Einleitung
Fragen der Spende und Vermittlung von Organen berühren fundamentale medizinische, ethische und rechtliche Facetten des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Die Aktualität dieses Themas zeigte sich in den vergangenen Monaten insbesondere durch das Beispiel von Frank-Walter Steinmeier, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, der im Jahr 2010 seiner Frau eine Niere spendete.
In Deutschland sterben jeden Tag drei Patienten auf der Warteliste, für die nicht rechtzeitig ein Organ gefunden werden kann. Vor diesem Hintergrund stimmt der Politiker Markus Söder (CSU) für eine Widerspruchslösung (die Regelung besagt, dass jeder Organspender werden kann, der sich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat). CDU und SPD votieren dagegen mehrheitlich für eine Lösung, bei der sich die Bürger einmal in ihrem Leben (etwa bei der Führerscheinprüfung oder der Beantragung des Personalausweises) für oder gegen eine Organspende im Falle ihres Todes aussprechen sollten (Zustimmungsregelung).
Die Frage aber, ob der Staat überhaupt das Recht hat, seine Bürger zu einer Meinungsäußerung zu zwingen, bleibt weiterhin ungeklärt. Auch der Deutsche Ethikrat hat im Rahmen seines Forums Bioethik die Frage aufgeworfen, inwiefern der Staat eine Äußerungspflicht verlangen kann.
Geschichte der Transplantationsmedizin
Medizinhistoriker beschreiben die Vorstellung, dass komplexe innere Krankheiten auf das Versagen eines einzelnen Organs, das ersetzt werden kann, zurückzuführen sind, als Entwicklung des späten 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit konnten bedeutsame wissenschaftlich-technologische Errungenschaften verzeichnet werden, die das gesellschaftlich-kulturelle Selbstverständnis veränderten. Vor diesem Hintergrund wurde auch die Medizin zunehmend als mechanisch-technische Wissenschaft wahrgenommen. Bereits im 19. Jahrhundert wurde die Übertragung von Gewebe, vor allem der Haut, systematisch erforscht.
Die erste Transplantation einer menschlichen Leichenniere wurde 1936 vom ukrainischen Chirurgen Yu Yu Voronoy realisiert. Jedoch überlebte die Patientin nur wenige Tage, und das Spenderorgan funktionierte zu keinem Zeitpunkt. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte die Biomedizin an diesen Vorarbeiten an. Forschungsarbeiten über Immuntoleranz und Gewebeübereinstimmung schafften die Grundlage für die erste erfolgreiche Nierentransplantation am Menschen, die 1954 am Bent Brigham-Krankenhaus in Boston/USA durchgeführt wurde. Das Ärzteteam um den Chirurgen Joseph Murray übertrug einem Patienten eine Niere des eineiigen Zwillingsbruders, ohne dass eine immunologische Abwehrreaktion eintrat. Dieser erste klinische Erfolg zeigte, dass die genetische Kompatibilität eine grundlegende Voraussetzung für das Überleben und Funktionieren des Transplantats darstellt. Im Jahr 1963 führte Wilhelm Brosig in Berlin erstmals eine erfolgreiche Lebendspende zwischen Mutter und Tochter durch.
Diese Erkenntnisse aus dem Bereich der Nierentransplantation ebneten den Weg für die Transplantation weiterer Organe wie Herz, Lunge, Leber oder Pankreas. 1963 gab es die erste erfolgreiche Lungentransplantation in Richmond/USA, 1967 die erste erfolgreiche Pankreastransplantation in Minneapolis/USA. Die erste erfolgreiche Lebertransplantation, die zu einem der schwierigsten chirurgischen Eingriffe überhaupt zählt, führte der Chirurg Thomas Starzl am University of Colorado Health Sciences Center im Jahr 1967 durch. Im selben Jahr wurde durch Christiaan Barnard im südafrikanischen Groote Schuur-Krankenhaus in Kapstadt die erste erfolgreiche Herztransplantation durchgeführt.
Nicht beherrschbare Abstoßungsreaktionen blieben aber weiterhin das Grundproblem der Transplantationsmedizin, da adäquate Methoden der Immunsuppression nach wie vor fehlten. Die nicht zufriedenstellenden klinischen Ergebnisse führten dazu, dass die Transplantationsmedizin Anfang der 1970er Jahre wieder stagnierte.
