Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Probleme und Chancen der deutschen Bankenlandschaft | Geld | bpb.de

Geld Editorial Die Rolle von Geld und Kapital in unserer Gesellschaft - Essay Der Boom der Finanzderivate und seine Folgen Probleme und Chancen der deutschen Bankenlandschaft Die Suche der Verbraucher nach verantwortlichen Kreditinstituten Der öffentliche Umgang mit privaten Schulden Wie gehen die Deutschen mit Geld um? Lernen, mit Geld umzugehen

Probleme und Chancen der deutschen Bankenlandschaft

Harald Klimenta

/ 14 Minuten zu lesen

Banken sind Makler, sie bringen Überschuss- und Defizitsektor zusammen. Das Deutsche Bankwesen mit seiner Drei-Säulen-Struktur erleichtert die notwendigen Schnitte, um Banken wieder auf diese Kernaufgabe zu schrumpfen und sie zukunftsfähig zu gestalten.

Einleitung

"Die Politik des Staates sollte darauf gerichtet sein, wirtschaftliche Machtgruppen aufzulösen oder ihre Funktionen zu begrenzen. Jede Festigung der Machtgruppen verstärkt die neufeudale Autoritätsminderung des Staates." Walter Eucken


Mit zunehmender Tiefe und Tragweite der gegenwärtigen Krise sind plötzlich Gedanken erlaubt, die noch vor Jahresfrist töricht oder illusionär erschienen wären. So wird öffentlich darüber diskutiert, die Finanzmärkte radikal zu verschlanken, nicht nur bei den Landesbanken werden ganze Geschäftsbereiche abgewickelt. Im folgenden Text wird die These vertreten, dass das Bankenwesen aus Gründen der Kontrollierbarkeit, der Transparenz, der Stabilität und der ökologischen Nachhaltigkeit auf seinen produktiven Kern gestutzt werden muss. Dabei unterlässt es der Verfasser, sich Gedanken über die Durchsetzbarkeit oder Anschlussfähigkeit seiner Thesen zu machen, da die Krise täglich alte Gewissheiten zu Makulatur erklärt.

Banken sind "nur" Makler

Der Daseinszweck von Banken wird vernebelt, wenn von "Produkten" gesprochen wird, die von ihnen "vertrieben" würden. Ihre Rolle besteht nicht darin, alltägliche Dienstleistungen zu produzieren, sondern dafür Sorge zu tragen, dass jene in einer arbeitsteiligen Gesellschaft produziert werden können. Banken haben die öffentliche Aufgabe zu erledigen, die Versorgung der Gesellschaft mit Krediten sicherzustellen; sie sind keine gewöhnlichen Unternehmen. Hierzu organisieren sie den Geldkreislauf: Geld wird von Menschen, die im Moment zu viel, an Menschen umverteilt, die zu wenig davon haben. Mit anderen Worten: Banken sind in allererster Linie Makler, das heißt, sie bringen einen Überschuss- mit einem Defizitsektor zusammen. Überschüsse sammeln sich zumeist auf Seiten der privaten Haushalte an, Defizite beim Staat und bei (vor allem kleinen oder neu gegründeten) Unternehmen, die Investitionen vorfinanzieren müssen. Deshalb funktionieren Banken umso effizienter, je reibungsloser das Geld durch sie hindurchgereicht wird. Je mehr auf dem Verwaltungswege verloren geht, desto weniger Kredit wird geschöpft.

Beim Kreditgeschäft, dem Durchreichen des Geldes durch die Bank, hat jene allerhand Probleme zu meistern. Bei der Fristentransformation hat die Bank mit den relativ kurzen Einlagehorizonten ihrer Sparer im Vergleich mit den deutlich längeren Kreditlaufzeiten von Unternehmen zu kämpfen und trägt deshalb ein erhebliches Zinsänderungs- und Refinanzierungsrisiko. Und mittels der Risikotransformation versucht die Bank zu garantieren, dass die Spareinlagen ihrer Sparer zu 100 Prozent sicher sind, obwohl Kredite immer mit einem Ausfallrisiko behaftet sind, weil sie erst in prinzipiell unsicherer Zukunft bedient werden. Banken müssen also Informationen sammeln - sie müssen kreditwürdige Investitionen erkennen und fragen: Welcher Kredit wird mit maximaler Wahrscheinlichkeit selbst bei möglichst hohen Zinsen zurückbezahlt? Dieses ureigenste Interesse der Banken gehört zum Kern des Kapitalismus: Investitionen werden so gelenkt, dass sie dem Bankenwesen maximal nutzen. Im Folgenden wird ebenfalls die Frage zu erörtern sein, ob dies auch maximalen gesellschaftlichen Nutzen spendet.

