Einleitung
Wyoming ist eine Hochburg der Republikaner. Republikanischer geht es nicht, als in diesem menschenleeren Bundesstaat der hohen Prärie, der kargen Rocky Mountains und der steifen Cowboyhüte. Nirgendwo sonst hat ein so großer Anteil der Bevölkerung 2008 den republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain gewählt (65 Prozent). In keinem anderen Bundesstaat besitzen so viele Bürger eine Waffe (60 Prozent). Entsprechend sind die Botschaften der Aufkleber auf den großen pickup trucks, die - oft mit Gewehr im Hinterfenster - auf den Straßen Wyomings unterwegs sind: "Barack Hussein Obama: Clear and Present Danger!" oder "I Love My Country, I Fear My Government" oder "The Government Puts Thieves in Jail. It Doesn't Like the Competition". Der Bundesstaat liegt auf einer hohen, kalten Ebene in the middle of nowhere. Die 563000 Menschen, die dort leben, verteilen sich auf einer Fläche, die etwa vier Fünftel der Fläche Deutschlands entspricht. Wyoming hat zwar wenige Einwohner, dafür aber pro Kopf überdurchschnittlich viel Einfluss in Washington. Die Rancher und Eisenbahner, Bergbauer und Ölfeldarbeiter, Lastwagenfahrer und Windmastenbauer (sowie alle anderen) werden in der US-Hauptstadt von zwei Senatoren und einer Repräsentantin vertreten. Und bei der Präsidentschaftswahl am 6. November 2012 stellt Wyoming drei Wahlmänner, also je einen pro 187000 Bürger. Das demokratisch regierte Kalifornien dagegen vereint auf jeden Wahlmann 676000 Bürger (37,2 Millionen Einwohner, 55 Wahlmänner).
Meinungsumfragen zeigen auch, das die kleinen Städte und ländlichen Gegenden der USA überwiegend republikanisch stimmen; Städte und Großstädte dagegen überwiegend demokratisch.
Republikanische Geschichten
Als Abraham Lincoln 1861 ins Weiße Haus einzog, war Wyoming eher noch unter indianischer als unter republikanischer Kontrolle. Der "Befreier der Sklaven" war zwar kein Konservativer, aber er war der erste republikanische Präsident (1861-1865). Nach dem gewonnenen Bürgerkrieg setzte seine Regierung die demobilisierten Soldaten ein, um die erste transkontinentale Eisenbahn zu bauen. Diese öffnete die frontier, einte das Land und brachte Amerika auf den Weg zur Weltmacht. Zehntausende Eisenbahnbautrupps zogen 1868 durch Wyoming, um Ost- und Westküste per Schiene zu verbinden. Heute würde der Durchschnittsrepublikaner seinem Staat nicht trauen, so ein Projekt zu organisieren.
Es folgte eine lange Ära republikanischer Vorherrschaft, die erst von der großen Wirtschaftskrise ab 1929 vorübergehend beendet wurde. Der demokratische Präsident Franklin D. Roosevelt (1933-1945), ein reicher linksliberaler Patrizier des Bundesstaats New York, schmiedete eine Koalition mit Süddemokraten, wobei die Bürgerrechte der Schwarzen ausgeblendet blieben. Schließlich gab es Arbeitsplätze zu schaffen und einen Weltkrieg zu gewinnen. Erst Ende der 1950er Jahre begann diese demokratische New-Deal-Koalition zu bröckeln, als die Frage der Bürgerrechte wieder politisch brisant wurde.
Der Republikaner Dwight D. Eisenhower (1953-1961) bildete die Ausnahme von der Regel. Er hätte auch Demokrat sein können - er rüstete ab und baute das National System of Interstate and Defense Highways auf. Wyoming profitierte mal wieder von einer republikanischen Regierung, als Staatsgeld und Bautrupps die "Interstate 80" durch die hohe Prärie zogen. Seither prägen die gigantischen semi trucks das Bild Wyomings. Als Transitstaat für Bürgerrechtler, später Hippies und Friedensbewegte, bekamen die Bürger Wyomings Mitte der 1960er Jahre Kulturwandel des Landes mit, den sie überwiegend als unangenehm empfanden. Aus dem Unbehangen diesem Wandel gegenüber erwuchs die Stärke der Republikaner, während sich die Demokraten über Bürgerrechte für Schwarze und Frieden in Vietnam entzweiten. Die Republikaner fanden vor allem in den Südstaaten neue Sympathisanten, aber auch unter sozialkonservativen Arbeitern und sogar bei den Gewerkschaften.
