Einleitung
Menschen mit Behinderungen sind besonders hohen Risiken im Erwerbsleben ausgesetzt. Ihre Teilhabe am Arbeitsmarkt ist stark eingeschränkt. Um ihrem geringeren (Aus-)Bildungsniveau, vergleichsweise geringen Einkommen, aber vor allem ihrer niedrigen Beschäftigungsquote entgegenzuwirken, gibt es vielfältige Maßnahmen.
Gesetzliche Quotierungsregelungen zielen darauf, die Chance auf einen Arbeitsplatz strukturell zu erhöhen. Doch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ziehen es regelmäßig vor, Ausgleichszahlungen zu tätigen, anstatt mehr Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen. So bleibt der Wunsch der meisten Betroffenen, einer regulären Erwerbstätigkeit nachzugehen, unerfüllt. Stattdessen werden viele Menschen mit Behinderungen in Berufsbildungswerken, Werkstätten und beruflichen Rehabilitationseinrichtungen ausgebildet, die selten in eine existenzsichernde Teilnahme am Erwerbsleben mündet. Menschen mit Behinderungen bleiben, wenn sie überhaupt am Erwerbsleben teilnehmen, oft geringfügig beschäftigt oder werden lediglich in speziellen beruflichen Maßnahmen in den Arbeitsmarkt "integriert". Und dies, obwohl viele von ihnen weit höhere berufliche Ambitionen haben.
In der seit 2009 auch in Deutschland geltenden UN-Behindertenrechtskonvention wird ein großes Defizit festgestellt bezüglich der Anerkennung der Fertigkeiten, Verdienste und Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen und ihrer Möglichkeit, einen Beitrag zum Arbeitsmarkt zu leisten.
Das Risiko, aus dem Erwerbsleben ausgeschlossen zu werden
Trotz der miserablen Lage ist wenig Genaues bekannt über die Situation von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt. Viele in der Bildungs-, Sozial- und Arbeitsstatistik ansonsten gängigen Daten fehlen für diese Gruppe. Sozialpolitische Maßnahmen erfassen immer nur einen Teil der heterogenen Gruppe der Menschen mit Behinderungen. Die meisten der Informationen beziehen sich auf 6,7 Millionen Menschen mit einer "schweren Behinderung" (d.h. mit mindestens 50 Prozent Behinderungsgrad). Insgesamt gibt es 8,6 Millionen amtlich anerkannte behinderte Menschen in Deutschland, von denen etwas weniger als die Hälfte offiziell zu den "Erwerbspersonen" zählt.
Obwohl die im Mikrozensus ausgewiesene Arbeitslosigkeitsrate der Schwerbehinderten lediglich 15 Prozent beträgt, gibt es einen deutlich höheren Anteil von Menschen mit Behinderungen, der in "versteckter" Arbeitslosigkeit lebt. Nur eine kleine Gruppe von ihnen kann und will aufgrund ihrer körperlichen Einschränkungen tatsächlich keinerlei Erwerbstätigkeit nachgehen.
Gut belegt sind die Teilnehmerzahlen der unterschiedlichen Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation. Jedoch fehlen Längsschnittanalysen zur Wirkung dieser Programme.
Trotz dieser vielfältigen beruflichen Rehabilitationsprogramme ist die Arbeitsmarktsituation für das Gros der Menschen mit Behinderungen äußerst schwierig. Für den Einzelnen ist ein entscheidender Faktor, in welcher Lebensphase eine Behinderung aufgetreten ist. Fast drei Viertel der Menschen mit Behinderung sind 55 Jahre alt oder älter.
Bildungssystem bestimmt über Arbeitsmarktchancen
Was die Bildungs- und Lebensverlaufsforschung im Allgemeinen belegt, gilt für Menschen mit Behinderungen in besonderem Maße: Entscheidend für den Zugang zum Arbeitsmarkt und damit für die Lebenschancen insgesamt sind Bildung und Ausbildung.
Trotz vielfältiger lokaler Inklusionsbestrebungen handelt es sich aus Sicht der meisten beteiligten Expertinnen und Experten bei der Überweisung an eine Sonderschule um eine unerlässliche Bedingung für eine optimale Förderung. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, der eine Sonderschule besucht, lag 2008 bei 82 Prozent, eine der höchsten Sonderbeschulungsraten in Europa.
