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Über das Verhältnis von Geschichts- und Politikwissenschaft

Alexander Gallus

/ 17 Minuten zu lesen

Beide Fächer befinden sich in enger Nachbarschaft, die von gestörter Kommunikation geprägt ist. Der Beitrag skizziert diese Beziehung und widmet sich dem Verhältnis von Zeitgeschichte und Demoskopie.

Einleitung

Was also urteilen Sie, geehrte Zuhörer? (...) Wollen Sie annehmen, dass es keine enge Verbindung und Verwandtschaft der Historie mit der Politik gebe? Ich kann mir nicht denken, dass eine solche Ansicht ihre Beistimmung werde erlangen können. Dies allein ist fraglich, welches Verhältnis zwischen beiden obwalte. (...) Sprechen also will ich von der Verwandtschaft der Historie und Politik, und werde zu zeigen versuchen, welches die Grenzen dieser Wissenschaften sind, wo die eine die andere berührt, wo sie sich zu trennen beginnen, welcher Unterschied zwischen ihnen stattfindet." Das Zitat stammt aus der Berliner Antrittsvorlesung Leopold von Rankes aus dem Jahr 1836: "Über die Verwandtschaft und den Unterschied der Historie und der Politik". Es handelt sich bei der Erörterung des Verhältnisses von Geschichts- und Politikwissenschaft zueinander also um ein altes Thema, das immer wieder aufgegriffen wird, für eine ganze Weile aber aus der Mode geraten ist.

In enger Nähe so fern?

Auch wenn sich mit Klaus von Beyme und Wolfgang Seibel zwei herausragende Vertreter der deutschen Politikwissenschaft erst in jüngerer Zeit diesem Problemfeld zugewendet haben, so ist doch der Trend zu einem immer geschichtsferner gewordenen Fach kaum zu übersehen. Ein Blick auf die Struktur politikwissenschaftlicher Institute oder in die Fachzeitschriften - nicht zuletzt die "Politische Vierteljahresschrift" - dürfte dies belegen. Die Doppellehrstühle für Politikwissenschaft und Zeitgeschichte, wie es sie an Universitäten wie Bonn, Mannheim oder Berlin über Jahrzehnte hinweg gab, sind verschwunden. Dabei trugen gerade sie viel zur Reputation der beiden jungen Universitätsfächer bei. Die Werke Karl Dietrich Brachers zur Weimarer Republik und ihrem Scheitern, Hermann Webers Studien zur Geschichte des Kommunismus, Kurt Sontheimers zum antidemokratischen Denken am Vorabend des "Dritten Reichs" oder Ernst Fraenkels Analysen zu den westlichen Demokratien mögen als prominente Beispiele dienen. Auch sei erwähnt, dass die ersten Professuren, die so bekannte Historiker wie Reinhart Koselleck oder Heinrich August Winkler besetzten, in Bochum respektive Berlin politikwissenschaftliche waren.

Dass diese enge Verbundenheit zweier Disziplinen nicht nur ein Intermezzo war und nunmehr gleichsam eine Rückkehr zur Normalität oder Tradition zu verzeichnen ist, belegt schon der Bezug auf Ranke. Überhaupt findet sich im 19. Jahrhundert - so kompliziert die Geschichte beider Fächer gerade in jenem Säkulum war - eine ganze Reihe von Doppellehrstühlen für Politik und Geschichte. Heinrich von Sybel, der Begründer der "Historischen Zeitschrift", oder Johann Gustav Droysen wirkten nicht nur als Historiker, sondern lasen auch über Politik. Der für seine "Historik" berühmte Droysen schrieb 1851: "Ich rüste mich, die Wissenschaft von der Politik zu treiben (...) - eine pragmatische Politik, will sagen die exakte Wissenschaft vom Staat und von den Staaten, Machtlehre dergleichen." Und 1896 formulierte der Cambridger "Regius Professor of Modern History" John R. Seeley: "History without Political Science has no fruit; Political Science without History has no root."

Die gegenwärtige Politikwissenschaft in Deutschland vereinigt unterschiedliche Methoden, Theorieansätze und Richtungen. Dabei lässt sich ein Trend hin zur empirischen wie theoretischen Sozialwissenschaft sowie zu Vielzahlen-Vergleichen bei gleichzeitiger Kappung geisteswissenschaftlicher Bezüge und Traditionen ablesen - nicht selten zusätzlich auf Kosten stilistischer Eleganz. Der "Politologenjargon" ist berühmt-berüchtigt und schafft Distanz zur Öffentlichkeit. Die Historiker sind schon lange nicht mehr wie selbstverständlich Vertreter einer geglückten Narration. Bereits 1979 ertönte daher der Ruf nach einem "revival of narrative".