Ein Blick auf die deutsche Bankenlandschaft offenbart, dass die Banken sich in ihrem Selbstverständnis und in ihren Organisationsformen und damit auch in der Effizienz ihrer Maklertätigkeit deutlich unterscheiden. In Deutschland existieren drei völlig unterschiedlichen Arten von Banken parallel nebeneinander ("Drei-Säulen-Modell"):

  • Genossenschaftliche Institute haben einen Anteil von ca. 15,5 Prozent an der Bilanzsumme aller Banken. Hierzu zählen die ca. 1 300 Raiffeisen-, Volks-, und Spardabanken, deren Zentralinstitute Westdeutsche Genossenschafts-Zentral- (WGZ) und die Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank (DZ), Union Investment, genossenschaftliche Hypothekenbanken, die VR Leasing, die R+V Versicherung sowie kirchliche Genossenschaftsbanken und Spezialinstitute.

  • Öffentlich-Rechtliche Institute sind für ca. 45,5 Prozent der Bankbilanzen verantwortlich. Das sind ca. 500 Sparkassen und deren Zentralinstitute, die Landesbanken und die Deka-Bank, hinzu kommen die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und zehn Landesbausparkassen (LBS).

  • Privatbanken sind kleine, häufig exklusive Privatbanken wie Sal. Oppenheim oder Berenberg, Pfandbriefbanken wie die Hypo Real Estate sowie private Bausparkassen. Von ehemals fünf großen Privatbanken (mit einem Marktanteil von knapp 25 Prozent an der Bankenbilanz) bleiben nach den aktuellen Übernahmen (Deutsche Bank und Postbank, Commerz- und Dresdner Bank) nur drei, wobei die Hypovereinsbank seit 2005 eine Tochter der italienischen Unicredit ist. Hinzu treten weitere ausländische Privatbanken wie die City-Bank oder Fortis.

Jede Säule bietet alles

Das Besondere an diesem System ist, dass jede der drei Säulen alle Bankangebote für Sparer und Unternehmer bereithält. Vom Börsengang über Währungsgeschäfte bis zur Immobilienfinanzierung - alles ist überall möglich, zwar nicht in der Raiffeisenbank vor Ort, aber innerhalb der Säule durch die im Besitz der Genossenschaftsbanken befindliche DZ- oder WGZ-Bank. Dasselbe gilt für Sparkassen mit ihren Zentralinstituten. Durch die Parallelstruktur erhofft man sich bei hoher Wettbewerbsintensität niedrige Preise für Bankdienstleistungen. Gleichzeitig wird etwa vom Sachverständigenrat eine starke Fragmentierung bei nur geringer Rentabilität beklagt. Doch die regionale Struktur der ersten beiden Säulen führe zu einer ausreichenden Mittelstandsfinanzierung in den Regionen, und im erwähnten Gutachten heißt es: "In der aktuellen Krise haben sich diese lokale Bindung und die geringe Größe der Institute als Risiken abschirmend und damit stabilisierend erwiesen." Leider werden die ersten beiden Säulen schwächer, aufgrund von Filialschließungen und Fusionen sinkt die Kundennähe, und der Wegfall der Gewährträgerhaftung bei Landesbanken und Sparkassen hat deren Refinanzierungskosten erhöht, was gerade im Hinblick auf die von lokalen Sparkassen vorwiegend finanzierten klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) unter dem Basel-II-System kreditverknappend wirkt.

