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Hartz IV im sechsten Jahr | Arbeitslosigkeit | bpb.de

Arbeitslosigkeit Editorial Wer soll in Zukunft arbeiten? Zum Strukturwandel der Arbeitswelt Hartz IV im sechsten Jahr Agenda 2010: Dualisierung der Arbeitsmarktpolitik Zugewanderte und ihre Nachkommen in Hartz IV Freiwilliges Engagement Arbeitsloser - Chancen und Herausforderungen Aus der Krise zum zweiten Wirtschaftswunder?

Hartz IV im sechsten Jahr

Markus Promberger

/ 20 Minuten zu lesen

Hartz IV ist nicht "Armut per Gesetz", sondern ein leidlich funktionierendes, gleichwohl unvollkommenes und umstrittenes System der Bekämpfung von Armut. Wo steht Hartz IV heute?

Einleitung

Seit knapp sechs Jahren gibt es in Deutschland ein einheitliches Grundsicherungssystem für erwerbsfähige Hilfebedürftige - ein Kernstück der Arbeitsmarkt- und Sozialreformen der damaligen rot-grünen Bundesregierung. Es bedeutete nicht nur die administrative Zusammenlegung und Vereinheitlichung der beiden vormals getrennten Unterstützungssysteme der Arbeitslosen- und der Sozialhilfe, sondern, zumindest in der politischen Rhetorik und im Gesetzestext, auch eine stark veränderte Ausrichtung der dahinterstehenden Ziele und Motive. Stellt das neue System aus Grundsicherung und Aktivierung in diesem Sinne einen tiefgreifenden Wandel der Armutsbekämpfung dar?

Wirkungen von Hartz IV - empirische Befunde

Nach der Systemumstellung am 1. Januar 2005 war für viele Beobachter zunächst überraschend, wie hoch in den ersten drei Monaten der Zuwachs an Hilfebeziehern ausfiel. Selbst nach der Saldierung der Übergänge aus den alten Systemen der Arbeitslosen- und Sozialhilfe und den erwarteten saisonalen Zugängen mit den Abgängen aus dem Hilfebezug durch Fluktuation, durch die Haushaltsveranlagung und die geänderten Freibetragsregelungen blieb ein Zuwachs von rund einer Million neuen Hilfebedürftigen. Die einzige plausible Erklärung hierfür ist eine verstärkte Mobilisierung von Bedürftigen, die bislang ihnen zustehende Sozialleistungen nicht genutzt hatten, was, bei Lichte besehen, einen armutspolitischen Erfolg darstellt. Wer jedoch von der Grundsicherungsreform eine finanzielle Entlastung des Sozialstaats erwartet hatte, musste angesichts dieser Tatsachen enttäuscht sein.

Empirische Analysen belegen empfundene Teilhabedefizite ebenso wie klare Unterversorgungslagen vor allem im Bereich neuer und besserer Kleidung, Möblierung und Ressourcen für kulturelle und soziale Teilhabe. Qualitative Befunde des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigen ebenfalls, dass in betroffenen Familien bei längerdauernder Hilfebedürftigkeit ein schleichender Einschränkungsprozess des materiellen Lebensniveaus wie auch der realisierten sozialen Teilhabe stattfindet.

Die working poor, also Menschen, die zusätzlich zu Arbeitseinkommen noch ergänzende Sozialleistungen beziehen, sind durch die Reform verstärkt ins Blickfeld geraten, das gleiche gilt für diejenigen, die zum Arbeitslosengeld I noch Grundsicherungsleistungen beziehen ("Aufstocker"). Dahinter ausschließlich eine Wirkung des neuen Systems zu vermuten, wäre falsch, denn ergänzenden Sozialhilfebezug gab es schon vorher. Eine Zunahme ist wegen der lückenhaften Datenlage vor 2005 schwer zu belegen, jedoch wegen der Veränderungen im Tarif- und Lohngefüge sowie aufgrund des Wachstums prekärer Beschäftigung zu vermuten. Die Tatsache, dass rund eine Million Menschen in Deutschland Erwerbsarbeit und Leistungsbezug kombinieren müssen, spricht jedenfalls eindrucksvoll gegen das sogenannte Lohnabstandsgebot, das einen zwingenden Mindestabstand zwischen Grundsicherung und Löhnen fordert, weil ansonsten der Arbeitsanreiz für die Betroffenen zu gering sei. So verweisen etliche Befunde darauf, dass Arbeit für die Betroffenen mehr als nur einen Einkommenserwerb darstellt. Auch zeigen sich die meisten Hilfebezieher keineswegs passiv, sondern streben - mit welchen reellen Chancen auch immer - eine Arbeitsaufnahme an, für die sie zu vielen Zugeständnissen bereit sind.

Für viele Beobachter ebenfalls überraschend, aus Sicht der Armutsforschung hingegen altbekannt ist die Heterogenität der Hilfebezieher - der "erwerbsfähigen Hilfebedürftigen". Sie bilden keinesfalls eine homogene Gruppe von Exkludierten und Außenseitern, Arbeitsmarktfernen und Langzeitarbeitslosen. Bildungsarme und Migranten sind unter den Hilfeempfängern überrepräsentiert; bei letzteren kombinieren sich mitunter Bildungs- und Qualifikationsnachteile mit mangelnden Sprachkenntnissen. Etliche Leistungsbezieher - vor allem die jüngsten - sind nicht arbeitslos, sondern befinden sich in schulischen und beruflichen Bildungsprozessen und sind wegen der Arbeitslosigkeit eines Familienmitglieds hilfebedürftig geworden. Jugendliche verfügen zwar oft über mehr Unterstützung aus der Familie, aber ihre Anerkennung unter Gleichaltrigen leidet darunter, dass sie nicht ausreichend an den für die Altersgruppe als normal erachteten Konsummustern teilnehmen können. Manche Hilfebedürftige betreuen kleine Kinder, teils ohne Partner, wiederum andere sind krank oder behindert. Einige von ihnen sind zwar nominell drei Stunden pro Tag erwerbsfähig, finden aber bei ihrer stark eingeschränkten Kondition keinen Arbeitsplatz. Wiederum andere sind keineswegs arbeitsmarktfern, sehnen sich nach Arbeit, haben Minijobs und organisieren ihren Alltag vernünftig.

