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Editorial | Zeitgeschichtsschreibung | bpb.de

Zeitgeschichtsschreibung Editorial Zeitgeschichte der "Berliner Republik" Vom "Lehrstück Weimar" zum Lehrstück Holocaust? Geteilter Himmel: Wahrnehmungsgeschichte der Zweistaatlichkeit Zeitgeschichte und Erinnerungskonflikte in Europa Globalgeschichte und Zeitgeschichte Vergnügen in der Zeitgeschichte Über das Verhältnis von Geschichts- und Politikwissenschaft Repräsentationen des "Gegenwärtigen" im deutschen Schulbuch

Editorial

Hans-Georg Golz

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Der Boom hält an: "Dokudramen" und Spielfilme mit zeithistorischen Bezügen erzielen hohe Einschaltquoten, historische Biografien verkaufen sich blendend, und Geschichtsjubiläen kommt größte öffentliche und mediale Aufmerksamkeit zu. Mit Blick auf das Erbe des blutigen 20. Jahrhunderts werden heftige geschichtspolitische Debatten geführt. In Zeiten der Turbo-Globalisierung wächst das Bedürfnis nach (nationaler) Selbstvergewisserung.

Für den Geschichtsunterricht bietet der "Erinnerungsboom" vielfältige Anknüpfungspunkte. Was die Historiografie angeht, so hat sie sich methodisch von der traditionellen Ereignis- und Politikgeschichte emanzipiert. Konnte die Historikerin Barbara Tuchman noch in den 1980er Jahren den "Qualm" der Zeitgeschichtsschreibung beklagen, so dominieren heute struktur-, alltags- und kulturgeschichtliche Konzepte sowie die Relevanz des persönlichen "Erinnerns" die pluralisierten Debatten der Zunft. Dabei standen Zeitzeugen lange im Ruch, die größten Feinde der Historiker zu sein, so ein häufig bemühtes Bonmot. Wenn indes die unmittelbare Zeitzeugenschaft erloschen ist, werden Historisierung und Kontextualisierung unausweichlich. Welche Bedeutung kommt dabei dem nationalstaatlichen Rahmen zu? Wie tragfähig ist etwa das didaktische Postulat einer "asymmetrisch verflochtenen Parallelgeschichte" von DDR und Bundesrepublik, die Christoph Kleßmann bereits vor dreißig Jahren auf den Begriff gebracht hat?

Zunehmend werden Möglichkeiten und Grenzen eines globalgeschichtlichen Zugriffs ausgelotet. Welt- und Geschichtsbilder der einst von Europa aus kolonialisierten Erdteile bilden einen starken Kontrast zu Eurozentrismen. In der Krise des alten Kontinents fehlt ein neuer europäischer Narrativ, der die Nationalgeschichten in einer gesamteuropäischen Erzählung aufhebt.