Doch seit Beginn der Transplantationsmedizin als reguläre Versorgungsaufgabe besteht nicht nur in Deutschland ein absoluter Mangel an Spenderorganen. Damit einher geht eine häufig existenziell bedrohliche Situation für die betroffenen Patienten. Aufgrund des Mangels an Spenderorganen starben allein in Deutschland im Jahr 2009 931 Menschen, die auf der Warteliste standen und nicht rechtzeitig ein Organ erhielten.
Deutsches Transplantationsgesetz
Am 1. Dezember 1997 ist das Gesetz über die "Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben" (Transplantationsgesetz, TPG) in Kraft getreten.
Auch über zehn Jahre nach der Einführung des Transplantationsgesetzes gibt es Dissens über Strukturen und Prozesse in der Transplantationsmedizin. Das Transplantationsgesetz sieht in Abschnitt 4 ("Vermittlung und Übertragung bestimmter Organe, Transplantationszentren, Zusammenarbeit bei der Entnahme von Organen und Geweben") eine Dreiteilung der Transplantationsmedizin in Organisation der Organspende, Vermittlung von Organen und der Durchführung, Vor- und Nachbereitung einer Organtransplantation vor, die im Folgenden skizziert wird.
Nach Paragraf 11 TPG ist die Organisation der Organspende und -transplantation die Aufgabe einer finanziell und organisatorisch eigenständigen Koordinierungsstelle, die von den Spitzenverbänden der Krankenkassen, der Bundesärztekammer und der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder der Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam errichtet oder beauftragt wird. Diese Koordinierungsfunktion wird in Deutschland von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) ausgeübt. Ihre Aufgaben sind die Information und Aufklärung über Organspende mit dem Ziel einer hohen Akzeptanz und Spendebereitschaft in der Bevölkerung, die Betreuung der Angehörigen eines Organspenders, die Unterstützung und Aufklärung der Krankenhäuser, in denen die Organspende stattfindet, die Zusammenarbeit mit den Transplantationszentren während des gesamten Transplantationsprozesses sowie der nationale und internationale fachliche Austausch.
Für die Vermittlung von Organen sieht das TPG eine finanziell und organisatorisch eigenständige Vermittlungsstelle (Paragraf 12) vor, die ebenfalls von den Spitzenverbänden der Krankenkassen, der Bundesärztekammer und der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder den Bundesverbänden der Krankenhausträger gemeinsam errichtet oder beauftragt wird. Diese Vermittlungsstelle kann ihren Sitz auch außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes haben, ist dabei jedoch bei der Organvermittlung an die nationalen Regelungen gebunden.
Die Durchführung, Vor- und Nachbereitung einer Organtransplantation findet in Transplantationszentren, das heißt in Krankenhäusern statt. Paragraf 10 TPG regelt die Pflichten der Transplantationszentren wie das Führen von Wartelisten, die Auf- beziehungsweise Herausnahme von Patienten in oder aus Wartelisten, die lückenlose Dokumentation sowie die Qualitätssicherung und psychologische Betreuung der Transplantationspatienten.
Vermittlung von Spenderorganen
Für Deutschland wird die Allokation von Spenderorganen von der Eurotransplant International Foundation, eine private, gemeinnützige Stiftung niederländischen Rechts mit Sitz in Leiden, durchgeführt. Eurotransplant, das auf Initiative verschiedener Transplantationsmediziner 1967 gegründet wurde, war bereits vor dem Inkrafttreten des deutschen Transplantationsgesetzes ohne formale Rechtsgrundlage für die Vermittlung von Organen an Patienten in deutschen Transplantationszentren zuständig. Ein Vertrag im Sinne von Paragraf 12 Absatz 1 und 2 TPG berechtigt Eurotransplant nun offiziell mit der Vermittlung von Organen im Geltungsbereich des Transplantationsgesetzes.