Altbekannte Befunde aus der Armutsforschung begegnen uns ohnehin auch bei der Analyse des neuen Systems - etwa der Zusammenhang von (persönlicher oder familialer) Arbeitslosigkeit und Armut, das Risiko der Altersarmut nach längerer Arbeitslosigkeit, die schwierigen Einstiege Jugendlicher und junger Erwachsener aus Leistungsbezieherhaushalten in Berufsausbildung und Erwerbsleben. Auch die erhöhten Arbeitsmarktrisiken von Menschen mit schlechter schulischer Ausbildung und fehlendem Berufsabschluss, die sich teilweise von Eltern auf Kinder "vererben", sind bekannt. Die Forschung zu Hartz IV wird angesichts des überproportionalen Anteils von "Bildungsverlierern" unter den Grundsicherungsempfängern von Neuem darauf aufmerksam. Gleiches gilt für Konsumeinschränkungen und das Leiden vor allem von jungen Erwachsenen und Familien mit Kindern darunter, dass man an den üblichen und sozial erwarteten Aktivitäten um Schule und Freizeit nicht mithalten kann.

Weitgehend neu ist das mit der Hartz-IV-Reform und ihren Vorläufern (z.B. "Arbeitsamt 2000") verbundene Interesse an Betreuung und Aktivierung. Untersuchungen zum Vermittlerhandeln fördern - neben den Einführungs- und Umstellungsschwierigkeiten des neuen Systems - regelmäßig erhöhten, auch von den Vermittlern selbst konstatierten Bedarf an professioneller Diagnose- und Betreuungskompetenz jenseits starrer Vorschriften und "naturwüchsiger Pädagogiken" zutage. Professionalisierung scheint das Gebot der Stunde zu sein. Arbeitsgelegenheiten, die öffentlich viel geschmähten "Ein-Euro-Jobs", sind bei den Teilnehmern durchaus beliebt. Auch wenn es, anders als geplant, zu keiner stärkeren Bevorzugung von Problemgruppen kommt, zeigen sich doch für manche Betroffenen langfristig positive Effekte auf die Arbeitsaufnahme sowie auf soziale Stabilisierung und Teilhabe. Trainingsmaßnahmen, das zweithäufigste Aktivierungsinstrument des Sozialgesetzbuches II (SGB II), zeigen im Schnitt keine deutlichen Arbeitsmarkteffekte, auch wenn für einige spezifische Trainings die Arbeitsmarkteffekte größer sind.

Die Betreuten selbst reagieren auf die Aktivitäten ihrer Vermittler höchst unterschiedlich, keineswegs werden alle Maßnahmeangebote als echte Chance zur Reintegration in den Arbeitsmarkt wahrgenommen. Das Spektrum reicht von der empfundenen Zumutung über die Wahrnehmung, dass man angesichts der Grundsicherungsleistung zu einer Gegenleistung verpflichtet sei, bis zur Betrachtung der Betreuungsbeziehung als Quasi-Arbeitsverhältnis. Nur ein kleinerer Teil der Betroffenen reagiert so, wie es die Mitwirkung an der Aktivierungsidee erfordern würde. Doch die Mehrheit zeigt sich zufrieden mit der Betreuung durch die Grundsicherungsträger, auch wenn deren Bemühungen nicht immer große Erfolgschancen zugemessen werden.

Dass es angesichts der tiefgreifenden Systemumstellungen 2005 nicht zu größeren Friktionen in der Grundversorgung von mehreren Millionen Menschen kam, darf bereits als Erfolg per se gelten. Doch der Erfolg der Aktivierungspolitiken ist nicht eindeutig belegt. Es scheint, als ob beispielsweise Maßnahmen mit Arbeitscharakter positive Wirkungen eher im Hinblick auf soziale Stabilisierung und soziale Teilhabe zeigen als auf die unmittelbare Arbeitsmarktintegration. Und punktuelle Unterversorungslagen, insbesondere bei Familien mit Kindern, sind nicht wegzudiskutieren. Aber dies alles erklärt nicht die Heftigkeit, mit der nunmehr seit mehr als fünf Jahren um die Grundsicherung gestritten wird. Der nachfolgende Überblick über die Entwicklung der Armuts- und Sozialpolitik soll zum besseren Verständnis beitragen.

Armutspolitik zwischen Ausgrenzung, Kontrolle und Unterstützung

Es ist eine Grundtatsache des sozialen Lebens, dass manche Menschen ihren Lebensunterhalt nicht alleine bestreiten können. In bestimmten Lebensphasen ist dies sogar normal, etwa in der Kindheit, im Alter oder bei Krankheit. Ebenso gehört ein kollektives Einstehen hierfür durch Mitmenschen der unmittelbaren Umgebung (Familie, Stamm, Dorf, Kultusgemeinde oder andere soziale Gruppen) zu den Grundstrukturen menschlicher Gemeinschaftsbildung. Doch ebenso kommt es vor, dass diese primären Unterstützungsbeziehungen nicht ausreichen. Deshalb lassen sich seit der Antike institutionalisierte, sekundäre Formen der Unterstützung nachweisen, von den Kornkammern der Pharaonen bis zu den Armenspitälern der mittelalterlichen Städte.

