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Die USA im Klimawandel: Zwischen Führungsanspruch und Politikblockaden

Dennis Tänzler

/ 12 Minuten zu lesen

Mit der Ablehnung eines umfassenden Gesetzespakets 2010 hat der Kongress Obamas klimapolitische Ambitionen schon früh eingegrenzt. Um grundlegende Änderungen durchzusetzen, bedarf es neuer gesellschaftlicher Allianzen.

Einleitung

Mit der Wahl Barack Obamas zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten im November 2008 gingen auch weitreichende klimapolitische Hoffnungen einher. Durch die Präsidentschaft des "Messias der Moderne" sollten Fortschritte in der amerikanischen wie auch in der internationalen Klimapolitik herbeigeführt werden. Seit dem Ausstieg der USA aus dem Kyoto-Protokoll unter dem Präsidenten George W. Bush im Jahre 2001 gingen wesentliche klimapolitische Impulse von Pionieren auf Einzelstaatsebene oder in den Städten aus. Die internationalen Klimaverhandlungen warteten vergeblich auf ein Signal, welche alternativen Wege die USA beschreiten würden, um die notwendigen Minderungen beim Treibhausgasausstoß zu erreichen.

Die Anfänge von Obamas Präsidentschaft gestalteten sich vielversprechend: Die Konturen eines Programms wurden deutlich, um in den USA einen Pfad einzuschlagen, der zu einer Transformation der Energiesysteme und hin zu einer kohlenstoffarmen Gesellschaft führt. Gleichzeitig wurden Bemühungen sichtbar, das Land nach langjähriger Abstinenz wieder an den Tisch der Klimaverhandlungen zurückzuführen und dort eine konstruktive Rolle einzunehmen. Ein Jahr vor Ende der ersten Amtszeit Obamas klafft jedoch eine deutliche Kluft zwischen Anspruch und Realität. Und die Aussichten, dass sich dies in den kommenden Jahren ändern wird, sind nicht nur unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Wahlniederlage des Amtsinhabers alles andere als rosig. Die klimapolitische Zwischenbilanz der Präsidentschaft Obamas zeigt, dass es einer Bündelung aller gesellschaftlichen Kräfte bedarf, um in der politischen Konfliktlandschaft der USA nach 2012 Veränderungen herbeiführen zu können.

Neuer Führungsanspruch

Präsident Obama kündigte zu Beginn seiner Präsidentschaft an, bei der Bekämpfung des Klimawandels eine Führungsrolle übernehmen zu wollen. Der Aufbau eines auf der Nutzung sauberer Energien basierenden Wirtschaftssystems sei Merkmal internationaler Führerschaft. Er unterstütze eine umfassende Klimagesetzgebung und setze auf die amerikanische Innovationskraft, welche die USA im friedlichen Wettstreit um die Energien der Zukunft weltweit wirtschaftlich wieder an die Spitze bringen könne - eine Position, die insbesondere von China streitig gemacht werde. Die Wichtigkeit einer stärkeren Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten zusammen mit den Chancen durch saubere Technologie auch Arbeitsplätze zu schaffen, bildeten zunächst das Leitbild einer Reihe von Reden des Präsidenten.

Dieser Ansatz wurde auch institutionell durch die Auswahl des politischen Personals flankiert. Mit dem Physik-Nobelpreisträger Stephen Chu im Energieministerium zog ein Befürworter von alternativen Energien in das Ressort ein. Bemerkenswert auch die Auswahl des klimapolitischen Stabs der Administration: Der Klimabeauftragte der Außenministerin, Todd Stern, war bereits führend an der Aushandlung des Kyoto-Protokolls beteiligt, und der stellvertretende Chefunterhändler Jonathan Pershing hat sich vorher beim World Resources Institute einschlägig mit klima- und energiepolitischen Fragen befasst.

