Politikerinnen und Politiker sind auf Fachwissen angewiesen, um auf den verschiedensten Gebieten kompetent Entscheidungen treffen zu können. Sie können sich sowohl von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch extern, von eigens eingesetzten Kommissionen, von Forschungsinstituten, think tanks, Verbänden oder Kanzleien beraten lassen. Die Expertise kann ihren Entscheidungen nur zugute kommen, doch der hohe Beratungsbedarf eröffnet auch Möglichkeiten zur interessegeleiteten Einflussnahme. Die Grenzen zwischen "objektiver Beratung" (Bereitstellung von Wissen) und Lobbying (Interessenvertretung) sind fließend.
Dabei ist Lobbying an sich nichts Verwerfliches. Die organisierte Vertretung und die Artikulation von verschiedenen Interessen gehören ebenso zur Demokratie wie freie Wahlen und eine unabhängige Presse. Zu einem fairen Wettbewerb gehört aber auch, dass Interessenvertreter - Verbände, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen usw. - ihre Absichten offenlegen und für Bürgerinnen und Bürger transparent agieren. Doch das Beispiel des freiwilligen Lobby-Registers der Europäischen Kommission zeigt, dass die Bereitschaft zu mehr Transparenz offenbar nicht sehr ausgeprägt ist: Von mehreren Tausend aktiven Lobbyisten in Brüssel hat sich bislang nicht einmal die Hälfte registrieren lassen.
Die heikelsten Probleme werden indes selbst durch härteste Transparenzregeln kaum zu lösen sein: Hier geht es etwa um Fragen der Parteienfinanzierung (Stichwort Großspenden), der personellen Verflechtung (Wechsel von der Politik in die Wirtschaft und vice versa) und der Auslagerung von Formulierungshilfen für Gesetzesentwürfe in Kanzleien.