Schnittmengen im Bereich der schlechten Darstellungsformen dürften aber kaum zur Entspannung der zunehmend prekären bilateralen Beziehungen beider Fächer beitragen. Die Historiker tragen dafür ebenfalls Verantwortung. Kaum eine zweite Disziplin beschäftigt sich so intensiv mit der Entwicklung der Zünfte wie die Geschichtswissenschaft und versteht sich zugleich selbst als eine solche; das bringt strenge Aufnahmebedingungen ebenso wie eigentümlich elitäre Abgrenzungsbestrebungen mit sich. Galt einst der nicht der Zunft angehörende Handwerker als Pfuscher, so mag manch zünftiger Historiker diese Rolle heute den Politologen zuweisen. Ein geringer ausgeprägtes Kastendenken und weniger Revierverhalten täten gut.

Ungeachtet von Schuldzuweisungen dürfte die von Charles Tilly konstatierte Tatsache zutreffen, dass wir es mit einem dünn bevölkerten Niemandsland an den Grenzen zwischen Geschichts- und Politikwissenschaft zu tun haben. Zentrale Unterschiede zwischen den beiden Fächern lassen sich dafür geltend machen - darunter die Differenz zwischen den systematischen und historischen Wissenschaften allgemein, zwischen der nomothetischen Wissenschaft hier und der idiografischen dort, zwischen der typisierenden und der individualisierenden Wissenschaft, schließlich die Spannung zwischen der analytischen Wissenschaft auf der einen Seite und der narrativen auf der anderen. Idealtypisch betrachtet sind dies richtige Aussagen, wenn man die Fächer als monolithisch anmutende Kollektive betrachtet. Je nachdem, welche Phase, welches Teilgebiet, welche Schule man näher unter die Lupe nimmt, sind diese überspitzten Kennzeichnungen "realtypisch" zu relativieren und zu konkretisieren. So sind die Überschneidungsfelder zwischen einer politikwissenschaftlichen Ideengeschichte mit einer geschichtswissenschaftlichen "intellectual history" - bei allen Unterschieden - größer als zwischen einer theoriedominierten "Internationalen Politik" auf der einen Seite und einer "Internationalen Geschichte" sowie transnationale Zusammenhänge sezierenden Historiografie auf der anderen.

Gleichwohl sind wesentliche Kooperationsmöglichkeiten der beiden Fächer ebenso wenig zu übersehen und wiederholt herausgestellt worden. Demnach profitiert die Geschichtswissenschaft vorrangig von der Theorie-, Begriffs- und Methodenübernahme aus der Politikwissenschaft im Besonderen und den Sozialwissenschaften im Allgemeinen. Eine Hochzeit erlebte dieser enge Fächerkontakt während der 1970er Jahre, als sich die "Gesellschaftsgeschichte" in ihrem Verständnis als "Historische Sozialwissenschaft" als neues Leitparadigma durchsetzte. Sozialwissenschaftliche Entwicklungs- und Modernisierungstheorien erfreuten sich einer regen Übernahme durch Historiker. Hinzu kam - mit erheblichem Nachhall bis heute - das Schlagwort von der "Theoriebedürftigkeit" der Geschichtswissenschaft. Die Impulse aus der Soziologie waren insgesamt stärker als jene aus der Politikwissenschaft. Aber auch deren vergleichsweise empirienahen Systematiken und Typologien finden Anwendung in historisch ausgerichteten komparativen Studien, im 20. Jahrhundert vor allem beim Demokratie- und Diktaturvergleich wie auch in der Systemwechselforschung.

Die Politikwissenschaft hingegen nutzt die Historie, sofern sie sich auf sie einlässt, in erster Linie als empirisches "Lagerhaus" (Klaus von Beyme), um ihre Modellvorstellungen und theoretischen Konzepte zu testen. Das Interesse an der "historischen Methode" ist dagegen eher gering. Dies zeigt sich deutlich am Beispiel der Biografik, die in der Geschichtswissenschaft wieder als ernstzunehmendes Genre salonfähig geworden ist, in der Politikwissenschaft dagegen ein Mauerblümchendasein fristet. Politikwissenschaftler, die personalen Aspekten nachspüren, greifen meist lediglich auf die durch die Geschichtswissenschaft bereitgestellten Daten für Sekundäranalysen zu. Sie fahren dann nicht selten "auf dem Trittbrett der mühsam recherchierenden historischen Forschung".