Der Führungsanspruch des Präsidenten wurde schließlich durch eine Reihe politischer Initiativen untermauert. So verschärfte Obama die Vorgaben für Abgasnormen und gestattete ambitionierte Ausnahmen in einzelnen Bundesstaaten wie Kalifornien. Im Rahmen des amerikanischen Konjunkturpakets erhöhte er massiv die Forschungsförderung für erneuerbare Energien sowie zur Erneuerung der maroden Stromnetze und bewilligte Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien Steuervergünstigungen. Gleichzeitig wurden durch die starke Kopplung mit Fragen der Energiesicherheit respektive -unabhängigkeit jedoch auch andere Akzente gesetzt als etwa in der deutschen Klima- und Energiepolitik. So stellte Obama staatliche Beihilfen für den Bau neuer Atomkraftwerke in Aussicht. Der am 3. Februar 2010 veröffentlichte Energieplan des Präsidenten sieht zudem vor allem die Förderung von Ethanol sowie sogenannte clean-coal-Technologien vor.

Fossile Abhängigkeiten

Der klima- und energiepolitische Ansatz der Regierung Obama ist, wie die seiner Vorgänger auch, maßgeblich von den fossilen Ausgangsbedingungen der Energienutzung geprägt. Die USA verfügen über die weltweit größten Kohlereserven, welche auch maßgeblich für die Stromerzeugung genutzt werden. Der gesamte Energieverbrauch des Landes stützt sich zu etwa 85 Prozent auf die Nutzung fossiler Energieträger, wobei Kohle mehr als ein Viertel beiträgt. Entsprechend zeichnet die Kohlenutzung auch für mehr als 80 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Mit einem Anteil von etwa einem Fünftel der globalen Emissionen sind die USA zweitgrößter Emittent knapp hinter China, dessen Bevölkerung aber mehr als viermal so groß ist.

Es fällt offenkundig schwer, sich von dieser kohlenstofflastigen Ausgangsbasis weg zu bewegen, auch wenn Obama bereits im Wahlkampf angekündigt hatte, bis 2025 ein Viertel des Strombedarfs über erneuerbare Energien abdecken zu wollen. Zusätzlich soll die Abhängigkeit von Erdölimporten durch den Ausbau von heimischen Biokraftstoffen gemindert werden. Um die Herausforderungen der Energiesicherheit anzugehen, setzt die US-Regierung auf einen Ansatz, der im Wesentlichen die Energiequellen diversifiziert und hierbei auch klimaschädliche wie riskante Optionen weiter verfolgt. Weder das Erdöl-Desaster im Golf von Mexiko 2009 hat hier zu einem Umsteuern geführt noch die Fukushima-Katastrophe 2011. Die von Obama für die internationalen Klimaverhandlungen angekündigte Emissionsreduzierung in den USA um 17 Prozent zwischen 2005 bis 2020 fällt deutlich hinter den internationalen Erwartungen zurück, da er auf das Basisjahr der internationalen Klimaverhandlungen bezogen (1990) nicht einmal an die 1997 vereinbarte Minderungsverpflichtung unter dem Kyoto-Protokoll heranreicht.

Dass die amerikanische Energiebehörde für das Jahr 2009 dennoch eine Minderung der Treibhausgasemissionen von etwa sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr berichten kann, ist wesentlich auf die vermehrte Nutzung von Erdgas zurückzuführen, das aufgrund der verstärkten Schiefergasgewinnung den Preiskampf mit der Kohle aufnehmen kann. Das unter Einsatz von enormen Wasser- und Chemikalienmengen aus dem Erdinneren geförderte Schiefergas hat die USA in kurzer Zeit zum weltweit größten Gasproduzenten gemacht. Ein energiepolitisches Umdenken unter klimapolitischen Gesichtspunkten wird aber nicht nur durch diese neue Option bei den verfügbaren Energiequellen gebremst, sondern viel stärker noch durch die parteipolitische Frontstellung im US-Kongress.