Das Massenelend der Industrialisierung und die genuinen Existenzrisiken der Lohnarbeit führten schließlich zur Entstehung und Entwicklung des Wohlfahrtsstaates, in dem breite und entwickelte "sekundäre Institutionen" der Sozialpolitik auch die Menschen in Armut unterstützen. Begrifflich und politisch lässt sich dabei ein Übergang von der Armenfrage des Mittelalters über die Soziale Frage des 19. und frühen 20. Jahrhunderts bis zur entwickelten wohlfahrtsstaatlichen Sozialpolitik seit etwa 1929 bis 1970 aufzeigen, die Armut mehr und mehr verschiedenen Rand- und Problemgruppen zuschreibt, während vormals zentrale Armutsrisiken (Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit) nunmehr durch die flankierenden Institutionen des Normalarbeitsverhältnisses abgedeckt sind.

Schon seit Jahrhunderten ist ein charakteristischer Zwiespalt des gesellschaftlichen Umgangs mit Armut zu beobachten: Armut ruft einerseits Solidarität, Mitleid und Unterstützung hervor, andererseits auch Ablehnung, Irritation und Ausgrenzung, insbesondere wenn sie mit abweichenden Lebensweisen verbunden ist. Letzteres kann von religiöser oder ethnischer Abweichung bis zu Abweichungen von standardisierten Rollenmustern reichen (zum Beispiel Hausfrau, Arbeiter, Staatsbürger, Sesshaftigkeit). Auf diesem Zwiespalt fußt die bekannte Unterscheidung von deserving und undeserving poor - zwischen den Armen also, die gesellschaftliche Unterstützung "verdienen", da unverschuldet in Not geraten, und denjenigen, die ihren Anspruch auf die Solidarität der Gesellschaft gleichsam "verwirkt" haben. Nur so erklärt sich auch, dass Armutsbekämpfung seit ihren Anfängen bis heute zwei Gesichter hat: Das eine ist Versorgung und Unterstützung, das andere ist die "armenpolizeiliche" Perspektive von Ordnung, Kontrolle, Zwang und Ausgrenzung, die von Bettelverboten über Zwangsarbeit bis zu Armenhäusern und Deportation reichen konnte. So kannte die Bundesrepublik bis 1967 noch die Zwangsunterbringung von armen Menschen mit abweichendem Lebenswandel, wie "Nichtsesshafte", "unsittliche" Frauen oder "auffällige" Jugendliche.

Eine zunächst umstrittene, für die weitere Entwicklung jedoch folgenreiche Zäsur war das Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts von 1954: Mit der Anerkennung des Sozialstaatsgebots im Grundgesetz und des subjektiven Anspruchs auf Unterstützung setzte sich letztlich die in anderen westlichen Demokratien dominante Vorstellung von Sozialleistungen als Bürgerrecht auch in Deutschland durch. Dieser Grundrechtsgedanke stand später Pate für das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) von 1961. Dadurch wurde die "armenpolizeiliche" Seite der Sozialpolitik weitgehend auf Bedürftigkeitsprüfungen, Mitwirkungspflichten und Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs reduziert. Gleichwohl gibt es immer noch Ausgrenzung - wie die Unterschichtdiskussion des Sommers 2007, die Dekadenzdebatte von 2010, aber auch die anhaltende Auseinandersetzung um soziale Exklusion gezeigt haben.

Kontinuitäten ...

In der Geschichte der Sozialpolitik stoßen wir bei allen Entwicklungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik auf erstaunliche strukturelle Kontinuitäten. Diese bestehen aus grundlegenden Widersprüchen und Ambivalenzen - ganz im Sinne eines konflikttheoretischen Gesellschaftsverständnisses. Ob das Neben- und Miteinander von Versorgung und Kontrolle, die Differenzierung der Armen zwischen deserving und undeserving poor oder die Frage, ob die Armen zur Gesellschaft gehören oder nicht: Diese Phänomene kennzeichnen die fortbestehende Janusköpfigkeit der Armutspolitik mit Ausgrenzung und Einschließung, Versorgung und Kontrolle, Unterstützung und Gegenleistungserwartung noch immer, auch wenn die Armutspolitik sich mittlerweile einigermaßen konsistent an den staatsbürgerlichen Grundrechten orientiert.

Ein Dauerthema ist auch die Angemessenheit der Grundsicherung. Seit dem Bestehen der Bundesrepublik ist das Niveau materieller Unterstützungsleistungen umstritten. Dieser Streit bewegt sich im Spannungsfeld zwischen "objektiven" Grundbedürfnissen (Standardwarenkorb oder soziokulturelles Existenzminimum), dem Lohnabstandsgebot und dem regionalen und lebenslagenabhängigen Differenzierungsbedarf. Entsprechend wechseln sich Forderungen nach einer Anhebung oder Absenkung der materiellen Unterstützungsleistungen ab. Das wissenschaftliche, juristische und politische Pro und Contra umfasst beispielsweise die Berechnung des Regelsatzes, die mit dem SGB II eingeführte Pauschalierung der vorherigen einmaligen Leistungen (§21 BSHG) und den verringerten Regelsatz für Jugendliche im Haushalt der Eltern. Den Schwerpunkt der jüngeren Debatte bildet die Angemessenheit der Regelleistung insbesondere für Familien; eine Frucht dieser Diskussion ist die Anhebung des Sozialgeldes für Kinder im Schulalter seit Juli 2009 sowie die geplante Einführung einer "Bildungskarte", die Kindern aus Armutshaushalten zusätzliche Bildungsleistungen in bescheidenem Umfang zugänglich machen soll.

