Einleitung
Wenige Wochen vor der Auflösung des Kulturministeriums der DDR 1990 klingelt im Forschungszentrum populäre Musik der Humboldt-Universität das Telefon. Ein Referent des Ministers lässt wissen, dass in den Kellerräumen des Gebäudes am Berliner Molkenmarkt große Bestände vom Zoll konfiszierter Westschallplatten lagern, die man in Kürze zu entsorgen beabsichtige. Vielleicht seien ja ein paar Exemplare für die Phonothek von Interesse. Wie sich schnell herausstellt, sind sämtliche Tonträger infolge diverser Rohrbrüche und massiver Putzschäden unbrauchbar. Nun taugen sie nur noch als stumme Zeugnisse eines Regimes, das die Macht der Musik fürchtete.
Unter der Schmuggelware befinden sich meterweise Produktionen der Beatles. Es sind vor allem Exemplare von "Rubber Soul" und "Revolver", die sich im Eisernen Vorhang verfingen. Beide Langspielplatten, im Dezember 1965 bzw. August 1966 veröffentlicht, fielen einer kultur- und jugendpolitischen Eiszeit zum Opfer.
Die Beatles als Projektionsfläche
Keine andere westliche Band löste in der DDR eine derart gewaltige Resonanz aus wie die Beatles. Sie blieben bis zuletzt ein Medienthema, prägten den Alltag ganzer Fangenerationen und wurden immer wieder für Propagandazwecke missbraucht.
Ende 1965 kippte die offizielle Bewertung der Beatles ins Negative. Bislang hatte selbst die politische Presse die Musik der Fab Four als im Kern fortschrittlich und dezent kapitalismuskritisch eingeschätzt. 1964 schwappte die sogenannte Beatlemania, eine von den Westmedien geschürte Massenhysterie, auch auf die DDR über. Unzählige Teenager verfielen dem neuen Sound, sie erklärten John, Paul, George und Ringo zu Fixsternen und gründeten eigene Bands. Die Kulturadministration erkannte in der Attitüde des Do it yourself! eine doppelte Chance. Einerseits sah sie Schnittstellen zum Kurs der Öffnung, wie er im September 1963 vom Politbüro des Zentralkomitees der SED mit dem Kommuniqué "Der Jugend Vertrauen und Verantwortung" gefordert wurde. Nach dem Mauerbau setzte die Führung auf einen Dialog mit den "Hausherren von morgen". Das schloss ein flexibleres Kulturverständnis ein. Im Kommuniqué war zu lesen: "Niemandem fällt ein, der Jugend vorzuschreiben, sie solle ihre Gefühle und Stimmungen beim Tanz nur im Walzer- oder Tangorhythmus ausdrücken. Welchen Takt die Jugend wählt, ist ihr überlassen: Hauptsache, sie bleibt taktvoll!"
Zum anderen sollte die Beatbegeisterung das Postulat des "sozialistischen Laienschaffens" stützen. Der Zentralrat der Freien Deutschen Jugend (FDJ) verabschiedete im April 1965 einen "Standpunkt der Abteilung Kultur zur Arbeit mit den Gitarrengruppen", wie man die Beatbands in Abgrenzung zur Terminologie des "Klassenfeinds" bezeichnete. Ihre Musik wurde prinzipiell als "progressive Erscheinung der Tanzmusikentwicklung" identifiziert, als Klang der Moderne, der sich aus einem "neuen Lebensgefühl" im Zuge "der technischen Revolution in der ganzen Welt" speise. Das Grundsatzpapier rief zu einem landesweiten Wettbewerb auf, der den Wildwuchs der Szene unter Kontrolle bringen und kanalisieren sollte. Auch zu den Vorreitern der Welle, den Beatles, bezog die FDJ Position. Die doppelzüngige Einschätzung verriet strategisches Kalkül, das sich jederzeit ein Hintertürchen offen hielt: "Zur Popularisierung der Beatles vertreten wir die Auffassung, dass wir ihre progressiven Initiativen achten, aber ihre Bedeutung für unsere Tanzmusikentwicklung, begründet in ihrem widersprüchlichen Auftreten, nicht überschätzen."