Energieblockaden im Kongress

Noch im 110. Kongress (2007-2009) sah es durch die demokratische Mehrheit in beiden Kammern so aus, als ob nach jahrelanger gesetzgeberischer Zurückhaltung in Washington eine neue Dynamik entstehen könnte, die unter der Führung von Obama einen umfassenden klimapolitischen Ansatz ermöglicht. Auch hieraus mag sich die Zuversicht des Präsidenten auf die Einlösung des eigenen gestalterischen Anspruchs in diesem Politikfeld abgeleitet haben. Doch spätestens im Sommer 2010, unmittelbar vor den Zwischenwahlen zum 112. Kongress, wurde das Scheitern der angestrebten umfassenden Klima- und Energiegesetzgebung besiegelt, da es in den beiden Kongresskammern zu keinem Kompromiss über die vorliegenden Gesetzesentwürfe gekommen ist. Als Kernstück dieses Pakets sahen die von den Demokraten eingebrachten Entwürfe einen nationalen Emissionshandel vor. Bereits während der Bush-Präsidentschaft hatten sich selbst prominente Republikaner wie der spätere Präsidentschaftskandidat John McCain für die Nutzung dieses in den USA schon zur Verbesserung der Luftqualität erprobten Instruments eingesetzt.

Doch die Stimmung kippte zu Beginn der Obama-Präsidentschaft. Bei der Republikanischen Partei baute sich vehementer Widerstand gegen die Einführung eines Emissionshandelssystems auf. Wesentlich von Vertretern der zunehmend an Einfluss gewinnenden Tea Party befördert, kehrten schon längst überwunden geglaubte Zweifel an der Existenz des Klimawandels in die innenpolitische Debatte zurück. Auch einige demokratische Parteigänger Obamas, die angesichts der Wirtschaftskrise, hoher Arbeitslosigkeit und steigender Energiepreise nicht zuletzt um ihre Wiederwahl fürchteten, schlossen sich dieser Opposition an.

Im Repräsentantenhaus fand der Entwurf eines American Clean Energy and Security Act der demokratischen Abgeordneten Henry Waxman und Edward Markey im Juni 2009 noch eine knappe Mehrheit. Der Entwurf sah vor, gegenüber 2005 den Treibhausgasausstoß bis 2020 um 17 Prozent, bis 2030 um 42 Prozent und bis 2050 um 83 Prozent zu mindern. Bis zum Sommer 2010 versuchte der Senat eine Mehrheit für die Klimaschutzgesetzgebung zu finden, zuletzt mit dem durch die Senatoren John Kerry (Demokraten) und Joe Lieberman (unabhängig) eingebrachten American Power Act. Dieser nach monatelangen Konsultationen vorgelegte Kompromissentwurf, der durch erhebliche Konzessionen an die von Kohle, Schwerindustrie und Landwirtschaft geprägten Bundesstaaten doch noch die notwendige Zustimmung für ein umfassendes Gesetzespaket erreichen sollte, wurde jedoch abgelehnt. Das Scheitern dieser Gesetzesinitiativen vor den midterm elections im Herbst 2010 markierte den Wendepunkt auch für den klimapolitischen Führungsanspruch des Präsidenten, umso mehr, als sich die Republikanische Partei durch ihren deutlichen Machtzuwachs bei den Zwischenwahlen in ihrem Blockadekurs von Seiten der Wähler bestätigt fühlen durfte.

Während sich die Bewerber um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, die eine aktive Klimapolitik ablehnen, gegenwärtig warmlaufen, muss Obama selbst bei der demokratischen Wählerschaft um den notwendigen Rückhalt bangen. Dies zeigt sich unter anderem an dem heftigen Widerstand von Umweltgruppen gegen das geplante Projekt der Erdölpipeline "Keystone XL", die durch sechs Bundesstaaten hindurch Rohöl aus den enormen Ölsandvorkommen in Kanada in den Süden der USA transportieren soll. Das Projekt wurde mittlerweile zurückgestellt.

Gebremstes internationales Klimaschutzengagement

Ohne die notwendige innenpolitische Rückendeckung hat es die Obama-Administration in den internationalen Klimaschutzverhandlungen nicht geschafft, die erhofften Akzente zu setzen und den Weg für ein umfassendes Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls zu ebnen. Hierfür hätten die USA auf den Verpflichtungspfad zurückkehren müssen, um die großen Schwellenländer wie China und Indien zu vergleichbaren Schritten zu ermutigen. Ohne das angestrebte nationale Klimaschutzprogramm, welches entsprechende Minderungsverpflichtungen zunächst national etabliert, fehlt dem amerikanischen Präsidenten ein hinreichendes innenpolitisches Mandat. Die resultierende Machtlosigkeit verdeutlichten eindrücklich die Bilder der gescheiterten Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember 2009. Auch wenn die internationalen Verhandlungen seitdem wieder an Dynamik gewonnen haben (wie jüngst in Durban), so sind Fortschritte doch nur in Teilbereichen zu erwarten, etwa in Bezug auf die Regelungen zur Kontrolle von Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern, welche die USA im Copenhagen Accord gegenüber China durchsetzen konnten.

