Seit nunmehr acht Jahren wird die Sicherheit Deutschlands "auch am Hindukusch" verteidigt. Inwiefern der Einsatz in diesem "nichtinternationalen bewaffneten Konflikt" zu mehr Sicherheit für Deutschland führt, lässt sich kaum sagen. Beziffern lassen sich aber die Opfer und andere "Kollateralschäden"; messen lässt sich der fortschreitende Ansehensverlust der Bundeswehr unter der afghanischen Bevölkerung.
Der Krieg in Afghanistan bedroht in erster Linie die Sicherheit und Lebensperspektiven der afghanischen Bevölkerung - und die Stabilität Pakistans. Das Land mit rund 190 Millionen Einwohnern besitzt aufgrund einer ethnisch und sozial höchst fragmentierten Gesellschaft, des Besitzes von Atomwaffen und Territorialstreitigkeiten mit seinen Nachbarländern beträchtliches internes und regionales Konfliktpotenzial. Längst hat die Gewalt auch in Pakistan terroristische Formen angenommen. Das harte Vorgehen der Armee gegen die eigene Bevölkerung und amerikanische Drohnenangriffe gegen mutmaßliche Verstecke der al-Qaida und der Taliban an der Grenze zu Afghanistan schwächten die ohnehin deformierte Staatlichkeit des Landes zusätzlich.
Die internationale Staatengemeinschaft steht in Afghanistan vor der Herausforderung, unter den Bedingungen des War on Terror einen Staat aufzubauen. Während der Krieg mit primär militärischen Maßnahmen geführt wird, setzt letzteres den Aufbau von (rechts-)staatlichen Strukturen und eine Stärkung der ökonomischen Grundlagen voraus. Für beides ist grenzüberschreitende Kooperation mit den Nachbarstaaten unabdingbar. Ob dies mit den derzeitigen militärischen und zivilen Ansätzen sowie der Gewichtung der einzelnen Komponenten erreichbar ist, ist offen. Wichtig wäre eine breite öffentliche Debatte über die aktuelle Lage im Land, welche die tatsächliche Wirkung des internationalen Engagements und die Konsequenzen für die dortige Bevölkerung und die Region insgesamt in den Blick nimmt.