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Entwicklung in Afrika - was geht uns das an? Essay | Entwicklung in Afrika | bpb.de

Entwicklung in Afrika Editorial Entwicklung in Afrika - was geht uns das an? Essay Die Neuordnung Afrikas - Souveränität im Wandel Africa Command: "Pentagonisierung" oder integrierter Ansatz in der US-Afrikapolitik? Partizipation in der Entwicklungsplanung: Anspruch und Wirklichkeit Wissenschaftlich-Technologische Zusammenarbeit mit Afrika Piraterie vor den afrikanischen Küsten und ihre Ursachen Allein auf weiter Flur: Korrespondenten in Afrika

Entwicklung in Afrika - was geht uns das an? Essay

Andreas Eckert

/ 11 Minuten zu lesen

Die Frage, warum wir uns für Afrika interessieren sollen, ist häufig verknüpft mit der Frage nach dem Sinn von Entwicklungszusammenarbeit. Was jedoch fehlt, sind differenzierte Erklärungen.

Einleitung

Warum soll Deutschland sich für Afrika interessieren?" Diese Frage stellte "Der Tagesspiegel" vor einiger Zeit jeweils einem Politiker der im Bundestag vertretenen Parteien. Nahezu alle Befragten verwiesen da- rauf, dass die vielfältigen Probleme Afrikas auf Europa zurückwirkten und dass die Bundesrepublik dezidierte Interessen südlich der Sahara habe. "Wir bemühen uns, Staaten durch Unterstützungen zu stabilisieren, weil wir ein Interesse daran haben, dass die Menschen in ihren Ländern eine eigenverantwortliche Lebensperspektive haben. Ansonsten wird die Migration nach Europa explosionsartig fortschreiten", meinte etwa Hartwig Fischer (CDU/CSU), Vorsitzender der Parlamentariergruppe West- und Zentralafrika. "Afrikanische Staaten könnten wichtige Wirtschaftspartner sein", ergänzte Werner Hoyer, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP im Bundestag. "Besonders im Hinblick auf Rohstoffreserven wäre Deutschland gut beraten, Afrika als Wirtschaftspartner ernst zu nehmen - bevor es zum Ausverkauf an China, die USA und andere kommt."



Ein wenig andere Akzente setzte, das überrascht nicht, Thilo Hoppe von den Grünen, Vorsitzender des Entwicklungsausschusses des Bundestages: "Natürlich ist Deutschland daran interessiert, möglichst günstig an Rohstoffe aus Afrika zu kommen, und gewisse Unternehmen erhoffen sich einen leichteren Zugang zu den Wachstumsmärkten Afrikas. Es gibt aber auch bei uns Regierungsvertreter und viele NGOs, die fest davon überzeugt sind, dass es auch im Eigeninteresse Deutschlands liegt, die afrikanischen Staaten darin zu unterstützen, die Millenniumsentwicklungsziele zu erreichen und einen Beitrag dazu zu leisten, die Erderwärmung zu begrenzen." Sehr allgemein blieb die Sozialdemokratin Herta Däubler-Gmelin, Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte: "Europa und Deutschland brauchen einen Nachbarn Afrika, der seine Probleme löst und als Partner zur Verfügung steht." Monika Knoche, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, ging gar nicht auf die Frage ein, sondern übte sich in Imperialismuskritik: "Deutschland (...) ist als europäischer Player im Verbund der ehemaligen Kolonialmächte zu identifizieren. Seine Afrikapolitik ist nicht bestimmt durch die Situation vor Ort, sondern zielt in erster Linie darauf, die internationalen Einflusssphären der EU auszubauen - in Konkurrenz zu den USA und zu China."

