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Editorial | Ende des Atomzeitalters? | bpb.de

Ende des Atomzeitalters? Editorial Wissen und Moral - Stadien der Risikowahrnehmung - Essay Eine kurze Geschichte der deutschen Antiatomkraftbewegung Außenseiter oder Spitzenreiter? Das "Modell Deutschland" und die europäische Energiepolitik "Energiewende": Wohin führt der Weg? Abkehr vom Klimaschutz? Fukushima: Gefahr gebannt? Lernen aus der Katastrophe Von Risikoabschätzungen zum "guten Leben" - oder umgekehrt? Popularität der Apokalypse: Zur Nuklearangst seit 1945

Editorial

Johannes Piepenbrink

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Im Jahr 2022 soll das letzte deutsche Kernkraftwerk vom Netz gehen. Die Entscheidung zum Atomaustieg fußt auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens, bringt jedoch auch große Herausforderungen mit sich.

Vor einem Jahr beschloss die Bundesregierung, die Laufzeit der deutschen Kernkraftwerke zu verlängern. Unter lautstarkem Protest der Opposition machte sie damit den Atomausstieg rückgängig, den Rot-Grün neun Jahre zuvor mit der Industrie ausgehandelt hatte. Heute erscheint dieser Beschluss wie aus einer anderen Zeit. Denn seither hat sich die Lage dramatisch verändert: Das Reaktorunglück im japanischen Fukushima im März 2011 führte zu einer Neubewertung der Risiken der Kernenergiegewinnung, und nach einem dreimonatigen Moratorium folgte - für viele überraschend eilig - der erneute, sogar noch beschleunigte Ausstieg. 2022 soll das letzte deutsche Atomkraftwerk vom Netz gehen.

Die Entscheidung fußt auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens, und sie stellt einen Sieg dar für die vielen Bürgerinnen und Bürger, die sich seit Ende der 1960er Jahre gegen Atomkraft engagiert haben. Doch ist das "Atomzeitalter" damit wirklich beendet? Andere EU-Länder, darunter direkte Nachbarn wie Frankreich oder Polen, sind weit davon entfernt, dem deutschen Beispiel zu folgen. Und Deutschland wird möglicherweise selbst eine Zeit lang auf Stromimporte aus ausländischen Kernkraftwerken angewiesen sein.

Zugleich stellen sich weitere Fragen hinsichtlich der "Energiewende". Den vormals in Kernkraftwerken erzeugten Strom gilt es aus anderen Quellen zu ersetzen, ohne dabei den Klimaschutz und die notwendige Reduzierung der Treibhausgasemissionen aus dem Blick zu verlieren. Zwar gibt es Studien, die den erneuerbaren Energien das Potenzial bescheinigen, die Lücke zu schließen, aber nach derzeitigem Ausbaustand ist ungewiss, ob dies binnen zehn Jahren geschehen kann - zumindest unter Beibehaltung unseres jetzigen, energieintensiven Produktions- und Lebensstils. Im Alleingang ist die "Energiewende" nicht zu schaffen. Soll sie gelingen, bedarf es - mindestens auf europäischer Ebene - buchstäblich einer deutlich stärkeren Vernetzung.