Einleitung
Im Verlauf des bald zweijährigen konfliktbeladenen Ringens um die Bewältigung der europäischen Schuldenkrise hat Deutschland eine tonangebende, gar dominante Rolle gespielt. Sie mündete beim EU-Gipfel am 8. und 9. Dezember 2011 in ein weitgehendes Obsiegen deutscher Positionen und Forderungen. In einigen Euroländern - vor allem in den von der Schuldenkrise und den harten Sparmaßnahmen besonders betroffenen - führte dies zu germanophoben Reaktionen. Auch die Aussage des Vorsitzenden der CDU-Bundestagsfraktion Volker Kauder im November 2011, jetzt auf einmal würde in Europa Deutsch gesprochen, beflügelte die Furcht vor einem allzu starken Deutschland und einem "deutschen Europa".
Diese Stimmungs- und Faktenlage verlangt nach einer Verortung der aktuellen europapolitischen Rolle Deutschlands. Ist mit dem Ausbruch der Euro- und Schuldenkrise Anfang des Jahres 2010 der historische Moment gekommen, zu dem Deutschland sein ganzes Gewicht als "Zentralmacht Europas" (Hans-Peter Schwarz), als der wirtschafts- und bevölkerungsstärkste Staat der EU in die Waagschale wirft und sich zur einzigen Führungsmacht, ja zum Hegemon Europas aufschwingt? Oder bleibt es seiner Rolle als europäischer Mitführungsmacht treu?
Rückblick auf Deutschlands Europapolitik
Die aktuelle Dominanz Deutschlands in Europa wirft die Frage auf, ob es sich um einen nachhaltigen Bruch mit den tradierten Grundprinzipien und Konstanten deutscher Europapolitik handelt. Diese bestanden über Jahrzehnte hinweg darin, jeglichen Zuwachs an deutscher Handlungsfähigkeit (auch) in eine Vertiefung der europäischen Integration umzumünzen, zum einen, weil damit den Interessen des Landes am besten gedient war, zum anderen, weil die Partnerstaaten eine europäische Einbindung (West-)Deutschlands zwingend einforderten - dieses zentrale, auch heute noch gültige Integrationsmotiv hat der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt jüngst mit Nachdruck in Erinnerung gerufen.
Die Förderung der Einheit Europas gehört zu den Grundpfeilern des außenpolitischen Rollenkonzepts der Bundesrepublik. Sie fungiert dauerhaft als deutsche Staatsraison. Deutsche Europapolitik wurde - zumal in den Zeiten der Teilung - in zurückhaltendem Stil, in der Regel in engster Kooperation mit Frankreich ausgeführt und war deshalb außerordentlich erfolgreich. Von den übergeordneten Leitlinien deutscher Außenpolitik (never again, never alone, politics before force
Gewisse Akzentverschiebungen des deutlich selbstbewusster auftretenden vereinten Deutschlands kennzeichneten die Außen- und Europapolitik der rot-grünen Regierung (1998-2005), die außerdem eine merkliche "Pragmatisierung" aufwies.
Auch in der 2008 einsetzenden weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise brachte sich Deutschland unter Rückgriff auf den bewährten deutsch-französischen Motor der Integration in das Krisenmanagement ein. Angela Merkel und ihren Vizekanzlern Frank-Walter Steinmeier beziehungsweise seinem Nachfolger Guido Westerwelle waren allenfalls mangelnder europapolitischer Ehrgeiz sowie Visionslosigkeit vorzuwerfen.
