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Peter von Zahn über Rassismus in den USA

Eli Nathans

/ 18 Minuten zu lesen

Die anfängliche Bereitschaft des Journalisten Peter von Zahn, dem Rassismus in den USA während des Kalten Kriegs mit Verständnis zu begegnen, wurde durch eine immer kritischere Berichterstattung ersetzt.

Einleitung

Die Radio- und Fernsehberichte des bekannten westdeutschen Journalisten Peter von Zahn aus den USA der 1950er Jahre zeichneten ein positives, aber nicht ganz unkritisches Bild der amerikanischen Gesellschaft. Neugier und Humor, gepaart mit pädagogischen Impulsen und ironischer Distanz, waren kennzeichnend für seinen Stil. Von Zahn war damit recht erfolgreich. Eine typische Radiosendung für den Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) im Jahr 1952 oder 1953 an einem Dienstagabend um 21 Uhr hatte bis zu drei Millionen Zuhörerinnen und Zuhörer, vielleicht sogar mehr. Seine monatlichen Dokumentarfilme, die erstmals 1955 ausgestrahlt wurden, waren bis Ende des Jahrzehnts ebenso populär. 1964 kehrte von Zahn nach Deutschland zurück, wo er bis in die 1990er Jahre hinein als renommierter Kommentator, Regisseur von Dokumentarfilmen und geschätzter USA-Experte arbeitete. Peter von Zahn starb 2001.
Als Hauptkorrespondent eines Rundfunksenders, der die Hälfte der Bevölkerung Westdeutschlands erreichte, und dann als Produzent von Dokumentarfilmen, die in der gesamten Bundesrepublik im Fernsehen zu sehen waren, besaß von Zahn die Macht, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Es ist unmöglich, den Einfluss einer einzelnen Stimme unter vielen genau zu messen, selbst wenn die Popularität dokumentiert sein kann und der Einfluss anekdotisch belegbar ist. Aber allein die Tatsache, dass politische Parteien, Experten in der Beeinflussung der öffentlichen Meinung, in den 1950er Jahren hart um den Einfluss auf die Berichterstattung in Hörfunk und Fernsehen kämpften, ist ein Beleg für die politische Macht der Medien und deutet darauf hin, dass eine mehrjährige Sendereihe, oft von ganzen Familien gehört oder angeschaut, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ohne Wirkung bleiben konnte.

Von Zahns Darstellung der USA förderte die Liberalisierung, die in den späten 1950er und in den 1960er Jahren in Westdeutschland einsetzte. Liberalisierung bedeutete zum Teil größere Loyalität gegenüber den parlamentarischen Einrichtungen wie auch eine größere Bereitschaft, politische Kritik als normale und auch wünschenswerte Qualität des politischen Systems zu betrachten. Von Zahns Berichte deuteten immer wieder an, dass parlamentarische Institutionen fähig sein konnten, einen hohen Grad an Kompetenz zu beweisen und internationale Verpflichtungen einzuhalten, selbst wenn den Bürgerinnen und Bürgern dabei einiges abverlangt wurde.

Besonders von Mitte der 1950er Jahre an hat von Zahn die Politik der amerikanischen Regierung wiederholt kritisiert, wobei er dies in einer Art und Weise tat, die das parlamentarische System nicht in Frage stellte. Liberalisierung in der Bundesrepublik bedeutete auch eine Entwicklung in Richtung egalitärerer Sozialformen und Beziehungen, zum Beispiel die Relativierung der väterlichen Autorität in der Familie, obwohl die Praxis in diesem Bereich noch lange sehr traditionell blieb. Immerhin kam körperliche Züchtigung in den Schulen immer weniger vor, obwohl sie nicht ganz abgeschafft wurde. Von Zahn berichtete oft positiv über liberale und egalitäre Beziehungen in amerikanischen Familien und Schulen.

Rassismus in den USA, die Diskriminierung von schwarzen Amerikanern und die nur zögerliche Bereitschaft der weißen Mehrheitsgesellschaft, daran etwas zu ändern, war ein schwieriges Thema für jemanden, der darauf bedacht war, die Versöhnung zwischen den USA und Deutschland zu fördern. Den meisten Deutschen waren die Spannung zwischen amerikanischen Prinzipien und der täglichen Praxis in diesem Bereich wohl bewusst, da die nationalsozialistische und nach 1945 die sowjetische Propaganda oft darauf hingewiesen hatten, und weil die Tatsachen offenkundig waren. Viele Deutsche konnten nach 1945 selbst beobachten, wie verbreitet die Rassentrennung in Wohnungen und Kneipen bei den in Deutschland stationierten amerikanischen Soldaten war. Und viele zeigten sogar Verständnis für den amerikanischen Rassismus, wenn auch nicht immer für die Formen, in denen er sich äußerte.