Afrikabild zwischen Bedrohung, Ressource und Partner

Die zitierten Äußerungen benennen einige Gründe für das in jüngerer Zeit gewachsene Interesse der deutschen Politik an Afrika. Nach dem 11. September 2001 hat die Politik auch Afrika als wichtigen Schauplatz im "Kampf gegen den Terror" ausgemacht; die Stabilisierung dortiger Systeme scheint daher auch im Sinne Deutschlands (und Europas) zu sein. Das große Interesse Chinas an afrikanischen Rohstoffen hat hierzulande das Interesse vieler Politiker (und Unternehmer) in Bezug auf den großen und strategisch bedeutsamen Rohstoffreichtum Afrikas geweckt. Die Bedeutung Afrikas für die globale ökologische Stabilität hat sich inzwischen über enge Zirkel von Umweltschützern hinaus herumgesprochen. Die aufgeführten Zitate sind überdies in gewisser Weise repräsentativ für das gegenwärtige Afrikabild, welches zwischen Afrika als Bedrohung, Ressource und Partner schwankt.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sich die lange Geschichte der Afrikabilder vor Augen zu führen. Denn diese Bilder repräsentierten das Interesse Europas an Afrika und prägten es zugleich. Dabei ergibt sich für die vergangenen vier Jahrhunderte folgende Sequenz: Zunächst war Afrika der Kontinent der zu versklavenden "Anderen", bevölkert von Menschen, die so anders waren, dass man meinte, sie wie Vieh behandeln und auf den Plantagen der "Neuen Welt" schuften lassen zu können. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts verboten die europäischen Mächte zunehmend Sklavenhandel und Sklaverei. In Europa verbreitete sich bald darauf eine Sicht auf die Afrikaner, der zufolge sie nicht mehr als versklavte Opfer, sondern als zu versklavende Tyrannen erschienen. Missionare und Afrikareisende wie David Livingstone spielten eine zentrale Rolle bei der Popularisierung solcher Bilder. Und die auf koloniale Expansion drängenden Kräfte etwa in England, Frankreich und auch in Deutschland verfügten nun über ein Argument, die Aufteilung Afrikas gar noch als humanitären Kreuzzug gegen die Unfreiheit auszugeben. Um 1920 waren die Versuche, Afrika neu zu modellieren, jedoch weitgehend gescheitert. Die Frustration darüber mündete in ein Bild von Afrika als ein Kontinent der Stämme und Traditionen, der nur langsam einem Wandel unterworfen werden könne. Nicht zufällig gewann der Prozess, der unter dem Stichwort "Erfindung von Tradition und Ethnizität" seit geraumer Zeit von der Forschung diskutiert wird, genau in diesen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg an Bedeutung. Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich die Sichtweise erneut: Die vermeintliche Rückständigkeit Afrikas wurde im Zeichen von Modernisierungstheorien und Entwicklungsideen nicht mehr als unwandelbares "rassisches" Charakteristikum, sondern als reversibler kultureller Wesenszug gedeutet, der mit Hilfe westlicher Entwicklungshilfe gelingen würde. Man musste, so die Überzeugung, lediglich den Bauern zeigen, wie man richtig anbaut, den Arbeitern, wie man richtig arbeitet, den Lehrern, wie man richtig unterrichtet, und den Politikern, wie man demokratische Prozeduren organisiert. Die Vertreter dieser kolonialen Entwicklungsinitiative verloren jedoch bald ihren Reformeifer. Am Ende übernahmen die Afrikaner selbst das Projekt Entwicklung zusammen mit dem von den Kolonialmächten aufgebauten Staatsapparat, und die sich zurückziehenden Kolonialherren konnten sich einreden, dass ihre Nachfolger zwangsläufig den von den Europäern angelegten Pfaden folgen würden.

Dieser Weg erwies sich bekanntlich als Sackgasse, was seit den späten 1970er Jahren in den Medien und Teilen der Sozialwissenschaften zunehmend dazu führte, Afrika als "verlorenen Kontinent" gleichsam wegzuschreiben, ihn als marginal für die Zukunft der Menschheit anzusehen, unfähig, sich vernünftig selbst zu regieren und zu wirtschaften, von Interesse bestenfalls noch für humanitäre Organisationen. Gleichzeitig wird Afrika von den Industrienationen verstärkt als Bedrohung angesehen, weil seine Bewohner, so die medial geschürten Ängste, an die Pforten des reichen Westens klopften, gar die Inseln des Wohlstands zu überschwemmen drohten. Soll Europa, soll der Westen Afrika weiter unterstützen? Und wenn ja, wie? Diese Frage entzündet sich mit wachsender Vehemenz an der Frage der Entwicklungshilfe oder, wie es heute politisch korrekt heißt, an der Entwicklungszusammenarbeit.

Wozu Entwicklungszusammenarbeit?

"Die Entwicklungszusammenarbeit", schreiben die Historiker Daniel Speich und Hubertus Büschel, "ist mit ihren Visionen und Utopien, ihren Institutionen, Diskursen und Praktiken längst ein Teil der Geschichte und ein Gegenstand der Geschichtsschreibung geworden. Auch ist die Entwicklungszusammenarbeit nicht als Praxis verschwunden, obwohl man seit den 1980er Jahren häufig ihr baldiges Ende prophezeit hat. (...) Vielmehr lässt sich fast überall auf der Welt ihre Vergangenheit erkennen, wodurch sich ihre Gegenwart verfestigt - ob nun durch Institutionen, Redeweisen, Praktiken oder Entwicklungshilferuinen. Entwicklungszusammenarbeit ist längst ein entscheidendes Element in der sozioökonomischen Realität fast aller Empfängerländer von Hilfe geworden, während die Mittelbeschaffungsstrategien der Hilfsagenturen das öffentliche Bild der Dritten Welt innerhalb der Gebergesellschaften stark beeinflussen." In der Wissenschaft dominiert heute in weiten Teilen eine Sichtweise, die ein Scheitern der Entwicklungszusammenarbeit konstatiert. Dies steht in deutlichem Kontrast zu den Forderungen einer breiten Koalition aus Politik, Entwicklungsorganisationen und engagierten Prominenten, die Entwicklungshilfe zu erhöhen.