Too big to fail - Große Banken machen große Probleme

Die gegenwärtige Art, die Finanzkrise zu meistern, ist Ausdruck gesellschaftlicher Grundüberzeugungen und Machtverhältnisse. So verwundert es nicht, dass auf eine Wiederherstellung des Status quo, wie er vor der Bankenkrise bestand, hingewirkt wird. Beherzte Restrukturierungen, die auf ernsthaften Konsequenzen aus den Ursachen der Krise beruhen, bleiben aus: Durch Fusionen irreal gewachsene, weltweit operierende Banken haben in der Vergangenheit via politischem Lobbying mit großem Erfolg staatliche Regulierungen geschliffen oder dabei mitgeholfen, sie zu umgehen. Sie operierten mit großen Kredithebeln und erreichten auf diese Weise enorme Kapitalrenditen für ihre Eigentümer, die sich daran gewöhnten und immer noch mehr verlangten - nicht nur in den USA. All das hatte mit den Kernaufgaben von Banken wenig bis nichts zu tun, sondern erhöhte systemisch Risiken bei gleichzeitiger Verringerung von Transparenz und Kontrollmöglichkeiten.

Leider ist es nicht nur ein Problem der Banken, wenn sie sich verspekulieren. Großbanken sind regelmäßig "too big to fail": zu groß, um untergehen zu dürfen. Nach den Kettenreaktionen, die auf die Pleite von Lehman Brothers folgten, werden Großbanken auch de facto nicht mehr fallengelassen werden, trotz Heerscharen radikalliberaler Wirtschaftsberater, deren Zenit überdies überschritten sein dürfte. Deshalb wird es in den nächsten Jahrzehnten ein Wunschtraum bleiben, Banken wie gewöhnliche Unternehmen zu behandeln. Vergleichbar den Wasserwerken einer Kommune steht im Hintergrund der Banken ein Gemeinwohl, das deren Verschwinden verhindern wird, weil ihr Vorhandensein und Funktionieren von grundlegendem gesellschaftlichem Interesse ist. Alle müssen dem Bankenwesen vertrauen können, damit es überhaupt funktionieren kann. Dieses Wissen ist nicht neu, es manifestierte sich in der Gewährträgerhaftung: Das Land oder die Kommune stehen ein, wenn es zur Überschuldung von Landesbanken bzw. Sparkassen kommt. Weil sie sich so billiger refinanzieren konnten und dies Wettbewerbsnachteile für andere Banken zur Folge hatte, durfte die Gewährträgerhaftung nicht länger auf Landesbanken und Sparkassen angewandt werden. Doch die Krise brachte das Instrument jäh zurück - jetzt gilt die Gewährträgerhaftung für alle systemrelevanten Banken, und zu solchen werden praktisch alle Großbanken ernannt. Zu fragen ist eben nicht, was in einer Schönwetterperiode effizient ist, sondern welchen Regeln während einer Krise gefolgt wird. So lernen wir gegenwärtig, dass Großbanken ohne Gewährträgerhaftung eine Illusion sind. Die jetzige Realität der öffentlichen Haftung gilt es auf ein vernünftiges Fundament zu stellen.

In einem zukunftsfähigen Bankensystem werden von vornherein Regulierungen und Kontrollen festgeschrieben sein, die eine mögliche Sozialisierung von Verlusten im Krisenfall regeln - was nichts anderes bedeuten kann, als die Möglichkeiten der privaten Aneignung der Überschüsse von Banken deutlich zu begrenzen und unter Vorbehalt zu stellen. (Das kann etwa bedeuten, das Salär des Führungspersonals zum Teil unter Vorbehalt auszubezahlen.) Dagegen wird eine Unternehmensform, in der die Maximierung und private Aneignung von Gewinnen erklärtes Ziel ist, im Krisenfall stets zu Ungerechtigkeiten führen, weil die privatisierten Gewinne nicht mehr zur Begleichung von Verlusten zur Verfügung stehen.

Die gegenwärtige Krise zeigt, dass selbst die Einlagensicherungsfonds - die gesetzlichen bei der KfW, beim Sparkassen- und Giroverband, beim Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) ebenso wie beim privaten Bankenverband - Schönwetterveranstaltungen sind. Sie werden zwar bei einem Missmanagement einzelner Banken Sparguthaben retten, aber eine umfassendere Krise können sie nicht abfedern. Kommt es hart auf hart, muss immer der Staat einspringen, genauer: der Steuerzahler.