Darüber hinaus versucht die US-Regierung der internationalen Klima- und Energiepolitik auf anderen Wegen neuen Schwung zu verleihen. In gewisser Kontinuität zu seinem Vorgänger hat Obama mit dem Major Economies Forum (MEF) eine Komplementärplattform zu den internationalen Klimaverhandlungen etabliert. In diesem regelmäßig tagenden Forum sollen die 16 größten Volkswirtschaften einzelne Verhandlungspunkte der internationalen Klimaschutzagenda vorab eruieren. Dies gilt für Fragen wie die Messung, Berichterstattung und Überprüfung von Minderungsanstrengungen (Measurement, Reporting, Verification, MRV).

Aus diesem Prozess heraus ist ein zusätzliches Format namens Clean Energy Ministerial (CEM) entstanden, in dem wiederum eine begrenzte Zahl von Regierungen die Partnerschaft für verschiedene Technologiepfade übernimmt und Technologieaktionspläne umsetzt. Während sich die USA der weltweiten Verbesserung der Energieeffizienz widmen, ist die Deutsche Bundesregierung zusammen mit weiteren Partnerregierungen im Bereich Solar- und Windenergie tätig. Diese Ansätze in ihrem Zusammenspiel veranschaulichen recht gut die Konturen einer amerikanischen Klimaaußenpolitik: Die USA und ihre Partner definieren jeweils selbstbestimmt den Fokus und das Ausmaß ihres Engagements für mehr Klimaschutz und Energiesicherheit. Dieses geschieht zudem wesentlich in Abstimmung mit den übrigen Hauptverursachern des globalen Treibhausgasausstoßes, um den Kooperationskreis überschaubar sowie - im Sinne der erhofften Minderungswirkung - relevant zu halten.

Angesichts alarmierender Berichte über zum Teil bereits sichtbare Klimaveränderungen reicht dieses begrenzte Engagement indes kaum aus, um verlässliche Leitplanken für den notwendigen globalen Klimaschutz zu etablieren. Die Hoffnungen ruhen daher auf gesellschaftlichen Kräften innerhalb der USA, die zusammen mit den Klimaschutzbefürwortern in Washington eine neue Allianz bilden können. Oftmals finden sich solche Kräfte fernab der politischen Elite in Washington.

Staaten und Städte als Politiklabore

Das föderale System der USA gibt den Einzelstaaten vielfach den regulatorischen Raum, um in einzelnen Politikfeldern durch Standardsetzung und politische Innovationen ambitionierte Steuerungsansätze zu gestalten. Als Folge entsteht somit eine Politik unterschiedlicher Geschwindigkeiten in verschiedenen Regionen des Landes. Ähnliches gilt auch für die Rolle von Städten und Gemeinden. In der Klima- und Energiepolitik hat sich auf diese Weise in den vergangenen Jahren mitunter eine Dynamik entwickelt, die zumindest zum Teil die ausbleibenden Aktivitäten zur Etablierung eines umfassenden klima- und energiepolitischen Rahmens kompensieren konnte. Mittlerweile existieren in über 40 Staaten Zielsetzungen für den Ausbau erneuerbarer Energien, in 30 Staaten wurden Klimaschutzpläne verabschiedet. Zudem haben sich an der West- wie an der Ostküste Verbünde aus Einzelstaaten und kanadischen Provinzen gebildet, um regionale Emissionshandelssysteme einzurichten. Was an der Ostküste mit der Regional Greenhouse Gas Initiative (RGGI) seit 2009 mit bislang begrenztem Erfolg Realität ist, sollte im Westen des Landes unter Führung Kaliforniens ursprünglich mit dem Jahr 2012 beginnen.