Ein ähnlicher Tenor beherrschte die Pressestimmen von 1964/65. Das SED-Zentralorgan "Neues Deutschland" gab im Juli 1964 die Linie vor. Die frühen Beatles wurden als "Kellerkinder der verrauchten Industrie- und Hafenstadt Liverpool" porträtiert, deren Musik und Habitus "den Konservatismus und die Starrheit ihrer wohlsituierten und spießerhaften kapitalistischen Umwelt" torpedierten. "Damit repräsentieren sie das jugendliche Auflehnungsbedürfnis einer ganzen Generation gegen eine überholte Gesellschaftsordnung." Doch schon bald hätten sie die künstlerische Selbstkontrolle verloren und seien zum Rädchen eines gigantischen Manipulationsapparats mutiert. Deshalb wäre exakt "zwischen dem zu unterscheiden, was dieser Gruppe von ihrem Ursprung her an Neuem und Originellem wirklich eigen ist und dem, was infolge der kommerziellen Ausnutzung unter kapitalistischen Verhältnissen an Unechtem und Ungesundem hinzugefügt wurde".
Bis zum Herbst 1965 besaßen die Beatles nicht nur einen festen Platz in der Tagespresse, sondern auch in den Jugend- und Unterhaltungsmedien der DDR. Zahlreiche Zeitschriftenartikel erzählten ihre Geschichte, spekulierten über die Psychologie des "Beatle-Rummels"
Mit dem 11. Plenum des ZK der SED im Dezember 1965 wendete sich das Blatt. Hochrangige Politiker verteufelten die Beatmusik in Bausch und Bogen. Staatschef Walter Ulbricht attackierte den "Dreck, der vom Westen kommt", und die "Monotonie des Jay, Jeh, yeh [sic!]".
Nach dem 11. Plenum verschwanden die Beatles schlagartig aus den Medien der DDR. Als sie wieder auftauchten, dienten sie erneut als politische Projektionsfläche und Manövriermasse des Kalten Krieges. Je nach Bedarf wurden sie zu Arbeiterkindern aus den "Slums" von Liverpool stilisiert, deren Songs sich "durch eine realistische Widerspiegelung des Lebens der werktätigen Schichten" auszeichneten, zu Opfern der "zersetzenden Einflüsse des Reichtums und des Show-Business", zum Produkt "kapitalistischer Manipulation" oder gar zu "Wirtschaftsbossen".
In den 1970er und 1980er Jahren wurde das Beatles-Bild der DDR mehr und mehr platter Propaganda entkleidet. Es rückten die künstlerischen Pioniertaten in den Fokus, das OEuvre der "Spitzenkönner", die der populären Musik "völlig neue Dimensionen"
Die Netzwerke der Fans
In den Sicherheitsdebatten der 1960er Jahre wuchsen die Beatles zum Synonym für Dekadenz und Infiltration. Sie galten als Leitbild einer Bewegung, die dem Kontrollanspruch des Systems zuwiderlief. Dieser Blickwinkel war für die interne Auseinandersetzung typisch, wie sie sich von der Ära des Rock 'n' Roll bis zu Punk und Heavy Metal durch die Geschichte zog. Der "Sirenengesang des Gegners" wurde weniger seiner "Misstöne" wegen gefürchtet, sondern aufgrund der jugendkulturellen Brisanz. Denn die war offensichtlich. Den Sicherheitsinstanzen blieb nicht verborgen, dass die sozialen und kommunikativen Qualitäten des Rock in der DDR durch das spezifische Klima der "geschlossenen Gesellschaft" aufgewertet wurden. Diese Musik avancierte zum Sinnbild für Freiheit, Widerstand und Anderssein. Unter ihrem Stern etablierten sich Nischen, Handlungsräume, in denen sonst verwehrte Erfahrungen gesammelt und Befindlichkeiten ausgelebt werden konnten. Mit den habituellen Eigentümlichkeiten und Attitüden der Fans, dem Gruppenverhalten der Gleichgesinnten oder den regelbrechenden Vorstellungen über Sexualität, Moral und Genuss wurde unablässig politischer Sprengstoff produziert.