Doch nicht erst in der Krise, schon beim täglichen Bankengeschäft ist die Gewinnmaximierungsabsicht problematisch. Nimmt man die eingangs dargestellte Maklertätigkeit der Banken ernst, so muss das Kreditgeschäft im Zentrum ihrer Tätigkeiten stehen. Dabei erfüllt eine Kreditbank ihre Maklertätigkeit umso besser, je geringer ihr Zinsüberschuss aus Krediten und Spareinlagen sein muss, um alle Kosten der Banktätigkeit (Löhne, Rücklagenbildung) zu decken. Millionenboni oder Dividendenausschüttungen erhöhen den notwendigen Zinsüberschuss, eine schlanke Verwaltung verringert sie. In diesem einfachen Bild ist eine Bank vergleichbar mit einem karitativen Verein, bei dem umso mehr Hilfsgelder bei Bedürftigen ankommen, je geringer der Verwaltungsaufwand ist. Eine Bank, die dem Anreiz der Gewinnmaximierung folgt, kann kein guter Makler sein: Entweder ihre Kredite werden teuer, oder sie versucht, Geld in anderen Bereichen zu verdienen, etwa durch den Kauf riskanter Wertpapiere - eine Ursache der gegenwärtigen Probleme, die zur Vernachlässigung des Kreditgeschäfts führte. Soll die Konzentration auf das Kreditgeschäft in Zukunft ein Politikziel sein, so bedeutet dies nebst einer beherzt anzugehenden Schrumpfung der Banken vor allem auch deren Organisation in einer Rechtsform, die sie nicht zur Gewinnmaximierung verleitet. Als Kapitalgesellschaften werden Banken somit sicher nicht länger firmieren dürfen.

Hiesiges Bankenwesen prädestiniert

Es mag illusionär klingen, doch das deutsche Bankenwesen wäre für diese Entwicklungsrichtung prädestiniert, denn Genossenschaftsinstitute und Sparkassen sind schon heute kleinteilig organisiert und keinen Gewinnmaximierungsinteressen unterworfen. Die regionalen Banken erfreuen sich reichlich neuer Kunden und Kundeneinlagen, und wenn sie nicht für Verluste von deren Zentralinstituten einstehen müssen, wird die gegenwärtige Krise an ihnen vergleichsweise glimpflich vorüber gehen. Die Kleinbanken weisen viele weitere Vorteile für die Gesellschaft auf: Sie sind übersichtlich und kontrollierbar und entfalten vergleichsweise wenig politische Macht. Der allein von den kleinen Sparkassen und Genossenschaftsbanken ausgegebene Anteil an Krediten ist weitaus höher als ihr Anteil an der konsolidierten Bankbilanz: Sie vergeben fast 50 Prozent aller Kredite an inländische Nichtbanken - bei einem Anteil an der Bilanzsumme aller Banken von ca. 30 Prozent -, was zugleich die Vernachlässigung des Kreditgeschäfts durch die Privatbanken dokumentiert. Und gleichzeitig zeigt sich, dass sie bei weitem nicht so leicht und so schnell ein Eigenleben neben ihren eigentlichen Aufgaben entwickeln (können) wie Großbanken. Das führt im gegenwärtigen Bankensystem allerdings zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen, bringt doch das Kreditgeschäft nur kleine Margen.

Von Vorteil ist auch die Konzentration des Geschäftsbetriebs der Kleinbanken auf eine Region: Sie dient der Regionalentwicklung. Die Beschränkung der Bewegungsfreiheit von Sparkassen aufgrund des Regionalprinzips führt dazu, dass sie gar nicht anders können, als ihre Region zu entwickeln. Dieses Ziel im Blick, werden Regionalbanken die Akkumulation von Wissen bezüglich der örtlichen Gegebenheiten, der Stabilität und Struktur der örtlichen Wirtschaft oder der Kenntnis öffentlicher Belange auch in wenig profitablen Bereichen vorantreiben.