Richard Nixon (1969-1974) beendete den Vietnam-Krieg, etablierte auch die erste Umweltbehörde der USA, missbrauchte seine Macht aber auf eine Weise, die der Vokabel "Amtsmissbrauch" ganz neue Bedeutung verlieh (Watergate-Affäre). Nach Nixons Rücktritt im August 1974 übernahm sein Vize Gerald Ford die Zügel (bis 1977). Als seinen Stabschef, der die Geschäfte im Weißen Haus koordinieren sollte, engagierte Ford den 32-jährigen Richard (Dick) Cheney. Der in Casper, Wyoming aufgewachsene Politikwissenschaftler war damit innerhalb von nur fünf Jahren in Washington vom Praktikanten in den innersten Zirkel der Macht aufgestiegen. 1977 wurde der Demokrat Jimmy Carter Präsident (bis 1981); Dick Cheney ließ sich kurz darauf als Vertreter Wyomings ins Repräsentantenhaus wählen. Die demokratische Mehrheit flaute jedoch rasch wieder ab, als das Land unter Ronald Reagan (1981-1988) eine republikanische Renaissance erlebte. Cheney war nicht der einzige einflussreiche Vertreter Wyomings in dieser Zeit. 1978 in den Senat gewählt, ging Allen K. Simpson, der aus einer etablierten Politikerfamilie Wyomings stammte, nach Washington und wurde zu einem der erfolgreichsten Senatoren der nächsten zwei Jahrzehnte. Seinen ersten großen legislativen Erfolg erlangte er 1985 mit einer überparteilichen, sehr fortschrittlichen Einwanderungsreform, dem "Simpson-Mazzoli-Gesetz". Von 1985 bis 1995 war er Minderheitsführer im Senat. Auch Cheney stieg weiter auf: Reagans Nachfolger George H.W. Bush (1989-1993) machte ihn zum Verteidigungsminister, als welcher er das Ende des Kalten Krieges und die Befreiung Kuwaits mitgestaltete.
Nach acht Jahren Bill Clinton (1993-2001) zogen erneut die Republikaner ins Weiße Haus, dieses Mal unter George W. Bush (2001-2009) und Dick Cheney als Vizepräsident. Bush senkte die Steuern für Wohlhabende, verabschiedete einen sehr teuren Medikamentenzuschuss für Senioren, zog nach dem 11. September 2001 in einen langen Krieg, schaute 2005 zu, wie Hurrikan "Katrina" New Orleans verwüstete, duldete einen enormen Anstieg der Staatsschulden und erlebte am Ende seiner Amtszeit, wie die amerikanische Wirtschaft abstürzte. Meinungsumfragen zeigten nur noch 33 Prozent Unterstützung für Bush. Nur der abtretende Vize Dick Cheney durfte einen Heldenempfang erleben, als er von Washington nach Wyoming zurückkehrte.
Die Republikaner sind in vielerlei Hinsicht wie Dick Cheney: streng, kämpferisch, und in besonderer Sorge was innere und äußere Feinde Amerikas angeht. Cheney ist der Falke unter den Falken. Wie viele einflussreiche Republikaner ist er auch ein Mann der Energieindustrie, deren Freunde in der Politik immer wieder behaupten, eine Erhöhung der Energiesteuern koste nur Arbeitsplätze. Gleichzeitig gibt es Republikaner, die der Macht, insbesondere der Staatsmacht, zutiefst misstrauen. Der Rancher, der Nachfolger des Pioniers, genießt die Freiheit des offenen Landes, meint, der Staat wolle ihn nur ausbeuten, den Machtinteressen der Ostküste auf seine Kosten dienen. Zugleich gibt es auch Republikaner, die dem Staat misstrauen, weil sie meinen, er sei zu liberal: Er tue nichts gegen Abtreibung, verbiete Privatclubs, die Schwarzen oder Frauen den Zutritt verweigern, erlaube die Homo-Ehe, verbiete das Gebet in der Schule, begrenze die Todesstrafe. Und schließlich gibt es natürlich auch liberale Republikaner wie Allen Simpson, der nach seinem Dienst im Senat viel überparteiliche Arbeit geleistet hat. Letztere trauen dem Staat - und den Demokraten - um einiges mehr als der Durchschnittsrepublikaner. Sie sind fähig, überparteiliche Koalitionen zu schmieden und pragmatisch zu regieren. Sie sind besonders beliebt unter den Wechselwählern und den Parteilosen. Für Tea-Party-Anhänger sind diese gemäßigten Republikaner allerdings oft schlimmer als die Demokraten selbst. Traditionell und modern, liberal und konservativ: Die Republikanische Partei zeigt sich vielseitig in Wyoming - aber auch verwundbar. So spotten Umweltschützer: "Republicans: Welfare Mining, Drilling, Ranching, Logging and Trucking." Diese führenden Wirtschaftszweige Wyomings wären nämlich ohne staatliches Land (48 Prozent) und staatliches Geld chancenlos.