In der ersten Hälfte der 1950er Jahre reagierte von Zahn auf die Herausforderungen dieses Themas zum Teil durch Verschweigen, zum Teil mit Erklärungen, zum Teil mit Verteidigung der amerikanischen Praktiken. Ab 1956/57, unter dem Einfluss der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, löste sich von Zahn von seiner früheren Bereitschaft, den amerikanischen Rassismus verständnisvoll zu erklären. Abschätzige Bemerkungen gegenüber schwarzen Amerikanern verschwanden aus seinen Berichten und wurden oft durch Achtung für die Zivilcourage der schwarzen amerikanischen Gemeinschaft ersetzt. Eine ähnliche Änderung, wenn nicht ganz so sichtbar, fand in von Zahns Berichten bezüglich der Bedeutung von ethnischen Unterschieden innerhalb des weißen Teils der amerikanischen Gesellschaft statt. Mit der Zeit zeigte sich von Zahn immer weniger bereit, den weißen Teil der USA als ethnische Hierarchie zu beschreiben, in der angelsächsische und deutsche Alteinwanderer an der Spitze standen.

Erfahrungen und Grundüberzeugungen

Von Zahns Reaktionen auf die USA sind nicht zu verstehen ohne Kenntnis seiner Grundüberzeugungen und ihrer Ursachen, die hier nur bruchstückhaft skizziert werden können. Von Zahn wurde 1913 in einer sächsischen Beamtenfamilie geboren. Der Vater war Offizier. Peter war das jüngste von fünf Kindern, hatte eine Schwester und drei Brüder. Der älteste Bruder kam im Ersten Weltkrieg ums Leben, der Zweitälteste starb als Soldat im Zweiten Weltkrieg.

Von Zahns persönliche Erfahrungen und die der deutschen Gesellschaft förderten ein pessimistisches Verständnis der Welt. Dass die Welt von Grausamkeit geprägt wurde, war eine Ansicht, die von Zahn als Wahrheit seiner Jugend beschrieb und die er nie aufgab. "Wir (sind) alle unseren Neigungen und Anlagen nach Räuber, Diebe, Mörder und Erpresser", erzählte er seinem Radiopublikum in den frühen 1950er Jahren. Von Zahns pessimistisches Urteil über die Menschheit war ein Grund für die ironische Distanz, die ein Merkmal seiner Berichterstattung aus den USA war. Die Amerikaner waren, wie die gläubigen Kommunisten in der UdSSR, "Weltverbesserer". Während von Zahn Fortschrittsglauben in seiner amerikanischen Gestalt als attraktiv betrachtete, blieb er skeptisch gegenüber der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs des Unternehmens.

Von Zahns Memoiren, die 1991 und 1994 veröffentlicht wurden, geben keine klare Antwort auf die Frage nach seiner Haltung zum Nationalsozialismus. In den 1930er Jahren studierte er zunächst Jura, dann Geschichte. Eine Magisterarbeit aus dem Jahre 2000, die gründlichste Arbeit über von Zahn, die bis jetzt geschrieben wurde, kommt zu dem Schluss, dass "in von Zahns Lebenslauf keine öffentliche Opposition zum Naziregime festzustellen (ist). Die Selbstaussagen lassen auf eine liberale, tendenziell ablehnende aber passive Haltung schließen, aus der heraus ein Weg geringen Widerstands gewählt wurde." Die Tatsache, dass von Zahn, folgt man seinen Memoiren, Anfang der 1930er Jahre die rechtsorientierte Zeitschrift "Tat" las und viele der Ideen, die dort Ausdruck fanden, "nicht als abträglich" betrachtete, impliziert, dass wenigstens zu diesem Zeitpunkt seine Ideen nicht als "liberal" einzustufen wären. Von Zahn war aber nie Mitglied der NSDAP, und diese Tatsache ist bedeutsam. Sonst wäre seine prominente Stelle beim britischen Rundfunk in Hamburg nach 1945 undenkbar gewesen. Vielleicht spielte die Tatsache, dass seine Schwester und sein Schwager Kommunisten waren und dass der Schwager nach dem Januar 1933 politisch verfolgt wurde, eine Rolle bei Peter von Zahns Entscheidung, die Parteimitgliedschaft abzulehnen.