Mittlerweile zeigen sich aber auch die Grenzen solcher bottom-up-Klimapolitik. Von der ursprünglich sechs US-Staaten umfassenden Western Climate Initiative ist im November 2011 nur noch Kalifornien übriggeblieben, der dortige Beginn des Handelssystems zudem auf 2013 vertagt. In den restlichen Staaten haben sich vorerst die Klimaschutzgegner durchgesetzt, die Ängste vor den Kosten durch die Etablierung dieses Instruments geschürt haben. Berechnungen aus dem Jahr 2010 zeigen auch, dass die Wirkungen einzelner Klimaschutzpläne auf bundesstaatlicher Ebene zusammen mit den angekündigten Maßnahmen auf Bundesebene nicht ausreichen, um das von Obama ausgewiesene Emissionsminderungsziel für 2020 zu erreichen. Einzelstaaten, Städte und Kommunen sind demnach auf die Bildung einer kritischen Masse zusätzlicher Partner angewiesen.

Hoffnung auf neue Allianzen

Mögliche Partner in einer solchen Allianz sind bereits verschiedentlich identifiziert worden: Neben Umweltgruppen und Unternehmen könnten dies außerdem Vertreter von Glaubensgemeinschaften, Interessenvertretungen aus der Landwirtschaft, die sich durch den Ausbau erneuerbarer Energien wirtschaftliche Chancen ausrechnen, bis hin zu Vertretern aus dem verteidigungspolitischen Spektrum sein. Letztere haben bereits wiederholt ein stärkeres amerikanisches Engagement für eine proaktive Klimaschutzpolitik und den Ausbau alternativer Energien gefordert, sehen sie doch zunehmende Sicherheitsrisiken durch bereits nicht mehr zu vermeidende Klimaveränderungen.

Auch international bestehen Ansatzpunkte, entsprechende Allianzen im inneramerikanischen Diskurs zu stärken: Noch zu Zeiten der Präsidentschaft von George W. Bush ist von der Bundesregierung mit der "Transatlantischen Klimabrücke" auf die schwierige Ausgangslage in den USA reagiert worden. Diese Initiative soll dazu beitragen, das Verständnis gemeinsamer Lösungsansätze für Klimaschutz und Energiesicherheit zu stärken und hierfür unterschiedliche Akteure auf substaatlicher Ebene, aus der Zivilgesellschaft oder der Wirtschaft einzubinden. Dieses transatlantische Gesprächsangebot wird jedoch mittelfristig nur dann eine Wirkung entfalten können, wenn es von Seiten der Obama-Administration erwidert und zusammen mit gesellschaftlichen Allianzen die Frage von Klimaschutz und nachhaltiger Energieversorgung ins Zentrum der politischen Debatten geführt wird.

Daniel W. Drezner, Professor für Internationale Politik und Mitglied im Council on Foreign Relations, fragte in einem Beitrag für "Foreign Affairs" im Sommer 2011, ob Obamas Politik einer Grand Strategy folge. Ein Teil der Antwort ist, dass Barack Obama es bislang versäumt hat, seine außenpolitische Rhetorik der zunehmenden Komplexität des globalen Systems anzupassen. So konnte er innenpolitisch noch nicht vermitteln, warum China als großer weltpolitischer Konkurrent zugleich Partner sein kann, etwa im Kampf gegen den Klimawandel. Indem die Investitionen in die aus vielerlei Hinsicht notwendige Transformation der Energiesysteme mit der drohenden Macht Chinas begründet und hier der Vergleich mit dem Sputnik-Schock von 1957 bemüht wird, befördert Obama innerhalb Amerikas eher einen Angstdiskurs, als dass er eine systematische Debatte über die Vorzüge eines klimapolitisch nachhaltigen Wirtschaftssystems befördert. So berechtigt Warnungen seitens des US-Außenministeriums vor zukünftigen Wasserkonflikten und Nahrungsmittelkrisen angesichts des nahezu ungebremsten Klimawandels auch sein mögen: Sie erweisen sich als wenig handlungsleitend, wenn es darum geht, innenpolitisch eine Diskussion über die positiven sozialen und wirtschaftlichen Wirkungen einer klimaschonenden Wirtschaftsweise anzuführen.