Probleme der Landesbanken lösen

Systemische Risiken aus dem Bankensystem zu eliminieren und die Bankentätigkeit auf das Kreditgeschäft zu fokussieren, legt die Entwicklung und Stärkung einer kleinteiligeren Bankenlandschaft nahe. Vor diesem Hintergrund war es unverantwortlich der Deutschen Bank eine Übernahme der Postbank zu gewähren; das gilt auch für die Fusion zwischen Commerz- und Dresdner Bank. Vielmehr müssen Großinstitute konsequent zerlegt und gestutzt werden - ein Prozess, der bei der BayernLB auch schon auf den Weg gebracht wird.

Das Desaster der Landesbanken hängt erstens mit deren Geschäftsmodell zusammen. So ist zum Beispiel bei der BayernLB weniger als ein Fünftel der Bilanzsumme dem öffentlichen Auftrag, das heißt der Wirtschaftsförderung bei Auslandsengagements, Aufgabenerfüllung für das Land Bayern oder Unterstützung von Kommunen und Sparkassen, zuzurechnen. Der überwiegende Rest entspricht Tätigkeiten einer Großbank, die bei wenig Privatkundengeschäft und seit 2005 ohne Gewährträgerhaftung ihren Finanzbedarf relativ teuer am Kapitalmarkt decken muss und dieses Geld aus Mangel an gewöhnlichen Kreditnehmern postwendend auf den weltweiten Finanzmärkten möglichst hoch verzinst anlegt ("Kreditersatzgeschäft"). Diese Bankenbereiche könnten aufgelöst werden; der öffentliche Auftrag verbietet jedoch eine Auflösung oder Privatisierung der Landesbanken.

Das Desaster hat zweitens seine Ursache in der mangelhaften Kontrollierbarkeit der Landesbanken, die als "verlängerter Arm der Politik" (so der Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums Wolfgang Gerke) von den Landesregierungen zugleich kontrolliert und für eigene Zwecke genutzt werden. Es bleiben Zweifel daran, ob die Kontrolleure tatsächlich Alarm geschlagen hätten, selbst wenn sie die Geschäfte der Banker verstanden hätten.

Die konsequente Lösung: Entweder Landesbanken werden nicht von Landespolitikern kontrolliert - oder sie dürfen ihnen keinen Nutzen spenden. Mögliche Abhilfe:

  • Die Unterstützung der Landespolitik nebst Landeswirtschaftsförderung wird bei genau auf diese Aufgaben zugeschnittenen Spezialinstituten gebündelt, wie z.B. der LfA Förderbank Bayern. Dabei dürfen Förderbanken allerdings keine Gewinne ausschütten, das wäre widersinnig.

  • Zukünftige Kernaufgabe der Landesbanken ist (nebst dem Geschäft mit Gewerbeimmobilien und Großkundenkrediten) die Erbringung von Dienstleistungen für Sparkassen. Die Landesbanken sind vollständig den Sparkassen zu unterstellen und dürfen - wie die Sparkassen selbst - zukünftig keine Gewinne mehr ausschütten.

Immerhin gehen die Schrumpfungspläne der BayernLB ein kleines Stück in diese Richtung: Abbau des Auslandsgeschäftes, Abbau riskanter Positionen, Konzentration auf den regionalen Mittelstand und Service für Sparkassen. Denn selbst in normalen Zeiten ist es Unfug, US-Immobilien statt regionale Anliegen zu fördern, was in dem Stoßseufzer eines Landrats zum Ausdruck kommt: "Unsere Mittelständler haben um Kredite betteln müssen, und in Übersee hat man das Geld zum Fenster hinausgeworfen."

Nachhaltigkeit und Transparenz

Da Kredite im Allgemeinen Investitionen zur Folge haben, gestalten Banken unsere Zukunft. Vergangene Investitionen hatten diese Gegenwart zur Folge, was schon angesichts der offenkundigen Umweltprobleme dazu zwingt, die Grundlage der Kreditentscheidungen von Banken zu überdenken. Unsere Gegenwart entstand auf Basis von Investitionsentscheidungen, die auf Gewinnmaximierungsabsicht und Rückzahlungssicherheit beruhten; die Überprüfung der Zukunftsverträglichkeit von Investitionen ist allerdings keine Aufgabe der Banken.