Während des Zweiten Weltkriegs diente von Zahn bei der Wehrmacht, ab 1943 als Offizier. Zu Beginn des Kriegs wurde er in einer beim Oberkommando des Heeres angesiedelten Nachrichtenabteilung eingesetzt. Von diesem Blickpunkt konnte er den Krieg von einer hohen Warte aus betrachten, da er Befehle und Anweisungen an verschiedene Fronten übermittelte. Im Mai 1942 wurde er zu einer Propagandakompanie an die Ostfront versetzt. Der moralische Tiefpunkt seines Kriegsdienstes war ein Abschnitt von ungefähr sechs Monaten, in den letzten Phasen der Schlacht um Stalingrad bis zum Sommer 1943, als er als Wehrmachtssoldat einer SS-Einheit als Propagandist zugeteilt worden war. Von Zahn war selbst nie Mitglied der SS. Im Kapitel der Memoiren, das er "Mit den Wölfen heulen" betitelte, beschreibt er, wie diese Einheit Hunderte von tatsächlichen oder bloß verdächtigten Partisanen erschoss. Falls er die Einzelheiten der NS-Mordprogramme gegen Juden und andere Gruppen Ende 1942 noch nicht kannte - und es ist sicher, dass er Ende 1942 zumindest etwas darüber wusste, obwohl die Memoiren in diesem Bereich nicht ausführlich sind -, erfuhr er davon von den SS-Mitgliedern. Er sah zu, schrieb Propagandabroschüren und hielt Reden, bei denen ihm seine Russischkenntnisse dienlich waren.

Von Zahn sprach nicht nur Russisch, sondern auch Englisch. Seit 1939 war er mit Christa Ayscough verheiratet, einer Frau mit englisch-schottischer Abstammung. Sie hatten sich während seiner Studienzeit an der Universität Freiburg im Breisgau kennengelernt. Christa blieb während des Kriegs in Deutschland. Ende 1943 fand sie Zuflucht bei der Familie Stauffenberg, mit der sie und ihr Mann befreundet waren. Nach dem fehlgeschlagenen Attentat vom 20. Juli 1944 wurde auch sie verhaftet. Dank eines verständnisvollen Vorgesetzten konnte von Zahn kurzfristig von der Ostfront nach Deutschland zurückkehren. Dort setzte er alles in Bewegung, um seine Frau den Fängen der Gestapo zu entreißen. Er hatte von dem geplanten Attentat ebenso wenig gewusst wie sie. Die Bemühungen waren erfolgreich: Nach gut zwei Monaten Gestapo-Haft erlangte Christa von Zahn wieder die Freiheit.

Der Einfluss der Erfahrungen in der NS-Zeit auf von Zahns politische Einstellungen nach 1945 ist schwer messbar. Nach 1945 wurde vieles verschwiegen. Es ist nicht klar, ob von Zahn vor der Publikation seiner Memoiren, als er bereits fast 80 Jahre alt war, jemals öffentlich über seinen Dienst bei der SS gesprochen oder geschrieben hat. Die Memoiren geben nicht alle Einzelheiten preis, obwohl sie in mancher Hinsicht als mutig angesehen werden müssen. Die Erfahrungen aus der NS- und Kriegszeit haben ihn ganz sicher in der Auffassung bestärkt, nach der die Menschheit per se als böse zu betrachten sei. Die Tatsache, dass er die mörderische Politik des NS-Staates in der UdSSR aus unmittelbarer Nähe hatte beobachten können und als Propagandist dazu selbst einen Beitrag geleistet hatte, war wahrscheinlich eine Ursache für seine Bereitschaft, politischen Irrtümern anderer fortan mit einer gewissen Toleranz zu begegnen. Über die politische Elite des NS-Staats, zum Beispiel Baldur von Schirach, den Führer der Hitlerjugend, hat er beißend scharfe Radiosendungen verfasst. Aber gegenüber den zahlreichen kleineren Nazis, auch denjenigen, die verantwortliche Positionen innehatten, zeigte von Zahn recht viel Geduld: Er hatte selbst Sünden auf dem Gewissen.

Ob seine antikommunistische Einstellung von der NS-Zeit beeinflusst wurde oder unabhängig von diesem Abschnitt zu verstehen ist, kann nicht beurteilt werden. Das gleiche gilt für von Zahns Verständnis für die rassistischen und ethnischen Vorurteile, mit denen er in den USA konfrontiert wurde. Aber es erscheint als sehr wahrscheinlich, dass seine Bereitschaft, nach 1956 den Rassismus amerikanischer Art entschieden abzulehnen, wenigstens zum Teil als Reaktion auf seine eigenen Erfahrungen zwischen 1933 und 1945 anzusehen ist.