Eurotransplant vermittelte zu Beginn ausschließlich Spendernieren, dehnte seine Aktivitäten dann auf Leber-, Herz- und Pankreastransplantationen, mittlerweile auch auf Lungen- und Zwölffingerdarmtransplantationen aus. Am Eurotransplant-Programm nehmen neben den deutschen außerdem noch die Transplantationszentren aus Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, Slowenien, Österreich und Kroatien teil. Von Anfang an verfolgte Eurotransplant das Ziel einer zentralen Registrierung von Patienten, um auf Basis eines größtmöglichen Organempfänger-Pools eine optimale Organallokation garantieren zu können.
Die vermittlungspflichtigen Organe sind nach Paragraf 12 TPG insbesondere nach den medizinischen Kriterien Erfolgsaussicht und Dringlichkeit unter Wahrung der Chancengleichheit zu vergeben. Nicht-medizinische Kriterien finden in diesem Zusammenhang keine Berücksichtigung. Dennoch fließen de facto solche nicht-medizinischen Kriterien wie die "Import-Export-Bilanz" der Länder, die in die Eurotransplant-Strukturen eingebunden sind, in bestehende Allokationsalgorithmen mit ein.
Da die Länder im Eurotransplant-Verbund keine einheitlichen Transplantationsgesetze und -richtlinien aufweisen, müssen bei der Vergabe von Spenderorganen jeweils auch nationale Rechtsgrundsätze und Allokationsregeln beachtet werden. Für Deutschland gelten dabei die "Richtlinien zur Organtransplantation gemäß Paragraf 16 TPG" der Bundesärztekammer, welche die grundlegenden Prinzipien und auch relevante Kriterien und deren Gewichtung für die Vergabe von Spenderorganen festlegt.
Ethische Aspekte der Organspende
Die Feststellung des Todes eines potenziellen Spenders ist einer der zentralen Prozesse in der Transplantationsmedizin. Die diesbezügliche Diagnostik ist dabei keineswegs unumstritten. Grundsätzlich darf die Bestimmung des Todes nicht auf technisch-medizinische Erkenntnisse reduziert werden. Es spielen immer kulturelle, religiöse und soziale Faktoren eine Rolle, die das Verständnis des Todes oder des Sterbeprozesses prägen.
In Deutschland gilt das Hirntodkriterium, um den Tod festzustellen. Diese Perspektive auf den Tod des Menschen etablierte sich weltweit durch einschlägige Arbeiten an der Harvard Medical School in den USA im Jahr 1968. Dieses gilt auch als Voraussetzung für die Entnahme und Transplantation von Organen in Deutschland. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer definierte 1991 den Hirntod als den "Zustand der irreversibel erloschenen Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms" und legt in seiner Fortschreibung 1997 dar, dass "mit dem Hirntod (...) naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen festgestellt" ist.
Anders als in Deutschland dürfen beispielsweise in Österreich, Belgien und den Niederlanden Organe von sogenannten non heart-beating donors entnommen werden. Doch diese Herztoddiagnose gilt in vielen Ländern als überholt, da durch die Möglichkeit der künstlichen Beatmung das Herz-Kreislauf-System aufrechterhalten werden kann. Das deutsche Transplantationsgesetz fordert deshalb die Diagnose des Hirntodes als Todesfeststellung für eine Organentnahme.
Über die Diskussion des Hirntodkriteriums hinaus werden auch mögliche Tendenzen einer Kommerzialisierung des Körpers ethisch kontrovers diskutiert. Angesichts der absoluten Knappheit an Spenderorganen und der damit verbundenen lebensbedrohlichen Situation für die Patienten auf der Warteliste taucht in der Diskussion darüber immer wieder die Möglichkeit des Zukaufs von Organen auf. Allerdings gibt es mit Blick auf die Frage, in welchem Umfang die Nutzung des Körpers beziehungsweise seiner Teile kommerzialisiert werden darf, bedeutsame ethische und rechtliche Einschränkungen. So bildet das Gebot der Nichtkommerzialisierung des Körpers eine internationale Norm, die annähernd einen universellen Gültigkeitsanspruch in verschiedenen Kulturkreisen einnimmt. Diese wurde beispielsweise auch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegt. Auch das deutsche Transplantationsgesetz von 1997 verbietet mit Paragraf 17 den Handel mit Organen.