Ein wichtiges Ereignis in diesem Zusammenhang ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010, das den Berechnungsmodus des Regelsatzes wegen seiner Intransparenz kritisiert. Es sieht jedoch so aus, als ob sich nichts grundsätzlich ändert: Das Statistikmodell bleibt in Kraft, nach dem sich die Grundsicherung an den Lebensverhältnissen desjenigen Fünftels der deutschen Haushalte orientiert, die das geringste Einkommen haben. Die Verfassungsrichter haben die Angemessenheit der Zusammensetzung dieses "untersten Quintils" in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes bestätigt, den Gesetzgeber jedoch ermahnt, weiterhin Grundsicherungsbezieher und Haushalte unter der Sozialhilfegrenze statistisch aus dieser Referenzgruppe auszuschließen. Ob dies in der Vergangenheit immer konsistent passiert ist, ist umstritten. Grundsätzlich findet - wie auch das Bundesverfassungsgericht anerkennt - die endgültige Festlegung des Regelsatzes immer noch in den Sphären politischer Aushandlung und moralischer Urteile statt, wie die umstrittene Subtraktion der Ausgaben für Alkohol und Zigaretten aus der Grundsicherung und die Zweckbindung der zusätzlichen Bildungsmittel zeigen.

Ebensowenig ändert sich an der ungelösten politischen Spannung zwischen der Deckung des Existenzminimums und der Aufrechterhaltung eines Anreizes zur Arbeitsaufnahme durch das Lohnabstandsgebot, auch wenn dessen Wirkung mittlerweile auch in den Wirtschaftswissenschaften umstritten ist Überdies dominiert in der deutschen Diskussion der Ansatz, diesen Lohnabstand durch das Anpassen des Regelbetrags der Grundsicherung aufrechtzuerhalten, obwohl auch eine gesetzliche Lohnuntergrenze wie in anderen europäischen Ländern ähnlich wirken würde.

... und allmählicher Wandel

Bei aller Konstanz in den Grundzügen unterliegt die deutsche Sozialpolitik jedoch auch vielfältigen Veränderungsprozessen - schon lange vor den Hartz-Reformen. Der Bedeutungsverlust direkter, interpersonaler bzw. klassenübergreifender Schutzverhältnisse (Patriziat, Klientelismus, Patronage) wie der betrieblichen Sozialpolitik, aber auch das erfolgreiche Vordringen des Grundrechtsgedankens in die Armutsbekämpfung, sind bekannt. Auch die Rolle der Mildtätigkeit hat sich geändert. Es gibt sie nach wie vor, sie hat nur eine Abstraktionsbewegung durchlaufen. Man spendet meist (im Abendland) nicht mehr dem persönlich bekannten Armen, sondern Organisationen, die sich, teils ehrenamtlich, teils professionell, um Armut kümmern oder andere wohltätige Aufgaben versehen.

Hundert Jahre wohlfahrtsstaatlicher Entwicklung in Deutschland zeigen überdies eine deutliche Tendenz zur Vereinheitlichung der öffentlichen Armutsbekämpfung. Dies bedeutete einen Rückbau vor allem statusbezogener Differenzierungen. So unterschied etwa die Fürsorgereform von 1924, wie ihre Vorgänger, noch zwischen Erwerbslosenfürsorge, Armenfürsorge sowie Fürsorge für Kriegsbeschädigte, Sozial- und Kleinrentner, Schwerbeschädigte, Wöchnerinnen und Wanderer. Und sie wies einigen von ihnen die "gehobene Fürsorge" zu, bei der die "früheren Lebensverhältnisse" auch in Art und Umfang der Unterstützungsleistungen zu berücksichtigen waren. Ähnliche gruppen- bzw. statusbezogene Differenzierungen wurden noch in den 1950er Jahren diskutiert und teilweise praktiziert, doch Zug um Zug abgebaut - sieht man von den nach wie vor getrennten Regelkreisen für nicht erwerbsfähige Menschen ab.

Der vorläufig letzte Schritt dieser Vereinheitlichung der staatlichen Unterstützung, der erst mit dem SGB II vollzogen wurde, ist der Wegfall der Arbeitslosenhilfe. Sie war anteilsmäßig am vormaligen Arbeitsentgelt (53 bzw. 57 Prozent) orientiert, nicht jedoch, wie mitunter angenommen, an der Aufrechterhaltung des vormaligen Lebensstandards. Damit gibt es nun kein an der vorangegangenen Erwerbsbiografie orientiertes Unterstützungssystem für erwerbsfähige Hilfebedürftige mehr. Dies ist ein Problem für vormals langjährig Erwerbstätige mit anschließendem Leistungsbezug, nicht nur aufgrund der zum Teil unterschiedlichen Höhe der Transferzahlungen von Arbeitslosenhilfe und Hartz IV, sondern auch, weil die soziale Anerkennung der erwerbsbiografischen Leistung wegfällt.

