Einleitung
Das religiöse Leben von Muslimen in Deutschland ist geprägt von der Vielfalt unterschiedlicher islamischer Glaubensrichtungen, Zuwanderergenerationen und Herkunftsregionen. Auch die Gruppe der zum Islam Konvertierten trägt zu dieser Vielfalt bei. Allerdings ist über letztere vergleichsweise wenig bekannt. Anders als zu Muslimen mit Migrationshintergrund - Personen, die selbst oder deren Eltern aus einem Herkunftsland stammen, in dem Muslime mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachen - liegen keine Informationen über die Anzahl und die soziodemografische Zusammensetzung von Konvertierten vor. Gleichzeitig ist festzustellen, dass in muslimischen Gemeinden und islamischen Verbänden vermehrt Funktionen durch Konvertierte wahrgenommen werden. Mit dem Zentralrat der Muslime in Deutschland und der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands bestehen zwei bundesweite islamische Verbände, in deren Vorständen auch Konvertierte vertreten sind. Ein weiteres Beispiel ist das bundesweite Aktionsbündnis muslimischer Frauen, ein Zusammenschluss zur Verbesserung der politischen und gesellschaftlichen Teilhabe muslimischer Frauen, dessen Vorstand knapp zur Hälfte mit Konvertinnen besetzt ist. Muslimische Konvertierte sind darüber hinaus im Bereich der islamischen (Aus-)Bildung tätig, wo sie sowohl konzeptionelle als auch praktische Aufgaben übernehmen wie im Interdisziplinären Zentrum für Islamische Religionslehre an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg oder im Institut für interreligiöse Pädagogik und Didaktik in Köln. Daneben arbeiten und publizieren sie auf vielfältige Weise zu theologischen Fragen des Islams im deutschen Kontext und zu gesellschaftspolitischen Themen, die eine Relevanz für das muslimische Leben in Deutschland aufweisen.
Die öffentliche Wahrnehmung von Konvertierten in Deutschland ist durch die Medienberichterstattung geprägt, welche das Thema oftmals eindimensional, vereinfachend und polarisierend bearbeitet. Merkmale dieser Art der Darstellung sind unter anderem die Fokussierung auf Gewalt, Sensationsgehalt, Personalisierung, Ausschluss-Einschluss-Muster sowie die Bereitstellung einfacher Beschreibungen statt Analysen komplexer Zusammenhänge und Konfliktursachen. Bezogen auf Konvertierte hat diese Vorgehensweise zur Folge, dass sie überwiegend unter dem Sicherheitsaspekt betrachtet und als eine homogene Gruppe von religiösen Extremisten porträtiert werden.
Dieser Artikel gibt zunächst einen kurzen Überblick über aktuelle Erkenntnisse zu Muslimen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Er fokussiert im Anschluss auf das religiöse Gemeindeleben, also den Kontext, in welchem die aktive Rolle von muslimischen Konvertierten beobachtet wird. Der Beitrag widmet sich danach Erkenntnissen, die über Konvertierte vorliegen, und zeigt einige offene Fragen der empirischen Forschung zu muslimischen Konvertierten und ihrer gesellschaftlichen Rolle auf.
Muslime mit Migrationshintergrund
Im Jahr 2009 wurde die Studie "Muslimisches Leben in Deutschland" (MLD) vorgelegt.
Die Vielfalt spiegelt sich auch in der konfessionellen Zusammensetzung wider. Knapp drei Viertel (74,1 Prozent) bezeichnen sich oder ihre Haushaltsangehörigen als Sunniten. Die zweitgrößte muslimische Konfessionsgruppe stellen die Aleviten mit einem Anteil von 12,7 Prozent dar. 7,1 Prozent rechnen sich dem Schiitentum zu. Aber auch Personen, die kleineren muslimischen Glaubensgemeinschaften wie der Ahmadiyya (1,7 Prozent) und der Ibadiyya (0,3 Prozent) angehören oder eher mystische und sufische Glaubenstraditionen (0,1 Prozent) pflegen, wurden in der Studie erfasst. Insgesamt sind sie relativ eng mit ihrer Religion verbunden: Rund 86 Prozent der Befragten gaben auf einer vierstufigen Skala von "gar nicht gläubig" bis "sehr stark gläubig" an, eher gläubig oder sehr stark gläubig zu sein. Dieser Befund ist relativ stabil, da eine hohe Religiosität von Muslimen auch in anderen Studien nachgewiesen wurde.