Deutschlands Rolle in der Schuldenkrise
Um die herausgehobene Rolle zu erfassen, die Deutschland im Dauer-Krisenmanagement der vergangenen zwei Jahre spielte, ist zunächst auf die Tatsache zu verweisen, dass das deutsche wirtschafts- und finanzpolitische Gewicht in der Eurozone (17 Mitgliedsstaaten) in wesentlich größerem Maße zu Buche schlägt als in der EU (27 Mitgliedsstaaten). Damit ergibt sich allein schon aus der Zusammensetzung von Euro-Europa eine faktische Dominanz Deutschlands: Sieben Euroländer sind Kleinstaaten (bis fünf Millionen Einwohner); von den sechs mittelgroßen Mitgliedern (bis 15 Millionen Einwohner) werden zwei, Griechenland und Portugal, von den Partnern finanziell unterstützt; zwei der wirtschaftlich wichtigsten Mitglieder der Eurozone, Italien und Spanien, befeuerten monatelang die Krise weiter, so dass als belastbarer Partner jedweder Gegenmaßnahmen allein Frankreich infrage kommt. Zwar ist Frankreich im Prinzip ein äußerst bewährter Partner, leidet aber seit Jahren unter Reformstau und wirtschafts- und finanzpolitischen Schwächen. Der jüngste Verlust des "Triple A"-Status (die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Frankreichs durch die Ratingagentur Standard & Poor's) ist ein besonders markanter Ausdruck dafür. Wenn also nicht einmal Frankreich den Deutschen ein Partner auf Augenhöhe ist, so kann deren derzeitige Dominanz kaum verwundern.
Im konkreten Krisenmanagement konfrontierte Deutschland die Partner mit quasi unverhandelbaren Forderungen, conditiones sine qua non einer finanziellen Beteiligung Berlins an den Rettungsmaßnahmen. So setzte Angela Merkel im Frühjahr 2010 gegen vielfältigen Widerstand - auch seitens des Finanzministers Wolfgang Schäuble - durch, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) sowohl in die Rettungspakete für Griechenland als auch den EFSF (Europäische Finanzstabilitätsfazilität) einbezogen wurde. Weitere Bedingungen, die Deutschland für seinen Einstieg in eine Haftungsunion stellte, waren substanzielle Anstrengungen aller Euroländer zur Rückführung ihrer Staatsschulden, die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts mittels einer Vertragsreform und die Schaffung einer veritablen Stabilitätskultur im Euroraum, die für jedes Euroland auch die Einführung einer Schuldenbremse zur Pflicht macht.
Bei der Festlegung der deutschen Positionen wurde Angela Merkel häufig der Vorwurf gemacht, sie agiere zu zögerlich, zu langsam und habe den Ernst der Lage nicht früh und umfassend genug erkannt. "Immer zu spät und immer zu wenig", so könnte man das Gros der Kommentare zum Krisenmanagement der Bundesregierung und der Eurostaaten insgesamt zusammenfassen. Dem Vorwurf, sie agiere "immer zu spät", ist entgegenzuhalten, dass die Bundeskanzlerin wohl bereits im Mai 2010 das Ausmaß der Gefahr erkannt hatte und dies in ihr neues Mantra "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa" übersetzte: Die Währungsunion sei eine Schicksalsgemeinschaft, bei deren Rettung es "um nicht mehr und nicht weniger als um die Bewahrung und Bewährung der europäischen Idee" gehe.
Ob der Vorwurf des "immer zu wenig" sachlich gerechtfertigt ist, mögen Ökonomen beurteilen; aus politikwissenschaftlicher Sicht ist festzuhalten, dass auch Deutschlands Kanzlerin de facto eine Getriebene der Krise, der Märkte und der Ratingagenturen war. Denn mit jeder neuen Enthüllung über finanzielle Missstände in Griechenland, mit jeder neuen Spekulationsoffensive und Herabstufung der Bonität von Euroländern wuchs der Milliardenbedarf des EFSF. Deutschland musste seinen Beitrag daher sukzessive nach oben schrauben, was dem Vorwurf des "immer zu wenig" konstant neue Nahrung gab.
