Einleitung
Traditionell, das heißt von seiner Gründungsidee her ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf Integration verpflichtet. Gemeint war damit gesellschaftlichen Zusammenhalt herzustellen, alle gesellschaftlichen Schichten anzusprechen, deren Teilhabe am politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess zu ermöglichen, auseinanderstrebende Tendenzen der Massengesellschaft zusammenzuführen, alle Bürger oder doch möglichst viele am Zeitgespräch der Gesellschaft zu beteiligen sowie Bürgersinn und Engagement für das demokratische Gemeinwesen zu motivieren.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk sollte also als Kommunikationsmedium eine aktive Rolle im demokratischen Staat übernehmen. Definition und Ausgestaltung dieser Rolle hingen immer auch von (partei)politischen Konjunkturen ab. Integration kann auch Affirmation des Bestehenden bedeuten. Karl-Günther von Hase, ein früherer Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens, der aus dem Diplomatischen Dienst zum Rundfunk gekommen war, stellte 1977 in einer Rede vor seinen Führungskräften Integration und Konsens ganz obenan: "Wo bisher vielfach Programme in der Darstellung gesellschaftlicher Konflikte endeten, sollte stärker der Konsens betont werden. Fernsehen soll mithelfen, Undurchschaubares erfassbar zu machen, Lebens- und Orientierungshilfe in einer heillosen Welt zu bieten. Fernsehen soll das soziale Bindegewebe in unserem Volk stärken."
"Soziales Bindegewebe in unserem Volk" - eine Sicht, die gestrig erscheint. Eine andere, demokratisch-partizipative Sichtweise des Begriffes "Integration" würde eher die Beteiligung Vieler an gesellschaftlicher Veränderung betonen. Dies war in der Tat eine wichtige Funktion öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den 1970er und 1990er Jahren: nämlich beizutragen zur gesellschaftlichen Modernisierung Deutschlands, wozu damals der Abschied vom autoritären Adenauer-Staat, die Abflachung von Hierarchien, die Egalisierung der Bildungschancen, die gerechtere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, die Ermutigung der Frauen zur Gleichberechtigung und Gleichbetätigung, der Abbau von Vorurteilen gegen Minderheiten wie zum Beispiel Homosexuelle und vieles mehr gehörte.
"Mehr Demokratie wagen" - dieses Willy-Brandt-Wort bezeichnet auch den Impetus, der den öffentlich-rechtlichen Rundfunk lange - und bis heute - in seinen besten Programmschöpfungen motiviert hat. Die Freiheit zur Kritik an gesellschaftlichen Missständen, in den 1970er Jahren durchaus furchtlos und radikal vorgetragen in zahllosen Hörfunk- und Fernsehsendungen, gehörte dazu. Integration in diesem Sinne bedeutete: die "kleinen Leute", die scheinbar Machtlosen für Mitwirkung an Staat und Gesellschaft zu gewinnen. Was natürlich nur möglich ist, wenn der von allen mittels Gebühren finanzierte Rundfunk sich glaubwürdig als das Medium aller präsentiert.
So verstanden, war und ist öffentlich-rechtlicher Rundfunk auch praktizierte Sozialpartnerschaft. Heute aber wird beim Stichwort "Integration" an Migrantinnen und Migranten gedacht, die in Deutschland leben und für das Gemeinwesen gewonnen werden sollen, oder an junge Menschen, die der Rundfunk an die Demokratie heranführen soll - so die Vorstellung. Auch die föderale Integration Deutschlands zu fördern, zumal nach der deutschen Wiedervereinigung, und dann noch die europäische Integration voranzubringen - das alles gehört zu neueren Auftragsbeschreibungen.