Die Annahme, dass die rentabelste Investition auch der Gesellschaft maximal nutzt, weil sie das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts maximiert, ist ein Fundament des Kapitalismus. Andere, etwa ökologische Kriterien, könnten danach das Wachstum verringern. Es gibt jedoch zahllose Belege dafür, dass die Lebenszufriedenheit der Menschen in den Industriestaaten trotz ungebrochenen Anstiegs des Bruttoinlandsprodukts seit Jahrzehnten in etwa konstant geblieben ist. Allein schon vor diesem Hintergrund ist es für unsere Gesellschaft nicht sinnvoll, den Fokus weiter auf Wachstumsmaximierung zu richten. Eine Erweiterung der Investitionskriterien käme jedoch einer Zäsur in unserem Wirtschaftssystem gleich. Als fehlgeleitet wird man diesen Vorschlag aber nur bezeichnen, wenn man die Brisanz der ökologischen Krise leugnet oder nicht sieht, welch enorme Bedeutung der Bankensektor für unsere Zukunft hat. Dabei geht es nicht um Corporate Social Responsibility. Dass Banken ökologische Leitlinien beim Gebäudemanagement beachten oder Bankenstiftungen nachhaltige Projekte unterstützen, ist angesichts der alltäglich anstehenden Kreditentscheidungen, die unter Rentabilitätsgesichtspunkten gefällt werden, nachrangig. Ein zukunftsfähiges Bankenwesen muss bei der Kreditvergabe transparente und nachprüfbar nachhaltige Projekte favorisieren.

Leider gibt es nur sehr wenige Banken, die sich Nachhaltigkeit und Transparenz als Geschäftsprinzip auf die Fahnen geschrieben haben - was natürlich auch mit mangelhaftem Interesse von Bankkunden zu tun hat. Die älteste Bank in diesem kleinen, aber stark wachsenden Sektor ist die Bank für sozial-ökologische Geldanlagen (GLS-Bank). Diese ist seit 1974 als Vorkämpferin der sozial-ökologischen Kreditvergabe erfolgreich. Erfolg bedeutet dabei für die GLS-Bank, eine wachsende Anzahl sinnvoller Projekte mit möglichst geringen Zinssätzen zu unterstützen - nicht, Überschüsse auszuschütten. Die von der Bank jeweils neu vergebenen Kredite werden komplett in der vierteljährlich erscheinenden Kundenzeitschrift veröffentlicht, gewerbliche Kredite inklusive Namen des Darlehensnehmers, Summe und Verwendungszweck. Damit geht die GLS-Bank weit über die von vielen Banken angebotenen ethischen Investmentfonds hinaus.

Warum sollten nicht alle Banken dazu verpflichtet werden, ihr Anlageportfolio detailliert, übersichtlich und leicht auffindbar im Internet zu veröffentlichen? Dies könnte dazu beitragen, wenig nachhaltige Geschäftspraktiken schnell publik werden zu lassen und die Kontrolle der Banken zu erleichtern. Vielleicht würde es sogar Kunden zu kritischen Nachfragen ermuntern und dazu führen, dass sie ihr Geld den Banken weniger aufgrund der gebotenen Zinsen, sondern stärker aufgrund der getätigten Zukunftsinvestitionen anvertrauen.

Die notwendigen Veränderungen, um zukunftsfähige Kreditvergabe zur Normalität werden zu lassen, sind natürlich weitaus tief greifender und damit schwieriger umzusetzen als etwaige Transparenzverpflichtungen. Nur ein kleiner Schritt in diese Richtung wird bisher getan: Die Kreditanstalt für Wiederaufbau stellt Förderkredite zur Verfügung, wenn zum Beispiel Kommunen oder Unternehmen ihre Energieeffizienz (etwa durch Sanierungen) erhöhen oder Privathaushalte ökologisch bauen wollen. Das heißt, sie subventioniert Kredite, indem sie diese unterhalb der marktüblichen Zinssätze anbietet, und fördert auf diese Weise nachhaltige Investitionen. Zukünftig wird es um eine Ausweitung dieser Praxis der Zinssteuerung auf möglichst viele umweltsensible Investitionsvorhaben gehen - nicht nur im Hinblick auf eine Verbilligung nachhaltiger, sondern auch um die Verteuerung umweltschädigender Investitionen. Den Zinssatz als Ordnungsinstrument zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung zu nutzen, könnte der Einstieg in ein anderes Gesellschaftsmodell sein, indem nicht mehr zielblind Individuen ihren Eigennutz maximieren, sondern eine Gemeinschaft entscheidet, welche Investitionen zukunftsträchtig und damit Gewinn bringend sind.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Walter Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Tübingen 1990, S. 334 (Original 1952).