Für vormalige Sozialhilfeempfänger stellt sich das Problem der Entdifferenzierung etwas anders dar. Sie erhalten mit dem Arbeitslosengeld II nun zwar teilweise einen höheren monatlichen Betrag. Die früheren, an besonderen Bedarfen orientierten Einmalzahlungen der Sozialhilfe sind aber im SGB II rechnerisch in den Pauschalbetrag eingeschlossen; Einmalbedarfe müssten nach diesem Prinzip zunächst "erspart" werden. Das kommt nach Meinung vieler Experten einem faktischen Wegfall gleich: "Wenn eine Familie mit kleinen Kindern in Hartz IV eine neue Waschmaschine braucht, können wir heute nur noch eine Spende vermitteln", beschreibt eine verantwortliche Sozialamtsmitarbeiterin die Situation.

Jenseits der Härte des Schicksals, die dies im Einzelfall bedeutet, lässt sich Hartz IV als Meilenstein einer fortschreitenden Entdifferenzierung oder Egalisierung der Armutsbekämpfung verstehen, die keine Unterscheidungen innerhalb der Hilfebedürftigen vornimmt, zumindest sofern sie erwerbsfähig sind. Die "Versorgungsklasse" der Armen wird weiter homogenisiert. Doch ist fraglich, ob diese Egalisierung tatsächlich den Endpunkt der Entwicklung darstellt. Denn die Heterogenität der Armutspopulation und ihrer Lebenslagen ist eine unbestreitbare, allmählich auch von der Politik erkannte Konstante.

Widersprüche und Defizite in der Grundsicherung

In der längerfristigen historischen Perspektive war der versorgende Wohlfahrtsstaat meist auch aktivierend, und auch der aktivierende Wohlfahrtsstaat muss immer dem Recht seiner Bürger auf eine Unterstützung bei Hilfebedürftigkeit nachkommen. Dieses Grundrecht, das sich seit dem Bundesverwaltungsgerichtsurteil von 1954 mehr und mehr durchgesetzt hat, lässt sich als wichtiger, allmählich vollzogener Paradigmenwechsel in der Armutsbekämpfung sehen, nach dem alle Bürger das Grundrecht auf Fürsorge durch die Gesellschaft besitzen. Hartz IV kann als weiterer Meilenstein auf diesem Weg gelten; sein neuester Ausdruck ist der Begriffswechsel vom "Hilfebedürftigen" zum "Leistungsberechtigten" im Entwurfstext der anstehenden SGB II-Novelle.

Doch es bleiben Widersprüche und Defizite. Der Durchsetzung dieses Grundrechts stehen die Entbiografisierung und Entdifferenzierung der Hilfe gegenüber, gewissermaßen die Entkleidung der Betroffenen von statusbezogenen und biografischen Ansprüchen. Das hat einen Konflikt zweier Gerechtigkeitskonzepte zur Folge: Der Logik der biografisch erworbenen Ansprüche auf Versorgung und Anerkennung als vollwertiger Arbeitsbürger, wie sie der Arbeitslosenhilfe zugrunde lag, steht die Logik der "letzten sozialen Solidarität" gegenüber. Hierbei muss der Hilfebedürftige erst alle biografischen und statusbezogenen Ansprüche (vom Restvermögen bis zum Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen) ausgeschöpft haben, um in den Genuss der Grundsicherung zu kommen, wie wir sie aus der Sozialhilfe kennen. Diese widerstreitenden Gerechtigkeitslogiken prägten einen Gutteil der bisherigen politischen Auseinandersetzungen um Hartz IV.

Mit der Entdifferenzierung korrespondiert zudem ein gewandeltes Bild vom erwerbsfähigen Hilfeempfänger. Nicht mehr der Fürsorgeempfänger der Armutsbekämpfung vor 1960, nicht mehr der Mensch, der darin unterstützt werden soll, in Würde zu leben und seine Eigenständigkeit wieder zu erlangen, wie er weite Teile des Menschenbildes im BSHG 1961 kennzeichnete, steht im Zentrum der Bemühungen, sondern der vollständig dem Erwerbsparadigma unterworfene Arbeitsbürger des SGB II, von dem nunmehr der Verhaltenskanon des "normalen", eigenverantwortlich und rational handelnden, nachindustriellen bürgerlichen Arbeitnehmers erwartet wird.

Menschenbild vom marktgerechten Arbeitsbürger

Um es zuzuspitzen: Die volle Unterstützung des SGB II wird vor allem denjenigen zuerkannt, die für willens und in der Lage erachtet werden, sich in marktwirtschaftliche Verwertungszusammenhänge oder - bei deren Fehlen - in kompensatorische Einrichtungen einzufügen. Sie sind somit auch Objekt in einem organisierten Kontext. Die Zwangsmaßnahmen des alten Fürsorgerechts (Arbeitszwang, Zwangseinweisung von "Auffälligen" oder "Arbeitsscheuen") sind in diesem Modell zwar glücklicherweise vom Tisch. Gleichzeitig wird aber von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im SGB II erwartet, dass sie über ein hohes Maß an Selbstkontrolle und Selbststeuerung (Zeitstrukturen im Alltag, Selbstpräsentationsfähigkeit und Kommunikationskompetenz bei Behörden und Arbeitgebern), Flexibilität (Zumutbarkeitskriterien bei Jobangeboten), rationaler Lebensführung (z.B. Umgang mit pauschalierten geldförmigen Hilfeleistungen) und Konformität verfügen. Kurz: Das Menschenbild des SGB II ist der marktgerechte Arbeitsbürger. Wo Hilfebedürftige diesem Bild zumindest dem Anschein nach nicht entsprechen, setzen im günstigen Fall professionelle sozialarbeiterische Betreuung und Fallmanagement ein, im schlechten Fall drohen Sanktionen verschiedener Art - von der ungünstigen Auslegung der Vorschriften bis zu Kürzungen der Unterstützungsleistungen.