Hoher Stellenwert des Gemeindelebens
Im Islam haben die Gemeinschaft fördernden religiösen Handlungen eine hohe Bedeutung. Für eine solche Religionspraxis steht beispielsweise der Besuch religiöser Veranstaltungen wie das Freitagsgebet. So nehmen 35 Prozent der Befragten mehrmals im Monat oder häufiger an religiösen Veranstaltungen teil. Bei den nichtmuslimischen Befragten sind es 32 Prozent. Indes geben die muslimischen Befragten mit einem Anteil von 29 Prozent häufiger als nichtmuslimische an, nie religiöse Veranstaltungen zu besuchen. Unter den Nichtmuslimen sind es dagegen nur 19 Prozent der Befragten. Allerdings gibt es innerhalb der muslimischen Bevölkerungsgruppe Unterschiede zwischen den Geschlechtern, was die Teilnahme an religiösen Veranstaltungen angeht: Während rund 43 Prozent der muslimischen Männer angeben, mehrmals im Monat oder häufiger einen Gottesdienst zu besuchen, sind es unter den befragten Musliminnen lediglich 26 Prozent. Ein Grund für den geringeren Anteil an Frauen unter den Moscheebesuchern könnte sein, dass die Teilnahme am gemeinsamen Freitagsgebet für männliche Muslime eine religiöse Pflicht darstellt, während es Musliminnen freigestellt ist.
Die hohe Verbundenheit der Muslime mit ihrer Religion zeichnet sich nicht in den institutionalisierten Religionsstrukturen ab. Eine formalisierte Mitgliedschaft in einem religiösen Verein oder einer Gruppe liegt unter den befragten Muslimen seltener vor als unter den Befragten mit einer anderen Religionszugehörigkeit. Jeder fünfte befragte Muslim gibt an, Mitglied in einem religiösen Verein zu sein, wohingegen dies bei jedem vierten nichtmuslimischen Befragten der Fall ist. Zum einen ist denkbar, dass insbesondere den Befragten christlichen Glaubens mehr Gelegenheiten zum Beitritt in einen religiösen Verein zur Verfügung stehen, da sie auch die bestehenden zumeist christlich geprägten Religionsstrukturen des Aufnahmelandes nutzen können und somit mehr Auswahl zur Verfügung haben. Zum anderen kann der geringere Anteil an Mitgliedschaften in religiösen Vereinen unter Muslimen auch darauf zurückzuführen sein, dass im muslimischen Kontext eine formalisierte Mitgliedschaft kein Kriterium für die Zugehörigkeit zu einer Gruppierung oder einem Verein ist. Vielmehr entspricht es der Praxis, dass auch nicht registrierte Mitglieder als Bestandteil einer Gemeinde anerkannt sind.
Innerhalb der muslimischen Gruppe sind indes deutliche Unterschiede zwischen den Konfessionen und dem Anteil der Mitgliedschaften in einem religiösen Verein zu beobachten. Sunnitische Befragte geben zu 22 Prozent an, Mitglied in einem religiösen Verein zu sein, während der Anteil unter den befragten Aleviten ebenso wie bei den Schiiten bei rund 10 Prozent liegt. Der im Vergleich zu den Sunniten geringere Anteil an religiösen Vereinsmitgliedschaften unter den Aleviten kann darauf zurückzuführen sein, dass Aleviten später als andere muslimische Konfessionen mit der religiösen Selbstorganisation in Deutschland begonnen haben.