Zu dieser Gruppe gehört etwa der nordamerikanische Ökonom Jeffrey Sachs. Die Zukunft Afrika stelle sich keineswegs so hoffnungslos dar wie vielfach behauptet, schreibt Sachs, der gegenwärtig das Earth Institute der Columbia Universität in New York leitet und durch seine Tätigkeit als Direktor des von den Vereinten Nationen initiierten Millenniumprojekts zur globalen Armutsbekämpfung internationale Bekanntheit erlangt hat. Das Ende der Armut ist möglich, lautet seine Botschaft. Das Rezept, das der selbstbewusste Starökonom liefert, klingt simpel: mehr Geld. Sechzig bis siebzig Milliarden Dollar müssten die reicheren Nationen pro Jahr springen lassen, um weltweit der schlimmsten Not abzuhelfen und den Ärmsten der Armen Perspektiven auf ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Sachs zufolge reicht es nicht, Staatsversagen und Staatszerfall als Ursachen für Afrikas Misere anzuführen. Die politische Krise resultiere aus der wirtschaftlichen: "Die Regierungen in Afrika versagen, weil Afrika arm ist." Warum ist Afrika arm? Sachs bringt von Wirtschaftswissenschaftlern in der Regel vernachlässigte geographische und ökologische Faktoren ins Spiel. Extremes Klima, Seuchen, Naturkatastrophen und die geographische Isolation vieler Regionen hätten die Armutsfalle in Afrika zuschnappen lassen, die nur mit Hilfe von außen geöffnet werden könne.

Die bisherigen Weisheiten der Weltbank und anderer Organisationen, welche pauschal Privatisierungen und funktionierende Märkte als Allheilmittel für wirtschaftliche Prosperität priesen, hält Sachs daher für überholt. Er hat ein neu klingendes Patentmittel parat. Es lautet "klinische Ökonomie". "Die Herausforderung, politische Empfehlungen für eine Wirtschaft auszusprechen, zumal wenn sie arm und instabil ist, hat viel mit klinischer Medizin gemeinsam", argumentiert Sachs und erteilt fünf "Grundlektionen in effektiver wirtschaftswissenschaftlicher Praxis". Erstens seien Wirtschaften wie Ökonomien komplizierte Systeme. Wirtschaftswissenschaftler müssten daher zweitens ebenso wie Ärzte die Kunst der Differentialdiagnose lernen und nicht auf Standardratschläge zurückgreifen - wie der Internationale Währungsfonds, der unabhängig von der Spezifizität eines Landes immer anordne, den Handel zu liberalisieren und die Staatsquote zurückzufahren. Drittens müsse das Umfeld des jeweiligen Falles einbezogen werden: "Es reicht nicht, den Ghanaern aufzutragen, ihre Wirtschaft in Ordnung zu bringen, wenn Ghana auf den internationalen Märkten auf Handelsschranken stößt, die den Absatz seiner Güter und Dienstleistungen auf dem Weltmarkt blockieren." Viertens mahnt Sachs die Überwachung und Evaluierung entwicklungspolitischer Maßnahmen an. Schließlich kritisiert er das mangelnde Verantwortungsgefühl der meisten Entwicklungsökonomen, die sich mit oberflächlichen Ansätzen begnügten und in der Regel nicht bereit seien, sich in die Geschichte, Ethnographie, Politik und Wirtschaft eines Landes einzuarbeiten.