Es ist jedoch davon auszugehen, dass das deutsche Zögern auch strategisch-taktischen und didaktischen Überlegungen folgte; denn es war vor allem der hartnäckige Widerstand gegen allzu schnelle Hilfen, der es ermöglichte, die Euroländer auf die Schaffung einer neuen und strikten Stabilitätskultur einzuschwören. Jedenfalls hat die Bundeskanzlerin schon frühzeitig auf die Kritik gekontert: "Ein guter Europäer ist nicht unbedingt der, der schnell hilft. Ein guter Europäer ist der, der die europäischen Verträge achtet (...) und so hilft, dass die Stabilität der Eurozone keinen Schaden nimmt."
Deutschland als Vetomacht
Als regelrechter Vetospieler agierte Deutschland in der umstrittenen Frage der Schaffung gemeinsamer Staatsanleihen aller Euroländer (Eurobonds). Gegen die zustimmenden Signale aus der EU-Kommission, dem Europäischen Parlament und den größten Schuldenstaaten setzte die deutsche Regierung ihr beharrliches "Nein". Auch dem Ansinnen, dem EFSF und künftigen ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) Zugang zu unbegrenzten Finanzmitteln der Europäischen Zentralbank (EZB) zu ermöglichen, widerstand die deutsche Regierung hartnäckig. Es waren vor allem diese Positionen, welche die angesprochenen germanophoben Ausbrüche auslösten. Bundeskanzlerin Merkel betonte daraufhin, die deutschen Positionen hätten "nichts mit manchen Ängsten, Sorgen und Vorhaltungen zu tun, die man momentan lesen oder hören kann, dass Deutschland Europa dominieren oder Ähnliches wolle. Das ist abwegig. Wir treten - das ist allerdings richtig - für eine bestimmte Stabilitäts- und Wachstumskultur ein, aber wir tun dies im europäischen Geiste (...)."
Das Ausspielen einer Vetomacht auf europäischer Bühne ist für Deutschland äußerst ungewöhnlich. Dass die Bundesregierung im Rahmen des Schuldenkrisenmanagements auf diese Extremform des europapolitischen Handelns zurückgreift, kann mit mehreren Faktoren erklärt werden. Erstens ist die auf Machterhalt fokussierte Kanzlerin - zumal angesichts der angespannten Lage innerhalb der schwarz-gelben Regierungskoalition - um Rückhalt in der deutschen Öffentlichkeit bemüht. Diese aber lehnt eine Transferunion ab, die dahingehend verstanden wird, dass mit deutschem Geld ausländische Schulden bezahlt werden sollen. Daher ist sich die Bundeskanzlerin der heimischen Zustimmung für ihr Veto gegen die Einführung von Eurobonds gewiss. Zweitens schlagen hier die strukturellen Ungleichheiten innerhalb des Euroraums stark zu Buche; denn Eurobonds könnten beim aktuellen übermäßigen Schuldenstand der meisten Euroländer dem mit Abstand größten Gläubiger Deutschland seine "Triple A"-Bonität kosten. Dies würde auch die Finanzierung der deutschen Staatsverschuldung verteuern, die mit 82,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) deutlich jenseits des Maastricht-Kriteriums liegt. Beim kategorischen Nein zu Eurobonds geht es folglich auch um die Wahrung deutscher Interessen. Den dritten Grund für das Ausspielen der Vetomacht liefert das Bundesverfassungsgericht (BVerfG): Infolge des "Lissabon-Urteils" im Juni 2009 verankerte das Gericht die Mitspracherechte des Bundestags mit seinem Urteil vom 7. September 2011 auch bei EU-Finanzentscheidungen; daher muss die Regierung für alle EFSF-Beschlüsse seine Zustimmung einholen.
Fiskalunion: Triumph für Merkel oder für "Merkozy"?