Statt mich diesem gemeinsamen, insgesamt vernachlässigten Untersuchungsbereich beider Fächer, den handelnden Akteuren und Personen im Spannungsfeld zwischen Individual- und Kollektivbiografik, zuzuwenden, will ich im Folgenden - stärker aus der Perspektive des Zeithistorikers als des Politikwissenschaftlers - der "Lagerhaus"-These mehr Aufmerksamkeit schenken und diese gewissermaßen umkehren. Denn insbesondere für das 20. Jahrhundert und nicht zuletzt die allerneueste Phase der Zeitgeschichte "Nach dem Boom" ab den 1970er Jahren, darauf haben in geradezu programmatischer Weise Anselm Doering-Manteuffel und Lutz Raphael hingewiesen, dienen die Politik- und Sozialwissenschaften als Lieferanten von "Sozialdaten" - häufig verbunden mit eigenen Interpretationsansätzen. Ich werde dies anhand des Verhältnisses von Zeitgeschichte und Demoskopie erläutern. Es folgt ein knappes Fazit mit ergänzenden Thesen zu zwei Fächern, die sich in enger Nachbarschaft befinden, deren Kommunikation aber abgerissen oder zumindest gestört ist.

Clios Datenreservoir

"Aus Umfragen unter vielen tausend Menschen ist (...) das Material für eine Geschichtsschreibung entstanden, die die Ereignisse nicht als Folge politischer und wirtschaftlicher Absichten zeigt, sondern im Echo der Betroffenen." Dies schrieb Elisabeth Noelle-Neumann im Jahr 1949. Tatsächlich hat die Umfrageforschung - insbesondere für die Epoche seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs - der Zeithistorie neuen Nährboden bereitet.

Lange Zeit scheuten deren Fachvertreter aber vor Material und Methoden der Meinungsforschung zurück. Erst in allerjüngster Zeit kündigt sich hier ein Wandel an. Ein Grund für das Misstrauen vieler Historiker gegenüber Demoskopen liegt vermutlich in ihrer unterschiedlichen Perspektive (oder wenigstens den entsprechenden Perzeptionen): Die einen schauen zurück in die Vergangenheit, die anderen blicken meist nach vorn. Vereinfacht gesprochen beginnt der Historiker mit einem Ereignis, einer vollendeten Tatsache und schließt von da aus auf das Meinungsklima, das den Vorgang ermöglichte. Der Meinungsforscher - wie die prognosenaffine Politikwissenschaft überhaupt - ermittelt Einstellungen und versucht, Kommendes besser einzuschätzen.

Eine weitere Ursache für die Skepsis, mit der Historiker der Demoskopie begegnen, könnte darin bestehen, dass sie sich mit längerfristigen Entwicklungen und Prozessen befassen, die Demoskopen in ihren Augen dagegen nur mit dem sprunghaften Wandel von Meinungen über kleine Fragen in kurzen Zeiträumen. Manche Historiker lehnen den Umgang mit Umfrageergebnissen auch deshalb ab, weil sie die Bedeutung der öffentlichen Meinung zur Erklärung der "großen Politik" bestenfalls für zweitrangig halten. Angesichts von Demokratisierungsprozessen in der Massengesellschaft - und auch angesichts von Tendenzen einer "Kulturgeschichte der Politik", die Medien und Öffentlichkeit gerade im 20. Jahrhundert erhöhte Beachtung schenkt - erscheint dies kaum länger gerechtfertigt. Nur wenige Historiker indes dürften mit der Demoskopie auch deren Untersuchungsgegenstand, die öffentliche Meinung, beiseite schieben. Als Beleg können die Beispiele einer historischen Meinungserforschung von Perioden dienen, für die keine Umfragedaten vorliegen. Götz Aly plädierte kürzlich sogar dafür, aus alternativen Quellen eine Art "Historische Demoskopie" für die NS-Zeit zu rekonstruieren.

Was leistet die Demoskopie als Geschichtsquelle, auf welchen Gebieten der Zeithistorie kann sie Aussagen machen? Einen wichtigen Beitrag steuert sie zur Mentalitätsforschung bei. Sie untersucht gemeinschaftliche Weltbilder, erfasst Ein- und Vorstellungen zu zentralen Lebenssituationen, zu politisch-gesellschaftlichen Institutionen und Konstellationen, um Verhaltensweisen größerer Gruppen besser zu verstehen. Die Mentalitätsgeschichte unterscheidet sich von der herkömmlichen Ideen- und Geistesgeschichte. Sie will kulturelle Selbstverständlichkeiten erfassen, zumal von Gruppen und Menschen, die wenig oder keine schriftlichen Zeugnisse hinterlassen haben. Sie ist im Grunde historische "Zeitgeist"-Forschung. Im Bereich der Politik spricht man statt von Mentalitäten häufig von der politischen Kultur.