Chancen und Programm
Für die Republikaner steht 2012 viel auf dem Spiel. Werden sie ihren großen Erfolg der Zwischenwahlen 2010 wiederholen können? Mit genügend Frust gegen Washington, wenn nicht gegen den Präsidenten selbst, bleiben die jungen Wähler, die Barack Obama einst den Sieg bescherten, vielleicht zu Hause. Vielleicht gelingt es der Tea Party auch erneut, die weniger gebildeten weißen Männer zahlreich zu mobilisieren, und den Republikanern, die Weißen mit College-Abschlüssen zurückzugewinnen. Vielleicht ist es den Republikanern möglich, mehr Stimmen der hispanics auf sich zu vereinen oder entscheidende Bundesstaaten wie Florida, Virginia, Ohio, Colorado, Nevada oder Indiana für sich zu entscheiden. All dies würde den republikanischen Herausforderer Obamas einem Wahlsieg deutlich näher bringen. Auch könnte es passieren, dass ein Kandidat einer dritten Partei (wie Ralph Nader im Jahr 2000) den Wahlausgang entscheidend beeinflusst, indem er Obama wichtige Stimmen "wegnimmt". Dann könnte diesen das gleiche Schicksal wie George Bush senior oder Jimmy Carter ereilen und seine Präsidentschaft nach dem first term enden.
2012 steht nicht nur das Weiße Haus, sondern auch 33 von 100 Senatssitzen und das gesamte Repräsentantenhaus stehen zur Wahl. Um neun der Senatssitze gibt es Kopf-an-Kopf-Rennen, wobei die Republikaner nur vier dieser Sitze brauchen, um die Mehrheit in dieser Kammer des Kongresses zurückzugewinnen. Auch bei 20 von 435 Sitzen im Repräsentantenhaus ist eine Voraussage derzeit kaum möglich. Ein Jahr vor den Bundeswahlen ist also noch offen, ob die Republikaner auf dem Capitol Hill Macht gewinnen oder verlieren werden. Zugleich finden in elf Bundesstaaten auch Gouverneurswahlen statt, hier wird das Rennen vor allem in vier Staaten noch als spannend eingestuft.
Die Republikaner knüpfen an das uramerikanische Konzept der begrenzten, daher guten, Staatsmacht an: Auch in diesem Wahlkampf behaupten sie, wie damals Ronald Reagan, der Staat sei nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. In der Tat gibt es für viele Amerikaner zu viel Staat, zu viele Steuern, zu viele Schulden und zu viele Absichten, die gut gemeint sind, aber nicht gut funktionieren. Obamas Ausgaben für Banken, Autofirmen und Konjunkturprogramme seien keine Rettung des Kapitalismus, sondern pure Verschwendung gewesen. In dieser verbreiteten Einstellung liegt das besondere Mobilisierungspotenzial für die Republikaner.
Gleichzeitig wird erwartet, dass der begrenzte Staat für Sicherheit sorgt, im Inneren wie im Äußeren. Unter den stärksten Unterstützern der Republikaner sind solche, die meinen, die Globalisierung und vor allem die Einwanderung veränderten die USA zu schnell. Eine harte Einwanderungspolitik findet daher bei der republikanischen Basis große Unterstützung. Allerdings gibt es immer mehr Einwanderer, und der Anteil der Minderheiten an der Wählerschaft wächst von Jahr zu Jahr - 2012 wird bei den abgegebenen Stimmen ein "Minderheitenanteil" zwischen 27 und 28 Prozent erwartet. Da dieser eher den Demokraten zuneigt, stellt dies ein doppeltes Problem für die Republikaner dar.