In das gleiche Horn stößt Bob Geldof, "Frontman" der medial sehr präsenten Gruppe von Musikern und anderen Künstlern, die Afrika retten wollen. Er wehrt sich vehement gegen die Kritik, Entwicklungshilfe fördere lediglich Korruption. "Es gibt doch eindeutige Belege für das Gegenteil. 2002 hatten gerade einmal 50 000 Menschen in Afrika Zugang zu Aids-Medikamenten - heute sind es drei Millionen. Drei Millionen! Und 34 Millionen Kinder haben dank Entwicklungshilfe und der Arbeit afrikanischer Regierungen Zugang zu Schulbildung bekommen. (...) Wir müssen endlich verstehen, dass wir die Wirtschaft in Afrika aufbauen müssen, dann kann der Kontinent auch zum Wiedererstarken der Weltwirtschaft beitragen." Ein Grundproblem wird weder von Sachs noch von Geldof ausreichend thematisiert: Afrika braucht nicht einfach nur Geld. Genauso wichtig ist die zielgerichtete Verwendung der Mittel. Wie dies konkret bewerkstelligt werden könnte, verraten sie uns nicht.

Geldof etwa argumentiert pauschal, dass Entwicklungshilfe langfristig in Afrika jene sozialen Standards schaffen könne, die eine Migration von Afrika nach Europa verhindern. An solche Konsequenzen der Hilfe glauben viele Kritiker nicht. Im Gegenteil: "Nicht fehlende Mittel oder kolonialistische Spätfolgen", so der pensionierte Diplomat Volker Seitz, "hemmen den Fortschritt, sondern mangelnder politischer Wille der Regierungen, mangelndes Verpflichtungsbewusstsein und mangelnde Leistungsbereitschaft, ungenügende Konzepte, eine träge und unzuverlässige Verwaltung und das für die res publica, die Gemeinschaft unerlässliche Zusammengehörigkeitsgefühl aller Bürger, das in vielen afrikanischen Staaten nach wie vor fehlt." Seitz beruft sich in seinem Plädoyer für die Abschaffung von Entwicklungshilfe, wie es inzwischen viele Kritiker hierzulande gerne tun, auf James Shikwati aus Kenia, in den Medien häufig als "kenianischer Ökonom" tituliert, obwohl er keine formale wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung vorzuweisen hat. Shikwati fordert, die Entwicklungshilfe sofort einzustellen. Denn die Afrikaner müssten anfangen, in Wirtschaftskategorien zu denken und ihre Probleme zu lösen, "statt andauernd die internationale Gemeinschaft zu bitten, es für uns zu tun. (...) Wir müssen persönlich Verantwortung übernehmen."

Ganz simpel also: Die Afrikaner müssen sich mental ändern und überdies auf den freien Markt vertrauen. Allerdings ist Shikwatis Plädoyer für einen radikalen freien Weltmarkt historisch nicht besonders überzeugend. Denn die heutigen Industriestaaten haben sich keineswegs unter derartigen Bedingungen entwickelt; ihre Unternehmen waren in entscheidenden Phasen durch Zollschranken geschützt. Und keines der sogenannten Entwicklungsländer, die in den vergangenen 30 Jahren Anschluss an die Industrieländer erlangt haben, ist den von Shikwati gepriesenen radikalen Weg gegangen. Es ist wie so oft: Einfache Rezepte klingen auf den ersten Weg plausibel, bleiben aber den Beweis ihrer Tauglichkeit schuldig. Ein Blick in die Geschichte vermag hingegen zu zeigen, "dass Entwicklungsprozesse generell unter gesellschaftlich und politisch äußerst unterschiedlichen Bedingungen zustande kamen."

Hat der Westen eine historische Verantwortung für Afrika?

Es steht außer Zweifel, dass Kritik am Entwicklungshilfesystem grundsätzlich notwendig und berechtigt ist. Was häufig fehlt, ist jedoch die Mühe der differenzierten Erklärung. Diese ist aber auch notwendig, wenn wir über die Frage debattieren, warum uns Afrika etwas angehen sollte. Die eingangs zitierten Gründe der Politiker, sich für Afrika zu interessieren, mögen ideologisch unterschiedlich motiviert sein, dennoch sind sie per se nicht verwerflich. Es spricht nichts dagegen, sich für Afrika zu interessieren, weil ein Ende politischer Konflikte, die Lösung sozialer Probleme, der behutsame Abbau von Rohstoffen und ökologisch nachhaltiger Umgang mit der Natur nicht nur für Afrika, sondern auch für Europa wichtig sind. Problematischer ist die Frage, ob wir uns mit Afrika aus historischen und moralischen Gründen auseinander zu setzen haben. Nicht wenige argumentieren, dass der Westen durch Entwicklungshilfe "Schuld" für Sklavenhandel und Kolonialismus abzutragen habe. Die Rolle Europas im Sklavenhandel und Kolonialismus wird andererseits nicht selten mit dem Hinweis relativiert, das sei zu lange her, um die gegenwärtigen Krisen zu erklären; überdies hätten Afrikaner gerade im Sklavenhandel als willige Helfer gedient.