Auftragsdefinition im neuen Rundfunkstaatsvertrag
Im neuen, dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄStV), der zum 1. Juni 2009 in Kraft treten soll, haben die Bundesländer als Rundfunk-Gesetzgeber den Programmauftrag konkretisiert - sie folgten damit einem Verlangen der Europäischen Kommission sowie Forderungen der privaten Medienwirtschaft in Deutschland. Der Text des Gesetzes, das von den Ministerpräsidenten am 18. Dezember 2008 unterzeichnet wurde und derzeit in den Landtagen beraten wird, füllt im § 2 mit Inhalt, was unter den Komplexen "Information", "Bildung", "Kultur" und "Unterhaltung" detailliert zu verstehen ist und was ARD, ZDF und das Deutschlandradio insofern kontinuierlich zu liefern haben.
§ 11 definiert den Rundfunkauftrag und fügt nach einer eher traditionellen Aufgabenbeschreibung erstmals hinzu, dass auch Unterhaltung bei ARD und ZDF ein gewisses Niveau nicht unterschreiten dürfe: "Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen."
Diese Konkretisierungen des Programmauftrags sind durchaus zu begrüßen, weil sie den Programmverantwortlichen helfen können bei einer Selbstjustierung ihres Tuns im Sinne eines gemeinwohlorientierten Dienstes an Gesellschaft und Kultur. Weniger überzeugend sind die Regelungen des Gesetzgebers zum neuen großen Bereich der Telemedien ausgefallen. Der Begriff bezeichnet im Wesentlichen die Internetangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio, wozu online dargebotene Text-, Bild-, Audio- und Bewegtbild-Inhalte, aber auch interaktive Formen wie Online-Diskussionsforen oder Abrufdienste wie zum Beispiel Podcasts gehören. Eingehend auf Forderungen der privatwirtschaftlichen Verleger von Zeitungen und Zeitschriften, wurde eine gebührenfinanzierte Online-Presse ausgeschlossen. Das heißt, den öffentlich-rechtlichen Programmanbietern sind "alle journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote" untersagt, "die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen".
In der Tat sollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk kein Vollangebot, das die privatwirtschaftliche (Online-)Presse überflüssig machen würde, online stellen. Aus Nutzersicht geht es aber auch nicht an, dass auf aktuellen Seiten wie Externer Link: No Titel oder Externer Link: No Titel die Neuigkeiten des Tages schlicht fehlen. Eine Einschränkung für den Internetnutzer (und Gebührenzahler) bedeutet es auch, dass textliche Leseangebote nur "sendungsbezogen" erlaubt sind, also eine erstausgestrahlte Radio- und Fernsehsendung voraussetzen, deren Inhalte dann für die Online-Präsentation verschriftlicht und neu aufbereitet werden. Natürlich ist es vernünftig, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk vorrangig den Ertrag beispielsweise einer "Monitor"-, "Panorama"- oder "Frontal 21"-Recherche als Lesetexte für die nachhaltige Information der Gebührenzahler online vorhält. In der Aktualität aber ist es schlicht unmöglich, sich sklavisch an die vorherige Existenz einer Sendung zu halten, bevor der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Ereignis - wie einen Kriegsausbruch oder einen Börsen-Crash - melden dürfte.
Würde der 12. RÄStV derart eng ausgelegt, gerieten ARD, ZDF und das Deutschlandradio wettbewerblich ins Hintertreffen. Problematisch sind auch die im Rundfunkgesetz der Länder kodifizierten Zeitgrenzen für die öffentlich-rechtlichen Online-Angebote. § 11d "Telemedien" sieht hierfür grundsätzlich eine Sieben-Tage-Frist vor: Sendungen, die man nach ihrer Erstausstrahlung auch noch aus den Mediatheken der Sender online abrufen kann, müssen dort nach einer Woche wieder gelöscht werden; dem Sinne nach gälte dies auch für die begleitenden Textinformationen. Für Übertragungen von Sportereignissen gilt die noch kürzere Frist von nur 24 Stunden. Zwar sind diese Fristen nur Grundregeln, die für bestimmte gesellschaftsrelevante Inhaltssorten wie Politik und Zeitgeschichte, auch für Bildung und Kultur verlängert werden können - bis hin zu "zeitlich unbefristeten Archiven mit zeit- und kulturgeschichtlichen Inhalten", so § 11d, Absatz 2, 4. Erlaubt ist dies aber nur, wenn der Programmanbieter in einem "Telemedienkonzept" die Notwendigkeit längerer Vorhaltung darlegen kann und die Argumente das zuständige Aufsichtsgremium (Rundfunkrat, Fernsehrat) überzeugen.