Das heißt nicht, dass die Potenziale technologischer Innovationen auf der politischen Landkarte der Obama-Regierung fehlen würden. Vielmehr ist es ihr bislang nicht gelungen, diese im Rahmen einer gesellschaftlichen Großallianz gegen die sich innenpolitisch zunehmend polarisierende Stimmung gegen jegliche Form von Klimapolitik wirkungsmächtig in Stellung zu bringen. Die verbleibenden elf Monate bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen werden kaum von weiteren klimapolitischen Initiativen im Kongress bestimmt sein. Der ohnedies zu erwartende konfliktreiche Wahlkampf bietet jedoch die Möglichkeit, dem Wahlvolk das eigene klima- und energiepolitische Konzept - auch als Mittel gegen die Wirtschaftskrise - zu erklären und somit ein Leitbild für eine mögliche zweite Amtszeit zu entwerfen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Thomas Kleine-Brockhoff, Ein ganz normaler Präsident, in: APuZ, (2010) 4, S. 3-6.

  2. Vgl. u.a. Remarks by the President at United Nations Secretary General Ban Ki-Moon's Climate Change Summit, New York, 22.9.2009.

  3. Für eine Übersicht vgl. World Resources Institute, WRI Fact Sheet. U.S. Climate Action in 2009-2010, Washington, DC 2010.

  4. Für die Bestimmungen des American Recovery and Reinvestment Act von 2009 vgl. online: http://frwebgate.access.gpo.gov/cgi-bin/getdoc.cgi?dbname=111_cong_bills&docid=f:h1enr.pdf (1.12.2011).

  5. Vgl. Stephan Liedtke, Amerikas Energiepolitik im Wandel, Bonn 2011.

  6. Vgl. U.S. Environmental Protection Agency, Inventory of U.S. Greenhouse Gas Emissions and Sinks: 1990-2009, April 2011.

  7. Vgl. Guri Bang, Energy Security and climate change concerns. Triggers for energy policy change in the United States?, in: Energy Policy, (2010) 38, S. 1645-1653.

  8. Die Gesetzesvorlage ist online unter: www.opencongress.org/bill/111-h2454/actions_votes (1.12.2011).

  9. Vgl. Nigel Purvis, Weathering the Transatlantic Climate Policy Recession, Washington, DC 2011.

  10. Vgl. online: www.majoreconomiesforum.org (1.12. 2011).

  11. Vgl. online: www.cleanenergyministerial.org (1.12. 2011).

  12. Für eine Übersicht vgl. Database of State Incentives for Renewables & Efficiency (DSIRE), online: www.dsireusa.org; Center for Climate and Energy Solutions (C2ES), Climate Actions. State & Regions, online: www.pewclimate.org (1.12.2011).

  13. Vgl. Nicholas M. Bianco/Franz T. Litz, Reducing Greenhouse Gas Emissions in the United States, Washington, DC 2010.

  14. Vgl. Dennis Tänzler/Alexander Carius, Perspektiven einer transatlantischen Klimapolitik, in: APuZ, (2003) 27, S. 12-17; Heinrich Boell Foundation, Sharing Solutions. Transatlantic Cooperation for a Low-Carbon Economy, online: www.boell.org/web/index-825.html (1.12.2011).

  15. Vgl. Steven Anderson et al., Why we must support clean energy in U.S.: our national security, Special to The Tampa Tribune, 9.10.2011.

  16. Vgl. online: www.transatlantic-climate-bridge.org (1.12.2011).

  17. Vgl. Daniel W. Drezner, Does Obama Have a Grand Strategy?, in: Foreign Affairs, (2011) 4, S. 57-68.

  18. Vgl. Remarks by the President in State of Union Address 2011, Washington, DC 25.1.2011.

Dipl.-Pol., M.A., geb. 1973; Leiter Klima- und Energiepolitik bei Adelphi, Caspar-Theyss-Straße 14a, 14193 Berlin. E-Mail Link: taenzler@adelphi.de