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass sich die Bundesregierung mit ihren Forderungen und Vetopositionen im EU- beziehungsweise Euroraum weitgehend durchgesetzt hat. Dies erfolgte häppchenweise, verteilt auf die zahlreichen Krisengipfel und kulminierte am 9. Dezember 2011 in der Vereinbarung der Staats- und Regierungschefs des Euroraums zum Einstieg in eine Fiskalunion mit weitreichenden Implikationen. Während des Gipfels wurde unterstrichen, "Schritte in Richtung auf eine stärkere Wirtschaftsunion" unternehmen zu wollen; "dies beinhaltet Handeln in zwei Richtungen: einen neuen fiskalpolitischen Pakt und eine verstärkte wirtschaftspolitische Koordinierung; die Weiterentwicklung unserer Stabilisierungsinstrumente, um kurzfristigen Herausforderungen begegnen zu können."
Allerdings lassen sich diese Beschlüsse nicht, wie von der deutschen Regierung angestrebt, im Rahmen der EU-27 (also auch über den Euroraum hinausreichend) verwirklichen.
Es ist auf die Frage zurückzukommen, ob es sich beim bisherigen Krisenmanagement um ein deutsches Diktat - um deutsche Machtpolitik - handelt, die Europa beziehungsweise den Euroraum tatsächlich "deutscher" gemacht hat. Ohne die Hartnäckigkeit, die Durchsetzungsfähigkeit und den Einsatz der deutschen Regierung in Abrede zu stellen, ist hier zu relativieren. So muss betont werden, dass die zahlreichen Schritte im Krisenmanagement bis hin zu den Beschlüssen zur Fiskalunion ausnahmslos auf deutsch-französischen Absprachen und Vorschlägen basierten.
De facto nahm das "Dauergespräch"
Doch hängen Deutschland und Frankreich auch unter "Merkozy" unterschiedlichen, oft konträren wirtschafts-, währungs- und finanzpolitischen Orthodoxien an. Daher kam es zu deutlichen Konflikten um das Ausmaß der geforderten Solidarität mit den Schuldenstaaten, die Härte des nötigen Sparkurses, die Strenge der Sanktionen gegen "Schuldensünder", über Eurobonds oder auch die Rolle der EZB. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Stärke Deutschlands musste die französische Regierung in größere Zugeständnisse einwilligen als die deutsche, die letztlich lediglich ihre Position zu den massiven Ankäufen von Staatsanleihen durch die EZB lockern sowie von ihrer Forderung nach der Einbeziehung privater Gläubiger in die Schuldenregelung abrücken musste.
Dennoch: "Merkozy" als deutsch-französisches "Direktorium, das die Euro-Zone irritiert"
Zum überragenden Einfluss, den die Bundeskanzlerin und der französische Staatspräsident letzthin spielten und der sich auch auf die Regierungswechsel in Griechenland und Italien auswirkte, gehört weiterhin - und höchst bedenklich -, dass europäische Institutionen marginalisiert werden. Das trifft zum einen auf die EU-Kommission und ihren Präsidenten José Manuel Barroso zu, zu dem Sarkozy seit jeher, Merkel seit Kurzem ein gespanntes Verhältnis pflegt; so reagierte die Kanzlerin über Barrosos Vorstoß zugunsten von Eurobonds ungewöhnlich scharf: Noch nie "hat ein deutscher Regierungschef einen Präsidenten der Kommission öffentlich derart abgewatscht, wie Angela Merkel das nun mit Barroso getan hat".
Zum anderen sieht auch Herman van Rompuy, ständiger Präsident des EU-Rats, seinen Einfluss schwinden; ihn, der zunächst als Präsident von Merkels und Sarkozys Gnaden galt, haben die beiden im Krisenmanagement mehrfach ausgebremst; besonders in den finalen Weichenstellungen vor dem EU-Gipfel am 8. und 9. Dezember 2011 unterlag van Rompuy, der - ebenso wie Barroso - die zunächst deutsche, dann französisch-deutsche Idee eines neuen Vertrags ablehnte. Sarkozy hatte zunächst die neuen Stabilitätsregeln ausschließlich im Kreise der 17 Eurostaaten verankern wollen. Aufgrund Großbritanniens Blockade setzte sich dann allerdings der Alternativplan durch: Die Staaten des Euroraums sowie weitere EU-Mitglieder schließen einen zwischenstaatlichen Vertrag ab, der erst später in den EU-Bereich überführt wird; dieses intergouvernementale Prozedere schwächt die Gemeinschaftsorgane (vorübergehend?) zusätzlich.