Bei vielen, allem Anschein nach den meisten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen kann eine weitgehende Entsprechung zu diesem Subjektbild vorausgesetzt werden. Doch das neue Paradigma vom aktivierbaren, weil rationalen und normalen marktgerechten Arbeitsbürger stößt erkennbar an Grenzen. Dies zeigt sich nicht nur bei Hilfeempfängern mit Krankheit und Suchtproblemen, sondern bereits bei der Frage, ob jemand, der gesundheitlich bedingt nur drei Stunden täglich arbeiten kann, auch tatsächlich eine Existenz sichernde Arbeit finden wird. Gleiches gilt bei physischen oder habituellen Abweichungen, abweichenden Handlungs- und Erwerbskompetenzen und schlechten - möglicherweise auch nur im wirtschaftlichen Wandel obsolet gewordenen - Bildungsvoraussetzungen.

Normalitätsvorstellungen sind durchaus "normal" für menschliche Gesellschaften und ihre Institutionen, und für marktwirtschaftliche Arbeitsgesellschaften ist dies wohl der marktgerechte Arbeitsbürger. Doch ebenso gehört es zum Grundbestand moderner, an den Menschenrechten orientierter Sozialstaatlichkeit, dass nicht alle hilfebedürftigen Gesellschaftsmitglieder diesem Bild entsprechen und trotzdem in den Schutz des Sozialstaatsgebots fallen müssen. Diese Tatsache sollte auch der deutschen Aktivierungspolitik mit ihren veränderten normativen Anforderungen an die Hilfebedürftigen bewusst bleiben, wenn sie sich nicht einen stillschweigenden Fortbestand armenpolizeilicher Traditionen, einen Rückfall in den "punitiven Paternalismus", wie Stephan Lessenich und Claus Offe schreiben, oder, so Ralf Dahrendorf, die Rückgewinnung von sozialer Kontrolle durch Arbeit vorwerfen lassen will. Dies gilt im Bundestag genauso wie in der Agentur für Arbeit und dem kommunalen Träger vor Ort.

Die Debatte des Jahres 2010 um die Ermittlung des Regelsatzes lenkt das Augenmerk auf ein weiteres Problem. Eine "objektive" Ermittlung der Grundbedürfnisse kann es nicht geben, da Leben in Würde mit gesellschaftlich akzeptierten und als angemessen erachteten Formen von Lebenspraxis zusammenhängt. Dies umfasst die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln ebenso wie Wohnen, Kleidung, Sicherheit, die Teilhabe an Gesundheitsversorgung, Bildung, sozialem, kulturellem und politischen Leben. Einen für alle gleichen objektiven, quasi-naturwissenschaftlich ermittelbaren Bedarf gibt es nicht, die Menschenwürde ist eine kulturell-soziale und damit politische Tatsache - und dies gilt auch für Größen, die aus ihr abgeleitet sind, wie den Regelsatz.

Auch gibt es kein Gremium, das über einzigartige Einsichten verfügt, um zu bestimmen, was zu einem Leben in Würde erforderlich ist. Wie alle sozialen Tatsachen muss auch der Regelsatz der Grundsicherung gesellschaftlich definiert und ausgehandelt werden. Dieser Aushandlungsprozess muss wie alle Prozesse in einer Demokratie diskursethischen Standards genügen, die ein Äußerungs- und Verhandlungsrecht aller Betroffenen einschließen. Dieses Recht der Partizipation oder politischen Teilhabe in den konkreten Lebensangelegenheiten kennen wir beispielsweise aus der Betriebsverfassung, aus dem Tarifrecht und aus der Selbstverwaltung der Sozialversicherung, nicht jedoch aus der Grundsicherung. So ist die Festlegung des Regelsatzes gegenwärtig ein Aushandlungsprozess zwischen Experten und Politik, den die Betroffenen nur in den Medien verfolgen oder mit dem Stimmzettel bewerten können. Expertise aus Politik, Medizin, Statistik, Sozialverbänden und Wirtschaft ist wertvoll, kann aber Partizipation nicht ersetzen. Der Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts thematisiert zwar das Verfahren der Regelsatzermittlung, macht dabei aber nur einen halben Schritt nach vorne.

Fazit

Zunächst ist das SGB II, wie seine Vorgänger, schlichtweg ein wohlfahrtsstaatliches Regelwerk zum Abbau von Armut, die auf gesellschaftliche, wirtschaftliche oder individuelle Ursachen zurückgeht. Den Geboten und Traditionen des Sozialstaats zufolge greift die Gesellschaft ein, wenn einzelne Mitglieder in Not geraten und sich nicht eigenverantwortlich oder durch Hilfe aus ihrem Umfeld daraus befreien können. Die Hartz-IV-Reform bildet einen wichtigen Eckpunkt in einem längerfristigen Entwicklungsprozess hin zu einer den Ansprüchen an ein Grundrecht auf soziale Unterstützung genügenden Grundsicherung.