Die Arbeitsmarktsituation aus Sicht junger Erwachsener
Wie gehen Erwachsene, die eine Sonderschule besucht haben, mit ihrer Benachteiligung bei der Ausbildungsplatzsuche um, und wie schätzen sie ihre Stellung auf dem Arbeitsmarkt ein? Als Grundlage der folgenden (Selbst-)Beschreibungen dienen biographische Interviews mit Absolventinnen und Absolventen von Schulen für Lernbehinderte. Die Befragten gehören damit zur größten Kategorie unter jenen Schülerinnen und Schülern, denen ein Förderbedarf attestiert wird (ungefähr die Hälfte aller Kinder mit Förderbedarf werden der Kategorie Lernbehinderung zugewiesen).
Für die Interviews wurden relativ erfolgreiche Sonderschulabsolventen ausgewählt, die einen Hauptschulabschluss erworben haben und anschließend in eine Ausbildung gewechselt sind. Sie können aufgrund ihrer Erfahrungen Auskunft über ihre Erwerbssituation geben. Die hier als Protokolle dargestellten Lebensgeschichten benennen Schwierigkeiten, die sie beim Eintritt in das Erwerbsleben erfahren.
Übergang Schule-Beruf
Die große Mehrheit der jungen Erwachsenen mit Benachteiligungen und Behinderungen landet nach dem Besuch einer Sonderschule in einem Berufsvorbereitungsjahr. Diese Einrichtung, die in unterschiedlichen Kursen einen Einblick in verschiedene Tätigkeitsfelder gewährt, gehört zum beruflichen "Übergangssystem" - einem System vielfältiger Orientierungsmaßnahmen, welche die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jedoch beruflich selten qualifizieren.
Wie der Übergang von der Sonderschule in eine schulische Ausbildung in einem Berufsförderzentrum abläuft, soll hier am Fall einer Sonderschulabsolventin beispielhaft dargestellt werden. Jenny Schremp (Name geändert), 21 Jahre, wurde im Grundschulalter aus der Regelklasse an eine Schule für Lernbehinderte überwiesen und hat diese elf Jahre lang besucht. Im Anschluss daran hat sie eine schulische Teilausbildung als Säuglingspflegehelferin an einem Berufsförderzentrum in D-Stadt absolviert. In ihrem gelernten Beruf findet sie jedoch keine Anstellung. Sie lebt von Hartz IV, übt im Rahmen der Arbeitsbeschaffung Hilfstätigkeiten aus und ist seit fast zwei Jahren erwerbslos.
Der Übergang von der Sonderschule in die schulische Teilausbildung wurde für die Schülerin durch Mitarbeiter der Institutionen vermittelt und war für die junge Erwachsene nicht transparent. So berichtet Jenny Schremp auf die Frage, wie sie in den Ausbildungsgang als Säuglingspflegehelferin gelangte:
"Ja, also, es stand eigentlich vornherein klar, dass ich meine Ausbildung als Kinderpflegerin machen wollte, und speziell weiß ich nicht, warum ich da jetzt unbedingt nach H. gekommen bin, weil angeblich soll die Schule ja auch nicht so sein, wie alle so sagen, weil die ist mir unter der Würde eigentlich, aber ist, ist ein anderes Thema. Aber, keine Ahnung, wie ich dahin gekommen bin, auf jeden Fall wurde ich dann da in die, habe eine Bewerbung da hin geschickt, und dann wurde ich dann angenommen. Und warum ich da hingekommen bin, weiß ich nicht. Weil ich halt eine Ausbildung mache." (Interview 2/30)
Über die Zeit an dem Berufsförderzentrum, an das sie über ihre ehemalige Lehrerin vermittelt wurde, berichtet Jenny Schremp, dass es schwierig für sie gewesen sei, die Leistungsstandards der Berufsschule in dem Teilausbildungsgang aufrechtzuerhalten. Ihren Berufswunsch Erzieherin, der nur über eine Vollausbildung zu erreichen ist, gibt die Jugendliche deshalb auf und verfolgt, wie viele andere ihrer ehemaligen Mitschüler, in beruflichen Belangen eine "Zielanpassungsstrategie". So wird Folgendes beschrieben: Junge Erwachsene richten sich nicht auf spezielle Erwerbsinhalte, sondern passen sich mit ihren Vorstellungen den beruflichen Gegebenheiten an.