Die Zeitgrenzen wurden vom Gesetzgeber mit Rücksicht auf das private Fernsehen eingeführt. Rundfunkpolitik, deren eigentliche Aufgabe es doch ist, eine positive Kommunikationsordnung zum Wohle aller zu gestalten, mutierte hier partiell zu einer reinen Wettbewerbspolitik, die Schutzzäune für die privatwirtschaftlichen Wettbewerber im dualen Rundfunksystem zu errichten versucht. Zeitgrenzen sind - wiederum aus Nutzersicht gesehen - kontraproduktiv, weil der Gebührenzahler und Staatsbürger das Recht haben sollte, sich zeitunabhängig aus verfügbaren Quellen genau dann zu informieren, wenn ein plötzliches Interesse ihn treibt oder der Tagesablauf es erlaubt. Das "always and everywhere-Medium" Internet erlaubt dies, es ist die Plattform der nachhaltigen, der permanenten Information. Diese Permanenz mit Zeitgrenzen einschränken zu wollen, widerspricht der Systemlogik des Internets und relativiert die Vorzüge dieser neuen Medientechnik. Es ist, als sollten altdeutsche Zollschranken im virtuellen Reich der Online-Medien wiedererrichtet werden, aber eben nur zu Ungunsten des einen (öffentlich-rechtlichen) Lagers der Medienanbieter.
Drei-Stufen-Test in den Rundfunkräten
Was die neun Landesrundfunkanstalten der ARD, das ZDF und das Deutschlandradio als nationaler Hörfunk anbieten dürfen und wie lange, darüber entscheiden, wie schon angedeutet, die Rundfunkräte (bzw. der Fernsehrat des ZDF und der Hörfunkrat des Deutschlandradios). Sie sollen den "Public Value" eines öffentlich-rechtlichen Telemediums feststellen. Der englischsprachige Begriff hat sich fest in den medienpolitischen Diskurs eingebürgert und kann am ehesten mit gesellschaftlicher Mehrwert für die öffentliche Diskussion umschrieben werden. Denn gefordert sind Medieninhalte, die es so, in dieser Qualität, von privatwirtschaftlichen Anbietern, die stets auf Refinanzierung und damit auf eine große Anzahl von Abnehmern angewiesen sind, nicht oder selten gibt.
Die Rundfunkräte, denen der Gesetzgeber mit dem 12. RÄStV einen erheblichen Zuwachs an Aufgaben und Verantwortung zuweisen wird, können die Qualitätsfrage in den kommenden Drei-Stufen-Tests nicht nur auf dem Niveau von Geschmacksurteilen diskutieren.
Und weiter heißt es: "Dabei sind Quantität und Qualität der vorhandenen frei zugänglichen Angebote, die marktlichen Auswirkungen des geplanten Angebots sowie dessen meinungsbildende Funktion angesichts bereits vorhandener vergleichbarer Angebote, auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, zu berücksichtigen. Darzulegen ist der voraussichtliche Zeitraum, innerhalb dessen das Angebot stattfinden soll."
Zwar ist einsehbar, dass die milliardenschwere Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - fast 7,3 Milliarden Euro im Jahre 2007 - nicht unbotmäßig zum Nachteil privatwirtschaftlicher Medien ausschlagen darf. Aber dieser Konflikt ist nur mit einer klugen Selbstbeschränkung der Rundfunkanstalten aufzulösen, indem sie nicht anbieten, was Private besser und billiger können. Wo die Selbstbeschränkung unterbleibt oder mangelhaft ist, mag der Gesetzgeber nachhelfen. Doch sollte er dies nur sparsam tun. Denn grundsätzlich muss gelten: Wenn schon Wettbewerb der Medien untereinander, dann richtig.