Die Kehrseite hiervon ist das normative Leitbild des rationalen, funktionierenden Arbeitsbürgers mit entsprechenden Problemen für diejenigen, die diesem Bild nicht entsprechen. Fortbestehende Spannungsfelder sind die Festlegung des Regelsatzes zwischen Grundbedürfnissen und Lohnabstandsgebot, bedürfnis- und einzelfallgerechte versus standardisierte Betreuung und Versorgung sowie die Entkleidung der Betroffenen von statusbezogenen und biografischen Ansprüchen. Zusammen mit einem Defizit an Partizipation für die Betroffenen werden diese Spannungen auch künftig dafür sorgen, dass die Grundsicherung in Deutschland weiteren Reformprozessen und Überarbeitungen entgegengeht.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zur Wirksamkeit der Aktivierungsmaßnahmen in Hartz IV vgl. z.B. die Übersichten in Juliane Achatz/Johanna Dornette/Sandra Popp u.a., Lebenszusammenhänge erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im Kontext der Grundsicherungsreform, in: Joachim Möller/Ulrich Walwei (Hrsg.), Handbuch Arbeitsmarkt, Nürnberg 2009, S. 203-235; Susanne Koch/Peter Kupka/Joß Steinke, Aktivierung, Erwerbstätigkeit und Teilhabe, Nürnberg 2009; sowie die zusammenfassende Darstellung bei Markus Promberger, Fünf Jahre SGB II - Versuch einer Bilanz, in: WSI-Mitteilungen, (2009) 11, S. 604-611.

  2. Vgl. Markus Promberger, Hartz IV - neue Angebote gefragt, in: Sozialwirtschaft, (2008) 1, S. 6-9; Helmut Rudolph, Entwicklung der Anzahl der Leistungsempfänger in der Grundsicherung für Arbeitssuchende, in: Bundesagentur für Arbeit, Sozialgesetzbuch Zweites Buch. Jahresbericht 2005, Nürnberg 2006, S. 11-14.

  3. Vgl. Juliane Achatz/Claudia Wenzig, Subjektive Wahrnehmung von Wohlfahrtsgewinnen und -verlusten von Empfängern der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach Einführung des SGB II, in: Karl-Siegbert Rehberg (Hrsg.), Die Natur der Gesellschaft. Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006, Frankfurt/M., 2008, S. 2436-2447.

  4. Vgl. Bernhard Christoph, Was fehlt bei Hartz IV? Zum Lebensstandard der Empfänger von Leistungen nach SGB II, in: Informationsdienst Soziale Indikatoren, (2008) 40, S. 7-10.

  5. Vgl. Andreas Hirseland/Philipp Ramos-Lobato, Armutsdynamik und Arbeitsmarkt. Entstehung, Verfestigung und Überwindung von Hilfebedürftigkeit bei Erwerbsfähigen, IAB-Forschungsbericht, (2010) 3.

  6. Vgl. Kerstin Bruckmeier/Tobias Graf/Helmut Rudolph, Working Poor: Arm oder bedürftig? Umfang und Dauer von Erwerbstätigkeit bei Leistungsbezug in der SGB-II-Grundsicherung, in: Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv, 4 (2010) 3, S. 201-222.

  7. Vgl. Holger Alda/Martin Baethge/Peter Bartelheimer u.a., Berichterstattung zur sozioökonomischen Entwicklung in Deutschland, Wiesbaden 2005.

  8. Vgl. Markus Promberger, Arbeit, Arbeitslosigkeit und soziale Integration, in: APuZ, (2008) 40-41, S. 7-15.

  9. Vgl. A. Hirseland/P. Ramos-Lobato (Anm. 5).

  10. Vgl. Sandra Popp/Brigitte Schels, Do you feel excluded? The subjective experience of young state benefit recipients in Germany, in: Journal of Youth Studies, 11 (2008) 2, S. 165-191; Brigitte Schels, Jugendarbeitslosigkeit und psychisches Wohlbefinden, IAB-Forschungsbericht, (2007) 13.

  11. Vgl. J. Achatz/C. Wenzig (Anm. 3).

  12. Vgl. Aida Bosch, Konsum und Exklusion. Eine Kultursoziologie der Dinge, Bielefeld 2010.

  13. Vgl. Johanna Dornette/Angela Rauch, Equal rights and equal duties? Activating labour market policy and the participation of people with disabilities after the reform of the German welfare state, in: Journal of Social Policy, 39 (2010) 1, S. 53-70; Peter Bartelheimer, Wie man an seiner Eingliederung mitwirkt. Arbeitsmarktdienstleistungen nach SGB II zwischen institutionellem und persönlichem Auftrag, in: Zeitschrift für Sozialreform, 54 (2008), S. 11-36.

  14. Vgl. Olaf Behrend/Wolfgang Ludwig-Mayerhofer/Ariadne Sondermann, Auf der Suche nach der verlorenen Arbeit. Arbeitslose und Arbeitsvermittler im neuen Arbeitsmarktregime, Opladen 2009.

  15. Vgl. Anne Lenze, Regelleistung und gesellschaftliche Teilhabe, in: WSI-Mitteilungen, (2010) 10, S. 523ff.

  16. Vgl. Joachim Wolff/Katrin Hohmeyer, Wirkungen von Ein-Euro-Jobs: Für ein paar Euro mehr, IAB-Kurzbericht, (2008) 2.

  17. Vgl. M. Promberger (Anm. 8).

  18. Vgl. Martina Hartig/Eva Jozwiak/Joachim Wolff, Trainingsmaßnahmen: Für welche unter 25-jährigen Arbeitslosengeld-II-Empfänger erhöhen sie die Beschäftigungschancen?, IAB-Forschungsbericht, (2008) 6; Eva Kopf/Joachim Wolff, Die Wirkung von Trainingsmaßnahmen für ALG-II-Bezieher: Auf den Inhalt kommt es an, IAB-Kurzbericht, (2009) 23.