Das führt dazu, dass viele ehemalige Sonderschulabsolventen als Langzeitarbeitslose bereit sind, (fast) jede Arbeit anzunehmen, um endlich Unabhängigkeit vom Elternhaus zu erlangen. Dieses Bestreben ist auch bei Jenny Schremp eine treibende Kraft: Sie lebte nach der Scheidung ihrer Eltern mit wechselnden Pflegepersonen sowie im Heim und ist am Ende der Schulzeit wieder bei ihrer psychisch erkrankten Mutter in eine Zwei-Zimmer-Wohnung eingezogen. Ihre starke Erwerbsorientierung, ihren Drang nach Unabhängigkeit von ihrer Mutter und ihren Wunsch, in eine eigene Wohnung einzuziehen, kann sie jedoch aufgrund fehlender Schulzertifikate nicht umsetzen. Als Sonderschulabsolventin ist es für Jenny Schremp schwierig, überhaupt in Beschäftigung zu gelangen. Die Schuld dafür weist sie sich und ihren Lernleistungen zu und übernimmt damit Verantwortung für ihre missliche Situation auf dem Arbeitsmarkt:
"Da muss ich ja erst mal überhaupt in meinen Beruf reinkommen. [...] Es kam halt eben vieles zusammen, und ich konnte eben kein besseres Zeugnis machen. Also ein besseres Zeugnis konnte ich nun mal nicht herstellen. Und da kann ich jetzt auch nichts zu, und das muss ich jetzt schlucken und durch und versuchen, dass ich irgendwie durch was weiß ich in den Beruf reinkomme." (Interview 2/30)
Trotz ihrer an Leistung orientierten schulischen und beruflichen Ambitionen ist es Jenny Schremp nicht möglich, sich durch ihre erfolgreiche Ausbildung zur Säuglingspflegehelferin beruflich zu integrieren. Auch in anderen Lebensbereichen versucht die Jugendliche, sich in "normale" soziale Zusammenhänge einzupassen. Dabei reflektiert sie, wie die anderen ehemaligen Sonderschulabsolventen auch, ihre stark begrenzten beruflichen Möglichkeiten. Diese rechnet die Jugendliche ihrer persönlichen Schwäche zu und nicht der wenig qualifizierenden Teilausbildung, die sie durchlaufen hat. Um sich vor solchen beruflichen Enttäuschungen zu schützen, entwickelt sie reduzierte Erwartungen an sich selbst, die auch bei anderen jungen Erwachsenen mit Sonderschulabschluss zu beobachten sind.
Das Wissen, dass eine (Lern-)Behinderung als Nachteil ihrer Person und als Einschränkung ihrer Erwerbsfähigkeit ausgelegt wird, führt die jungen Erwachsenen dazu, ihre Behinderung im Ausbildungs- und Arbeitskontext zu verheimlichen. Davon berichtet eine 21 Jahre alte Sonderschulabgängerin und Tochter polnischer Migranten ausführlich:
"Also, auf jeden Fall meine Chefin weiß das ganz sicher, das weiß ich. Weil, die wollt noch mein Zeugnis haben und so Papiere von mir. (...) Es reicht, wenn meine Chefin das weiß und der Koch, der mich ausbildet. Das reicht mir eigentlich, dass die das wissen. Sonst würde ich sagen, die anderen braucht das nicht zu interessieren, woher ich komme. Oder was mit mir da ist." (Interview 9/30)
Barbara Dzierwa, die mit sieben Jahren an einer Schule für Lernbehinderte eingeschult wurde, nach der Schule zur Berufsorientierung in ein Berufsvorbereitungsjahr wechselte und von dort aus in ein berufliches Rehabilitationsprogramm gelangte, absolviert eine überbetriebliche Ausbildung zur Hauswirtschafterin und möchte nicht, dass ihre Kollegen wissen, welche Schule sie besucht hat, weil sie Stigmatisierung befürchtet.
