Im März 2003 verkündete der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder ein umfassendes Reformprogramm für Deutschland: die "Agenda 2010". Bis zum Jahr 2010 sollte unter anderem der Arbeitsmarkt grundlegend reformiert werden, "um wieder an die Spitze der wirtschaftlichen und der sozialen Entwicklung in Europa zu kommen". In den darauf folgenden zwei Jahren verabschiedete der Bundestag vier Gesetze "für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt", von denen das vierte als "Hartz IV" bekannt wurde. Die Bezeichnung ist zum Synonym für das 2005 eingeführte Arbeitslosengeld II geworden, das Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenfasst und den Bezug des Arbeitslosengeldes I auf ein Jahr begrenzt.
Auch im namensgebenden Jahr 2010 ist noch umstritten, wie die Auswirkungen der Agenda zu bewerten sind. Zwar bestätigen zahlreiche Experten den Reformen positive Effekte auf die Flexibilität des Arbeitsmarktes und die Beschäftigungsquote, gleichzeitig aber - so die Kritiker - habe "Hartz IV" zu größerer sozialer Kälte geführt, Abstiegsängste verstärkt und die Stigmatisierung von Millionen von Menschen bewirkt, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.
Heute ist die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen in Deutschland so gering wie zuletzt vor 18 Jahren. Gerade nach der verheerenden Finanz- und Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre erscheint vielen Beobachtern eine Arbeitslosenzahl von unter drei Millionen, wie sie im Oktober verkündet wurde, wie ein Wunder. Entsprechend engagiert wird um die Deutung gerungen, wem der Aufschwung zu verdanken sei. Doch die erfreulichen Zahlen sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch knapp drei Millionen registrierte Arbeitslose zu viel sind - und dass mehr als doppelt so viele Menschen "Hartz IV" beziehen, viele davon trotz Arbeit.