Ab Juni 1945, nach einigen Wochen britischer Kriegsgefangenschaft, begann von Zahn für Radio Hamburg, den Rundfunksender der britischen Besatzungsmacht, journalistisch zu arbeiten. Bereits einen Monat später avancierte er zum Leiter der Abteilung "Wort". In dieser Position war er dafür verantwortlich, nicht nur das Programm des Senders zu organisieren, sondern auch deutsche Mitarbeiter zu finden und Sendungen zu produzieren. Die Ehe mit Christa, wie auch von Zahns Englischkenntnisse, ferner die Tatsache, dass er nie Mitglied der NSDAP gewesen war, und seine Ablehnung des NS-Regimes waren verantwortlich für die Bereitschaft der Briten, ihm eine so verantwortungsvolle Stelle anzuvertrauen. Aus Radio Hamburg wurde schließlich der NWDR, der die Britische Zone mit Rundfunk versorgte - Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Von Zahn sprach zu seinen Zuhörern "zivil, persönlich, von Mensch zu Mensch, mit Herz", wie die Programmzeitschrift "Hör Zu" es Ende 1946 pointiert formulierte.

Dass von Zahn mit seiner Familie aus dem Nachkriegsdeutschland in die USA übersiedelte, ist vor allem auf seinen Sinn für Unabhängigkeit zurückzuführen. 1950 kritisierte er Konrad Adenauers Haltung in der Debatte um die betriebliche Mitbestimmung. Er selbst war ein Befürworter gewerkschaftlicher Mitbestimmung und hatte dies in einigen Sendungen deutlich zum Ausdruck gebracht. Ausführlich beschrieb er die negativen Konsequenzen, falls Regierung und Arbeitgeber ein solches Projekt innerbetrieblicher Demokratisierung verweigern sollten. Bundesinnenminister Robert Lehr verlangte daraufhin von Zahns Entlassung. Der NWDR hielt an ihm fest, zog ihn allerdings aus der vordersten Linie ab.

Rassismus und ethnische Hierarchie in den USA

Als erster Korrespondent des NWDR in den USA, so glaubte von Zahn, würde er mehr Freiheit genießen und Westdeutschlands Hauptbündnispartner aus der Nähe beobachten und interpretieren können. Von Zahns früheste Berichte aus den USA zeigen ein nur periodisch auftretendes Bewusstsein, dass ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung schwarzer Hautfarbe war. Gleichzeitig war bei ihm die Neigung ausgeprägt, die unterlegene Stellung dieser Gesellschaftsgruppe zu rechtfertigen. So wird man in seinen Sendungen aus der ersten Hälfte der 1950er Jahre vergeblich danach suchen, dass er schwarze Amerikaner interviewte. Sie wurden lediglich beobachtet. In Berichten von 1952 und 1953 beschrieb von Zahn beispielsweise eine Reise durch Florida und erwähnte, wie er schwarzen Frauen beim Orangenpflücken zugesehen hatte. In einem im April 1952 verfassten Bericht gab von Zahn die Bemerkung eines weißen Stahlarbeiters während eines Streiks wieder: "Nur die Negerfamilien [unter den Streikenden, E. N.] (...) sind immer tief in der Kreide. Anmerkung: In den amerikanischen Stahlwerken arbeiten viele Farbige. Und nicht nur ich, auch die Neger sind bekannt dafür, dass sie das Geld nicht beieinander halten können." Die Tatsache, dass von Zahn diese herabsetzende Bemerkung in den Mund eines Amerikaners legte, schaffte Distanz, wie auch der Vergleich mit seinem eigenen Verhalten vielleicht Verlegenheit zeigte. Aber die Stimme eines schwarzen Stahlarbeiters fehlte ganz.

Die ausführlichste Besprechung des Systems der Rassentrennung in seinen frühen Berichten lieferte von Zahn mit einem im Februar 1953 gesendeten Bericht über eine Gewerkschaft in Baltimore: "Die Neger (besuchen) andere Restaurants als die Weißen, mit denen sie tagsüber Schulter an Schulter vor den Hochöfen arbeiten. Ihre Kinder gehen in andere Schulen, ihre Frauen kaufen in anderen Läden. Ihrem Umzug von einem Stadtviertel ins andere sind unsichtbare, aber sehr fühlbare Grenzen gesetzt." Im Kontext dieser Bemerkungen war es der Hauptzweck des Berichts, zu zeigen, dass dank der Gewerkschaft schwarze Arbeiter immer mehr Rechte bekämen. Sie erhielten den gleichen Lohn wie weiße Arbeiter und hatten auch das gleiche Recht auf Beförderung. "Das alles ist bestimmt, zu bleiben und sich nach der Seite der völligen Gleichberechtigung hin zu entwickeln. Keine Allianz Konservativer mit reaktionären Kräften vermöchte daran etwas zu ändern", erklärte von Zahn.

