Artikel 3 des Grundgesetzes legt fest, dass kein Mensch aufgrund "seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen und politischen Anschauungen" und "seiner Behinderung" benachteiligt werden darf. Rassistische Übergriffe, Anschläge und Morde sowie Berichte über rechtsextreme Netzwerke auch in Polizeibehörden offenbaren jedoch die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit dieses Verfassungsgrundsatzes.
Rassismus als "Märchen über angeborene Eigenschaften" (Alice Hasters) und vermeintliche Legitimation von Ungleichheitsstrukturen kennt vielfältige Betroffene und passt sich an wandelnde gesellschaftliche Kontexte an. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie tritt er mitunter besonders deutlich hervor. Das hiesige Echo auf die antirassistischen Proteste in den USA zeigt zudem, dass globale und lokale Phänomene sich durchaus wechselseitig beeinflussen können. Die Bewegung Black Lives Matter knüpft dabei auch in Deutschland an eine lange Geschichte antirassistischer Reaktionen an.
Während unter Demokrat:innen Einigkeit darüber besteht, dass Rassismus eine Gefahr ist und bekämpft werden muss, wird regelmäßig kontrovers diskutiert, wie rassistischen Zuschreibungen und Handlungsmustern begegnet werden kann. Was würde eine Streichung, Umformulierung oder unveränderte Beibehaltung des Begriffs "Rasse" im Grundgesetz für den Schutz vor rassistischer Diskriminierung bedeuten? Wie lässt sich Rassismus in einer postmigrantischen Gesellschaft konzeptuell fassen? Und wie lässt sich vermeiden, dass sich beim demokratischen Streit über die beste Strategie die Fronten so sehr verhärten, dass dazwischen bisweilen Sprachlosigkeit herrscht?