Die amerikanischen Politikwissenschaftler Gabriel Almond und Sidney Verba gaben mit ihrer auf Umfrageergebnisse gestützten Länderstudie von 1963 "The Civic Culture. Political Attitudes and Democracy in Five Nations" der politischen Kulturforschung einen starken Impuls. In dieser Studie untersuchten sie auch die politische Kultur der Bundesrepublik. Sie gelangten damals zu einem skeptischen Urteil, stellten für die Westdeutschen viele Traditionselemente fest, eine nur langsam fortschreitende Entfernung vom Obrigkeitsdenken, Konfliktschwäche, ein eher formales Verhältnis zu Politik und Wahlen sowie ein starkes soziales Misstrauen. Knapp zwanzig Jahre später wies mit David Conradt abermals ein amerikanischer Politikwissenschaftler anhand von Umfragedaten des Allensbacher Instituts für Demoskopie einen positiven Wandel in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland nach. Diese Trendstudien über längere Entwicklungen zeigen, wie sehr das Konzept der politischen Kultur auch Historiker betrifft.

Hier war über einen längeren Zeitraum hinweg ein "Wertewandel" zu beobachten, womit das Thema des Politikwissenschaftlers und empirischen Zeitdiagnostikers Ronald Inglehart angesprochen ist. Ende der 1970er Jahre konstatierte er in seinem gleichnamigen Klassiker eine "Silent Revolution". Er umfasst theoretische Überlegungen und empirisch gestützte Analysen zu den Wandlungen der politischen Kultur und der Wertprioritäten in westlichen Industriegesellschaften. Ingleharts Kernthese zufolge ist in den modernen Industrienationen eine Schwerpunktverlagerung von materialistischen hin zu postmaterialistischen Wertvorstellungen zu diagnostizieren. Der Wertewandel wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch zwei Faktoren begünstigt: erstens durch ein bis dahin nicht gekanntes Maß an Wohlstand in den westlichen Gesellschaften, zweitens durch das Ausbleiben von Kriegen. Die veränderten, im Wandel begriffenen Wertprioritäten und -hierarchien verursachten dabei - so Inglehart - im politischen Bereich neue Konfliktlinien, beispielsweise zwischen einer Alten und Neuen Linken. Einst vorherrschende Klassenkonflikte sahen sich von Lifestyle- und Umweltschutzthemen überlagert oder sogar verdrängt. Lockere Organisationsformen (wie die Neuen Sozialen Bewegungen) standen fortan im Wettbewerb mit festgefügten Parteistrukturen.

Neuerdings haben die Bemühungen zur Ausbildung einer zeitgeschichtlichen Wertewandelsforschung zugenommen, die sozialwissenschaftliche Erklärungsangebote und Umfragedaten aufgreift und sie zu historisieren sucht. Die Herausforderung besteht darin, das von den Nachbarfächern gelieferte Material nicht nur zur Kenntnis zu nehmen und wiederzugeben, sondern in einer spezifisch geschichtswissenschaftlichen Art und Weise zu verarbeiten und in neue Fragestellungen wie zeit-räumliche Kontexte einzubinden. Es dürfte kaum befriedigend sein, wenn Zeithistoriker lediglich auf dem Trittbrett der mühsam recherchierenden sozial- und politikwissenschaftlichen Forschung fahren. Es wird darauf ankommen klar herauszustellen, worin der spezifische und nur durch geschichtswissenschaftliche Kompetenz zu erlangende Mehrwert besteht.

Hier wie stets ist aller Anfang schwer. Dies sollte aber nicht dazu führen, beispielsweise die Demoskopie als Geschichtsquelle auszusparen. Schließlich kann sie gute Dienste zur Erforschung und Beurteilung von Fragen nach Kontinuität und Wandel der politischen Kultur und zentraler gesellschaftlicher Wertvorstellungen - jenseits geistiger Höhenkammwanderungen - leisten. Sie kann darüber hinaus der historischen Legendenbildung entgegenwirken sowie Aussagen und Vermutungen von Historikern widerlegen oder präzisieren, die sich ohne empirische Grundlage Gedanken über "Volkes Stimme" machen. Insbesondere für die Zeitgeschichte nach 1945 sollte in diesem Fall das Vetorecht der Umfragequellen mitbedacht werden.

Außerdem kann mit Hilfe demoskopischer Daten die Popularität politischer Entscheidungen und deren Wahrnehmungswandel innerhalb der Bevölkerung besser nachgezeichnet werden. Es lässt sich eine Reihe von Beispielen finden, wie anfangs unbeliebte Maßnahmen nach ihrer Implementierung ins Gegenteil umschlugen. Die Entscheidungen für die Wiederbewaffnung oder die Abschaffung der Todesstrafe in der frühen Nachkriegszeit etwa stellen Fälle einer anfangs unpopulären Politik in der Geschichte der Bundesrepublik dar. Gerade im Zeitalter der Massenmedien werden sich Politikwissenschaft und Zeitgeschichte verstärkt für die Kommunizierung von Politik und Fragen der Responsivität und Rückkopplung in der Bevölkerung interessieren. Auch beginnt die Zeitgeschichtsforschung, der Demoskopie angesichts der These von der "Verwissenschaftlichung des Sozialen" im Rahmen von Studien zur Expertenkultur und Politikberatung Aufmerksamkeit zu schenken.