Als das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) wenige Wochen vor der 11. Tagung des ZK der SED zur "Bekämpfung des Beatle- und Gammler-Unwesens" aufrief, richtete es sich gegen ein soziales Phänomen. Der berühmte Name der vier Liverpooler diente als assoziationsstarkes Etikett, das man fortan renitenten Teenagern und missliebigen Erscheinungen anheftete. Erich Mielke, der Minister für Staatssicherheit, ordnete im November 1965 an, "die durch sogenannte Beatles hervorgerufenen Entartungen der Musik und Auswüchse im persönlichen Auftreten mit geeigneten Mitteln und Methoden zu bekämpfen und auf die davon betroffenen Jugendlichen in der entsprechenden Weise einzuwirken".
Observiert wurden auch die Fanklubs, die das Leben und Werk der Beatles sezierten. Selbst viele Jahre nach der Auflösung der Fab Four gründeten sich immer wieder derartige Vereinigungen. In den 1970er Jahren waren etwa der Beatles-Club im sächsischen Collm oder die Beatles Memory Agency aus Stralsund aktiv. Manche funktionierten ausschließlich per Briefwechsel, andere besaßen feste Strukturen, inklusive Klubausweis und eigenen Publikationen. Die Zahl der Mitglieder schwankte zwischen einer Handvoll und mehreren Dutzend, die sich aus der ganzen Republik rekrutierten. Internationale Kontakte waren üblich; sie hatten einen enormen Radius, reichten nach Ungarn oder in die Sowjetunion, die USA, nach Japan und Australien. Von dort bezog man wichtige Informationen, vor allem aber die begehrten Schallplatten. Oft wurden rare oder obskure Editionen des Ostblocks gegen Originale und Raubpressungen, sogenannte bootlegs, getauscht.
Das Angebot des DDR-Handels blieb überschaubar. Zwischen 1965 und 1984 wurden vier Langspielplatten und drei Singles mit Songs der Beatles, zwei LPs und eine EP, die John Lennon solo bzw. mit Yoko Ono und Elton John präsentierten, sowie eine LP und eine Single von Paul McCartney & Wings vom staatlichen Popmusik-Label Amiga unter Lizenz veröffentlicht. Hinzu kamen ein paar wenige Ausgaben, die der Intershop für harte Währung offerierte. Sammler waren letztlich auf den florierenden Schwarzmarkt angewiesen, wo sie für einen Long Player aus dem Westen den stolzen Preis von mindestens 100 Ostmark zahlen mussten.
Jenseits von Plattenbörsen und Flohmärkten organisierten die Beatles-Jünger ihre eigenen Zusammenkünfte. Weil man die Meldepflicht und Antragsprozedur umgehen wollte, wurden sie als private Feiern deklariert, als Geburtagsfeten oder Klassentreffen. Dort tauschten die Insider Tonträger und Informationen, hielten kleine Referate und knüpften in geselliger, quasi-familiärer Runde zum Klang ihrer Musik neue Kontakte. In den 1980er Jahren fanden solche Partys regelmäßig in Weimar, Apolda, Sömmerda, Pößneck, Erfurt, Leipzig, Rostock, Magdeburg, Berlin oder Glauchau statt, unter wohltönenden und manchmal auch ironisch-großspurigen Mottos wie die "Beatles Musikfestspiele" in Dresden-Cossebaude. Angekündigt wurden sie per Mundpropaganda und durch die Infoblätter der Fanklubs. Über die Jahre etablierten sich im Underground der DDR spezielle Fanzines - darunter "Beatlemania" (Erfurt), "The East Apple Scruffs" (Parey/Elbe und Rostock), "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club" (Glauchau) und "Fanscene" (Ost-Berlin). Sie wurden per Schreibmaschinendurchschlag, Thermopapier, Hektographie oder Foto vervielfältigt und oft auf abenteuerlichem Weg unters Volk gebracht. Ein Großteil der Texte und Datenbanken kopierte mühsam zusammengetragene Meldungen der Westpresse sowie ausländische Fan- und Fachliteratur.