Aus rechtlicher Sicht stellt sich die Frage, ob die Einschränkung von Freiheitsrechten durch das Kommerzialisierungsverbot zulässig ist.
Aus ethischer Sicht wird oft argumentiert, dass die Organspende eine genuin moralische Verpflichtung sei. Die Verweigerung einer Organspende käme dann aus moralischer Sicht einer unterlassenen Hilfeleistung gleich.
Das wichtigste Argument für die Ablehnung einer finanziellen Regelung zur Organspende besteht in der großen Gefahr eines Organmarktes und damit einer "Zwei-Klassen-Medizin", die den Wert eines Menschen nicht nach seinem Menschsein an sich, sondern nach seiner Kaufkraft bemisst. Zudem bestünde Gefahr, dass beispielsweise arme Menschen aus Entwicklungsländern aus finanziellen Motiven der Organabgabe zustimmen - verbunden mit der Gefahr lebensbedrohlicher Situationen. Nicht zuletzt sind gerade der altruistische Gedanke der Spende ohne Gegenleistung und auch der Solidarität das Fundament der Organspende. Eine Kommerzialisierung dieses Spendeaktes könnte dazu führen, dass dessen Akzeptanz in der Bevölkerung abnimmt.
Organspende in Deutschland
Seit Beginn der Transplantationsmedizin als reguläre Versorgungsaufgabe wurde nach geeigneten Strategien gesucht, den persistierenden Organmangel zu verringern. Die Erhöhung des Spenderorganaufkommens war und ist dabei der zentrale Ansatzpunkt. In einer repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) waren im Jahr 2010 beispielsweise 74 Prozent der Befragten grundsätzlich damit einverstanden, dass man ihnen nach ihrem Tod Organe und Gewebe entnimmt. Gleichzeitig hatten nur 25 Prozent der Befragten einen Organspendeausweis. Die Hälfte aller Befragten fühlte sich eher schlecht über das Thema Organ- und Gewebespende informiert.
Vor diesem Hintergrund wird in Deutschland immer wieder über eine Änderung der gesetzlichen Regelungen zur Organspende diskutiert. Nach den Paragrafen 3 und 4 des Transplantationsgesetzes kann die Entnahme von Organen und Geweben bei toten Spendern in Deutschland entweder mit direkter Einwilligung des Spenders (wie durch einen Organspendeausweis) erfolgen oder über die Zustimmung von nächsten Angehörigen, die dann verpflichtet sind, den mutmaßlichen Willen des Organ- beziehungsweise Gewebespenders zu berücksichtigen. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit der Entnahme von Organen und Geweben bei lebenden Spendern. Der Spender muss nach Paragraf 8 TPG hierbei volljährig und entsprechend aufgeklärt sein. Voraussetzung für die Lebendspende ist zudem eine positive ärztliche Beurteilung. Sie ist außerdem nur zulässig, wenn zum jeweiligen Zeitpunkt kein Spenderorgan eines verstorbenen Organspenders zur Verfügung steht.
Diese erweiterte Zustimmungslösung wird häufig als Grund genannt, weshalb das Spenderorganaufkommen in Deutschland im Vergleich zu europäischen Ländern mit Widerspruchslösung geringer ist. Die Regelung erfordert eine ausdrückliche Ablehnung einer Organentnahme noch zu Lebzeiten, beispielsweise in einem Widerspruchsregister. Wurde nicht widersprochen, so können Organe zur Transplantation entnommen werden. In einigen Ländern haben die Angehörigen ein Widerspruchsrecht. In Spanien gibt es beispielsweise 27 Spender pro eine Million Einwohner und Jahr, in Österreich 24 Spender pro eine Million Einwohner und Jahr. Beide Länder verfügen über die Widerspruchslösung. In Deutschland gibt es im Schnitt 13 Spender pro eine Million Einwohner und Jahr.