  2. Aktuelle Zahlen in: Sachverständigenrat, Das deutsche Finanzsystem: Effizienz steigern - Stabilität erhöhen, Juni 2008.

  3. Vgl. ebd., S. 6.

  4. Ebd., S. 21.

  5. Einen Überblick bietet "Finanzkrise und Lobbyismus" unter www.lobbycontrol.de/blog/index.php/ 2008/10/finanzkrise-und-lobbyismus (18. 3. 2009); die Schweizer UBS hat Beihilfe zur Steuerflucht auch zugegeben, vgl. "UBS verrät Geheimdaten Hunderter Kunden an US-Justiz", www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,608573,00.html, 19.2.09, (18. 3. 2009).

  6. Das Verhältnis von Bilanzsumme zu Eigenkapital (Leverage Ratio) der Deutschen Bank beträgt 55 (Bilanz 2007).

  7. Der Zusammenbruch des Interbankenhandels oder das private Horten von Geld sind Ausdruck mangelhaften Vertrauens in das Finanzsystem.

  8. Vgl. kritisch zu Sparkassen: Arne Storn, Kassensturz auf dem Dorf, in: Die Zeit Nr. 14 vom 26.3. 2009.

  9. Vgl. Sachverständigenrat (Anm. 2)., S. 91. Mit "Nichtbanken" sind alle Unternehmen gemeint, die nicht in der Kreditwirtschaft tätig sind.

  10. Vgl. BayernLB: Zukunftsfähiges Fundament steht, Presseinformation vom 25.3. 2009.

  11. So der bayerische Landtagsabgeordnete und Mitglied in der Krisenbewältigungskommission der BayernLB Eike Hallitzky von B 90/Die Grünen in einem Vortrag, vgl. www.eike-hallitzky.de/html/Reden/Landesbank-Vortrag Stand 080828.pdf (29.. 2009).

  12. Vgl. z.B. Hanno Mußler, Am Abgrund, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 12.10. 2008.

  13. "Hier wird Steuergeld verschwendet", www.sueddeutsche.de/wirtschaft/217/449941/text/, in: Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 2.12. 2008 (17. 3. 2009).

  14. Zu den Problematik der LBBW mit dem Großkunden Merckle vgl. Thomas Fromm, Zocker in Not, in: SZ vom 19.11. 2008.

  15. Die "Modernisierung" der Sparkassengesetze, welche Stammkapitalbildung ermöglicht und so deren Gewinnausschüttungsverbot schleift (Hessen, Rheinland-Pfalz, z. T. NRW), wird auf kommunaler Ebene dieselben Begierden zur Folge haben wie bei den Landesbanken und ist deshalb eine schlechte Lösung zur Stärkung der Eigenkapitalbasis der Sparkassen.

  16. Zitat in: Thomas Fromm/Klaus Ott, BayernLB vor radikalem Umbau, in: SZ vom 1.12. 2008.

  17. Das gilt natürlich auch für die von Banken organisierten Aktienemissionen und deren Anlageentscheidungen.

  18. Zum Privatunternehmer als Entscheider über Zukunftsinvestitionen vgl. Peter Ulrich, Integrative Wirtschaftsethik, Bern 20084, S. 431ff.

  19. Vgl. u.a. Stefan Bergheim, BIP allein macht nicht glücklich, Deutsche Bank Research, Aktuelle Themen 367 vom 4. 10. 2006; Richard Layard, Die glückliche Gesellschaft, Frankfurt/M. 2005.

  20. Einen Überblick gibt de.wikipedia.org/wiki/Ethisches_In vestment (19. 3. 2009).

Dr. rer. nat., geb. 1968; Autor, Publizist und Referent u.a. für Attac Deutschland, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Attac Deutschland.
E-Mail: E-Mail Link: info@harald-klimenta.de