Die Diskussionen um eine schwelende Krise der Demokratie westlicher Prägung wurden in den vergangenen Jahren vom britischen Politikwissenschaftler Colin Crouch mit dem Begriff der "Postdemokratie" popularisiert. Kritisiert wird der Legitimitätsverlust der politischen Akteure und Institutionen, da sie zunehmend unter dem Einfluss privater und partikularer Interessengruppen agieren statt als gewählte Repräsentanten im Sinne des Gemeinwohls zu handeln. Anstelle des Aushandelns von divergierenden gesellschaftlichen Interessen gerate Politik so zum bloßen "Management von Sachzwängen". Politische Spannungslosigkeit breite sich aus: Die Responsivität "der Politik" auf gesellschaftliche Missstände nehme ab, das Gefühl der Ohnmacht und eine Verdrossenheit gegenüber der "institutionellen Politik" zu, und es schwinde das Vertrauen in die repräsentative Demokratie.
Diesem Befund stehen auch positive Trends gegenüber: Neben neuen Legitimationsmustern politischer Herrschaft auf internationaler und europäischer Ebene entstehen unkonventionelle Formen der Bürgerbeteiligung wie Foren oder Konsensuskonferenzen. Sie bergen aber auch das Risiko, die gesellschaftliche Polarisierung voranzutreiben, da ihre Akteure mehrheitlich Angehörige der gut ausgebildeten Mittelschichten sind. Dagegen findet politische Interessenartikulation durch diejenigen, deren Lebensumstände besonders prekär sind, kaum mehr statt; die Folgen ihrer sozialen Ausgrenzung sind "Resignation und Apathie" statt "Protest und Engagement".
Da Wahlen allein noch keine Demokratie machen (Barack Obama), gilt es, die Prinzipien der demokratischen Kultur - wie Anerkennung oder gleiche Einfluss-, Zugangs- und Beteiligungsmöglichkeiten am politischen Prozess unabhängig vom sozioökonomischen Status einer jeden Bürgerin und eines jeden Bürgers - neu zu buchstabieren und die Politik in die Verantwortung zu nehmen für ein neues "Gleichgewicht" zwischen Freiheit und Gleichheit der Individuen.