Fazit und Thesen

Empirische Politikforschung in Form von demoskopischer Datenerhebung und Geschichtswissenschaft können sich gegenseitig befruchten, vorausgesetzt die Meinungsforschungsexperten bemühen sich um Trendfragen und eine sorgfältige Anlage von Datenarchiven. Unter anderem der Mentalitätsgeschichte, der historischen Erforschung der politischen Kultur und des Wertewandels dienen Umfrageergebnisse als historische Quelle. Außerdem kann mit ihrer Hilfe die Wechselwirkung von öffentlicher Meinung und politischen Entscheidungen besser ausgelotet werden. Eine grundlegende Auseinandersetzung mit der Frage, wie Historiker demoskopische Daten nutzen und wie sie von den Ergebnissen der Meinungsforscher profitieren können, steht noch am Anfang.

Der berühmte austroamerikanische Wahlforscher Paul Lazarsfeld hielt schon vor mehr als sechzig Jahren einen Vortrag zur "Verpflichtung des Meinungsforschers von 1950 gegenüber dem Historiker von 1984". Der darin gemachte Vorschlag, eine "Kommission für die Auswertung von Umfragen im Dienste der zukünftigen Geschichtsschreibung" zu bilden, bleibt aktuell. Gelungene Interdisziplinarität kann nicht darin bestehen, dass die beteiligten Fächer nur die Erkenntnisse des jeweils anderen reproduzieren und als die eigenen ausweisen. Wichtiger ist es, ein Verständnis für die unterschiedlichen Fragestellungen und Methoden auszubilden, einerseits, um Lücken zu erkennen, andererseits, um Fallstricken zu entgehen.

So müssen sich gerade Historiker mit den Entstehungsbedingungen von Umfragedaten vertraut machen und hier wie sonst an Clios eisernem Grundsatz der Quellenkritik festhalten. Umgekehrt sollten sich Politikwissenschaftler, die weiterhin auf Geschichte als Rohmaterial für ihre Analyse zurückgreifen, eben dieses problematisieren. Denn tatsächlich benutzen sie - wie die Historiker im Falle der Umfragedaten - in der Regel kein "ungewichtetes" Material, sondern Aussagen eines bestimmten Geschichtswissenschaftlers oder sogar einer dahinterstehenden Schule. Die Historie gibt es nicht, sondern nur verschiedene Darstellungen einer häufig breit gefächerten Historiografie. Daher gilt es für eine historisch orientierte Politikwissenschaft, sich genauer mit dem pluralen Charakter der Historiografie und dem Problem der Literaturauswahl (selection bias) auseinanderzusetzen.

Beide Fächer täten im Übrigen gut daran, dem Akzidentiellen, der "kurzen Dauer", ja dem Ereignis wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Es gilt ein Gespür für den Zufall ("Kontingenz") und die Offenheit von Situationen auszubilden, ohne jede systematische Makroanalyse gleich als Strukturfatalismus abzutun. Nicht zuletzt die Politikwissenschaft nämlich musste sich mit Blick auf die "Zeitenwende" von 1989/90, aber auch auf die aktuellen Umwälzungen des "Arabischen Frühlings" Kritik an ihrer Prognosefähigkeit gefallen lassen. Gerade wer die Politikgeschichte demokratischer Systeme untersucht, kann sich nicht nur auf prozesshafte Entwicklungen über längere Zeiträume hinweg konzentrieren, würde dies doch dem Systemtypus nicht gerecht.

Peter Graf Kielmansegg hat in einer Analyse der 1970er und 1980er Jahre zu Recht darauf hingewiesen, "dass demokratische Politik systembedingt kurzatmig ist". Wer sich für die Agendaqualität von politisch-gesellschaftlichen Vorgängen und die Handlungsmöglichkeiten von Politik - ob in der politikwissenschaftlichen oder zeithistorischen Analyse - interessiert, der wird sich damit anfreunden müssen, dass in der Politik und zumal in der Demokratie in der Regel das "Gesetz der Vordringlichkeit des Vordringlichen", noch mehr "des als vordringlich Wahrgenommenen" herrscht.