Mit ihren raumgreifenden Initiativen bewegten sich die Beatles-Enthusiasten auf politisch und juristisch schwankendem Boden. Die Reaktionen des Staates fielen zwiespältig aus. Ein rigoroses Verbot blieb die Ausnahme. Zum Teil waren die Netzwerke überhaupt erst durch die Unterstützung der DDR-Medien möglich geworden. Die Presse und der Rundfunk stießen mit Artikelserien, Features und Specials auf ein anhaltend großes Interesse. Als die Jugendwelle DT 64 am 30. Juni 1978 eine opulente "Beatles-Parade" ausstrahlte, konnte sie auf das Votum von 1187 Postkarten zurückgreifen, die 20 Lieblingstitel kürten. Fans fanden per Annonce in den ostdeutschen Jugend- und Musikzeitschriften zueinander, sie tauschten Adressen übers Radio, das etwa in Gestalt der "Tip-Disko" des Senders Stimme der DDR mit dem "Beatles-Oldie der Woche" und einer entsprechenden Grußecke ein exklusives Forum bot.
Aus diesen Kontakten wuchsen illegale Organisationsstrukturen: Plattentauschringe, Vertriebswege und Fanklubs. Das MfS war über die Aktivitäten im Bilde und setzte auf eine Strategie der Unterwanderung und Kontrolle. Im Sommer 1983 geriet der Gründer der "Beatlemania" (BM) ins Visier. Ein Jahr zuvor war die erste Ausgabe des Fanzines erschienen, ein einzelnes DIN-A4-Blatt "voller gerade greifbarer Informationen",
Weil der Druck und die Verbreitung der BM rechtswidrig war und ihr Herausgeber "eine gewisse Furcht vor strafrechtlichen Sanktionen" erkennen ließ, bereitete das MfS die Anwerbung als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) vor. Außerdem wurden ihm, der freiwillig drei Jahre bei der Nationalen Volksarmee gedient hatte und als Genosse der SED verpflichtet war, "eine positive Grundeinstellung zur gesellschaftlichen Entwicklung in unserem Staat" bescheinigt. Das "Anforderungsbild" des "zu gewinnenden Kandidaten" reichte über das Wirkungsfeld der BM hinaus. Er sollte seine Beziehungen nutzen und zur "Aufklärung, vorbeugenden Verhinderung und offensiven Bekämpfung gegnerischer Pläne und Absichten" im "Bereich negativ-dekadenter Jugendlicher" und von Fanklubs beitragen, die "über zahlreiche operativ interessante Verbindungen innerhalb der DDR als auch zu gleichartigen Organisationen/Institutionen im kapitalistischen Ausland verfügen" und sich "politischer Untergrundtätigkeit" zu verantworten hätten. Da der "Kandidat" in der Testphase durch "aktive Mithilfe", "Eigeninitiative", Zuverlässigkeit und den Willen zur Verschwörung überzeugte, wurde er am 14. Februar 1985 in der Konspirativen Wohnung "Schwarz" als IMS
15 Monate später gab die Stasi ein positives Ergebnis zu Protokoll: "Durch den Einsatz des IMS" sei "die Gründung eines DDR-offenen ,Beatles-Fan-Clubs' mit einer festen Leitungsstruktur sowie einer geplanten Anbindung an den Kulturbund der DDR verhindert" und "erste Zerfallserscheinungen erreicht worden", die sich unter anderem in "der Schaffung von Meinungsverschiedenheiten" äußerten. Als "Carl Weise" im März 1986 zur Freundin nach Erfurt zog, überließ er seine Wohnung in Gera "unserem Organ zur Nutzung".