Berichte aus den Jahren 1954 und 1955 enthielten weitere Einzelheiten und waren kritischer, wenn auch noch hauptsächlich defensiv im Ton. Die meisten dieser Berichte wurden nach der Entscheidung des Obersten Gerichthofs vom Mai 1954, die das Ende der Rassentrennung in den Schulen ankündigte, verfasst. Von Zahn hatte in seinen Berichten von 1952 und 1953 erwähnt, dass Schulen in Virginia nach Rassen getrennt waren, aber nun erfuhren seine Zuhörer, dass jeden Morgen zwei Busse in seine Nachbarschaft fuhren, um weiße und schwarze Kinder an ihre getrennten Schulen zu bringen. Wähler mussten eine Kopfsteuer bezahlen, "ein (...) nicht mehr ganz zureichender Nachfahr des Versuchs, die Neger vom Wählen auszuschließen". In einem Kaufhaus in der Nähe seines Büros in Washington, D.C. "stößt doch immer noch eine Negerin, sollte sich eine hinein verirren, auf eine unsichtbare Wand. In aller Höflichkeit hat die Verkäuferin jeweils die Größe, die Farbe, das Modell gerade nicht (...)." Von Zahn erklärte aber auch: "Wenn die Schwarzen in einem Block Fuß gefasst hatten, war es die Regel, daß die weißen Familien auszogen. Niedriger Bildungsgrad, weniger entwickelte Grundsätze der Hygiene, geringere Trennschärfe zwischen Mein und Dein - all diese Mitbringsel von dem halben Sklavendasein der Plantagen ließen es für die Weißen wünschenswert erscheinen, wegzuziehen (...)."

Von Zahn war offenbar noch bereit, die ethnische Diskriminierung historisch zu rechtfertigen. Er zitierte großzügig die Bemerkungen des weißen Präsidenten eines Colleges in Louisiana, der erklärte, dass es die falsche Politik des Nordens nach dem Bürgerkrieg gewesen sei, welche die Rassentrennung verursacht habe: "Es hat unser Verhältnis zu unseren schwarzen Brüdern vergiftet, wir arbeiten immer noch daran, dieses Verhältnis zu normalisieren." Von Zahn fügte seine eigene Meinung hinzu, nach der "der Versuch der politischen Umerziehung, den die Militärregierung des siegreichen Nordens unternahm, eine Reaktion gerade herausforderte". Nach dem Ersten Weltkrieg, als schwarze Amerikaner allmählich aufhörten, ein reines Agrarvolk zu sein, "war allerdings der Zeitpunkt gekommen, wo die Bedingungen für weiße Kinder und schwarze auseinanderklafften." Von Zahn predigte Geduld.

Von Zahns Berichterstattung über die Stellung von schwarzen Amerikanern in der amerikanischen Gesellschaft während der ersten Hälfte der 1950er Jahre war Teil seines Verständnisses auch des weißen Teils der amerikanischen Gesellschaft als ethnische Hierarchie. Es waren die angelsächsischen und deutschen "Alteinwanderer" die über lange demokratische Erfahrung verfügten und den Grundpfeiler der amerikanischen Demokratie bildeten. Die positiven Eigenschaften der Einwohner von Kansas beispielsweise und deren hohes kulturelles Niveau spiegelten seiner Auffassung nach die guten deutschen Eigenschaften und Wurzeln wider. Über den Südwesten berichtete von Zahn, dass "die herrschende Schicht (die stolz ist auf ihre angelsächsische Abkunft und ihre protestantischen Bekenntnisse) über eine lange Tradition demokratischer Selbstverwaltung verfügt, die einsickernde Unterschicht aber aus ebenso langer Tradition keine bürgerliche Initiative kennt". Von Zahn fand eine ähnliche Lage in den Großstädten des Nordens vor, wo "Hunderttausende von armen Emigranten" ihre Wählerstimmen als Gegenleistung für Arbeit und "betäubende Vergnügungen" hergaben. Erst der Einwanderungsstopp der 1920er Jahre hat "das Ende dieser Parteimaschinen und der großen Bosse" eingeleitet. Von Zahns ethnische Hierarchie war nicht seine eigene Erfindung. Varianten waren in den USA wie auch in Deutschland weit verbreitet, gleichwohl mit verschiedenen Akzenten. Dass von Zahn die demokratische Erfahrung der Alteinwanderer und nicht allein ihre moralischen Qualitäten betonte, spiegelte mehr die amerikanische als die deutsche Auffassung dieser Hierarchie wider.