Eine große Mehrheit der Republikaner lehnt Kürzungen des fast eine Billion US-Dollar hohen Budgets für Nationale Sicherheit ab. An der republikanischen Basis zeigt sich bislang offenbar keine Kriegsmüdigkeit, stattdessen wird Präsident Obama für sein "naives" Konzept der indirekten Führung (leading from behind) beschimpft, das anderen Nationen bei internationalen Einsätzen die Führungsrolle überlässt (wie etwa bei der NATO-Intervention in Libyen). In öffentlichen Debatten scheuen die republikanischen Kandidaten aber ein Bekenntnis zur engen Zusammenarbeit mit Freunden und Partnern rund um die Welt. Republikaner sind eben häufiger der Auffassung als Demokraten, dass jeder auf sich selbst gestellt ist und sich für einen Erfolg oder Misserfolg selbst verantworten muss - auch in der internationalen Politik.
Doch letztlich werden sich bei den Wahlen 2012 auch die Republikaner für ihre Politik zu verantworten haben, nicht nur die amtierende Regierung. Obamas Gesundheitsreform haben die Abgeordneten der Grand Old Party zwar nicht verhindern können, aber es ist ihnen gelungen, sie schwer zu beschädigen. Sie haben den Präsidenten oft blockiert und hoch gepokert mit ihrer Drohung, die Zahlungsunfähigkeit des Landes herbeizuführen. Vor allem haben sie neue Steuern für die Reichen verhindert, obwohl Gallup-Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Amerikaner es für richtig hält, diese zu erhöhen. Ende 2011 scheint es, als ob die Blockadepolitik in dieser Frage eher die Republikaner selbst als den politischen Gegner beschädigt habe.
2008 sammelte Obama im Wahlkampf 744 Millionen US-Dollar, mehr als dreimal so viel wie John McCain mit 227 Millionen.
Kandidatenpalette
Auch wenn Ideologie und Organisation zu 100 Prozent "richtig" sind, ist eine Wahlniederlage nie auszuschließen. Denn es sind die Kandidaten, die letztendlich entscheidend sind. Sie müssen Autorität und Intelligenz ausstrahlen, aber auch freundlich, verständlich und menschlich sein. Am Ende, so heißt es, gewinnt derjenige, mit dem man am liebsten ein Bier trinken gehen würde. Republikaner schicken Kandidaten auf allen Ebenen ins Rennen. Hauptaugenmerk gilt aber der Präsidentschaftswahl. Hier hat sich eine bunte Kandidatenpalette herauskristallisiert. Außenseiter und Wahlkampfveteranen, Männer und Frauen, Schwarze und Weiße, Gouverneure, Legislatoren, Geschäftsmänner, Favoriten und Aufsteiger - und zwei Mormonen. Keiner der Anwärter hat aber in der ersten Phase mehr als 20 bis 25 Prozent der Wähler hinter sich bringen können. Alles deutet darauf hin, dass dieses Patt die ersten Vorwahlen überdauern könnte (Iowa 3. Januar, New Hampshire 10. Januar 2012). Selbst nach dem Super Tuesday am 6. März 2012, an dem in Wyoming und zwölf anderen Staaten Vorwahlen stattfinden, könnte Obama noch nicht wissen, wer gegen ihn antreten wird.
Mitt Romney steht Anfang Dezember 2011 zwar als leichter Favorit da, hat seine Unterstützung aber nicht eindeutig ausbauen können. Schon lange für den Kronprinzen gehalten, kandidierte er schon 2008 für die republikanische Nomination. Schwergewichte der Partei haben sich hinter ihn gestellt, sein Stab ist größer und besser organisiert als die der anderen. Er hat eine Art Schattenkabinett und schon jede Menge Positionspapiere vorgelegt. Sein Auftreten ist glänzend, er macht selten Fehler. Dafür ist er etwas langweilig; zudem wird ihm vorgeworfen, er ändere seine Meinung zu oft, schaue nur auf die politische Windrichtung. Seine Regierungserfahrung als Gouverneur von Massachusetts wird zweischneidig bewertet. Bei manchen überzeugten Republikanern erweckt er Misstrauen. Dass er in seinem Bundesstaat eine Gesundheitsreform durchgesetzt hat, die Obamas nicht unähnlich ist, hilft ihm in den Vorwahlen nicht. Andererseits könnte Romney dadurch, dass er in seinen Zielsetzungen dem Präsidenten noch am ähnlichsten ist, die Stimmen vieler independents gewinnen.