Das John-Lennon-Bild der DDR
Einen festen Platz auf der Agenda der Fanklubs besaß das Gedenken an John Lennon. Der Ex-Beatle war am 8. Dezember 1980 in New York erschossen worden. An diesen Tag erinnerten private Treffen wie etwa das jährliche "In Memoriam John Lennon" in Weimar. Lennons Ermordung löste aber auch ein starkes Medienecho aus. Schon in den 1960er und 1970er Jahren hatte ihn die DDR-Presse zum "Beatles-Chef" und "Einstein vom Dienst" gekrönt, der sich zur Antithese des "Showtalents"
Nach den tödlichen Schüssen verstummte die Kritik. Die ostdeutschen Medien zeigten sich in gleicher Weise von der schillernden Persönlichkeit fasziniert wie die westlichen Stichwortgeber. John Lennon, der "eigenwilligste, kompromissloseste" und dabei "sensibelste und konsequenteste der Beatles",
Die Propaganda stellte Lennons Tod in den Kontext einer menschenverachtenden Ideologie, die zu steigender "Gewalt und Brutalität" führe. John Lennon sei "nur eines von jährlich 21000 Mordopfern"
Kritische Stimmen warnten vor der "Euphorie der Leichenfledderer"
Mit einem Mal
war er so gut
sang er so schön
und intelligent
gegen den Krieg
gab Orden zurück
und denk mal zurück
an die Beatles
Mit einem Mal
war er so groß
war er doch unser Mann
unser Mann
Wisst ihr nicht mehr
wie es mal hieß
da war er nur
der Millionär
mit einem Schloss und Rolls-Royce
japanischer Frau
und viel zu langem Haar
dieser Beatle
Mit einem Mal ...
Jetzt ist er tot
wehrt sich nicht mehr
jetzt ist er tot
war jedermanns Freund
und er bekommt, wenn es geht
einen Orden noch drauf
den er garantiert
nicht mehr zurückgeben kann
Mit einem Mal ...
Das Lied wurde am 4. April 1981 in der Fernsehsendung "Rund" ausgestrahlt; danach landete es auf dem Index. Im Falle der Lennon-Hommage "Junge aus Liverpool" von Katrin Lindner und Schubert-Band waren die Zensoren wachsamer. Sie bremsten den spontan verfassten Text in erster Instanz aus, weil der Refrain in Anlehnung an "All You Need is Love" nach Pazifismus roch: "Liebe - durch dich leben wir."
Unverblümt, weil nicht zwischen den Zeilen versteckt, löckte die Botschaft einer deutschsprachigen Coverversion von "Imagine" wider den Stachel, die Liedermacher Gerhard Gundermann 1985 verfasst hatte und auf Konzerten seiner Brigade Feuerstein vortrug: "Nun stell dir vor, die Völker vertraun sich, grenzenlos. Du kannst nach Westen trampen, kommst wieder heim von Ost." Doch auch in den Songs von John Lennon selbst sahen viele ihre DDR-Erfahrung gespiegelt. "Give Peace a Chance" wurde in zahllosen Diskotheken als Protestritual zelebriert, so wie man es aus dem Film "Blutige Erdbeeren"
John Lennon avancierte in vielfältiger Weise zum politischen Symbol. Kompetente Pressestimmen, die ihn zuerst als genialen Künstler sahen und auf anbiedernde Rhetorik verzichteten, waren eher selten. Als im Sommer 1989 der Ost-Berliner Verlag Neues Leben den umfänglichen "John-Lennon-Report"
Sachkundige Reflexionen, die ohne Klatsch und ideologischen Zierrat auskamen, fand man bei den Bildungssendern und manchmal in den Nischen der Jugendprogramme. Radio DDR II strahlte am 26. Februar 1981 das 85-minütige Feature "Gedankenspiele" aus, das den Musiker als "Avantgardisten" porträtierte und in die Nähe eines Arnold Schönberg rückte: Beide waren Revolutionäre. Die intellektuellen Grübeleien und das hermeneutische Taxieren von "leeren Quinten" und dem "Figurenvokabular der Affektenlehre"
Gleiches geschah dem Mitschnitt eines Experten-Interviews, das am 26. Januar 1987, zwischen 22.00 und 23.00 Uhr, bei DT 64 lief. Unter dem Titel "John Lennon - ein Lyriker?" wurde die unbekanntere Seite des Künstlers vorgestellt. Als besonderen Service bot die Redaktion an: "Wir verschicken an Interessenten eine kleine Auswahl von Lennons Gedichten, Sketchen und Liedtexten."