Bürgerrechtsbewegung

Die Bürgerrechtsbewegung der zweiten Hälfte der 1950er Jahre stellte von Zahns stereotypisierte ethnische und rassistische Hierarchie auf den Kopf. Schwarze, denen er zuvor einen Mangel an demokratischer Erfahrung attestiert hatte, zeichneten sich durch wichtige demokratische Eigenschaften wie Mäßigung und Zivilcourage aus. Die Befürworter von Rassentrennung und Diskriminierung, die obendrein Gewalt übten oder duldeten und gleichzeitig die Entscheidungen der Gerichte missachteten, waren hauptsächlich, so von Zahn, die lang etablierten angelsächsischen Gemeinschaften des amerikanischen Südens. Auch machte er keinen Hehl daraus, dass dies von den örtlichen "Honoratioren" des Südens mehr als geduldet wurde. Trotz seiner Abneigung gegen "Weltverbesserer" kam von Zahn zu dem Schluss, dass die Rassendiskriminierung aufhören müsse - und das nicht erst in ferner Zukunft.

Von März 1956 an nannte von Zahn die Gewalt, die gegen Bürgerrechtler geübt wurde, wiederholt beim Namen. Als eine schwarze Studentin den Versuch unternahm, an der Universität von Alabama zu studieren, sei sie "von aufgehetzten weißen Studenten um ein Haar erschlagen und von der Universität suspendiert (worden). (...) Kein Rädelsführer des Mobs wurde zur Rechenschaft gezogen." Als schwarze Amerikaner einen Boykott des getrennten Verkehrssystems in Montgomery, Alabama, organisierten, wurden "über hundert prominente Neger (...) angeklagt, darunter zwei Dutzend Geistliche". Und "die Mörder eines Negerjungen in Mississippi (gehen) ungestraft und unverfolgt ihren Geschäften nach". Von Zahn pries mehrmals den gewaltfreien Charakter der Bürgerrechtsbewegung. Im Gegensatz dazu wurden die Befürworter der Rassentrennung nun als Geisteskinder des Faschismus beschrieben: "Sie schreiben in dem beschränkten, krausen, widerwärtig-pseudowissenschaftlichen Stil, den wir aus der Zeit des Dritten Reichs noch in übler Erinnerung haben."

1958 kritisierte von Zahn die amerikanische Regierung unter Präsident Dwight D. Eisenhower scharf, weil sie nicht bereit war, die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, die das Ende der Rassentrennung verfügt hatte, zu akzeptieren, und weil sie schwarze Amerikaner nicht gegen die Gewalt von Weißen im Süden der USA verteidigte. "Eisenhower zeigte bereits während der Verfassungskrise von Little Rock [1957, E. N.], als der Gouverneur des Einzelstaates Arkansas laut und vernehmlich die Anordnungen des Bundes [die Entscheidung des Obersten Gerichts zum Ende der Rassentrennung in den Schulen] missachtete, bereits damals zeigte er mit seinem standhaften Ausharren auf dem Golfplatz eines Millionärskurorts, dass er dem Geschick der farbigen Minderheit wenig Beachtung schenkt (...). Weder Eisenhower noch Nixon zeigten sich, außer auf Golfplätzen und zur Jagd, im Süden zu offiziellen Besuchen; weder die Bombenexplosionen vor den Häusern von Negerführern in Alabama noch die nächtlichen flammenden Kreuze in Südcarolina, weder die Verwaltungsschikanen noch die Anrempelungen und polizeilich geduldeten Mordversuche an Negern in Georgia scheinen jemals einen besonderen Eindruck auf den Präsidenten gemacht zu haben (...)."

Welche Entwicklung von Zahns Ansichten über die ethnischen Hierarchien innerhalb der weißen Gemeinschaft nahmen, ist schwerer nachzuzeichnen. Spätestens 1955 hörte er größtenteils auf, sich über Einwanderer aus Ost- und Südeuropa oder Lateinamerika herabsetzend zu äußern. Die Dokumentarfilme, die er für das Fernsehen gedreht hat, enthalten ab 1957 ausführliche Gespräche mit Mitgliedern verschiedener ethnischer Gruppen, was simplifizierende und abschätzige Urteile erschwerte. Ende 1959 bezeichnete er in einer Reihe von Radioberichten über Hawaii die ethnische und kulturelle Vielfalt der Inseln als - ein freilich nur selten erreichbares - demokratisches Ideal.

