich geprägten Ausdruck zu benutzen -

gezwun. gen sein wird, die Weltlage neuen „qualvollen Beurteilungen" zu unterziehen.

Deutsche Gespräche über das Recht zum Widerstand

Einleitung Die Gedanken und Ansichten, die der Arbeitskreis der „EUROPÄISCHEN PUBLIKATION" im folgenden Abschnitt seinen Lesern bietet, sind bestimmt durch den Kampf um die Freiheit, der die Welt, Europa und nicht zuletzt Deutschland beherrscht. Angst regiert unsere Tage, in denen zwei gegensätzliche Gesellschaftssysteme um die Macht und um die Zukunft ringen.

Deutschland, als das Herz Europas eingeschlossen in dieses Ringen, wird dem Kampfe zwischen der bolschewistischen Weltrevolution und der Freiheit des Westens nicht von einer neutralen Position aus zuschauen können. Wir Deutsche kennen das totalitäre System der Knechtschaft. Deshalb ist es unser erstes Anliegen, die Erinnerung an die Zeit, die hinter uns liegt, nicht entschwinden zu lassen, sondern das, was an uns geschah, bis zu den Wurzeln aufzudecken. Die Angst unserer Tage wird durch die Sicherheit, in der wir zu leben wähnen, nur notdürftig verhüllt. Deutschland wird schon deshalb Stellung beziehen müssen, um die scheinbare Sicherheit in eine echte umzuwandeln. Auf welchem Wege das geschehen kann, ist Sache der Politik und steht hier nicht zur Erörterung. Wohl aber gilt es, die Lehren aus einer Zeit zu ziehen, in der Deutschland und wir Deutsche einem Gesellschaftssystem erlagen, das unserer abendländischen Kultur fremd und feindlich gegenüberstand und dem Sowjetsystem wesensverwandt war.

Auch heute noch lastet diese „einmalige" Zeit auf dem deutschen Menschen. Noch war es ihm, im Erleben der Nachkriegsjahre, kaum möglich, sich von den seelischen Erschütterungen jener Jahre abzusetzen, und trotz aller Bemühungen ist es nirgends ganz gelungen, Urteile und Meinungen von dem Schutt des „Dritten Reiches" ffeizumachen. Die Offiziere, Historiker, Theologen und Juristen, die sich an den hier ausgezeichneten Gesprächen beteiligten, wußten sich mitverantwortlich, als sie ihre Gedanken austauschten. Es ist ihnen gelungen, sich an die verborgendsten Wurzeln der Geschehnisse heranzutasten. Mit heiligem Ernst haben sie um die tragische Problematik des deutschen Widerstandes gerungen und ihre eigenen Anschauungen geklärt. Ihre Gespräche stellen den Versuch dar, die Ereignisse und Gestalten jener Zeit plastisch vor unser Auge zu rücken; sie wollen nicht trennen, sondern zusammenführen. Denn über ihnen steht das Wort von Walter Dirks: „Die tragisch Gehorsamen von damals und die mutig Ungehorsamen gehören beute zusammen“.

Weite Kreise unseres Volkes glauben, es nicht verantworten zu können, das Verbrecherische des Nationalsozialismus und seiner Exponenten zu bagatellisieren. Untersuchungen über die militärische Opposition im Dritten Reich haben zu der Erkenntnis geführt, daß der Staat, der an Hitlers Person gebunden war, den Boden des Rechtes weitgehend verlassen hat. Angesichts der Entartung des totalen Krieges zweifelt heute niemand mehr daran, daß alle Kriegführenden furchtbare Schuld auf sich geladen haben. Wer aber vermeint, Hitlers Gegner treffe die gleiche Schuld an der Entfesselung des zweiten Weltkrieges wie ihn selbst fälscht die Geschichte. Hitler hat diesen Krieg gewollt, er allein hat ihn herbeigeführt — gegen den Willen des deutschen Volkes.

Die Frage, ob Hitler das deutsche Volk überhaupt als sein Volk bezeichnen konnte, taucht damit ebenso auf wie die Frage, ob er wirklid jemals eine Berechtigung hatte, vom deutschen Soldaten als von »seinem Soldaten zu sprechen. Es erhebt sich die weitere Frage: Wußten kitle und die ihm bis zu den letzten Konsequenzen ergebenen Gefolgsleut" was deutsche Soldatenehre war?

Die Treue zum eigenen Volke ist für jeden Menschen ein unveräußer licher Wert. Sie war es auch für die deutschen Menschen der Jahre 1 bis 1945, ganz gleich, ob sie der Opposition angehörten oder nicht • Treue zu ihrem Volke handelten die Männer, die an der Front bis * letzten Tage durchhielten, aber auch alle jene, die im Widerstand d einzige Möglichkeit sahen, ihrem Volk diese Treue zu halten. AufAd Motive kommt es an. Diese aus den Verschüttungen der Leidens zu bergen, ist unser Anliegen.

a Es geht hier also um eine ernste Prüfung der menschlichen " e s inneren Moralgesetze und der Gewissensentscheidungen aller jen 2 daten, die im Widerstand nicht gegen ihr Volk und Vaterland, son " gegen das System standen.

Fussnoten

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