Als die DDR mit der freien Volkskammerwahl im März 1990 endlich ihrem Anspruch gerecht wurde, eine demokratische Republik zu sein, zeichnete sich schon ihr Ende ab. Der Vertrag über die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion mit der Bundesrepublik stellte im Juli die Weichen für die rasche Vereinigung der beiden deutschen Staaten. In einer dramatischen Nachtsitzung stimmten die Abgeordneten der Volkskammer wenige Wochen später dem Einigungsvertrag und damit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik in Gestalt von fünf neuen Bundesländern zu, der am 3. Oktober 1990 vollzogen wurde.
Es lohnt sich, an den Aufbruch zu erinnern. Die Utopie einer zivilgesellschaftlichen Basisdemokratie übte große Faszination aus. Beflügelt von den Massendemonstrationen im revolutionären Herbst 1989 und dem Machtverlust des Politbüros und der SED gestalteten die Bürgerinnen und Bürger auf den Straßen, in politischen Parteien und Vereinigungen und schließlich an den Runden Tischen ihre Demokratie. Über 93 Prozent der Wahlberechtigten nahmen an der Volkskammerwahl 1990 teil. Im Sog der Vereinigung schwand die Attraktivität "Dritter Wege" für einen sozialistischen deutschen Parallelstaat. Am Ende überwog der Wunsch des Souveräns nach nationaler Einheit in einem freien und demokratischen Staatswesen. Auf internationaler Bühne gestand man den Deutschen das Recht auf Selbstbestimmung zu - in Washington ohnehin, zögerlich in Paris und London, schließlich auch in Warschau und Moskau.
Gerade einmal ein halbes Jahr dauerte die Phase einer demokratischen DDR. Auf geradezu dialektische Weise nahm die Volkskammer die Aufforderung in der Präambel des westdeutschen Grundgesetzes ernst und vollendete die Einheit Deutschlands - indem sie sich und den eigenen Staat abschaffte.