Politische Legitimität der Rundfunkgebühr
Was schon eher trägt, ist das Argument, dass die finanzielle Belastung der Gebührenzahler nicht übertrieben werden sollte. 17,98 Euro beträgt die Gebühr seit dem 1. Januar 2009. Abgedeckt ist damit ein zum Empfang bereitgehaltenes Fernsehgerät, ein Radio und ein "neuartiges Rundfunkgerät" (Internet-PCs u.a.). Fast 18 Euro "Zwangsgebühr" - wie ein politischer Kampfbegriff lautet - mag vielen als zu viel erscheinen. Doch muss man den Betrag in Relation zum Angebot sehen: zwei Fernseh-Hauptprogramme (Das Erste und ZDF), sieben Dritte Programme der Landesrundfunkanstalten, drei Spartensender (3sat, ARTE und KI.KA), sechs Digitalkanäle von ARD und ZDF, zwei nationale Hörfunkprogramme (Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur) sowie 54 Hörfunkprogramme der Landesrundfunkanstalten. Nicht zu vergessen sind die neuen Telemedien, die auf der Plattform Internet vorhandenes (und vom Rundfunkteilnehmer bereits bezahltes) Programmvermögen neu verfügbar machen.
Über die politische Legitimität der Rundfunkgebühr entscheidet die Akzeptanz der Programme, ihre breite Nutzung durch die Zahlenden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss deshalb auch Unterhaltung anbieten, weil er anderenfalls den Zuspruch der Vielen verlöre. Von ihm, von der Kreativität seiner Programmmacher ist zu erwarten, dass sie gerade im Modus der Unterhaltung relevante gesellschaftliche Themen verhandeln und so die Mehrheit der Bürger für das interessieren, was für die Meinungsbildung bedeutend ist. Die ARD-Vorabendserie "Türkisch für Anfänger" ist ein gutes Beispiel für gute Unterhaltung mit Sendungsbewusstsein: Geboten werden Modelle für friedliches, ja freudvolles Zusammenleben von Deutschen und Migranten.
Auf Unterhaltung als Lockmittel kann auch nicht verzichten, wer gerade jüngere Menschen für die Belange von Demokratie und Gesellschaft interessieren will. Dies gilt umso mehr für die Internetmedien, die von den Jugendlichen vorzugsweise - inzwischen weit vor Fernsehen, Radio und Presse - genutzt werden. 96,3 Prozent der 14- bis 19-Jährigen in Deutschland sind inzwischen regelmäßige Internetnutzer, 93,1 Prozent beträgt der Wert bei den 20- bis 29-Jährigen.
Indes: die oben skizzierte Angebotsvielfalt dessen, was ARD, ZDF und Deutschlandradio mit Rundfunkgebühren produzieren und ausstrahlen, reicht als Argument nicht aus, um die Legitimität des Medienkonzerns "Öffentlich-rechtlicher Rundfunk" dauerhaft zu sichern. Neben der Quantität muss Qualität unbedingt hinzukommen, ja ist als das erstrangige Kriterium jeglicher Programmbemühungen zu berücksichtigen. Von hier aus ist die Frage zu beantworten: Erfüllen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihren Programmauftrag? Produzieren sie genügend "Public Value", der die Gebührenmilliarden rechtfertigt?
Empirische Daten zur Auftragserfüllung
Zieht man die einschlägigen empirischen Programmanalysen zu Rate, so dokumentieren sie einen hohen Informationsanteil in den beiden öffentlich-rechtlichen Hauptprogrammen Das Erste (ARD) und ZDF. Er betrug 2007 49 Prozent; gegenüber 2001 waren die Inhalte "Information/Infotainment" damit um fünf Prozent gesteigert worden.