Schließlich sei ein letzter Aspekt zumindest angedeutet, nämlich der bisweilen durchaus politisch-gesellschaftskritische, nicht nur wissenschaftliche Charakter beider Fächer, der sich in dem Bestreben sowohl der Zeithistoriker wie der Politikwissenschaftler zeigt, einen Beitrag zur Deutung und Ortsbestimmung der Gegenwart zu leisten. Von dem linken amerikanischen Historiker Frederic Jameson stammt das bekannte Zitat: "History is what hurts." Geschichte kann sogar bewusst Schmerzen herbeiführen, wenn sie als Waffe in Konflikten um politische Positionen oder normative Grundfragen eingesetzt wird. Dort, wo Geschichte zum Streitthema und Mittel des politischen Tageskampfs wird, entgleitet sie meist Clios Händen und verliert den Charakter eines exklusiven Gegenstands der Historiker. Es ist paradox, aber viele Historikerkontroversen waren eben nicht nur solche, sondern meist intellektuelle Debatten jenseits der Fachgrenze dieser "zankenden Zunft" über politische Grundsatzfragen - immer wieder auch unter Beteiligung von Politikwissenschaftlern. Auch wenn nicht wenige Kontroversen fachwissenschaftlich nur einen geringen Ertrag brachten, so hinterließen sie doch manchen "Kriegsversehrten". Geschichte, so formulierte es der amerikanische Historiker Carl Schorske süffisant in Anlehnung an ein berühmtes Clausewitz-Wort, ist manchmal eben die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Leopold von Ranke, Über die Verwandtschaft und den Unterschied der Historie und der Politik. Eine Rede zum Antritt der ordentlichen Professur an der Universität Berlin im Jahre 1836, in: Wolfgang Hardtwig (Hrsg.), Über das Studium der Geschichte, München 1990, S. 47-60, hier: S. 50.

  2. Vgl. etwa Hans Mommsen, Zum Verhältnis von politischer Wissenschaft und Geschichtswissenschaft in Deutschland, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 10 (1962), S. 341-372; Daniel Frei, Theorieorientierte Geschichtsbetrachtung. Berührungspunkte zwischen Geschichtswissenschaft und Politischer Wissenschaft, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, 21 (1971), S. 322-338; Peter Steinbach, Zeitgeschichte und Politikwissenschaft, in: Stephan von Bandemer/Göttrik Wewer (Hrsg.), Regierungssystem und Regierungslehre. Fragestellungen, Analysekonzepte und Forschungsstand eines Kernbereichs der Politikwissenschaft, Opladen 1989, S. 25-32; Dennis Kavanagh, Why Political Science Needs History, in: Political Studies, 39 (1991), S. 479-495.

  3. Vgl. Klaus von Beyme, Die antagonistische Partnerschaft. Geschichtswissenschaft und Politikwissenschaft, in: Jürgen Osterhammel/Dieter Langewiesche/Paul Nolte (Hrsg.), Wege der Gesellschaftsgeschichte, Göttingen 2006, S. 33-44; Wolfgang Seibel, Historische Analyse und politikwissenschaftliche Institutionenforschung, in: Arthur Benz/ders. (Hrsg.), Theorieentwicklung in der Politikwissenschaft - eine Zwischenbilanz, Baden-Baden 1997, S. 357-376.

  4. Siehe beispielsweise Karl Dietrich Bracher, Die Auflösung der Weimarer Republik. Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie, Stuttgart 1955; Hermann Weber, Die Wandlung des deutschen Kommunismus. Die Stalinisierung der KPD in der Weimarer Republik, Frankfurt/M. 1971; Kurt Sontheimer, Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. Die politischen Ideen des deutschen Nationalismus zwischen 1918 und 1933, München 1962; Ernst Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 1964.

  5. Zitiert nach Wilhelm Bleek, Geschichte der Politikwissenschaft in Deutschland, München 2001, S. 150; vgl. auch Gangolf Hübinger, Politische Wissenschaft im Historismus, in: ders., Gelehrte, Politik und Öffentlichkeit. Eine Intellektuellengeschichte, Göttingen 2006, S. 46-65. Er verweist mit Recht auf die unterschiedlichen Stränge einer historistischen wie einer historisch-soziologischen Politiklehre, die hier nicht weiter problematisiert werden können.

  6. John R. Seeley, Introduction to Political Science. Two Series of Lectures, London-New York 1896, S. 4.

  7. Lawrence Stone, The Revival of Narrative. Reflections on a New Old History, in: Past and Present, 85 (1979), S. 3-24.

  8. Vgl. Charles Tilly, Why and How History Matters, in: Robert E. Goodin/ders. (eds.), The Oxford Handbook of Contextual Political Analysis, Oxford 2006, S. 417-437, hier: S. 434.