So hat auch der Nationale Ethikrat in seiner Stellungnahme "Die Zahl der Organspenden erhöhen - Zu einem drängenden Problem der Transplantationsmedizin in Deutschland" ein Stufenmodell vorgeschlagen, das bei der postmortalen Organentnahme eine Erklärungsregelung mit einer Widerspruchsregelung verbindet. Danach werden Bürger in einem geregelten Verfahren zu einer persönlichen Erklärung darüber aufgefordert, ob sie der Organspende (gegebenenfalls bezogen auf bestimmte Organe) zustimmen oder ihr widersprechen, und darüber informiert sind, dass die Organentnahme bei unterbliebener Erklärung gesetzlich erlaubt ist, sofern die Angehörigen ihr nicht widersprechen.
Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass das Thema auch in der parlamentarischen Diskussion angekommen ist. Der Bundestag hat sich im Januar 2011 mit einer möglichen Neuregelung der Organspende befasst. Während in einigen Kreisen votiert wird, eine Widerspruchslösung wie in anderen europäischen Ländern wie Spanien oder Österreich einzuführen, gibt es auch Stimmen, die sich direkt für eine Volksbefragung aussprechen. Ein weiteres Modell sieht eine sogenannte Entscheidungslösung vor. Dabei wurde vorgeschlagen, dass jeder erwachsene Bundesbürger sich für oder gegen eine mögliche Organspende erklärt. Die momentan in Deutschland herrschende erweiterte Zustimmungslösung ist darauf angelegt, dass Angehörige im Todesfall gefragt werden müssen und damit auch eine Antwort geben müssen, sei sie nun positiv oder negativ. Wenn für Betroffene eine Äußerungspflicht besteht, so ist es eigentlich nur folgerichtig, dass von jedem selbst eine solche Entscheidungspflicht abverlangt werden kann.
Allerdings müsste auch hier gewährleistet sein, dass sich jemand ausgiebig informieren kann, und die verantwortlichen Stellen nicht nur eine Information übergeben und den Betroffenen dann alleine lassen. Bisher sind die Krankenkassen gesetzlich dazu verpflichtet, ausreichend über den Bereich der Organspende zu unterrichten.
Diese Entscheidung kann dann beispielsweise bei Ausgabe eines Führerscheins oder Personalausweises dokumentiert und auch jederzeit wieder verändert werden. Bezüglich einer zentralen Stelle - eines zentralen Registers - gibt es in einigen Ländern Erfahrungen, die jedoch keinesfalls dazu angetan sind, den relativ großen finanziellen Aufwand mit einem adäquaten Resultat in der Vermittlung von Organspenden oder wahrgenommener Sicherheit vor Organspenden zu untermauern.
Zukünftige Entwicklungen
Man könnte heute konstatieren, dass die Transplantationsmedizin von ihrem eigenen Erfolg eingeholt wird. Die Weiterentwicklung chirurgischer und immunsupprimierender Verfahren hat eine Ausweitung der Indikationen und des potenziellen Empfängerkreises ermöglicht und so auch zum Entstehen langer Wartelisten für ein Spenderorgan beigetragen. Gleichzeitig schwingt in der Debatte über die Organtransplantation und bei Fragen der Regelung der Organspende häufig Misstrauen mit. Der Deutsche Ärztetag hat bereits im Jahr 2007 darauf hingewiesen, dass Organspende und Organtransplantation Themen sind, die alle Ärztinnen und Ärzte betreffen, und dass die innerärztliche Kooperationsbereitschaft auf diesem Gebiet weiter ausgebaut werden muss.
Bestrebungen für eine Vereinheitlichung des Transplantationsrechts auf europäischer Ebene, die derzeit diskutiert wird, sind dann abzulehnen, wenn dabei deutsche Standards nicht eingehalten werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass in Bezug auf das Thema Organspende das Misstrauen in der Bevölkerung verstärkt werden könnte. Außerdem ist unter allen Umständen zu vermeiden, dass die Errungenschaften einer transparenten, in ihren Abläufen detailliert geregelten Transplantationsmedizin beschädigt werden. Insofern erscheint die ausschließliche Fokussierung der aktuellen Debatte auf die Frage Zustimmungs- versus Widerspruchslösung, wenngleich sie auch wichtig ist, nicht ausreichend. Vielmehr müssen die verschiedenen medizinischen, ethischen und rechtlichen Fragestellungen in der Transplantationsmedizin im interdisziplinären Diskurs betrachtet werden.