  19. Vgl. Ulrich Wenzel, Fördern und Fordern aus Sicht der Betroffenen. Verstehen und Aneignung sozial- und arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen des SGB II, in: Zeitschrift für Sozialreform, 54 (2008), S. 57-78.

  20. Vgl. Anita Tisch, Kundenzufriedenheit im SGB II: Arbeitsvermittler im Urteil der ALG-II-Empfänger, IAB-Kurzbericht, (2010) 7.

  21. Vgl. M. Promberger (Anm. 8).

  22. Zur Geschichte von Armut und Armenfürsorge vgl. Christoph Sachße/Florian Tennstedt, Geschichte der Armenfürsorge in Deutschland. Bd. 1.: Vom Spätmittelalter bis zum 1. Weltkrieg, Bd. 2: Fürsorge und Wohlfahrtspflege 1871-1929, Stuttgart 1998, 1999; Karl Heinz Metz, Die Geschichte der sozialen Sicherheit, Stuttgart 2008; Bronisaw Geremek, Geschichte der Armut, München 1988.

  23. Vgl. Matthias Willing, Fürsorge, in: Günther Schulz (Hrsg.), Bewältigung der Kriegsfolgen und Rückkehr zur sozialpolitischen Normalität. Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland seit 1945, Bd. 3, S. 559-596, Baden-Baden 2005.

  24. Vgl. Thomas H. Marshall, Bürgerrechte und soziale Klassen. Zur Soziologie des Wohlfahrtsstaates, Frankfurt/M. 1992.

  25. Zum Beispiel Karl Marx, Das Manifest der Kommunistischen Partei, 1848; Lewis A. Coser, The Functions of Social Conflict, Glencoe 1954; Ralf Dahrendorf, The Modern Social Conflict, Berkeley-Los Angeles 1988.

  26. Vgl. Irene Becker, Bedarfsgerechtigkeit und sozio-kulturelles Existenzminimum, Arbeitspapier zu einer Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung, Frankfurt/M. 2006; Friedrich Thießen/Christian Fischer, Die Höhe der sozialen Mindestsicherung. Eine Neuberechnung "bottom up", in: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 57 (2008) 2, S. 145-173.

  27. Vgl. A. Lenze (Anm. 15); Bundesverfassungsgericht, Leitsätze und Begründung des Urteils zur Angemessenheit der Regelleistung des SGB II, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Absatz-Nr. (1-220).

  28. Vgl. Friedrich Breyer, Lohnabstandsgebot und Anspruchslohn: Zu den Vorschlägen einer Sozialhilfereform, in: Vierteljahreshefte zur Wirtschaftsforschung, 72 (2003) 1, S. 83-93.

  29. Die wirtschaftswissenschaftliche Kontroverse über die Auswirkungen eines gesetzlichen Mindestlohns auf den Arbeitsmarkt hält an. Es mehren sich jedoch Stimmen, die einen moderaten Mindestlohn für weitgehend unschädlich für das Beschäftigungsniveau halten. Vgl. Marion König/Joachim Möller, Standpunkt: Plädoyer für einen moderaten gesetzlichen Mindestlohn, in: IAB-Jahresbericht 2008, Nürnberg 2009, S. 19ff.

  30. Auch die "Bildungskarte" folgt diesem Muster. Von der kleinen monatlich zustehenden Summe von zehn Euro lässt sich etwa eine Stunde Nachhilfe oder eine halbe Klavierstunde im Monat bezahlen - was von einer kontinuierlichen Bildungsaktivität noch weit entfernt ist. Obiges Zitat entstammt dem Interview-Material des IAB-Projektes "Lebenssituation, Arbeitsmarkt und soziale Sicherung".

  31. Max Weber prägte den Begriff der Versorgungsklasse für diejenigen Mitglieder einer Gesellschaft, die von einer gesellschaftlichen Einrichtung versorgt werden: Empfänger von Armenunterstützung, Rentner, Waisen, aber auch Beamte wären solche Versorgungsklassen. Vgl. Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen 1985.

  32. Vgl. M. Promberger (Anm. 1).

  33. Vgl. Stephan Lessenich, Der Arme in der Aktivgesellschaft - zum sozialen Sinn des "Förderns und Forderns", in: WSI-Mitteilungen, (2003) 4, S. 214-222; Claus Offe, Wessen Wohl ist das Gemeinwohl?, in: Lutz Wingert/Klaus Günther (Hrsg.), Die Öffentlichkeit der Vernunft und die Vernunft der Öffentlichkeit, Frankfurt/M. 2001, S. 459-488; Ralf Dahrendorf, Die globale Klasse und die neue Ungleichheit, in: Merkur, 54 (2000) 619, S. 1057-1068.

  34. Vgl. Jürgen Habermas, Diskursethik - Notizen zu einem Begründungsprogramm, in ders., Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln, Frankfurt/M. 1983, S. 53-125.

  35. In Großbritannien mit seiner anderen politischen Tradition finden Diskurse um die Angemessenheit der Grundsicherung durchaus unter Beteiligung der Betroffenen statt, die etwa von Sozialverbänden oder Forschern gezielt in die Debatte einbezogen werden - oder sich über Initiativen und Bewegungen selbst mit ins Gespräch bringen. Vgl. Donald Hirsch/Norman Smith, Family values - parents' views on necessities for families with children, Department for Work and Pensions Research Report, No. 641, London 2010.

Dr. phil., geb. 1963; Soziologe, Leiter des Forschungsbereichs "Erwerbslosigkeit und Teilhabe" am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Regensburger Straße 104, 90478 Nürnberg. E-Mail Link: markus.promberger@iab.de