Die Jugendliche hofft, mit dem erfolgreichen Abschluss ihrer Berufsausbildung dieses Stigma zu überwinden, ist sich aber nicht sicher:
"Ja, und ich hoffe, dass ich natürlich nach der Ausbildung wirklich irgendwo anfangen kann und dass die nicht darauf gucken: ,Oh, die ist von einer Sonderschule, die nehmen wir nicht.' Oder so. Das wird denen eigentlich, denke ich mal, die normal sind und vernünftig sind, das wird denen egal sein. Das ist egal auch, ob ich von einer Schule komme oder nicht. Wichtig ist für die nur, dass ich eine abgeschlossene Ausbildung als Hauswirtschafterin habe und dass die mich übernehmen und mich dann auch annehmen werden. Das hoffe ich ja so. Aber im Hintergedanken hab ich immer den Gedanken dann so: ,Nehmen die dich jetzt wirklich an? Oder nur so einfach: Wollen die dich annehmen, weil die dich verletzen wollen wegen deiner Schule oder so?' So denk ich mir das". (Interview 9/30)
Der Sonderschulbesuch wird von Barbara Dzierwa mit Defiziten ihrer Person verknüpft. Der Ort ihrer schulischen Sozialisation steht hier für ihre Andersartigkeit. Die Sonderschule entscheidet über die räumliche Verteilung von Personen mit und ohne Behinderungen. Die soziale Wirkung der räumlichen Trennung besteht darin, dass die geringe Wertigkeit der Schulform auch den dort befindlichen Personen beigemessen wird. Barbara Dzierwa hat zwar die Sonderschule verlassen und ist in ein Ausbildungsverhältnis eingetreten, doch sie hat keine Kontrolle darüber, wie mit dem Wissen um ihre geringwertige schulische Herkunft umgegangen wird.
Der Vorteil einer "besonderen" Position, die Förderung und Schutz erhält, verkehrt sich hier in das Gegenteil: Ihre Besonderheit kann zur Täuschung durch die anderen genutzt werden, die sie möglicherweise nur annehmen, um sie zu verletzen. Sie weiß nicht, ob die ihr zuteil werdende Anerkennung aufgrund ihrer Leistungen erfolgt oder aufgrund ihrer sozialen Position als "Behinderte".
Fast alle befragten Sonderschulabgänger fürchten, durch die Anwendung von Normalitätskriterien in Wettbewerbssituationen aufgrund ihrer schulischen und beruflichen Herkunft zu unterliegen. Die jungen Erwachsenen entwickeln eine eigene Umgangsweise mit diesem Problem: Sie passen ihr Verhalten und ihre Arbeitsleistungen den Regeln und Kriterien innerhalb des Berufsbildungssystems an, um ihre Leistungsfähigkeit zu beweisen. Dabei verfolgen junge Erwachsene mit Behinderungen die Normalisierungsstrategie, durch eine Berufsausbildung in den regulären Arbeitsmarkt zu gelangen.
Für viele Menschen mit Behinderungen, die aufgrund fehlender qualifizierender Berufsbildungszertifikate keine legitime Eintrittskarte in den Arbeitsmarkt besitzen, stellt dies eine doppelte Hürde dar: Potenzielle Arbeitgeber müssen sie nicht nur als eingeschränkte Leistungsträgerin (über-)nehmen, sondern auch als Person "annehmen". In dieser defensiven Position entwickeln die jungen Erwachsenen keine Forderungen oder Ansprüche an die Gesellschaft, sie hoffen vielmehr darauf, "eingelassen" zu werden. Selbst eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt, z.B. durch eine geringfügige Erwerbstätigkeit, stellt dabei keinen verlässlichen Beweis der Anerkennung ihrer Person dar.
Techniken der Behinderung
Die jungen Erwachsenen weisen schulische und berufliche Leistungsorientierungen auf, die auf das Erlangen von (Aus-)Bildungszertifikaten abzielen. Dies umfasst eine erhöhte körperliche Einsatzbereitschaft, um mangelnde oder fehlende Leistungserfolge zu ergänzen oder zu ersetzen und damit die Ein- und Anpassung an berufliche und schulische Anspruchskontexte zu gewährleisten. Dabei entwickeln die jungen Erwachsenen unterschiedliche Techniken im Umgang mit ihrer Arbeitsmarktsituation. Eine dominante Form des Umgangs mit den reduzierten Ansprüchen in der Schule und in der Ausbildung besteht in der oben beschriebenen flexiblen An- und Einpassung in Lebensbereiche.