  9. Vgl. Jens Hacke, Politische Ideengeschichte und die Ideologie des 20. Jahrhunderts. Im Spannungsfeld historischer und politiktheoretisch geleiteter Absichten, in: ders./Matthias Pohlig (Hrsg.), Theorie in der Geschichtswissenschaft. Einblicke in die Praxis des historischen Forschens, Frankfurt/M. 2008, S. 147-170.

  10. Nach Möglichkeiten für eine (Wieder-)Annäherung sucht Johannes Marx, Geschichtswissenschaft und Politikwissenschaft - eine fruchtbare Beziehung? Eine Untersuchung anhand der Teildisziplinen Internationale Geschichte und Internationale Beziehungen, in: Historical Social Research, 32 (2007) 4, S. 21-51; grundlegend zur Historikerperspektive: Wilfried Loth/Jürgen Osterhammel (Hrsg.), Internationale Geschichte. Themen - Ergebnisse - Aussichten, München 2000.

  11. Einen guten Einblick gibt Gunilla Budde/Sebastian Conrad/Oliver Janz (Hrsg.), Transnationale Geschichte. Themen, Tendenzen und Theorien, Göttingen 20102.

  12. Siehe exemplarisch Hans-Ulrich Wehler, Modernisierungstheorie und Geschichte, Göttingen 1975; die beste kompakte Darstellung zu den sich wandelnden Konjunkturen des Konzepts/Begriffs in der Geschichtswissenschaft bei Axel Schildt, Modernisierung, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 11.2.2010, online: http://docupedia.de/zg/Modernisierung (29.11.2011).

  13. So Reinhart Koselleck, Über die Theoriebedürftigkeit der Geschichtswissenschaft, in: Werner Conze (Hrsg.), Theorie der Geschichtswissenschaft und Praxis des Geschichtsunterrichts, Stuttgart 1972, S. 10-28; lesenswert die erfrischend kritische Bestandsaufnahme von J. Hacke/M. Pohlig (Anm. 9).

  14. Vgl. differenziert Thomas Mergel, Geschichte und Soziologie, in: Hans-Jürgen Goertz (Hrsg.), Geschichte. Ein Grundkurs, Reinbek 20073, S. 688-717.

  15. Vgl. Eckhard Jesse, Systemwechsel in Deutschland. 1918/19-1933-1945/49-1989/90, Köln-Weimar-Wien 20112; Alexander Gallus (Hrsg.), Deutsche Zäsuren. Systemwechsel seit 1806, Köln-Weimar-Wien 2006. Schließlich atmen der historisch dominierte, aktuelle Tübinger Sonderforschungsbereich "Bedrohte Ordnungen" und die geschichtswissenschaftliche Buchreihe "Ordnungssysteme" (München 1998 ff.) bereits dem Titel nach einen Hauch Politikwissenschaft.

  16. Vgl. Jürgen Hartmann, Persönlichkeit und Politik, Wiesbaden 2007, S. 39.

  17. Vgl. dazu Alexander Gallus, "Politikwissenschaft (und Zeitgeschichte)", in: Christian Klein (Hrsg.), Handbuch Biographie. Methoden, Traditionen, Theorien, Stuttgart-Weimar 2009, S. 382-387.

  18. Vgl. Anselm Doering-Manteuffel/Lutz Raphael, Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970, Göttingen 20102, insbesondere S. 75-107.

  19. Elisabeth Noelle-Neumann, Das Jahr I. Irrtum und Prophetie der öffentlichen Meinung, Institut-für-Demoskopie-Bericht 1949, Nr. 29, S.I.

  20. Siehe mit verschiedenen Beispielen die Ausführungen bei Alexander Gallus/Marion Lühe, Öffentliche Meinung und Demoskopie, Opladen 1998, S. 131-144, auf die sich diese Überlegungen zum Teil stützen.

  21. Programmatisch Thomas Mergel, Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der Politik, in: Geschichte und Gesellschaft, 28 (2002), S. 574-606; siehe auch Axel Schildt, Jahrhundert der Massenmedien. Ansichten zu einer künftigen Geschichte der Öffentlichkeit, in: Geschichte und Gesellschaft, 27 (2001), S. 177-206.

  22. Vgl. Götz Aly, Historische Demoskopie, in: ders. (Hrsg.), Volkes Stimme. Skepsis und Führervertrauen im Nationalsozialismus, Frankfurt/M. 2006, S. 9-21.

  23. Gabriel A. Almond/Sidney Verba, The Civic Culture. Political Attitudes and Democracy in Five Nations, Princeton 1963; David P. Conradt, Changing German Political Culture, in: dies. (eds.), The Civic Culture Revisited, Boston 1980, S. 212-272; zum aktuellen Stand der Politische-Kultur-Forschung siehe z.B. Dirk Berg-Schlosser, Politische Kultur, in: Eckhard Jesse/Roland Sturm (Hrsg.), Demokratien des 21. Jahrhunderts im Vergleich. Historische Zugänge, Gegenwartsprobleme, Reformperspektiven, Opladen 2003, S. 175-202.