Euro-Europa und EU-Europa - was nun?
Europa hat unter Führung von "Merkozy" zwar Handlungsfähigkeit bewiesen, die allerdings - wie die Bewertungen der Ratingagentur Standard & Poor's im Januar 2012 andeuten - noch nicht in ausreichendem Maße die Glaubwürdigkeit der EU-Regierungen und das Vertrauen der Märkte in die Politik wieder herstellen konnte.
Doch auch jenseits der Schuldenkrise steht das neue Euro-Europa vor gewaltigen Herausforderungen. So gilt es, rasch einen modus vivendi mit Großbritannien und Tschechien zu finden, die ja weiterhin Mitglieder der EU-27 sind. Denn mittelfristig ergibt sich die Frage, wie es um die EU-27 auf der Grundlage des Vertrags von Lissabon bestellt ist. Wie geht das Euro-Europa mit dem gemeinsamen Besitzstand um, der in den Jahrzehnten der Integration aufgebaut wurde? Kann man sich eine parallele Existenz der Fiskalunion der "17+8" und der EU-27 überhaupt vorstellen oder ist das Ende letzterer bereits eingeläutet?
Ferner besteht für das Euro-Europa der "17+8" die Herausforderung, die Gemeinschaftsinstitutionen angemessen einzubinden, um die europäische Demokratie zu stärken. Denn die bisherigen Beschlüsse zur Fiskalunion räumen dem Intergouvernementalen eine exzessive Rolle ein, weil sie sehr viel Steuerungs- und Koordinationsaufgaben allein in die Hände der Staats- und Regierungschefs geben - ein seit einigen Jahren zu beobachtender negativer Trend. Nach der heißen Phase des Krisenmanagements muss daher das übergroße Gewicht intergouvernementalen Handelns im integrierten Europa zurückgeschraubt werden. Ein "Direktorium" à la "Merkozy", in der Not nützlich und daher hinnehmbar, kann für die Zukunft keine Blaupause sein, da dies die Grundfeste der auf der Gemeinschaftsmethode beruhenden Integration unterminiert, die Partner auf Dauer entmündigt und zur alternativlosen Gefolgschaft verdammt. Hier ist jedoch Hoffnung in Sicht, denn mit dem jüngsten Regierungswechsel wird Italien wieder eine wichtigere europapolitische Rolle spielen und ein allzu viel an "Merkozy" ausgleichen.
Die dritte und größte Herausforderung für Europa besteht jedoch darin, dem Integrationsprojekt über die Zielsetzung der Fiskalunion hinaus neue Perspektiven zu eröffnen. Auch wenn der Euro - um die Diktion Angela Merkels aufzugreifen - tatsächlich "weit mehr ist als nur eine Währung"
Kein europäischer Staat kann diese Zukunftsvorsorge allein gewährleisten, das kann nur ein vereintes Europa. Die aktuellen Krisen zeigen jedoch, dass ein Scheitern dieses Vorzeigeprojekts und ein Rückfall in überwunden geglaubte nationalstaatliche und nationalistische Tendenzen nicht ausgeschlossen werden können. Daher muss erneut mit viel Energie und tiefster Überzeugung für die "immer engere Union der Völker Europas" (Artikel 1 des Vertrags über die Europäische Union) gekämpft werden. Nur so kann die momentan grassierende Entfremdung unter den Europäern gestoppt, die gemeinsame Identität gestärkt und die Zukunft gewonnen werden. Für Deutschland bedeutet dies, dass seine wichtigste Staatsraison auch weiterhin darin besteht, als starke und unverzichtbare, aber nicht einzige (Mit-)Führungsmacht die Einheit Europas voranzutreiben.