Schlussbetrachtungen

Der Wandel in Peter von Zahns Berichterstattung über den amerikanischen Rassismus war hauptsächlich das Ergebnis moralischer Entrüstung, genährt von der Gewalt und den beobachteten Schikanen gegen schwarze Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler. Es gab sicherlich auch andere Ursachen, vom Einfluss der liberalen Meinung in den USA auf von Zahn bis hin zu seiner nachlassenden Angst vor einem möglichen Dritten Weltkrieg, die während des Kalten Krieges Anfang der 1950er Jahre noch sehr lebendig gewesen war und eine politische Kultur erschaffen hatte, die scharfe Kritik an den USA zunächst erschwert hatte.

Die schädigenden Auswirkungen des amerikanischen Rassismus für das internationale Ansehen der USA, insbesondere in außereuropäischen Ländern, aber auch in Ländern des Ostblocks, waren Peter von Zahn sehr bewusst. Aber die Sprache seiner Berichte impliziert, dass seine Reaktion im Kern moralische Ursachen hatte und nicht realpolitisch bestimmt war. In diesem Fall war von Zahns demokratische Sendung nicht ein Produkt des amerikanischen Beispiels, sondern im Gegenteil eine Ablehnung amerikanischer Praktiken.

Ich bedanke mich bei Urs Obrist, Ned Humphrey und Stefan Creuzberger für ihre Hilfe bei diesem Artikel.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Peter Ludes/Heidemarie Schumacher/Peter Zimmermann (Hrsg.), Informations- und Dokumentarsendungen. Bd. 3: Geschichte des Fernsehens in der Bundesrepublik Deutschland, München 1994, S. 223f.; Peter Ellenbruch, Amerikabericht mit Augenzwinkern - Peter von Zahn und die "Bilder aus der Neuen Welt", in: Frank Becker (Hrsg.), Mythos USA. "Amerikanisierung" in Deutschland seit 1900, Frankfurt/M. 2006, S. 171. Die Zahl seiner Zuhörer reduzierte sich nach 1955, als der NWDR in zwei Sender aufgeteilt wurde. Von Zahn arbeitete beim nördlichen Sender, dem Norddeutschen Rundfunk, weiter. Auch war die Sendezeit um eine Dreiviertelstunde verschoben, auf 22 Uhr, was eine kleinere Zuhörerschaft bedeutete.

  2. Vgl. Rüdiger Steinmetz, Freies Fernsehen. Das erste privat-kommerzielle Fernsehprogramm in Deutschland, Konstanz 1996, S. 47 - 62; Christina von Hodenberg, Konsens und Krise, Eine Geschichte der westdeutschen Medienöffentlichkeit 1945-1973, Göttingen 2006, S. 210 - 220.

  3. Vgl. Till van Rahden, Demokratie und väterliche Autorität. Das Karlsruher "Stichentscheid"-Urteil von 1959 in der politischen Kultur der frühen Bundesrepublik, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, 2 (2005), S. 160 - 179; Julia Paulus, Familienrollen und Geschlechterverhältnisse im Wandel, in: Matthias Frese/dies./Karl Teppe von Schöningh (Hrsg.), Demokratisierung und gesellschaftlicher Aufbruch. Die sechziger Jahre als Wendezeit der Bundesrepublik, Paderborn 2003, S. 107 - 119.

  4. Vgl. Torsten Gass-Bolm, Das Ende der Schulzucht, in: Ulrich Herbert (Hrsg.), Wandlungsprozesse in Westdeutschland. Belastung, Integration, Liberalisierung 1945 - 1980, Göttingen, 2002, S. 436 - 466, bes.S. 445ff., S. 457.

  5. Vgl. Philipp Gassert, Amerika im Dritten Reich: Ideologie, Propaganda und Volksmeinung 1933 - 1945, Stuttgart 1997, S. 244ff.; Mary Dudziak, Cold War Civil Rights: Race and the Image of American Democracy, Princeton, NJ 2000, S. 38; Christoph Hendrik Müller, Anti-Americanism and Anti-Western Sentiment in the Federal Republic of Germany during the "Long 1950s" (1949 - 1966), D. Phil. Thesis, University of Oxford 2003, S. 118 - 121.