  24. Vgl. die Ideen zu einer kreativen Adaption des Konzepts bei Karl Rohe, Politische Kultur und ihre Analyse, in: Historische Zeitschrift, 250 (1990), S. 333-346; siehe auch T. Mergel (Anm. 21).

  25. Ronald Inglehart, The Silent Revolution. Changing Values and Political Styles among Western Publics, Princeton 1977.

  26. Vgl. die Überlegungen bei A. Doering-Manteuffel/L. Raphael (Anm. 18), S. 79-84; Andreas Wirsching, Für eine pragmatische Zeitgeschichtsforschung, in: APuZ, (2007) 3, S. 13-18, insbesondere S. 16f., sowie als erster Ausdruck eines größeren Mainzer Forschungsprojektes zur Thematik: Andreas Rödder/Wolfgang Elz (Hrsg.), Alte Werte - neue Werte. Schlaglichter des Wertewandels, Göttingen 2008.

  27. Siehe dazu die Grundsatzkritik von Rüdiger Graf/Kim Christian Priemel, Zeitgeschichte in der Welt der Sozialwissenschaften. Legitimität und Originalität einer Disziplin, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 59 (2011), S. 479-508.

  28. Zu Berührungspunkten mit einer Intellectual History als "Zeitgeist"-Forschung vgl. Alexander Gallus, "Intellectual History" mit Intellektuellen und ohne sie. Facetten neuerer geistesgeschichtlicher Forschung, in: Historische Zeitschrift, 288 (2009), S. 139-150.

  29. Dies stellt angesichts des Strukturwandels der Öffentlichkeit in der Internetära eine noch schwerer zu meisternde Hürde für Zeithistoriker dar. Siehe Kiran Klaus Patel, Zeitgeschichte im digitalen Zeitalter. Neue und alte Herausforderungen, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 59 (2011), S. 331-351.

  30. Lutz Raphael, Die Verwissenschaftlichung des Sozialen als methodische und konzeptionelle Herausforderung für eine Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, in: Geschichte und Gesellschaft, 22 (1996), S. 165-193.

  31. Vgl. als gewichtiges Beispiel Anja Kruke, Demoskopie in der Bundesrepublik Deutschland. Meinungsforschung, Parteien und Medien 1949-1990, Düsseldorf 2007.

  32. Paul F. Lazarsfeld, Die Verpflichtung des Meinungsforschers von 1950 gegenüber dem Historiker von 1984, in: Elisabeth Noelle-Neumann/Renate Köcher (Hrsg.), Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie 1984-1992, Bd. 9, München 1993, S. E 15-E 27.

  33. Vgl. Ian S. Lustick, History, Historiography, and Political Science. Multiple Historical Records and the Problem of Selection Bias, in: American Political Science Review, 90 (1996), S. 605-618.

  34. Peter Graf Kielmansegg, Das politische System der Bundesrepublik und die Herausforderungen einer sich wandelnden Welt, in: Thomas Raithel/Andreas Rödder/Andreas Wirsching (Hrsg.), Auf dem Weg in eine neue Moderne? Die Bundesrepublik Deutschland in den siebziger und achtziger Jahren, München 2009, S. 141-150, hier: S. 143, S. 147.

  35. Vgl. Peter Steinbach, Geschichte und Politik - nicht nur ein wissenschaftliches Verhältnis, in: APuZ, (2001) 28, S. 3-7; Heinrich August Winkler (Hrsg.), Griff nach der Deutungsmacht. Zur Geschichte der Geschichtspolitik in Deutschland, Göttingen 2004.

  36. Frederic Jameson, The Political Unconscious. Narrative as a Socially Symbolic Act, London-New York 1983, S. 90.

  37. Klaus Große Kracht, Die zankende Zunft. Historische Kontroversen in Deutschland nach 1945, Göttingen 2005; siehe auch Martin Sabrow/Ralph Jessen/ders. (Hrsg.), Zeitgeschichte als Streitgeschichte. Große Kontroversen seit 1945, München 2003.

  38. Carl E. Schorske, Historical Conflict - Historical Controversy. An Afterword, in: Hartmut Lehmann (Hrsg.), Historikerkontroversen, Göttingen 2000, S. 183-189, hier: S. 186.

Dr. phil. habil., geb. 1972; Juniorprofessor für Zeitgeschichte an der Universität Rostock, Historisches Institut, August-Bebel-Straße 28, 18051 Rostock. E-Mail Link: alexander.gallus@uni-rostock.de