Religiöses Leben der zweiten Zuwanderergeneration
Die Befunde zum religiösen Leben der zweiten Zuwanderergeneration weichen von den bisher dargestellten Ergebnissen etwas ab. Als zweite Zuwanderergeneration werden diejenigen Personen bezeichnet, die selbst in Deutschland geboren sind, aber von mindestens einem Elternteil abstammen, das nach Deutschland zugewandert ist. Mitglieder der zweiten Generation sind somit in Deutschland aufgewachsen und sozialisiert worden. Muslime dieser Generation zeigen ein anderes Teilnahmemuster, was religiöse Veranstaltungen angeht. Sie berichten zu einem geringeren Anteil als Personen, die selbst nach Deutschland zugewandert sind, nie eine religiöse Veranstaltung wie beispielsweise ein Gemeinschaftsgebet zu besuchen: Während Personen der ersten Zuwanderergeneration zu 32,6 Prozent angeben, nie an einer religiösen Veranstaltung teilzunehmen, sind es unter den Muslimen der Nachfolgegeneration 20,4 Prozent. Zugleich geben die Personen der Nachfolgegeneration zu einem höheren Anteil (nämlich 37 Prozent) als die Personen der ersten Zuwanderergeneration (33,9 Prozent) an, mehrmals im Monat oder häufiger an einer religiösen Veranstaltung teilzunehmen. Dies deutet darauf hin, dass die Einbindung in eine religiöse Gemeinschaft und die gemeinschaftliche Durchführung religiöser Rituale einen relativ hohen Stellenwert im Leben von rund einem Drittel der in Deutschland geborenen Muslime mit Migrationshintergrund einnimmt.
Dagegen ist die institutionelle Bindung per Mitgliedschaft an einen religiösen Verein oder eine Gemeinde für Muslime der zweiten Zuwanderergeneration weniger attraktiv als für Muslime mit eigener Migrationserfahrung. Während erstere zu 18,5 Prozent angaben, Mitglied in einem religiösen Verein zu sein, sind es unter den letzteren 21,3 Prozent. Der Anteil der muslimischen Frauen, die Mitglied in einem religiösen Verein sind, ist deutlich geringer als der Anteil der muslimischen Männer. Während knapp jeder vierte muslimische Mann der ersten Generation (24,7 Prozent) eine Mitgliedschaft bestätigt, ist es unter den muslimischen Frauen nur jede sechste (17,1 Prozent). Die Geschlechterdifferenz ist in der zweiten Generation noch deutlicher zu beobachten: Hier gibt ähnlich der ersten Generation knapp jeder vierte an, Mitglied in einem religiösen Verein zu sein (22,9 Prozent). Unter den muslimischen Frauen ist es hingegen nur jede siebte (14,3 Prozent). Die Gründe für diese Geschlechterdifferenz könnten darin liegen, dass die Angebote der religiösen Vereine sich eher an Männer richten. Ebenso ist es möglich, dass Frauen seltener als Männer geneigt sind, eine formale Vereinsmitgliedschaft abzuschließen und sich eher informell in das religiöse Gemeindeleben einbringen.
Für letztere Vermutung sprechen die Befunde zum aktiven Engagement in einer religiösen Gemeinde oder einem Verein. Insgesamt ist die zweite Generation deutlich aktiver (18,3 Prozent) als die erste Generation (11,2 Prozent). Besonders auffällig ist jedoch, wie sich das Geschlechterverhältnis von der ersten zur zweiten Migrantengeneration ändert, wenn es um eine aktive Beteiligung in einem religiösen Verein geht. Während muslimische Frauen der ersten Generation in ihrem Engagement (8,4 Prozent) noch deutlich hinter den Männern (13,5 Prozent) der ersten Generation zurückbleiben, kehrt sich diese Geschlechterdifferenz in der zweiten Generation um: Hier sind es 19,5 Prozent der weiblichen Befragten, die sich in ihren Gemeinden engagieren und 17,2 Prozent der muslimischen Männer, die es ihnen gleichtun.