Doch schon der Blick auf die insgesamt populärer gemachte "heute"-Sendung des ZDF zeigt, dass öffentlich-rechtliches Nachrichtenfernsehen nicht Politik aus Prinzip bedeutet. Der Politik-Anteil hier betrug nämlich 2007 nur 38 Prozent (Absenkung um drei Prozent gegenüber 2006). Interessant an den Daten des "InfoMonitors" ist auch, dass die beiden öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen viel auch über "Gesellschaft/Justiz" berichten (elf bzw. zehn Prozent), eher wenig jedoch über Wirtschaft (je sieben Prozent) und "Wissenschaft/Kultur" (fünf bzw. sechs Prozent).
Doch sind auch problematische Entwicklungen zu beachten, die auf eine Normabweichung vom Programmauftrag hinauslaufen. Die zu Jahresanfang 2006 vollzogene, senderintern heftig umstrittene Kürzung der politischen Magazine von 45 auf 30 Minuten gehört ebenso dazu wie Statusverluste des Auslandsjournalismus in den Programmschemata der öffentlich-rechtlichen Sender.
Trotz dieser Einschränkungen lässt sich mit Fug und Recht immer noch sagen, dass die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender (zumal unter Einbeziehung von 3sat, ARTE und Phoenix) ihrem Programmauftrag nachkommen und der Gesellschaft "Public Value" in erheblichem Ausmaß bieten. Für den Hörfunk kann die Diagnose aber nicht so positiv ausfallen.
Die Waage zwischen den beiden Polen Publizistik und Publikum hat sich in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk mehr und mehr in Richtung des Publikums verschoben. Im Zuge der zunehmenden gebührenpolitisch und betriebswirtschaftlich bedingten Kundenorientierung auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks war für die Programmgestaltung mehr und mehr das maßgeblich, was das Publikum tatsächlich oder vermeintlich will. Die neue Kundenorientierung darf aber nicht grenzenlos sein, denkt man an den gemeinwohlverpflichteten Programmauftrag. Guter Journalismus bedeutet insofern auch: politisches Interesse mit raffinierten Darstellungsformen neu zu wecken.
Ausblick
Nicht erst seit Marcel Reich-Ranickis spontaner Pauschalkritik bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2008 wird in der Öffentlichkeit vermehrt die Qualitätsfrage gestellt. Schon die "Süßstoff-Debatte" des Jahres 2001, die sich gegen romantische TV-Schmonzetten der ARD-Tochter Degeto richtete, zeigte ein Rumoren an. Was ist mediale Qualität? Was ist das bessere Fernsehen, der bessere Hörfunk? Fragen, die sich nicht leicht beantworten lassen. Eingedenk der pluralen Angebotsstruktur der audiovisuellen Medien gilt grundsätzlich: Die Qualität gibt es nicht, es gibt eine Vielzahl von Qualitäten, die erfüllt sein müssen, um professionellen Standards ebenso zu genügen wie dem Publikum ein Sinnerlebnis zu verschaffen.
Die besondere öffentlich-rechtliche Programmqualität, die in den kommenden Drei-Stufen-Tests immer wieder auf dem Prüfstand stehen wird, lässt sich nicht im Sinne von ISO-Normen definieren. Dagegen steht schon die gebotene Freiheitlichkeit von Meinung und Ausdruck, das offen Prozesshafte im Kampf der Ideen, im Ringen um das bessere Medienprodukt. Aber die Qualitäten, die ein öffentlich-rechtliches Fernsehen oder Radioprogramm oder Telemedium als mixtum compositum braucht, lassen sich schon beschreiben und objektivieren. Womit dann auch eine jeweilige Richtschnur für die Programmarbeit gegeben wäre.
Die wichtigste Zielgruppe dabei sind die jungen Menschen, die, mindestens als Wahlbürger, an die Demokratie gebunden werden sollten. ARD und ZDF haben bei den jungen Mediennutzern aber ein gewaltiges Akzeptanzproblem. Die Hälfte ihres Publikums ist älter als 65 Jahre, nur fünf Prozent unter 30.