Michele Bachmann aus Minnesota ist unter den Kandidaten am ehesten die Fahnenträgerin der Sozialkonservativen. Gut im Wortgefecht und im Repräsentantenhaus Mitglied des wichtigen Intelligence Committee hat sie auch die Unterstützung vieler Tea-Party-Anhänger. Als Frau könnte sie den Demokraten vor allem wichtige weibliche Wählerschaften streitig machen.
Jon Huntsman ist die weniger bekannte, weniger vernetzte Version von Mitt Romney. Er war Gouverneur von Utah und dann bis vor kurzem Obamas Botschafter in Peking. Wie Mitt Romney ist er Mormone. Seine wortgewandte Intelligenz und seine Erfahrung im Ausland machen ihn bei den gemäßigteren Republikanern zu einer echten Alternative.
Newt Gingrich, dramatisch und intelligent, ist vor allem dafür bekannt, 1994 das Repräsentantenhaus für die Republikaner zurückgewonnen zu haben, um dann dort bis 1999 als Mehrheitsführer zu amtieren. Er ist sowohl bei der Parteibasis als auch unter den independents beliebt. Inzwischen erntet er auch Respekt für seine oft innovativen, vorwärtsdenkenden, teilweise radikalen politischen Ideen. Seine Schwäche ist jedoch sein Charakter, vor allem die Geschichte, er habe seine sterbende Frau betrogen. Er ist interessant, kann Schlagzeilen machen, ist aber letztendlich sehr umstritten.
Rick Perry, acht Jahre lang Gouverneur in Texas, war kurz nach der Ankündigung seiner Kandidatur für viele Republikaner der große Hoffnungsträger. Aber sein schlechtes Auftreten bei den Fernsehduellen hat ihn einiges an Unterstützung gekostet. Obwohl er als harter Konservativer auftritt, wird ihm unter anderem von Mitt Romney häufig vorgeworfen, er habe es "illegalen Einwanderern" in Texas zu einfach gemacht.
Rick Santorum, der einzige Senator im Kandidatenkreis, ist ein Außenseiter ohne herausragende Eigenschaften. Ebenfalls nur Außenseiterchancen hat der texanische Kongressabgeordnete Ron Paul, der bereits 2008 versuchte, seine libertären, isolationistischen Positionen unter Republikanern hoffähig zu machen. Obwohl er sich in den Fernsehduellen gut schlägt, hat er es schwer, über 15 Prozent Unterstützung hinauszukommen.
Der charismatische schwarze Geschäftsmann Herman Cain ist Anfang Dezember 2011 aus dem Rennen ausgestiegen. Er war der Kandidat, der sich am besten gegen Washington, wenn nicht gegen die etablierte Politik insgesamt profilieren konnte. Seine Unerfahrenheit war seine Schwäche und Stärke zugleich. Doch letztlich waren es nicht komplexe politische Fragen, bei denen er gelegentlich ins Schwanken kam, die seine Kampagne zum Stillstand brachten, sondern Vorwürfe, er habe sich der sexuellen Belästigung schuldig gemacht.
Blick in die Zukunft
Ein alter Spruch lautet: Ein Präsident wird nicht gewählt, sondern abgewählt. Sei der Frust mit dem Amtsinhaber groß genug, sei fast egal, wer gegen ihn kandidiert. Der Frust mit Obama ist eindeutig hoch (mit 49 Prozent der Amerikaner gegen und 43 Prozent für ihn, laut Gallup). Die Arbeitslosigkeit, besonders unter der Jugend, ist sehr hoch, die Staatsschulden steigen. Die miserable Lage der Wirtschaft erhöht sicherlich die Siegchancen der Republikaner. Gegen sie spricht allerdings die demografische Entwicklung:
Wollen Republikaner unter Jugendlichen an Einfluss gewinnen, müssen sie sich von ihrer sozialkonservativen Einstellung verabschieden; wollen sie mehr Einfluss unter Minderheiten haben, müssen sie eine offenere Einwanderungspolitik wagen; wollen sie ihren Einfluss unter Senioren halten, müssen sie bereit sein, Medicare und Social Security bezahlbar zu machen; wollen sie Einfluss unter den Vorortbewohnern mit College-Abschluss bekommen, müssen sie dazu bereit sein, Bildungspolitik zu fördern und die Superreichen stärker zu versteuern. Die Zukunft der Republikaner entscheidet sich somit in einem Spannungsfeld aus schwierigem Wandel und schrumpfenden Wählerschaften - denn anders als früher sieht Amerika immer weniger wie Wyoming aus.