  6. Vgl. Maria Höhn, GIs and Fräuleins: The German-American Encounter in 1950s West Germany, Chapel Hill, NC 2002, S. 99f.

  7. Vgl. Heide Fehrenbach, Race After Hitler: Black Occupation Children in Postwar Germany and America, Princeton, NJ 2005, S. 169 - 186.

  8. Zu von Zahns Biographie siehe seine autobiographischen Darstellungen: Peter von Zahn, Stimme der ersten Stunde, Erinnerungen 1913-1951, Stuttgart 1991; ders., Reporter der Windrose, Erinnerungen 1951-1964, Stuttgart 1994.

  9. Vgl. ebd., Stimme, S. 29ff.

  10. Peter von Zahn, Fremde Freunde. Bericht aus der Neuen Welt, Hamburg 1953, S. 283. Dieses Buch enthält eine Auswahl von Radioberichten, die zwischen 1951 und 1953 gesendet wurden.

  11. Anke Hüsig, Peter von Zahn als Rundfunkjournalist 1945 - 1951, unveröff. Magisterarbeit, Universität Hamburg 2000, S. 15.

  12. Vgl. P. v. Zahn (Anm. 8), Stimme, S. 87f. Zu "Die Tat", eine Zeitschrift, deren "Ideologie der nationalsozialistischen Bewegung am nächsten stand", vgl. Kurt Sontheimer, Der Tatkreis, in: Gotthard Jasper (Hrsg.), Von Weimar zu Hitler 1930 - 1933, Köln 1968, S. 218.

  13. Vgl. P. v. Zahn (Anm. 8), Stimme, S. 182, S. 195.

  14. Vgl. ebd., S. 209, S. 218 - 229.

  15. Vgl. Walter Eberstadt, When We Came, Where We Went: From the Rhine to the Main to the Elbe, from the Thames to the Hudson, New York 2002, S. 334; Florian Huber, Re-education durch Rundfunk. Die Umerziehungspolitik der britischen Besatzungsmacht am Beispiel des NWDR 1945 - 1948, Hamburg 2006, S. 75f.

  16. Hör Zu! Die Rundfunkzeitung, Nr. 1 (Dezember 1946), S. 2.

  17. Vgl. R. Steinmetz (Anm. 2), S. 51-55.

  18. Vgl. P. v. Zahn (Anm. 10), S. 90.

  19. Ebd., S. 263.

  20. Ebd., S. 266.

  21. Ebd., S. 267.

  22. Vgl. ebd., S. 64; Peter von Zahn, An den Grenzen der Neuen Welt, Hamburg 1955, S. 14, S. 210.

  23. Ebd., S. 17.

  24. Ebd., S. 216.

  25. Ebd., S. 205f.

  26. Ebd., S. 95, S. 211f.

  27. Vgl. P. v. Zahn (Anm. 10), S. 154. Diese Sendung ist auch zu finden in: StA HH (Staatsarchiv Hamburg) 621 - 1/144. NDR. 1193, Sendung Nr. 60 (31.3. 1953).

  28. P. v. Zahn (Anm. 22), S. 119.

  29. Ders. (Anm. 10), S. 160f.

  30. Vgl. P. Gassert (Anm. 5), S. 238 - 241; Matthew Jacobson, Whiteness of a Different Color: European Immigrants and the Alchemy of Race, Cambridge, MA 1998, S. 38 - 90; Gary Gerstle, American Crucible: Race and Nation in the Twentieth Century, Princeton, NJ 2001, S. 83 - 95.

  31. StA HH 621/144. NDR. 1194, Sendungen Nr. 195 (6.3. 1956), 197 (20.3. 1956) und 272 (24.9. 1957).

  32. Ebd., Sendung Nr. 195 (6.3. 1956).

  33. Ebd., Sendung Nr. 197 (20.3. 1956).

  34. Ebd., Sendung Nr. 303 (1.7. 1958).

  35. Siehe z.B. "Metaphysik", in: Bundesarchiv Filmarchiv, N 1524, Nr. K269200, Nr. K269201. Hier wurde über die religiösen Praktiken der Amerikaner berichtet.

  36. StA HH 621/144. NDR. 1194, Sendungen Nr. 376 (1.12. 1959) und 377 (8.12. 1959).

  37. Vgl. ebd., Sendungen Nr. 299 (27.5. 1958) und 302 (24.6. 1958).

PhD., geb. 1957; Assistant Professor, Department of History, The University of Western Ontario, Social Science Centre, London, Ontario N6A 5C2, Kanada.
E-Mail: E-Mail Link: enathans@uwo.ca