Das Partizipationsniveau im religiösen Gemeindeleben der in Deutschland geborenen Muslime geht über das der Muslime mit eigener Migrationserfahrung hinaus. Eine Erklärung hierfür könnte einerseits eine höhere Motivation der zweiten Generation sein, sich mit religiösen Themen auseinanderzusetzen. Eine weitere Begründung kann sich aus der soziodemografischen Zusammensetzung ergeben, die sich zwischen erster und zweiter Generation unterscheidet. So liegt das Bildungsniveau der Muslime der zweiten Zuwanderergeneration beispielsweise über dem der ersten. Aber auch die herkunftsbezogene Zusammensetzung variiert zwischen erster und zweiter Generation. Allgemein ist die Partizipation im muslimischen Gemeindeleben als positiver Trend zu werten, da durch die Arbeit in den Gemeinden Organisations- und Kommunikationsfähigkeiten erworben und erweitert werden, die zur zivilgesellschaftlichen Teilhabe insgesamt beitragen und befähigen.
Muslime ohne Migrationshintergrund: Konvertierte Muslime
Bei einer näheren Betrachtung der muslimischen Gemeindestrukturen und Institutionen ist festzustellen, dass neben Muslimen mit Migrationshintergrund ebenso zum Islam Konvertierte in sehr vielfältigen Funktionen und teilweise Schlüsselpositionen in Gemeinden und Organisationen auf lokaler, regionaler sowie bundesweiter Ebene aktiv sind. Ihr Engagement und ihr Einfluss auf Meinungsbildungsprozesse beschränken sich dabei nicht nur auf das Gemeindeleben.
Trotz ihrer im islamischen Leben in Deutschland sichtbaren und partizipativen Rolle sind Konvertierte, das heißt Muslime ohne Migrationshintergrund, eine Bevölkerungsgruppe, die im Rahmen bisheriger Studien zu Muslimen in Deutschland nicht berücksichtigt wurde. Da die amtliche Statistik in Deutschland die Religionszugehörigkeit nicht erfasst und die islamische Glaubensgemeinschaft nicht zentral organisiert ist, liegen weder gebündelte Informationen von Seiten einer solchen Institution zu ihren Angehörigen vor, noch gibt es ein zentrales Register, in dem zum Islam Konvertierte aufgeführt sind. Auch ist die formale Konversion zum Islam ein unbürokratischer Vorgang, bei dem der Konvertierende in Gegenwart von zwei Zeugen das islamische Glaubensbekenntnis spricht. Vor diesem Hintergrund sind Schätzungen zur Zahl von Konvertierten, wie sie beispielsweise vom Zentralinstitut Islam-Archiv-Deutschland regelmäßig vorgenommen werden, statistisch kaum belastbar.
Gründe für die Konversion
Laut Medienberichten scheint sich unter der nichtmuslimischen Bevölkerung in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren ein gesteigertes Interesse am Islam entwickelt zu haben, das nicht zuletzt auf seine intensive öffentliche und mediale Präsenz zurückzuführen ist. In diesem Zusammenhang wird - trotz einer in Bezug auf den Islam stark auf Konfliktthemen und Bilder eines Kulturkampfes fokussierten Berichterstattung
In der Konversionsforschung haben sich einige Theorien zur Erklärung des Phänomens etabliert, die sich sowohl in ihrer Definition der Konversion als auch in ihrer Betrachtungsweise unterscheiden. Den meisten Definitionen ist gemein, dass sie den prozesshaften Charakter des Glaubensübertritts betonen. Eine häufig rezipierte Typologie der Konversion haben John Lofland und Norman Skonovd entwickelt.
Ein weiteres Modell geht von Konversion als einen Veränderungsprozess über eine bestimmte Zeit hinweg aus, der kontextabhängig ist und von einem Grundgefüge aus Beziehungen, Erwartungen und Situationen beeinflusst wird.
Eine ausführliche Studie zur Erforschung von Konversionen zum Islam ist von Anne Sofie Roald vorgelegt worden.