Jugendliche, die stetig Zurückweisung erleben, z.B. durch andauernde, unfreiwillige Erwerbslosigkeit, schreiben sich ihren beruflichen Misserfolg selbst zu und richten ihre Ansprüche und Wünsche an den reduzierten Gelegenheiten aus. Sie entwickeln stark reduzierte Selbstansprüche. Der andauernde Verbleib der Mehrheit der jungen Erwachsenen in beruflichen Rehabilitationskontexten führt aufgrund ihrer stetigen "Besonderung" und "Schonung" ebenfalls zu einer starken Identifikation mit der Kategorie (Lern-)Behinderung und den damit verbundenen reduzierten Selbstansprüchen. Auffällig ist, dass die entwickelten Normalisierungstechniken ein stark individualisiertes Selbstverhältnis schaffen: Die jungen Erwachsenen bearbeiten ihre Wünsche, Fähigkeiten und Körper, um diese in hierarchische Kräfteverhältnisse am Arbeitsplatz, in der Berufsschule oder in Erwerbslosigkeit einzupassen.
Behinderung zwischen Bildungs- und Sozialpolitik
Nach Verlassen der Sonderschule werden junge Erwachsene mit Behinderungen und Benachteiligungen ohne qualifizierenden Abschluss mit schwierigen Übergängen konfrontiert, die oft in Ausbildungslosigkeit führen. Auch das Absolvieren einfacher oder theoriereduzierter (Teil-)Ausbildungen stellt einen äußerst schwierigen Übergang in das Erwerbsleben dar, weil die Gefahr der Prekarisierung kaum gebannt wird.
Die schulische Segregation von Menschen mit Behinderungen wird in den besonderen Maßnahmen der Berufsausbildung fortgeführt. Sonderschulabgänger werden in der Phase ihrer Berufsorientierung häufiger in Rehabilitationsmaßnahmen gelenkt als ehemalige Integrationsschüler: Damit besteht für sie ein erhebliches Risiko, nach einer rehabilitationsspezifischen Berufsvorbereitung keine Vollausbildung zu erreichen.
Im weiteren Lebensverlauf bleibt die Erwerbs- und Lebenssituation ehemaliger Sonderschülerinnen und -schüler zumeist prekär und durch Maßnahmen beruflicher (Wieder-)Eingliederung geprägt. Zusätzliche segregierende Maßnahmen bringen Menschen mit Behinderungen nicht langfristig in qualifizierte Arbeitsverhältnisse - zumal der Arbeitsmarkt angespannt ist. Forschungen zu Job-Coaching zeigen, dass eine Begleitung von Sonderschulabgängerinnen und Schulabgängern beim Übergang von der Schule in den Beruf durchaus im Einzelfall zum Erfolg führen kann, doch es bleibt eine langjährige, aufwändige und kostspielige individuelle Unterstützung einzelner Betroffener.
Fazit
Durch die Praxis der schulischen und beruflichen Besonderung von Menschen mit Behinderungen und Benachteiligungen werden die Betroffenen stigmatisiert. Ihnen wird der Zugang zu qualifizierenden Zweigen der beruflichen Bildung trotz arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen der Rehabilitation strukturell stark erschwert. Diese Form der schulischen Förderung führt nicht zu gleichwertigen Schulabschlüssen, sondern schließt ganze Teile der Schülerschaft von Bildungs- und Berufswegen aus, wie die Selbstbeschreibungen der "erfolgreichen" Sonderschulabsolventinnen gezeigt haben. Junge Erwachsene mit Behinderungen und Benachteiligungen, die aufgrund fehlender qualifizierender Zeugnisse auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt als ökonomisch nur eingeschränkt vertragsfähig wahrgenommen werden, werden im Lebensverlauf oft dauerhaft sozial ausgegrenzt.
Bislang fallen wenige Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber positiv auf, indem sie Menschen mit Behinderungen regulär ausbilden und beschäftigen, auch wenn diese keine schulischen Bildungsabschlüsse erworben haben.