Weder das eine noch das andere Argument helfen weiter. Nur weil sich einige afrikanische Regierende dreist als Opfer von Kolonialismus und Rassismus stilisieren, um von ihren Fehlleistungen abzulenken, sollte nicht vergessen werden, dass die Haltung Europas gegenüber Afrika seit der Zeit des Sklavenhandels, ja zum Teil bis heute von Rassismus und Paternalismus geprägt ist. Diese Einsicht muss nicht davon abhalten, Fehlentwicklungen in Afrika zu benennen, sollte aber vor Besserwisserei und Arroganz schützen.

Europa und Afrika sind seit Jahrhunderten eng, oft in sehr hierarchischer Weise miteinander verbunden. Deshalb sollte es Ziel sein, gemeinsam mit afrikanischen Kolleginnen und Kollegen nach Erklärungen für die gegenwärtige Situation südlich der Sahara zu suchen. Afrika braucht kein auf Mitleid basierendes Interesse, sondern eine ernsthafte Auseinandersetzung. Und die kann nicht darin bestehen, einfache Lösungen zu präsentieren, mögen diese nun "mehr Geld" oder "gar kein Geld" lauten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Alle Zitate in: Der Tagesspiegel vom 10. 2. 2008, S. 6.

  2. Eine kritische Bestandsaufnahme der deutschen Afrikapolitik bieten Stefan Mair/Denis M. Tull, Deutsche Afrikapolitik. Eckpunkte einer strategischen Neuausrichtung, SWP-Studie, Berlin 2009.

  3. Vgl. Chris Alden, China in Africa, London 2007; Robert Kappel/Tina Schneidenbach, China in Afrika. Herausforderungen für den Westen, GIGA Focus Global, (2006) 12.

  4. Die folgenden Ausführungen basieren auf Frederick Cooper, Africa in a Capitalist World, in: Darlene Clark Hine/Jacqueline McLeod (eds.), Crossing Boundaries. Comparative History of Black People in Diaspora, Bloomington 1999, 391ff.

  5. Erstaunlicherweise machen sich noch heute Historiker diese zeitgenössische Sichtweise zu eigen und charakterisieren die Kolonisierung Afrikas als "humanitäre Aktion." Vgl. Egon Flaig, Weltgeschichte der Sklaverei, München 2009.

  6. Vgl. Thomas Spear, Neo-Traditionalism and the Limits of Invention in British Colonial Africa, in: Journal of African History, 44 (2003) 1, S. 3 - 27.

  7. Vgl. Frederick Cooper/Randall Packard (eds.), International Development and the Social Sciences. Essays in the Politics of Knowledge, Berkeley 1997.

  8. Vgl. ders., Africa since 1940. The past of the present, New York 2002.

  9. Daniel Speich/Hubertus Büschel, Einleitung - Konjunkturen, Probleme und Perspektiven der Globalgeschichte von Entwicklungszusammenarbeit, in: dies. (Hrsg.), Entwicklungswelten. Globalgeschichte der Entwicklungszusammenarbeit, Frankfurt/M. 2009 (i.E.). Die erste lautstarke und medienwirksame Kritik an der Entwicklungszusammenarbeit hierzulande, verknüpft mit der Forderung, diese abzuschaffen, formulierte Brigitte Erler, Tödliche Hilfe. Bericht von meiner letzten Dienstreise in Sachen Entwicklungshilfe, Freiburg/Br. 1985.

  10. Vgl. Jeffrey Sachs, Das Ende der Armut, München 2005.

  11. Dieses Argument vertreten in differenzierter Form auch Historiker wie z.B. John Iliffe, Africans. The History of a Continent, Cambridge 20072.

  12. Zit. nach: "Wir stecken doch alle im gleichen Sumpf", Interview mit Bob Geldof, in: Spiegel Online, 11. 7. 2009.

  13. Volker Seitz, Afrika wird arm regiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann, München 2009, S. 47.

  14. Vgl. zum Folgenden Dieter Neubert, Weg mit der Entwicklungshilfe! Die provokanten Thesen des kenianischen Publizisten James Shikwati, in: Le Monde Diplomatique, 5 (2009), S. 20 - 25.

  15. Zit. nach ebd., S. 22.

  16. Ebd., S. 24.

  17. Für eine differenzierte Darstellung vgl. Franz Nuscheler, Lern- und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, Bonn 2004.

Dr. phil, geb. 1964; Professor für die Geschichte Afrikas an der Humboldt Universität zu Berlin, Institut für Asien- und Afrikawissenschaften, Unter den Linden 6, 10099 Berlin.
E-Mail: E-Mail Link: Andreas.eckert@asa.hu-berlin.de