Auf Basis dieser Annahmen wird ein dreistufiges Entwicklungsmodell von Liebe (falling in love), Ablehnung und Enttäuschung (rejection) sowie Reife (maturity) erstellt, das der Konvertierende durchläuft. In der ersten Stufe sind Konvertierte demnach meist von einer unkritischen Faszination für die Religion erfasst und idealisieren das Religionsverständnis sowie die Religionspraxis von gebürtigen Muslimen sehr stark. In der zweiten Stufe findet eine Desillusionierung statt, weil viele Muslime doch nicht nach "idealen islamischen Standards" leben - viele Konvertierte wenden sich auf dieser Stufe ganz von der Religion ab. Auf der dritten Stufe entsteht infolge eines Reifeprozesses einerseits eine gesunde Distanz zu anderen Muslimen, andererseits findet eine Integration des Islams in die eigene Identität statt. In der Auffassung des Islams als eine "logische Religion", die sich an das Motivmuster der intellektuellen Konversion von Lofland und Skonovd anlehnt, sieht Roald einen der Hauptgründe für eine Konversion. Gemeint ist damit die in einer Vielzahl von Konversionserzählungen gemachte Aussage, dass die Glaubensgrundsätze des Islams vernunftbetont seien und in Einklang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen stünden. Dabei wird häufig auf eine dem Koran inhärente Logik, die Kohärenz der islamischen Theologie sowie ein Rechtsverständnis, welches der Natur des Menschen entspricht, Bezug genommen.
Die umfassendste Studie zu Konvertierten zum Islam in Deutschland ist bislang die Arbeit der Soziologin Monika Wohlrab-Sahr.
Mögliche Rolle von Konvertierten in der muslimischen Gemeindestruktur
Unabhängig von den unterschiedlichen Beweggründen und Motiven, aus denen Deutschstämmige zum Islam konvertieren, lässt bereits die oberflächliche Beobachtung der muslimischen Gemeinden und deren Organisationsstrukturen sowie -aktivitäten den Schluss zu, dass muslimische Konvertierte sich in einem nicht unerheblichen Maße daran beteiligen und engagieren. Auch ist die Bandbreite an Tätigkeitsfeldern, in denen sie aktiv sind, beachtlich. Die Annahme, dass Konvertierte durch ihr Engagement direkt oder indirekt über einen Einfluss verfügen, der sich auf gesellschaftliche und politische Aushandlungsprozesse zum einen innerhalb der muslimischen Gemeinschaft und zum anderen zwischen der muslimischen Gemeinschaft und der nichtmuslimischen Mehrheitsgesellschaft erstreckt, liegt daher nahe.
Eine konstruktive und integrative Rolle wird ihnen bereits durch andere Untersuchungen im europäischen Kontext attestiert.
Damit verbunden ist die Frage, inwieweit muslimische Konvertierte diese Aufgabenbereiche in den Gemeinden zukünftig mit der ebenfalls in Deutschland sozialisierten zweiten muslimischen Zuwanderergeneration teilen werden, die sich auf der Datengrundlage von MLD als vergleichsweise aktiv erwiesen hat. Dies steht im engen Zusammenhang mit der Herausbildung eines "deutsch-muslimischen" Selbstverständnisses: Welche Merkmale und Charakteristika schreiben engagierte und aktive Konvertierte ihrem Selbstverständnis als "deutscher Muslim" zu? Bedeutsam wäre diese Fragestellung insbesondere in vergleichender Perspektive mit gebürtigen Muslimen mit Migrationshintergrund der zweiten und dritten Generation. Diese haben einerseits eine sehr ähnliche Sozialisation im deutschen Bildungssystem erfahren, andererseits unterscheiden sie sich von Konvertierten in wesentlichen Aspekten, die identitätsprägend sind. Sie sind bereits in eine muslimische Familie hineingeboren und haben zudem einen Migrationshintergrund, auch wenn sie persönlich keine Migrationserfahrung gemacht haben.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Beschäftigung mit muslimischen Konvertierten und den unterschiedlichen Rollen, die ihnen bei der zukünftigen Gestaltung muslimischen Lebens in Deutschland zukommen, ein ergiebiges Forschungsfeld. Nicht zuletzt, wenn man bedenkt, dass Kinder von Konvertierten die erste Generation von gebürtigen Muslimen "ohne Migrationshintergrund" sein werden.